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AxProjects: Berücksichtigung von Werkstätten für behinderte Menschen, Blindenwerkstätten und Integrationsunternehmen

Wie ist mit der Berücksichtigung von Werkstätten für behinderte Menschen, Blindenwerkstätten und Integrationsunternehmen zu verfahren?

Damit Werkstätten für behinderte Menschen, Blindenwerkstätten und Inklusionsbetriebe ihren gesetzlichen Auftrag zur Beschäftigung und Förderung von Menschen mit Behinderungen erfüllen können, sind sie darauf angewiesen, Aufträge in ausreichendem Umfang zu erhalten. Nach § 224 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) sind deshalb Aufträge der öffentlichen Hand, die von anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen ausgeführt werden können, bevorzugt diesen Werkstätten anzubieten. Die Regelung gilt auch für Inklusionsbetriebe und ist nach § 226 SGB IX auch zugunsten von Blindenwerkstätten anzuwenden, die auf Grund des Blindenwarenvertriebsgesetzes (BliwaG) anerkannt sind. Die Bundesregierung erlässt nach § 224 Absatz 1 Satz 2 SGB IX mit Zustimmung des Bundesrates hierzu Allgemeine Verwaltungsvorschriften. Die konkrete Ausgestaltung der Bevorzugung ist gesetzlich nicht näher geregelt. Für kommunale Auftraggeber bestehen Sonderregelungen.

Wir schlagen vor, die folgende „Bevorzugungsregelung“ in die Vergabeunterlagen aufzunehmen:

„Ist das Angebot eines bevorzugten Bieters ebenso wirtschaftlich wie das eines nicht bevorzugten Bieters, so wird dem bevorzugten Bieter der Zuschlag erteilt.

Bevorzugte Bewerber und Bieter

(1)

Bevorzugte Bewerber und Bieter im Sinne dieser Allgemeinen Verwaltungsvorschrift sind anerkannte Werkstätten für behinderte Menschen nach § 219 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, anerkannte Blindenwerkstätten nach dem Blindenwarenvertriebsgesetz und

Inklusionsbetriebe nach § 215 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch.

(2)

Bevorzugte Bewerber und Bieter sind auch

Werkstätten für behinderte Menschen und Blindenwerkstätten aus anderen Staaten, die nach deren rechtlichen Bestimmungen mit den in Absatz 1 genannten deutschen Einrichtungen vergleichbar sind sowie Inklusionsbetriebe aus anderen Staaten, die mit den in Absatz 1 genannten deutschen Inklusionsbetrieben vergleichbar sind; dies ist der Fall, wenn wenigstens 30 Prozent der von dem Inklusionsbetrieb auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Beschäftigten Menschen mit Behinderungen sind, deren Teilhabe an einer sonstigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf Grund von Art oder Schwere der Behinderung oder wegen sonstiger Umstände voraussichtlich trotz Ausschöpfens aller Fördermöglichkeiten auf besondere Schwierigkeiten stößt und der Inklusionsbetrieb diesen Menschen mit Behinderungen Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung und arbeitsbegleitende Betreuung anbietet, soweit erforderlich auch Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung oder Gelegenheit zur Teilnahme an entsprechenden außerbetrieblichen Maßnahmen und Unterstützung bei der Vermittlung in eine sonstige Beschäftigung in einem Betrieb oder einer Dienststelle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Nachweis als bevorzugte Bewerber und Bieter

(1)

Der Nachweis der Eigenschaft als Werkstatt für behinderte Menschen wird erbracht durch die von der Bundesagentur für Arbeit ausgesprochene Anerkennung.

(2)

Der Nachweis der Eigenschaft als Blindenwerkstätte wird erbracht durch die Anerkennung aufgrund des Blindenwarenvertriebsgesetzes vom 9. April 1965 (BGBl. I S. 311), das durch Artikel 30 Absatz 2 des Gesetzes vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246) mit Wirkung zum 14. September 2007 außer Kraft getreten ist.

(3)

Der Nachweis der Eigenschaft als Inklusionsbetrieb wird erbracht durch 1. Vorlage eines Bescheides des zuständigen Integrationsamtes über die Gewährung von Leistungen (Förderbescheid) oder 2. eine schriftliche Bestätigung des Integrationsamtes.

(4)

Für Bewerber oder Bieter aus anderen Staaten wird der Nachweis der Eigenschaft als bevorzugter Bewerber und Bieter erbracht durch eine die Vergleichbarkeit nach § 2 Absatz 2 bestätigende Bescheinigung, die von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde des Staates ausgestellt wurde, in dem der Bewerber oder Bieter seinen Sitz hat. Wird eine solche Bescheinigung in dem betreffenden Staat nicht ausgestellt, kann der Nachweis durch eine Versicherung an Eides statt erbracht werden, die der Bewerber oder Bieter vor einer zuständigen Stelle des betreffenden Staates abgibt. In den Staaten, deren Rechtsordnungen keine Versicherung an Eides statt vorsehen, kann eine feierliche Erklärung abgegeben werden. Die Echtheit der Versicherung an Eides statt oder der feierlichen Erklärung ist durch eine Bescheinigung der zuständigen Stelle nachzuweisen.

(5)

Anerkannt wird ein Nachweis nur, wenn er nicht älter als ein Jahr ist.“

Wir treffen damit eine zulässige Regelung, wie die durch § 224 SGB IX vorgesehene bevorzugte Berücksichtigung von Werkstätten und Inklusionsbetrieben bei der Vergabe öffentlicher Aufträge konkret ausgestaltet wird.  Abhängig vom Inhalt des zu vergebenden Auftrags und dessen Auftragswert bestehen nach europäischem und nationalem Vergaberecht diverse Rechtsgrundlagen, die eine Bevorzugung grundsätzlich ermöglichen. Diese Möglichkeiten und deren Grenzen werden mit der Regelung dargestellt. Die Bevorzugung besteht insbesondere darin, dass Werkstätten und Inklusionsbetriebe den Zuschlag erhalten, wenn ihr Angebot ebenso wirtschaftlich ist wie das eines nicht bevorzugten Bieters; im Unterschwellenbereich wäre ein Nachteilsausgleich in Form eines Abschlags von 15 Prozent auf den von ihnen angebotenen Preis möglich. Die Regelung stärkt die Stellung von Werkstätten und Inklusionsbetrieben im Wettbewerb um öffentliche Aufträge und dient damit der Sicherung und Verbesserung der Teilhabe der in den Werkstätten und Inklusionsbetrieben beschäftigten Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben.