Ax Rechtsanwälte

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Anforderungen an die fachliche Richtigkeitsprüfung der Angebote

Anforderungen an die fachliche Richtigkeitsprüfung der Angebote

von Thomas Ax

Gem. § 56 Abs. 1 VgV sind Angebote auf Vollständigkeit sowie fachliche und rechnerische Richtigkeit zu prüfen. Die fachliche Richtigkeitsprüfung der Angebote bezieht sich auf den fachlichen Inhalt der von den Bietern eingereichten Unterlagen und umfasst regelmäßig die Prüfung, ob die angebotene Leistung den Anforderungen der Ausschreibung, insbesondere der Leistungsbeschreibung und den technischen Spezifikationen entspricht. (vgl. Beck VergabeR/Haak/Hogeweg, 3. Aufl. 2019, VgV § 56 Rn. 23). Ein öffentlicher Auftraggeber ist zwar grundsätzlich nicht verpflichtet zu überprüfen, ob die Bieter ihre mit dem Angebot verbindlich eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen auch einhalten werden; vielmehr darf er sich grundsätzlich auch ohne Überprüfung auf die Leistungsversprechen der Bieter verlassen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.01.2020 – Verg 20/19 m. w. N.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29.05.2020 – 15 Verg 2/20). Entscheidet sich ein öffentlicher Auftraggeber jedoch dazu, das Leistungsversprechen des Bieters zu überprüfen, muss der öffentliche Auftraggeber aus Gründen der Transparenz und der Gleichbehandlung der Bieter bereit und in der Lage sein, das Leistungsversprechen des Bieters effektiv zu verifizieren (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.01.2020 – Verg 20/19).

Der öffentliche Auftraggeber ist in der Wahl seiner Überprüfungsmittel grundsätzlich frei (OLG München, Beschluss vom 11.05.2007 – Verg 4/07; OLG Frankfurt a.M. Beschluss vom 16.06.2015 – 11 Verg 3/15 – zur Eignungsbeurteilung). Er ist im Interesse einer zügigen Umsetzung der Beschaffungsabsicht und einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens und aus Gründen seiner begrenzten Ressourcen und administrativen Möglichkeiten nicht auf eine bestimmte Methode oder bestimmte Mittel der fachlichen Prüfung festgelegt. Die vorgenannten Maßstäbe gelten gleichermaßen für die zu fordernde Prüfungstiefe in Fällen, in denen die Prüfung, ob ein Angebot den Anforderungen der Vergabeunterlagen entspricht und ob die angebotenen Konzepte umsetzbar sind, die Beurteilung einer Vielzahl komplexer technischer Fragen erfordert. (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.07.2012 – Verg 13/12). Das vom Auftraggeber gewählte Mittel zur Überprüfung muss jedoch geeignet und die Mittelauswahl frei von sachwidrigen Erwägungen getroffen worden sein (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.01.2020 – Verg 20/19).

Eignungsprüfung als Prognoseentscheidung

Eignungsprüfung als Prognoseentscheidung

von Thomas Ax

Bei der Beurteilung der Eignung eines Bieters handelt es sich um eine Prognoseentscheidung, ob vom künftigen Auftragnehmer die ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen erwartet werden kann. Dem öffentlichen Auftraggeber steht ein Beurteilungsspielraum zu, der von den Nachprüfungsinstanzen nur daraufhin überprüft werden kann, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten worden ist, ob der Auftraggeber die von ihm selbst aufgestellten Bewertungsvorgaben beachtet hat, der zugrunde gelegte Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt worden ist, keine sachwidrigen Erwägungen angestellt worden sind und nicht gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßen worden ist (Senatsbeschluss vom 12. Juni 2019, VII-Verg 52/18, NZBau 2020, 258 Rn. 32; OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 1. Oktober 2020, 11 Verg 9/20, ZfBr 2021, 91, 94).

Achtung! Was sind vergleichbare Referenzprojekte?

Achtung! Was sind vergleichbare Referenzprojekte?

von Thomas Ax

Bei dem Begriff „vergleichbare Referenzprojekte“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der anhand des Wortlauts der Vergabeunterlagen und von Sinn und Zweck der geforderten Angaben unter Berücksichtigung des Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatzes auszulegen ist. Dabei bedeutet die Formulierung „vergleichbar“ nicht „gleich“ oder gar „identisch“, sondern, dass die Leistungen im technischen oder organisatorischen Bereich einen gleich hohen oder höheren Schwierigkeitsgrad hatten (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 8. April 2014, 11 Verg 1/14, NZBau 2015, 51 Rn. 58, Senatsbeschluss v0m 26. November 2008, VII-Verg 54/08, BeckRS 2009, 5998).

Die ausgeschriebene Leistung muss den Referenzaufträgen soweit ähneln, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung eröffnet (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 8. April 2014, 11 Verg 1/14, NZBau 2015, 51 Rn. 58).

Aufgepasst! Eignungsanforderungen richtig aufstellen

Aufgepasst! Eignungsanforderungen richtig aufstellen

von Thomas Ax

Gemäß § 122 Abs. 1 GWB sind öffentliche Aufträge an geeignete Unternehmer zu vergeben. Welche Anforderungen an die Eignung gestellt werden, bestimmt der Auftraggeber durch entsprechende Vorgaben in der Ausschreibung. Dort legt er auch die Nachweise fest, anhand derer er die Prüfung vornehmen will (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 1. Oktober 2020, 11 Verg 9/20, ZfBr 2021, 91, 94). Nach § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB, der Art. 58 Abs. 5 der Vergaberichtlinie 2014/24/EU in nationales Recht umsetzt, geben die öffentlichen Auftraggeber die zu erfüllenden Eignungskriterien, die in Form von Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit ausgedrückt werden können, zusammen mit den geeigneten Nachweisen in der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung an. § 48 Abs. 1 VgV schreibt vor, dass in der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessenbestätigung neben den Eignungskriterien anzugeben ist, mit welchen Unterlagen (Eigenerklärungen, Angaben, Bescheinigungen und sonstige Nachweise) Bewerber oder Bieter ihre Eignung gemäß den §§ 43 bis 47 VgV und das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen zu belegen haben.

Eignungskriterien sind folglich nur wirksam aufgestellt und die hierzu zu erbringenden Nachweise nur wirksam gefordert, wenn sie in der Auftragsbekanntmachung aufgeführt sind. Sinn und Zweck der Regelungen ist, dass potentielle Bieter bereits aus der Auftragsbekanntmachung die in persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht gestellten Anforderungen ersehen können, um anhand dieser Angaben zu entscheiden, ob sie sich an der Ausschreibung beteiligen können und wollen. Nur wenn diese Angaben frei zugänglich und transparent sind, können sie diesem Zweck der Auftragsbekanntmachung gerecht werden (Senatsbeschluss vom 11. Juli 2018, VII-Verg 24/18, ZfBr 2019, 292, 294/95). Durch Antworten auf Bieterfragen, können die in der Bekanntmachung aufgestellten Anforderungen erläutert, aber keine abweichenden Eignungsanforderungen wirksam aufgestellt werden; hierzu bedarf es einer Änderungsbekanntmachung (Senatsbeschluss vom 28. März 2018, VII-Verg 40/17, ZfBr 2018, 705, 712).

Nachprüfungspraxis – wie geht die Anrufung der Vergabekammer?

Nachprüfungspraxis - wie geht die Anrufung der Vergabekammer?

von Thomas Ax

Die Vergabe öffentlicher Aufträge unterliegt nur dann der Nachprüfung durch die Vergabekammer, wenn bestimmte Auftragssummen (EU-Schwellenwerte) erreicht oder überschritten werden (§ 106 GWB). Der Schwellenwert beträgt derzeit beispielsweise bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen 221.000,00 und bei Bauaufträgen 5,538 Mio. EUR netto. Je nach Fallgestaltung, etwa bei losweiser Vergabe, gelten andere Werte, vgl. § 3 VgV.

Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf schriftlichen Antrag hin ein. Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse am Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten durch Nichtbeachten von Vergabevorschriften geltend macht. Der Antrag ist gem. § 160 Abs. 3 Nr. 1-3 GWB unzulässig, wenn der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von 10 Kalender-tagen und in der Regel vor Anrufung der Kammer gerügt hat bzw., wenn der Antragsteller Vergabeverstöße, die bereits aufgrund der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen erkennbar waren, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe /Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt hat. Ferner ist ein Antrag unzulässig, wenn mehr als 15 Kalendertage nach Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind (§ 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB).

Der Nachprüfungsantrag soll ein bestimmtes Begehren enthalten. Er ist unverzüglich zu begründen (§ 161 Abs. 1 GWB). Die Begründung muss die Bezeichnung des Antragsgegners mit Anschrift, eine Beschreibung der behaupteten Rechtsverletzung mit Sachverhaltsdarstellung und die Bezeichnung der verfügbaren Beweismittel enthalten. Es ist auch darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht (§ 161 Abs. 1 und 2 i.V. m. § 97 Abs. 6 GWB) und dass gegenüber dem Auftraggeber ordnungsgemäß gerügt wurde (§ 160 Abs. 3 GWB). Die sonstigen Beteiligten sollen, soweit bekannt, benannt werden (§ 161 Abs. 2 GBW).

Einen bereits erteilten Zuschlag kann die Kammer nicht wieder aufheben (§ 168 Abs. 2 GWB). Allerdings kann ein Zuschlag bzw. Vertrag unwirksam und damit ein Nachprüfungsverfahren zulässig sein, wenn ein förmliches Vergabeverfahren gar nicht durchgeführt wurde oder der Auftraggeber die Bieter oder Bewerber, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, vor Auftragserteilung hiervon nicht informiert hat. Einzelheiten hierzu, auch zu Fristen und Inhalt der Information finden sich in den §§ 134, 135 GWB. In der Regel darf ein Vertrag erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information bzw. 10 Kalendertage bei Versand auf elektronischem Wege geschlossen werden.

Die Durchführung des Verfahrens löst nach § 182 GWB Gebühren aus, die in der Regel mindestens 2.500 € und höchstens 50.000 € betragen. Voraussetzung für eine Verfahrenseinleitung ist die Zahlung eines Vorschusses von mindestens 2.500,00 €. Soweit ein Verfahrensbeteiligter unterliegt, hat er die Kosten einschließlich der gegnerischen notwendigen Aufwendungen und ggf. die Kosten der Beigeladenen zu tragen. Hierzu können auch Rechtsanwaltskosten zählen, wenn die Beiziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.

Die Partei, die unterliegt, kann mit der sofortigen Beschwerde das Oberlandesgericht anrufen (§ 171 Abs. 3 GWB). Die Beteiligten müssen sich dort grundsätzlich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 172 Abs. 3 GWB).

Nachprüfungspraxis – wie komme ich an die Vergabeakte?

Nachprüfungspraxis - wie komme ich an die Vergabeakte?

von Thomas Ax

Nach § 165 Abs. 1 GWB können die Verfahrensbeteiligten die Vergabeakte sowie die Verfahrensakten der Vergabekammer bei der Vergabekammer einsehen und sich durch die Geschäftsstelle der Vergabekammer auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge oder Abschriften erteilen lassen. Der Wortlaut des § 165 Abs. 1 GWB („bei der Vergabekammer einsehen“) ist somit darauf gerichtet, die Akteneinsicht in den Geschäftsräumen am Ort des Sitzes der Vergabekammer durchzuführen. Das ermöglicht es den Beteiligten, die Akteneinsicht entweder vor Ort bei der Vergabekammer durchzuführen oder darauf zu verzichten. Im letzteren Fall können die Beteiligten, wie in der Praxis regelmäßig üblich, erst recht von der nach § 165 Abs. 1 GWB vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen und sich von der Geschäftsstelle Abschriften der Akten anfertigen lassen, insbesondere von der der Vergabekammer nach § 163 Abs. 2 Satz 4 GWB vom öffentlichen Auftraggeber vorzulegenden Vergabeakte.

Die Überlassung der Vergabeakte bzw. der Verfahrensakte der Vergabekammer an Verfahrensbeteiligte bzw. deren Verfahrensbevollmächtigte durch die Vergabekammer ist von diesem gesetzlichen Rahmen des § 165 Abs. 1 GWB von vornherein nicht gedeckt, eine Verschickung der Vergabeakten an Verfahrensbeteiligte danach ohne jedweden Spielraum ausgeschlossen. Diese Regelung ist eine Konkretisierung des in § 167 GWB geregelten Beschleunigungsgebots.

Dieses verlangt, dass die Akten der Vergabekammer als Nachprüfungsinstanz durchgehend zur Verfügung stehen müssen, damit diese binnen der nach § 167 GWB begrenzten Entscheidungsfrist in der Lage ist, die Nachprüfung effektiv und zügig durchführen zu können. Das ist nicht gewährleistet, wenn die Kammer gehalten wäre, die Vergabeakte oder/und die von ihr zur laufenden Dokumentation des Nachprüfungsverfahrens zu führende Verfahrensakte, ggf. sogar an mehrere Verfahrensbeteiligte nacheinander, zum Zweck der Akteneinsicht, ggf. sogar ins Ausland, zu verschicken, damit diese die Akteneinsicht bei sich durchführen könnten. Hätte der Gesetzgeber die Möglichkeit vorsehen wollen, dass die Akten an die Beteiligten zu versenden sind oder auch nur – nach pflicht- gemäßer Ermessensentscheidung der Vergabekammer – darüber entschieden werden könnte, ob diese versandt werden, so wäre eine klarstellende, vom Wortlaut des § 165 Abs. 1 GWB explizit abweichende Regelung geboten gewesen, die entsprechende Ausnahmen ermöglichte.

Daran fehlt es offensichtlich. Dies zeigt der Vergleich mit § 29 Abs. 3 VwVfG (Bund), der die Akteneinsicht für das allgemeine Verwaltungsverfahren regelt. Danach erfolgt die Akteneinsicht in einem Verwaltungsverfahren grundsätzlich ebenfalls bei der Behörde, die die Akten führt, ausnahmsweise bei anderen mit der Durchführung der Akteneinsicht betrauten Behörden. § 29 Abs. 3 Satz 2, letzter Hs. VwVfG (Bund) stellt weitere Ausnahmen für die Durchführung der Akteneinsicht ausdrücklich in das Ermessen der aktenführenden Behörde. Eine dem § 29 Abs. 3 VwVfG (Bund) aber entsprechende Regelung fehlt bei der speziellen nachprüfungsverfahrensrechtlichen Vorschrift des § 165 Abs. 1 GWB.

Der Gesetzgeber hat aus den oben dargelegten Gründen eine explizit abweichende spezielle Regelung geschaffen.

Neue Themen – der richtige Vergabevermerk

Neue Themen – der richtige Vergabevermerk

von Thomas Ax

Der Vergabevermerk ist der Schlüssel zur rechtssicheren Durchführung des Vergabeverfahrens. Kontrollbehörde, Rechnungsprüfung,
Vergabekammer, Kommunalaufsicht – für alle ist der Vergabevermerk das entscheidende Dokument für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Beschaffung. Im Vergabevermerk müssen daher alle wesentlichen Verfahrensschritte dokumentiert werden. Alle wesentlichen Entscheidungen im Vergabeverfahren müssen begründet werden. Doch wie weit reichen die Dokumentations- und Begründungspflichten?

Ein Vergabevermerk ist ein Nachweis, dem zu entnehmen ist, welche Maßnahmen, Feststellungen und Entscheidungen in einem Vergabeverfahren getroffen wurden. Der Vermerk stellt eine lückenlose Dokumentation des gesamten Vergabeverfahrens dar. Jede Ausschreibung, ob unter- oder oberhalb der EU-Schwellenwerte ist vom Auftraggeber in einem Vergabevermerk schriftlich zu dokumentieren gem. § 8 VgV, § 20 EU VOB/A. Diese Verpflichtung gilt auch für die Beschränkte Ausschreibung und die Freihändige Vergabe (§ 20 EG VOB/A, § 20 EG VOL/A). Der Vergabevermerk ist unmittelbar nach der Festlegung des Bedarfs zu erstellen, bis zur Zuschlagserteilung fortlaufend zu ergänzen und darf nicht im Nachhinein gefertigt werden.

Welche rechtlichen Vorgaben sind zu beachten?

Der öffentliche Auftraggeber dokumentiert das Vergabeverfahren von Beginn an fortlaufend in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit dies für die Begründung von Entscheidungen auf jeder Stufe des Vergabeverfahrens erforderlich ist. Dazu gehört zum Beispiel die Dokumentation der Kommunikation mit Unternehmen und interner Beratungen, der Vorbereitung der Auftragsbekanntmachung und der Vergabeunterlagen, der Öffnung der Angebote, Teilnahmeanträge und Interessensbestätigungen, der Verhandlungen und der Dialoge mit den teilnehmenden Unternehmen sowie der Gründe für Auswahlentscheidungen und den Zuschlag.

Der öffentliche Auftraggeber fertigt über jedes Vergabeverfahren einen Vermerk in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs an. Dieser Vergabevermerk umfasst mindestens Folgendes:

1. den Namen und die Anschrift des öffentlichen Auftraggebers sowie Gegenstand und Wert des Auftrags, der Rahmenvereinbarung oder des dynamischen Beschaffungssystems,

2. die Namen der berücksichtigten Bewerber oder Bieter und die Gründe für ihre Auswahl,

3. die nicht berücksichtigten Angebote und Teilnahmeanträge sowie die Namen der nicht berücksichtigten Bewerber oder Bieter und die Gründe für ihre Nichtberücksichtigung,

4. die Gründe für die Ablehnung von Angeboten, die für ungewöhnlich niedrig befunden wurden,

5. den Namen des erfolgreichen Bieters und die Gründe für die Auswahl seines Angebots sowie, falls bekannt, den Anteil am Auftrag oder an der Rahmenvereinbarung, den der Zuschlagsempfänger an Dritte weiterzugeben beabsichtigt, und gegebenenfalls, soweit zu jenem Zeitpunkt bekannt, die Namen der Unterauftragnehmer des Hauptauftragnehmers,

6. bei Verhandlungsverfahren und wettbewerblichen Dialogen die in § 14 Absatz 3 genannten Umstände, die die Anwendung dieser Verfahren rechtfertigen,

7. bei Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Teilnahmewettbewerb die in § 14 Absatz 4 genannten Umstände, die die Anwendung dieses Verfahrens rechtfertigen,

8. gegebenenfalls die Gründe, aus denen der öffentliche Auftraggeber auf die Vergabe eines Auftrags, den Abschluss einer Rahmenvereinbarung oder die Einrichtung eines dynamischen Beschaffungssystems verzichtet hat,

9. gegebenenfalls die Gründe, aus denen andere als elektronische Mittel für die Einreichung der Angebote verwendet wurden,

10. gegebenenfalls Angaben zu aufgedeckten Interessenkonflikten und getroffenen Abhilfemaßnahmen,

11. gegebenenfalls die Gründe, aufgrund derer mehrere Teil- oder Fachlose zusammen vergeben wurden, und

12. gegebenenfalls die Gründe für die Nichtangabe der Gewichtung von Zuschlagskriterien.

Bsp

Nur wer den Aufwand einer tiefen technischen und sachlichen Begründung in dem Vergabevermerk nicht scheut, kann bspw eine produktspezifische Vergabe rechtssicher durchführen. Dabei müssen vergaberechtlicher und technischer Sachverstand interdisziplinär zusammenarbeiten.

Bsp

Für eine Abweichung vom grundsätzlichen Gebot einer Fachlosvergabe reicht es aus, wenn nach einer Abwägung der widerstreitenden Belange die wirtschaftlichen oder technischen Gründe gegen eine solche Teilung überwiegen. Die für diese Abwägung zu dokumentierenden Angaben und Gründe müssen so detailliert sein, dass sie für einen mit der Sachlage des konkreten Vergabeverfahrens vertrauten Leser nachvollziehbar sind. Dies erfordert eine Dokumentation mit einer ausführlichen Begründung des Entscheidungsprozesses mit seinem Für und Wider sowie eine detaillierte Begründung der getroffenen Entscheidung. Ist im Vergabevermerk die Berücksichtigung eines bestimmten Umstandes bei der Abwägung nicht zu entnehmen, kann diese Lücke nicht im Nachprüfungsverfahren geschlossen werden, weil es sich um gänzlich neuen und bislang unbekannten Sachverhalt handeln würde.

Bsp

Die im Vergabevermerk enthaltenen Angaben und die mitgeteilten Gründe für getroffene Entscheidungen müssen so detailliert sein, dass sie für einen mit der Sachlage des jeweiligen Vergabeverfahrens vertrauten Leser nachvollziehbar sind. Dabei sind die Anforderungen an den Detaillierungsgrad aus Gründen der Nachvollziehbarkeit größer, wenn es um die Dokumentation von Entscheidungen geht, die die Ausübung von Ermessen oder die Ausfüllung eines Beurteilungsspielraums enthalten. Für den Bereich der Ingenieur- und Architektenleistungen stellt die mündliche Präsentation von Planung und Team ein übliches Verfahren bei der Auswahl des am besten erscheinenden Bieters dar. Dabei sind die Anforderungen an den Detaillierungsgrad des Vergabevermerks aus Gründen der Nachvollziehbarkeit besonders hoch, wenn die qualitative Bewertung im Wesentlichen auf einer mündlichen Vorstellung der zur Verhandlungsrunde zugelassenen Büros beruht.

Von der Redaktion – Heft 4/24

Von der Redaktion - Heft 4/24 - Neueinsteiger herzlich willkommen!

Der Staat kauft ein! Er lässt Verwaltungsgebäude, Krankenhäuser, Schulen sowie Straßen und Brücken bauen und sanieren. Er beschafft Fahrzeuge, IT, Büromaterialien und Medizinprodukte. Darüber hinaus kauft er Planungs- und Beratungsleistungen sowie Reinigungs- und Bewachungsdienstleistungen und vieles mehr ein. Das öffentliche Beschaffungswesen ist ein Milliardenmarkt, der seit jeher besonderen Regelungen unterliegt. Die beim Einkauf von Leistungen zu beachtenden Bestimmungen, die dem Wettbewerb, der Gleichbehandlung und der Transparenz dienen, stellen das Vergaberecht dar. Dessen komplexe Regelungen müssen beachtet werden, wenn Aufträge rechtssicher vergeben werden sollen. Hier gilt es, viele Einzelaspekte richtig zu behandeln und Stolpersteine frühzeitig zu erkennen, um das Beschaffungsvorhaben erfolgreich durchzuführen. Das Ziel unserer VergabePrax besteht darin, Neueinsteigern fundiert und praxisbezogen die Grundlagen des Vergaberechts zu vermitteln. Die VergabePrax behandelt typische Problemstellungen und deren Lösungen. Zudem werden ausgewählte und aktuelle Einzelthemen sowohl bei europaweiten als auch nationalen Vergabeverfahren beleuchtet. Die VergabePrax wendet sich an den vergaberechtlichen Praktiker. Die VergabePrax wendet sich gezielt an Neueinsteiger ohne spezielles Vorwissen. Sie eignet sich aber auch für Leser mit ersten vergaberechtlichen Erfahrungen, die ihr Wissen ordnen und vervollständigen wollen und natürlich ist sie auch für „alte Hasen“ sehr interessant.  Viel Freude und Erkenntnisgewinn beim Lesen. Herzliche Grüße!

Ihr Herausgeber
Thomas Ax

Praxistipp (2): Angebote richtig erstellen

Praxistipp (2): Angebote richtig erstellen

von Thomas Ax

Eine Änderung an den Vergabeunterlagen liegt vor, wenn ein Bieter von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht. Änderungen können den Inhalt der nachgefragten Leistung oder die Vertragskonditionen und Preise betreffen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. Juni 2012 – 11 Verg 12/11). Die Vorschrift dient dem Schutz des Auftraggebers, dem Wettbewerb und damit den anderen Bietern. Der Auftraggeber soll die ausgeschriebene (und keine andere) Leistung erhalten, die Angebote sollen vergleichbar sein.

Eine unzulässige Änderung liegt vor, wenn eine andere Leistung angeboten wird als vom Auftraggeber ausgeschrieben. Änderungen sind alle unmittelbaren Eingriffe mit verfälschender Absicht, wie Streichungen, Hinzufügungen, jede Abänderung einer Position, Herausnahme von einzelnen Blättern etc. (vgl. OLG Jena, Beschluss vom 16.09.2013 – 9 Verg 3/13).

Eine Änderung an den Vergabeunterlagen liegt dann vor, wenn der Bieter nicht das anbietet, was der Ausschreibende bestellt hat, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.03.2017 – Verg 54/16, s. auch BGH, Urteil vom 29.11.2016 – X ZR 122/14).

Ob eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen durch das Angebot im Einzelfall vorliegt, ist anhand einer Auslegung in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB sowohl der Vergabeunterlagen als auch des Angebots nach dem jeweiligen objektiven Empfängerhorizont festzustellen. Maßgeblich ist dabei der Empfängerhorizont der potenziellen Bieter (vgl. BGH, Beschluss vom 15.01.2013 –X ZR 155/10; VK Nordbayern, Beschluss vom 09.12.2021 – RMF-SG21-3194-6-36, zur VgV; BayObLG, Beschluss vom 17.06.2021 – Verg 6/21).

Aktuelle Entscheidungen der Vergabekammern und Vergabesenate im Volltext (2) VK Thüringen zu der Frage, dass ein offenkundiger Rechenfehler keine Änderung der Vergabeunterlagen ist

Aktuelle Entscheidungen der Vergabekammern und Vergabesenate im Volltext (2) - VK Thüringen zu der Frage, dass ein offenkundiger Rechenfehler keine Änderung der Vergabeunterlagen ist

1. Offenkundige Rechen- oder Schreibfehler, die schon ihrem Erklärungsinhalt nach keine inhaltlichen Änderungen der Vergabeunterlagen darstellen, sind keine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen.
2. Bei offenkundigen und marginalen Eintragungsfehler kann der öffentliche Auftraggeber, soweit das möglich ist, die notwendigen Berichtigungen selbst vornehmen.
VK Thüringen, Beschluss vom 10.05.2023 – 4002-812-2023-E-003-SM

Gründe

1.

Der AG schrieb das Vorhaben Sanierung und Erweiterungsbau der ### und Herstellung der Außenanlagen des ### hier: Außenputz WDVS als Offenes Verfahren im Supplement des Amtsblattes der Europäischen Union Nr. ###-europaweit aus. Tag der Absendung der Bekanntmachung war der ##.##.2022. Zuschlagskriterium war danach der Preis. Schlusstermin für den Eingang der Angebote war der ##.##.2022, ### Uhr. In Nr. Vl.3)

Zusätzliche war angegeben:

„Fehlende Erklärungen oder Nachweise werden gemäß § 16a EU VOB/A durch den AG nachgefordert und können bis zum Ablauf der dort genannten Frist nachgereicht werden.“

Laut dem in den elektronisch bereitgestellten Vergabeunterlagen enthaltenen Leistungsverzeichnis war bei der „OZ 1.3.1O“ der Leistungsbeschreibung:

„TA Beidseitig beschichtete Miwo-Dämmplatten WLZ 035 anbringen Fluchtrechtes und planebenes Anbringen von beidseitig beschichteten Mineralwolle-Dämmplatten nach DIN EN 13162, 1.200 x 400 mm, Verkleben mit systemzugehörigen Plattenkleber … für eine Menge „1.000,000“ ME (= Mengeneinheit) m2″

von den Bietern der Einheitspreis in EUR und der Gesamtbetrag in EUR anzugeben.

In der Aufforderung zur Angebotsabgabe (FB 211 EU VHB Bund) des AG war unter „Anlagen“ in Punkt

„C) die, soweit erforderlich, ausgefüllt mit dem Angebot einzureichen sind,“

angekreuzt unter anderen das Formblatt

„[x] 225aL Stoffpreisgleitklausel ohne Basiswert ### mit Nachforderung“

als mit dem Angebot einzureichende Unterlage gefordert und dies nochmal unter Punkt

„3. Unterlagen (Erklärungen, Angaben, Nachweise)

3.1 folgende Unterlagen sind mit dem Angebot einzureichen:

(…)

[x] siehe Bekanntmachung und Formblatt 211 Punkt C)“


verdeutlicht. Weiterhin wurde darin gefordert unter Punkt

„3.3 Nachforderung

Fehlende Unterlagen, deren Vorlage mit dem Angebot gefordert war, werden [x] nachgefordert.“


In den elektronisch über die Vergabeplattform ausgereichten Vergabeunterlagen war eine mit „1235-22_225a (Land mit Nachforderung).PDF“ benannte Datei enthalten.

Die so bezeichnete Datei beinhaltete das Formblatt 225a (Stoffpreisgleitklausel ohne Basiswert 1) aus dem Vergabehandbuch des Bundes „VHB Bund Ausgabe 2017 Stand 2022“ inklusive dem

„Hinweis zur Wirkungsweise der Stoffpreisgleitklausel nach Formblatt 225a“

(Seite 5) allerdings mit einem zu den „Hinweisen des BMWSB vom 22.06.2022 zum Formblatt 225a“ vom AG abgeändertem Wortlaut im Absatz 2:

„Bitte beachten Sie: Bei Vereinbarung der „Stoffpreisgleitklausel ohne Basiswert 1“ beruht die Berechnung der Mehr oder Mindervergütung auf dem von Ihnen zur jeweiligen GP-Nummer kalkulierten und im Formblatt einzutragenden Stoffpreis(anteil) .

Die Stoffpreisanteile sind zu jeder GP-Nummer bei Angebotsabgabe anzugeben. Feh/ende Angaben werden nachgefordert.“
[…].

Der Unterschied zum Formblatt 225a VHB Bund besteht darin, dass in dem Hinweis des vom AG (einer Behörde des Landes) ausgereichten Formblattes fehlende Angaben nachgefordert werden. Zudem fehlt die Angabe aus dem Hinweis zum Formblatt 225a Bund:

„Angebote, bei denen die Bieterangaben des Stoffpreisanteils (Formblatt 225a, Spalte 4) zu einer oder mehreren GP-Nummer(n) fehlen, werden von der Wertung ausgeschlossen.“

In diesem ausgereichten Formblatt [im Weiteren: FBL. 225aL] hatte der AG im „Verzeichnis für Stoffpreisgleitklausel“ Vorgaben in allen 5 Spalten wie folgt gemacht:

(…)

In der hier interessierenden Zeile dieses Verzeichnisses hatte der AG für den Stoff „Mineral wolle Verwendung bei OZ: 1.3.10 GP-Nummer: 23 14“ in die Spalte 4 „Stoffpreis ohne AGK, BGK und W+G [z.B. Euro/t (netto)] Vom Bieter anzugeben:“ die Einheit … €/qm“ eingetragen und in die Spalte 5 „Abrechnungszeitpunkt, Abrechnungseinheit (z. B. Verbrauch in llm3), Sonstiges“ die Angabe „Einbau €/qm“ eingetragen.

Weiterhin enthält das FBL. 225aL unter „Stoffpreisgleitklausel“ (Seiten 3 bis 5) u. a. folgende Regelungen:

„1. Anwendungsbereich

Die Klausel gilt nur für die Stoffe, die im „Verzeichnis für Stoffpreisgleitklauseln genannt sind. Sie gilt insoweit auch für die Abrechnung von Nachträgen.

Mehr- oder Minderaufwendungen werden nach den folgenden Regelungen abgerechnet.

2. Allgemeines

2.1 Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber über die Verwendung der Stoffe nach Nummer 1 prüfbare Aufzeichnungen vorzulegen, wenn Mehr- oder Minderaufwendungen abzurechnen sind. Aus den Aufzeichnungen müssen die Menge des Stoffes und der Zeitpunkt des Einbaus, der Lieferung bzw. der Verwendung hervorgehen.

2.2 Der Ermittlung der Mehr- oder Minderaufwendungen werden nur die Baustoffmengen zugrunde gelegt, für die nach dem Vertrag eine Vergütung zu gewähren ist.

3 Abrechnung

3.1 Der Auftraggeber setzt für die im „Verzeichnis für Stoffpreisgleitklausel“ aufgeführten Stoffe fest:

– die GP-Nummer,

– für Betriebsstoffe: die Abrechnungseinheit (z.B. Verbrauch in ltr/m3

– den Abrechnungszeitpunkt.

3.2 Abrechnungszeitpunkte:

– Einbau: Stoff ist mit dem Grundstück (Baugrund) fest verbunden worden.

– Lieferung: Stoff ist auf der Baustelle angeliefert worden.

– Verwendung: Stoff ist unabhängig von den Begrifflichkeiten des BGB bei der Herstellung einer beweglichen Sache, die nicht mit dem Grundstück (Baugrund) fest verbunden ist, so eingesetzt worden, dass er seine bisherige Eigenständigkeit verloren hat oder der Stoff ist bei der Leistungserbringung als Betriebsstoff verbraucht worden.

3.3 Der Bieter gibt für die jeweilige GP-Nummer den Stoffpreis aus seinem Angebot an. Dieser Stoffpreis bildet den Basiswert 2, dessen Fortschreibung gemäß Nummer 3.4 für die Ermittlung der Mehr-/ Minderaufwendungen ausschlaggebend ist.

3.4 Der Basiswert 2 wird durch Multiplikation mit dem Quotienten der Preisindizes (Monat/ Jahr) der Erzeugerpreise gewerblicher Produkte (GP) des Statistischen Bundesamtes vom Monat des Einbaus, der Lieferung bzw. der Verwendung und dem Monat der Eröffnung der Angebote, veröffentlicht in der Fachserie 17, Reihe 2 bzw. auf der Homepage des Statistischen Bundesamtes unter www.destatis.de unter der entsprechenden GP-Nummer als Basiswert 3 fortgeschrieben.

Der Basiswert 2 wird wie folgt auf den Basiswert 3 fortgeschrieben:

Basiswert 2 x Index Abrechnungszeitpunkt = Basiswert 3 Index Eröffnung der Angebote

3.5 Mehr- oder Minderaufwendungen werden errechnet für jede Position (OZ) im „Verzeichnis für Stoffpreisgleitklausel“ aus der Differenz des Basiswertes 3 (Nummer 3.4) und des Basiswertes 2 (Nummer 3.3) multipliziert mit der abzurechnenden Menge.

3.6 Die nach Nummer 3.5 errechneten Mehr- oder Minderaufwendungen werden für jede im „Verzeichnis für Stoffpreisgleitklausel“ angegebene Position (OZ) und der nachgewiesenen Menge (vgl. Nummer 2) unter Berücksichtigung der Selbstbeteiligung gemäß Nummer 2.4 und 2.5 zusätzlich zum Angebotspreis vergütet bzw. von diesem abgezogen.“


Am ##.##.2022 hat die AST ein Angebot für die ausgeschriebene Leistung abgegeben. Daneben wurden von zwei weiteren Bietern Angebote fristgerecht abgegeben.

Mit E-Mail vom ##.##.2022 hat das von der AG beauftragte Planungsbüro die AST um schnellstmögliche Übersendung der von der Vergabestelle abschließend benötigten Unter lagen gebeten. Das seien sämtliche geforderten Nachweise und Bescheinigungen aus dem Formblatt 124. Diese wurden im Anschluss daran aufgezählt. Zusätzlich wurden noch die ausgefüllten Formblätter 221 oder 222 sowie Formblatt 223 verlangt und „weiterhin das Formblatt 225aL Stoffpreisgleitklausel.“

Noch am selben Tag (##.##.2022) hat die AST u. a. die Datei „1235-22_225a (Land mit Nachforderung).PDF“ eingereicht. In dem darin enthaltenen Formblatt hat die AST im „Verzeichnis für Stoffpreisgleitklausel“ für den in der Zeile 2 vorgegebenen Stoff: „Mineralwolle, Verwendung bei OZ: 1.3.1O“ (Spalte 2) „GP-Nummer: 23 14“ (Spalte 3) in die Spalte 4 „… €/m“ eingetragen […].

Mit Informationsschreiben vom ##.##.2023 teilte der AG der AST mit, dass das Vergabe verfahren aufgehoben worden sei, weil kein Angebot eingegangen sei, das den Ausschreibungsbedingungen entspreche. Das Angebot der AST könne nicht berücksichtigt werden, weil unzulässige Änderungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden seien. Im Formblatt 225a sei die Mengeneinheit bei der Pos. 1.3.10 von €/qm in €/m geändert worden. Als weiteres Vorgehen sei beabsichtigt, ein offenes Verfahren durchzuführen.

Mit Rügeschreiben vom ##.##.2023 hat die AST der Aufhebung des Vergabeverfahrens widersprochen. Von ihr seien keine unzulässigen Änderungen der Vergabeunterlagen vorgenommen worden. Die Pos. 1.3.10 sei nicht geändert worden. Bei den nachgereichten Unterlagen der Stoffpreisgleitklausel Formblatt 225a ohne Basiswert 1 sei versehentlich die Mengeneinheit der Position 1.3.10 verwechselt worden. Statt qm sei diese in m angegeben worden, wobei es sich lediglich um einen Schreibfehler handele, welcher weder einen Ausschluss noch die Aufhebung des Verfahrens begründe. Zudem erklärte die AST mit weiterem Schreiben vom 26.01.2023 vorsorglich eine Verlängerung der Bindefrist.

Mit Schreiben vom 31.01.2023 hat der AG der Rüge der AST nicht abgeholfen. Die Änderung der vom AG in Spalte 4 vorgegebenen Abrechnungseinheit von €/qm in €/m stelle eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen dar, da die Bieterin lediglich den Stoffpreis ohne AGK, BGK und W+G in der Spalte 4 einzutragen gehabt habe. Um diese Eintragung für den Bieter zu gewährleisten, habe eine Sperrung der Spalte im Formblatt 225a nicht erfolgen können. Es sei beabsichtigt, ab dem 16.02.2023 ein neues offenes Verfahren einzuleiten.

Mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 14.02.2023, bei der Vergabekammer per Telefax am gleichen Tag eingegangen und dem AG am 15.02.2023 übermittelt, stellte die AST einen Nachprüfungsantrag und beantragt:

1. Die Aufhebung des offenen Verfahrens vom ##.##.2023, betreffend die Vergabe der Bauleistungen Außenputz WDVS, Sanierung und Erweiterungsbau der Schulsporthalle und Herstellung der Außenanlage Sportgymnasium ###, wird aufgehoben.

Das Ausschreibungsverfahren wird in den Stand vor Aufhebung der Ausschreibung versetzt.

2. Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der AST wird gemäß § 182 IV GWB für notwendig erklärt.

3. Dem Antragsgegner werden die Kosten des Verfahrens sowie die Aufwendungen für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung der AST einschließlich der Kosten der Durchführung des Nachprüfungsverfahrens auferlegt.

Hilfsweise für den Fall, dass der Antragsgegner mitteilt, auf die Vergabe der Leistungen zu verzichten, wird beantragt,

festzustellen, dass die AST durch die Aufhebung des Vergabeverfahrens in ihren Rechten verletzt ist.

Außerdem wird Akteneinsicht in die Vergabeakte beantragt.


Hierzu trägt die AST vor, ein Aufhebungsgrund gemäß § 17 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A liege nicht vor. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Ausschreibung lägen insgesamt nicht vor.

Zwar bleibe es der Vergabestelle unbenommen, von einem Beschaffungsvorgang Abstand zu nehmen, wenn sie dafür einen sachlichen Grund habe. Der AG habe im Schreiben vom 31.01.2023 jedoch eine fortbestehende Vergabeabsicht mitgeteilt.

Mit dem Antrag zu 1 werde daher zulässigerweise die Aufhebung der Aufhebung vom ##.##.2023 und die Fortführung des Vergabeverfahrens begehrt.

Es liege kein Aufhebungsgrund nach § 17 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A vor, da jedenfalls für das Angebot der AST kein Ausschlussgrund bestehe, dieses vielmehr zu werten sei.

Die vom AG mit Schreiben vom 31.01.2023 vorgetragene Abänderung der vorgegebenen Abrechnungseinheit in „Euro/m“ durch das per E-Mail nachgereichte ausgefüllte Formblatt 225a treffe im Ergebnis zu. Unzutreffend sei jedoch die rechtliche Wertung, dass damit eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen erfolgt sei, sodass das Angebot auszuschließen sei.

Zutreffend seien gemäß § 16 EU Nr. 2 VOB/A Angebote auszuschließen, die nicht den Bestimmungen des § 13 EU Abs. 1 Nr. 5 VOB/A entsprechen. Nach § 13 EU Abs. 1 Nr. 5 VOB/A sind Änderungen an den Vergabeunterlagen unzulässig. Angebote, bei denen Änderungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen wurden, seien somit gemäß § 16 EU Nr. 2 VOB/A auszuschließen.

Im Angebot der AST seien jedoch keine Änderungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen worden. Diese seien in § 8 EU Abs. 1 Nrn. 1 und 2 VOB/A definiert und bestünden aus dem Anschreiben, der sogenannten Aufforderung zur Angebotsabgabe, ggf. den Teilnahmebedingungen, so§ 8 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A sowie den Vertragsunterlagen, § 8 EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A.

Als Vertragsunterlagen werde verwiesen auf§ 8a EU VOB/A, die Allgemeinen, Besonderen und Zusätzlichen Vertragsbedingungen, sowie auf§§ 7 7c EU VOB/A, mithin die Leistungsbeschreibung, technische Spezifikationen, Zertifizierungen und Gütezeichen, die Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis und die Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm.

Im Ergebnis bestünden daher die Vertragsunterlagen im Sinne des § 8 EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A aus der Leistungsbeschreibung, den Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B), den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (VOB/C) und ggf. den Besonderen und Zusätzlichen Vertragsbedingungen und etwaigen zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen.

Änderungen an den Vergabeunterlagen im Sinne des § 8 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A, also der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder den Teilnahmebedingungen, lägen eindeutig nicht vor. Änderungen an den Vertragsunterlagen i. S. d. § 8 EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A lägen ebenfalls nicht vor, da das Formblatt 225a Stoffpreisgleitklausel nicht zu den in § 8 EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A aufgezählten Vergabeunterlagen gehöre. Bei der Änderung in Position 1.3.10, Spalte 4, im Formblatt 225a, die die AG versehentlich vorgenommen habe, handele es sich somit eindeutig nicht um eine Änderung an den Vergabeunterlagen, weshalb auch kein Ausschlussgrund gemäß § 16 EU Nr. 2 VOB/A bezüglich des Angebotes der AST gegeben sei.

Hinzu komme, dass die Aufhebung der Ausschreibung nach § 17 EU VOB/A nicht zwingend sei, sondern im pflichtgemäßen Ermessen des AG liege. Die Voraussetzungen, von denen § 17 EU VOB/A die Aufhebung der Ausschreibung auf Tatbestandsebene abhängig mache, seien in vollem Umfang überprüfbar; der AG trage die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer rechtmäßigen Aufhebung. Diesen Nachweis könne die AG nicht erbringen, da keine Änderung an den Vergabeunterlagen im Sinne des § 8 EU Abs. 1 Nrn. 1, 2 VOB/A vorliege.

Es werde eine nicht ermessensgerechte Aufhebungsentscheidung gerügt.

Die Ausschreibung habe demnach nicht gemäߧ 17 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A aufgehoben werden können. Schwerwiegende Gründe für die Aufhebung lägen ebenfalls nicht vor.

Sonstige Gründe für die Nichtberücksichtigung des Angebots der AST lägen nicht vor und seien auch nicht geltend gemacht worden.

Die Nichtberücksichtigung des Angebots der AST sei auch deshalb nicht gerechtfertigt, da es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler bei der Angabe im Formblatt 225a handele.

Bei dem mit Datum vom ##.##.2022 von der AST eingereichten Formblatt 225a sei in der4. Spalte irrtümlich der dort einzutragende Stoffpreis ohne AGK, BKG und W+G mit „m“ anstatt „qm“ angegeben worden, da auch die vorstehenden und nachfolgenden Angaben (OZ 1.2.50 und OZ 1.3.10) als „Meter“-Angaben gefordert gewesen seien.

Bereits daraus sei ersichtlich, dass es sich lediglich um einen offensichtlichen Schreibfehler handele. Dieser offensichtliche Eintragungsfehler habe jedoch auf den angebotenen Preis, insgesamt auf das Angebot, keine Auswirkung. Das von der AST abgegebene Angebot werde hierdurch nicht geändert oder in Frage gestellt. Dieses Angebot sei in allen Angaben zutreffend. Nicht nachvollziehbar sei, weshalb vom Auftraggeber keine Sperrung und damit Unveränderlichkeit der vorgegebenen Angaben in Spalte 4 erfolgt sei. Der AST sei keine Möglichkeit zum Korrigieren des offensichtlichen Schreibfehlers bzw. der Erläuterung unklarer oder widersprüchlicher Angaben gegeben worden.

Der AG beantragt in der Antragserwiderung vom 23.02.2023

1. den Nachprüfungsantrag als unbegründet zu verwerfen,

2. Akteneinsicht nur in eingeschränktem Umfang zu gewähren,

3. die AST trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin.

Zugleich erklärt sich der AG mit einer Entscheidung nach Aktenlage ohne mündliche Verhandlung ausdrücklich einverstanden.

Er trägt vor, dem Spaltenkopf in Spalte 4 der Tabelle sei zu entnehmen gewesen, dass lediglich der Stoffpreis ohne AGK, BGK und W+G durch die AST einzutragen gewesen sei.

Die Abrechnungseinheit in Spalte 4 sei durch den AG bereits vorgegeben gewesen. Um die Eintragung in Spalte 4 für den Bieter zu gewährleisten, habe eine Sperrung der Spalte im Formblatt 225a nicht erfolgen können. Durch den AG sei im Formblatt 225a bei der Position 1.3.10 in der Spalte 4 die Einheit „… €/qm“ vorgegeben worden. Diese habe die AST von „… €/qm“ in “ … €/m“ abgeändert.

Entgegen den Ausführungen der AST sei ein Aufhebungsgrund gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A EU gegeben, da keines der eingereichten Angebote den Ausschreibungsbedingungen entsprochen habe. Das Angebot der AST habe nicht berücksichtigt werden können, da sie eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen vorgenommen habe.

Das Formblatt 225a gehöre zu den Vergabeunterlagen. Diese setzten sich gem. § 8 VOB/A EU zusammen aus den nur für das Vergabeverfahren bestimmten Unterlagen, die das Verfahren formell regeln, und den sog. Vertragsunterlagen, also den Unterlagen, aus denen sich später der Bauvertrag mit dem erfolgreichen Bieter zusammensetze. Die Vertragsunter lagen (§§ 7 bis 7c und 8a) seien die Gesamtheit aller Unterlagen aus denen sich der ausgeschriebene Vertrag zusammensetze. So zählten auch die in zusätzlichen Vereinbarungen getroffenen Regelungen zur Änderung der Vertragspreise gemäß §§ 8a Abs. 4 Nr. 1 n), 9d VOB/A zu den Vertragsunterlagen und mithin den Vergabeunterlagen i. S. d. § 8 VOB/A EU.

Vergaberechtlicher Anknüpfungspunkt für Preisgleitklauseln sei der bieterschützende Grundsatz, dass den Bietern kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden dürfe und § 9d VOB/A EU die Möglichkeit vorsehe, dass für den Fall, dass wesentliche Änderungen der Preisermittlungsgrundlagen zu erwarten seien, deren Eintritt oder Ausmaß ungewiss seien, eine angemessene Änderung der Vergütung in den Vertragsunterlagen vorgesehen werden, ferner die Einzelheiten der Preisänderungen festzulegen seien. Insoweit würden die Stoffpreisgleitklauseln und die zugehörigen Formblätter 225 und 225a zu den Grundlagen für die entsprechende Preisanpassung und mithin Vertragsbestandteil. Sie gehörten deshalb zu den Vergabeunterlagen. Im Ergebnis habe die AST eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen vorgenommen.

Die in die nähere Auswahl gekommenen Bieter würden unter Hinweis auf die Möglichkeit der AST, Akteneinsicht zu nehmen, zur Angabe aufgefordert, welche Teile ihrer Angebote unter Geheimnisschutz stünden.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten sei im vorliegenden Verfahren nicht notwendig. Vorliegend habe die AST bereits in den Rügen ihre Standpunkte und Rechtsauffassungen gegenüber der AG benannt und erläutert. Insofern seien ihr die bestehenden Sach- und Rechtsfragen bereits ohne rechtskundigen Beteiligten bekannt gewesen.

Hierzu nimmt die AST mit Schreiben vom 06.03.2023 wie folgt Stellung:

Der AG habe keine Einwände gegen die beantragte Aufhebung der Aufhebung geltend gemacht. Der Antrag, gerichtet auf die Aufhebung der Aufhebung, sei statthaft. Das Formblatt 225a (Stoffpreisgleitklausel ohne Basiswert 1) gehöre nicht zu den Vergabeunterlagen, die mit Angebotsabgabe vorzulegen gewesen seien. Es gehöre bereits nicht zu den Vergabeunterlagen.

Denn wie sich aus der Aufforderung zur Angebotsabgabe, Formblatt 211 EU, Ziffer B, ergebe, seien lediglich die BVB gemäß Formblatt 214 ausgereicht worden, worin eine Regelung der Änderung der Vertragspreise im Sinne von § 9 d EU VOB/A nicht enthalten sei.

Die ausgereichten BVB enthielten somit keine Stoffpreisgleitklausel, die ZVB seien nicht ausgereicht worden. Die Stoffpreisgleitklausel gemäß Formblatt 225a sei vorliegend gesondert bekannt gegeben worden, also außerhalb der ZVB und BVB, und sei zudem nicht bereits mit der Angebotsabgabe durch den Bieter ausgefüllt gefordert worden. Dies ergebe sich aus der Aufforderung zur Angebotsabgabe, Formblatt 211 EU, Ziffer C. Danach werde die Stoffpreisgleitklausel ohne Basiswert 1, Formblatt 225a, „mit Nachforderung“ gefordert, also nicht bereits mit Angebotsabgabe. Unterlagen, die jedoch nicht bereits mit Angebotsabgabe vorzulegen seien, stellten keine Vergabeunterlagen im Sinne des § 8 EU VOB/A dar. Insbesondere die hier in Rede stehende Stoffpreisgleitklausel sei auch nicht Bestandteil der ZVB oder BVB geworden und damit nicht über § 8a EU Abs. 4 VOB/A in Verbindung mit§ 8 EU Abs. 1 Nr. 2 VOB/A Bestandteil der Vergabeunterlagen, weshalb eine Änderung der Vergabeunterlagen im Sinne von§ 13 EU Abs. 1 Nr. 5 VOB/A hier ausscheide.

Zudem handele es sich bei der unzutreffenden Angabe im Formblatt 225a, Spalte 4, Ziffer 1.3.10 um einen offensichtlichen Schreibfehler, bei dem eine bloße Klarstellung möglich sei, welche die AST in ihrer Rüge vom ##.##.2023 vorgenommen habe. Reine und offensichtliche Fehler dürfe der öffentliche AG korrigieren. Da das Angebot der AST zu werten sei, scheide eine Aufhebung nach § 17 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A aus.

Die Aufhebung nach § 17 EU VOB/A sei nicht zwingend, der AG sei nicht zur Aufhebung verpflichtet, sondern die Aufhebung liege in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Nicht im Ermessen des AG liege, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 EU Abs. 1 VOB/A vorlägen, diese seien im vollen Umfang überprüfbar, der AG trage die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für eine rechtmäßige Aufhebung. Lägen die Tatbestandsvoraussetzungen des§ 17 EU Abs. 1 VOB/A vor, bestehe ein von den Nachprüfungsinstanzen auf Ermessensfehler überprüfbares Ermessen der Vergabestelle zur Aufhebung der Ausschreibung. Ermessenserwägungen, die im vorliegenden Fall die Aufhebung begründen würden, ergäben sich jedenfalls nicht aus der Aufhebung vom ##.##.2023 und der AG habe solche auch nicht in seiner Erwiderung vom 23.02.2023 dargelegt. Auch insoweit werde ein Verstoß gegen § 97 Abs. 6 GWB gerügt. Selbst unter Annahme einer unzulässigen Änderung der Vergabeunterlagen welcher entgegengetreten werde sei daher die Entscheidung zur Aufhebung der Ausschreibung aufgrund Ermessensnichtgebrauchs bzw. Ermessensfehlgebrauchs nicht gerechtfertigt und ein Verstoß gegen§ 17 EU Abs. 1 VOB/A gegeben. Zudem werde weiter Akteneinsicht beantragt.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten sei im vorliegenden Falle notwendig, Für die Beurteilung des Sach- und Streitstandes komme es nicht darauf an, ob der AST unzutreffende Rechtsansichten der Vergabestelle bekannt gegeben würden. Vielmehr seien gerade diese Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und könnten nicht ohne Hinzuziehung eines im Vergaberecht tätigen Rechtsanwalts sachkundig beurteilt werden.

Der AST wurde am 15.03.2023 im notwendig begrenzten Umfang Akteneinsicht gewährt.

Der AG hielt der AST mit Schriftsatz vom 16.03.2023 entgegen, entgegen den Ausführungen der AST seien die Bieter bereits in den Vergabeunterlagen im Formblatt 211 unter Abschnitt C zur Abgabe des ausgefüllten Formblatts 225a bei Angebotsabgabe aufgefordert worden. Daraus ergebe sich bereits, dass es sich bei dem Formblatt 225a um einen Bestand teil der Vergabeunterlagen im Sinne von § 8 VOB/A EU handele. Da die AST mit ihrem Angebot nicht alle erforderlichen Unterlagen eingereicht habe, sei sie aufgefordert worden, u. a. das Formblatt 225a ausgefüllt einzureichen.


Mit Schreiben vom 17.03.2023 beantragt die AST in Abänderung der mit dem Vergabenachprüfungsantrag vom 14.02.2023 gestellten Anträge nunmehr:

1. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin durch die Aufhebung der Ausschreibung vom ##.##.2023 in ihren Rechten verletzt ist.

2. Die Aufhebung des offenen Verfahrens vom ##.##.2023 betreffend die Vergabe der Bauleistungen Außenputz WDVS, Sanierung und Erweiterung der Schulsporthalle und Herstellung der Außenanlage Sportgymnasium ###, wird aufgehoben.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, das Vergabeverfahren fortzusetzen und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer in die Wertung der zu berücksichtigenden Angebote einzutreten.

3. Dem Antragsgegner werden die Kosten des Verfahrens sowie die Aufwendungen für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung der Antragstellerin einschließlich der Kosten der Durchführung des Nachprüfungsverfahrens auferlegt.

4. Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird gemäß § 182 IV GWB für notwendig erklärt.


Ergänzend zu ihrem Nachprüfungsantrag führt die AST darin Folgendes aus:

Zum Antrag zu 1.:

Die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Aufhebung werde nicht mehr hilfsweise beantragt, sondern unbedingt.

Das erforderliche Feststellungsinteresse für die Feststellung des Vergaberechtsverstoßes liege in jedem Fall vor, unabhängig davon, ob der Antragsgegner hinsichtlich der zugrunde liegenden, zu vergebenden Leistung weiterhin die Vergabeabsicht verfolge.

Zum Antrag zu 2.:

Der Antragsgegner habe mit der Aufhebungsentscheidung vom ##.##.2023 bekannt gegeben, dass beabsichtigt sei, ein neues Vergabeverfahren durchzuführen. Damit habe der Antragsgegner dokumentiert, dass ein Fortbestehen der Vergabeabsicht bestehe. Es sei dargelegt worden, dass die Aufhebung der Ausschreibung rechtswidrig sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien bei der Prüfung eines zur Aufhebung berechtigenden Grundes strenge Maßstäbe anzulegen.

Solche schwerwiegenden Gründe lägen im vorliegenden Fall nicht vor, letztlich deshalb, weil das Angebot der AST zu werten sei.

Die Aufhebung der Ausschreibung durch den Antragsgegner sei auch deshalb vergabe rechtswidrig, weil der Antragsgegner sein durch§ 17 EU I VOB/A eingeräumtes Ermessen nicht jedenfalls nicht fehlerfrei ausgeübt habe, auf jeden Fall dies nicht dokumentiert habe. Auch wenn ein die Aufhebung des Vergabeverfahrens rechtfertigender Grund vorliegen würde, führe dies nicht automatisch zur Aufhebung des Verfahrens. Der Antragsgegner habe vorliegend jedoch das ihm zustehende Aufhebungsermessen weder erkannt noch ausgeübt. Allein dies mache die Aufhebungsentscheidung rechtswidrig.

Ein sachlicher Grund für die Aufhebung liege im vorliegenden Fall nicht vor.

Das Angebot der AST sei vollständig und zu werten. Es werde kein unangemessener Preis angeboten, die nachgeforderten Nachweise seien fristgemäß der Vergabestelle übermittelt worden.

Mit weiterem Schreiben vom 31.03.2023 hat die AST nach erfolgter Akteneinsicht ergänzend vorgetragen, das Angebot der AST liege auskömmlich unter dem geschätzten Auftragswert. Es liege preislich auf Platz 2 entscheidend sei insoweit, weshalb das davorliegende Angebot ausgeschieden sei. Das Angebot der AST sei daher als Best-Angebot zu berücksichtigen.

Im Widerspruch zur Aufhebungsentscheidung stehe der Vergabevermerk (FBL. 315), wonach die AST die Preise zweifelsfrei angegeben habe, fehlende Preise nicht vorlägen, Änderungen an den Vergabeunterlagen nicht vorgenommen worden seien, nachgeforderte Bieterangaben vollständig vorlägen. Es werde festgestellt, dass alle geforderten Preise im Angebot angegeben worden seien. Im Widerspruch dazu sei im Vergabevorschlag vorgesehen, dass das Verfahren aufgehoben werde, da das Angebot im Formblatt 225a geändert worden sei.

In der Aufhebungsentscheidung seien keine Ermessenserwägungen getroffen bzw. dokumentiert worden.

Entgegen der Darstellung des AG sei das Formblatt 225a nicht bereits mit Angebotsabgabe gefordert worden. Dies ergebe sich aus der Angebotsaufforderung nicht, denn diese enthalte unter Ziffer C die Angabe: „Stoffpreisgleitklausel ohne Basiswert ### mit Nachforderung“, womit die Stoffpreisgleitklausel nicht bereits mit der Angebotsabgabe vorzulegen gewesen sei. Die so vorbehaltene Nachforderung hinsichtlich des Formblatts 225a sei mit E-Mail des Planungsbüros vom ##.##.2022 nachträglich erstmalig gefordert worden. Unterlagen, die jedoch nicht bereits mit Angebotsabgabe vorzulegen seien, stellten keine Vergabeunterlagen im Sinne § 8 EU VOB/A dar.

Auch die Behauptung des AG, die AST habe mit ihrem Angebot nicht alle geforderten Unter lagen eingereicht, sei unzutreffend und widerspreche den Feststellungen des AG im Vergabevermerk. Unzutreffend sei auch, dass die AST nochmals aufgefordert worden sei, das Formblatt 225a vorzulegen, da die AST nach den Feststellungen des AG alle erforderlichen Unterlagen mit Angebotsabgabe eingereicht habe und nach Angebotsabgabe entsprechend der Vorgabe erstmalig ohne Fristsetzung aufgefordert worden sei, das Formblatt 225a vorzulegen. Damit handele es sich nicht um eine Nachforderung fehlender Unterlagen, die zudem die vorgegebene Fristsetzung von 6 Kalendertagen voraussetze.

Mit Schreiben vom 03.05.2023 haben die AST und der AG ihre Zustimmung zum Verzicht auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung erklärt.

Zudem hat der AG in weiterem Schreiben vom 03.05.2023 mitgeteilt, aufgrund des laufenden Nachprüfungsverfahrens und damit zur Vermeidung von Schadenersatzansprüchen bis zum Abschluss des hiesigen Verfahrens erfolge zunächst keine erneute Ausschreibung.

Sofern sich die AST auf die Feststellungen im Formblatt 315 beziehe, werde darauf hingewiesen, dass es sich dabei um die Dokumentation der ersten Durchsicht unmittelbar nach Beendigung des Erb- zw. Öffnungstermins handele. Dabei sollen Auffälligkeiten, die insbesondere geeignet seien, Ansätze zu Manipulationen bzw. Interpretationen des Angebotsinhaltes zu liefern, erkannt und sofort dokumentiert werden. Es handele sich nicht um eine tiefere abschließende Prüfung.

Hinsichtlich ihres Vortrages zum Fehlen von Ermessensabwägungen verkenne die AST vorliegend, dass das in § 17 VOB/A EU eröffnete Ermessen aufgrund der anzuwendenden Regelungen des Vergabehandbuches 2017 auf Null reduziert sei. Darüber hinaus hätten der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der Aufhebung des Ausschreibungsverfahrens keine wertbaren Angebote vorgelegen, sodass eine Rückversetzung des Vergabeverfahrens eben falls nicht sachdienlich gewesen sei und mithin das Vergabeverfahren mit dem Hinweis, die Leistungen erneut auszuschreiben, aufgehoben worden sei.

Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.

II.

1. Zulässigkeit

Der Nachprüfungsantrag der AST ist zulässig.

a) Die Vergabekammer ist für das Nachprüfungsverfahren gemäß den §§ 155, 156 Abs. 1,2. HS, 158 Abs. 2 und 159 Abs. 3 Satz 1 GWB in Verbindung mit§ 2 Abs. 1 Satz 1 ThürVkVO sachlich und örtlich zuständig.

Der AG ist öffentlicher Auftraggeber nach den §§ 98, 99 Nr. 1 GWB.

Gegenstand des (aufgehobenen) Vergabeverfahrens ist ein öffentlicher Bauauftrag im Sinne von § 103 Absätze 1 und 3 GWB.

Der für diesen Auftrag nach § 106 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB in Verbindung mit Artikel 4 lit. a) der Richtlinie 2014/24/EU maßgebliche Schwellenwert in Höhe von 5.382.000 € ohne Mehrwertsteuer ist im Hinblick auf den vom AG dokumentierten voraussichtlichen Gesamt auftragswert des Bauvorhabens nach § 3 VgV deutlich überschritten.

b) Der Nachprüfungsantrag ist trotz der am ##.##.2023 durch die AG gegenüber der AST erklärten Aufhebung des Vergabeverfahrens statthaft.

Auch wenn ein öffentlicher Auftraggeber die Ausschreibung für einen öffentlichen Auftrag bereits aufgehoben hat, kann ein Bieter noch in zulässiger Weise im Nachprüfungsverfahren geltend machen, durch Nichtbeachtung der die Aufhebung der Ausschreibung betreffenden Vergabevorschrift in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt zu sein (vgl. BGH, Beschluss vom 18.02.2003 – X ZB 43/02).

Zwar bedarf es grundsätzlich eines bereits begonnen und noch nicht beendeten, laufenden Vergabeverfahrens, damit ein Nachprüfungsverfahren statthaft ist, § 155 GWB. Eine Aufhebung beendet zwar grundsätzlich das Vergabeverfahren. Dennoch ist ein gegen die Aufhebungsentscheidung gerichteter Nachprüfungsantrag statthaft, denn anders als die Zuschlagserteilung durch den Auftraggeber wirkt eine Aufhebung des Vergabeverfahrens nicht als absolute, den Primärrechtsschutz ausschließende Zäsur, sondern sie ist wie ein Gegenschluss aus § 168 Abs. 1 Satz 1 GWB belegt ihrerseits reversibel, so dass die AST die Aufhebungsentscheidung einer Kontrolle im Nachprüfungsverfahren unterziehen kann (VK Südbayern, Beschluss vom 15.05.2020 – Z3-3-3194-1-37-10/19; VK Bund, Beschluss vom 07.03.2018 – VK 2-12/18).

Der Bieter kann im Falle einer nicht unter die einschlägigen Tatbestände fallenden Aufhebung die Feststellung beantragen, dass er durch das Verfahren in seinen Rechten verletzt ist (BGH, Beschl. v. 20.03.2014 – X ZB 18/13).

c) Die AST ist gemäß § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt.

Sie hat ihr Interesse an dem Auftrag durch die fristgerechte Abgabe eines Angebotes, ihrer Rüge vom ##.##.2023 gegen die Aufhebung des Vergabeverfahrens sowie mit ihrem Nachprüfungsantrag vom 14.02.2023 deutlich zum Ausdruck gebracht.

Es ist auch nicht erkennbar, dass sie mit diesem Nachprüfungsantrag einen anderen Zweck verfolgt, als den, den strittigen Auftrag zu erhalten.

Die AST hat eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend gemacht, indem sie vorträgt, dass die von dem AG mit Schreiben vom ##.##.2023 erklärte Aufhebung des Vergabeverfahrens aufgrund § 17 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A rechtswidrig sei, weil der Aufhebungsgrund hierfür dass kein Angebot eingegangen sei, dass den Ausschreibungsbedingungen entspreche nicht vorliege, weil jedenfalls für das Angebot der AST kein Ausschlussgrund bestehe, dieses vielmehr zu werten sei.

Der ihr drohende Schaden ergibt sich nach Darlegung der AST daraus, dass ihr durch die rechtswidrige Aufhebung die vergaberechtswidrige Nichtberücksichtigung ihres wertbaren Angebots und damit die Verhinderung des möglichen Zuschlags auf ihr Angebot und der daraus entstehende Nachteil drohe.

Mangels Wertung ihres Angebots droht ihr durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß ein Schaden zu entstehen.

Auch das Feststellungsinteresse der AST wegen möglicher Schadenersatzansprüche gegenüber dem AG, wie es die AST geltend macht, wird vorliegend bejaht.

Ein Feststellungsinteresse rechtfertigt sich durch jedes nach vernünftigen Erwägungen und nach Lage des Falles anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, wobei die beantragte Feststellung geeignet sein muss, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen oder wenigstens zu mildern. Dieses kann sich aus der nicht auszuschließenden Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs des Bieters gegen den öffentlichen Auftraggeber im Falle des Vorliegens eines Vergaberechtsverstoßes ergeben (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.01.2018 – Verg 41/16).

Im Hinblick auf die von der AST gerügte Aufhebung des Vergabeverfahrens, deren Vergaberechtswidrigkeit Gegenstand ihres Feststellungsantrags ist, kommt vorliegend ein Feststellungsinteresse aufgrund der Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs in Betracht. Die AST hat insoweit ein Feststellungsinteresse wegen möglicher Schadenersatzansprüche gegen den AG geltend gemacht. Ein solcher Anspruch erscheint dem Grunde nach nicht ausgeschlossen.

Die wirksame, aber nicht rechtmäßige Aufhebung des Vergabeverfahrens würde dem Grunde nach eine Schadensersatzpflicht des AG begründen, wenn der AST im Vergabe verfahren der Zuschlag zu erteilen gewesen wäre (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.01.2018 – Verg 41/16).

d) Die AST ist ihren Rügeobliegenheiten insbesondere nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB fristgerecht nachgekommen. Sie hat die ihr am ##.##.2023 durch die AG mitgeteilte Aufhebung des Vergabeverfahrens noch am selben Tag und damit innerhalb der 10-Tage Frist des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB rechtzeitig gerügt.

Die AST ist zudem ihren Obliegenheiten aus § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und § 161 GWB nachgekommen, indem sie nachdem die AG am 31.01.2023 auf ihre Rüge reagiert hat am 14.02.2023 und damit innerhalb der 15-Tage-Frist einen form- und fristgerechten Nachprüfungsantrag gestellt hat.

2. Begründetheit

Der Nachprüfungsantrag ist begründet, soweit die AST beantragt hat, festzustellen, dass die Aufhebung der Ausschreibung vom ##.##.2023 sie in ihren Rechten verletzt (A).

Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet, soweit die AST die Aufhebung der am ##.##.2023 durch den AG erklärten Aufhebung des Vergabeverfahrens sowie die Fortsetzung dieses Vergabeverfahrens beantragt hat (B).

A.

Die AST wird durch die Aufhebung der Ausschreibung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB verletzt.

Die Aufhebung des Vergabeverfahrens ist vorliegend rechtswidrig, weil die vom AG für die Aufhebung angeführten Gründe des § 17 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A, dass kein Angebot eingegangen ist, das den Ausschreibungsbedingungen entspricht, nicht vorliegen.

Der AG hatte das Angebot der AST aufgrund der Bieter-Angabe der AST “ … €/m“ (anstatt der Vorgabe „€/qm“) in Spalte 4 bei OZ 1.3.10 im von der AST eingereichten FBL. 225al wegen unzulässiger Änderungen an den Vergabeunterlagen ausgeschlossen.

Neben dem Angebot der AST waren auch die beiden anderen eingegangenen Angebote ausgeschlossen worden, sodass nach Auffassung des AG kein wertbares Angebot mehr vorhanden war.

Nach Auffassung der Vergabekammer war das Angebot der AST jedoch nicht wegen einer unzulässigen Änderung der Vergabeunterlagen im Sinne von § 16 EU Nr. 2 VOB/A i. V. m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 VOB/A auszuschließen.

Gemäß § 16 EU Nr. 2 VOB/A sind Angebote auszuschließen, die den Bestimmungen des § 13 EU Abs. 1 Nr. 1, 2 und 5 nicht entsprechen.

Nach § 13 EU Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 und 2 VOB/A ist das Angebot auf der Grundlage der Vergabeunterlagen zu erstellen. Änderungen an den Vergabeunterlagen sind unzulässig.

Die Vergabeunterlagen bestehen gemäß § 8 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A aus dem Anschreiben (Aufforderung zur Angebotsabgabe gemäß Absatz 2 Nummer 1 bis 3), gegebenenfalls Teilnahmebedingungen (Abs. 2 Nr. 6) und den Vertragsunterlagen (§ 8a EU und §§ 7 EU bis 7c EU).

Mit dem Anschreiben „Aufforderung zur Angebotsabgabe“ werden die Vergabeunterlagen versandt. Es enthält die Aufforderung zur Angebotsabgabe. Nach § 13 EU Abs. 1 Nr. 4 VOB/A müssen die Angebote die geforderten Erklärungen und Nachweise enthalten. Die Anforderungen an den Inhalt der Angebote nach den Absätzen 1 bis 5 hat der Auftraggeber in die Vergabeunterlagen aufzunehmen (§ 13 EU Abs. 6 VOB/A).

In der Aufforderung zur Angebotsabgabe (Formblatt 211 EU VHB Bund) des AG war bei „Anlagen“ unter Punkt C) angekreuzt eindeutig das Formblatt

„225aL Stoffpreisgleitklausel ohne Basiswert ### mit Nachforderung“

als mit dem Angebot einzureichende Unterlage gefordert und dies unter Punkt

„3. Unterlagen (Erklärungen, Angaben, Nachweise)

3.1 folgende Unterlagen sind mit dem Angebot einzureichen:

[x] siehe Bekanntmachung und Formblatt 211 Punkt C)“


verdeutlicht. Bei dem, in dem o.g. Anschreiben „Aufforderung zur Angebotsabgabe“ genannten und diesem als Anlage in der Datei „1235-22_225a {Land mit Nachforderung).PDF“ beigefügten Formblatt FBL. 225aL, in dem für darin aufgeführte Stoffe bestimmter Leistungspositionen die Möglichkeit von Preisanpassungen zum Vertrag unter bestimmten Voraussetzungen geregelt wird, und worin vom Bieter die Angabe des Stoffpreises aus seinem Angebot verlangt wird, handelt es sich mithin um eine Vergabeunterlage; zudem um eine wirksam geforderte Unterlage, die mit dem Angebot vorzulegen war.

Da die AST dieses mit dem Angebot geforderte Formblatt FBL. 225aL nicht wie vom AG eindeutig gefordert mit dem Angebot eingereicht hatte, dieses also fehlte, war es entsprechend den Vorgaben des AG im Formblatt 211 Punkt C) i.V.m. Nr. 3.1 und Nr. 3.3 in Verbindung mit§ 16a EU Abs. 1 VOB/A von der AST nachzufordern.

Mit E-Mail vom ##.##.2022 hat das von der AG beauftragte Planungsbüro die AST u. a. aufgefordert, das Formblatt 225aL Stoffpreisgleitklausel schnellstmöglich nachzureichen.

Noch am selben Tag (##.##.2022) hat die AST u. a. das FBL. 225aL (Datei: „1235-22_225a (Land mit Nachforderung).PDF“ zudem ausgefüllt eingereicht.

Der Ausschluss des Angebotes der AST aufgrund der geändert angegebenen Mengeneinheit im vorgelegten FBL. 225aL ist jedoch nicht gerechtfertigt.

Eine Änderung an den Vergabeunterlagen liegt vor, wenn ein Bieter von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht. Änderungen können den Inhalt der nachgefragten Leistung oder die Vertragskonditionen und Preise betreffen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. Juni 2012 – 11 Verg 12/11). Die Vorschrift dient dem Schutz des Auftraggebers, dem Wettbewerb und damit den anderen Bietern. Der Auftraggeber soll die ausgeschriebene (und keine andere) Leistung erhalten, die Angebote sollen vergleichbar sein. Eine unzulässige Änderung liegt vor, wenn eine andere Leistung angeboten wird als vom Auftraggeber ausgeschrieben. Änderungen sind alle unmittelbaren Eingriffe mit verfälschender Absicht, wie Streichungen, Hinzufügungen, jede Abänderung einer Position, Herausnahme von einzelnen Blättern etc. (vgl. OLG Jena, Beschluss vom 16.09.2013 – 9 Verg 3/13). Eine Änderung an den Vergabeunterlagen liegt dann vor, wenn der Bieter nicht das anbietet, was der Ausschreibende bestellt hat, sondern von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.03.2017 – Verg 54/16, s. auch BGH, Urteil vom 29.11.2016 – X ZR 122/14).

Ob eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen durch das Angebot im Einzelfall vorliegt, ist anhand einer Auslegung in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB sowohl der Vergabeunterlagen als auch des Angebots nach dem jeweiligen objektiven Empfängerhorizont festzustellen. Maßgeblich ist dabei der Empfängerhorizont der potenziellen Bieter (vgl. BGH, Beschluss vom 15.01.2013 –X ZR 155/10; VK Nordbayern, Beschluss vom 09.12.2021 – RMF-SG21-3194-6-36, zur VgV; BayObLG, Beschluss vom 17.06.2021 – Verg 6/21).

Aus den Vorgaben des FBL. 225aL und dem Gesamt-Zusammenhang der einzutragenden Preisangabe ergibt sich jedoch ohne Weiteres nachvollziehbar, dass der AST ein Schreibfehler unterlaufen ist, der in diesem besonderen Fall keine inhaltliche Änderung der Vergabeunterlagen darstellt.

Das ausgereichte FBL. 225aL gilt vorliegend nur für die im „Verzeichnis für Stoffpreisgleitklausel“ genannten Stoffe. Es regelt unter den darin genannten Voraussetzungen die Abrechnung von Mehr- oder Minderaufwendungen für jede im „Verzeichnis für Stoffpreisgleitklausel“ angegebene Position (OZ) für nachgewiesene Baustoffmengen (vgl. Nummer 2). Nach Nr. 2.2 werden der Ermittlung der Mehr- oder Minderaufwendungen nur die Baustoffmengen zugrunde gelegt, für die nach dem Vertrag eine Vergütung zu gewähren ist.

Laut Nr. 3.1 des Formblattes setzt der Auftraggeber für die im Verzeichnis genannten Stoffe die „GP-Nummer“ fest (= Nummer des Stoffes, aus: Erzeugerpreisindex gewerblicher Produkte Publikationen des Statistischen Bundesamtes (Destatis)), für Betriebsstoffe: die Abrechnungseinheit (z. B. Verbrauch in ltr/m3), den Abrechnungszeitpunkt. Der Bieter hingegen gibt für die jeweilige GP-Nummer den Stoffpreis aus seinem Angebot an, welcher den Basiswert 2 bildet, dessen Fortschreibung gern. Nr. 3.4 für die Ermittlung der Mehr-/Minderaufwendungen ausschlaggebend ist (Nr. 3.3 FBL. 225aL).

Dadurch, dass der AG für die Abfrage nach dem Stoffpreis des Bieters im FBL. 225aL nicht allein die GP-Nummer für den Stoff „Mineralwolle“, sondern jeweils in gesonderter Zeile auch die jeweilige Position (OZ) des Leistungsverzeichnisses (LV) vorgegeben hat, in der dieser Stoff Verwendung findet, ergibt sich in Verbindung mit den Nrn. 3.3 bis 3.6 des FBL. 225aL für den Bieter, dass dieser den von ihm für diesen Stoff zur jeweiligen Position des LV kalkulierten Stoffpreis(anteil) aus seinem Angebot in das Formblatt einzutragen hatte.

In der Spalte 5 des Formblattes („Abrechnungszeitpunkt, Abrechnungseinheit (z.B. Verbrauch in f/m3 Sonstiges) hatte der AG den Abrechnungszeitpunkt und die Abrechnungseinheit für den in Spalte 4 vom Bieter anzugebenden Stoffpreisanteil, und zwar für jede OZ (Position) bereits vorgegeben hier: für Mineralwolle, Verwendung bei OZ 1.3.10 (GP 23 14): „Einbau“ und „€/qm“. Bereits aus diesem Zusammenhang, nämlich der im Formblatt vorgegebenen Abrechnung (eventueller, später eintretender Vergütungsänderungen) allein des vorgegebenen Stoffes aus der gesondert abgefragten Bezugs-Position (OZ) des LV mit der in Spalte 5 bereits vorgegebenen Abrechnungseinheit zum Abrechnungszeitpunkt ergibt sich, dass als Basis der Abrechnung („Basiswert 2“) nur noch eine Wertangabe, nämlich die Angabe eines preislichen Betrages erforderlich war der dann fortgeschrieben mit einem Preisänderungsquotienten auf den Basiswert 3 der Berechnung der (Stoff-)Preisänderung zum Abrechnungszeitpunkt dient, welche aufgrund der Vorgabe des AG in Spalte 5 für OZ 1.3.10 zwingend in „€/qm“ zu erfolgen hatte(= Wertangabe bei zwingendem Ergebnis in €/qm).

Zudem ergibt sich aus der Bezugnahme auf einen bestimmten Stoff in einer bestimmten Position des LV und der Vorgabe für den Bieter, den Stoffpreis aus seinem Angebot hierfür anzugeben, dass der Bieter den für diese Position und die dazu vorgegebene Mengeneinheit des LV in seinem hierfür angebotenen Einheitspreis bereits einkalkulierten Stoffpreisanteil in die Spalte 4 des Formblattes einzutragen hatte.

Dies musste aufgrund der (im Übrigen bei allen geforderten Positionen des FBL. 225aL) vorliegenden Übereinstimmungen von Abrechnungseinheit in Spalte 5 FBl. 225aL und Mengeneinheit der jeweiligen Position im LV {hier für OZ/Position 1.3.10: €/qm und €/m2) zur Folge haben, dass in Spalte 4 allein ein Preisanteil, und zwar für OZ/Position 1.3.10 in „€/qm“ anzugeben war, weshalb die nochmalige Vorgabe einer Einheit für die Preisangabe in Spalte 4 durch den AG (hier: „€/qm“) im vorliegenden Fall nicht erforderlich war und damit nur klarstellenden Charakter haben konnte. Auch aus der vorgesehenen Berechnungsformel in Nr. 3.4 FBL. 225aL (Multiplikation Stoffpreisangabe Bieter (Basiswert 2) mit Steigerungsfaktor zu Basiswert 3 im Abrechnungszeitpunkt bzw. der daran anschließenden Berechnung der Preisdifferenz von Basiswert 2 und Basiswert 3 in Verbindung mit der bereits vorgegebenen Abrechnungseinheit in Spalte 5 ergibt sich, dass die im FBL. 225aL vorgesehene Eintragung des Stoffpreises für diese Position nur in €/qm zielführend und rechnerisch richtig ist.

Die Angabe einer anderen Mengeneinheit ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Dass die Vergabeunterlagen insoweit überhaupt der Auslegung bedurften, hat die AST nicht vorgetragen, jedenfalls verbleiben nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont der potentiellen Bieter keine Zweifel.

Die Änderung betrifft die Angabe der Mengeneinheit in der Spalte 4 des FBL. 225aL für den von der AST in Position (OZ) 1.3.10 des LV bereits eingepreisten/kalkulierten (und im FBL. 225aL gesondert anzugebenden) Stoffpreisanteil (vgl. Nr. 3.3 Satz 1 Stoffpreisgleitklausel) für die in der genannten Position des LV angebotenen Mineralwolle-Dämm platten.

Im Unterschied zur Mengeneinheit des Einheitspreises dieser Position (€/m2 = Euro / Quadratmeter) im LV und der anzuwendenden Abrechnungseinheit in Spalte 5 des FBL. 225aL (ebenfalls €/qm = Euro / Quadratmeter) wurde von der AST in Spalte 4 des FBL. 225aL die hier vom AG vorgegebene Mengeneinheit von €/qm (= Euro/ Quadratmeter) in €/m (Euro/ Meter) und damit geändert angegeben.

Die (veränderte) Einheit „€/m“ (Meter) bei der in Spalte 4 für Position 1.3.10 von der AST eingetragenen Preisangabe scheint im Widerspruch zu der vom AG in der Spalte 4 vorgegebenen Einheit 11€/qm“ als auch der in der darauffolgenden Spalte 5 vorgegebenen „…, Abrechnungseinheit, …“ mit „€/qm“ zu stehen.

Mit dieser Veränderung erfolgte durch die AST jedoch weder eine Änderung der angebotenen Leistung in der Position (OZ) 1.3.10 des LV, noch eine Änderung des dafür von ihr in Position (OZ) 1.3.1O des LV angebotenen Einheitspreises.

Dabei handelt es sich tatsächlich auch nicht um einen fehlenden Preis. Denn die AST hat einen Einheitspreis bei Position (OZ) 1.3.10 des LV angegeben und eine Preisangabe in der streitgegenständlichen Zeile in Spalte 4 des FBL. 225aL eingetragen.

Die Abweichung betrifft vorliegend eine Angabe, deren Fehlen nicht zu einem Ausschluss geführt hätte, sondern aufgrund der Vorgaben des AG in den Vergabeunterlagen gemäߧ 16a EU Abs. 1 Satz 1 VOB/A hätte nachgefordert werden können.

Zudem betrifft die Abweichung einen untergeordneten, unwesentlichen Punkt.

Damit ändert sie den Inhalt der zu erbringenden Leistung nicht.

Es handelt sich um eine geringfügige Abweichung, die sich auf den Vergütungsanspruch der AST gegenüber dem AG (durch Erstattung von Mehr- oder Minderaufwendungen) theoretisch überhaupt nur dann auswirken könnte, wenn Stoffpreisänderungen auf der Grundlage dieses Formblattes zur Abrechnung kommen.

Maßstab der Auslegung einer Bietererklärung nach §§ 133, 157 BGB ist, wie ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle das Angebot nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste oder durfte (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.03.2017 – Verg 54/16). Dabei ist der Wortlaut der Erklärung zwar ein ganz zentraler, aber nicht der einzige zu würdigende Gesichtspunkt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die eine Erklärung begleitenden Umstände bei der Auslegung berücksichtigt werden können (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.08.2017 – Verg 17/17, vom 22.03.2017 – Verg 54/16, und vom 12.03.2007 – Verg 53/06). Allerdings sind nur solche Umstände berücksichtigungsfähig, die auch dem Empfänger bei Zugang der Erklärung erkennbar sind (BayObLG, Beschluss vom 11.02.2004 – Verg 1/04, und Beschluss vom 16.09.2002 – Verg 19/02). Einigkeit besteht in der Rechtsprechung zudem darüber, dass bei der Auslegung von Bietererklärungen die Gebote eines transparenten Wettbewerbs und der Gleichbehandlung der Bieter berücksichtigt werden müssen (OLG Brandenburg, Beschluss vom 03.11.2014 – Verg W 9/14; BayObLG, Beschluss vom 11.02.2004 – Verg 1/04), auf die auch§ 16a EU Abs. 1 Satz 1 VOB/A 2019 ausdrücklich Bezug nimmt. Schließlich ist anerkannt, dass es auf das Erklärungsverständnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Erklärung beim Erklärungsempfänger ankommt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.03.2019 – Verg 42/18, Beschluss vom 12.03.2007 – Verg 53/06; OLG München, Beschluss vom 21.02.2008 – Verg 1/08). Spätere Äußerungen sind dabei insoweit berücksichtigungsfähig, als sie Aufschluss über das Verständnis bei Erklärungszugang geben (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.03.2019 – Verg 42/18, und Beschluss vom 12.03.2007 – Verg 53/06; OLG Brandenburg, Beschluss vom 03.11.2014 – Verg W 9/14), so das OLG Düsseldorf im Beschluss vom 01.04.2020 – Verg 30/19.

Die Auslegung der Angabe der Mengeneinheit unter Berücksichtigung der Begleitumstände ergibt, dass es sich hierbei um einen offenkundigen Schreibfehler der AST handelt, der zu keiner unzulässigen Änderung der Vergabeunterlagen führt.

Denn die Angabe der AST in Spalte 4 des FBL. 225al mit „€/m“ anstatt der vom AG vorgegebenen „€/qm“ beinhaltet rein tatsächlich das Entfallen eines Buchstabens und betrifft allein die (Mengen-)Einheit für den von ihr angegebenen Stoffpreis(anteil).

Bereits aus den o.g. Ausführungen zur alleinigen Wertangabe durch den Bieter bei zwingen dem Ergebnis in €/qm, dem klarstellenden Charakter der Angabe der Mengeneinheit durch den AG in Spalte 4 sowie der Anwendung der Berechnungsformel in Verbindung mit der vorgegebenen Abrechnungseinheit in Spalte 5 ergibt sich für das Angebot der AST, dass die streitgegenständliche Angabe „€/m“ (Euro/Meter) zu keiner Änderung der Vergabeunterlagen führt.

Durch die vom AG in Spalte 5 für den genannten Abrechnungszeitpunkt vorgegebene Abrechnungseinheit (für OZ 1.3.10: „€/qm“) und die Bezugnahme der Berechnungsformel auf die Abrechnungsmenge laut Vertrag (= bei Position 1.3.10 Anbringen der Mineralwolle Dämmplatten … : „1.000,00 m2“) in Verbindung mit dem anzugebenden Stoffpreisanteil aus dem zugehörigen Einheitspreis des Angebotes für die OZ 1.3.10 ergibt sich für die Angabe des Stoffpreisanteils der AST in Spalte 4 für diese Position die Einheit „€/qm“.

Für diese Auslegung des angegebenen Stoffpreisanteils der AST in „€/qm“ spricht auch die Angabe der AST zur Aufgliederung des Einheitspreises bei „Stoffe“ in Position 01.03.0010 (Angabe der Teilkosten einschl. Zuschlägen je Mengeneinheit für die Menge „1.000,00 m2“) in dem zeitgleich mit FBL. 225al eingereichten Formblatt 223 „Aufgliederung der Einheitspreise“, worin die „Teilkosten einschl. Zuschlägen in € (ohne Umsatzsteuer) je Mengeneinheit“ für die vom AG vorgegebenen Positionen (OZ des LV), Mengen und Mengeneinheiten von der AST für die streitgegenständliche Position ohne Abänderung der dafür dort ebenfalls vorgegebenen Mengeneinheit „m2“ eingetragen worden sind.

Anhaltspunkte für das von der AST im Beschwerdeverfahren geltend gemachte Versehen ergeben sich zudem aus der Erklärung im Kontext der Eintragungsmodalitäten.

Denn in dieser Spalte 4, in welche die Bieter lediglich ihre Stoffpreise eintragen sollten („Stoffpreis … vom Bieter anzugeben“), waren die Eintragungsfelder nicht gesperrt. Aber: in dieselben ungesperrten Eintragungsfelder für die Bieter hatte gleichzeitig auch der AG seine dadurch leicht und versehentlich von jedermann änder-, lösch- oder über schreibbaren Maßeinheiten für die Bietereintragung voreingetragen; hier für Mineralwolle Verwendung bei OZ 1.3.10: €/qm.

Nach den Erkenntnissen der Vergabekammer erscheint in dem den (elektronisch über das Vergabeportal) bereitgestellten Vergabeunterlagen in ausfüllbarem pdf-Format beigefügten FBL. 225al beim Darübergleiten mit dem Cursor über die Eintragungsfelder der Spalte 4 jeweils ein Kasten, in dem die vom AG vor-eingetragene Angabe „€/qm“ ungesperrt enthalten ist, und zu welchem eine Kontext-Erklärung mit dem Inhalt: „Bieterangabe:Stoffpreis(anteil)“ erscheint. Beim Darauf-Klicken (z. B. um eine Preisangabe einzutragen) setzt sich der Cursor unmittelbar und ohne Zwischenraum vor die voreingetragene Maßeinheit. Die Bieterangabe war in beschriebenem Kasten vor diese nicht gesperrte und dadurch nicht schreibgeschützte Maßeinheiten-Angabe des AG einzutragen. Der Bieter konnte hierbei nicht nur seine eigenen Angaben eintragen oder korrigieren, sondern ungewollt auch leicht in die Maßeinheiten-Angabe rutschen und dabei ggf. einen Bestandteil/Buchstaben löschen.

Um die Stoffpreisangabe durch den Bieter in Spalte 4 zu gewährleisten, konnte nach Aussage des AG insoweit nachvollziehbar eine Sperrung dieser Spalte im FBL. 225al dann nicht erfolgen.

Aus welchen Gründen der AG bereits in Spalte 4 zusätzlich zur Spalte 5 eine Einheit für die Angabe des Stoffpreises vorgegeben hat, erläutert er nicht. Allerdings hat der AG selbst damit für die Bieter die Möglichkeit eröffnet, bei ihrer Eintragung an dieser Stelle durch kleinste Fehlbedienung (Doppelanschlag, etc.) der Eingabe-Tastatur unabsichtliche, sogar unbewusste Änderungen vornehmen zu können.

Dem AG konnte sich nach alledem unschwer die Erkenntnis aufdrängen, dass die Bieterangabe €/m anstatt €/qm auf einem Schreibfehler der AST beruht.

Sind Rechen- oder – wie vorliegend – ein Schreibfehler offenkundig, der schon seinem Erklärungsinhalt nach keine inhaltliche Änderung der Vergabeunterlagen darstellt, stellt dies keine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen dar (vgl. OLG Jena, Beschluss vom 16.09.2013 – 9 Verg 3/13; KG, Beschluss vom 04.05.2020 – Verg 2/20).

Bei offenkundigen, marginalen Eintragungsfehlern kann der AG, soweit das möglich ist, die notwendigen Berichtigungen sogar selbst vornehmen (KG, Beschluss vom 07.08.2015 – Verg 1/15und Beschluss vom 04.05.2020 – Verg 2/20). Sinn des Vergabeverfahrens ist es nämlich auch, das wirtschaftlich günstigste Angebot zu wählen und ein solches nicht an formalistischen Gesichtspunkten scheitern zu lassen (OLG München, Beschluss vom 29. Juli 2010 – Verg 9/10).

Bei richtlinienkonformer Auslegung ist auch im Hinblick auf die vergaberechtlichen Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung die Korrektur offensichtlicher Fehler oder die Klarstellung offensichtlicher Ungereimtheiten möglich, sofern eine inhaltliche Änderung des Angebots, welche einer Nachverhandlung gleichkäme, ausgeschlossen ist (VK Berlin, Beschluss vom 06.01.2020 – VK B 1-39/19 unter Hinweis auf: EuGH, Urteil vom 07.04.2016 – Rs. C-324/14, sowie Urteil vom 29.03.2012 – Rs. C-599/10; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2018 – Verg 42/17).

Damit wäre einer strengen Handhabung von Ausschlussgründen, die allein vom Gedanken formaler Ordnung geprägt ist, die gesetzliche Grundlage entzogen (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.2019 – X ZR 86/17; Urteil vom 19.06.2018 – X ZR 100/16 -).

Im Übrigen wäre der AG hätte er diesen Schreibfehler erkannt nach § 15 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A sogar verpflichtet gewesen, diesen Schreibfehler der AST nach pflichtgemäßem Ermessen aufzuklären.

Nach dieser Vorschrift darf der AG nach Öffnung der Angebote bis zur Zuschlagserteilung von einem Bieter Aufklärung verlangen, um sich unter anderem über das Angebot selbst (und auch über die Angemessenheit der Preise) zu unterrichten.

Zwar räumt die Vorschrift dem Auftraggeber nach ihrem Wortlaut lediglich eine Befugnis ein. Der AG ist aber im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens gehalten, von der Befugnis auch Gebrauch zu machen. Hierbei kann sich sein Ermessen soweit reduzieren, dass es einen Hinweis gebietet. Dies ist unter anderem anerkannt, wenn durch geringfügige Nachfragen Zweifel an einem Angebot geklärt werden können (KG, Beschluss vom 07.08.2015 – Verg 1/15).

Im Fall widersprüchlicher Erklärungen ist der AG zur Aufklärung nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.08.2017 – Verg 17/17). Der Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt allerdings nicht in Betracht. Vielmehr sind etwaige Unklarheiten im Wege der Aufklärung zu beseitigen (BGH, Urteil vom 18.06.2019 – X ZR 86/17; BGH, Urteil vom 19.06.2018 – X ZR 100/16; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.04.2020 – Verg 30/19; OLG Düsseldorf – Beschluss vom 02.08.2017).

Eine Angebotsaufklärung hat der AG nicht vorgenommen.

Soweit sich die Frage eines zutreffend angebotenen Preises stellt, wäre im Rahmen der Angebotswertung zu prüfen, ob der angegebene, der Preisgleitung unterworfene Stoffpreisanteil wirtschaftlich ist und dieser ggf. aufzuklären.

Zur Verifizierung hätte dem AG das von der AST auf Nachforderung hin am gleichen Tag für eine Vielzahl von Positionen des LV ausgefüllt vorgelegte Formblatt 223 „Aufgliederung der Einheitspreise“ zur Verfügung gestanden, in welchem unter anderen für die hier betreffende Position 1.3.10 für die Menge „1.000,00“ mit der Mengeneinheit „m2 von der AST die Teilkosten einschl. Zuschlägen in €je Mengeneinheit für Löhne, Stoffe, Geräte und Sonstiges inkl. dem daraus resultierenden angebotenen Einheitspreis angegeben worden sind.

Eine nachvollziehbare Prüfung der Preise ist nicht dokumentiert. Die angegebenen Teilkosten für Stoffe der Position 1.3.10 erscheinen allerdings unauffällig auch in Bezug auf den in FBL. 225al angegebenen Wert.

Zudem ist das FBL. 225aL nicht wertungsrelevant. Denn hier soll ein bereits über den angegebenen Einheitspreis in der Angebotssumme enthaltener Preisanteil mitgeteilt werden und das FBL. 225al wurde vom AG auch nicht in der Aufforderung zur Angebotsabgabe (FBL. 211) zum Vertragsbestandteil erklärt, sondern unter dessen Nr. 3.1 für nachforderbar erklärt.

Hierbei verkennt die Vergabekammer nicht, dass es sich bei der Stoffpreisgleitklausel in dem ausgereichten FBL. 225al inhaltlich um eine Regelung zur angemessenen Änderung der Vergütung in den Vertragsunterlagen (im Sinne von § 9d EU VOB/A) handeln soll.

Die seitens des AG hierzu vorgesehene Möglichkeit der Nachforderung und Nachreichung von Stoffpreisen durch den Bieter nach Angebotsabgabe als Berechnungsgrundlage (Basis wert 2) der möglicherweise zu berechnenden Mehr- oder Minderaufwendungen zum Vertrag, steht dazu im Widerspruch und ist nicht nachvollziehbar.

Aufgrund der hier vorliegenden besonderen Umstände ist die Vergabekammer der Auffassung, dass der versehentliche Schreibfehler nicht zu einer unzulässigen Änderung der Vergabeunterlagen und daher nicht zum Ausschluss des Angebotes der AST führt.

Nach alledem kommt es vorliegend nicht darauf an, ob das Ermessen des AG zur Aufhebung auf null reduziert war oder ob in Fällen, in denen keinem Bieter der Auftrag erteilt werden darf, dem öffentlichen Auftraggeber eine andere Möglichkeit zu Gebote gestanden hat, wenn diese in Übereinstimmung mit den grundlegenden Grundsätzen für die Vergabe öffentlicher Aufträge zu bringen ist, die der Gesetzgeber in § 97 Abs. 1 und 2 GWB niedergelegt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 26.9.2006 – X ZB 14/06, NZBau 2006, 800), und der AG dies erkannt hat.

B.

Die AST hat keinen Anspruch auf die Aufhebung der Verfahrensaufhebung, da die Verfahrensaufhebung wirksam ist.

Obwohl die Aufhebung rechtswidrig war, weil nicht durch die Vorgaben des § 17 EU Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VOB/A gerechtfertigt, ist sie dennoch wirksam.

Bieter müssen die Aufhebung des Vergabeverfahrens nicht nur dann hinnehmen, wenn sie von einem der in § 17 EG Abs. 1 VOB/A aufgeführten Gründe gedeckt und deshalb von vornherein rechtmäßig ist. Vielmehr bleibt es der Vergabestelle grundsätzlich unbenommen, von einem Beschaffungsvorhaben auch dann Abstand zu nehmen, wenn dafür kein gesetzlicher Aufhebungsgrund vorliegt. Dies folgt daraus, dass die Bieter zwar einen Anspruch darauf haben, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält (§ 97 Abs. 7 GWB), aber nicht darauf, dass er den Auftrag auch erteilt und demgemäß die Vergabestelle das Vergabeverfahren mit der Erteilung des Zuschlags abschließt (vgl. BGH, Beschluss vom 20.03.2014 – X ZB 18/13 -).

Nur in Ausnahmefällen kann ein Anspruch auf Fortsetzung des Vergabeverfahrens angenommen werden, insbesondere wenn der Auftraggeber für die Aufhebung der Ausschreibung keinen sachlich gerechtfertigten Grund angegeben hat und sie deshalb willkürlich ist oder die Aufhebung bei fortbestehender Beschaffungsabsicht nur zu dem Zweck erfolgt, Bieter zu diskriminieren (BGH, Beschluss vom 20. März 2014 – X ZB 18/13 -; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.02.2021 – Verg 23/20 -; OLG Rostock, Beschl. v. 30.09.2021 – 17 Verg 5/21 -).

Ein solcher Ausnahmefall kann nicht festgestellt werden. Die Aufhebung ist weder willkürlich noch diskriminierend. Dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens zu dem Zweck erfolgte, den Auftrag außerhalb des eingeleiteten Vergabeverfahrens an einen bestimmten Bieter oder unter anderen Voraussetzungen bzw. in einem anderen Bieterkreis vergeben zu können (sog. Scheinaufhebung; siehe BGH, Beschluss vom 20.03.2014 – X ZB 18/13; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.12.2016 – Verg 28/16😉 behauptet weder die AST noch ist dies sonst ersichtlich.

Nachdem nach dem Ausschluss auch der beiden anderen Angebote kein wertbares Angebot mehr im Vergabeverfahren verblieben war, und damit eine Zuschlagserteilung in diesem Vergabeverfahren aus der Sicht des AG vergaberechtskonform nicht mehr möglich war, verblieb diesem nur die den Bietern am ##.##.2023 mitgeteilte Aufhebung der Ausschreibung.

Dass der AG angekündigt hat, ein neues Vergabeverfahren durchführen zu wollen, signalisiert zwar den weiterhin fortbestehenden Beschaffungsbedarf des Auftraggebers. Daraus lässt sich jedoch keine Absicht des AG erkennen, dass der AG hier das Vergabe verfahren nur zum Schein aufgehoben hat, um den Auftrag einem anderen Unternehmen erteilen zu können bzw. die AST auf diese Weise zu diskriminieren. Denn die Mitteilung des AG im Schreiben vom ##.##.2023, ein erneutes Vergabeverfahren im offenen Verfahren durchführen zu wollen, zielt auf eine rechtmäßige Vergabe in einem offenen, auch der AST erneut eröffneten Wettbewerb.

In diesem Sinne handelte es sich um eine sachliche und willkürfreie Erwägung.

Die Aufhebung des Vergabeverfahrens ist daher rechtswidrig (wie oben ausgeführt), aber wirksam erfolgt.

3. Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 GWB.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat gemäß § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB ein Beteiligter im Verfahren zu tragen, soweit er unterlegen ist.

Die AST und der AG haben die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen. Die AST ist mit ihren Anträgen, die Aufhebung des Vergabeverfahrens aufzuheben und den AG zu verpflichten, das vormalige Vergabeverfahren fortzusetzen, im Nachprüfungsverfahren unterlegen. Der AG hat insofern obsiegt. Die AST hat aber mit ihrem Antrag, festzustellen, dass die erfolgte Aufhebung des Vergabeverfahrens rechtswidrig gewesen ist, obsiegt; der AG ist insofern im Nachprüfungsverfahren unterlegen. Dies rechtfertigt es, der AST und dem AG gemäß § 182 Absatz 3 Sätze 1 und 3 GWB nach billigem Ermessen die Kosten des Verfahrens grundsätzlich jeweils zur Hälfte aufzuerlegen.

Die AST und der AG haben gemäß § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen ihres Antragsgegners jeweils zur Hälfte zu tragen, da sie beide in diesem Maße im Nachprüfungsverfahren unterlegen sind.

Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die AST war gemäß § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB in Verbindung mit§ 80 Absätze 2 und 3 Satz 2 ThürVwVfG für notwendig zu erklären. Das Verfahren betraf Fragen zur Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit einer Aufhebung, mit denen ein durchschnittlich fachkundiger Bieter nicht vertraut zu sein braucht. Aufgrund der komplexen Rechtsmaterie in diesem Bereich und des enormen Zeitdrucks in einem Nachprüfungsverfahren ist eine gezielte juristische Vertretung der AST durch einen anwaltlichen Bevollmächtigten erforderlich gewesen.

Die Gebührenfestsetzung beruht auf § 182 Abs. 2 GWB. Diese Vorschrift bestimmt einen Gebührenrahmen zwischen 2.500,00 Euro und 50.000,00 Euro, der aus Gründen der Billigkeit auf ein Zehntel der Gebühr ermäßigt wird und, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag von 100.000,00 Euro erhöht werden kann.

Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Die Gebühr wird ausgehend von dem Bruttoauftragswert des Angebots der AST sowie unter Zugrundelegung der Gebührentabelle der Vergabekammer (Stand: 01.01.2010) zunächst auf ### Euro festgesetzt. Da die Vergabekammer gemäß § 166 Abs. 1 Satz 3, 1. Alternative GWB mit Zustimmung der Beteiligten nach Lage der Akten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden hat, ist von einem verminderten personellen Aufwand der Vergabekammer auszugehen (vgl. auch Müller/Wrede, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 2016, § 182, Rdn. 27), so dass die Vergabekammer die Gebühr für das Nachprüfungsverfahren nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens auf ### Euro festgesetzt hat.

Da die AST und der AG die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen haben, ist die AST zur Zahlung einer Gebühr in Höhe ### Euro verpflichtet.

Da die AST bereits einen Kostenvorschuss in Höhe der Mindestgebühr von ### Euro für die Durchführung des Nachprüfungsverfahrens gezahlt hat, ist dieser Betrag mit der von ihr zu zahlenden Gebühr zu verrechnen.

Der danach überzahlte Betrag in Höhe von ### Euro ist der AST nach Eintritt der Bestandskraft dieses Beschlusses zu erstatten.

Die AST wird daher um Mitteilung einer Bankverbindung gebeten, auf welche dann die Erstattung erfolgen soll.

Der AG ist nach § 182 Abs. 1 GWB in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG bzw. nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ThürVwKostG von der Verpflichtung zur Zahlung von Verwaltungsgebühren persönlich befreit.

Hinweis: Ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren findet nicht statt (§ 182 Absatz 4 Satz 5 GWB).

Rechtsbehelfsbelehrung

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