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Aktuelle Rechtsprechung zum Hochbaurecht im Volltext (2)

vorgestellt von Thomas Ax

OLG Düsseldorf: Der Anwendungsbereich des § 650i Abs. 1 BGB ist nicht auf die Errichtung oder den Umbau eines privaten Wohngebäudes beschränkt, sondern erfasst auch die Neuerrichtung eines Bürogebäudes

1. Der Anwendungsbereich des § 650i Abs. 1 BGB ist nicht auf die Errichtung oder den Umbau eines privaten Wohngebäudes beschränkt, sondern erfasst auch die Neuerrichtung eines Bürogebäudes.

2. Von einem Verbraucherbauvertrag i.S. des § 650i Abs. 1 Alt. 1 BGB ist nur auszugehen, wenn der Werkunternehmer mit dem Bau eines vollständigen Gebäudes beauftragt wird. Daran fehlt es, wenn der Unternehmer nicht alle Leistungen zu erbringen hat, die allgemein als wesentlich für ein Gebäude angesehen werden.

3. Im Rahmen von § 650f Abs. 1 Satz 4 BGB kann aufgrund der berechtigten Sicherungsinteressen des Werkunternehmers die Aufrechnung mit einer streitigen Forderung allenfalls dann zugelassen werden, wenn bei der Entscheidung über die Sicherheitsleistung zugleich bereits feststeht, dass auch die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung begründet ist.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.01.2023 – 5 U 266/21

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Stellung einer Bauhandwerkersicherung und Zahlung von Werklohn. Der Beklagte verlangt widerklagend Rückzahlung einer behaupteten Überzahlung aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Rohbauvertrag.

Der Beklagte ließ ein Bürogebäude als Neubau in ### errichten. Er erteilte der Klägerin im Mai 2017 auf Basis eines Angebotes vom 17.5.2017 den Auftrag für Rohbauarbeiten, die im Dezember 2017 fertiggestellt wurden.

Zu verschiedenen späteren Zeitpunkten beauftragte der Beklagte die Klägerin noch mit der Verlegung des Estrichs, mit der Ausführung von Trockenbauarbeiten, mit Zimmererarbeiten und mit Stundenlohnarbeiten hinsichtlich des Treppenhauses.

Die Rohbauarbeiten rechnete die Klägerin mit Schlussrechnung vom 2.5.2018 ab, die der Beklagte vollständig beglich. Unter dem 27.12.2018 erstellte die Klägerin Schlussrechnungen über die Estrichverlegung, die Trockenbauarbeiten und die Zimmererarbeiten. Unter dem 28.4.2020 erstellte die Klägerin eine zusammenfassende Schlussrechnung über die Trockenbau- und Zimmererarbeiten, die Verlegung des Estrichs und die Stundenlohnarbeiten. Den sich aus dieser Schlussrechnung ergebenden Betrag macht sie mit der Klage geltend. Zudem verlangt sie eine Sicherheit für den Schlussrechnungsbetrag zzgl. eines Aufschlags von 10%. Der Beklagte verlangt widerklagend die Rückzahlung von 68.731,61 EUR da er insoweit eine Überzahlung der Rohbauarbeiten geltend macht.

In der Berufungserwiderung hat der Beklagte mit dem behaupteten Rückzahlungsanspruch hinsichtlich der Rohbauarbeiten hilfsweise die Aufrechnung erklärt (Bl. 76 GA OLG).

Zu den Anträgen und zum Vorbringen der Parteien sowie zur Prozessgeschichte im ersten Rechtszug wird im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit dem am 3.12.2021 verkündeten Teilurteil hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf – Einzelrichter – den Beklagten verurteilt, der Klägerin eine Bauhandwerkersicherung in Höhe von 14.215,00 Euro zu stellen.

Es sei über den Anspruch der Klägerin auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung nach § 648a BGB a.F./§ 650n BGB n.F. durch Teilurteil zu entscheiden, da dieser Anspruch zur Endentscheidung reif sei, § 301 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung nach § 650f BGB n.F./§ 648a BGB a.F. zu. Der Anspruch bestehe in Höhe von 14.215,00 EUR.

Es könne dahinstehen, ob sich der Anspruch der Klägerin hier nach § 648a BGB a.F. oder § 650f BGB n.F. richte. Die Vorschriften seien mit der in Abs. 6 geregelten Ausnahme identisch. Die Ausnahme greife aber nach keiner Vorschrift ein.

Für § 648a Abs. 6 Nr. 2 BGB a.F. ergebe sich das schon daraus, dass der Beklagte die Klägerin nicht mit Arbeiten an einem Einfamilienhaus oder einer Einliegerwohnung beauftragt habe. Nach § 650f Abs. 6 Nr. 2 BGB n.F. stünde der Klägerin kein Anspruch auf Sicherheit zu, wenn die Parteien einen Verbraucherbauvertrag nach § 650i BGB geschlossen hätten. Ob eine gewerkweise Vergabe von Bauleistungen hierunter fallen könne, sei streitig. Wenn der Begriff des Verbraucherbauvertrages nach § 650i BGB auch die gewerkweise Vergabe von Bauleistungen erfassen sollte, so wäre für die zeitliche Zuordnung zu § 648a Abs. 6 Nr. 2 BGB a.F./§ 650f Abs. 6 Nr. 2 BGB n.F. allerdings auf die erste Beauftragung bzw. den Beginn der Errichtung des Gebäudes abzustellen. Diese lägen hier vor dem 01.01.2018.

Die Höhe der Sicherheit bemesse sich nach der vereinbarten und noch nicht gezahlten Vergütung, wobei auch Zusatzaufträge zu berücksichtigen seien.

Notwendig sei, dass die Klägerin den Anspruch der Höhe nach schlüssig darlege. Nicht ausreichend sei, wenn der Unternehmer auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Bestellers zur Begründung nicht hinreichend substantiiert vorgetragen habe (vgl. dazu BGH, Urteil vom 08.03.2021, VI ZR 505/19, Rn. 26). Dann wäre auch eine Vergütungsklage ohne Beweisaufnahme abzuweisen. Demnach gelte folgendes:

Hinsichtlich der Position „Treppenhaus + Aufzugsschacht“ in der Schlussrechnung vom 28.04.2020 (Anlage A3) sei ein Anspruch der Klägerin von 15.529,50 Euro netto zu Grunde zu legen.

Hinsichtlich der Position „Estricharbeiten im Staffelgeschoss“ i.H.v. 12.284,95 Euro netto habe der Beklagte keine Einwendungen erhoben.

Hinsichtlich der Position „Trockenbauarbeiten“ i.H.v. 82.248,07 EUR könne nur ein Betrag i.H.v. 68.744,59 EUR netto zu Grunde gelegt werden. Für die Montage von Gipsplatten sei auf Grundlage des Angebots der Fa. B. vom 08.01.2018 (Anlage A11, dort S. 3) ein Einheitspreis von 49,40 EUR vereinbart gewesen. Die Klägerin rechne aber einen Einheitspreis von 82,50 EUR ab.

Hinsichtlich der Position „Zimmererarbeiten“ sei der von der Klägerin angesetzte Betrag i.H.v. 82.932,88 EUR zu Grunde zu legen, da der Beklagte diesen im Ergebnis nicht bestritten habe. Dass Aufstellungen, auf die verwiesen worden sei, nicht erläutert worden seien, stehe der Berücksichtigung nicht entgegen.

Hinsichtlich der Position „Estricharbeiten im UG, EG, 1. und 2. OG“ habe der Beklagte keine durchgreifenden Einwendungen erhoben. Soweit er geltend mache, tatsächlich habe die Klägerin eine geringere Dicke Estrich verlegt, sei dies hier aufgrund der Besonderheiten des Sicherungsverfahrens nicht zu beachten.

Die unter Teil 2 der Schlussrechnung vom 28.04.2020 (Anlage 3) abgerechneten Leistungen seien nicht zu berücksichtigen. Der Beklagte habe insoweit eine Beauftragung bestritten, die Klägerin habe hier nicht weiter vorgetragen.

Es ergebe sich ein Bruttobetrag in Höhe von 234.104,51 EUR auf den die Abschlagszahlungen in Höhe von 152.450,17 EUR anzurechnen seien, so dass 81.654,34 EUR verblieben.

Nach § 650f Abs. 1 S. 4 BGB n.F./§ 648a Abs. 1 S. 4 BGB a.F. seien allerdings Gegenansprüche des Beklagten i.H.v. 68.731,61 EUR zu berücksichtigen. Nach dem Sach- und Streitstand sei unstreitig, dass dem Beklagten gegen die Klägerin ein Bereicherungsanspruch in Höhe von 68.731,61 EUR zustehe, weil die Klägerin bei den Rohbauarbeiten nicht vorgesehene Zulagen und Preisanpassungen abgerechnet habe. Soweit der Beklagte auch weitere Ansprüche behauptet habe, seien diese nicht unstreitig. Der Beklagte habe ausdrücklich erklärt, insoweit bewusst keine Aufrechnung zu erklären und diese angeblichen Gegenansprüche auch nicht im Wege der Widerklage geltend zu machen. Insoweit sei eine Erklärung der Klägerin (§ 138 Abs. 2 ZPO) hierzu nicht veranlasst gewesen.

Hiergegen wenden sich beide Parteien mit ihren jeweiligen Berufungen.

Die Klägerin trägt mit ihrer Berufung, wie folgt vor:

Das Landgericht habe zu Unrecht einzelne Rechnungspositionen gekürzt, obwohl hierüber eine Beweisaufnahme hätte erfolgen müssen.

Die Kammer verkenne dabei den gesetzlichen Zweck des werkvertraglichen Sicherungsanspruchs. Dieser solle dem Unternehmer möglichst schnell und effektiv, das heißt insbesondere unabhängig von der gegebenenfalls langwierigen Aufklärung der tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des Vergütungsanspruchs, eine Sicherheit für den Fall ausbleibender Zahlung des Bestellers zu verschaffen.

Bezüglich der Trockenbauarbeiten habe sie vorgetragen, dass anlässlich der Schlussbesprechung der Schlussrechnung am 3.12.2019 keine Einwendungen gegen die berechneten Einheitspreise bestanden hätten. Dass die Zeugin C. berechtigt gewesen sei, Entscheidungen zu treffen, sei durch den Beklagten nicht bestritten worden. Auch die unter Teil 2 der Schlussrechnung abgerechneten Leistungen seien bei der Schlussbesprechung nicht moniert worden.

Gegenansprüche des Beklagten habe die Kammer überhaupt nicht berücksichtigen dürfen. Tatsächlich habe der Beklagte mit keiner Gegenforderung eine Aufrechnung erklärt, sondern eine Widerklage erhoben. Eine Auslegung der Widerklage als Aufrechnung sei nicht möglich.

Zudem sei die Gegenforderung nicht unstreitig. Einen konkreten Sachvortrag für eine unstreitige Gegenforderung habe der Beklagte nicht getätigt. Sie selbst habe hingegen dargelegt, dass die Widerklageforderung unschlüssig sei, da konkreter Sachvortrag fehle und nur auf Rechnungen und Anlagen Bezug genommen werde. Die in der Anlage B8 dargelegten Materialien seien in ihrer Rechnung betreffend den Rohbau nicht zu finden. Die Anlage B3 – bei der es sich nur um eine Massenermittlung des Beklagten handeln könne – sei am 27.01.2018 erstellt worden und die Zahlung der Rechnung durch den Beklagten am 04.05.2018 erfolgt. Es sei nach dem Vortrag des Beklagten also bewusst auf eine Nichtschuld gezahlt worden.

Hätte das Gericht sie darauf hingewiesen, dass es den Vortrag als ausreichend ansehe, hätte sie weiter vorgetragen. Für einen ordnungsgemäßen Sachvortrag hätte der Beklagte die entsprechende Rechnung über die Rohbauarbeiten vorlegen und anhand der einzelnen Positionen darlegen müssen, inwiefern sich Massen geändert haben sollen. Weiter wäre darauf hingewiesen worden, dass die Anlage B4 nur eine Überzahlung von 12.797,80 Euro bezüglich der Rohbauschlussrechnung anspreche und im Übrigen andere Rechnungen betreffe. Sie habe zu Recht Zulagen gefordert. Werde eine andere Ausführung gewählt, wie hier statt Ortbeton eine angeordnete Ausführung in Filigrandecken, könnten hierfür natürlich die entsprechenden Zulagen verlangt werden. Gleiches gelte für die angeordneten und gewünschten Körnungen der gelieferten Materialien. Dass bei der Ausführung von Filigrandecken auch Bügel benötigt würden, dürfe klar sein. Eine Erläuterung der Anlagen wäre daher unter Zuhilfenahme der detaillierten Schlussrechnung und der vom Beklagten selbst vorgenommenen Aufmaßen notwendig gewesen.

Die Klägerin beantragt,

das Teilurteil des Landgerichtes Düsseldorf abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie eine Bauhandwerkersicherung gemäß § 648 a Abs. 1 BGB a.F. (bzw. § 650 f Abs. 1 BGB n. F) in Höhe von weiteren 124.006,35 EUR zur Sicherung des Vergütungsanspruchs aus der Schlussrechnung vom 28.4.2020 zu stellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil dahingehend, dass zu Recht keine höhere Sicherheitsleistung ausgeurteilt wurde. Sofern man von einem Anspruch auf Sicherheitsleistung ausgehe, habe das Landgericht die Forderung der Klägerin zu Recht gekürzt. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin und der Schlussrechnung seien die Klageforderung und die darauf basierende Sicherheitsleistung schon rechnerisch unschlüssig. Vielmehr ergebe sich nach der Berechnung der Klägerin nur ein Restbetrag von 96.079,84 EUR. Zu Recht sei die Forderung im Hinblick auf die Trockenbauarbeiten um 16.069,14 EUR gekürzt worden. Einer Beweisaufnahme über den Abrechnungsmodus und den Einheitspreis habe es nicht bedurft. Die Klägerin habe selbst einen Einheitspreis von 49,40 EUR als vereinbart vorgetragen. Zu Recht habe die Kammer die unter Teil 2 der Schlussrechnung abgerechneten Leistungen gestrichen. Insoweit sei eine Beauftragung bestritten und es fehle dazu jeglicher Vortrag der Klägerin.

Selbstverständlich habe die Kammer seine Gegenansprüche berücksichtigen müssen. Hilfsweise erkläre er die Aufrechnung mit einer Forderung in Höhe von 68.731,61 EUR.

Mit seiner eigenen Berufung verfolgt der Beklagte eine weitergehende Klageabweisung. Er trägt vor: Das Landgericht habe sowohl rechtsfehlerhaft die Schlüssigkeit der von ihr berechneten Forderung der Klägerin angenommen, als auch zu Unrecht die Anwendbarkeit des § 650i BGB n.F. verneint. Es könne nicht offenbleiben, ob es sich im vorliegenden Fall um einen Verbrauchervertrag nach § 650i BGB n.F. handele. Es sei richtig, dass eine gewerkeweise Vergabe der Bauleistungen erfolgt sei. Allerdings seien sämtliche der hier in Streit stehenden weiteren Gewerke erst 2018 beauftragt worden. Nur wenn sämtliche Gewerke vor dem 1.1.2018 beauftragt worden wären, wäre die a.F. des BGB zugrunde zu legen. Bei den nach dem 1.1.2018 beauftragten Leistungen handele es sich nicht um unwesentliche Anhängsel zur Erstellung des neuen Gebäudes, sondern um wesentliche Bestandteile.

Die Klägerin weigere sich zur Kenntnis zu nehmen, dass er keinesfalls als gewerblicher Vermieter am Markt tätig sei.

Selbst wenn man einen Anspruch auf Sicherheitsleistung annähme, wäre dieser um weitere 8.120,00 EUR zu kürzen, da die Klägerin den Estrich in einer geringeren Dicke verlegt als abgerechnet habe. Für die von ihr abgerechnete Dicke habe sie in dem jetzt fortgesetzten Zahlungsprozess keinen Beweis angeboten.

Der Beklagte beantragt:

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf vom 03.12.2021 die Klage im Hinblick auf den Klageantrag zu 1) abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit ihr eine Sicherheitsleistung zugesprochen wurde, unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Die Anwendbarkeit des § 650 i BGB habe das Landgericht zurecht verneint. Zwischen den Parteien habe es zwei unterschiedliche Verträge gegeben, nämlich zum einen den Vertrag über die Errichtung des Rohbaus und zum anderen – zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt – den Vertrag über die Folgegewerke. Die Folgegewerke umfassten allerdings nicht alle zur Bezugsfertigkeit notwendigen Arbeiten. Damit habe es sich bei dem Vertrag über die begrenzten Ausbaugewerke nicht um Verträge gehandelt, die zur Errichtung eines bezugsfertigen Hauses gehörten. Die Rechtsprechung gehe daher zutreffend davon aus, dass es sich in diesen Fällen nicht um einen Verbraucherbauvertrag handele.

Entgegen der Auffassung des Beklagten komme es für die Gestellung einer Bauhandwerkersicherung nicht darauf an, dass bereits alle Positionen der geltend gemachten Forderung bewiesen seien. Da mit der als Vertreterin des Beklagten aufgetretenen Zeugin C. die entsprechenden Rechnungen abgesprochen und teilweise auch korrigiert worden seien, müsse sich der Beklagte das Handeln der Zeugin zurechnen lassen. Wie in der Berufungsbegründung dargelegt, habe das Landgericht daher zu Unrecht Kürzungen vorgenommen.

Die Kammer habe keine Gegenansprüche berücksichtigen dürfen. Es handele sich bei Klage und Widerklage um verschiedene Streitgegenstände. In der ersten Instanz habe der Beklagte keine hilfsweise Aufrechnung erklärt. Gemäß § 533 ZPO sei diese nur bei Einwilligung zulässig. Die Einwilligung werde nicht erteilt. Eine Sachdienlichkeit liege nicht vor. Zudem sei eine Hilfsaufrechnung gegenüber der Forderung auf Gestellung einer Bauhandwerkersicherung nicht möglich, da es sich nicht um gleichartige Forderungen handele.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und Urkunden Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig aber nicht begründet. Die ebenfalls zulässige Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg.

1. Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das Landgericht hat in zulässiger Weise durch Teilurteil entschieden. Der Klägerin steht auch ein Anspruch auf Sicherheitsleistung zumindest in der ausgeurteilten Höhe zu.

a) Eine Entscheidung durch Teilurteil war vorliegend zulässig. Bei dem Anspruch auf Sicherheitsleistung handelt es sich um einen selbstständigen Streitgegenstand iSd § 301 ZPO, der zur Entscheidung reif war. Die Gefahr widersprechender Entscheidungen steht dem Erlass des Teilurteils ausnahmsweise nicht entgegen. Zwar darf nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ein Teilurteil nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist schon dann gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann (vgl. BGH, NJW-RR 2012, 849; BGH, NJW 2021, 2438).

Eine solche Gefahr widersprechender Entscheidungen besteht hier. Die Frage nach der Höhe des Vergütungsanspruchs stellt sich sowohl bei dem mit dem Antrag zu 1) geltend gemachten Anspruch auf Sicherheitsleistung als auch bei dem mit dem Antrag zu 2) geltend gemachten Zahlungsanspruch. Zudem kann die Frage eines dem Beklagten zustehenden Bereicherungsanspruchs nach der Entscheidung des Landgerichts nur einheitlich für den Sicherungsanspruch und die Widerklage beantwortet werden. Darüber hinaus stellt sich sowohl hinsichtlich der Sicherungsleistung als auch hinsichtlich der Zahlungsklage die Frage, ob es sich bei den der Schlussrechnung vom 28.4.2018 zugrundeliegenden Absprachen um einen/mehrere Verbraucherbauverträge iSd § 650i Abs. 1 BGB handelt.

Allerdings ist für den werkvertraglichen Sicherungsanspruch im Hinblick auf dessen gesetzlichen Zweck, dem Unternehmer möglichst schnell und effektiv eine Sicherheit für den Fall ausbleibender Zahlung des Bestellers zu verschaffen, eine Ausnahme von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anzunehmen (vgl. BGH, NJW 2021, 2438). Denn in dem Zeitraum der Aufklärung der streitigen Tatsachen kann der Besteller zahlungsunfähig werden, wovor der Unternehmer durch die Vorschrift gerade geschützt werden soll (vgl. BGH, NJW 2021, 2438 Rn. 23). Der Gesetzgeber hat zum Ausdruck gebracht, dass das Verlangen nach Sicherheit nicht mit einem Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen der Einwendungen gegen den Vergütungsanspruch belastet werden darf, wenn hierdurch die Durchsetzung des Sicherungsverlangens verzögert würde (vgl. BGH, NJW 2021, 2438 Rn. 24). Der Senat versteht den BGH dahingehend, dass auch in solchen Aspekten die Gefahr widersprechender Entscheidungen zugunsten einer effektiven Sicherung hinzunehmen ist und nicht nur im Hinblick auf die Höhe der Sicherheit. Dem schließt sich der Senat an. Mit Rücksicht auf das Schutzbedürfnis des Unternehmers hat der Gesetzgeber in Kauf genommen, dass eine Übersicherung des Unternehmers entsteht. Aus Sicht des Senates macht es dabei keinen relevanten Unterschied, aus welchem Grund die Übersicherung entsteht, sei es, weil sich die zunächst schlüssig dargelegte Forderungshöhe nach Beweisaufnahme als zu hoch erweist oder weil der Besteller später erfolgreich Gegenrechte geltend macht, weil sich später herausstellt, dass der Vertrag doch ein Verbraucherbauvertrag ist. Insofern ist die Gefahr widersprechender Entscheidungen ausnahmsweise hinzunehmen.

b) Der Klägerin steht ein Anspruch auf eine Bauhandwerkersicherung in Höhe von jedenfalls 14.215,- EUR für die in der Schlussrechnung vom 28.4.2020 (Anlage A3) enthaltene Forderung aus § 650f BGB in der vom 1.1.2018 bis 31.12.2021 geltenden Fassung zu.

aa) § 650f BGB in der ab dem 1.1.2018 geltenden Fassung ist anwendbar.

Zwischen den Parteien bestanden Werkverträge über die Ausführung von Estricharbeiten, Trockenbauarbeiten, Zimmererarbeiten und Arbeiten im Treppenhaus. Im Verlauf des Verfahrens ist unstreitig geworden, dass der Beklagte die Klägerin im Hinblick auf den Neubau des Gebäudes ### in ### mit der Erstellung des Estrichs, der Ausführung der Trockenbau- und Zimmererarbeiten sowie mit Arbeiten am Treppenhaus/Aufzugsschacht beauftragt hat. Hierbei handelt es sich inhaltlich um nach Werkvertragsrecht zu beurteilende Vertragsverhältnisse.

Die Werkverträge über die mit Schlussrechnung vom 28.4.2020 abgerechneten Leistungen unterfallen nach Art. 229 § 39 BGB sämtlich dem BGB in der ab dem 1.1.2018 geltenden Fassung. Die hier in Rede stehenden Schuldverhältnisse wurden nach dem 1.1.2018 geschlossen. Teilweise ist dies ausdrücklich vorgetragen (so zu den Zimmererarbeiten), teilweise folgt dies daraus, dass die Aufträge auf Basis von Fremdangeboten erteilt wurden und diese bereits aus dem Jahr 2018 stammen. Sofern das Fremdangebot über den Estrich vom 20.12.2017 stammt, ist angesichts des beschriebenen Ablaufes nicht von einer Beauftragung vor dem 1.1.2018 auszugehen.

Ein Vertragsschluss vor dem 1.1.2018 folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin im Jahr 2017 mit der Durchführung von Rohbauarbeiten beauftragt worden war. Das Angebot vom 19.5.2017, welches unstreitig die Grundlage für die erste Beauftragung wurde, verhält sich nur über Rohbauarbeiten. Mit Schreiben vom 28.4.2017 wurde nur ein Angebot für Rohbauarbeiten für einen Neubau angefragt (Anlage A1). Bei den weiteren Arbeiten handelt es sich nicht um Nachträge zu dem Rohbauvertrag, sondern um selbstständige Aufträge. Dies folgt zum einen schon daraus, dass es sich um andere Gewerke handelt, die nicht als Neben- oder Zusatzarbeiten der Rohbauarbeiten anzusehen sind. Zum anderen wurde über die Rohbauarbeiten bereits Anfang Mai 2018 eine Schlussrechnung gestellt und beglichen. Dies spricht auch dafür, dass die Parteien die weiteren Arbeiten nicht als Nachträge zu dem im Mai 2017 geschlossenen Vertrag über Rohbauarbeiten angesehen haben.

Es kann dahinstehen, ob die Klägerin – wie von dem Beklagten behauptet – von Beginn an weitere Gewerke herstellen wollte oder sogar als Generalunternehmerin aufgetreten ist. Denn unstreitig kam es zunächst nicht zu der Beauftragung der weiteren Arbeiten, da sich die Parteien über einen wesentlichen Vertragsinhalt, nämlich den Preis, nicht einig waren (so ausdrücklich: Bl. 139 GA LG). Ebenso ist unerheblich, ob vereinbart wurde, dass der Beklagte Fremdangebote einholten sollte, welche die Basis für die Preisfindung bei den weiteren Gewerken sein sollten. Denn selbst wenn die Parteien so verblieben wären, läge darin noch kein bindender Vertragsschluss über die weiteren Gewerke. Bei einer bekannt fehlenden Einigung über einen wesentlichen Vertragsbestandteil kommt im Zweifel kein Vertrag zustande, vgl. § 154 Abs. 1 BGB.

Zwar könnte ein Vertragsschluss auch ohne eine Festlegung eines exakten Preises erfolgen, wenn die Parteien bindend festgelegt hätten, wie der Preis zu ermitteln sei. Hiervon ist aber nicht auszugehen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Preis durch die Fremdangebote bindend festgesetzt werden sollte. Vielmehr sollten die Fremdangebote – so der Beklagte – „die Basis für die Preisfindung“ sein. Hierfür spricht auch die Vorgehensweise bei den Zimmererarbeiten Staffelgeschoss, zu denen die Klägerin nach Erhalt des Fremdangebotes ein eigenes Angebot erstellt hat, das zwar hinsichtlich des Gesamtpreises dem Fremdangebot ähnelt, jedoch andere Massen und Einheitspreise enthält. Dieses Angebot wurde mündlich angenommen. Insofern ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte bereits im Jahr 2017 die Klägerin mit der Ausführung der Estrich-, Trockenbau- und Zimmererarbeiten beauftragt hat.

Ob die Parteien übereingekommen sind, dass die Klägerin in jedem Fall mit den weiteren Arbeiten beauftragt werden solle – was so deutlich nicht vorgetragen ist – kann dahinstehen. Bei einer solchen Absprache könnte von einem „Vorvertrag“ auszugehen sein. Bei einem Vorvertrag handelt es sich um einen Vertrag, in dem sich die Parteien verpflichten, demnächst einen anderen schuldrechtlichen Vertrag zu schließen, ohne bereits den wesentlichen Vertragsinhalt zu regeln. Haben die Parteien den Vorvertrag vor dem 1.1.2018 geschlossen, den Hauptvertrag jedoch nach dem 31.12.2017, unterliegt der Hauptvertrag neuem Recht (vgl. BeckOGK/Merkle, 1.10.2022, EGBGB Art. 229 § 39 Rn. 20; Palandt-Grüneberg 76. Auflage, 2017, Art. 229 § 5 EGBGB). Denn hierdurch werden die Leistungspflichten erstmals vollständig konkretisiert, mit der Folge, dass der Hauptvertrag als eigenständiges Schuldverhältnis zu definieren ist (vgl. BeckOGK/Merkle, 1.10.2022, EGBGB Art. 229 § 39 Rn. 20).

Es handelt sich um Bauverträge iSd § 650a Abs. 1 S. 2 BGB. Denn es wurde jeweils die Herstellung eines Teils eines Bauwerkes beauftragt. Insofern findet § 650f BGB Anwendung.

bb) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin dem Grunde nach eine Sicherheitsleistung verlangen kann.

Nach § 650f BGB kann der Unternehmer – hier die Klägerin – von dem Besteller – hier dem Beklagten – eine Sicherheit verlangen. Unerheblich ist, ob die Leistungen bereits abgenommen wurden. Denn eine Bauhandwerkersicherung kann auch nach Abnahme verlangt werden, vgl. § 650f Abs. 1 S. 3 BGB. Eine Sicherheit kann jedoch dann nicht verlangt werden, wenn der Besteller Verbraucher ist und es sich um einen Verbraucherbauvertrag nach § 650i BGB handelt, vgl. § 650f Abs. 6 Nr. 2 BGB. Hierauf beruft sich der Beklagte. Die Voraussetzungen des § 650f Abs. 6 BGB, die der Besteller darzulegen und zu beweisen hat, sind nach Ansicht des Senates jedoch nicht erfüllt.

(1) Zwar hat der Beklagte hier als Verbraucher gehandelt, da er das Gebäude zu seiner privaten Altersvorsorge errichtet hat.

Nach § 13 BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, welche überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Für die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln ist grundsätzlich die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts entscheidend (vgl. BGH, NJW 2018, 153; BGH, NJW 2018, 146; BGH, NJW 2020, 3786). Für die Abgrenzung maßgeblich sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere das Verhalten der Vertragsparteien (BGH, NJW 2018, 150 Rn. 31 und NJW 2018, 146 Rn. 41 jew. mwN).

Der Beklagte hat vorgetragen, mit dem zu erbauenden Gebäude habe er sich eine Altersvorsorge schaffen wollen. Er verfüge nicht über externe Büroräume, sondern verwalte seine vier Objekte mit einem monatlichen Zeitaufwand von 10 – 15 Minuten von seinen privaten Räumlichkeiten aus. Dem ist die Klägerin letztlich nicht entgegengetreten. Zwar behauptet sie, der Beklagte sei als gewerblicher Vermieter am Markt tätig und handele mit Immobilien. Aus diesem – bestrittenen – Vortrag folgt aber nicht, dass der Beklagte im Hinblick auf das konkrete Grundstück nicht als Verbraucher gehandelt hätte. Ein Handeln „in Ausübung“ der gewerblichen oder der selbstständigen beruflichen Tätigkeit iSv § 14 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass es gerade in einem hinreichend engen Zusammenhang mit eben dieser erfolgt (vgl. BGH, NJW 2018, 150 Rn. 38). Eine Vermutung dafür, dass alle vorgenommenen Rechtsgeschäfte eines Unternehmers „im Zweifel“ seinem geschäftlichen Bereich zuzuordnen sind, besteht nicht (vgl. BGH, NJW 2018, 150 Rn. 36, 37). Die Klägerin hat keine Anhaltspunkte aufgeführt, aus denen sie auf ein gewerbliches Tätigwerden des Beklagten im konkreten Fall schließt.

Die Errichtung des Gebäudes zur Altersvorsorge stellt sich als Verbraucherhandeln dar. Die Verwaltung eigenen Vermögens ist regelmäßig keine gewerbliche Tätigkeit (vgl. BGH, NJW 2020, 3786 mwN). Ein unternehmerisches Handeln kommt erst dann in Betracht, wenn ein bestimmtes Maß überschritten wird (vgl. BGH, NJW 2020, 3786). Ausschlaggebende Kriterien für die Abgrenzung der privaten von der berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung sind der Umfang, die Komplexität und die Anzahl der damit verbundenen Vorgänge (vgl. BGH, NZM 2020, 808 und NJW 2018, 1812) Erfordern diese einen planmäßigen Geschäftsbetrieb so liegt eine gewerbliche Betätigung vor (vgl. BGH, NJW 2020, 3786 mwN; BGH, NJW 2020, 808). Vorliegend erforderte weder die Errichtung noch die Vermietung des Gebäudes einen planmäßigen Geschäftsbetrieb. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte sich für die Errichtung oder Vermietung des Gebäudes eines planmäßigen Geschäftsbetriebes bedient hätte.

(2) Allerdings handelte es sich bei den der Schlussrechnung vom 28.4.2020 zugrundeliegenden Aufträgen nicht um einen Vertrag, durch den der Unternehmer zum Bau eines neuen Gebäudes verpflichtet wird.

Zwar ließ der Beklagte mit dem Bürogebäude ein neues Gebäudes iSd § 650i Abs. 1 Alt. 1 BGB errichten. Auch ein Bürogebäude ist nach dem Verständnis des Senates ein „Gebäude“ im Sinne dieser Norm. Der Begriff des „Gebäudes“ wird weder in der Richtlinie (EU) 2011/83 (nachfolgend auch: Verbraucherrechte-RL) noch in der Gesetzesbegründung definiert. Nach der Gesetzesbegründung soll sich die Auslegung des Begriffs an § 312 Abs. 3 Nr. 4 BGB a.F. orientieren. Diese Vorschrift sei im Sinne des Verbraucherschutzes eng ausgelegt worden und habe nur Verträge über Maßnahmen erfasst, die das Grundstück wesentlich umgestalteten und daher den klassischen Immobiliengeschäften gleichgestellt werden konnten (vgl. BT-Drs. 18/8486 S. 61). Daraus folgt, dass auch Gebäude erfasst sind, die keine Wohngebäude sind (vgl. OLG Hamm, NZBau, 2021, 664; Grüneberg-Retzlaff 81. Auflage, 2022, § 650i Rn. 2f; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Auflage 2020, Rn. 1167; 2; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage, 2020, Teil 2, Bauvertrag, Rn. 48). Die teilweise vertretene Einschränkung auf Wohngebäude (vgl. Erman-Schwenker/Rodemann BGB, Kommentar, § 650i Rn. 1 f.) ergibt sich weder aus dem Wortlaut, den Gesetzesmaterialien noch aus dem sekundärrechtlichen Vorbild in der Verbraucherrechte-RL (vgl. OLG Hamm, aaO; Omur, NJW 2018, 817).

(3) Die Verpflichtung der Klägerin bezog sich aber nicht auf den Bau dieses neuen Gebäudes.

(a) Die Klägerin war nicht mit dem Bau eines vollständigen Gebäudes beauftragt. Dies gilt selbst dann, wenn man alle von der Klägerin erbrachten Leistungen „zusammenrechnet“.

Teilweise wird § 650i Abs. 1 Alt. 1 BGB auch dann für anwendbar gehalten, wenn die Vertragsparteien einzelne Gewerke aus einem Komplettpaket herausnehmen, die für die Herstellung des Gebäudes nur von untergeordneter Bedeutung sind (vgl. hierzu: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage, 2020, Teil 2, Rn. 50; Messerschmidt/Voit/Lenkeit, 4. Aufl. 2022, BGB § 650i Rn. 22; Zehner ,NZBau 2021, 584). Mit einer solchen Gestaltung ist der vorliegende Fall aber auch dann nicht vergleichbar, wenn man die von der Klägerin insgesamt erbrachten Leistungen betrachtet. Denn auch dann hat sie wesentliche Elemente des Gebäudes nicht hergestellt. Dies gilt auch dann, wenn man das Vorbringen des Beklagten in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 13.12.2022 vorsichtshalber berücksichtigt und als zutreffend unterstellt.

Unstreitig nicht von der Klägerin erbracht wurde der Einbau von Fenstern und Türen, nachdem ein zunächst mit der Klägerin diesbezüglich geschlossener, gesonderter Vertrag storniert worden war. Ebenfalls hat die Klägerin nicht die abschließende Abdichtung des Daches erstellt. Die Klägerin war weiterhin nicht mit den Heizungs-, Elektro- und Sanitärarbeiten beauftragt. Auch die Bodenbeläge fielen nicht in ihre Zuständigkeit. Die von der Klägerin nicht erbrachten Arbeiten sind jedenfalls zusammen betrachtet für die Herstellung des Gebäudes nicht nur von untergeordneter Bedeutung. Sie sind vielmehr so bedeutsam, dass ohne ihre Beauftragung keine Herstellungsverpflichtung für das Gebäude insgesamt angenommen werden kann. Ein Bauwerk ohne abschließende Dachabdichtung, ohne Fenster und ohne Elektro-, Heizungs- und Sanitärinstallationen wird im Allgemeinen nicht als ein im Wesentlichen fertiggestelltes Gebäude angesehen werden. Es erfüllt auch nicht den üblichen Zweck von Gebäuden, Personen auch über längere Zeit eine Aufenthaltsmöglichkeit und einen zuverlässigen Schutz vor Wind und Wetter zu bieten. Auch nach dem von dem Beklagten als Anlage BB 4 vorgelegten Zahlungsplan, wären ohne die von der Klägerin durchgeführten Arbeiten mehr als 15% des Kaufpreises nicht fällig.

(b) Es handelt sich nicht um eine Fallgestaltung, die iSd § 650o S. 2 BGB als eine Umgehung angesehen werden könnte. Eine solche soll vorliegen, wenn es der Unternehmer veranlasst, dass seine Herstellungsverpflichtung auf mehrere selbstständige Verträge zwischen ihm und den Verbraucher verteilt wird (vgl. Kniffka/Koeble, aaO, Teil 2, Rn. 51). Hiermit ist der Fall aber – unabhängig davon, dass die Klägerin nicht im Wesentlichen das gesamte Gebäude erstellt hat – auch nach dem Vortrag des Beklagten nicht vergleichbar. Demnach soll sich die Klägerin zunächst als Generalunternehmerin angeboten haben und die Ausführung weiterer (aller?) Gewerke vorgeschlagen haben. Die weitere Beauftragung scheiterte nach dem Vortrag des Beklagten aber daran, dass man sich nicht über die Preise einig war und zunächst eine Basis für die Preisgestaltung geschaffen werden sollte. Insofern gab es einen sachlichen und nicht allein von der Klägerin veranlassten Grund für die erst spätere und isolierte Beauftragung weiterer Gewerke. Gerade die Stornierung des Auftrages über die Fenster zeigt dabei, dass es auch nicht feststand, ob die Klägerin für die weiteren Arbeiten beauftragt würde. Bei einer solchen Fallgestaltung kann schon deshalb kein Verbraucherbauvertrag angenommen werden, da ansonsten erst im Nachhinein feststünde, ob der Unternehmer das gesamte Objekt errichtet hat. Bei einem Verbraucherbauvertrag treffen den Unternehmer aber auch bereits vor Beginn der Ausführung schon spezifische Pflichten, vgl. zB § 650n Abs. 1 BGB.

(c) Bei einer Einzelvergabe der Gewerke an verschiedene Unternehmen kann nach Ansicht des Senates nicht von einem Verbraucherbauvertrag ausgegangen werden.

Teilweise wird ein Verbraucherbauvertrag allerdings auch dann angenommen, wenn der Verbraucher das Bauvorhaben in mehrere Bauverträge aufspaltet, die er mit mehreren Unternehmern isoliert abschließt (vgl. Kniffka/Koeble, aaO, Teil 9, Rn. 121; BeckOGK-Merkle, § 650i BGB Rn. 37; BeckOK-Voit § 650i BGB Rn. 4). Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn die Beauftragungen zeitgleich oder in engem zeitlichen Zusammenhang erfolgen, die Erstellung des neuen Gebäudes für den Unternehmer ersichtlich ist und die Gewerke zu dem Bau des neuen Gebäudes selbst beitragen (vgl. OLG Zweibrücken, ZfBR 2022, 569; OLG Hamm, NZBau 2021, 664), also die Bauleistungen letztlich in engem zeitlichen Zusammenhang als einheitliche Maßnahme zur Errichtung eines neuen Gebäudes führen (so Messerschmidt/Voit/Lenkeit, 4. Aufl. 2022, BGB § 650i Rn. 23). Über die zugelassene Revision gegen die Entscheidung des OLG Zweibrücken ist bislang nicht entschieden worden (Az: BGH VII ZR 94/22).

Wann von einem engen zeitlichen Zusammenhang der Beauftragungen auszugehen ist und worauf sich der Zusammenhang bezieht, bleibt unklar. Teilweise kann man die Ausführungen so verstehen, dass ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den Beauftragungen untereinander bestehen muss (so wohl OLG Hamm, aaO und Messerschmidt/Voit/Lenkeit, 4. Aufl. 2022, BGB § 650i Rn. 23). Danach wäre vorliegend eher nicht von der Anwendung des § 650i Abs. 1 BGB auszugehen, da die Aufträge an die Klägerin nicht in einem so engen zeitlichen Zusammenhang vergeben wurden, dass sich das Ganze als eine einheitliche Maßnahme darstellt, die z.B. mit einer Vergabe an einen Generalunternehmer vergleichbar wäre. Der Rohbau war bereits fertiggestellt, bevor die weiteren Aufträge erteilt wurden. In der Entscheidung des OLG Zweibrücken klingt es hingegen so, dass die Beauftragung des jeweiligen Unternehmers in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung des Neubaus erfolgen muss. So verstanden erscheint das Kriterium – ggf. bis auf extreme Ausnahmefälle – inhaltsleer. Denn ein Gewerk, das wesentlich für die Erstellung des Gebäudes ist, muss zwangsläufig in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Errichtung des Gebäudes beauftragt werden. Ohne das Gewerk ist das Gebäude ja nicht erstellt.

Die Ansicht argumentiert, wer sein Haus durch eine gewerkeweise Vergabe errichten lasse, sei ebenso schutzwürdig wie ein Bauherr, der sich für eine Errichtung aus einer Hand entscheide (vgl. OLG Zweibrücken, aaO). Dass der Gesetzgeber in § 650i BGB einen engeren Begriff des Bauvertrages verwende, als in § 650a BGB, könne als eine ungewollte Gesetzeslücke zu werten sein (vgl. OLG Zweibrücken, aaO; OLG Hamm, aaO). Sofern auf den ersten Blick der Wortlaut des § 650i BGB einer Anwendbarkeit bei Einzelvergabe entgegenstehe, lasse sich dieser Umstand aber mit einer sprachlichen Ungenauigkeit des Gesetzgebers erklären (vgl. OLG Zweibrücken, aaO). Ziel des Gesetzgebers sei es gewesen, den Verbraucherschutz zu verbessern und nicht im Vergleich zum alten Recht zu verschlechtern (vgl. OLG Zweibrücken, aaO). Nur mit einer erweiterten Auslegung lasse sich das gesetzgeberische Ziel des Verbraucherschutzes erreichen (vgl. OLG Zweibrücken, aaO; OLG Hamm, aaO; Messerschmidt/Voit/Lenkeit, 4. Aufl. 2022, BGB § 650i Rn. 23). Denn ansonsten kämen die Schutzvorschriften der §§ 650i ff. BGB bei Einzelvergaben nicht zur Anwendung. Die §§ 650i ff. BGB böten einen umfassenderen Schutz des Verbrauchers als die §§ 312 ff. BGB (vgl. Zehner, NZBau 2021, 584).

Bei einer engen Auslegung sei es den Unternehmern durch die Herausnahme einzelner Leistungen oder die Aufspaltung in mehre Verträge möglich, z.B. den Ausschlussgrund des § 650f Abs. 6 BGB zu umgehen (OLG Zweibrücken, aaO; Messerschmidt/Voit/Lenkeit, 4. Aufl. 2022, BGB § 650i Rn. 23). Durch § 650o BGB seien die Verbraucher nicht ausreichend geschützt, da sie hier die Beweislast treffe (vgl. OLG Zweibrücken, aaO). Durch die Vergabe von Einzelgewerken lasse sich das von dem Gesetzgeber geforderte Ziel der Errichtung eines neuen Gebäudes erreichen (vgl. Messerschmidt/Voit/Lenkeit, 4. Aufl. 2022, BGB § 650i Rn. 23). Auch ein Generalunternehmer vergebe die Gewerke an Subunternehmer und führe insoweit keine eigene Leistung aus (vgl. OLG Zweibrücken, aaO; Messerschmidt/Voit/Lenkeit, 4. Aufl. 2022, BGB § 650i Rn. 23).

Nach anderer Ansicht ist ein Verbraucherbauvertrag nur dann zu bejahen, wenn sich der Unternehmer zum Bau des gesamten Gebäudes (in einem Vertrag) verpflichtet. Die Beauftragung von Einzelgewerken fällt nicht hierunter. Verlangt wird ein „Bauen aus einer Hand“ (vgl. OLG München, Endurteil v. 9.6.2022 – 20 U 8299/21 BeckRS 2022, 12846; KG, NZBau 2022, 401; Grüneberg-Retzlaff, 81. Auflage, 2022 § 650i BGB Rn. 4; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Auflage 2020, Rn. 1167; Kniffka/Koeble, aaO Teil 2, Rn. 49; MüKoBGB/Busche, 8. Aufl. 2020, § 650i Rn. 6; Erman-Schwenker/Rodemann BGB, Kommentar, § 650f Rn. 1 und § 650i Rn. 3; Ingenstau/Korbion-Joussen 21. Auflage, 2019, Anh 1, Rn. 245 ebenso Ingenstau/Korbion-Joussen 22. Auflage, 2023, Anh 1, Rn. 259; Pause, BauR 2017, 430; Omlor, NJW 2018, 817; Maase, BauR 2022, 1549 ff.). Dem schließt sich der Senat an.

Für ein enges Verständnis spricht zunächst maßgeblich der Wortlaut, wonach der Bauunternehmer „zum Bau eines neuen Gebäudes“ verpflichtet werden muss (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Auflage 2020, Rn. 1167; Omlor, NJW 2018, 817; Maase, BauR 2022, 1549). Eine sprachliche Ungenauigkeit der Formulierung vermag der Senat nicht zu erkennen. Der Wortlaut stellt in geradezu auffälliger Weise darauf ab, wozu der Unternehmer verpflichtet wird (vgl. Maase, BauR 2022, 1549, 1558). Demgegenüber wird in § 650a BGB ausdrücklich die Alternative einer teilweisen Herstellung eines Gebäudes genannt. Daraus ist zu schließen, dass dem Gesetzgeber diese Möglichkeit durchaus vor Augen stand und er die Formulierung in § 650i BGB bewusst gewählt hat. Zudem folgt aus BT-Drs 18/8486, dass der Gesetzgeber sich mit dem Begriff „Bau von neuen Gebäuden“ an dem bisherigen § 312b Absatz 3 Nummer 4 BGB orientieren wollte.

Weiter spricht für eine enge Auslegung, dass mit den §§ 312 ff. BGB ein komplementäres Verbraucherschutzsystem in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2011/83 besteht. Mit den Bestimmungen der §§ 650i ff. BGB sollte eine sich aus Art. 3 Abs. 3 lit. f RL (EU) 2011/83 ergebende Lücke geschlossen werden (vgl. OLG München, aaO; Maase, BauR 2022, 1549ff.).

Der Gesetzgeber hatte den Umstand im Blick, dass nach § 312 Abs. 2 Ziffer 3 BGB a.F. für Verträge über die Errichtung neuer Gebäude oder erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden die Verbraucherschutzvorschriften der §§ 312 ff. BGB ganz weitgehend nicht gelten (vgl. OLG München, aaO; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Auflage 2020, Rn. 1168). Die Ausnahme wurde nun dahingehend neu gefasst, dass die §§ 312 ff. BGB (mit Ausnahme weniger Absätze) nicht gelten, wenn ein Verbraucherbauvertrag iSd § 650i BGB vorliegt. Es gelten im Bereich von Bauverträgen also entweder §§ 312 ff. BGB oder §§ 650i ff. BGB. Legt man den Begriff des Verbraucherbauvertrages eng aus, ist der Verbraucher nicht per se schutzlos gestellt. Vielmehr greifen dann die Schutzrechte aus §§ 312 ff. BGB. Bei dem Wunsch nach einer weiten Auslegung des Verbraucherbauvertrages ist zu beachten, dass dieser Begriff nicht nur das Positivkriterium für den Schutz nach den §§ 650i ff. BGB ist, sondern zugleich das Ausschlusskriterium für den Verbraucherschutz aus §§ 312 ff. BGB (vgl. OLG München, aaO; KG, NZBau 2022, 401). Welches Regime dem Verbraucher den „besseren Schutz“ bietet, mag je nach Situation unterschiedlich bewertet werden. Im Interesse eines europäischen Verbraucherschutzes wurde die Ausnahme „Bau von neuen Gebäuden“ iRv § 312 ff. BGB in der bis 2018 geltenden Fassung eng ausgelegt (vgl. BGH, NZBau 2018, 666; Zehner, NZBau 2021, 584). Für die Rechtslage ab dem 1.1.2018 hat dies weiter zu gelten (vgl. OLG München, aaO; KG, NZBau 2022, 401).

Wegen der Vollharmonisierung in der Verbraucherrechte-RL kann sich die Regelung des § 650i BGB nur auf die von der Richtlinie nicht erfassten Verträge „über den Bau von neuen Gebäuden“ und „über erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden“ beziehen (Erman-Schwenker/Rodemann BGB, Kommentar, § 650i BGB Rn. 3). Denn die Verbraucherrechte-RL sieht ebenfalls eine hohe Erheblichkeitsschwelle vor (KG, aaO). Einer unter dem Topos des Verbraucherschutzes denkbaren extensiven Auslegung von § 650i Abs. 1 BGB steht die notwendige richtlinienkonforme Auslegung entgegen (vgl. Kniffka/Koeble aaO Teil 2, Rn. 49; OLG München, aaO).

Konkret im Hinblick auf den hier maßgeblichen § 650f Abs. 6 BGB gilt, dass der Gesetzgeber durch die Bezugnahme auf den Verbraucherbauvertrag Klarheit und Rechtssicherheit schaffen wollte (vgl. BT Drs. 123/16 S. 63; BT-Drs. 17/8486 S. 59). Eine Beschränkung von §§ 650 f Abs. 6, 650i BGB auf das Bauen aus einer Hand hat den Vorteil von Rechtsklarheit (vgl. Zehner, NZBau 2021, 584). § 650i BGB knüpft den Verbraucherschutz nicht an die Situation des Vertragsschlusses an – wie bspw. § 312b BGB – sondern an den Inhalt des Vertrages (vgl. Maase, BauR 2022, 1558). Dabei muss es für den Unternehmer bereits ex ante feststehen, ob es sich um einen Verbraucherbauvertrag handelt, da er dann bereits im Vorfeld ein umfassendes Pflichtenprogramm abzuarbeiten hat (vgl. Maase, BauR 2022, 1558). Dem soll nach der abweichenden Ansicht durch eine subjektive Kenntnis oder ein Kennenmüssen Rechnung getragen werden. Hierbei sind aber Widersprüche und Unsicherheiten unausbleiblich (vgl. Maase, BauR 2022, 1558). Letztlich überzeugt auch der Hinweis auf die Beweislast im Rahmen von § 650o BGB nicht. So trifft den Besteller im Rahmen von § 650f Abs. 6 BGB ebenfalls generell die Beweislast dafür, dass ein Verbrauchervertrag vorliegt. Zudem muss zunächst die Legaldefinition geklärt werden, bevor die Reichweite des Umgehungsverbotes bestimmt werden kann (vgl. Maase, BauR 2022, 1558).

cc) Nach § 650f Abs. 1 S. 1 BGB kann die Sicherheit in Höhe der vereinbarten und noch nicht gezahlten Vergütung einschließlich Nebenforderungen verlangt werden. Das Landgericht hat eine Sicherheit in Höhe von 14.215,- EUR zugesprochen. Auch in dieser Hinsicht weist das Teilurteil keinen Fehler zu Lasten des Beklagten auf.

Der Unternehmer muss die Höhe der vereinbarten Vergütung in dem Zeitpunkt schlüssig darlegen, in dem er die Sicherheit verlangt (vgl. BGH, NJW 2014, 2816). Da die Klägerin die Sicherheit erst nach Beendigung der Arbeiten verlangt, muss sie mithin schlüssig vortragen, dass ihr der mit der Schlussrechnung geltend gemachte Restanspruch zusteht. Ein schlüssiger Vortrag ist im Hinblick auf die tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des Vergütungsanspruchs zugleich ausreichend (vgl. BGH, NJW 2014, 2186). Hierunter fallen insbesondere die zur Ermittlung der Anspruchshöhe angesetzten Massen und Arbeitsstunden. Demgegenüber sind die vertraglichen Grundlagen, zu denen auch der geschuldete Leistungsumfang gehört, eindeutig zu klären und von dem Unternehmer notfalls zu beweisen (vgl. Ingenstau/Korbion-Joussen 21. Auflage, 2019, Anh. 1 Rn. 161 f.).

Der Beklagte meint, die Berechnung der Klägerin sei schon nicht schlüssig. Zudem hätte das Landgericht einen weitergehenden Abzug von 8.120,- EUR netto machen müssen (vgl. Bl. 72 GA OLG). Damit kann er nicht durchdringen.

(1) Für die Positionen Treppenhaus, Aufzugsschacht hat das Landgericht zutreffend einen Werklohn in Höhe von 15.529,50 EUR netto in die Berechnung eingestellt. Unstreitig hat der Beklagte insoweit mündlich einen Auftrag über Stundenlohnarbeiten erteilt. Jedenfalls durch die Vorlage der Rechnung vom 11.6.2018 (Anlage A 13) hat die Klägerin den Anspruch der Höhe nach auch schlüssig dargelegt. Zwar ist in der Rechnung nur die Gesamtzahl der abgerechneten Stunden mit 252 angegeben. Allerdings setzt die schlüssige Abrechnung eines Stundenlohnvertrags nach der Rechtsprechung des BGH keine Differenzierung in der Art voraus, dass die abgerechneten Arbeitsstunden einzelnen Tätigkeiten zugeordnet und/oder zeitlich aufgeschlüsselt werden (vgl. BGH, NJW 2009, 2199). Soweit der Beklagte einwendet, er habe eine Abschlagszahlung von 4.410,18 EUR geleistet, ist diese in der Schlussrechnung mit dem Nettobetrag von 3.706,03 EUR erfasst.

(2) Für die Estricharbeiten hat das Landgericht im Hinblick auf das Staffelgeschoss einen Werklohn von 12.284,95 EUR netto und hinsichtlich der übrigen Stockwerke einen Betrag von 48.889,20 EUR netto eingestellt.

Der Anspruch ist schlüssig dargelegt. Unstreitig wurde der Auftrag auf Basis des Fremdangebotes der Firma E. erteilt. Der Beklagte hat auch nicht bezweifelt, dass die Klägerin im Grundsatz nach den Angaben im Fremdangebot (Anlage A 8) abgerechnet hat. So hat er ausdrücklich vorgetragen, die Beträge in dem Angebot Anlage A8 und der Rechnung Anlage A9 seien „auf den ersten Blick“ vergleichbar.

Das Landgericht hätte im Hinblick auf die Estricharbeiten im EG, 1. und 2.OG auch keinen weiteren Abzug in Höhe von 8.120,- EUR vornehmen müssen. Der Beklagte stützt sich darauf, die Klägerin habe in diesen Geschossen jeweils nur einen 6 cm dicken Estrich verlegt, dabei aber – insoweit unstreitig – einen Estrich mit einer Dicke von 7 cm bzw. von 8 – 10 cm abgerechnet. Die Klägerin habe keinen Beweis für die Dicke des Estrichs angeboten.

Hierauf kann kein weiterer Abzug gestützt werden. Bei der Bemessung der Höhe des Sicherungsanspruchs im Hinblick auf Massen, Materialien und Arbeitsstunden genügt ein schlüssiger Vortrag des Unternehmers (vgl. BGH, NJW 2014, 2186; Urteil des Senates vom 19.8.2021, 5 U 39/20; Ingenstau/Korbion-Joussen aaO Anh. 1 Rn. 161). Die Klägerin hat behauptet, das erbracht zu haben, was sie in Rechnung gestellt habe. Dies genügt für einen schlüssigen Vortrag zunächst.

Zwar kann nach Sinn und Zweck des § 650f BGB eine Position auch trotz eines schlüssigen Vortrags unberücksichtigt bleiben, wenn sich hieraus keine Verzögerung ergibt. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn keine Beweisaufnahme erforderlich ist. In der jetzigen Prozesssituation liegt allerdings kein entsprechender Fall vor. Zum einen ist ein fehlender Beweisantritt zu erbrachten Massen im Rahmen eines Teilurteils über eine Sicherheitsleistung ohnehin unbeachtlich, da ein schlüssiger Vortrag keinen Beweisantritt erfordert. Würde die Sicherheitsleistung isoliert eingeklagt, wäre ohnehin nicht zu erwarten, dass der Unternehmer für sämtliche Massen Beweis antritt, obwohl von vorneherein feststeht, dass eine Beweisaufnahme hierzu nicht erfolgen wird.

Zudem ist nicht eindeutig, wer hinsichtlich der Dicke des Estrichs beweisbelastet ist. Denn es könnte sich sowohl um den Einwand einer nicht erbrachten Menge als auch um einen Mangeleinwand handeln. Dies kann letztlich nicht beurteilt werden, da zum Leistungssoll nicht vorgetragen wurde. Nach Abnahme (die hier streitig ist) wäre der Beklagte für das Vorliegen eines Mangels beweisbelastet. Insoweit wäre eine weitere Aufklärung erforderlich, was eine Verzögerung des Rechtsstreits bewirken würde.

(3) Hinsichtlich der Position „Trockenbauarbeiten“ hat das Landgericht zu Recht jedenfalls einen Betrag in Höhe von 68.744,59 EUR zugrunde gelegt. Unstreitig wurde die Klägerin beauftragt, die Trockenbauarbeiten zu den in dem Angebot der Firma B. genannten Preisen vom 8.1.2018 (Anlage A11) auszuführen.

Der Beklagte hat sich gegen die Abrechnung nur insoweit gewandt, als die Klägerin für die Gipsplattenmontage einen Einzelpreis in Höhe von 82,50 EUR angesetzt hat. Dies betrifft nur die erste Position der Rechnung über die Trockenbauarbeiten (Anlage A12) und wurde von dem Landgericht berücksichtigt. Weitergehende Einwände hat der Beklagte zu den Trockenbauarbeiten nicht geltend gemacht.

dd) Hinsichtlich der Position Zimmererarbeiten hat das Landgericht einen Betrag von 82.932,88 EUR netto angesetzt.

Unstreitig steht der Klägerin zumindest ein Werklohnanspruch in Höhe von 44.455,41 EUR netto zu. Der Beklagte hat das Angebot der Klägerin vom 9.3.2018 (Anlage A6) über die Zimmererarbeiten angenommen. Das Angebot belief sich auf 44.455,41 EUR. Dass die Klägerin die in dem Angebot enthaltenen Arbeiten ausgeführt hat, ist nicht bestritten. Hinsichtlich der weiteren 38.477,47 EUR netto verweist die Klägerin darauf, der Beklagte habe zusätzliche Arbeiten beauftragt.

Das Landgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass in dem Vortrag des Beklagten kein Bestreiten einer Beauftragung der in der Rechnung Anlage A7 unter den Ziffern 1 – 6 aufgeführten Arbeiten zu sehen ist. Ob die Arbeiten als „Zusatzaufträge“ benannt wurden, ist unerheblich. Der Beklagte hat sich auch nicht darauf gestützt, er könne sich zu den weiteren Arbeiten nicht erklären, da ihm die Anlagen/Aufstellungen fehlen würden. Er beruft sich lediglich darauf, diese Anlagen seien im Prozess nicht vorgelegt. Auch auf diese Differenzierung hat das Landgericht bereits im Urteil hingewiesen, ohne dass der Beklagte dem in der Berufung entgegengetreten wäre. Dass die abgerechneten Preise für die Zusatzarbeiten ortsüblich und angemessen waren, hat der Beklagte ebenfalls nicht bestritten.

(5) Die weitere Berechnung des Landgerichts – insbesondere die Vornahme bestimmter Kürzungen – und die Berücksichtigung eines 10%igen Aufschlages zeigt im Übrigen keinen Fehler zu Lasten des Beklagten.

2. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und teilweise begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf eine Bauhandwerkersicherung in Höhe von weiteren 75.604,77 EUR zu. Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet.

a) Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Anspruch aus § 650f Abs. 1 BGB zu. Die Ausnahme des § 650f Abs. 6 BGB findet – wie zuvor ausführlich dargelegt – nach vorzugswürdiger Ansicht keine Anwendung. Nach § 650f Abs. 1 S. 1 BGB kann die Sicherheit in Höhe der vereinbarten und noch nicht gezahlten Vergütung einschließlich Nebenforderungen verlangt werden. Die Klägerin meint, das Landgericht habe zu Unrecht Kürzungen von der Forderung in der Schlussrechnung vorgenommen. Damit hat sie teilweise Erfolg.

aa) Für die Positionen Treppenhaus, Aufzugsschacht hat das Landgericht den von der Klägerin angesetzten Betrag von 15.529,50 EUR netto in die Berechnung eingestellt.

Für die Estricharbeiten hat das Landgericht ebenfalls die von der Klägerin angesetzten Beträge von 12.284,95 EUR und 48.889,20 EUR netto eingestellt. Auch hinsichtlich der Position Zimmerarbeiten hat das Landgericht den von der Klägerin angesetzten Betrag von 82.932,88 EUR netto ungekürzt angesetzt.

bb) Hinsichtlich der Position „Trockenbauarbeiten“ hat das Landgericht zu Recht einen Abzug in Höhe von netto 13.503,48 EUR gemacht und nur einen Betrag von 68.744,59 EUR netto in die Berechnung eingestellt. Dies lässt keine Fehler erkennen.

Unstreitig wurde die Klägerin beauftragt, die Trockenbauarbeiten zu den in dem Angebot der Firma B. genannten Preisen vom 8.1.2018 (Anlage A11) auszuführen. Eine schlüssige Darlegung zur Höhe der Vergütung fehlt hinsichtlich der Position 1. der Einzelrechnung vom 27.12.2018 über die Trockenbauarbeiten im Umfang des von dem Landgericht vorgenommenen Abzugs. Unstreitig entsprach die Position 1. der Rechnung über die Trockenbauarbeiten einer Leistung, die die Firma B. mit einem Einzelpreis von 49,40 EUR angeboten hatte. Da die Klägerin bereit war, die Arbeiten zu den von B. angebotenen Preisen auszuführen, war für die Position 1. ein qm-Preis von nur 49,40 EUR netto vereinbart und nicht wie abgerechnet von 82,50 EUR. Im Umfang der Preisabsprache kann die Klägerin nicht auf Basis der ortüblichen und angemessenen Preise abrechnen.

Die Klägerin hat auch nicht schlüssig dargetan, sich mit der Zeugin C. als Vertreterin des Beklagten nachträglich auf den Einheitspreis von 82,50 EUR verständigt zu haben. Zwar hat die Klägerin vorgetragen, am 3.12.2019 sei die Rechnung mit der Zeugin C. besprochen worden. Diese habe keine Einwände gehabt. Selbst wenn die Zeugin keine Einwände gegen die Rechnung gehabt haben sollte, konnte ein verständiger Dritter in der Position der Klägerin dies nicht dahingehend verstehen, dass sie einer Änderung des Einheitspreises zugestimmt hätte. Für eine Vertragsänderung bedarf es eines Angebots und einer Annahme. Es ist schon nicht ersichtlich, dass die Klägerin ein Angebot für eine Vertragsänderung unterbreitet hätte. Dafür genügt nicht die Vorlage einer Rechnung mit einem höheren Einheitspreis, da dies auch auf einem Versehen beruhen kann.

Auch von einem deklaratorischen Anerkenntnis seitens des Beklagten durch die Zeugin ist nicht auszugehen. Die Wertung einer rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Erklärung als Anerkenntnis setzt in der Regel eine Interessenlage voraus, die Anlass für die Abgabe eines Anerkenntnisses gibt. Eine solche Interessenlage kann namentlich darin liegen, ein zwischen den Parteien bestehendes Schuldverhältnis ganz oder teilweise einem Streit über seinen Bestand zu entziehen (vgl. BGH, NJW 2009, 580). Eine solche Interessenlage hat die Klägerin aber nicht dargelegt. Zwar bestand ein Streit über die Höhe der Einheitspreise im Hinblick auf den Trockenbau. Dies geht auch aus dem Schreiben des Beklagten vom 10.2.2019 (Anlage B4) hervor. Dass das Gespräch dazu diente, gerade diese Streitigkeit zu beseitigen, ist aber weder konkret vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Insbesondere ist kein Gesprächsinhalt vorgetragen, aufgrund dessen die Klägerin eine Beilegung des Streites über die Rechnungsposition 1 oder eine Zustimmung zu dem Einheitspreis hätte annehmen können. Sollte die Zeugin C. auf etwaige Erläuterungen der Klägerin geschwiegen haben, so fehlt eine rechtsgeschäftliche Erklärung. Ebenso bleibt offen, welche Einwendungen der Zeugin in der Schlussrechnung berücksichtigt worden sein sollen. Im Übrigen scheint die Klägerin das Verhalten der Zeugin selbst nicht als entsprechende Zustimmung verstanden zu haben. So hat die Klägerin nach dem Gespräch mit der Zeugin C. noch die baubetriebliche Stellungnahme der Firma F. (Anlage A2) eingeholt.

cc) Zutreffend hat das Landgericht die unter Teil 2 der Schlussrechnung aufgeführten Positionen (insgesamt 38.362,69 EUR) nicht in die Berechnung der Sicherheitsleistung einbezogen. Der 2. Teil der Schlussrechnung trägt die Überschrift „Leistungen aus Nachvereinbarungen“. Der Beklagte hat die Beauftragung dieser Leistungen bestritten und die entsprechenden Rechnungen zurückgeschickt. Die Klägerin hat weder vorgetragen, dass die abgerechneten Leistungen ausdrücklich vereinbart worden wären, noch dass diese zunächst nicht in den Angeboten enthalten, aber zur Leistungserbringung erforderlich gewesen wären. Hiergegen spricht schon, dass es sich z.T. um den Einsatz von Maschinen handelt (Bagger, Schneidegerät). Der Einsatz von Geräten, die für die Durchführung eines Auftrages benötigt werden, ist üblicherweise von einem Angebot erfasst.

dd) Die vom Landgericht vorgenommenen weiteren Abzüge für

– Sicherheitseinbehalt (5% = 11.419,06 EUR netto)

– Mängel an der Fassade (15.000 EUR netto)

– Doppelberechnung von Isokimmsteinen (5.235,65 EUR netto nach Verrechnung)

– Abschlagszahlungen (152.450,17 EUR)

sind auch nach der eigenen Berechnung der Klägerin abzusetzen.

Die Klägerin kann insoweit eine (gegenüber dem landgerichtlichen Urteil) weitergehende Sicherheit in Höhe der streitigen Gegenforderung zzgl. 10% Aufschlag verlangen, dies entspricht weiteren 75.604,77 EUR.

ee) Von der so berechneten Forderung ist nach § 650f Abs. 1 S. 4 BGB kein Abschlag aufgrund der hilfsweise erklärten Aufrechnung des Beklagten mit einer angeblichen Überzahlung der Rohbauleistungen vorzunehmen. Die behauptete Gegenforderung ist weder unstreitig noch rechtskräftig festgestellt.

Nach § 650f Abs. 1 S. 4 BGB bleiben Gegenansprüche, mit denen der Besteller aufrechnen kann, unberücksichtigt, außer sie sind unstreitig oder rechtskräftig festgestellt. Der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch in Höhe von 68.731,61 EUR könnte dem Beklagten nur aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zustehen. Insofern beruft er sich auf eine Überzahlung der Leistungen bei der Erstellung des Rohbaus. Es ist aber zwischen den Parteien gerade nicht unstreitig, dass der Beklagte im Hinblick auf die Rohbauleistungen insgesamt 68.731,61 EUR ohne Rechtsgrund gezahlt hat und zurückverlangen kann.

Unstreitig ist eine Forderung, wenn über ihren Grund und ihre Höhe zwischen den Parteien keine Meinungsverschiedenheit besteht (vgl. BGH, NJW 1978, 2244, MüKoBGB-Wurmnest, 9. Auflage 2022 Rn. 7; BeckOK BGB/Becker, 63. Ed. 1.8.2022, BGB § 309 Nr. 3 Rn. 99; BeckOGK/Weiler, 1.10.2022, BGB § 309 Nr. 3 Rn. 46). Dem schließt sich der Senat an. Vorliegend bestand und besteht zwischen den Parteien aber keine Einigkeit dahingehend, dass der Beklagte im Hinblick auf die Rohbauleistungen 68.731,61 EUR überzahlt hat und zurückverlangen kann. Die Klägerin ist bereits in erster Instanz dieser Forderung entgegengetreten, zum einen indem sie auf die Darlegungslast des Beklagten verwiesen und den Vortrag als unzureichend angesehen hat, zum anderen dadurch, dass sie sich auf § 814 BGB berufen hat.

Eine Berücksichtigung der Aufrechnung ist vorliegend auch nicht aus den Grundsätzen von Treu und Glauben geboten. Dabei kann dahinstehen, ob die in erster Instanz durch die Klägerin gegen den Anspruch geltend gemachten Einwände erheblich waren oder nicht. Zwar kann es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen von § 309 Nr. 3 BGB – mit dem ebenfalls eine Aufrechnungsmöglichkeit erhalten bleibt – unter Beachtung der Grundsätze von Treu und Glauben geboten sein, eine Aufrechnungsbeschränkung dann unbeachtet zu lassen, wenn eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung in dem Sinne entscheidungsreif ist, dass sie sich als begründet erweist (vgl. BGH, NJW 2002, 2779, BGH; NJW 1986, 1757). Im Rahmen von § 650f BGB kann dies aufgrund der berechtigten Sicherheitsinteressen des Werkunternehmers aber nur gelten, wenn mit der Entscheidung über die Sicherheitsleistung zugleich feststeht, dass auch die Aufrechnungsforderung begründet ist (so wohl auch zu vertraglichen Aufrechnungsverboten BGH, NJW 1986, 1757).

Der Gesetzgeber wollte mit der Vorschrift des § 650f BGB dem Unternehmer die Möglichkeit eröffnen, möglichst schnell und effektiv vom Besteller eine Sicherheit für den Fall zu erlangen, dass der Besteller ihn nicht bezahlt (BT-Drs. 16/511, 1, 11 f., 17). Diesem Interesse des Unternehmers hat der Gesetzgeber u.a. dadurch Rechnung getragen, dass ein Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen der Berechnung des Vergütungsanspruchs im Prozess auf Stellung einer Sicherheit nicht zugelassen wird, wenn er die Durchsetzung des Sicherungsverlangens verzögert. Denn in dem Zeitraum der Aufklärung der streitigen Tatsachen kann der Besteller zahlungsunfähig werden, wovor der Unternehmer durch die Vorschrift gerade geschützt werden soll (vgl. BGH, NJW 2021, 2438). Mit Rücksicht auf dieses Schutzbedürfnis hat der Gesetzgeber gleichzeitig in Kauf genommen, dass unter Umständen – rückblickend betrachtet – eine Übersicherung des Unternehmers besteht. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann auch eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung nur dann Berücksichtigung finden, wenn sie zeitgleich mit der Forderung auf Leistung einer Sicherheit entscheidungsreif ist. Eine Verzögerung dadurch, dass im Hinblick auf eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung noch die Möglichkeit zu weiterem Vortrag oder einer Beweisaufnahme gegeben werden muss, muss der Werkunternehmer hingegen nicht hinnehmen.

Vorliegend ist die von dem Beklagten aufgestellte Gegenforderung nicht zur Entscheidung reif. Es fehlt schon an einer schlüssigen Darlegung der Gegenforderung. Der Beklagte sieht die in der Anlage B3 grün markierten und in Anlage B5 zusammengefassten Positionen als nicht berechtigt an. Dabei hat er sich zunächst darauf gestützt (Bl. 23 GA LG), es handele sich um Positionen, die nicht Bestandteil des Angebotes gewesen seien. Die Erforderlichkeit solcher Zulagen und Preisanpassungen werde bestritten. Später hat er ausgeführt, die in der Anlage B5 enthaltenen Positionen seien zwar abgerechnet, aber nicht erbracht worden und auch nicht im Leistungsverzeichnis enthalten gewesen (Bl. 100 GA LG). Dies genügt insgesamt für einen schlüssigen Vortrag nicht. Es bleibt unklar, was der Beklagte geltend machen will. Es ergibt aber einen Unterschied, ob eine Position an sich nicht beauftragt wurde, ob eine Leistung nicht erbracht wurde oder ob es nur an einer Preisabsprache zu einer zusätzlichen/geänderten Leistung fehlt. Der Verweis auf das Leistungsverzeichnis des Angebotes ersetzt keinen schlüssigen Vortrag, da die von dem Beklagten bestrittenen Positionen in der Anlage B3 weitgehend mit dem Zusatz NT (= Nachtrag) versehen sind. Zwar trifft im Rahmen eines Anspruches nach § 812 BGB den Unternehmer eine sekundäre Darlegungslast. Voraussetzung ist aber zunächst, dass der Beklagte unter Ausschöpfung seiner Erkenntnisquellen vorträgt. Hier könnte und müsste sich der Beklagte konkret mit dem Rechnungstext (bzw. den Erklärungen in der Anlage B3) zu den angeblich unberechtigten Positionen auseinandersetzen. Zuvor tritt die Pflicht zur sekundären Darlegung noch nicht ein.

III.