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OLG Schleswig zu der Frage, dass der Auftragnehmer eine kalkulatorisch unklare Leistungsbeschreibung nicht einfach hinnehmen darf, sondern sich daraus ergebende Zweifelsfragen vor Angebotsabgabe klären muss

OLG Schleswig zu der Frage, dass der Auftragnehmer eine kalkulatorisch unklare Leistungsbeschreibung nicht einfach hinnehmen darf, sondern sich daraus ergebende Zweifelsfragen vor Angebotsabgabe klären muss

vorgestellt von Thomas Ax

1. Der Auftragnehmer darf eine kalkulatorisch unklare Leistungsbeschreibung nicht einfach hinnehmen, sondern muss sich daraus ergebende Zweifelsfragen vor Angebotsabgabe klären. Das gilt insbesondere dann, wenn sich für ihn aus der Leistungsbeschreibung die Bauausführung in bestimmter Weise nicht mit hinreichender Klarheit ergibt, er darauf aber bei der Kalkulation maßgebend abstellen will (Anschluss an BGH, Urteil vom 25.06.1987 – VII ZR 107/86, IBRRS 1987, 0611).
2. Reichen die dem Auftragnehmer überlassenen Unterlagen für eine zuverlässige Kalkulation nicht aus, darf er nicht „ins Blaue hinein“ und mit der für ihn günstigsten Ausführungsvariante kalkulieren (Anschluss an BGH, Urteil vom 25.06.1987 – VII ZR 107/86, IBRRS 1987, 0611).
3. Die Regelung des § 2 Abs. 5 VOB/B ist nicht anwendbar, wenn die (vermeintlich) geänderte Leistung bereits vom bestehenden vertraglichen Leistungsumfang umfasst ist, etwa weil ein bestimmter vertraglicher Erfolg auf eine erkennbar kalkulatorisch unklare Leistungsbeschreibung angeboten wurde (Anschluss an BGH, IBR 1992, 349).
4. Die Anordnung einer Änderung des Bauentwurfs kann in der Übergabe geänderter Pläne liegen. Es ist nicht notwendig, dass der Auftraggeber dabei den Willen hat, das beschriebene Leistungssoll zu ändern. Er kann auch davon ausgehen, die geforderte Ausführung gehöre zur vertraglichen Leistung und sei mit den vereinbarten Preisen abgegolten.
5. Notwendig ist jedoch, dass der Auftragnehmer die Erklärung oder das Verhalten des Auftraggebers als Änderungsanordnung auffassen darf. Der Auftragnehmer muss annehmen dürfen, dass dem Auftraggeber bewusst ist, dass er etwas anderes will als ursprünglich vereinbart.
6. Muss der Auftragnehmer erkennen, dass der Auftraggeber die Leistungsbeschreibung anders versteht als er, hat er den Auftraggeber darauf hinzuweisen, dass er bei seiner Kalkulation von anderen Voraussetzungen ausgegangen ist und durch die vorgesehene Ausführung ein Mehraufwand entstehen wird. Nur dann darf er in der Übergabe geänderter Pläne eine Änderungsanordnung sehen.
OLG Schleswig, Urteil vom 09.12.2022 – 1 U 29/21
vorhergehend:
LG Flensburg, 01.04.2021 – 2 O 373/13
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 25.10.2023 – VII ZR 247/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung restlichen Werklohns.

Die Beklagte schrieb Rohbauarbeiten für den Neubau eines Schulgebäudes nebst Sporthalle aus (Anlage B 1, AB). Sie erteilte der Klägerin am 06.08.2009 den Auftrag unter Einbeziehung der VOB/B. Die Streithelfer waren planende und die Bauaufsicht führende Architekten. Nach Durchführung der Arbeiten und Abnahme stellte die Klägerin ihre Schlussrechnung vom 09.11.2010 (Anlage K 1, AB). Nach Streit über die Abrechnung stützte sie sich zuletzt auf die Forderungsaufstellung vom 11.05.2011 (Anlage K 3, AB).

In verschiedenen Positionen des Leistungsverzeichnisses, zum Beispiel Position 4.1.2.150, war die Herstellung von Stahlbetonunterzügen nach der Statik vorgesehen. In verschiedenen Positionen, zum Beispiel Position 4.2.1.260, war das Mauern tragender Innenwände vorgesehen. In verschiedenen Positionen, unter anderem Position 4.2.1.290, war eine Zulage für das Mauern der letzten Schicht nach Ausschalen der Stahlbetondecke bzw. -balken vorgesehen. Aus der Statik ergab sich, dass es sich bei den Stahlbetonunterzügen überwiegend um nicht tragende obere Wandabschlüsse handeln sollte. Die Klägerin erstellte zunächst die sogenannten Unterzüge als nicht tragende Betonbauteile und stützte sie ab, bis die tragende Wand darunter aufgemauert war. Die Klägerin kündigte in einer Baubesprechung vom 18.11.2009 (Prot. Anlage K 42, Bl. 448 d. A.) Mehrkosten an. Sie stellte mit Schreiben vom 13.04.2010 (Anlage K 38.1, AB) eine Behinderungsanzeige und meldete Mehrkosten an. Sie verlangte schließlich eine Mehrvergütung von 250.687,38 Euro netto nach dem Nachtrag vom 08.11.2010 (Anlage K 17, AB und Bl. 588 d. A).

In der Vorbemerkung zum Leistungsverzeichnis (S. 4, Anlage B 1, AB) war in einem Bauzeitplan der Beginn der Gesamtbaumaßnahme für die 33. Kalenderwoche 2009 vorgesehen. Die Rohbauarbeiten sollten von August 2009 bis März 2010 ausgeführt werden, der wesentliche Teil der Leistungen bis Dezember 2009. In detaillierten Bauzeitplänen, etwa vom 04.08.2009 und 09.09.2009 (Anlagen K 41.2, K 41.3, Bl. 267 – 268 d. A.) war der Abschluss der Betonarbeiten und der Verblendarbeiten bis Dezember 2010 vorgesehen.

Die Klägerin hat behauptet, bei einem Unterzug handele es sich um eine selbsttragende Konstruktion, die die Last der Decke aufnehme und einen Freiraum überbrücke. Aus dem Leistungsverzeichnis sei nicht erkennbar gewesen, dass es sich tatsächlich um nicht tragende Balken als oberen Wandabschluss habe handeln sollen. Die Statik habe ihr bei der Erstellung des Angebots nicht vorgelegen. Sie sei erst an 27.08.2009 übergeben worden. Erst durch die Anweisung des Statikers vor Ort habe sich die danach vorgesehene Bauweise ergeben. Im Leistungsverzeichnis (etwa Position 4.2.1.290) sei vorgesehen gewesen, dass zunächst die Decken und die Balken herzustellen und erst dann die tragenden Wände aufzumauern gewesen seien. Sie habe in ihrer Kalkulation zunächst die Herstellung der Unterzüge und deren Notabstützung, dann die Herstellung der Decken vorgesehen. Stattdessen sei die Schalung für die Decken und die Unterzüge in einem Arbeitsgang herzustellen gewesen, was einen Mehraufwand bedeutet habe, da die Schalung länger habe vorgehalten werden müssen und kein Wechsel von einem Bauteil zum anderen möglich gewesen sei. Die Unterzüge hätten bis zur Aushärtung der Wände abgestützt werden müssen. Es habe sich eine bauzeitverlängernde Leistungsminderung ergeben. Unter anderem habe beim Mauern um die Stützen herum gearbeitet werden müssen. Die Arbeiten seien entgegen der Kalkulation in den strengen Winter 2009/10 gerückt.

In den später von der Beklagten übergebenen Bauzeitplänen liege eine Beschleunigungsanordnung gegenüber dem Bauzeitplan aus der Vorbemerkung zum Leistungsverzeichnis. Die Beklagte habe eine Fertigstellung der Betonarbeiten bis Weihnachten 2009 gefordert. Die Rohbauarbeiten seien nunmehr bis zur 51. KW 2009 abzuschließen gewesen. Ihr stehe deswegen eine Mehrvergütung von 51.470,58 Euro netto nach dem Nachtrag vom 08.11.2010 (Anlage K 18, AB) zu.

Die Klägerin hat die Zahlung von 497.132,05 Euro nebst Zinsen und Kosten verlangt. Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.

Die Beklagte hat behauptet, im Leistungsverzeichnis sei von Stahlbetonunterzügen die Rede, weil die Bewehrung in die Decke einbinde, was bei Balken nicht immer der Fall sei. Es handele sich dabei um den Sprachgebrauch im Betonbau. Die gewünschte Bauweise habe sich neben der Statik auch aus Plänen ergeben. Die Statik habe der Klägerin bei Angebotsabgabe und Beauftragung vorgelegen, was ihr Geschäftsführer eingeräumt habe (Schreiben vom 05.05.2010, Anlage B 14, Bl. 505 – 506 d. A.). Es sei zunächst die Wand zu erstellen, dann die Decke und der Unterzug zu schalen gewesen. Ein zusätzlicher Leistungsaufwand sei nicht angefallen. Die Reihenfolge der Arbeiten ergebe sich auch aus den Bauzeitplänen der Beklagten und der Klägerin (Anlage B 13, Bl. 490 d. A., Anlagen B 16, B 17, Bl. 1039 – 1045 d. A.).

Aus dem Bauzeitplan in der Vorbemerkung zum Leistungsverzeichnis ergebe sich, dass der Rohbau bis Dezember 2009 so weit habe abgeschlossen sein sollen, dass die vorgesehenen Folgegewerke hätten tätig werden können. So sei ein Fenstereinbau ohne Verblendmauerwerk nicht möglich, für die Ausbaugewerke sei ein geschlossener Bau notwendig gewesen.

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der näheren Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Beklagte unter Klagabweisung im Übrigen zur Zahlung von 427.021,46 Euro nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat es, soweit es in der Berufungsinstanz noch darauf ankommt, ausgeführt, wegen der Herstellung der Balken stehe der Klägerin eine Mehrvergütung von 253.596,85 Euro netto zu. Es handele sich um eine geänderte Leistung. Die Auslegung des Leistungsverzeichnisses ergebe als Leistungssoll selbsttragende Unterzüge, was sich aus den Ausführungen der Sachverständigen ergebe.

Geplant gewesen seien dagegen Balken. Es komme nicht darauf an, ob bei der Abgabe des Angebots die Statik vorgelegen habe. Das Leistungsverzeichnis sei eindeutig, so dass keine Notwendigkeit bestanden habe, die Statik heranzuziehen, um es zu überprüfen, auch wenn im Leitungsverzeichnis auf die Statik Bezug genommen werde. Das Risiko eines Widerspruches zur Statik trage die Beklagte. Nach den Ausführungen der Sachverständigen habe das Leistungsverzeichnis eine bestimmte Reihenfolge der Leistungserbringung vorgesehen, wonach zunächst die Unterzüge und dann das Mauerwerk zu erstellen gewesen seien, was sich insbesondere aus den Positionen 4.2.1.290 und 3.2.1.240 ergebe. Dass eine andere Vorgehensweise nur zu Mehrkosten von 752,47 Euro geführt hätte, sei unerheblich, weil sie dem Inhalt des Leistungsverzeichnisses widersprochen habe.

Wegen einer Beschleunigung des Bauablaufes stehe der Klägerin ein Mehranspruch in Höhe von 44.720,78 Euro netto zu. In den Bauzeitplänen vom 04.08.2009 und 09.09.2009 hätten leistungsändernde Anordnungen gelegen. Nach dem Leistungsverzeichnis seien nur die wesentlichen Teile der Rohbauarbeiten bis Dezember 2009 fertigzustellen gewesen. Nach den Ausführungen der Sachverständigen seien wesentlich die Hülle und das Innenmauerwerk. Nach den Bauzeitplänen habe die Klägerin aber auch das Verblendmauerwerk im Jahr 2009 herstellen sollen. Das sei nicht wesentlich, weil es für Folgegewerke nicht entscheidend gewesen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die frist- und formgerecht eingereichte und begründete Berufung der Beklagten. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, hinsichtlich der Herstellung der Unterzüge verstoße die Auslegung des Leistungsverzeichnisses durch das Landgericht gegen die Grundsätze der Auslegung. Der Bauvertrag sei als sinnvolles Ganzes auszulegen, wobei alle Vertragsbestandteile einzubeziehen seien. Bei öffentlichen Vergaben komme es auf den objektiven Bieterhorizont an. Es gebe keinen Lehrsatz, dass Unklarheiten zu Lasten des Erstellers eines Leistungsverzeichnisses gingen.

Widersprüche seien nach Möglichkeit aufzulösen. Es seien die Umstände des Einzelfalls und die konkreten Verhältnisse des Bauwerks zu berücksichtigen. Das Landgericht habe die Angaben in der Statik unberücksichtigt gelassen. Es habe nur Teile des Wortlauts des Leistungsverzeichnisses berücksichtigt. Es habe die Auslegung nicht der Sachverständigen überlassen dürfen. Nach den zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen sei bei dem Ausschalen von Wand- und Deckenflächen zum Teil mit erheblichen Zeitverzögerungen zu rechnen gewesen. Im Leistungsverzeichnis sei jeweils Bezug auf die Position in der Statik genommen. Dies sei Bestandteil der Leistungsbeschreibung. Für einen objektiven Bieter, der die Umstände gekannt habe, sei klar gewesen, dass es sich um nichttragende Bauteile handele, wenn tragende Wände darunter zu errichten gewesen seien. Es habe auch keine zu überspannenden Öffnungen gegeben.

Die Zulage sei nur für die letzte Steinschicht unter den Balken vorgesehen gewesen. Eine Änderung des Auftrags habe es nicht gegeben, da die Statik nicht vom Leistungsverzeichnis abgewichen sei und sie nach dem Schreiben vom 05.05.2010 der Klägerin vor Auftragserteilung vorgelegen habe.

Es fehle eine Anordnung zur Beschleunigung der Bauzeit. Diese liege nicht in der Übersendung des Bauzeitplans, denn die Architekten seien nicht berechtigt gewesen, für sie rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben. Die Betonarbeiten hätten ohnehin bis Weihnachten 2009 fertiggestellt werden müssen, da sie zu den wesentlichen Teilen des Rohbaus gehört hätten. Die Klägerin habe dagegen vorgetragen, es sei die Fertigstellung der Betonarbeiten entgegen des Vertrages gefordert worden. Der Nachtrag habe nichts mit Verblendarbeiten zu tun.

Auf den Hinweisbeschluss vom 18.02.2022 (Bl. 1400 ff. d. A.) weist die Beklagte ergänzend auf Teile der Leistungsbeschreibung hin. In den zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen heiße es, dass es sich bei den Stahlbetonarbeiten um Raumtragewerke handele, die Tragkraft erst nach der Abbindezeit für das gesamte Raumtragewerk erreicht werde und die Ausschalung von Wänden und Decken zum Teil mit erheblicher Zeitverzögerung stattfinden könne und nur in Abstimmung mit dem Statikbüro durchzuführen sei (S. 2, Anlage B 1, AB). Die Klägerin habe deswegen nicht mit der Wiederverwendung von Schalungen kalkulieren dürfen.

Hinsichtlich des Nachtrages 7 gebe es keine Beschleunigungsanordnung. Nach dem Leistungsverzeichnis habe ein Gerüst für die Verblendarbeiten und die nachfolgenden Gewerke für 10 Wochen vorgehalten werden sollen (Pos. 1.2.1.010, Anlage B 1, AB). Die Verblendarbeiten hätten vor der Erstellung des Dachüberstandes beendet sein müssen. Die Zimmererarbeiten hätten nach dem Terminplan im Leistungsverzeichnis im November 2009 beginnen sollen.

Die Streithelfer tragen vor, das Leistungssoll sei nicht geändert worden. Die Leistung sei immer gleich beschrieben gewesen. Die Schalung sei von der Vergütung umfasst gewesen. Es fehle jedenfalls einer Abgrenzung der Mehrkosten zu den Kosten der ohnehin vorzuhaltenden Schalung. Wegen der global-funktionalen Beschreibung der Leistung habe die Klägerin die Statik einsehen müssen.

Der Mehraufwand sei bei einer anderen Reihenfolge der Bauausführung vermeidbar gewesen. Die Klägerin habe sich eigenmächtig für die aufwendigere Bauweise entschieden, entgegen der Vorgaben in der Ausführungsplanung und der Statik. Aus dem Leistungsverzeichnis habe sich diese Reihenfolge nicht ergeben.

Es fehle eine Mehrvergütungsankündigung. Die Klägerin habe gegen ihre Hinweispflicht verstoßen, indem sie nicht auf Mehrkosten hingewiesen habe.

Sie behaupten, die Statik sei der Beklagten mit Schreiben vom 13.08.2009 (Bl. 1373 d. A.) übersandt worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 01.04.2021 – 2 O 373/13 – zu ändern, die Klage in Höhe weiterer 355.407,82 Euro abzuweisen und sie zu verurteilen, an die Klägerin zu zahlen 123.724,23 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.02.2011.

Die Streithelfer schließen sich dem Antrag der Beklagten an.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages. Auf den Hinweisbeschluss vom 18.02.2022 tragen sie vor, die Statik sei nicht Teil der Ausführungsunterlagen gewesen. Erst der Statiker habe darauf hingewiesen, dass die Unterzüge nicht selbsttragend hätten sein sollen. Einen konkreten Hinweis auf die dadurch längere Standzeit der Schalung habe sie den Architekten spätestens bei der Baubesprechung am 18.11.2022 gegeben. Der Vertreter der Beklagten, Herr B1, habe nur selten an Baubesprechungen teilgenommen. E habe sich von den Streithelfern vertreten lassen. Sie habe die Mitteilung von Mehrkosten in ihrem Schreiben vom 13.04.2010 an die Streithelfer und Herrn B1 (Anlage BB 6, Bl. 1429R – 1430 d. A.) dargestellt, in dem es heiße, sie seien schon vor der Ausführung angezeigt worden. In ihrer Antwort vom 13.04.2010 (Anlage BB 7, Bl. 1431 – 1431R d. A.) hätten die Streithelfer die Kenntnis nicht bestritten. Zwar treffe es zu, dass die Betonarbeiten im Jahr 2009 abgeschlossen worden seien, aus dem Schreiben vom 13.04.2010 ergebe sich aber, dass Herr B1 bereits vor den Arbeiten Kenntnis von dem Mehraufwand gehabt habe. Die Beklagte habe von dem Mehraufwand auch Kenntnis erlangt, weil durch die zusätzlichen Abfangungsmaßnahmen ein „Stützenwald“ entstanden sei und die Arbeiten länger gedauert hätten.

Hinsichtlich der Höhe des Anspruchs seien die Innenwände nach dem Wortlaut des Leistungsverzeichnisses zunächst ohne die letzte Schicht zu mauern gewesen. Erst später seien die letzten Schichten zu mauern gewesen. Nach den Bauzeitplänen der Parteien seien erst die Innenwände zu mauern gewesen, dann die Stahlbetonarbeiten auszuführen gewesen. Später hätten die Lücken geschlossen werden sollen. Das sei die übliche Reihenfolge. Sie habe darin kein Problem gesehen, weil sie von selbsttragenden Bauteilen ausgegangen sei. Die von ihr gewählte Reihenfolge sei bekannt gewesen. Sie habe mit Schreiben vom 14.04.2010 (Anlage BB 9, Bl. 1436 d. A.) Bedenken gegen das nachträgliche Aufmauern der Wände angemeldet, die von den Streithelfern mit Schreiben vom 15.04.2010 (Anlage BB 10, Bl. 1425 d. A.) zurückgewiesen worden seien.

Hinsichtlich des Nachtrages 7 sei die Überschrift missverständlich. Sie beschreibe nicht den Inhalt des Nachtrages. Der Hintergrund der Beschleunigung ergebe sich aus dem Gutachten der Sachverständigen vom 21.02.2020, S. 21 – 23. Sie habe die gesamte Leistung erbringen sollen. Der Abbau des Krans bedeute das Ende der Rohbauarbeiten.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Anhörung der Sachverständigen K1 und Vernehmung des Zeugen K2. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der Sitzungen vom 04.02.2022 (Bl. 1355 – 1360 d. A.) und vom 18.11.2022 (Bl. 1539 – 1546 d. A.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist in der Sache bis auf einen geringen Teil in der Sache erfolgreich.

Der Klägerin steht kein Werklohnanspruch aus § 631 Abs. 1 BGB wegen der Nachträge 6 und 7 zu.

1. Der Klägerin steht kein Mehrkostenanspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B wegen einer Leistungsänderung bei der Herstellung der Unterzüge zu. Sie hat nicht bewiesen, dass eine der Beklagten zurechenbare Änderungsanordnung erfolgt ist.

a) Ein Anspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B entsteht, wenn sich die Preisgrundlage für eine im Vertrag vorgesehene Leistung ändert, etwa weil die Leistung anders ausgeführt werden soll als ursprünglich vorgesehen (Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB, 21 Aufl., § 2 Abs. 5 VOB/B, Rn. 3, 5, 6, 9). Dagegen liegt ein Fall des § 2 Abs. 6 VOB/B vor, wenn eine vertraglich noch nicht vorgesehene Leistung gefordert wird, der Leistungsinhalt also erweitert wird, ohne dass der bisherige Leistungsinhalt geändert wird (Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB, 21 Aufl., § 2 Abs. 5 VOB/B, Rn. 8). Das korrespondiert mit den Regelungen in § 1 Abs. 3 und 4 VOB/B, aus denen sich ergibt, wann der Auftragnehmer Anordnungen des Auftraggebers nachkommen muss, nämlich bei Änderungen des Bauentwurfs und bei Zusatzleistungen, die zur Ausführung der vereinbarten Leistung erforderlich werden (Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB, 21 Aufl., § 1 Abs. 3 VOB/B, Rn. 2, § 1 Abs. 4 VOB/B, Rn. 1, 3).

Ob die von den Streithelfern zitierte Entscheidung (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.02.2021, 22 U 245/20) die Vorschriften anders auslegen will, wird nicht deutlich. Jedenfalls wäre eine Revision nicht wegen einer Abweichung von dieser Entscheidung zuzulassen, weil die Entscheidung nicht auf der Auslegung des § 2 Abs. 5, 6 VOB/B beruht. Sie geht vielmehr davon aus, dass die VOB/B in dem zu beurteilenden Fall nicht wirksam in den Vertrag einbezogen war.

Danach ist die Vorschrift des § 2 Abs. 5 VOB/B einschlägig. Denn die Herstellung von Unterzügen war von Anfang an vorgesehen. Es geht allein darum, auf welche Weise sie hergestellt werden sollten.

b) Die Ausführung der Unterzüge, wie die Statik sie vorsah, wich von der Ausführung ab, von der die Klägerin nach dem Leistungsverzeichnis ausgehen durfte. Die Unterzüge sollten danach überwiegend nicht als freitragende Bauteile errichtet werden. Diese Abweichung ist als Änderung des Bauentwurfs i. S. d. § 2 Abs. 5 VOB/B zu werten.

aa) Bei einer öffentlichen Ausschreibung ist der Vertragsinhalt durch die Auslegung der Leistungsbeschreibung zu bestimmen. Eine Änderung der Preisgrundlage kommt nur in Betracht, wenn sich durch einen späteren Eingriff des Auftraggebers der vereinbarte Leistungsinhalt geändert hat (Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB, 21. Auflage, § 2 Abs. 5 VOB/B, Rn. 5).

(1) Der Inhalt einer öffentlichen Ausschreibung ist nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB auszulegen, wobei es auf den objektiven Empfängerhorizont eines fachkundigen, mit der angefragten Leistung vertrauten Bieters ankommt (BGH, Beschluss vom 07.01.2014, X ZB 15/13; OLG Frankfurt, Beschluss vom 01.10.2020, 11 Verg 9/20). Nach den allgemeinen Auslegungsgrundlagen ist bei der Auslegung von dem Wortlaut der Erklärung auszugehen. Es sind nur die Umstände zu berücksichtigen, die dem Empfänger der Erklärung bei Zugang der Willenserklärung erkennbar waren (BGH, Beschluss vom 13.10.2011, VII ZR 222/10). Die Auslegung hat unter Berücksichtigung des Vertragsinhalts, der sonstigen Umstände und des mit dem Vertrag verfolgten Zwecks zu verfolgen (BGH, Urteil vom 30.06.2011, VII ZR 13/10).

(2) Bei der Auslegung ist danach nicht allein auf den Wortlaut der Positionen des Leistungsverzeichnisses und dort allein auf die Bedeutung des Worts „Unterzüge“ abzustellen. Die Auslegung hat jedoch von der Bedeutung dieses Wortlauts auszugehen.

Nach den Feststellungen des Landgerichts auf der Grundlage der Ausführungen der Sachverständigen ist unter einem Unterzug ein selbsttragendes Bauteil zu verstehen. Konkrete Anhaltspunkte Zweifel an dieser Feststellungen i. S. d. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zeigt die Berufung nicht auf.

(3) Die Statik kann nur dann zur Auslegung der Vereinbarung herangezogen werden, wenn sie der Klägerin bei Angebotserstellung bekannt war. Das hat die Beklagte nicht unter Beweis gestellt.

Die Statik war nicht Teil der Vergabeunterlagen. Sie ist nicht in den von der Beklagten als Anlage B 1 vorgelegten Unterlagen enthalten. Bestandteil der Vergabeunterlagen waren einige Zeichnungen, von denen unklar geblieben ist, ob sich aus ihnen ergab, dass die Unterzüge nicht selbsttragend sein sollten.

Das Schreiben vom 13.08.2009 (Bl. 1373 d. A.) allein ist nicht geeignet, den Beweis zu erbringen, dass die relevanten Teile der Statik übersandt worden sind. In dem Schreiben wird ein Satz statische Unterlagen nach einer Planliste erwähnt, ohne dass deutlich wird, welche Unterlagen das gewesen sind. Es kann sich auch nur um die erwähnten Schalpläne gehandelt haben. Zudem ist aus dem Schreiben allein nicht erkennbar, ob die Unterlagen tatsächlich beilagen.

Im Übrigen wäre die Übergabe zwar vor dem Vertragsschluss, aber nach dem Angebot erfolgt. Grundlage für die Kalkulation konnte die Statik damit nicht mehr werden. Sie wäre für die Auslegung des Leistungsverzeichnisses und damit für das Verständnis des Angebots der Klägerin vom 29.06.2009 unerheblich. Es kommt so auch nicht darauf an, ob sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 05.05.2010 (Anlage B 14, Bl. 504 – 506 d. A.) ergibt, dass ihr die Statik bei Auftragserteilung vorlag.

Auch dann wäre der Preis anzupassen. Es dürfte sogar so sein, dass bei einer Änderungsanordnung vor Vereinbarung einer Leistung nicht § 2 Abs. 5 VOB/B eingreift, sondern der übliche Preis heranzuziehen ist (Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB, 21 Aufl., § 2 Abs. 5 VOB/B, Rn. 3).

(4) Dass in den die Unterzüge betreffenden Positionen des Leistungsverzeichnisses (Pos. 3.1.1.480, 3.1.1.490, 3.1.1.500, 3.1.1.510, 3.1.1.520, 3.1.2.180, 3.1.2.190, 3.1.2.200, 3.1.2.210, 4.1.2.150 – 4.1.2.240, 4.1.2.420, 4.1.2.430) jeweils auf die Statik Bezug genommen wurde, bedeutet nicht, dass die Klägerin sie hätte anfordern müssen. Denn sie musste allein aufgrund dieses Hinweises keinen Anlass zu der Annahme haben, dass sich aus der für die Erstellung des Angebots nicht übergebenen Statik angebotsrelevante Umstände ergaben.

(5) Aus dem weiteren Inhalt der die Unterzüge betreffenden Positionen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich überwiegend nicht um selbsttragende Bauteile handeln sollte. Nach den Ausführungen der Sachverständigen im Termin vom 04.02.2022 (Prot. S. 3, Bl. 1357 d. A.) sprechen weder die Maße noch die Anzahl der Unterzüge gegen die Annahme, dass selbsttragende Bauteile geplant waren.

(6) Aus dem Umstand, dass im Leistungsverzeichnis auch tragende Innenwände vorgesehen waren (Pos. 3.2.1.210, 3.2.1.270, 4.2.1.260, 4.2.1.320, 4.2.1.360), lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass die Unterzüge nicht selbsttragend sein sollten. Es kann nach den Ausführungen der Sachverständigen bautechnisch Sinn ergeben, zum Schutz des Mauerwerks dieses erst nach Abschluss der Betonarbeiten aufzumauern. Auch müssen lange Unterzüge teilweise unterstützt werden, was auch durch tragende Innenwände möglich ist (Prot. v. 04.02.2022, S. 3, 5, Bl. 1357, 1359 d. A.).

Auch der Wortlaut der Zulagepositionen für das spätere Mauern der letzten Schichten unter der Stahlbetondecke bzw. dem Stahlbetonbalken nach dem Ausschalen der Stahlbetondecke (Pos. 3.2.1.240, 3.2.1.290, 4.2.1.290, 4.2.1.340, 4.2.1.380) weist nicht eindeutig auf nicht selbsttragende Bauteile hin.

Nach den Ausführungen der Sachverständigen wird der Begriff Balken sowohl für selbsttragende als auch für nicht selbsttragende Betonbauteile verwendet (Prot. v. 04.02.2022. S. 5 f., Bl. 1359 f. d. A.).

bb) Auch wenn die Statik von Anfang an die Ausführung der Unterzüge weitgehend als nichttragende Bauteile vorsah, ist in der Ausführung nach der Statik eine andere Ausführung der Leistung zu sehen. Denn der Vertragsinhalt auf der Grundlage der dargestellten Auslegung des Leistungsverzeichnisses sah die Ausführung als tragende Bauteile vor.

Dass die Statik von Anfang an die Ausführung als nichttragende Bauteile vorsah, ist unstreitig. Die Klägerin hat nur bestritten, dass die Statik ihr bei der Erstellung des Angebots vorlag, aber nicht behauptet, dass sie nachfolgend geändert worden wäre. Sie hat nur von der Übergabe einer Nachtragsstatik gesprochen, ohne zu behaupten, dass die Änderung die hier relevante Leistung betraf oder dass sie der Angebotserstellung nachfolgte. Sie ist dem Vortrag der Beklagten, dass die Statik wegen der Ausführung der Unterzüge nie geändert worden ist, nicht entgegengetreten. Sie ist auch den Feststellungen des Landgerichts nicht entgegengetreten, nach denen es einen Widerspruch zwischen der Statik und dem Text des Leistungsverzeichnisses gab. Zumindest hat die Klägerin keinen Beweis für eine nachträgliche Änderung angeboten.

Auch in der Berufungserwiderung macht die Klägerin nur geltend, dass die Statik erst am 27.08.2009 geprüft und ihr auf einer CD mit dem Datum 30.09.2009 übergeben worden sei. Sie bezieht sich dabei auf Statiken, die am 02.09.2008 bzw. 17.03.2009 aufgestellt worden sind (Anlage BB 3, Bl. 1250 – 1251 d. A.), und damit deutlich vor dem Angebot.

c) Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass eine der Beklagten zurechenbare Leistungsanordnung erfolgt ist.

aa) Für eine Leistungsanordnung im Sinne von § 2 Abs. 5 VOB/B notwendig ist eine rechtsgeschäftliche, mit Vertretungsmacht abgegebene Erklärung, in der der Bauherr die geänderte Bauweise anordnet (OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.10.2013, 22 U 21/13). Die Anordnung kann ausdrücklich, aber auch konkludent erfolgen, etwa dadurch, dass der Auftraggeber in Kenntnis geänderter Bedingungen die Arbeiten fortsetzen lässt (Ingenstau/ Korbion/Keldungs, VOB, 21. Auflage, § 2 Abs. 5 VOB/B, Rn. 20). Eine Anordnung kann in der Übergabe geänderter Pläne liegen (KG, Urteil vom 21.04.2016, 27 U 81/15; Kapellmann, Messerschmidt, VOB, 7. Aufl., § 2 VOB/B, Rn. 340). Es ist nicht notwendig, dass der Auftraggeber dabei den Willen hat, das Bausoll zu ändern. Er kann auch davon ausgehen, die verlangte Ausführung sei vom Bausoll gedeckt (Kapellmann, Messerschmidt, VOB, 7. Aufl., § 2 VOB/B, Rn. 340).

Notwendig ist jedoch, wie bei jeder Willenserklärung, dass der Auftraggeber die Erklärung oder das Verhalten des Auftraggebers nach dem objektiven Empfängerhorizont als Änderungsanordnung auffassen darf. Der Auftragnehmer muss annehmen dürfen, dass dem Bauherrn bewusst ist, dass er etwas anderes will als ursprünglich vereinbart.

bb) Es ist danach nicht ausreichend, dass der Klägerin die Statik übergeben worden ist und sie unstreitig danach bauen sollte. Die Besonderheit des Falles liegt darin, dass aufseiten der Beklagten das Leistungsverzeichnis anders verstanden wurde als aufseiten der Klägerin. Es war für die Klägerin erkennbar, dass die Statik hinsichtlich der Ausführungsart der Unterzüge nie geändert worden war. Sie musste erkennen, dass die Streithelfer den Begriff anders verwendet hatten als er gemeinhin zu verstehen ist.

In dieser Situation musste die Klägerin einem Vertreter der Beklagten deutlich machen, dass sie bei ihrer Kalkulation von anderen Voraussetzungen ausgegangen war und durch die vorgesehene Ausführung nunmehr erheblicher Mehraufwand entstehen werde. Nur dann durfte sie in der Übergabe der Statik oder in dem Zulassen der Fortsetzung der Arbeiten eine Änderungsanordnung sehen.

cc) Inwieweit die Streithelfer von diesen Umständen Kenntnis erhalten haben, kann dahinstehen. Denn sie hatten unstreitig keine Vertretungsmacht für die Beklagte. Sie konnten so keine rechtsgeschäftlichen Erklärungen für diese abgeben.

Etwaige Kenntnisse der Streithelfer waren der Beklagten nicht analog § 166 Abs. 2 BGB zuzurechnen. Ein Geschäftsherr muss sich entsprechend § 166 Abs. 1 BGB und mit Rücksicht auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch die Kenntnis eines Wissensvertreters zurechnen lassen. Wissensvertreter ist jeder, der nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherrn dazu berufen ist, im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei anfallenden Informationen zur Kenntnis zu nehmen sowie gegebenenfalls weiterzuleiten (BGH, Urteil vom 26.05.2020, VI ZR 186/17).

Die Streithelfer waren nicht in eine solche Art und Weise in die Organisation der Beklagten eingebunden.

Sie waren allein damit betraut, das Bauvorhaben zu planen und zu überwachen, damit die Schulgebäude mangelfrei errichtet werden konnten. Dazu gehörte nicht die Kenntnisnahme und Weiterleitung von Informationen, die zu Änderungen der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Bauunternehmerin und der Bauherrin führen konnten.

Die Klägerin durfte zudem nicht davon ausgehen, dass die Streithelfer etwaige Kenntnisse von der Problematik an die Beklagte weiterleiten würden. Denn die Streithelfer hatten das Leistungsverzeichnis verfasst und waren damit für die Wahl des missverständlichen Begriffes „Unterzug“ verantwortlich. Sie hätten sich bei einer Weiterleitung der Informationen an die Beklagte selbst belastet. Sie zeigten sich auch nicht einsichtig, sondern waren mit der Geltendmachung von Mehrkosten nicht einverstanden. In einer solchen Situation muss sich der Unternehmer an den Bauherrn selbst wenden.

Diese Frage ist ebenso zu beurteilen wie bei der Erteilung eines Bedenkenhinweises nach §§ 13 Abs. 3, 4 Abs. 1 Nr. 4 VOB/B. Auch mit einem Bedenkenhinweis muss sich der Unternehmer jedenfalls dann direkt an den Bauherrn wenden, wenn er Bedenken gegen Anordnungen oder Planungen des Architekten selbst hat (BGH, Urteil vom 19.12.1996, VII ZR 309/95; OLG Oldenburg, Urteil vom 15.10.1997, 2 U 178/97) oder der Architekt sich der Bedenkenanmeldung durch den Unternehmer verschließt (BGH, Urteil vom 19.01.1989, VII ZR 87/88; BGH, Urteil vom 19.12.1996, VII ZR 309/95; Senat, Urteil vom 24.05.2019, 1 U 71/18; OLG Düsseldorf, Baurecht 1995, 244, 245; OLG Celle, Urteil vom 21.10.2004, 14 U 26/04; OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.02.2013, 23 U 185/11; Ingenstau/Korbion/Wirth, VOB, 21. Aufl., § 13 Abs. 3 VOB/B, Rn. 78).

Ob der Beklagten ein Planungsverschulden der Streithelfer anzurechnen ist, ist unerheblich, weil die Klägerin nicht Schadensersatz geltend macht, sondern Werklohn.

dd) Auch Herr B1 war nicht für rechtsgeschäftliche Erklärungen für die Beklagte gegenüber der Klägerin bevollmächtigt. Die Klägerin durfte das auch nicht annehmen. In dem von dem Bürgermeister unterschriebenen Auftragsschreiben vom 06.08.2022 (Anlage B 1, AB) wird Herr B1 als Mitarbeiter im Gebäudemanagement bezeichnet. Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht ist mit einer solchen Position regelmäßig nicht verbunden.

Ob Wissen von Herrn B1 der Beklagten analog § 166 Abs. 2 BGB zuzurechnen wäre, kann offenbleiben.

Denn es steht nicht fest, dass er von den oben bezeichneten Umständen Kenntnis hatte.

ee) Schriftverkehr mit der Beklagten – oder auch nur mit den Streithelfern – aus dem Jahr 2009 legt die Klägerin nicht vor. Als einzige schriftliche Unterlage aus dem fraglichen Zeitraum legt sie das Protokoll der Baubesprechung vom 18.11.2009 (Anlage K 42, Bl. 448 d. A.) vor, in der Mehrkosten wegen längerer Schalungszeiten angekündigt wurden. Ob das Protokoll einem Vertreter der Beklagten zur Kenntnis gelangt ist, ist unbekannt. Das folgt nicht allein daraus, dass Herr B1 im Verteiler genannt wird.

Nach dem Vortrag der Klägerin sollen Mehrkosten dabei zum ersten Mal zur Sprache gebracht worden sein.

Das wäre erheblich nach dem Beginn der Betonarbeiten gewesen. Auch die Höhe der Mehrkosten wird in dem Protokoll nicht näher dargelegt. Es soll nachfolgend eine erste Kostenzusammenstellung vom 15.12.2009 gegeben haben. Auch eine solche legt die Klägerin nicht vor.

Die Klägerin beruft sich in erster Linie auf ihr Schreiben vom 13.04.2010 (Anlage BB 6, Bl. 1429R – 1430 d. A.), in dem angeführt wird, der Mehrbedarf und die Gründe dafür seien „Ihnen“ vor Ausführung der Arbeiten bekannt gemacht worden. Das Schreiben ist als solches nicht zum Beweis geeignet, weil es unstreitig nach dem Abschluss der Betonarbeiten verfasst worden ist. Ob und auf welche Weise die Vertreter der Beklagten Kenntnis erhalten haben sollen, ergibt sich daraus zudem nicht. Ob die Streithelfer die Darstellung bestritten haben, ist unerheblich. Auf solche vorprozessualen Vorgänge sind die prozessualen Regeln nicht anzuwenden.

ff) Nach den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin im Termin vom 04.02.2022 (insoweit nicht protokolliert) soll über die Frage gesprochen worden sein, nachdem die Anforderungen aus der Statik bekannt geworden waren. Es ist aber offengeblieben, mit wem gesprochen worden ist und wie genau die Angaben dabei waren.

gg) Es reicht nicht aus, wenn durch den Mehraufwand nunmehr ein „Stützenwald“ entstand, oder, dass die Dauer der Arbeiten sich verlängerte. Die Vertreter der Beklagten mussten keine Vorstellung davon haben, auf welche Weise oder mit welchem Aufwand die Klägerin die Unterzüge herstellen wollte. Sie konnten so nicht erkennen, ob sich etwas geändert hatte.

hh) Der Senat ist nach der Aussage des Zeugen K2 nicht überzeugt, dass Vertreter der Beklagten die notwendigen Informationen erhalten haben.

Der Zeuge K2 hat bekundet (Prot. v. 18.11.2022, S. 2 ff., Bl. 1540 ff. d. A.), es sei gegenüber dem bauleitenden Architekten Herrn F1 dargelegt worden, dass es zu Mehrkosten komme. Nach seiner Erinnerung sei Herr B1 auch im Thema gewesen. Herr B1 habe an Baubesprechungen teilgenommen und die Protokolle erhalten. Überwiegend sei mündlich gesprochen worden, es habe aber auch jede Menge Schriftverkehr gegeben. Mehrkosten sei widersprochen worden. Eine genaue Situation könne er nicht mehr erinnern. Das Schreiben vom 13.04.2010 habe er verfasst. Herr F1 habe einmal handschriftlich eine Zahl notiert, die zur Lösungsfindung habe dienen sollen. Das habe aber nicht zu einer Einigung geführt.

Die Aussage ist weder für sich noch im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 13.04.2010 glaubhaft. Es fehlen Realkennzeichen für die Aussage, dass Herr K2 oder ein anderer Vertreter der Klägerin mit Herrn B1 über die Mehrkosten und deren Ursachen gesprochen haben. Herr K2 konnte keine konkrete Situation schildern, in der es zu einem solchen Gespräch gekommen sein soll.

Herr K2 schränkte seine Aussage teilweise dahin ein, dass er aufgrund des Schriftverkehrs davon ausgehe, Herr B1 sei informiert gewesen, Herr B1 sei verschiedentlich auf der Baustelle gewesen und habe das Thema wahrgenommen oder man sei zwar bei Baubesprechungen teilweise in verschiedenen Gruppen über die Baustelle gegangen, er gehe aber davon aus, dass das Thema unter anderem Herrn B1 bekannt gewesen sei (Prot. v. 18.11.2022, S. 2, 3, Bl. 1540, 1541 d. A.). Danach kann nicht ausgeschlossen werden, dass Herr K2 nur aufgrund der auf der Baustelle geführten Gespräche darauf schließt, dass auch Herr B1 informiert gewesen sei. Im Übrigen ist nicht glaubhaft, dass es eine große Anzahl von Schreiben aus dem Jahr 2009 zu dem Problem gab. Die Klägerin hat solche Schreiben, wie gesagt, nicht vorgelegt.

Die Aussage wird nicht dadurch glaubhaft, dass Herr K2 bekundet hat, er habe das Schreiben vom 13.04.2010 verfasst und die darin aufgeführten Punkte seien seinerzeit angesprochen worden. Das ersetzt nicht die fehlende Erinnerung daran, in welcher Situation mit wem ein solches Gespräch geführt worden sein soll.

Ob der Streithelfer Herr F1 einmal mit dem Ziel einer Einigung eine Zahl notiert hat, ist unerheblich. Ihm fehlte jedenfalls die Vertretungsmacht für die Beklagte. Im Übrigen fehlt zu einem solchen Vorgang Vortrag der Klägerin.

d) Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht nach den Regelungen des § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B. Sie hat nicht dargelegt, jedenfalls nicht bewiesen, dass ein Vertreter der Beklagten die geänderte Leistung anerkannt hat oder die geänderte Leistung einem Vertrete der Beklagten unverzüglich angezeigt worden ist.

Das würde wiederum ein Bewusstsein einer geänderten Leistung bei einem Vertreter der Beklagten voraussetzen. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.

e) Abgesehen von dem fehlenden Anspruchsgrund hat die Klägerin auch die Höhe des Anspruchs nicht plausibel dargelegt.

aa) Ein erheblicher Teil der Mehrkosten soll dadurch entstanden sein, dass die Klägerin die Schalungen für die Unterzüge nicht mehrmals verwenden konnte, weil die nicht selbsttragenden Unterzüge abgestützt werden mussten. Die Klägerin durfte bei ihrer Kalkulation allerdings nicht von einer mehrfachen Verwendung der Schalung ausgehen.

In den zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen ist geregelt, dass es sich bei den Stahlbetonarbeiten um Raumtragewerke handelt, die Tragkraft erst nach der Abbindezeit für das gesamte Raumtragewerk erreicht wird und die Ausschalung von Wänden und Decken z. T. mit erheblicher Zeitverzögerung stattfinden kann und nur in Abstimmung mit dem Statikbüro durchzuführen ist (S. 2, Anlage B1, AB). Die Klägerin musste danach damit rechnen, dass die Schalung länger vorgehalten werden musste, nämlich bis der Statiker das Ausschalen genehmigte.

Es handelt sich dabei nicht vornehmlich um eine technische Frage, sondern um die Auslegung der Vertragsbedingungen. Es ist deswegen nicht erheblich, dass die Sachverständige im Termin vom 18.11.2022 ausgeführt hat, bei normalen Abbindezeiten habe die Schalung öfter verwendet werden können. Ein früheres Ausschalen sei mit Zustimmung des Statikers möglich. Nach der Abbindezeit sei die Zustimmung nicht notwendig (Prot. S. 6 f, Bl. 1543 f. d. A.). Die Sachverständige hat damit nur ein übliches Vorgehen auf einer Baustelle geschildert. In den zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen wurde aber gerade klargestellt, dass mit Zeitverzögerungen zu rechnen war. Die Klägerin hätte deswegen nicht ohne Nachfrage den üblichen Bauablauf ihrer Kalkulation zugrunde legen dürfen. Das gilt auch dann, wenn der Begriff des Raumtragewerks im Betonbau nicht üblich ist (Prot. v. 18.11.2022, S. 7, Bl. 1545 d. A.). Ein solcher erkennbarer Widerspruch hätte erst recht zu der Nachfrage führen müssen, was gemeint war.

Nach der Aussage des Zeugen K2 gibt es sogar einen Anhaltspunkt dafür, dass die von der Klägerin geltend gemachte Problematik ihre Ursache darin hatte, dass sie den Hinweis in den besonderen technischen Vertragsbedingungen nicht beachtet hat. Er hat bekundet, es habe sich herausgestellt, dass die Tragfähigkeit nur durch das Gesamtwerk, nämlich die Unterzüge und das Dach, habe hergestellt werden können (Prot. v. 18.11.2022, S. 4, Bl. 1542 d. A.). Das deutet auf den in den Vertragsbedingungen beschriebenen Umstand, hin, dass die Tragkraft erst nach Fertigstellung und Abbindezeit des gesamten Raumtragewerks erreicht wird.

bb) Ein Teil der Mehrkosten soll dadurch entstanden sein, dass das Aufmauern der tragenden Wände zwischen der Abfangung der Unterzüge erschwert gewesen sei und sich unter anderem dadurch eine Bauzeitverzögerung ergeben habe. Diese Kosten wären vermeidbar gewesen, wenn vor der Herstellung der Unterzüge die Wände gemauert worden wären. Nach den Ausführungen der Sachverständigen hätte das Vorgehen in anderer Reihenfolge auch bei der Annahme, dass die Klägerin zunächst von freitragenden Bauteilen ausgehen durfte, nur zu Mehrkosten von 752,47 Euro netto geführt (EGA v. 11.02.2020, S. 14).

Die von der Klägerin gewählte Reihenfolge war nicht im Leistungsverzeichnis vorgeschrieben. Aus ihm ergibt sich keine bestimmte Reihenfolge der Arbeiten. Eher ergibt sich, dass die Wände größtenteils vor der Erstellung der Decken hergestellt werden sollten. Auf die gegenteiligen Ausführungen der Sachverständigen (Prot. v. 12.02.2021, S. 3 f., Bl. 1021 f. d. A.) kommt es nicht an, weil es sich nicht um technische Fragen handelt. Die Auslegung des Leistungsverzeichnisses ist eine Rechtsfrage. Es kommt für die Auslegung auch nicht darauf an, ob die Rechtsanwälte der Beklagten im Nachhinein geäußert haben, die Vorgehensweise der Klägerin sei richtig gewesen.

Für die Positionen, die die Herstellung der tragenden Innenwände vorsahen, war jeweils eine Zulage für das spätere Mauern der letzten Schichten vorgesehen (Pos. 3.2.1.210 und 3.2.1.240, 3.2.1.270 und 3.2.1.290, 4.2.1.260 und 4.2.1.290, 4.2.1.320 und 4.2.1.340, 4.2.1.360 und 4.2.1.380 des LV). Bei der gebotenen Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont ergab sich daraus, dass die tragende Innenwand bereits mit Ausnahme der letzten Schichten hergestellt sein sollte, bevor die Stahlbetondecke hergestellt wurde, denn sonst hätte es nicht der Beschreibung „später“ bedurft, die eine Unterbrechung der Arbeiten nahelegt.

Hätten erst die Decken und danach die Wände hergestellt werden sollen, hätte es keines Zusatzes, der auf eine Unterbrechung der Arbeiten hinweist, bedurft.

Dass das Aufmauern der Wände vor den Betonarbeiten geplant war, ergibt sich aus den Bauzeitplänen. So sah etwa der Plan der Beklagten (Anlage B 13, Bl. 490 d. A.) das Aufmauern von Wänden im Untergeschoss für die 37./38. Kalenderwoche, das Herstellen der Stahlbetondecke jedoch erst für die 38./39. Kalenderwoche vor. Im Erdgeschoss sollte das Aufmauern der Wände in der 40./41. Kalenderwoche erfolgen, das Herstellen der Decken in der 42. Kalenderwoche. Ähnliches ergibt sich aus dem von der Klägerin erstellten Bauzeitplan vom 21.09.2009 (Bl. 1039 ff. d. A.). Danach hätte etwa das Aufmauern der Wände im Untergeschoss bis zur 39. Kalenderwoche dauern sollen, das Herstellen der Decke hätte in der 38./39. Kalenderwoche geschehen sollen. Der Ablauf der Herstellung von Mauerwerk und Decke im Erdgeschoss hätte nicht verändert werden sollen. Außerdem war zu einem späteren Zeitpunkt die Herstellung restlichen Ziegelmauerwerks vorgesehen, wobei es sich um das Aufmauern der letzten Schichten handeln dürfte.

Dieser Auslegung des Leistungsverzeichnisses und der Bauzeitpläne hat die Klägerin in der Stellungnahme zum Hinweisbeschluss vom 18.02.2022 ausdrücklich zugestimmt. Soweit sie geltend gemacht hat, die von ihr – danach frei gewählte – Vorgehensweise sei der Beklagten bekannt gewesen, ist das unerheblich.

Abgesehen davon, dass unklar geblieben ist, ob für die Beklagte Vertretungsberechtigte Kenntnis hatten, kann aus dem bloßen Umstand, dass dem Bauherrn eine vom Unternehmer frei gewählte Reihenfolge der Arbeiten bekannt ist, kein Mehrkostenanspruch erwachsen.

Die Klägerin hat auf den Hinweisbeschluss vom 18.02.2022 nicht dargelegt, welche Mehrkosten entstanden wären, wenn sie zunächst die Wände gemauert hätte, oder, aus welchem Grund eine solche Reihenfolge nicht möglich gewesen sein soll, als ihr die Anforderungen aus der Statik bekannt wurden. Dabei ist von Bedeutung, dass bereits im Untergeschoss der Sporthalle (Titel 3.1.1) Unterzüge vorgesehen waren und aus den Anforderungen der Statik an sie Rückschlüsse für die Ausführung der Unterzüge jedenfalls im Obergeschoss der Sporthalle hätten gezogen werden müssen.

Die Klägerin hat nur geltend gemacht, dass sich die Mehrkosten auf das Mauern der letzten Schichten bezögen. Eine solche Einschränkung geht weder aus dem Nachtrag 6 noch aus ihrem Vortrag in diesem Rechtsstreit hervor. Im Gegenteil geht die Vorbemerkung des Nachtrags (Ziff. 3 der Beschreibung des Mehraufwands, S. 2) offensichtlich von der Herstellung des gesamten unter den Unterzügen angeordneten Mauerwerks aus. Außerdem ist unstreitig, dass die Klägerin die gesamten Wände erst nach der Herstellung der Unterzüge aufgemauert hat. Sie selbst spricht von einem „Stützenwald„, der auf der Baustelle entstanden sei.

2. Mehrkosten nach dem Nachtrag 7 für eine Beschleunigung des Bauablaufes stehen der Klägerin nicht zu.

Tatsächlich ist eine relevante Beschleunigung des Bauablaufes nicht erfolgt. Zumindest fehlt es an einer der Beklagten zurechenbaren Beschleunigungsanordnung.

a) Die Klägerin macht mit dem Nachtrag 7 Mehrkosten dafür geltend, dass die Betonarbeiten bis Weihnachten 2009 fertigzustellen waren. Das war zwischen den Parteien indes bereits im Vertrag vom 06./20.08.2009 vereinbart worden.

aa) Das dem Vertrag zugrunde liegende Leistungsverzeichnis enthielt in der Vorbemerkung bereits einen groben Bauzeitplan, nach dem die wesentlichen Teile der Rohbauarbeiten bis Dezember 2009 beendet sein sollten (S. 4 der Vorbemerkungen, Anlage B 1, AB). Aus dem für die Ausbaugewerke vorgesehenen Leistungsbeginn ist zu erkennen, dass das Bauwerk zu diesem Zeitpunkt bereit für den Einbau der Fenster und ab da geschlossen für den Beginn des Innenausbaus sein musste. Nach den Ausführungen der Sachverständigen (1. EGA v. 11.02.2020, S. 22) ist daraus jedenfalls zu schließen, dass die Betonarbeiten abgeschlossen sein mussten. Die Herstellung der Sohle, der Außenwände sowie der Decken war notwendig, um einen geschlossenen Bau zu erreichen.

bb) Die Überschrift des Nachtrags ist nicht missverständlich. Er enthält das, was mit der Überschrift angekündigt wird, nämlich Kosten für die Fertigstellung der Betonarbeiten bis Dezember 2009, die indes bereits ursprünglich vertraglich geschuldet war. Die beiden Positionen weisen Schalarbeiten und die Zuteilung eines zweiten Poliers jeweils bis zum 18.12.2009 aus. Es ging somit nicht um die Fertigstellung der Betonarbeiten innerhalb eines verkürzten, vor Dezember 2009 endenden Zeitraums. Das entspricht auch dem durchgehenden Vortrag der Klägerin.

Insofern kann sich die Klägerin nicht auf die Ausführungen der Sachverständigen in dem Ergänzungsgutachten vom 11.02.2020 (S. 21 – 23) stützen. Zwar heißt es dort, nach einem geänderten Bauzeitenplan hätten die Betonarbeiten bis Oktober 2009 statt bis Weihnachten fertiggestellt sein sollen.

Der Senat verkennt auch nicht, dass die Sachverständige im Termin vom 18.11.2022 erklärt hat, aufgrund einer Verkürzung des Zeitraums für die Betonarbeiten auf den 04.11.2009 habe schneller gearbeitet werden müssen (Prot. S. 6, Bl. 1544 d. A.). Das entspricht nicht dem Vortrag der Klägerin. Sie hat in dem Nachtrag keine Kosten für die Fertigstellung der Betonarbeiten bis zum 04.11.2009 kalkuliert.

cc) Eine Verkürzung des ursprünglich vertraglich vorgesehenen Leistungszeitraums scheidet auch wegen des in dem in den Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis enthaltenen Bauzeitplan vorgesehenen Beginns der Zimmerer- und Dacharbeiten im November 2009 aus. Die Klägerin musste erkennen, dass die Wände und Decken bis dahin fertiggestellt sein mussten.

Die Klägerin hatte nach dem Leistungsverzeichnis (Pos. 1.2.1) ein Gerüst für die Folgegewerke nach Erstellung der Rohbauarbeiten zu erstellen. Das Gerüst war unter anderem für Arbeiten am Dach notwendig. Die Aufstellung des Gerüsts setzte voraus, dass der Rohbau bereits stehen musste, jedenfalls die Wände, an denen das Gerüst aufzustellen war.

Der Beginn der Arbeiten an dem Dachstuhl und dem Dach setzt voraus, dass zu diesem Zeitpunkt der Rohbau soweit steht, dass das Dach darauf errichtet werden kann. Auch das setzt die Fertigstellung der Wände und der Decken voraus.

b) Im Übrigen fehlte selbst im Falle einer relevanten Baubeschleunigung für einen Anspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B eine rechtsgeschäftliche Anordnung eines Vertreters der Beklagten. Die von der Klägerin herangezogenen Bauzeitpläne sind ihr von den Streithelfern übergeben worden. Diese waren nicht für rechtsgeschäftliche Erklärungen im Namen der Beklagten bevollmächtigt.

3. Das Urteil des Landgerichts ist in Höhe von 71.613,64 Euro rechtskräftig geworden. Insoweit hat die Beklagte das Urteil nicht angegriffen. In Höhe von insgesamt 354.997,98 Euro war die Klage abzuweisen. In Höhe der Differenz von 409,84 Euro zu dem vom Landgericht ausgeurteilten Betrag von 427.021,46 Euro war die Beklagte zur Zahlung zu verurteilen.

Der von der Beklagten angegebene Zahlbetrag von 123.724,23 Euro beruht auf einem offensichtlichen Rechenfehler. Dieser Betrag ergibt sich, wenn man den von der Beklagten angegriffenen Betrag von 355.407,82 Euro von der ursprünglichen Klagesumme von 479.132,05 Euro abzieht. Tatsächlich ist von der Höhe der Verurteilung auszugehen. Der Antrag der Beklagten ist dahin auszulegen, dass sie in erster Linie die Klagabweisung in Höhe von 355.407,82 Euro anstrebt, nicht die Verurteilung zur Zahlung von 123.724,23 Euro.

Im Übrigen käme eine Verurteilung in dieser Höhe nicht in Betracht, weil die Klägerin die teilweise Klageabweisung durch das Landgericht nicht angegriffen hat.

Die Klage ist in Höhe von 301.780,25 Euro brutto (253.596,85 Euro netto) abzuweisen, weil der Klägerin kein weiterer Werklohn nach dem Nachtrag 6 zusteht. Diesen Betrag hat das Landgericht seiner Verurteilung zugrunde gelegt. Das Landgericht hat sich für die Höhe des Betrages auf das Gutachten der Sachverständigen gestützt (Urt. S. 42, 44), die diesen Betrag ermittelt hatte (GA v. 07.03.2017, S. 97). Bei dem vom Landgericht auch genannten Betrag von 253.941,25 Euro netto (Urt. S. 43) handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler.

Die Beklagte ist bei der Berechnung des angegriffenen Betrages von dem letzteren Betrag ausgegangen.

Der Angriff ist daher um 409,84 Euro brutto (344,40 Euro netto) zu hoch. In dieser Höhe ist ihre Berufung unbegründet. Sie war entsprechend zur Zahlung weiteren Werklohns nebst Zinsen zu verurteilen. Wegen der Verurteilung zur Zinszahlung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, das von der Beklagten insoweit nicht angegriffen worden ist.

Die Klage ist in Höhe weiterer 53.217,73 Euro brutto (44.720,78 Euro netto) zurückzuweisen, weil der Klägerin kein weiterer Werklohn nach dem Nachtrag 7 zusteht. Das Landgericht hat diesen Betrag seiner Verurteilung zugrunde gelegt.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 101 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht angezeigt, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Es handelt sich um eine Entscheidung im Einzelfall. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind geklärt.

BGH zu der Frage, dass das Gericht die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen kann, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist

BGH zu der Frage, dass das Gericht die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen kann, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist

vorgestellt von Thomas Ax

1. Gemäß § 412 Abs. 2 ZPO kann das Gericht die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist. In diesem Fall darf ungeachtet des Wortlauts des § 412 Abs. 2 ZPO („kann“) das Gutachten des abgelehnten Sachverständigen grundsätzlich nicht mehr verwertet werden.
2. Die erfolgreiche Ablehnung des Sachverständigen steht der Verwertbarkeit seines Gutachtens jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Partei, die sich auf die Befangenheit des Sachverständigen beruft, den Ablehnungsgrund in rechtsmissbräuchlicher Weise provoziert hat und gleichzeitig kein Anlass zu der Besorgnis besteht, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen schon bei Erstellung seiner bisherigen Gutachten beeinträchtigt gewesen ist (Anschluss an BGH, IBR 2007, 530).

BGH, Urteil vom 05.12.2023 – VI ZR 34/22
vorhergehend:
OLG Koblenz, 29.12.2021 – 5 U 1484/21
LG Koblenz, 29.07.2021 – 1 O 363/18

Tatbestand:

1

Die Klägerin nimmt die Beklagte nach ärztlicher Behandlung auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Der Sachverständige hat sein schriftliches Gutachten vom 5. Juli 2020 im Verhandlungstermin vor dem Landgericht am 4. Februar 2021 mündlich erläutert. Die Klägerin hat den Sachverständigen im Termin als befangen abgelehnt und dies anschließend in einem Schriftsatz begründet. Mit Schreiben vom 18. April 2021 hat der Sachverständige dazu Stellung genommen. Daraufhin hat die Klägerin ihr Befangenheitsgesuch mit einem neuen Schriftsatz auch darauf gestützt, dass der Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 18. April 2021 in unangemessener Weise Kritik am Befangenheitsantrag sowie an ihrem Prozessbevollmächtigten und dessen Verhalten in der mündlichen Verhandlung geübt habe. Das Landgericht hat das Gesuch der Klägerin, den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Oberlandesgericht (4. Zivilsenat) den Beschluss des Landgerichts abgeändert und das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen für begründet erklärt. Es hat ausgeführt, dass dahinstehen könne, ob die zunächst geltend gemachten Gründe rechtzeitig angebracht worden seien, da es jedenfalls zu diesem Zeitpunkt an einem Befangenheitsgrund gemangelt habe. Jedoch habe der Sachverständige mit seiner Stellungnahme vom 18. April 2021 die Grenzen der gebotenen Neutralität und Sachlichkeit überschritten, indem er das Prozessverhalten und die Persönlichkeitsstruktur des Klägervertreters analysiert und negativ bewertet habe.

3

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht (5. Zivilsenat) hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Berufungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4

Das Berufungsgericht hat – soweit im vorliegenden Zusammenhang relevant – ausgeführt, dass die Klägerin einen Behandlungsfehler oder eine fehlerhafte Aufklärung nicht nachgewiesen habe. Das Gutachten des Sachverständigen vom 5. Juli 2020 und das Ergebnis der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens vom 4. Februar 2021 seien weiterhin verwertbar. Das Landgericht sei nicht verpflichtet gewesen, ein neues Gutachten eines anderen Sachverständigen einzuholen. Da der Sachverständige und der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vor der Erstellung des Gutachtens nicht aufeinandergetroffen seien und somit kein Anlass für den Sachverständigen bestanden habe, das Verhalten des klägerischen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung zu bewerten und zu kritisieren, bestehe auch aus Sicht einer vernünftig denkenden Partei kein Anlass zu der Besorgnis, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen schon bei der Erstellung des Gutachtens beeinträchtigt gewesen sei. Darüber hinaus sei das Ablehnungsgesuch der Klägerin gegen den Sachverständigen rechtsmissbräuchlich, weil sie damit verfahrensfremde Zwecke verfolge. Ablehnungsanträge, welche ausschließlich zur Prozessverschleppung oder zur Verfolgung anderer verfahrensfremder Zwecke gestellt würden, seien aufgrund fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig. Im vorliegenden Fall sei die Verfolgung verfahrensfremder Zwecke aus dem Prozessverlauf ersichtlich.

5

Ein neues Sachverständigengutachten müsse nicht deshalb eingeholt werden, weil der Sachverständige die Beantwortung entscheidungserheblicher Fragen verweigert habe oder dessen angeblich widersprüchliche Aussagen hätten aufgeklärt werden müssen. Der Sachverständige müsse auch nicht erneut zur Erläuterung seines Gutachtens geladen werden. Ein Behandlungsfehler sei nicht nachgewiesen.

II.

6

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht keine Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen angeordnet (§ 412 Abs. 2 ZPO) und seine Entscheidung auf die Ausführungen des abgelehnten Sachverständigen gestützt hat.

7

1. Gemäß § 412 Abs. 2 ZPO kann das Gericht die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist. In diesem Fall darf ungeachtet des Wortlauts des § 412 Abs. 2 ZPO („kann“) das Gutachten des abgelehnten Sachverständigen grundsätzlich nicht mehr verwertet werden (vgl. Ahrens in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 406 Rn. 8, § 412 Rn. 29; Anders/Gehle, ZPO, 82. Aufl., § 412 Rn. 1; Huber in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl., § 406 Rn. 18, § 412 Rn. 2; Berger in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 406 Rn. 66; BeckOK ZPO/Scheuch, 50. Ed. 1.9.2023, § 406 Rn. 39; Siebert in Saenger, ZPO, 10. Aufl., § 406 Rn. 16, § 412 Rn. 7; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 406 Rn. 15, § 412 Rn. 3; Katzenmeier in Prütting/Gehrlein, ZPO, 15. Aufl., § 412 Rn. 2).

8

2. Gründe für eine Ausnahme von dieser Regel liegen nicht vor.

9

a) Das Berufungsgericht hat nicht annehmen dürfen, dass das Ablehnungsgesuch der Klägerin unzulässig sei.

10

aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass das Ablehnungsgesuch der Klägerin gegen den Sachverständigen rechtsmissbräuchlich sei, weil sie damit verfahrensfremde Zwecke verfolge. Ablehnungsanträge, welche ausschließlich zur Prozessverschleppung oder zur Verfolgung anderer verfahrensfremder Zwecke gestellt würden, seien aufgrund fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig. Die Verfolgung verfahrensfremder Zwecke sei aus dem Prozessverlauf ersichtlich. In ihrer Stellungnahme zum Sachverständigengutachten habe sich die Klägerin noch einige seiner Aussagen zu eigen gemacht und lediglich die fehlerhafte Zugrundelegung eines falschen Sachverhalts gerügt. Als der Sachverständige jedoch bei seinen der Klägerin ungünstigen Feststellungen geblieben sei, sei der Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit angebracht worden. Danach sei offensichtlich, dass die Klägerin die ihr unliebsame Folge der Beweisaufnahme dadurch zu umgehen versucht habe, durch die Ablehnung des Sachverständigen die Einholung eines neuen Gutachtens zu erreichen. Diese unzulässige, weil rechtsmissbräuchliche Prozesstaktik bzw. dieses Ziel ergebe sich schließlich auch aus der Berufungsbegründung, in der die Klägerin mitgeteilt habe, sie hätte ein eigenes Gutachten eingeholt, wenn das Landgericht – statt direkt die Klage abzuweisen – darauf hingewiesen hätte, dass es das Sachverständigengutachten verwerten wolle.

11

bb) Diese Beurteilung des Berufungsgerichts widerspricht der Bindungswirkung der im Ablehnungsverfahren getroffenen Entscheidung. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat ein anderer Zivilsenat des Oberlandesgerichts das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen für begründet erklärt. Diese Entscheidung unterliegt gemäß § 512, § 406 Abs. 5 ZPO nicht der Beurteilung des Berufungsgerichts, das an sie gebunden ist.

12

cc) Im Übrigen trägt der Verfahrensablauf nicht die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass das Ablehnungsgesuch der Klägerin gegen den Sachverständigen rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Das Prozessverhalten der Klägerin stellt entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts keine rechtsmissbräuchliche Prozesstaktik dar, um eine unliebsame Folge der Beweisaufnahme zu umgehen, sondern die Wahrnehmung eines prozessualen Rechts. Denn es steht einer Partei frei, vom Ablehnungsrecht (§ 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO) in den durch § 406 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 ZPO bestimmten zeitlichen Grenzen Gebrauch zu machen.

13

b) Zwar steht die erfolgreiche Ablehnung des Sachverständigen der Verwertbarkeit seines Gutachtens jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Partei, die sich auf die Befangenheit des Sachverständigen beruft, den Ablehnungsgrund in rechtsmissbräuchlicher Weise provoziert hat und gleichzeitig kein Anlass zu der Besorgnis besteht, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen schon bei Erstellung seiner bisherigen Gutachten beeinträchtigt gewesen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 2007 – VII ZB 18/06, NJW-RR 2007, 1293 Rn. 12; Ahrens in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 406 Rn. 8; Siebert in Saenger, ZPO, 10. Aufl., § 406 Rn. 16; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 406 Rn. 15). Die Entscheidung über die Frage der weiteren Verwertbarkeit ist nicht mehr Teil des Ablehnungsverfahrens. Ein Ablehnungsgesuch ist ein einheitlich zu behandelnder Antrag, der entweder insgesamt zurückzuweisen ist oder zur Feststellung der Befangenheit des Abgelehnten führt. Welche Folgen die erfolgreiche Ablehnung insbesondere im Hinblick auf die bisherige Mitwirkung des abgelehnten Sachverständigen hat, ist vom Gericht im Rahmen seiner Entscheidung, welche Beweise noch zu erheben sind, zu beurteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 2007 – VII ZB 18/06, NJW-RR 2007, 1293 Rn. 11).

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aa) Allerdings hat das Berufungsgericht schon keine Feststellungen getroffen, aus denen sich ergibt, dass die Klägerin den Ablehnungsgrund in rechtsmissbräuchlicher Weise provoziert hat.

15

bb) Zudem hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft angenommen, es bestehe kein Anlass zu der Besorgnis, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen schon bei Erstellung seiner bisherigen Gutachten beeinträchtigt gewesen sei.

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(1) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe zunächst weder in der Vorbereitung oder in der Begutachtung an sich noch in der schriftlichen Ausarbeitung des Sachverständigen vom 5. Juli 2020 einen Ablehnungsgrund gesehen. Ein Ablehnungsgesuch sei erst nach der mündlichen Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 4. Februar 2021 angebracht worden. Zwar habe ein anderer Senat des Oberlandesgerichts das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt. Allerdings habe dieser eindeutig zwischen dem Verhalten des Sachverständigen bei der Begutachtung und seiner anschließenden schriftlichen Stellungnahme vom 18. April 2021 zum Befangenheitsantrag differenziert und ausgesprochen, dass ein Befangenheitsgrund erst mit seiner Stellungnahme gegeben sei. Er habe herausgearbeitet, dass es zum Zeitpunkt des Befangenheitsgesuchs an einem Befangenheitsgrund gemangelt habe. Daraus ergebe sich, dass Fehlverhaltensweisen des Sachverständigen bei der Vorbereitung der Begutachtung oder der Begutachtung selbst, die eine Ablehnung rechtfertigen könnten, hier nicht vorlägen. Es sei folglich nicht rechtsfehlerhaft gewesen, dass das Landgericht das schriftliche Gutachten und dessen mündliche Erläuterung verwertet habe. Die Ausführungen des Sachverständigen hätten vor dem 18. April 2021 gelegen. Erst ab diesem Zeitpunkt wäre eine Fortsetzung der Tätigkeit des Sachverständigen nicht mehr hinnehmbar gewesen, weil er sich dem Prozessbevollmächtigten gegenüber unsachlich geäußert habe. Da der Sachverständige und der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vor der Erstellung des Gutachtens nicht aufeinandergetroffen seien und somit kein Anlass für den Sachverständigen bestanden habe, das Verhalten des klägerischen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung zu bewerten und zu kritisieren, worauf allein der Befangenheitsgrund im weiteren Schriftsatz der Klägerin gestützt sei, bestehe auch aus der Sicht einer vernünftig denkenden Partei kein Anlass zur Besorgnis, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen schon bei der Erstellung des Gutachtens beeinträchtigt gewesen sei.

17

(2) Aus diesen Erwägungen des Berufungsgerichts ergibt sich zunächst nur, was die Klägerin im Sinne von § 406 Abs. 1 Satz 1, § 42 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO als Grund, der geeignet gewesen ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen (Befangenheitsgrund), geltend gemacht hat und was als Befangenheitsgrund angenommen worden ist. Soweit das Berufungsgericht anschließend meint, es bestehe kein Anlass zur Besorgnis, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen schon bei Erstellung des Gutachtens beeinträchtigt gewesen sei, beschränkt es sich auf den Hinweis, dass der Sachverständige und der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vor der Erstellung des Gutachtens nicht aufeinandergetroffen seien und somit kein Anlass für den Sachverständigen bestanden habe, das Verhalten des klägerischen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung zu bewerten und zu kritisieren. Das Berufungsgericht verhält sich jedoch nicht näher dazu, ob die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen bereits zuvor beeinträchtigt gewesen sein könnte. Daraus, dass eine (mögliche) Beeinträchtigung der Unvoreingenommenheit sich nicht schon früher offenbart hat, folgt nicht, dass eine solche auch nicht vorgelegen hat. Die zur Befangenheit des Sachverständigen führende Kritik am klägerischen Prozessbevollmächtigten betraf insoweit hier gerade auch dessen Verhalten in der mündlichen Verhandlung, anlässlich derer sich der Sachverständige gutachterlich geäußert hatte. Deshalb ist die Annahme nicht gerechtfertigt, dass aus Sicht einer vernünftig denkenden Partei kein Anlass zur Besorgnis bestand, die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen könne schon bei seinen mündlichen Ausführungen in der Verhandlung beeinträchtigt gewesen sein.

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c) Schließlich kann offenbleiben, ob – wie die Revisionserwiderung meint – trotz erfolgreicher Ablehnung eines Sachverständigen die Verwertbarkeit seines Gutachtens auch dann in Betracht kommt, wenn die Partei, die sich auf die Befangenheit des Sachverständigen beruft, den Ablehnungsgrund nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise provoziert hat. Denn auch dann käme die Verwertung des Gutachtens jedenfalls nur in Betracht, wenn kein Anlass zu der Besorgnis besteht, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen schon bei dessen Erstellung (und ggf. Erläuterung) beeinträchtigt gewesen ist. Dies ist hier nicht der Fall.

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3. Das Berufungsurteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

OLG München zu der Frage, dass sich die Höhe der Vergütung für eine zusätzliche Leistung i.S.v. § 2 Abs. 6 VOB/B nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge bemisst

OLG München zu der Frage, dass sich die Höhe der Vergütung für eine zusätzliche Leistung i.S.v. § 2 Abs. 6 VOB/B nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge bemisst

vorgestellt von Thomas Ax

1. Das Schweigen des Auftraggebers auf ein Nachtragsangebot des Auftragnehmers gilt – auch im kaufmännischen Geschäftsverkehr – nicht als Annahme des Nachtragsangebots.
2. Die Höhe der Vergütung für eine zusätzliche Leistung i.S.v. § 2 Abs. 6 VOB/B bemisst sich nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge, wenn sich die Parteien nicht über die Nachtragshöhe einigen können.
3. Der Auftragnehmer muss substanziiert zu den tatsächlich angefallenen Mehrkosten vortragen. Das gilt auch dann, wenn der Auftragnehmer mit seinem einen Nachunternehmer einen Pauschalpreisvertrag geschlossen hat, der auch andere Arbeiten umfasst.
OLG München, Beschluss vom 03.02.2023 – 28 U 5927/22 Bau
vorhergehend:
OLG München, Beschluss vom 19.12.2022 – 28 U 5927/22 Bau
LG München II, 31.08.2022 – 3 O 860/20 Bau
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 25.10.2023 – VII ZR 44/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Restwerklohn in Anspruch.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird zunächst auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München II vom 31.08.2022 Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von Restwerklohn in Höhe von 29.084,11 Euro nebst Zinsen sowie außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren i.H.v.1.141,90 Euro verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (die Klägerin hatte zuletzt die Verurteilung der Beklagten zu einer Zahlung i.H.v. 165.931,97 Euro nebst Zinsen sowie außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 3.039,50 Euro beantragt).

Hinsichtlich der Antragstellung erster Instanz wird auf den Tatbestand und hinsichtlich der Begründung des Ersturteils wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen landgerichtlichen Urteils sowie auf die zusammenfassende Darstellung in der Senatsverfügung vom 19.12.2022 unter Gliederungspunkt I. Bezug genommen.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung die Verurteilung der Beklagten, soweit ihrer Klage nicht in erster Instanz stattgegeben wurde, weiter. Wegen der Berufungsrügen der Klägerin wird auf die zusammenfassende Darstellung in der Senatsverfügung vom 19.12.2022 unter Gliederungspunkt II. Bezug genommen.

Im Berufungsverfahren beantragt die Klägerin zuletzt:

1. Das am 31.08.2022 verkündete Urteil des Landgerichts München II unter dem Aktenzeichen 3 O 860/20 wird, soweit es der Klage nicht stattgegeben hat, abgeändert und die Beklagte dazu verurteilt an die Klägerin weitere 136.847,97 EUR nebst Zinsen aus 132.507,21 EUR i.H.v. 8%-Punkten über dem Basiszinssatz ab 20.10.2019, sowie Zinsen aus 4.340,65 Euro i.H.v. 8%-Punkten über den Basiszinssatz ab 18.07.2018 zu zahlen.

2. Das am 31.08.2022 verkündete Urteil des Landgericht München II unter dem Aktenzeichen 3 O 860/20 wird, soweit es der Klage nicht stattgegeben hat, abgeändert und die Beklagte dazu verurteilt an die Klägerin weitere außergerichtliche Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von 1.897,60 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt im Berufungsverfahren,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Wegen der Stellungnahme der Beklagten zur Berufung der Klägerin wird auf die zusammenfassende Darstellung in der Senatsverfügung vom 19.12.2022 unter Gliederungspunkt III. Bezug genommen.

Der Senat hat mit Verfügung vom 19.12.2022 darauf hingewiesen, dass und warum er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Hierzu ging fristgemäß eine Gegenerklärung der Klägerin vom 16.01.2023 ein.

Auf die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren wird im Übrigen Bezug genommen.

II.

Die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts München II vom 31.08.2022, Aktenzeichen 3 O 860/20 Bau, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Zur Begründung wird zunächst auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 19.12.2022 Bezug genommen.

Die Ausführungen in der Gegenerklärung vom 16.01.2023 geben zu einer Änderung keinen Anlass.

Hierzu ist Folgendes auszuführen:

1. Vergütung für die Leistungen aus dem Nachtragsangebot Nr. 15 (94.714,00 Euro netto)

Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klägerin in ihrer Gegenerklärung haben die Berufungsrügen der Klägerin, mit denen diese sich dagegen wendet, dass das Landgericht ihr keine Vergütung für Leistungen aus dem Nachtragsangebot Nr. 15 zugesprochen hat, keine Aussicht auf Erfolg.

a) Nachdem die Parteien im vorliegenden Fall keinen BGB-Vertrag, sondern einen VOB-Vertrag geschlossen haben, gehen die Ausführungen in der Gegenerklärung, wonach sich die Höhe der Vergütung gem. § 632 Abs. 2 BGB an der taxmäßigen Vergütung und in Ermangelung einer solchen an der üblichen Vergütung bemesse, ins Leere.

Die Parteien haben sich durch die Vereinbarung der VOB vertraglich auf die Geltung der Preisanpassungsregelungen der VOB im Falle geänderter und zusätzlicher Leistungen geeinigt.

Ein Rückgriff auf § 632 Abs. 2 BGB scheidet deshalb aus.

b) Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, wonach die Klägerin einen Vergütungsanspruch für die Arbeiten aus dem Nachtragsangebot Nr. 15 gem. § 2 Abs. 6 VOB/B nicht schlüssig dargelegt hat.

aa) Die Klägerin ist für den geltend gemachten Anspruch auf zusätzliche Vergütung darlegungs- und beweispflichtig.

bb) Der Ausgangspunkt, § 2 Abs. 6 VOB/B, lautet:

1. Wird eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung gefordert, so hat der Auftragnehmer Anspruch auf besondere Vergütung. Er muss jedoch den Anspruch dem Auftraggeber ankündigen, bevor er mit der Ausführung der Leistung beginnt.

2. Die Vergütung bestimmt sich nach den Grundlagen der Preisermittlung für die vertragliche Leistung und den besonderen Kosten der geforderten Leistung. Sie ist möglichst vor Beginn der Ausführung zu vereinbaren.

cc) Dem klägerischen Sachvortrag ist bereits keine schlüssige Darstellung zu entnehmen, inwiefern es sich bei den abgerechneten Arbeiten des 15. Nachtrags überhaupt um im Vertrag nicht vorgesehene Leistungen – in Abgrenzung zu Arbeiten, welche der Beseitigung eigener Mängel dienten – handelte.

Der diesbezügliche Sachvortrag ist in sich widersprüchlich. Die Klägerin hatte Arbeiten in den 256 Hotelzimmern mit 15. Nachtrag vom 26.07.2018 (Anlage K 09) angeboten. Auf Seite 1 des Nachtrags ist davon die Rede, dass sämtliche von der Klägerin verursachten Mangelpunkte beseitigt werden und sämtliche zusätzlichen Punkte, die nicht unter einen Mangelpunkt fallen, nochmals nachgearbeitet werden.

Unstreitig haben sich die Parteien über die Höhe der Vergütung für die Leistungen der Klägerin in den 256 Hotelzimmern nicht geeinigt. Die Beklagte hat den von der Klägerin erstellten Nachtrag gerade nicht unterzeichnet. Ebenso unstreitig hat die Beklagte die Arbeiten der Klägerin aber ausführen lassen.

In der Schlussrechnung vom 20.12.18 (Anlage K 18) rechnet die Klägerin gegenüber der Beklagten „Besondere Zusatzleistungen für Hotel- und Boardinghaus“ ab und zwar lt. Pos. NA 15.01 betreffend „Fremdmängel- und Zusatzleistungen“ bzw. „Ausbesserungsarbeiten“ in 284 Zimmern mit einem Pauschalpreis pro Zimmer.

Hinsichtlich sämtlicher 284 Zimmer, für deren Bearbeitung die Klägerin Vergütung beansprucht, fehlt es somit an hinreichend substantiiertem Sachvortrag der Klägerin, dem sich entnehmen ließe, dass bzw. inwieweit es sich bei den nun abgerechneten Arbeiten um im Vertrag nicht vorgesehene zusätzliche Leistungen i.S. § 2 Abs. 6 Nr. 1 Satz 1 VOB/B und nicht um die Beseitigung eigener Mängel handelte.

Mit Schriftsatz vom 10.03.2022 (dort Seite 3, 4) trug die Klägerin vor, dass es bei dem 15. Nachtrag um „Verschönerungsarbeiten und Mangelbeseitigungen“ gegangen sei und „dass sowohl die Beseitigung von Mängeln als auch zusätzliche Leistungen zusammen abgearbeitet werden und man dafür eine günstigere Pauschale vereinbart“ Nach den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 17.03.2022 ging es bei den mit dem 15. Nachtrag angebotenen Leistungen „nur um weitere Verschönerungarbeiten„, wobei „aber eine Stunde für weitere Mängelbeseitigung auf unsere Kappe geht„.

Demgegenüber wurde mit Schriftsatz vom 25.04.2022 behauptet, dass es nicht um Mängel des Werks der Klägerin gegangen sei, sondern Leistungen aufgrund eines höheren, vom Bauherr geforderten Standards.

Ebenso argumentierte die Klägerin auch in ihrem Schriftsatz vom 01.08.2022 (dort Seite 2).

Die Beklagte hatte daher auch mehrfach eingewandt, dass es sich bei den Leistungen des 15. Nachtrags teilweise um die Beseitigung der eigenen Mängel der Klägerin gehandelt habe und bestritten, dass der 15. Nachtrag nur Arbeiten umfasst habe, die auf das hohe Qualitätsniveau des Bauherrn zurückzuführen seien, so mit Schriftsatz vom 03.03.2022 (dort Seite 3), Schriftsatz vom 25.05.2022 (dort Seite 2) und im Schriftsatz vom 09.08.2022 unter Verweis auf die Aussage des Zeugen H. (dort Seite 2).

Schon das Landgericht hatte die Klägerin mit Verfügung vom 03.02.2022 (dort Seite 2 oben) darauf hingewiesen, dass diese die Beweislast für ihre Behauptung trage, dass zusätzlich zur Pauschale Leistungen beauftragt und ausgeführt worden seien. Die Klägerin hat ihren Sachvortrag dennoch nicht derart ergänzt, dass ihm zu entnehmen wäre, inwiefern es bei den abgerechneten Arbeiten des 15. Nachtrags um zusätzlich beauftragte Arbeiten und nicht um die Beseitigung eigener Mängel ging.

Soweit die Klägerin in ihrer Schlussrechnung und mit ihrer Klage Vergütung für Arbeiten an mehr als 256 Zimmern geltend macht, dies betrifft 28 Zimmer, hat sie darüber hinaus nicht vorgetragen, welche gegenüber ihrem Nachtragsangebot zusätzlichen Zimmer sie bearbeitet haben will. Der durch die Klägerin vorgelegten Stundenaufstellung nach Bautagesberichten (Anlage 60) bzw. den Bautagesberichten (Anlage K 61) ist dies ebenso wenig zu entnehmen.

dd) Die Beklagte hat das Nachtragsangebot Nr. 15, was die Vergütungsabrede angeht, auch nicht nach dem Grundsatz des § 362 Abs. 1 BGB angenommen.

Der Senat hält an seiner in der Verfügung vom 19.12.2022 unter Gliederungspunkt IV. 1. a) ausführlich dargelegten und begründeten Auffassung fest, dass § 362 Abs. 1 BGB im vorliegenden Fall keine Anwendung findet. Soweit sich die Klägerin in ihrer Gegenerklärung auf ein Urteil des OLG München vom 07.02.2017, Az. 9 U 2987/16 bezieht, welches einen Projektsteuerungsvertrag mit werkvertraglichem Schwerpunkt als Geschäftsbesorgungsvertrag gewertet habe, kann die dortige Entscheidung nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. In dem vom 9. Senat des OLG München entschiedenen Fall ging es um einen Projektsteuerungsvertrag mit dienstvertraglichem Charakter. Diesen Vertrag stufte der 9. Senat nicht als Werkvertrag ein. Demgegenüber geht es bei dem zwischen den Parteien des hiesigen Rechtsstreits geschlossenen Vertrag über die Ausführung verschiedener Arbeiten aus dem Bereich des Malerhandwerks und auch bei den Leistungen aus dem Nachtragsangebot Nr. 15 ihrem Schwerpunkt nach unzweifelhaft um den Austausch Werkleistung gegen Werklohn.

Der vorliegende Fall ist auch nicht mit dem vom OLG Brandenburg mit Urteil vom 04.10.2012, Az. 12 U 39/12 entschiedenen Fall eines Winterdienstvertrages vergleichbar, der im Hinblick auf die Übernahme der ansonsten dem Eigentümer obliegenden Verkehrssicherungspflicht als Geschäftsbesorgungsvertrag mit werkvertraglichem Charakter qualifiziert wurde. An einer derartigen Übernahme von Pflichten des Auftraggebers fehlt es bei der Ausführung von Arbeiten aus dem Bereich des Malerhandwerks ersichtlich. Der Senat hält auch an seiner in der Verfügung vom 19.12.2022 mitgeteilten Ansicht fest, dass insbesondere aus der Auftraggeberhaftung für Nachunternehmer in Bezug auf den Mindestlohn nicht folgt, dass der Nachunternehmer, der seinen Arbeitnehmern den Mindestlohn bezahlt, hiermit ein Geschäft des Hauptunternehmers besorgen würde.

Es kann dahingestellt bleiben, ob jeder Werkvertrag auch eine Geschäftsbesorgung beinhaltet. Selbst wenn das so wäre, würde dies einen Vertrag über die Ausführung von Werkleistungen aus dem Bereich des Malerhandwerks seinem eindeutigen Schwerpunkt nach nicht zu einem Geschäftsbesorgungsvertrag machen.

ee) Nachdem die Klägerin bereits das Vorliegen von Zusatzarbeiten i.S. § 2 Abs. 6 Nr. 1 Satz 1 VOB/B nicht substantiiert vorgetragen hat, erfolgen die Ausführungen zur Höhe der Vergütung gem. § 2 Abs. 6 Nr. 2 Satz 1 VOB/B lediglich hilfsweise.

Der Senat hält an seiner in der Verfügung vom 19.12.2022 dargelegten und begründeten Auffassung fest, dass und warum das Landgericht einen Vergütungsanspruch der Klägerin nach § 2 Abs. 6 Nr. 2 Satz 1 VOB/B zu Recht verneint hat.

Es kann dabei vorliegend dahingestellt bleiben, ob das zu § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B ergangene Urteil des BGH vom 08.08.2019, Az. VII ZR 34/18, in welchem der BGH eine Abkehr vom Prinzip der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung vorgenommen hat und für die Bemessung des neuen Einheitspreises bei Mehrmengen i.S. § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B auf die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge abgestellt hat, auf § 2 Abs. 6 VOB/B übertragbar ist.

Denn die im Falle von zusätzlichen Leistungen vorzunehmende Preisanpassung steht in jedem Fall unter der Prämisse der Wahrung des Äquivalenzprinzips. Es soll vermieden werden, dass keine Vertragspartei durch die zusätzlichen Arbeiten einen nicht gerechtfertigten Vorteil erhält oder einen nicht gerechtfertigten Nachteil erleidet. Genau dies wäre aber der Fall, wenn der Unternehmer, unabhängig davon, ob ihm für die Ausführung der zusätzlichen Arbeiten überhaupt Kosten entstehen, dennoch hierfür einen Vergütungsanspruch realisieren könnte. Für den hier vorliegenden Fall, dass der Unternehmer die zusätzlichen Leistungen durch einen Nachunternehmer ausführen lässt, ist sein Vergütungsanspruch der Höhe nach daher maximal durch die an seinen Nachunternehmer gezahlte Vergütung, evtl. zzgl. Wagnis und Gewinn, begrenzt.

Soweit die Klägerin meint, dass die Kosten der zusätzlichen Leistung für die Preisfindung nicht relevant wären, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 6 Nr. 2 Satz 1 VOB/B, dass dies nicht zutrifft. Im Übrigen sind auch im Rahmen des § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B die Mehr- oder Minderkosten zu berücksichtigen, ebenso im Rahmen des § 2 Abs. 5 VOB/B und für ab dem 01.01.2018 abgeschlossene Bauverträge auch im Rahmen des § 650 c Abs. 1 BGB die tatsächlich erforderlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn. Auch der BGH hat in seinem vorgenannten zu § 2 Abs. 3 VOB/B ergangenen Urteil „auf die durch den Einsatz der Nachunternehmer unmittelbar verursachten Kosten“ (Tz. 30), die im dortigen Fall, anders als im vorliegenden Fall, unstreitig waren, zurückgegriffen und dies u.a. damit begründet, „dass diese ohne Weiteres ermittelt werden können und insofern eine realistische Bewertung ermöglichen“ (Tz. 32).

Das in der Gegenerklärung angeführte Urteil des BGH vom 14.03.2013, Az. VII ZR 142712 ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Zum einen erging das Urteil zu § 2 Abs. 5 VOB/B, zum anderen verhält sich das Urteil nicht zu der im vorliegenden Fall vorliegenden Fallkonstellation, dass der Unternehmer die zusätzlichen Arbeiten durch einen Nachunternehmer ausführen lässt.

Nachdem die Klägerin trotz eines Hinweises des Landgerichts nicht zu den ihr für die Ausführung des 15. Nachtrags durch den Nachunternehmer entstandenen Kosten vorgetragen hat, stellt sich die insoweit erfolgte Klageabweisung durch das Landgericht als zutreffend dar.

Lediglich ergänzend sei angemerkt, dass der klägerische Sachvortrag zu den für die Ausführung des 15. Nachtrags entstandenen Kosten bereits in sich widersprüchlich ist. Einerseits behauptet die Klägerin im Schriftsatz vom 05.07.2022 (dort Seite 3), dass ihr nachweisbar Kosten in Höhe von 97.332,48 Euro entstanden seien, von denen sie lediglich 94.714,00 Euro geltend mache.

Andererseits behauptet sie im Schriftsatz vom 01.08.2022, dass es ihr aufgrund des mit ihrer Nachunternehmerin geschlossenen Vertrages und des Abrechnungsverhaltens ihrer Nachunternehmerin eine detaillierte Zuordnung der Arbeiten zu den Leistungspositionen des 15. Nachtrags nicht möglich sei. Trotz des durch das Landgericht erteilten Hinweises vom 22.06.2022 hat die Klägerin weder zu den ihr tatsächlich entstandenen Kosten vorgetragen noch eine Rechnung ihrer Nachunternehmerin bzw. einen Zahlungsbeleg vorgelegt.

ff) Ein Vergütungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B.

Nach dieser Vorschrift steht dem Auftragnehmer, der eine Leistung ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abwendung vom Auftrag ausgeführt hat, dann eine Vergütung zu, wenn der Auftraggeber diese nachträglich anerkennt.

Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch bereits an derartigen eigenmächtigen Leistungen, da die Arbeiten des 15. Nachtrags mit Wissen und Billigung der Beklagten ausgeführt wurden und sich die Parteien lediglich nicht über die Vergütung geeinigt hatten.

gg) Der Senat hält auch an seiner in der Verfügung vom 19.12.2022 dargelegten Auffassung fest, wonach sich ein Vergütungsanspruch der Klägerin nicht aus Bereicherungsrecht ergibt.

Rechtsgrund für eine etwaige Vergütung, hätte die Klägerin substantiiert das Vorliegen von Zusatzarbeiten und ihr durch den Einsatz des Nachunternehmers vorgetragene Kosten vorgetragen, wäre der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag. Es liegt somit nicht der Fall vor, dass die Arbeiten des 15. Nachtrags ohne Rechtsgrund erfolgt wären. Indem die Klägerin der Beklagten die Ausführung der Arbeiten angeboten hat und die Beklagte damit einverstanden war, dass die Klägerin die Arbeiten ausführt und die Arbeiten entgegengenommen hat, haben die Parteien einen Rechtsgrund für die Arbeiten der Klägerin geschaffen. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Parteien nicht über die Vergütung für den Nachtrag geeinigt haben.

Soweit die Klägerin unter Verweis auf die Kommentierung in Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Auflage 2015, Rn. 1481 meint, dass die Beklagte das Nachtragsangebot der Klägerin konkludent angenommen habe, weshalb auch die Preise des Nachtragsangebots gelten würden, überzeugt auch dies nicht. Dem steht im vorliegenden Fall schon entgegen, dass die Parteien, nachdem die Beklagte sich mit der von der Klägerin im 15. Nachtrag geforderten Vergütung nicht einverstanden erklärt hatte, Verhandlungen über die Vergütung geführt hatten, welche jedoch zu keiner Einigung führten. Der Senat verweist hierfür auf das Schreiben der Beklagten vom 20.09.2018 (Anlage K 27) sowie die Aussage des Zeugen H. (dort Seite 4).

Soweit die Klägerin in ihrer Gegenerklärung einen möglichen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag in den Raum stellt, verfängt dies ebenso wenig. Die Leistungen der Klägerin auf den 15. Nachtrag erfolgten gerade nicht auftragslos, sondern auf der Grundlage dessen, dass sich die Parteien darüber geeinigt hatten, dass die Klägerin die Arbeiten des 15. Nachtrags ausführt. Der Umstand, dass sich die Parteien nicht über die Vergütung geeinigt haben, qualifiziert die Ausführung der Arbeiten der Klägerin nicht als auftragslos.

Der Kommentierung in Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Auflage 2015, Rn. 1482, 1483 ist nicht zu entnehmen, dass der Auftragnehmer, wenn trotz Ankündigung der Mehrkosten eine Preisvereinbarung nicht zustande kommt, bereicherungrechtliche Ansprüche gegen den Auftraggeber geltend machen könnte. In Anbetracht der speziellen Vorschriften der VOB/B für die Geltendmachung von Mehr- oder Minderleistungen ist, anders als beim BGB-Vertrag ein Rückgriff auf bereicherungsrechtliche Ansprüche nicht möglich. (siehe hierzu Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Auflage 2020, Rn. 1393).

2. Vergütung für die Überarbeitung der Flure („Beschädigung Flure„, 30.000,00 Euro netto)

Auch unter Berücksichtigung der in ihrer Gegenerklärung vorgebrachten Argumente der Klägerin stellt sich die Entscheidung des Landgerichts, dass der Klägerin die in ihrer Schlussrechnung vom 20.12.2018 (Anlage K 18) auf Seite 6 unter „Leistungsmehrungen zur Pauschale“ „Beschädigungen Flure“ geltend gemachte Vergütung nicht zuzusprechen sei, als zutreffend dar.

Die Klägerin hat bereits nicht substantiiert zu einer Beauftragung dieser Leistungen vorgetragen.

Ausweislich der Schlussrechnung der Klägerin geht es bei dieser Position um die „Entfernung der Beschädigungen in den Fluren vor Erstellung des Anstrichs„, wobei sich die Klägerin auf eine „Vereinbarung Mail vom 05.02.2018“ bezieht.

Das Landgericht hat daher zutreffend gesehen, dass die Parteien im Mai 2018 unstreitig eine Gesamtpauschale vereinbart hatten, von der auch diese Arbeiten umfasst waren.

Ein Beauftragung dieser Leistung zusätzlich zur Gesamtpauschale hat die Klägerin weder dargelegt noch nachgewiesen.

Soweit sich die Klägerin zur Darlegung einer solchen über die Gesamtpauschale hinausgehenden Beauftragung im Schriftsatz vom 14.05.2020 (dort Seite 6) auf eine Verzugsanzeige der Beklagten vom 30.08.2018 (Anlage K 28) bezieht und meint, dass sich hieraus eindeutig eine Aufforderung an die Klägerin ergebe, die Flure auszubessern, überzeugt dies nicht.

Tatsächlich handelt es sich bei der vorgelegten Anlage K 28 um eine an die Klägerin gerichtete E-Mail vom 25.06.2018 mit dem Betreff „Stand Mängelbeseitigung Malerarbeiten„, mit dem die Beklagte der Klägerin ein Verzugsschreiben ihres Bauherrn übermittelt und einen Terminplan für die noch durchzuführenden Arbeiten, u.a. die Reinigung des Flurs und Malerarbeiten. Aus dem Inhalt der vorgelegten Anlage ergibt sich, wie das Landgericht richtig bewertet hat, bereits nicht, ob es sich bei den geforderten Arbeiten um Mängelbeseitigung oder um zusätzliche Malerarbeiten handelt, wobei der Betreff der Anlage eher für Ersteres spricht. Letztlich kann dies aber dahingestellt bleiben, da der Anlage K 28 jedenfalls nicht zu entnehmen ist, dass die Beklagte die Klägerin einen neuen Auftrag erteilt hätte, Beschädigungen in den Fluren zu beseitigen. Aus der Anlage K 28 ergibt sich gerade nicht, dass die Beklagte mit dieser E-Mail eine neue, von der Gesamtpauschale nicht erfasste Leistung der Klägerin auslösen wollte. Hierfür fehlt es auch an einer näheren Spezifikation dieser Leistung, z.B. welche Flure bearbeitet werden sollten. Von einer zusätzlichen Vergütung für die Leistung ist in der Anlage K 28 ebenso wenig die Rede. Nachdem die Klägerin für die Beauftragung einer Zusatzleistung darlegungs- und beweispflichtig ist, gehen solche Unklarheiten zu ihren Lasten.

Im Übrigen hat die Klägerin auch eine Ausführung der abgerechneten Arbeiten in den Fluren nicht nachgewiesen. Das Landgericht hat sich für diese Bewertung zutreffend auf die Aussage des Zeugen H. bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung am 17.03.2022 (dort Seite 3) gestützt. Hieraus ergibt sich eindeutig, dass die Flure nach den Arbeiten des Schreiners nachgearbeitet werden sollten, aber dann eine Umstellung auf Tapete erfolgte, so dass es nicht zu einer Ausführung der ursprünglich vorgesehenen Arbeiten der Klägerin kam. Soweit die Klägerin in ihrer Gegenerklärung meint, dass sich aus der Aussage des Zeugen H. ergebe, dass die Klägerin durchaus dort Arbeiten ausgeführt habe, verfängt dies nicht. Der Äußerung des Zeugen: „Es war so, dass es zunächst auch Ausführungen der Klägerin in den Fluren gab, jedoch waren diese nicht in der Form erfolgt, dass eine Abnahme hätte erfolgen können, daher wurde dann auf die Tapete umgestellt.“ ist klar zu entnehmen, dass die durch die Klägerin zunächst in den Fluren ausgeführten Arbeiten nicht abnahmefähig waren. Gleiches gilt für die weitere Äußerung des Zeugen zu dieser Thematik auf Seite 7 unten, Seite 8 oben des Protokolls. Aus den Angaben des Zeugen H. ergibt sich in der Gesamtschau gerade nicht, dass die Klägerin an den Fluren Arbeiten, die über die Beseitigung eigener Mängel hinausgingen, durchgeführt hätte. Hinzu kommt, dass jeglicher substantiierter Sachvortrag der Klägerin dazu fehlt, welche gegenüber dem ursprünglichen Auftrag zusätzlichen Leistungen sie trotz Umstellung des Bauherrn auf Tapete in den Fluren überhaupt noch durchgeführt hat.

Entgegen der in der Gegenerklärung vertretenen Auffassung der Klägerin ergibt sich ein Vergütungsanspruch der Klägerin für die Überarbeitung der Flure auch nicht aus § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B. Die Vorschrift regelt einen Vergütungsanspruch für Leistungen, die der Auftragnehmer ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Auftrag ausführt, die jedoch nachträglich vom Auftraggeber anerkannt werden. Die Vorschrift ist, auch unter Zugrundelegung des eigenen Sachvortrags der Klägerin, wonach ihr für diese Arbeiten ein zusätzlicher Auftrag erteilt worden sei, nicht einschlägig. Im Übrigen hat die Klägerin, wie oben dargelegt, auch die Ausführung der von ihr abgerechneten Arbeiten weder dargelegt noch nachgewiesen.

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 3 ZPO 47, 48 GKG bestimmt.

OLG Naumburg zu der Frage, dass der Auftraggeber keine Gewährleistungsansprüche geltend machen kann, wenn er den behaupteten Mangel nicht ordnungsgemäß anzeigt und dass der Mangel zumindest hinsichtlich seines äußeren objektiven Erscheinungsbildes so genau beschrieben werden muss, dass der Auftragnehmer zweifelsfrei ersehen kann, was im Einzelnen beanstandet wird bzw. welche Abhilfe von ihm verlangt wird

OLG Naumburg zu der Frage, dass der Auftraggeber keine Gewährleistungsansprüche geltend machen kann, wenn er den behaupteten Mangel nicht ordnungsgemäß anzeigt und dass der Mangel zumindest hinsichtlich seines äußeren objektiven Erscheinungsbildes so genau beschrieben werden muss, dass der Auftragnehmer zweifelsfrei ersehen kann, was im Einzelnen beanstandet wird bzw. welche Abhilfe von ihm verlangt wird

1. Der Auftraggeber kann keine Gewährleistungsansprüche geltend machen, wenn er den behaupteten Mangel nicht ordnungsgemäß anzeigt. Der Mangel muss zumindest hinsichtlich seines äußeren objektiven Erscheinungsbildes so genau beschrieben werden, dass der Auftragnehmer zweifelsfrei ersehen kann, was im Einzelnen beanstandet wird bzw. welche Abhilfe von ihm verlangt wird.
2. Die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen setzt im VOB/B-Vertrag eine fristgebundene Aufforderung zur Mangelbeseitigung voraus.
3. Eine individualvertraglich vereinbarte Verjährungsfrist für Mängelansprüche gilt nicht für den Fall des arglistigen Verschweigens von Mängeln.
4. Dem umfassend mit der Bauüberwachung beauftragten Architekten oder Ingenieur obliegt im Rahmen seiner Betreuungsaufgaben nicht nur die Wahrung der Auftraggeberrechte gegenüber dem Bauunternehmer, sondern auch und zunächst die objektive Klärung von Mangelursachen, selbst wenn zu diesen eigene Planungs- oder Aufsichtsfehler gehören.
5. Die dem Architekten bzw. Ingenieur vom Bauherrn eingeräumte Vertrauensstellung gebietet es, diesem im Laufe der Mängelursachenprüfung auch Mängel des eigenen Werks zu offenbaren, so dass der Bauherr seine Auftraggeberrechte auch gegen den Bauüberwacher rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung wahrnehmen kann.
6. Ist die sog. Sekundärhaftung begründet, so führt sie dazu, dass sich der Architekt bzw. der Ingenieur nicht auf die Einrede der Verjährung des gegen ihn gerichteten Gewährleistungsanspruchs berufen darf.
OLG Naumburg, Urteil vom 25.06.2022 – 2 U 63/18

Gründe

A.

Die Klägerin macht gegen die Beklagten Gewährleistungsansprüche geltend, und zwar gegen die Beklagte zu 1) aus einem Vertrag über die Errichtung eines Blockheizkraftwerkes (künftig: BHKW, Komplex I A) und gegen die Beklagte zu 2) aus einem Vertrag über Ingenieurleistungen (künftig: Komplex I B). Die Klägerin und die Beklagte zu 1) streiten darüber hinaus über restlichen bzw. überzahlten Werklohn aus einem zugehörigen Wartungs- und Instandhaltungsvertrag (künftig: Komplex II).

Komplex I:

Die Klägerin beauftragte die Beklagte zu 2) mit schriftlichem Ingenieurvertrag vom 12.12.1996 (Anlage K 1, GA Bd. I Bl. 19 ff.) mit der Planung und Bauüberwachung der Errichtung eines BHKW in W. gemäß den Grundleistungen aus dem Leistungsbild der Technischen Ausrüstung (§ 73 HOAI 1995) einschließlich der Leistungsphasen 8 (Objektüberwachung / Bauüberwachung) und 9 (Objektbetreuung und Dokumentation). Nach § 11 des Ingenieurvertrages vom 12.12.1996 richtete sich die Haftung nach den gesetzlichen Vorschriften des Werkvertragsrechts. In Absatz 5 vereinbarten die Vertragsparteien eine Verjährungsfrist von fünf Jahren. Die Verjährung sollte beginnen mit der Erfüllung der letzten nach dem Vertrag zu erbringenden Leistung, spätestens jedoch „bei Übernahme der baulichen Anlage“. Für Leistungen, welche nach der Übergabe noch zu erbringen waren, sollte die Verjährung erst mit der Erfüllung der letzten Leistung beginnen. In Absatz 6 war abweichend geregelt, dass Schadensersatzansprüche wegen positiver Vertragsverletzung nach den gesetzlichen Vorschriften verjähren sollten.

Die Beklagte zu 2) schloss mit ihrer nunmehrigen Streithelferin am 04./07.03.1997 einen Ingenieurvertrag (Anlage B02-01, GA Bd. VII Bl. 72 ff.); danach übernahm die Streithelferin Leistungsanteile der Beklagten zu 2) gegenüber der Klägerin, u.a. die Bauüberwachung zu 80 % und die Objektbetreuung zu 100 %. Im Rahmen einer beschränkten Ausschreibung mit öffentlichem Teilnahmewettbewerb (vgl. Bekanntmachung Anlage K 56, KA I Bl. 3) beauftragte die Klägerin die Beklagte zu 1), bis zum 31.12.2003 noch firmierend unter R. GmbH, mit Zuschlagsschreiben vom 07.05.1997 (vgl. GA Bd. I Bl. 24) auf das Angebot vom 10.04.1997 (GA Bd. I Bl. 30 ff.) und entsprechend den Festlegungen des Vergabegespräches am 07.05.1997 (GA Bd. I Bl. 25 ff.) mit dem Neubau eines Blockheizkraftwerkes mit etwa 6,5 MW elektrischer Leistung und etwa 8 MW thermischer Leistung. Das Leistungsverzeichnis in den Vergabeunterlagen enthielt im Wesentlichen eine funktionale Leistungsbeschreibung, d.h. es gab vor allem die modulare Struktur des BHKW vor und bestimmte die zu erreichenden Leistungsparameter. Bestandteil des Bauauftrags war eine Erklärung der Beklagten zu 1), wonach sie sich zur Lieferung und Montage von fünf Generatoren des Herstellers M., eines Tochterunternehmens der D. AG, vom Typ (…) verpflichtete. Die Beklagte zu 1) bestätigte die Auftragserteilung mit ihrem Schreiben vom 21.05.1997.

Nach dem Inhalt der Leistungsbeschreibung war das BHKW in drei Teilbereiche gegliedert: Im Teilbereich Energieumwandlung sollten unter einer Schalldämmhaube fünf Gasmotoren (mit Erdgas betriebene Generatoren, künftig: Motor) Strom erzeugen, welcher über einen Blocktransformator in das Mittelspannungsnetz eingespeist werden sollte. Unter der Schalldämmhaube sollten je Modul ein Luftkühler (sog. Tischkühler unter Verwendung von Außenluft) und ein Abgasturbolader zur Ableitung des Rauchgases verwendet werden. Im zweiten Teilbereich, der Abgasstrecke, war je Modul eine Heißluftstrecke mit je einem Primärschalldämpfer und einem Sekundärschalldämpfer sowie ein Abgaswärmetauscher vorgesehen; an letzterem sollte Heizwasser für die Fernwärmeversorgung erhitzt werden. Das dadurch gekühlte Abgas sollte aus allen fünf Modulen gemeinsam in den dritten Teilbereich, die Schornsteinanlage (sog. Kamin) geleitet werden.

Bestandteil der Ausschreibungsunterlagen und mithin des Vertrages waren sog. Zusätzlichen Vertragsbedingungen (künftig: ZVB, vgl. GA Bd. I Bl. 45 ff.). Nach deren § 5 wurde „hinsichtlich der Lieferung, Montage, Aufmaß und Abrechnung“ festgelegt, dass nachfolgende Vertragsbestandteile in der angegebenen Reihenfolge Gültigkeit erlangen sollten, u.a. in Ziffer 3 die ZVB, in Ziffer 4 die Erklärungen des Bieters, in Ziffer 5 die Leistungsbeschreibung des Auftraggebers sowie in Ziffer 7 die VOB. In § 14 Abs. 1 ZVB wurde zwingend eine förmliche Abnahme der Leistungen vereinbart, welche vom Auftragnehmer zu beantragen sei. Sodann hieß es „VOB/B § 12 wird ausdrücklich ausgeschlossen.“ Die Abnahme werde durch eine frühere Benutzung, Inbetriebnahme oder die Schlusszeichnung nicht ersetzt. Es sei ein gemeinsames Abnahmeprotokoll zu fertigen und von beiden Vertragsseiten zu unterzeichnen. Mit der erfolgten Abnahme beginne die Gewährleistung. In § 15 ZVB waren Regelungen zum Nachweis der zugesicherten Leistungsmerkmale (Abs. 1) und zu einer vorrangigen Nachbesserung (Abs. 2) enthalten. Ein Schadensersatzanspruch sollte nur für den Fall begründet werden, dass auch die zweite Nachbesserung eines „Schadens“ keinen Erfolg erbringe (Abs. 3 Satz 1). Sodann hieß es, dass die Gewährleistungsfrist für nachgebesserte Anlagenteile erst mit deren Abnahme beginne (Abs. 3 Satz 2). § 17 ZVB sah eine Gewährleistungsfrist von 36 Monaten ab Abnahme vor. Insoweit enthielt Ziffer 8 des Protokolls des Vergabegespräches vom 07.05.1997 die Einschränkung, dass diese Frist nur unter der Bedingung gelte, dass zwischen den Parteien ein Wartungsvertrag für die Dauer der Gewährleistung geschlossen werde.

Im Protokoll des Vergabegesprächs vom 07.05.1997, dort unter Ziffer 4, wurde vereinbart, dass die von der Auftraggeberin in der Ausschreibung vorgegebenen Vertragsbedingungen Gültigkeit entfalteten, ungeachtet etwaiger in den Angebotsunterlagen der Auftragnehmerin enthaltener Abweichungen, soweit nachfolgend nichts Anderes vereinbart sei. In Ziffer 7 erklärte die Klägerin, dass die Motorenherstellerin bestätige, dass für Zündkerzen derzeit lediglich eine Standzeit von 1.500 Betriebsstunden garantiert werden könne, auch wenn der Erwartungswert für die Lebensdauer 3.000 Betriebsstunden betrage.

Die Beklagte zu 1) führte die beauftragten Bauleistungen im Jahr 1997 durch; die Streithelferin der Beklagten zu 2) überwachte in deren Auftrag die Ausführung der Bauarbeiten.

Am 23.12.1997 unterzeichneten die drei Prozessparteien ein so bezeichnetes „Übergabeprotokoll zum Gefahrenübergang während des Probebetriebes …“ (vgl. GA Bd. II Bl. 32 f.); danach erfolgte der Gefahrenübergang von der Beklagten zu 1) an die Klägerin bereits während des Probebetriebes von einer Woche. Nach Bestätigungen über Funktionsprüfungen, Einweisungen des Bedienpersonals, Betriebsbereitschaft der Sicherheitseinrichtungen und über die Übergabe von Dokumentationen zur Anlage hieß es:

„Die Gewährleistung beginnt für die BHKW-Anlagen am 23.12.1997.“

Das Protokoll schloss mit der – durch Fettdruck grafisch hervorgehobenen – Ankündigung, dass die Abnahme der Anlage für den 30.12.1997 vorgesehen sei.

Die förmliche Abnahme der Werkleistungen der Beklagten zu 1) erfolgte am 30.12.1997. In dem „Übergabeprotokoll zur förmlichen Abnahme , welches von Vertretern der Klägerin, der Beklagten zu 1) und der Streithelferin der Beklagten zu 2) unterzeichnet wurde (vgl. Anlage B 1, GA Bd. II Bl. 29), wurde niedergelegt, dass förmliche Übergabe gemäß § 14 ZVB erfolge, eine beiliegende Restpunkteliste Bestandteil des Protokolls sei und sich die Klägerin verpflichte, die dort aufgeführten Maßnahmen abzuarbeiten. Wegen der zu erwartenden umfang reichen Maßnahmen zur Sicherstellung der Einhaltung der geforderten Schallwerte wurde eine gestaffelte Vergütungszahlung vereinbart. Im Hinblick auf fehlende Leistungsnachweise wurde eine Nachholung binnen vier Wochen vereinbart. Die Abnahme umfasste alle fünf Module, obwohl nur vier Module den Probebetrieb erfolgreich abschlossen; das Modul 2 wurde trotz der bis zum 29.12.1997 nicht behobenen Störung ebenfalls abgenommen.

Die Restpunkteliste zum Übergabeprotokoll (GA Bd. II Bl. 30) enthielt unter der Bemerkung: „Die folgenden Punkte können witterungsbedingt erst ab März 1998 abschließend geprüft werden“ u.a. den Eintrag: „Funktion Gemischkühlung“ (Ziffer 4.2) und umfasste als „Sonstige Rest punkte“ u.a. die Beseitigung zu hoher Schallemissionen gemäß noch ausstehender Messungen – Termin nach Messung (Ziffer 5.1) und die Herstellung einer automatischen Wiederzuschaltung der Module nach kurzzeitiger Stromnetzstörung – schnellstmöglich (Ziffer 5.3).

In den Jahren 1998 bis 2000 führte die Klägerin diverse Arbeiten zur Nachbesserung bzw. Mangelbeseitigung aus.

Komplex II:

Am 20.05.1998 schlossen die Klägerin und die Beklagte zu 1) einen schriftlichen Wartungsvertrag (Anlage K 19, GA Bd. I Bl. 154 ff.). Dieser Vertrag wurde mit „Wartungs- und Instand haltungsvertrag der BHKW-Anlage (Module und periphere Anlagen)“ überschrieben. In der Präambel (Ziffer 1 Abs. 1) wurden die Ziele des Vertrages damit umrissen, dass es um die Instandhaltung während der Gewährleistungsdauer, um die Absicherung der Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers, um die Regelwartung und Instandhaltung nach der Gewährleistung zum Erhalt der zu erwartenden Lebensdauern sowie um die Gewährleistung des sicheren Anlagenbetriebes und die Erhaltung der zugesicherten Eigenschaft „Verfügbarkeit“ gehe. Als Leistungen der Auftragnehmerin definierte Ziffer 2 in seinem Absatz 1 die Leistungen während der Gewährleistungszeit (drei Jahre, mindestens 15.000 Betriebsstunden, künftig: Bh) als „die Regelwartungsleistungen sowie sämtliche Instandhaltungs- und Instandsetzungsleistungen (auch in Bezug auf Verschleißteile) …, die zur Aufrechterhaltung eines regulären Anlagenbetriebes erforderlich sind …“. Eine gleichlautende Regelung enthielt Absatz 2 für die Zeit nach Ablauf der Gewährleistungszeit bis zu 48.000 Bh. Die Höhe des Entgelts wurde in Ziffer 4 für die Module jeweils in Abhängigkeit von Bh und für periphere Anlagen pro Kalenderjahr jeweils pauschal vereinbart und enthielt jeweils sämtliche Kosten der Auftragnehmerin für Lohn, Material, Reisekosten, Auslösungen u.s.w. In dem Vertragsformular wurden sieben einzelne „Instandhaltungsarbeiten“ aufgeführt, darunter u.a. der Zündkerzenaustausch, der Gas filter- und der Luftfiltereinsatzwechsel; in diesen Positionen war das vorgesehene Feld für Einzelpreise jeweils nicht ausgefüllt. Der Vertrag sollte ohne besondere Kündigung mit dem Ab lauf der 65.000. Betriebsstunde enden. Die Parteien streiten darüber, ob von der Beklagten zu 1) gefertigte Anlagen zum Wartungsvertrag (vgl. in Anlage B 14, GA Bd. II Bl. 96 ff.) Vertragsbestandteil wurden. In diesen Anlagen stellte die Beklagte zu 1) den Umfang der Inspektionsarbeiten in sieben sog. Erhaltungsstufen dar, darunter neben Prüfungs-, Reinigungs- und Nachstellarbeiten auch den Tausch von Zündkerzen und Zündkabeln, von Kurbelraumentlüftungsventilen, Luftfiltereinsätzen, Pick-up-Elektronikreglern, Zylinderköpfen, Rohrverbindern und Kühlwasserschläuchen, Anlasserteilen, Kolbenringen, Pleullagern, Kühlwasserpumpen, der Ölpumpe und von Schwingungsdämpfern. Handschriftlich war hinzugesetzt: „Oxi.-Kat … tauschen nach / bei E5, E6, E7 enthalten!“. Diese Ersatzteile wurden tabellarisch mit Teile und Gruppennummer aufgeführt. Die Parteien streiten weiter darüber, ob der maschinenschriftliche Klammer-Zusatz „Unterschriften gelten nur in Verbindung mit Schrb. vom 29.06.98“ unter den Unterschriften zum Vertrag bereits bei Vertragsunterzeichnung vorhanden war. Mit ihrem Schriftsatz vom 06.04.2005 (Anlage K 61, vollständig in KA 1, Bl. 5) schlug die Klägerin zur Regelung der Erbringung der laufenden Wartungsleistungen vor, dass die Beklagte zu 1) auf ein etwa bestehendes Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf ausstehende Forderungen verzichte (Ziffer 1) und die Klägerin zusichere, die Kosten für die Generalüberholung und für die durchzuführenden Arbeiten aus dem Wartungsvertrag zu zahlen (Ziffer 2). Sodann hieß es:

(Die Klägerin) „… verzichtet auf die Aufrechnung mit Forderungen, die Gegenstand des beim Landgericht Halle unter dem Aktenzeichen 9 O 538/03 anhängigen Rechtsstreits sind. Dieses Aufrechnungsverbot endet, sobald eine Zwangsvollstreckung wegen der Forderungen unserer Mandantin möglich ist.“

Für alle Leistungen der Beklagten zu 1), welche nach der Auffassung der Klägerin von der Pauschalvergütung im Wartungsvertrag erfasst und nach der Auffassung der Beklagten zu 1) gesondert vergütungspflichtig seien, werde bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens die Ausführung der Arbeiten und die Zahlung der Vergütung verabredet, wobei sämtliche Zahlungen auch ohne gesonderte Erklärung jeweils unter dem Vorbehalt der Rückforderungen stünden (Ziffer 3). Diesem Vorschlag stimmte die Beklagte zu 1) zu.

Ab dem Beginn des Jahres 2009 erbrachte die Beklagte wegen des Streits um die Vergütung keine Wartungsleistungen mehr. Sie kündigte den Wartungsvertrag mit Schreiben vom 14.09.2009 (Anlage K 70). Die Klägerin widersprach der Kündigung, nahm aber keine Wartungsleistungen der Beklagten zu 1) in Anspruch. Beweisverfahren Am 29.12.2000 reichte die Klägerin beim Landgericht Halle einen Antrag auf Durchführung eines Beweisverfahrens ein, welcher den hiesigen Beklagten zu 1) und zu 2) jeweils am 08.01.2001 zugestellt wurde. Gegenstand der Beweisaufnahme waren Korrosionserscheinungen an den Abgaswärmetauschern und der Abgasanlage (Rauchrohre) der Module 1 bis 5, die Dichtheit des Primärschalldämpfers am Modul 2 und die Überschreitung des vom Motorenhersteller vorgegebenen Grenzwerts für den Abgasgegendruck. Diesen Antrag nahm die hiesige Klägerin mit einem am 16.10.2002 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz zurück.

Schiedsgutachter-Verfahren:

Die drei Prozessparteien schlossen am 06./28./30.08.2002 einen Schiedsgutachtervertrag (K 40, GA Bd. III Bl.165 ff.). Sie vereinbarten, dass sie die B. (B. ) mit der Erstellung eines Schiedsgutachtens darüber beauftragen, ob die Abgaswärmeaustauscher der Module 1 bis 5 von der Rauchgas- oder der Heizwasserseite her korrodiert seien, ob bei unveränderten Betriebsbedingungen auch künftig mit Korrosion von einer der beiden Seiten ausgehend zu rechnen sei, ob auch die Abgasanlage (Rauchrohre von den Abgaswärmetauschern bis zum Kamin) korrodiert sei, ob und ggf. weswegen vier von fünf Abgaswärmetauschern defekt seien, sowie, ob der Abgasgegendruck höher als vom Motorenhersteller vorgegeben sei und ob dieser Wert ein Richt- oder ein Grenzwert sei. Der Schiedsgutachter sollte weiter die Ursache etwaiger Mängel feststellen (fehlerhafte Werkstoff o. Katalysatorenauswahl, Umweltbedingungen, wie Qualität des Heizwassers, des Erdgases, der Ansaugluft o. des Schmieröls, Belastung der Schalldämmkulissen mit schwefelhaltigen Substanzen, Einfluss v. An- und Abfahrhäufigkeiten). Gegenstand des Auftrags waren zudem acht mögliche Mangelerscheinungen an der Schornsteinanlage. In Ziffer II wurde klargestellt, dass der Schiedsgutachter allein technische Fragen klären und keine rechtliche Bewertung vornehmen solle. In Ziffer III vereinbarten die Parteien, dass die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen, welche sich auf Mängel beziehen, die Gegenstand dieser Vereinbarung seien, beginnend mit dem Abschluss dieser Vereinbarung und endend drei Monate nach Beendigung des Schiedsgutachterverfahrens gehemmt sei. In Ziffer V legten die Parteien zur Beendigung des Schiedsgutachterverfahrens fest, dass die Parteien nach der Vorlage des schriftlichen Gutachtens binnen drei Monaten Ergänzungsfragen stellen bzw. eine Ladung des Gutachters zur Anhörung beantragen könnten (Absatz 1), dass sie binnen einer Woche nach der Vorlage des schriftlichen Ergänzungsgutachtens der Beendigung des Verfahrens begründet widersprechen könnten (Absatz 2) und dass im Falle des Widerspruchs einer Partei das Verfahren endet mit der Vorlage eines weiteren Ergänzungsgutachtens oder mit der Erklärung des Schiedsgutachters, dass alle Beweisfragen beantwortet seien (Absatz 3). Unter Ziffer VIII vereinbarten die Parteien, dass die Entscheidung des Schiedsgutachtens endgültig und verbindlich sei, sowie, dass eine Überprüfung nur stattfinde, wenn das Schiedsgutachten grob unbillig sei und deswegen i.S.d. §§ 412, 493 ZPO unbrauchbar und aus diesem Grunde für die Parteien nicht verbindlich sei.

In ihrem Schiedsgutachten unter dem Geschäftszeichen VII.3/13883 (undatiert, Anlage K 41, GA Bd. III Bl. 169 ff.; lt. Klägerin vom 19.12.2003, vgl. GA Bd. IX Bl. 33) kam die B. durch Dipl.-Ing. Z. und Dr. rer. nat. E. zu der Einschätzung, dass die Schäden an den Abgaswärmeaustauschern durch Kondensatwasser aus dem Abgas verursacht worden seien; Gleiches träfe auf weitere Schäden an der gesamten Abgasanlage zu. Beschrieben wurden korrosive Angriffe in Form von Lochkorrosion, ausgehend von der Abgasseite, und deutliche Rissbildungen im Bereich der Schweißnähte. Die Ausführung der Schweißnähte ließe keine Fehler erkennen. Die Schiedsgutachter diskutierten zwei mögliche Schadensursachen: Die durch den nicht bestimmungsgemäßen Rückfluss von sauren Kondensaten aus dem Abgas in die heißen Bereiche des Wärmeübertragers ausgelöste Korrosion (insoweit müsse dafür Sorge getragen werden, dass das Kondensat an der Stelle seiner Entstehung aus der Abgasanlage entfernt werde) und eine Rissbildung als Folge des durch Ablagerungen verschlechterten Wärmeübergangs zwischen Abgas und Rohrwandung (d.h. thermische Überlastung). Auf Ergänzungsfragen der Klägerin (Aufstellung auf GA Bd. IX Bl. 33 f.) antwortete das B. mehrfach, zuletzt mit der ergänzenden Stellungnahme vom 30.06.2004 (Anlage B 23, GA Bd. III Bl. 196 ff.). Darin bestätigte der Schiedsgutachter E., dass eine nennenswerte Kondensatmenge nur außerhalb des geschädigten Bauteils, des Abgaswärmetauschers, entstehen könne; über die Ursache könne jedoch ohne Kenntnis der jeweiligen Betriebs-zustände der Anlage nur spekuliert werden. Als Ursachen kämen Mängel in der Planung, in der Ausführung, in der Wartung oder in der Art der Betriebsführung des Kraftwerks in Betracht; dies könne allein technisch nicht beurteilt werden. Die Klägerin beanstandete am 09.07.2004, dass die Leistungen des Sachverständigen nicht ordnungsgemäß seien; weitere Fragen stellte sie nicht.

Vorfall 1:

Am 11.12.2002 fiel während einer planmäßigen Wartung (Probebetrieb zur Inspektion) zu nächst das Modul 2 wegen eines Sicherungsabfalles im Schrank der Motorensteuerung aus. Ein Monteur der – als Nachauftragnehmerin der Beklagten zu 1) im Rahmen des Wartungsvertragsverhältnisses tätigen – D. AG schaltete die Motorensteuerung wieder zu. Im zeitlichen Zusammenhang damit wurde ein Ausfall der übergeordneten SPS-Steuerung aus gelöst und damit ein Ausfall der weiteren vier Module verursacht.

Die Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 1) teilte nach Einholung eines Gutachtens mit, dass sie hierin keinen Versicherungsfall sehe.

Vorfall 2:

Am 20.01.2003 fiel das Modul 2 aus, weil sich in dem zugehörigen Sekundärschalldämpfer Teile gelöst hatten und der Abgasgegendruck erheblich angestiegen war. Zur Reparatur mussten die Abgasanlage teilweise demontiert und der Sekundärschalldämpfer aufgetrennt werden.

Im Rahmen einer am 04.02.2003 durchgeführten Besprechung weigerte sich die Beklagte zu 1), die zur Schadensbeseitigung erforderlichen Arbeiten ohne gesonderte Vergütung im Rahmen ihres Wartungsvertrages auszuführen.

Am 13.03.2003 erstattete die T. mbH & Co. KG im Auftrag der Klägerin ihr schriftliches Gutachten (vgl. Anlage K 4, GA Bd. I Bl. 91 ff.) über mögliche Ursachen von Rissen und Bauteilverformungen an der Schalldämpferanlage zu Modul 2. Darin stellte Dr.-Ing. P. zwei voneinander unabhängige Ursachen fest: Einerseits seien Ermüdungsrisse an verschiedenen Stellen der mehrstufigen Schalldämpferanlage aufgrund der Verwendung eines Stahls (Werkstoff-Nr. 1.5415, sog. 16Mo3) aufgetreten, welcher für die Temperaturbereiche über 530 Grad Celsius nach den einschlägigen technischen Regeln nicht vorgesehen sei (künftig: unzureichende Werkstoffe); andererseits seien die bereits vorhandenen Ermüdungsrisse durch eine einmalige, schlagartige Belastung (Verpuffung) freigelegt und aufgeweitet worden. Zudem seien die Axialkompensatoren im Zusammenwirken mit ihren Halterungen für das vorliegende Rohrsystem ungeeignet, weil sie den beim Betrieb auftretenden Innendruckkräften nicht deformations- und verschiebungsfrei standzuhalten vermochten (künftig: unzureichende Elastizität der Systemkonstruktion).

Ungeachtet des Vorbehalts der Rückforderung kürzte die Klägerin die entsprechende Rechnung der Beklagten zu 1) vom 25.03.2003 für die Reparaturarbeiten am Modul 2 und zahlte lediglich 32.185,52 Euro.

Vorgerichtliche Mahnung:

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 12.03.2003 (Anlage K 3, GA Bd. I Bl. 88 ff.) forderte die Klägerin die Beklagte zu 1) auf, bereits benannte und weitere Mängel bis zum 20.03.2003 zu beseitigen. Dies betraf die Ausführung der Sekundärschalldämpfer in niedrig legiertem Stahl und ohne Dämpfungsmaterial (zumindest am Modul 2), die erschwerte Reinigung des Mündungsschalldämpfers auf der Kaminspitze, die unzureichende Leistungsfähigkeit der Tischkühler, welche zu erhöhten Brennraumtemperaturen der Module bei Außentemperaturen über 25°C (im Sommer) und dadurch zu erhöhten Immissionen führe, den fehlenden Leistungsnachweis i.S.v. § 15 ZVB, Probleme bei der Ableitung der Oberwellen des Frequenzumformers (elektrotechnische Anlage), das fehlende automatische Zuschalten der fünf Module bei einem Wiederanlauf des BHKW nach einer kurzzeitigen Stromnetzstörung (sog. KU-Fähigkeit), das Auftreten von Feuchtigkeit in der Abgasstrecke sowie die übermäßige Schallentwicklung.

Die Beklagte zu 1) erklärte am 20.03.2003 den Verzicht auf die Einrede der Verjährung bis zum Ende des Kalenderjahres für solche Ansprüche, die zum Zeitpunkt der Erklärung nicht bereits verjährt waren (Anlage K 26, GA Bd. III Bl. 52).

Rechtsstreit:

Mit ihrer am 30.12.2003 beim Landgericht eingereichten und den Beklagten jeweils am 30.01.2004 zugestellten Klage hat die Klägerin gegen beide Beklagte als Gesamtschuldner einen Zahlungsanspruch i.H.v. 998.391,23 Euro nebst Verzugszinsen seit dem 20.03.2003 geltend gemacht (Klageantrag zu Ziffer 1) sowie gegen die Beklagte zu 1) einen weiteren Zahlungsanspruch i.H.v. 131.019,80 Euro (am 02.08.2004 korrigiert auf 133.018,84 Euro) sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte zu 1) für die gesamte Laufzeit des Wartungsvertrages vom 20.05.1998 sämtliche Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten sowie Regelwartungsleistungen für den im Vertrag genannten Wartungsumfang (einschließlich sämtlicher Reparaturen und des Ersatzes der verschlissenen Teile) auf eigene Kosten durchzuführen verpflichtet sei.

Die Klägerin hat den gegen beide Beklagte als Gesamtschuldner gerichteten Leistungsantrag zu Ziffer I. 1) i.H.v. 998.391,23 Euro ursprünglich auf Folgendes gestützt: Sie hat den fiktiven Mangelbeseitigungsaufwand für eine vollständige Neuerrichtung der gesamten Schalldämpferanlage i.H.v. 429.200,00 Euro brutto, die fiktiven, nach einem Angebot der Fa. Nießing (Anlage K 11) geschätzten Kosten für den Neuaufbau des Schornsteins i.H.v. 104.574,00 Euro brutto und die fiktiven Kosten für die erforderliche Anschaffung weiterer Tischkühler i.H.v. 40.904,84 Euro brutto beziffert. Sie hat auch die Kosten der Beseitigung der Mängel an der Elektrotechnik pauschal mit 10.000,00 Euro brutto angegeben. Auch insoweit hat sie einen Anspruch auf Ersatz der fiktiven Mangelbeseitigungskosten geltend gemacht. Darüber hinaus hat die Klägerin die (realen) Kosten des Abbaus des Mündungsschalldämpfers mit 2.861,15 Euro angegeben und hierzu zwei Rechnungen von Juli 2003 vorgelegt, die damit nicht in Übereinstimmung zu bringen sind (vgl. Anlagen K 14, K 15, GA Bd. I Bl. 148 f.). Soweit sie die Klage weiter auf die erforderliche Herstellung eines automatischen Wiederanlaufens der Module nach kurzzeitigen Stromnetzstörungen (sog. KU-Fähigkeit) sowie der hieraus resultierenden Schäden gestützt hat, hat sie angegeben, dass die Kosten noch nicht zu beziffern seien. Wegen der Nichterreichung der Leistungswerte hat sie eine Minderung i.H.v. 10 % der Auftragssumme, insgesamt 410.851,24 Euro brutto, geltend gemacht.

Zu Ziffer I. 2) der Klageschrift hat sie die Feststellung der Haftung der Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner für weitere Schäden aus der fehlerhaften bzw. planwidrigen Erstellung des BHKW begehrt.

Mit ihrem Leistungsantrag zu Ziffer II. 1) auf Verurteilung der Beklagten zu 1) zu einer Zahlung in Höhe von 131.019,80 Euro hat die Klägerin bereicherungsrechtliche Ansprüche auf Rückzahlung von Vergütungen für Instandsetzungen – die von ihr unter Vorbehalt gezahlten Reparaturkosten nach dem Vorfall 2 i.H.v. 32.185,52 Euro sowie die Instandsetzungskosten 2001 und 2002 (Anlage K 21 sowie Anlagenkonvolute K 35, GA Bd. III Bl. 66 ff., und K 36, GA Bd. III Bl. 90 ff.) i.H.v. 35.674,60 Euro bzw. 63.159,68 Euro (später wegen eines Übertragungsfehlers korrigiert: 63.163,64 Euro), insgesamt später korrigiert auf 133.018,84 Euro – geltend gemacht.

Die Klägerin hat darüber hinaus zu Ziffer II.2 der Klageschrift einen Feststellungsantrag bezüglich der Leistungspflichten der Beklagten zu 1) aus dem Wartungsvertrag (einschließlich sämtlicher Reparaturen und Ersatz der Verschleißteile auf eigene Kosten) gestellt.

Die Klägerin hat sodann mit einer Klageerweiterung vom 20.07.2004 die realen Kosten des Austausches von drei Abgaswärmetauschern wegen auftretender Risse und Korrosionserscheinungen im Quartal IV des Jahres 2000 als Schadensersatzanspruch i.H.v. 107.139,65 Euro geltend gemacht (vgl. Rechnung Anlage K 42, KA I Bl. 1).

Mit ihrer Klageerweiterung vom 06.12.2004, am selben Tag direkt von Anwalt zu Anwalt an die Beklagte zu 1) zugestellt, hat die Klägerin einen Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht beider Beklagter als Gesamtschuldner für weitere Schäden aus der fehlerhaften und planwidrigen Erstellung des BHKW gestellt sowie einen weiteren Zahlungsantrag i.H.v. 32.644,98 Euro gegen die Beklagte zu 1). Den zuletzt genannten Zahlungsantrag hat sie darauf gestützt, dass die Beklagte zu 1) bei der Berechnung der Quartalsvergütung für die Wartung die Preisgleitklausel fehlerhaft angewandt habe, woraus sich für die Jahre 2001 bis 2003 eine Überzahlung in der vorgenannten Höhe ergeben habe.

Mit der Klageerweiterung vom 20.12.2004 hat die Klägerin den Zahlungsantrag zu Ziffer II 1) gegen die Beklagte zu 1) auf 146.296,77 Euro erhöht; insoweit hat sie den Rückforderungsanspruch weiter auf gezahlte Vergütungen für die Reparaturen an den Abgaswärmetauschern gestützt.

Schließlich hat die Klägerin mit Klageerweiterung vom 22.12.2009, der Beklagten zu 1) zugestellt am 08.02.2010, einen weiteren Zahlungsantrag gegen die Beklagte zu 1) i.H.v. 336.996,45 Euro wegen überzahlter Vergütungen für Reparaturen und den Ersatz von Verschleißteilen in den Jahren 2003 bis 2008 gestellt.

Die Klägerin hat im Schriftsatz vom 13.09.2004 (ab S. 16, GA Bd. IV Bl. 16 ff.) vorgetragen, dass sie die Abgasstrecke (zweistufiges Schalldämpfersystem und Abgaswärmetauscher) komplett neu gebaut habe – lediglich die im Jahre 2000 bereits ersetzten Abgaswärmetauscher habe sie weiterverwendet – und hierfür Kosten i.H.v. 484.475,91 Euro aufgewandt habe. Sie hat mit dem Anlagenkonvolut K 46 Rechnungen vorgelegt, welche einen Gesamtbetrag i.H.v. 484.456,06 Euro ergeben. Eine Änderung ihrer Klageanträge hat sie nicht vorgenommen.

Die Klägerin hat u.a. die Auffassung vertreten, dass sich aus dem Bauvertrag mit der Beklagten zu 1) ergebe, dass sämtliche Nachbesserungsarbeiten der Beklagten zu 1) in einem gemeinsamen förmlichen Abnahmetermin abzunehmen seien und erst danach der Lauf der Verjährungsfrist für diese Anlagenteile beginne. Zu diesem Abnahmetermin, der ursprünglich für den 28.03.2000 vorgesehen worden sei, sei es letztlich nicht gekommen, weil das BHKW nicht alle Leistungsparameter erfüllt habe. Hilfsweise hat sie sich teilweise auf ein arglistiges Verschweigen von Mängeln berufen.

Die Beklagte zu 2) hafte, weil sie ihrer Verpflichtung zur Bauüberwachung, welche eine Kontrolle der einzubauenden Einzelteile vor dem Verschluss der Anlage umfasste, verletzt habe. Ihr habe vor allem der Mangel an der Konstruktion der Sekundärschalldämpfer sowie an der Beschichtung des Schornsteins auffallen müssen. Hinsichtlich der Mängel der Beschichtung des Schornsteins sei die Beklagte zu 2) wissentlich zum Nachteil der Klägerin vom Leistungsverzeichnis abgewichen.

Die Beklagte zu 1) hat den Feststellungsantrag teilweise – exklusive Ersatz der verschlissenen Teile und mit Ausnahme solcher Maßnahmen der Instandhaltung, die auf unsachgemäße Benutzung, äußere Gewalt (wie Vandalismus) oder Fehlbedienung oder sonstige nicht vorhersehbare Ereignisse oder höhere Gewalt zurückzuführen sind – sofort anerkannt (vgl. GA Bd. II Bl. 4). Im Übrigen haben beide Beklagte jeweils Klageabweisung beantragt.

Beide Beklagte haben – jeweils für sich – die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Beklagte zu 1) hat mit Schriftsatz vom 29.04.2004 (GA Bd. II Bl. 84) Widerklage i.H.v. 139.958,58 Euro erhoben; dieser Schriftsatz ist der Klägerin am 21.05.2004 zugestellt worden. Sie hat die Widerklage auf Vergütungsforderungen aus drei Quartalsrechnungen für Wartungsarbeiten und vier Einzelrechnungen über Reparaturarbeiten gestützt.

Das Landgericht hat Beweis erhoben über einen Teil der Mangelbehauptungen der Klägerin durch die Hinzuziehung des Dipl.-Ing. H. Pe., von der IHK H. öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von Maschinen und Anlagen, insbesondere Kraftwerkstechnik; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf dessen schriftliches Gutachten vom 31.08.2009 (Gutachtenheft GH I) und dessen Anhörung im Termin am 24.02.2011 (GA Bd. VII Bl. 185 ff.) jeweils Bezug genommen.

Das Landgericht hat weiter Beweis erhoben zur Höhe des Schadens aus einer verminderten Leistung des BHKW; insoweit wird auf das schriftliche Ergänzungsgutachten desselben Sachverständigen vom 10.08.2012 verwiesen (Gutachtenheft GH II). Schließlich hat das Landgericht Beweis erhoben über den Inhalt des Vergabegesprächs am 07.05.1997 durch die Vernehmung des Zeugen C. R.; insoweit wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 10.01.2018 (GA Bd. IX Bl. 96 ff.) Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage mit seinem am 08.06.2018 verkündeten Urteil, welches am 30.07.2018 ergänzt worden ist, abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage zur Zahlung von 94.932,62 Euro unter Abweisung der Widerklage im Übrigen verurteilt.

Hinsichtlich des Komplexes I A (Gewährleistungsansprüche gegen die Beklagte zu 1)) hat das Landgericht für alle Mängel den Eintritt der Verjährung angenommen (LGU ab S. 47), wobei diese Beurteilung ganz wesentlich darauf gestützt wird, dass die Abrede der Parteien im Übergabeprotokoll vom 23.12.1997 als eine umfassende, sämtliche Gewährleistungsansprüche erfassende Novation ausgelegt worden ist. Deswegen könne sogar offenbleiben, ob die Klägerin hinsichtlich derjenigen Mängel, welche Gegenstand des Schiedsgutachtens gewesen seien, gehindert sei, außerhalb des Schiedsgutachtens Beweis für die Verantwortlichkeit der Beklagten zu erbringen (LGU S. 59 f.).

Hinsichtlich des Komplexes I B (Gewährleistungsansprüche gegen die Beklagte zu 2)) sei Verjährung eingetreten (LGU ab S. 61). Für die Bauüberwachung sei die Verjährung vor dem Ende des Jahres 2002 eingetreten, für die Begründung eines Sekundäranspruchs seien keine hinreichenden Ansatzpunkte vorgetragen worden. Für Mängel, die Gegenstand des Schiedsgutachtens gewesen seien, sei die Klägerin auf die Feststellungen des Schiedsgutachtens beschränkt (LGU S. 63 ff.).

Hinsichtlich des Komplexes II (Wartungsvertrag) ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht habe beweisen können, dass jegliche Instandsetzungsleistungen einschließlich des Ersatzes von Verschleißteilen Gegenstand der pauschal vergüteten Leistungspflichten gewesen seien (LGU ab S. 73). Danach hat es der Klägerin die Rückerstattung von vier Zahlungen i.H.v. 3.440,17 Euro zugesprochen, welche jedoch durch die Hilfsaufrechnung der Beklagten zu 1) mit Wartungskosten für das I. Quartal 2009 untergegangen sei (LGU S. 80). Ein Anspruch auf Rückzahlung von Überzahlungen bestehe auch i.H.v. 32.644,98 Euro wegen der fehlerhaften Anwendung der Preisgleitklausel; insoweit sei jedoch mit der Widerklageforderung zu saldieren (LGU S. 80 f.).

Hinsichtlich der Widerklage hat das Landgericht die drei Quartalsrechnungen III und IV/2002 sowie I/2003 als unstreitig, drei Reparaturrechnungen (mit Ausnahme von B 18) als begründet angesehen (LGU S. 81 f.) und mit der vorgenannten Forderung der Klägerin saldiert. Die Hilfsaufrechnung der Klägerin gegen Schadensersatzansprüche wegen der fehlenden KU-Fähigkeit hat das Landgericht im Hinblick auf ein im April 2005 nachträglich vereinbartes Aufrechnungsverbot für unzulässig erachtet (LGU S. 82).

Gegen dieses, ihr am 14.06.2018 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 29.06.2018 eingelegten und – innerhalb der mehrfach, zuletzt bis zum 14.11.2018, verlängerten Frist – am 13.11.2018 begründeten Berufung.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass Gewährleistungsansprüche gegen die Beklagte zu 1) nicht verjährt seien, weil entgegen der Annahme des Landgerichts die Vereinbarung vom 23.12.1997 allenfalls den Beginn der Gewährleistungsfrist für die neue Gesamtanlage betroffen habe, nicht aber den in § 15 Abs. 3 Satz 2 ZVB und § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B 1996 gleichermaßen geregelten besonderen Zeitpunkt des Beginns der Gewährleistungsfrist für nachgebesserte Anlagenteile.

Hinsichtlich der von der Beklagten zu 1) nach der förmlichen Abnahme der Gesamtanlage am 30.12.1997 ausgeführten Nachbesserungsarbeiten sei eine Abnahme (i.S. der vertraglich vereinbarten förmlichen Abnahme) gescheitert, so dass die Gewährleistungsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Selbst wenn man jedoch den gescheiterten Abnahmetermin der Nachbesserung des Mangels am 28.03.2000 als Beginn der Frist ansehe, sei die Gewährleistungsfrist erst am 28.03.2003 vollendet gewesen. Die Klägerin wiederholt ihre erstinstanzliche Auffassung, dass äußerst hilfsweise eine Hemmung des Laufs der Verjährung bis zum 28.03.2000 im Hinblick auf die Durchführung der Nachbesserungsarbeiten (als ein Anerkenntnis i.S.v. § 208 BGB a.F. bzw. als ein Verhandeln i.S.v. § 204 BGB a.F.) eingetreten sei.

Hinsichtlich der im Mai 2000 angezeigten Mängel an dem Abgaswärmetauscher habe wegen § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B eine gesonderte Verjährungsfrist von 36 Monaten ab Anzeige zu laufen begonnen.

Hinsichtlich der Mängel am Sekundärschalldämpfer – Verwendung von Stahl des Typs 16Mo3 statt von Edelstahl sowie planwidrige Konstruktion des Schalldämpfers – sei von einer arglistigen Täuschung auszugehen, weswegen der Schadensersatzanspruch einer Regelverjährung von 30 Jahren unterlegen habe. Das Landgericht habe zu Unrecht eine Beweislast der Klägerin dafür angenommen, dass ihr bzw. den für sie tätigen Ingenieuren Informationen über die beabsichtigten Änderungen nicht zugegangen seien. Die Klägerin meint, dass die bewussten Abweichungen vom Vertrag hier so gravierend gewesen seien, dass es weiterer Darlegungen von ihrer Seite nicht bedurft habe. Sie macht hilfsweise geltend, dass sie den Nachweis der nicht rechtzeitigen Vorlage der Schalldämpferzeichnung bewiesen habe, und äußerst hilfsweise, dass sie im Falle eines gerichtlichen Hinweises den Zeugen N. benannt hätte.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die mit der Klage geltend gemachten Mängel bewiesen. Für den Nachweis sei die Klägerin prozessual nicht auf die Feststellungen des Schiedsgutachters beschränkt, weil dessen Gutachten grob unbillig und unbrauchbar sei. Für diesen Fall habe die Schiedsvereinbarung ausdrücklich vorgesehen, dass die Feststellungen weder endgültig noch verbindlich seien. Die Überschreitung des Grenzwertes des Herstellers der Module für den Abgasgegendruck sei von einer Unterauftragnehmerin der Beklagten zu 1) selbst regelmäßig festgestellt worden, so dass die Beklagte zu 1) diesen Mangel gar nicht wirksam bestreiten könne. Diese Grenzwertüberschreitung sei die zentrale Ursache für die Probleme bei der Schalldämmung; der Versuch der Nachbesserung durch den Einbau eines Mündungsschalldämmers habe zu einer Verstärkung des Abgasgegendrucks geführt.

Der Feststellungsantrag bezüglich der Einstandspflicht für künftige Schäden werde für erledigt erklärt, weil das BHKW inzwischen – unstreitig – abgebaut worden sei.

Hinsichtlich der Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) sei Verjährung nicht eingetreten, weil der Sekundärhaftungsanspruch der Klägerin nicht verjährt gewesen sei. Die Beklagte zu 2) sei zudem auch zur Überwachung der Nachbesserungsmaßnahmen verpflichtet gewesen. Entgegen der Feststellung des Landgerichts habe die Beklagte zu 2) konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an ihrer eigenen pflichtgemäßen Bauüberwachung gehabt. So habe sie die von der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1) angebrachten Mängelanzeigen erhalten (z.B. Anlage K 28: zu hoher Abgasgegendruck; Anlage K 31: Riss im Sekundärschalldämpfer) und gewusst, dass die Beklagte zu 1) die Leistungsnachweise nicht habe erbringen können (aus dem Schreiben ihrer Streithelferin, Anlage K 18: Hinweise auf Abgasgegendruck und Taupunktunterschreitungen als Ursache der mangelhaften Funktion). Hieraus habe u.a. schon der Schornsteinbauer Sch. (zutreffend) auf die Mangelursachen geschlossen (vgl. Anlage K 60).

Soweit das Landgericht darauf abgestellt habe, dass eine Hemmung der Verjährung durch das schiedsgutachterliche Verfahren bezüglich derjenigen Mängel eingetreten sei, welche Gegen stand des feststellenden Schiedsgutachtens gewesen seien, dies jedoch zu keinen Ansprüchen führe, weil die Klägerin bezüglich der Feststellung der Mangelhaftigkeit der Leistungen der Beklagten zu 2) auf die Feststellungen des Schiedsgutachtens beschränkt sei, trage die Begründung nicht. Die Klägerin rügt insoweit die Verletzung rechtlichen Gehörs. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei das Schiedsgutachten bezüglich der Mängel am Schornstein schon deswegen unbrauchbar, weil der Sachverständige hierzu gar keine Feststellungen getroffen habe. Im Übrigen habe das Landgericht verkannt, dass sich die Vertragsparteien darauf geeinigt hätten, dass das Gutachten schon dann unverbindlich sein solle, wenn es „unbrauchbar i.S.v. §§ 412, 493 ZPO“ sei. Das weitere, im Schiedsgutachten behandelte Problem seien Mängel im Bereich des Abgaswärmetauschers gewesen; insoweit habe der Schiedsgutachter verbindlich festgestellt, dass diese gerissen gewesen seien und dass die Korrosion an der Rauchgasseite begonnen habe, ohne dass der Grund hierfür habe festgestellt werden können. Dies sei jedoch ein isoliertes Problem gewesen, während es im jetzigen Rechtsstreit um ein komplexes Problem – die unzureichende Funktion des BHKW (z.B. unzureichende Lärmreduzierung) – gehe. Hierfür könne das Schiedsgutachten nicht verbindlich sein.

Die Klägerin wendet sich schließlich gegen die Auslegung des Wartungs- und Instandhaltungsvertrages durch das Landgericht, wonach Instandsetzungsleistungen von der Beklagten zu 1) nicht geschuldet waren und deswegen – mit Ausnahme des Austausches von Zündkerzen – ein gesonderter Vergütungsanspruch der Beklagten zu 1) bestand. Insoweit verweist sie insbesondere auf das Begriffsverständnis nach der DIN 31051, das übereinstimmende Verständnis der Vertragsparteien und allgemein der betroffenen Verkehrskreise.

Soweit das Landgericht den für begründet erachteten Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung i.H.v. 3.440,17 Euro im Hinblick auf eine Hilfsaufrechnung der Beklagten zu 1) als erloschen ansehe, habe es verkannt, dass diese Leistungen nicht gesondert zu vergüten gewesen seien. Auch habe das Landgericht die Tabelle (Anlage K 94) nicht unberücksichtigt lassen dürfen, weil sie selbst erklärend gewesen und von der Beklagten zu 1) nicht bestritten worden sei.

Bezüglich der Widerklage habe das Landgericht zu Unrecht drei Rechnungen (Anlagen B 19, B 20 und B 21) berücksichtigt (vgl. LGU S. 82); sie beträfen nicht gesondert vergütungspflichtige Leistungen. Die gegenüber den weiteren drei Rechnungen (Anlagen B 15, B 16 und B 17) erklärte Hilfsaufrechnung sei wirksam, weil sie bereits am 20.07.2004 erklärt worden sei. Der nachträglich geschlossene Vertrag habe das Erlöschen der Forderungen nicht mehr rückgängig machen können. Der Vertrag habe ein Aufrechnungsverbot auch nur für bis dahin nicht erklärte Aufrechnungen schaffen wollen.


Die Klägerin beantragt,

unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils

1. die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 998.391,23 Euro nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.03.2003 sowie weitere 107.139,65 Euro nebst Zinsen in Höhe von acht Pro zentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.07.2004 zu zahlen,

2. die Beklagte zu 1) weiter zu verurteilen, an sie 146.296,77 Euro nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2003 sowie weitere 32.644,98 Euro nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.02.2010 zu zahlen,

3. die Beklagte zu 1) weiter zu verurteilen, an sie 336.996,45 Euro nebst Zinsen jeweils in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus 1.287,60 Euro seit dem 01.01.2004,
aus 28.617,23 Euro seit dem 01.01.2005,
aus 35.118,34 Euro seit dem 01.01.2006,
aus 65.042,51 Euro seit dem 01.01.2007,
aus 76.523,49 Euro seit dem 01.01.2008,
aus 60.359,30 Euro seit dem 01.01.2009 und
aus 70.047,98 Euro seit dem 01.11.2009

zu zahlen,

4. festzustellen, dass sich der ursprüngliche Feststellungsantrag bezüglich der Einstandspflicht der Beklagten zu 1) und zu 2) für weitere Schäden aus der fehlerhaften bzw. planwidrigen Erstellung des Blockheizkraftwerks im Hinblick auf den Abriss der Anlagen erledigt hat,

5. die Widerklage insgesamt abzuweisen.


Die Beklagte zu 1), die Beklagte zu 2) und die Streithelferin der Beklagten zu 2) beantragen jeweils,

die Berufung der zurückzuweisen.


Sie haben sich der Teil-Erledigungserklärung nicht angeschlossen und verteidigen im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil. Auf die Berufungserwiderung der Beklagten zu 1) vom 07.03.2019, der Beklagten zu 2) vom 28.02.2019 und der Streithelferin vom 04.03.2019 wird Bezug genommen. Der Senat hat am 29.06.2022 mündlich zur Sache verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls des Senats vom selben Tage Bezug genommen.

Zum Inhalt der Erörterung der Sach- und Rechtslage im Termin sowie zu den insoweit erteilten gerichtlichen Hinweisen auf die vorläufige Bewertung der Rechtssache haben die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 15.07.2022 und die Beklagte zu 1) mit ihrem Schriftsatz vom 27.07.2022 ergänzend Stellung genommen.


B.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache nur teilweise Erfolg.

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht darauf erkannt, dass die Klägerin weder gegen die Beklagte zu 1) noch gegen die Beklagte zu 2) Gewährleistungsansprüche aus den jeweiligen Vertragsbeziehungen durchsetzen kann. Die Klägerin hat abweichend vom erstinstanzlichen Urteil umfangreichere bereicherungsrechtliche Ansprüche auf Rückzahlung überzahlter Vergütungen an die Beklagte zu 1), was zugleich zur Abweisung der Widerklage führt.

Zum Komplex I A:

I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) ungeachtet der Einrede der Verjährung keinen Anspruch auf Schadensersatz bezüglich der Kosten für die Anschaffung zusätzlicher Tisch kühler in Höhe von 40.904,84 Euro (1.), der Kosten für die Beseitigung der fehlerhaften Signalweiterleistung bei der Frequenzumformung in Höhe von pauschal 10.000,00 Euro (2.) und der Kosten für den Neubau der Schornsteinanlage in Höhe von 104.574,00 Euro (3.), keinen Schadensersatzanspruch in Höhe von 410.851,24 Euro wegen fehlender Leistungsnachweise des elektrischen und thermischen Wirkungsgrades der Gesamtanlage (4.) und keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Demontage des Mündungsschalldämpfers in Höhe von 2.861,15 Euro (5.). Ob ein Anspruch wegen unzureichender KU-Fähigkeit des BHKW besteht, kann hier offenbleiben (6.).

Hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) aus dem Bauvertrag vom 10.04./07.05.1997 sind ergänzend die Regelungen der VOB Teil B in der damals aktuellen Fassung von 1996 (künftig: VOB/B 1996) anzuwenden. Das ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1) aus der Regelung in § 5 ZVB, wonach die VOB u.a. auch „hinsichtlich der Lieferung und Montage“ Gültigkeit erlangen sollte. Diese Regelung ist dahin auszulegen, dass die Vertragskonformität der Liefer- und Montageleistungen und damit deren Mangelfreiheit nach den Maßstäben der VOB/B zu beurteilen waren, was die Geltung des Gewährleistungsrechtes der VOB/B unmittelbar einschließt.

1. Für einen Gewährleistungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) wegen unzureichender Leistungsfähigkeit der Tischkühler fehlt es bereits an einer schlüssigen Darlegung eines Sachmangels, jedenfalls an dessen Nachweis. Unabhängig davon ist der mit dem Klageantrag geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der fiktiven Aufwendungen für die Anschaffung weiterer Tischkühler zur Mangelbeseitigung in Höhe von 40.904,84 Euro brutto aus rechtlichen Gründen und deswegen nicht durchsetzbar, weil inzwischen wegen des Abrisses des BHKW eine Nachrüstung nicht mehr in Betracht kommt.

a) Die Klägerin hat mit ihrem Schriftsatz vom 12.03.2003 angezeigt, dass die jeweiligen Tisch kühler in der Energieerzeugungs- bzw. Energieumwandlungsanlage (Teilbereich 1 des BHKW) bei einer Außentemperatur von mehr als 25°C keine ausreichende Abkühlung der Brennraumtemperaturen in den Modulen gewährleisteten, was zu erhöhten Emissionen führte. Sie hat insbesondere behauptet, dass die Beklagte zu 1) zugesichert habe, dass ein Betrieb aller fünf Module des BHKW bei einer Außentemperatur von 32°C bis zu 90 % des Nennwerts gewähr leistet sei. Eine nach § 13 Nr. 1 VOB/B 1996 vorausgesetzte Abweichung der Werkleistung der Beklagten zu 1) von vertraglich zugesicherten Eigenschaften hat die Klägerin jedoch nicht schlüssig darzulegen vermocht, jedenfalls ist sie beweisfällig geblieben.

aa) Eine entsprechende Zusicherung der Beklagten zu 1) war entgegen der Auffassung der Klägerin im Bauvertrag selbst nicht enthalten. Zwar sollte die Beklagte zu 1) im Rahmen ihres Angebotes nicht nur zusichern, dass die Kühlung einen Volllastbetrieb bei Außentemperaturen bis zu 25°C gewährleistet (was sie in ihrem Angebot getan hat), sondern sie sollte nach dem Leistungsverzeichnis, Abschnitt E1, S. 1-1-5 (vgl. GA Bd. I Bl. 72) auch Angaben dazu machen, wieviel Prozent des Nennwerts des Betriebes bei 30°C zugesichert werden. Insoweit trug die Beklagte zu 1) in ihrem Angebot jedoch keine Angaben ein und gab mithin keine Zusicherung ab. Die Klägerin erteilte den Auftrag letztlich auf dieses (unvollständige) Angebot, so dass es an einer Zusicherung eines bestimmten, ggf. nur anteiligen Betriebes des BHKW bei Außentemperaturen über 25°C fehlte.

bb) Eine Zusicherung des von der Klägerin behaupteten Inhalts ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin in Bezug genommenen Schriftwechsel zwischen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) während der Bauarbeiten. Allerdings schlug die Beklagte zu 2) in ihrem Schreiben an die Beklagte zu 1) vom 17.06.1997 (Anlage K 16, GA Bd. I Bl. 150 f.) vor, das Leistungsverzeichnis des Bauvertrages abzuändern und jeweils zwei parallele Tischkühler je Modul einzubauen, um nicht nur bei Außentemperaturen von 25°C einen 100 %-igen Betrieb zu gewährleisten, sondern auch bei Außentemperaturen von 32°C noch alle fünf Module – allerdings mit Leistungseinschränkungen – betreiben und ab 33°C den Betrieb des BHKW mit schrittweiser Abschaltung einzelner Module aufrecht erhalten zu können. Die Beklagte zu 1) nahm diesen Vorschlag aber nicht an, sondern unter breitete zwei alternative Gegenvorschläge mit ihrem Schreiben vom 18.06.1997 (Anlage B 10, GA Bd. II Bl. 53). Danach sollte die Motorenanlage entweder – gemäß dem Inhalt des Bauvertrages – lediglich auf einen Volllastbetrieb aller Module bei einer Außentemperatur von bis zu 25°C ausgelegt werden, was kostengünstiger und sicherer sei, aber beinhalte, dass seltene Einschränkungen bei höherer Außentemperatur hinzunehmen seien, oder die Anlage sollte auf einen Volllastbetrieb aller Module grundsätzlich bis zu einer Außentemperatur von 32°C ausgelegt werden, was den Einbau zusätzlicher Tischkühler erfordere. Auf den zuletzt genannten Gegenvorschlag Alternative 2 bezog sich das Angebot der Beklagten zu 1) über die Kosten der zusätzlichen Tischkühler in Höhe von 40.904,84 Euro (Anlage K 17). Das vorzitierte Schreiben der Beklagten zu 1) führte jedoch noch nicht zu einer entsprechenden Vereinbarung, sondern die Korrespondenz verblieb im Stadium wechselseitiger Vorschläge.

b) Selbst wenn ein Sachmangel der von der Klägerin behaupteten Art zur Zeit der Abnahme der Werkleistungen der Beklagten zu 1) vorgelegen hätte, wäre ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Mangelbeseitigungskosten nicht in Betracht gekommen, denn die Mangelbeseitigung ist inzwischen unmöglich geworden. Das BHKW wurde bereits abgerissen, so dass eine Nachrüstung des Teilbereichs Energieumwandlung nicht mehr in Betracht kommt. Die Klägerin hat trotz des ausdrücklichen Hinweises des Senats im Termin vom 29.06.2022 auf diesen Umstand ihren Klageantrag nicht angepasst.

c) Schließlich ist darauf zu verweisen, dass ein Anspruch nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 oder Abs. 2 VOB/B 1996 auf Ersatz der fiktiven Mangelbeseitigungskosten auch aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht gekommen wäre. Auch hierauf ist die Klägerin ausdrücklich hingewiesen worden. Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat insoweit seine bisherige Rechtsprechung zur Bemessung des Schadensersatzanspruches statt der Leistung nach fiktiven Mangelbeseitigungskosten ausdrücklich aufgegeben (vgl. BGH, Urteil v. 22.02.2018, VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1; bestätigt in: BGH, Beschluss v. 08.10.2020, VII ARZ 1/20, BauR 2021, 225). Diese Rechtsfrage ist im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert worden.

2. Die Klägerin kann gegen die Beklagte zu 1) auch Gewährleistungsansprüche wegen einer unzureichenden Frequenzumformung nicht mit Erfolg geltend machen. Die hierauf bezogene Klageforderung in Höhe von pauschal 10.000,00 Euro brutto ist schon dem Grunde nach nicht gerechtfertigt, so dass es auf die unzureichende Substantiierung des Vortrags zur Höhe nicht ankommt.

a) Die Klägerin hat den erstmals im Schriftsatz vom 12.03.2003 bezeichneten Mangel schon nicht ordnungsgemäß angezeigt. Ihre damaligen Ausführungen beschränkten sich darauf, dass Oberwellen, welche bei der Frequenzumformung entstehen, nicht ordnungsgemäß abgeleitet werden würden, wodurch beim Betrieb des BHKW „die Messwerte“ beeinträchtigt würden. Diese Anzeige ist weder nachvollziehbar noch einlassungsfähig gewesen; mit ihr sind die Anforderungen an eine Mangelanzeige nicht erfüllt worden. Es ist nicht erkennbar, in welchem Bereich der Anlage derartige Frequenzumformungen auftreten, welche Soll-Beschaffenheit nach dem Vertrag geschuldet gewesen sein soll und wie bzw. inwieweit die Ist-Beschaffenheit hiervon abweichen soll oder welche Messwerte beeinträchtigt sein sollen. Der Mangel muss zumindest hinsichtlich seines äußeren objektiven Erscheinungsbildes so genau beschrieben werden, dass der Auftragnehmer zweifelsfrei ersehen kann, was im Einzelnen beanstandet wird bzw. welche Abhilfe von ihm verlangt wird (vgl. Wirth in: Ingenstau/Korbion, VOB Teile A und B, 21. Aufl. 2019, § 13 Abs. 5 VOB/B, Rn. 47 f. m.w.N.).

b) Selbst wenn der Senat das erstmals im Schriftsatz vom 06.05.2004 enthaltene Vorbringen der Klägerin, dass es Fehlfunktionen der Fühler für die Abgastemperatur am Ausgang der Abgaswärmetauscher der Module 3 und 5 gebe, dieser Mangelanzeige zuordnete, so läge zwar eine nachvollziehbare Mangelanzeige nach Klageerhebung ab dem 06.05.2004 vor. Die Mangelanzeige war aber jedenfalls nicht mit einer nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B 1996 voraus gesetzten fristgebundenen Aufforderung zur Mangelbeseitigung verbunden, sondern unmittelbar mit der Geltendmachung eines Anspruchs auf Ersatz der fiktiven Mangelbeseitigungskosten bei Selbstvornahme. Dieser Anspruch wäre mangels eines – auch nicht entbehrlichen – Mangelbeseitigungsverlangens mit angemessener Fristsetzung unbegründet.

c) Schließlich gilt auch im Hinblick auf diesen Mangel, dass ein Anspruch auf Ersatz von voraussichtlich erforderlichen, aber nicht aufgewandten, also fiktiven Mangelbeseitigungskosten nach der Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgeschlossen ist; eine Umstellung der Klagebegründung ist trotz entsprechenden Hinweises nicht erfolgt.

3. Soweit die Klageforderung im Berufungsantrag zu Ziffer 1) auf Zahlung von 998.391,23 Euro einen Teilbetrag von 104.574,00 Euro brutto für den Neuaufbau der Schornsteinanlage enthält, ist die Klage schon unschlüssig, jedenfalls kommt ein Ersatz derartiger fiktiver Mangelbeseitigungskosten aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht.

a) Die Klägerin hat in der Klageschrift vom 30.12.2003 Kosten für den Neuaufbau des Schornsteins in Höhe von 104.574,00 Euro brutto pauschal als Maßnahme „zur Behebung des Schallproblems“ bezeichnet (vgl. S. 9, GA Bd. I Bl. 9) und auf ein Angebot der Fa. I. GmbH vom 23.12.2003 (Anlage K 11, GA Bd. I Bl. 143 f.) Bezug genommen. Sie hat die Schallproblematik in der Klageschrift jedoch ausschließlich auf angebliche Mängel in der Abgasstrecke an den Primär- und insbesondere den Sekundärschalldämpfern gestützt, ohne einen für die Schallproblematik relevanten Mangel der Schornsteinanlage auch nur zu benennen. Sie hat die Ausführungen zur Höhe mit der Bemerkung eingeleitet, dass eine Mangelbeseitigung technisch nur möglich sei durch den Neuaufbau der Schalldämpferanlage; hierzu gehört die Schornsteinanlage jedoch nicht. Auch im weiteren Verlauf des Rechtsstreits sind Mängel der Schornsteinanlage, welche zu erhöhten Schallleistungspegeln hätten führen können, nicht vorgetragen worden.

b) Allerdings ist darauf zu verweisen, dass in der Klageschrift vom 30.12.2003 im sachlichen Zusammenhang mit dem Mangelkomplex „Mündungsschalldämpfer“ auch Mängel erstmals angezeigt werden, welche nicht den Mündungsschalldämpfer, sondern die Schornsteinanlage im Allgemeinen betroffen haben (Klageschrift S. 10). Die Klägerin hat vorgetragen, dass Ende März 2003 ein zu hoher Kondensat-Rücklauf im Schornstein festgestellt worden, ein Defekt in der Kondensatleitung im Bereich der Durchführung durch den Tragmantel des Schornsteins und eine unzureichende Dämmdicke im Inneren des Schornsteins, weil die Isolierung im Schornstein lediglich 1x 50 mm stark sei statt 2x 50 mm und der Tragmantel innen lediglich eine Grundierung statt einer Grundierung mit einer Deckbeschichtung jeweils aus Epoxidharz Eisenglimmer aufweise. Die Klägerin selbst leitete jedoch aus diesem Mangel keinen Anspruch auf Neuherstellung der Schornsteinanlage ab und trug insbesondere auch nichts dazu vor, dass die angezeigten Mängel eine vollständige Neuherstellung der Schornsteinanlage erforderten. Selbst wenn der Senat den vorgenannten Sachvortrag der Teilforderung von 104.574,00 Euro zuordnete, hätte die Klage insoweit keinen Erfolg.

c) Auch die Teilforderung von 104.574,00 Euro brutto bezieht sich auf fiktive Mangelbeseitigungskosten, deren Ersatz nach den Vorausführungen schon aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht kommt.

4. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) hat gegen die Beklagte zu 1) keinen Anspruch auf Zahlung von 410.851,24 Euro brutto wegen der Nichteinhaltung von vereinbarten Leistungsparametern des BHKW.

a) Soweit die Klägerin diesen Anspruch als „Minderung“ bezeichnet, geht der Senat von einer Falschbezeichnung aus; die Klägerin stützt ihren Anspruch auf §§ 15, 19 ZVB des Bauvertrages, welche auf einen pauschalierten Schadensersatzanspruch in Höhe von 10 % des Auftragswerts gerichtet sind. Weder aus dieser Anspruchsgrundlage noch aus § 13 Nr. 7 Abs. 3 lit. c VOB/B 1996 ist der Anspruch gerechtfertigt.

b) Eine als Sachmangel zu qualifizierende Abweichung der Ist-Beschaffenheit des BHKW gegenüber der Soll-Beschaffenheit ist nicht feststellbar.

aa) In dem Leistungsverzeichnis, welches Vertragsbestandteil wurde, dort unter Technische Daten, Seite A – 2 (GA Bd. I Bl. 35), wurden unter Ziffer 3.1 Quantitative Daten „nur Richtwerte“ zwingend vorgegeben: elektrische Leistung BHKW maximal 6.000 kW, thermische Leistung BHKW maximal 8.000 kW, sowie unter Ziffer 3.2 Qualitative Daten nur unvollständige Vorgaben gemacht: Volllaststunden 6.000 Bh/a, elektrischer Wirkungsgrad 38,5 % brutto, thermischer Wirkungsgrad k.A. (also: keine Angabe). Im Hinblick auf die Soll-Beschaffenheit war § 13 Abs. 2 Satz 5 ZVB einschlägig, wonach der Nachweis zugesicherter Eigenschaften während des Probebetriebes stattfinden sollte. Diese Regelung wurde durch § 15 Abs. 1 ZVB dahin ergänzt, dass im Falle der Unmöglichkeit des Nachweises im Probebetrieb der Leistungsnachweis innerhalb von vier Monaten nachzuholen sei, und durch § 15 Abs. 3 ZVB, aus dem sich ergab, dass der Auftragnehmer erst im Falle einer erfolglosen zweiten Nachbesserung schadensersatzpflichtig i.S.v. § 19 ZVB sei. In der Gesamtschau dieser vertraglichen Regelungen ergibt sich, dass eine Schadensersatzhaftung der Beklagten zu 1) allenfalls bezüglich des Nichterreichens des elektrischen Wirkungsgrades im Leistungsnachweis in Betracht kam. Die Schadensersatzregelungen für den Fall des Nichterreichens des thermischen Wirkungsgrades gingen mangels verbindlicher Festlegungen ins Leere.

bb) Zwar wurde anlässlich der förmlichen Abnahme am 30.12.1997 festgestellt, dass der Leistungsnachweis des elektrischen Wirkungsgrades noch nicht erbracht worden und binnen vier Wochen nachzuholen sei (vgl. Ziffer 5 des Protokolls, Anlage B 1, GA Bd. II Bl. 29). Soweit die Beklagte zu 1) unter Berufung auf das Telefax der Streithelferin der Beklagten zu 2) vom 16.01.1998 (Anlage B 11, GA Bd. II Bl. 58) die erfolgreiche Durchführung einer entsprechenden Leistungsfahrt behauptet hat, folgt der Senat dem nicht, denn dieses Schreiben enthielt lediglich die Bitte um Übergabe der Auswertung der Leistungsfahrt, aber keinen Hinweis auf deren Ergebnis und erst recht keinen Beleg dafür, dass die Beklagte zu 1) dieser Aufforderung nachgekommen sei und welches Ergebnis die Leistungsfahrt hatte. Dies genügt für den von der Beklagten zu 1) als Auftragnehmerin vorzulegenden schriftlichen Leistungsnachweis nicht. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht auf eine Vernehmung der von der Beklagten zu 1) angebotenen Zeugen verzichtet hat, denn Zeugenaussagen über die Durchführung einer Leistungsfahrt können weder den fehlenden schriftlichen Leistungsnachweis noch die wertende Beurteilung durch die Auftraggeberin bzw. deren Vertreterin ersetzen. Die Klägerin hat jedoch selbst das an sie gerichtete Schreiben der Streithelferin der Beklagten zu 2) vom 07.09.1999 (Anlage K 18, GA Bd. I Bl. 153) vorgelegt, wonach zunächst am 24.08.1999 ein Test unzureichende Leistungswerte ergeben habe, es aber offenbleibe, ob hierfür technische oder meteorologische Einflüsse maßgeblich gewesen seien, während am 25.08.1999 ein weiterer Probelauf akzeptable Ergebnisse („als unterste Toleranzgrenze“) erbracht habe. In der Zeit nach dem 07.09.1999 folgte keine Anzeige eines Fehlens des Leistungsnachweises mehr, so dass der Senat in der Gesamtschau eine Erbringung des Leistungsnachweises über einen vertragsgemäßen elektrischen Wirkungsgrad feststellt.

5. Schließlich ist auch ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklage zu 1) auf Ersatz der (tat sächlich angefallenen) Kosten des Abbaus des Mündungsschalldämpfers in Höhe von 2.861,15 Euro nicht begründet.

a) Zunächst ist darauf zu verweisen, dass die Einfügung eines Mündungsschalldämpfers am Kopf des Kamins keine originäre vertragliche Leistung nach dem Bauvertrag der Parteien war, sondern eine zwischen ihnen vereinbarte Maßnahme der Mangelbeseitigung im Hinblick auf die Lärmemissionen des BHKW. Der Einbau beruhte auf einem Vorschlag der Beklagten zu 1) im Schreiben vom 08.01.1998 (Anlage K 13, GA Bd. I Bl. 147) und einer Zustimmung der Klägerin – unter nachträglich erfüllten Vorbehalten – im Schreiben vom 10.01.1998 (Anlage K 12, GA Bd. I Bl. 146). Der Einbau erfolgte im Januar 1999 und führte zumindest vorübergehend auch zu einer Verminderung der Lärmemissionen.

b) Der Senat geht bezüglich des Mündungsschalldämpfers von einer konkludenten Abnahme durch Inbetriebnahme und fortlaufende Nutzung ab Februar 1999 aus. Für diese Maßnahme war eine isolierte förmliche Abnahme nicht vereinbart worden. Hilfsweise ist von einem konkludenten Verzicht der Klägerin auf eine förmliche Abnahme auszugehen. Hierauf kommt es für die Entscheidung in der Hauptsache letztlich nicht an.

c) Die Klägerin zeigte erstmals Ende März 2003, nach der Herstellung eines Zugangs zum Inneren des Kamins als sog. Mannloch im Schornsteinpodest, die Verwendung eines unzureichenden Werkstoffs für den Mündungsschalldämpfer und einen Konstruktionsfehler von dessen Kulissen gegenüber der Beklagten zu 1) an. Die Klägerin traf jedoch keine Auswahlentscheidung zwischen den ggf. in Betracht kommenden Gewährleistungsansprüchen und sie forderte die Beklagte zu 1) auch nicht etwa zur Beseitigung der angezeigten Mängel auf, sondern entschied sich unmittelbar für die endgültige Demontage des Mündungsschalldämpfers. Danach sind weder die Voraussetzungen des § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B 1996 noch diejenigen des § 13 Nr. 7 VOB/B 1992 erfüllt.

6. Für die Entscheidung des Rechtsstreits in der Hauptsache kann offenbleiben, ob die Klägerin gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Schadensersatz, insbesondere nach § 13 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B 1996, wegen des fehlenden Nachweises der KU-Fähigkeit des BHKW hat.

a) Die Klägerin hat im Zusammenhang mit ihren Ausführungen, warum sie im Jahre 2000 zu einer Gesamtabnahme der Mangelbeseitigungsmaßnahmen noch nicht bereit gewesen sei, eine unzureichende Funktion der Gesamtanlage bezüglich des Wiederanlaufens des BHKW nach kurzzeitiger Stromnetzstörung bzw. nach Einspeiseunterbrechung beanstandet, insbesondere hat sie eine automatische Zuschaltung der Module vermisst. Sie hat im Verlaufe des Rechtsstreits vorgetragen, dass dieser Mangel seit dem Jahre 2004 „in geminderter Form“ fortbestehe, ohne dies näher zu konkretisieren. Mit ihrem Schriftsatz vom 13.09.2004 (dort ab S. 22, GA Bd. IV Bl. 22) hat sie auf (Folge-) Schäden durch Personalmehrkosten wegen erforderlicher manueller Zuschaltungen und durch entgangenen Gewinn aus der Stromeinspeisung (später auch aus der Fernwärmeeinspeisung) verwiesen. Mit ihrem Schriftsatz vom 04.08.2008 hat sie den durchschnittlichen (Folge-) Schaden je Kurzunterbrechung in Höhe von 1.036,00 Euro beziffert und behauptet, dass im Zeitraum von 1998 bis 2008 insgesamt 312 Kurzunterbrechungen aufgetreten seien, woraus sie einen Gesamtschaden in Höhe von 323.232,00 Euro ermittelt hat.

b) Die Beklagte zu 1) hat nicht bestritten, dass es sich bei dem anlässlich der Abnahme vom 30.12.1997 vorbehaltenen Mangel (vgl. Ziffer 5.3: „… automatische Wiederzuschaltung der Module nach kurzzeitiger Stromnetzstörung herstellen – schnellstmöglich“) um das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft handelt. Sie hat eine Beseitigung dieses Mangels im Verlaufe des Jahres 1999 zwar behauptet, aber nicht nachgewiesen. Insoweit stehen der Behauptung der Beklagten zu 1) allerdings nicht die von der Klägerin angeführten Abnahmeverlangen der Beklagten entgegen; weil das Abnahmeverlangen der Beklagten zu 1) vom 19.10.1998 (Anlage K 22, GA Bd. III Bl. 25) zeitlich vor der angeblichen Mangelbeseitigung lag und das Abnahmeverlangen der Beklagten zu 1) vom 10.03.2000 (Anlage K 23, GA Bd. III Bl. 26) sich auf die Abnahme „der Restpunkte“ bezog, ohne dass es einen Hinweis auf die noch offene Abnahme der KU-Fähigkeit beinhaltete. Auch das Schreiben der Beklagten zu 2) an die Beklagte zu 1) vom 18.05.2000 (Anlage K 27, GA Bd. III Bl. 53) ist insoweit unergiebig, denn es bezog sich nicht auf das Wiederanlaufen nach einer Unterbrechung, sondern allgemein auf die Ergebnisse eines Tests „des Automatikbetriebes“, ohne den Gegenstand des Tests näher zu spezifizieren. Maßgeblich ist jedoch, dass die Beklagte zu 1) kein Dokument vorlegen kann, aus dem sich auf die Nachholung der Prüfung der KU-Fähigkeit und auf ein positives Ergebnis dieses Leistungsnachweises schließen lässt. Vielmehr spricht gegen einen Leistungsnachweis, dass die Klägerin den ausstehenden Test der KU-Fähigkeit auch in ihrem Schriftsatz vom 12.03.2003 beanstandete und die Mängel- und Restleistungsliste vom 28.03.2003 (Anlage B 5, GA Bd. II Bl. 44), welche die Beklagte zu 1) nicht zurückgewiesen hatte, auswies, dass die Prüfung des Automatikbetriebes unvollständig sei, weil die KU-Festigkeit noch geprüft werden müsse.

c) Ob die Klägerin gegen die Beklagte wegen dieses Mangels einen Gewährleistungsanspruch hat, muss der Senat nach den im Berufungsverfahren gestellten Anträgen nicht entscheiden. Denn der o.g. Betrag für Folgeschäden aus der unzureichenden KU-Fähigkeit in Höhe von 323.232,00 Euro bzw. auch ein anderer Geldbetrag werden von einem Leistungsantrag der Klägerin nicht erfasst. Bei der Berechnung der Klageforderungen wird eine Position Schadensersatz wegen fehlenden Nachweises der KU-Fähigkeit nicht aufgeführt. Die Summe des Berufungsantrages zu Ziffer 1, der auf Zahlung von insgesamt 998.391,23 Euro gerichtet ist, setzt sich zusammen aus den Kosten für die Neuerrichtung der Abgasstrecke (seinerzeit fiktiv 429.200,00 Euro), den Kosten für die Neuerrichtung der Schornsteinanlage (fiktiv 104.574,00 Euro), den Kosten der Anschaffung weiterer Tischkühler (fiktiv 40.904,84 Euro), den Kosten der Mangelbeseitigung bei der Frequenzumformung (fiktiv 10.000,00 Euro), dem Schadensersatz wegen des Nichterreichens der zugesicherten Wirkungsgrade des BHKW (410.851,24 Euro) und den Kosten der Demontage des Mündungsschalldämpfers (2.861,15 Euro). Soweit die Schadensposition wegen der unzureichenden KU-Fähigkeit Gegenstand des erst am 06.12.2004 rechtshängig gewordenen Feststellungsantrages der Klägerin geworden sein könnte, hat die Klägerin diesen Antrag nach dem Abriss des BHKW einseitig für erledigt erklärt.

II. Ebenfalls ungeachtet der Streitfrage der Verjährung von Gewährleistungsansprüchen ist ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) wegen einer Überschreitung des maximalen Schallleistungspegels, gemessen am Ausgang der Schornsteinanlage, nicht (mehr) gegeben. Dieser Mangel wurde erfolgreich beseitigt.

1. Das zum Vertragsbestandteil gewordene Leistungsverzeichnis des Bauvertrages enthielt funktionale Anforderungen an die Schalldämpfung des BHKW, darunter zwei Schallleistungspegel, jeweils bezogen auf eine Messung im Mündungsquerschnitt des Schornsteins. Danach wurde vereinbart, dass beim Betrieb aller fünf Module ein maximaler Schallleistungspegel von 78 dB(A) auftreten durfte (vgl. Abschnitt D, Garantiedaten, Erklärungen des Bieters, D-5, GA Bd. I Bl. 60), und weiter, dass beim Normalbetrieb lediglich eines Moduls ein maximaler Schallleistungspegel von 71 dB(A) einzuhalten war (vgl. Abschnitt E, Fabrikatsangaben M., S. 1- 1-8 (GA Bd. I Bl. 75). Nach dem Bauvertrag war die Beklagte zu 1) verpflichtet, die Einhaltung dieser maximalen Schalleistungspegel gegenüber der Klägerin nachzuweisen.

2. Dieser Nachweispflicht kam die Beklagte zu 1) jedenfalls bis einschließlich zum Termin der förmlichen Abnahme am 30.12.1997 nicht nach. Die Klägerin zeigte vielmehr das Vorliegen zu hoher Schallemissionen als Mangel bereits vor der förmlichen Abnahme am 30.12.1997 an und erklärte anlässlich der Abnahme ausdrücklich einen entsprechenden Vorbehalt. In der Mangel- und Restpunkteliste wurde unter Ziffer 5.1 die Notwendigkeit der Beseitigung zu hoher Schallemissionen gemäß noch ausstehender Messungen festgehalten.

3. In der Gesamtwürdigung des Prozessstoffes ist festzustellen, dass die Beklagte zu 1) den vorgenannten Mangel erfolgreich behob.

a) Allerdings ist davon auszugehen, dass sämtliche Nachbesserungsmaßnahmen der Beklagten zu 1) bis einschließlich November 1998 nicht zur einer Mangelbeseitigung führten. Insbesondere wurde die Überlegung, zusätzliche Schalldämpfer in der Abgasstrecke zu installieren, nach mehrfacher technischer Prüfung verworfen, weil die entsprechenden Arbeiten mit erheblichen Ausfällen des BHKW verbunden gewesen wären.

b) Im Dezember 1998 trafen die Vertragsparteien durch wechselseitige Schreiben und schließlich durch die Ausführung der Maßnahme eine Einigung des Inhalts, dass der angezeigte Man gel durch den Einbau eines Mündungsschalldämpfers behoben werden sollte und der Erfolg der Mangelbeseitigung durch eine durch einen externen Sachverständigen durchgeführte Messung bestätigt werden sollte.

Zunächst bot die Beklagte zu 1) mit ihrem Schreiben vom 08.12.1998 (Anlage K 13, GA Bd. I Bl. 147) zur Einhaltung des maximalen Schallleistungspegels im Mündungsquerschnitt der Schornsteinanlage den Einbau eines zusätzlichen Mündungsschalldämpfers an. Das Angebot der Beklagten zu 1) schloss damit, dass der Nachweis über den Erfolg der durchgeführten Maßnahme mittels einer Schallmessung geführt werden solle. Das Angebot ist dahin auszulegen, dass eine weitere Ursachenforschung für die Schallproblematik nicht erfolgen sollte, sondern eine zur Einhaltung der Maximalwerte führende Installation des Mündungsschalldämpfers als finale Maßnahme zur Mangelbeseitigung angeboten wurde.

Die Klägerin stimmte diesem Vorschlag mit ihrem Schreiben vom 10.12.1998 (Anlage K 12, GA Bd. I Bl. 146) unter dem Vorbehalt der schriftlichen Zusage von mehreren Bedingungen zu (die Verantwortung der Beklagten zu 1) für das Genehmigungsverfahren, die Übernahme sämtlicher in Betracht kommender Anpassungskosten, z.B. für eine Fundamentverstärkung, die Übernahme der Kosten eines Sachverständigen für die Schallmessung sowie das Recht der Klägerin zur Zurückweisung der Maßnahme für den Fall der Nichteinhaltung der Schallwerte). Im Hinblick auf ihr Zurückweisungsrecht verlangte die Klägerin, dass nach einer erfolgreichen Schallmessung am Schalldämpfer lediglich eine vorläufige Abnahme erfolge und dass eine endgültige Abnahme im April 1999 stattfinden solle, bei welcher die Korrosionsbeständigkeit und Eignung des Mündungsschalldämpfers im Dauerbetrieb bewertet werden solle. In dieser Erklärung lag eine Ablehnung des Angebots der Beklagten zu 1) und die Unterbreitung eines neuen, modifizierten Angebots.

Mit Schreiben vom 14.12.1998 (Anlage K 100, KA Bd. 1, Bl. 173) informierte die Beklagte zu 1) die Klägerin über den Gang des von ihr betriebenen Genehmigungsverfahrens und den Umstand, dass bauliche Änderungen an den Bestandsanlagen nicht erforderlich seien. Hieraus ergab sich, dass die Beklagte zu 1) jedenfalls die beiden zuerst genannten Modifikationen der Klägerin akzeptierte. Das spätere Verhalten der Beklagten zu 1) ist auch dahin auszulegen, dass sie sich mit der dritten Modifikation – Übernahme von Sachverständigenkosten – einverstanden erklärte. Im Hinblick auf das Zurückweisungsrecht der Klägerin verblieb die Beklagte zu 1) jedoch bei ihrem ursprünglichen Angebot, indem sie schrieb: „Wie bereits in unserem Schreiben vom 08.12.1998 mitgeteilt, wird die Wirksamkeit der Maßnahme durch eine Schallmessung belegt.“ (Unterstreichung durch den Senat). Damit brachte die Beklagte zu 1) unmissverständlich zum Ausdruck, dass der Einbau eines Mündungsschalldämpfers ein- schließlich der Übernahme der Kosten des Genehmigungsverfahrens und der sachverständigen Messung als Mangelbeseitigungsmaßnahme unter der Bedingung angeboten wurde, dass der Erfolg der Mangelbeseitigung allein von einer einmaligen Leistungsfahrt mit Schallpegelmessung abhing.

Nachdem die behördliche Genehmigung im Januar 1999 erteilt wurde, erfolgte der Einbau des Mündungsschalldämpfers durch die Beklagte zu 1) an der Schornsteinanlage der Klägerin mit deren Duldung Ende Januar/Anfang Februar 1999. Hierin sieht der Senat eine Annahme des nochmals modifizierten Angebots der Beklagten zu 1) vom 14.12.1998.

c) Am 22.02.1999 fand eine Schallpegelermittlung statt, welche ohne Beanstandungen blieb. Unter dem 23.02.1999 erstatteten Dipl.-Ing. G. und Dipl.-Phys. Sp. ein Gutachten (Nr. 1024E1/1999, Anlage B 4, GA Bd. II Bl. 40 ff.), welches einen Schallleistungspegel an der Schornsteinmündung von 77 bis 78 dB(A) auswies. Die Klägerin holte ein weiteres Schallgut achten ein, welches im Prozess nicht vorgelegt worden ist und zu dessen Ergebnis sich die Klägerin nicht geäußert hat. Der Senat würdigt dieses Prozessverhalten dahin, dass das Gut achten keine zu Ungunsten der Beklagten zu 1) abweichenden Erkenntnisse enthielt. Damit war der Nachweis der Beseitigung des Mangels „Überschreitung des maximalen Schallleistungspegels am Ausgang der Schornsteinanlage“ erbracht. Darauf, ob weitere Schallprobleme bei isolierter Betrachtung der Abgasstrecke vorlagen oder ob andere, eigenständige Mängel, etwa die unzureichende Korrosionsbeständigkeit des Mündungsschalldämpfers, bestanden, kam es für die Bewertung der Mangelbeseitigung nicht an. Insoweit ist klarzustellen, dass zwar die Anzeige des Mangels der Nichteinhaltung des maximalen Schallleistungspegels am Aus gang der Schornsteinanlage des BHKW grundsätzlich alle Sachmängel der Anlage erfasste, welche eine erhebliche Erhöhung dieses Schallleistungspegels verursachten, also z.B. auch die später entdeckten Mängel an den Sekundärschalldämpfern (Ausfluss der sog. Symptomtheorie des Bundesgerichtshofes, vgl. nur Wirth, a.a.O., § 13 Abs. 5 VOB/B Rn. 47 m.w.N.). Hiervon zu unterscheiden ist jedoch, die Beseitigung welchen Mangels die Auftragnehmerin anzeigt und die Auftraggeberin als nunmehr vertragsgerechte Leistungserbringung anerkennt. Die Abnahme des Mündungsschalldämpfers als erfolgreiche Maßnahme zur Erreichung einer Funktionalanforderung – maximaler Schallleistungspegel am Ausgang der Schornsteinanlage – führte auch nicht etwa zu einer Schlechterstellung der Klägerin bei der Geltendmachung hiervon abweichender Mängel.

d) Dem entsprechend zeigte die Beklagte zu 1) gegenüber der Klägerin mit ihrem Schreiben vom 24.03.1999 (in Anlagenkonvolut K 24, GA Bd. III Bl. 48) die Erledigung der Schallproblematik BHKW zu Ziffer 5.1 der Mängel- und Resteleistungsliste an, was die Klägerin unwidersprochen hinnahm. Die Klägerin zeigte danach auch keinen Mangel mehr im Hinblick auf den Schallleistungspegel am Ausgang der Schornsteinanlage an, so war z.B. in der Mängel- und Resteleistungsliste der Streithelferin der Beklagten zu 2) vom 28.03.2000 (Anlage B 5, GA Bd. II Bl. 44, als Anlage nur Seite 1 von 3 vorgelegt, vollständige Vorlage im Termin vom 02.08.2004, jedoch nicht zur Gerichtsakte genommen) kein Eintrag mehr zu einem schalltechnischen Mangel enthalten, in der Besprechung vom 28.05.2000 über offene Restleistungen fand die Schallproblematik keine Erwähnung mehr (vgl. Anlage B 6, GA Bd. II Bl. 45 f.).

e) Nur vorsorglich ist darauf zu verweisen, dass der Annahme des Senats, wonach der Mangel der Überschreitung des maximalen Schallleistungspegels laut Leistungsbeschreibung endgültig beseitigt wurde, nicht entgegensteht, dass die Abnahme einzelner Nachbesserungsmaßnahmen von einer nochmaligen förmlichen Gesamtabnahme des BHKW durch die Klägerin abhängig gewesen wäre. Diese von der Klägerin vertretene Rechtsauffassung findet – ungeachtet der nachfolgenden Ausführungen – selbst im ursprünglichen Bauvertrag keine Stütze. Der Bauvertrag sah in § 14 Abs. 1 ZVB eine förmliche Abnahme der Gesamtleistung vor, wie sie am 30.12.1997 auch erfolgte. Die Regelung des § 15 Abs. 3 Satz 2 ZVB ist dahin auszulegen, dass für nachgebesserte Anlagenteile jeweils eine Teilabnahme zulässig und aus schlaggebend für den Beginn der Gewährleistungsfrist des § 17 ZVB sein sollte. Die von der Klägerin während der gesamten Phase der Nachbetreuung des Bauwerks geforderte nochmalige Gesamtabnahme des BHKW war weder ausdrücklich vereinbart noch konnte die vorgenannte Regelung in diesem Sinne interpretiert werden. Nach ihrem objektiven Erklärungswert i.S.v. §§ 133, 157 BGB wurden selbständige Teilabnahmen für jedes nachgebesserte Anlagenteil vorgesehen, welche dann jeweils von der Gewährleistungsfrist der Gesamtanlage abweichende Einzel-Gewährleistungsfristen in Gang setzen sollten. Ausgehend von diesem Vertragsverständnis war für die Einzelabnahmen für nachgebesserte Anlagenteile weder eine förmliche Abnahme vorgesehen noch gar eine Wiederholung der Abnahme der Gesamtanlage.

III. Etwaige Gewährleistungsansprüche gegen die Beklagte zu 1) wegen Sachmängeln an der mehrstufigen Schalldämpferanlage des BHKW i.H.v. 429.200 Euro bzw. weiteren 107.139,65 Euro kann die Klägerin gerichtlich nicht mehr durchsetzen, weil die Beklagte zu 1) wegen des Eintritts der Verjährung nach § 214 Abs. 1 BGB dauerhaft zu einer Leistungsverweigerung berechtigt ist.

0. Im Hinblick auf den Berufungsantrag zu Ziffer 1 ist nach dem Vorausgeführten nur noch über die Position Neubau der Schalldämpferanlage zu befinden; insoweit hat die Klägerin zunächst einen Betrag in Höhe von 429.200,00 Euro brutto fiktive Kosten der vollständigen Neuerrichtung der Schalldämpferanlage geltend gemacht – was rechtlich nicht (mehr) zulässig ist – und mit ihrem Schriftsatz vom 13.09.2004 eine endgültige Abrechnung der Ersatzvornahme vorgenommen, welche laut Sachvorbringen auf 484.475,91 Euro brutto endete (vgl. GA Bd. IV Bl. 16). Nur vorsorglich ist anzumerken, dass der Klage- bzw. Berufungsantrag zu Ziffer 1 nicht angepasst wurde und dass sich die Summe der im Anlagenkonvolut K 46 in Bezug genommenen Fremdrechnungen auf 484.456,06 Euro beläuft (vgl. GA Bd. IV Bl. 17 f. und Bd. IV Bl. 60 ff.)). Der Senat hat die Klägerin im Termin vom 29.06.2022 hierauf hingewiesen, von einer weiteren Aufklärung jedoch abgesehen. Diese Schadensposition wird aus zwei Mangelkomplexen her geleitet:

a) Die Klägerin beanstandet einerseits die Überschreitung des Grenzwerts des Herstellers der Motoren zu dem auf die Motoren wirkenden Abgasgegendruck aus der Abgasstrecke.

aa) Die Klägerin bezieht sich auf die Nichteinhaltung der Vorgabe für Leistungswerte der Motoren im Leistungsverzeichnis in Abschnitt E 1, Ziffer 1.1.1 (Seite 1-1-3: „zulässiger Abgasgegendruck max. 50 mbar“, das entspricht 500 mmWS, vgl. GA Bd. I Bl. 70). Der Senat folgt ihr darin, dass es sich insoweit nach dem eindeutigen Wortlaut der Leistungsbeschreibung um einen Grenzwert und nicht etwa nur um einen Richtwert handelte. Sie behauptet u.a. unter Bezugnahme auf insgesamt 26 Inspektionsberichte der Fa. D., beginnend vom 02.12.1999 (ca. 680 mmWS, vgl. Anlage K 9, GA Bd. I Bl. 141) und vom 04.12.1999 (ca. 670 mmWS, vgl. Anlage K 10, GA Bd. I Bl. 142), weitere Berichte in der Zeit vom 11.05.2000 bis zum 16.01.2004 (Anlagenkonvolut K 73, GA Bd. VIII Bl. 72 ff.) auf einen durchschnittlichen Abgasgegendruck von 600 bis 700 mmWS. Ursache des zu hohen Abgasgegendrucks waren, wie inzwischen festzustellen, aber nicht näher auszuführen ist, insbesondere erhebliche konstruktive Querschnittsverengungen im Sekundärschalldämpfer. Mit diesem Mangel waren erhöhte Lärmemissionen und vor allem negative Rückwirkungen auf den Wirkungsgrad des Motors verbunden.

bb) Nur vorsorglich ist darauf zu verweisen, dass das Sachvorbringen der Klägerin zur haftungsausfüllenden Kausalität insoweit nicht schlüssig ist. Denn die Klägerin hat unter Berufung auf § 15 Abs. 3 Satz 3 ZVB die Zurückweisung der Abgasanlage erklärt (vgl. GA Bd. I Bl. 8); Rechtsfolge dieser Regelung wären jedoch ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) auf Demontage der Schalldämpferanlage ab Stutzen Abgasturbolader bis zur Einleitung in die Schornsteinanlage – und nur insoweit ggf. der Ersatz der Selbstvornahmekosten – sowie ein Anspruch auf Rückzahlung der hierauf entfallenden, bereits geleisteten Vergütung, nicht jedoch ein Anspruch auf Ersatz der Kosten der Neuherstellung.

b) Die Klägerin beruft sich andererseits auf den Austritt von Feuchtigkeit an der gesamten Abgasstrecke (Tropfenbildungen, Ablagerungen an Isolierungen und am Boden, zunehmend Korrosionserscheinungen). In der Folge traten Rissbildungen an den Bauteilen, insbesondere an den Abgaswärmetauschern, auf. Auf die realen Kosten des Austausches von drei Abgaswärmetauschern aufgrund von Korrosionserscheinungen bezieht sich auch die Klageerweiterung vom 20.07.2004 in Höhe von 107.139,65 Euro.

c) Selbst wenn der Senat zugunsten der Klägerin unterstellte, dass jeweils ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen dieser Sachmängel dem Grunde nach gegeben wäre, wären diese Ansprüche verjährt. Die Beklagte zu 1) hat die Einrede der Verjährung er hoben und diese Einrede ist begründet.

1. Die Dauer der Gewährleistung wurde im Bauvertrag individuell vereinbart und betrug drei Jahre. Diese Frist gilt für sämtliche streitgegenständlichen Gewährleistungsansprüche.

a) Die Parteien des Bauvertrages vom 10.04./07.05.1997 vereinbarten in § 17 ZVB eine Gewährleistungsfrist mit einer Dauer von 36 Monaten. Die hierfür in Ziffer 8 des Protokolls des Vergabegespräches vom 07.05.1997 vorgesehene Bedingung, der Abschluss eines Wartungsvertrages für die Dauer der Gewährleistung, war eingetreten.

b) Die nach der Struktur des Vertrages ohnehin nur subsidiär eingreifende VOB/B 1996 enthielt keine abweichenden Regelungen, denn in § 13 Nr. 4 VOB/B 1996 waren Regelungen zu Verjährungsfristen nur für den Fall aufgestellt, dass individuell keine Verjährungsfristen vereinbart wurden. Von der individuell vereinbarten Verjährungsfrist von drei Jahren gehen auch die Prozessparteien übereinstimmend aus.

c) Entgegen der Auffassung der Klägerin gilt keine abweichende Gewährleistungsfrist für die Mangelkomplexe „zu hoher Abgasgegendruck in der Abgasstrecke“ und „Schallproblematik in der Abgasstrecke“, welche sich jeweils auf Abweichungen der konkreten Ausführung der Sekundärschalldämpfer von anerkannten Regeln der Technik stützen.

aa) Zur Einordnung der Mängel ist auf Folgendes hinzuweisen: Der Abgasgegendruck entstand in der modulbezogenen Abgasstrecke (zweiter Teilbereich des BHKW) und wirkte auf die Motorenanlage (erster Teilbereich des BHKW) zurück. Bei einem höheren Abgasgegendruck muss der jeweilige Motor des Moduls eine höhere Leistung erbringen, um den gleichen elektrischen Wirkungsgrad zu erreichen (also ggf. umfangreicherer Energieträgereinsatz, höherer Verschleiß und wegen höherer Strömungsgeschwindigkeit des Rauchgases höhere Lärmemissionen). Als Ursache des behaupteten höheren Abgasgegendrucks und damit auch der höheren Lärmemissionen hat die Klägerin insbesondere konstruktive Mängel der Sekundärschalldämpfer benannt (Ausführung mit nur zwei Kulissen und einem kleinen Spalt zur Rauchgasdurchführung statt mit drei Kulissen und zwei Spalten mit der Folge der Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit der Abgase auf das Dreifache, keine Ausführung mit einem temperaturbeständigen Rieselschutz, keine Ausdehnbarkeit der Schalldämmkulissen). Daneben – und ohne einen Zusammenhang zur Schallproblematik – hat sie im Hinblick auf die Korrosionsbeständigkeit des Anlagenteils den Einsatz eines minderwertigen Werkstoffs (Stahl 16Mo3 statt Edelstahl) zur Herstellung der Sekundärschalldämpfer gerügt.

bb) Allerdings geht die Klägerin zu Recht davon aus, dass neben der individuellen Vereinbarung über die Dauer der Verjährungsfrist auch die zur Zeit des Vertragsabschlusses gültige Vorschrift des § 638 Satz 1 Halbsatz 2 BGB a.F. („… sofern nicht der Unternehmer den Mangel arglistig verschwiegen hat, …“) Anwendung findet. Der Vereinbarung in § 17 ZVB und auch dem Bauvertrag insgesamt kann der Wille, die festgelegte dreijährige Verjährungsfrist auch für den Fall des arglistigen Verschweigens eines Werkmangels vereinbaren zu wollen, nicht entnommen werden; ein dahingehender Wille hätte in der Verjährungsklausel ausdrücklich her vorgehoben werden müssen (vgl. nur BGH, Urteil v. 04.05.1970, VII ZR 134/68, WM 1970, 965). Wäre bezüglich eines Werkmangels dessen arglistiges Verschweigen durch die Beklagte zu 1) feststellbar, so führte dies zu einer längeren Verjährungsfrist – nach §§ 638 Satz 1, 195 BGB a.F. von dreißig Jahren ab Abnahme, nach Art. 229 § 6 Abs. 6 Satz 1 EGBGB von drei Jahren ab dem 01.01.2002.

cc) Hinsichtlich der vom gerichtlichen Sachverständigen festgestellten konstruktiven bzw. fertigungstechnischen Mängel der Sekundärschalldämpfer, welche in extremen Verengungen der Rauchgaswege bestanden (vgl. Gutachten Pe. v. 31.08.2009, S. 8 f., Sitzungsprotokoll v. 24.02.2011 – Anhörung Pe. -, S. 3, GA Bd. VIII Bl. 187), hat die Klägerin die Voraussetzungen für ein arglistiges Verschweigen nicht nachgewiesen.

(1) Insoweit fehlte es der Beklagten zu 1) bereits an einer Kenntnis des Mangels. Ein arglistiges Verschweigen eines Mangels setzt denknotwendig dessen Kenntnis voraus. Denn arglistig handelt nur derjenige, der bewusst einen (offenbarungspflichtigen) Mangel verschweigt. Ein Bewusstsein, die entsprechende Leistung vertragswidrig erbracht zu haben, fehlt, wenn der Mangel vom Auftragnehmer selbst nicht wahrgenommen wird (vgl. BGH, Urteil v. 11.10.2007, VII ZR 99/06, BGHZ 174, 32; vgl. auch Busche in: MüKo-BGB, Bd. 6, 8. Aufl. 2020, § 634a Rn. 38 m.w.N.). Die Klägerin hat eine Kenntnis der Beklagten zu 1) von der inneren Konstruktion der Sekundärschalldämpfer lediglich pauschal unter Verweis darauf behauptet, dass sie sich nicht vorstellen könne, dass eine Abweichung der Konstruktion von den mit deren Lieferung überreichten Plänen, wie vorliegend, aus Versehen zustande gekommen sei (vgl. Sitzungsprotokoll v. 02.08.2004, S. 4, GA Bd. III Bl. 208). Aus diesem Vorbringen ergibt sich in der vorliegenden Konstellation, in welcher die Beklagte zu 1) den Sekundärschalldämpfer nicht selbst fertigte, schon kein zwingender Rückschluss auf eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1) für die Differenzen zwischen Plan und Wirklichkeit, erst recht aber kein Anhaltspunkt für eine Kenntnis der Beklagten zu 1) von dem unzureichenden Querschnitt der Rauchgaswege im Inneren des jeweiligen Sekundärschalldämpfers. Nach dem nicht erheblich bestrittenen Sachvortrag der Beklagten zu 1) wurden die Sekundärschalldämpfer extern von einem Dritten gefertigt und als Komplettbauteil an die Baustelle geliefert. Die Beklagte zu 1) ließ sie durch eine Nachauftragnehmerin lediglich montieren und in die Gesamtanlage einfügen. Der innere Aufbau der Sekundärschalldämpfer war bei Anlieferung nicht zu erkennen. Eine Öffnung der Sekundärschalldämpfer zur Durchführung einer Kontrolle war weder vorgesehen noch im Sinne eines Werkerfolgs zielführend, weil sie zur Beschädigung der Bauteile geführt hätte; das Gehäuse war außen umlaufend verschweißt (vgl. Anlage K 6, GA Bd. I Bl. 137). Wie die Klägerin selbst vorträgt, wich der innere Aufbau der Sekundärschalldämpfer von den mitgelieferten Plänen ab, so dass die Beklagte zu 1) auch aus den mitgelieferten Plänen nicht etwa auf einen zu geringen Strömungsquerschnitt hätte schließen können.

(2) Zwar können die Voraussetzungen für ein arglistiges Verschweigen auch bei einer Hilfsperson i.S.v. § 278 BGB vorliegen, so dass sich der Werkunternehmer dann so behandeln lassen muss, als hätte er selbst den Mangel verschwiegen. Das trifft vor allem dann zu, wenn sich der Unternehmer des Gehilfen gerade zur Erfüllung seiner Offenbarungspflicht gegenüber dem Vertragspartner bedient hat (vgl. BGH, Urteil v. 20.12.1973, VII ZR 184/72, BGHZ 62, 63; kritisch dazu Jurgeleit BauR 2018, 389). Dies gilt aber nicht für die – hier zu Gunsten der Klägerin unterstellte – Kenntnis des Herstellers und Lieferanten der Sekundärschalldämpfer von der Abweichung der tatsächlichen Ausführung der Konstruktion von den mitgelieferten Konstruktionsplänen. Denn dieser Lieferant war zwar Erfüllungshilfe der Beklagten zu 1) bei der Herstellung des Werkes, aber nicht sein Erfüllungsgehilfe in Bezug auf seine Offenbarungspflicht gegenüber der Klägerin (vgl. BGH, Urteil v. 08.05.1968, VIII ZR 62/66, MDR 1968, 660; BGH, Urteil v. 20.12.1973, VII ZR 184/72, BGHZ 62, 63; BGH, Urteil v. 11.10.2007, VII ZR 99/06, BGHZ 174, 32). Insoweit könnte eine Zurechnung zulasten der Beklagten zu 1) nur erfolgen, wenn sie die Lieferantin nicht sorgfältig ausgewählt hätte; für eine derartige Pflichtverletzung hat die Klägerin nichts vorgetragen. Folgte man alternativ dem Ansatz über eine Zurechnung der Kenntnis eines Wissensvertreters nach § 166 Abs. 1 BGB analog (so Jurgeleit a.a.O.), so stellte sich der Lieferant gerade nicht als Repräsentant der Beklagten zu 1) gegenüber der Klägerin dar. Denn nach der Arbeitsorganisation der Beklagten zu 1) sollte nicht etwa der Lieferant, sondern ihr eigener örtlicher Bauleiter L. als Ansprechpartner der Klägerin für die mangelfreie Erstellung der Schalldämpferanlage agieren, die ihm dabei angefallenen Informationen zur Kenntnis nehmen und ggf. weiterleiten.

(3) Schließlich verweist die Klägerin zwar zu Recht darauf, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch ein Organisationsverschulden einem arglistigen Verschweigen von Mängeln gleichstehen kann; diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt. Der Werkunternehmer, der ein Bauwerk arbeitsteilig herstellen lässt, muss die organisatorischen Voraussetzungen schaffen, um sachgerecht beurteilen zu können, ob das Bauwerk bei Ablieferung mangelfrei ist. Das bedeutet, dass er für eine den Umständen nach angemessene Überwachung und Prüfung der Leistung und damit dafür sorgen muss, dass er oder seine insoweit eingesetzten Erfüllungsgehilfen zur Offenbarung etwaige Mängel erkennen können. Unterlässt er dies, so verjähren Gewährleistungsansprüche des Bestellers – wie bei arglistigem Verschweigen des Mangels – nach alter Rechtslage erst nach dreißig Jahren, wenn der Mangel bei richtiger Organisation entdeckt worden wäre (vgl. BGH, Urteil v. 20.12.1973, VII ZR 184/72, BGHZ 62, 63; BGH, Urteil v. 15.01.1976, VII ZR 96/74, BGHZ 66, 43; BGH Urteil v. 12.03.1992, VII ZR 5/91, BGHZ 117, 318). Dieser Rechtsprechung liegt der Gedanke zugrunde, dass eine mangelhafte Organisation gerade nicht dazu führen darf, die Arglisthaftung zu vermeiden (vgl. BGH, Urteil v. 27.11.2008, VII ZR 206/06, BGHZ 179, 55; auch Busche, a.a.O., § 434a Rn. 41). Ein solches Organisationsverschulden der Be klagten zu 1) ist nicht nachgewiesen. Die Beklagte zu 1) hat einen örtlichen Bauleiter, Herrn L., eingesetzt, welcher die mitgelieferten Pläne der Sekundärschalldämpfer auch prüfte und freigab sowie an die von der Klägerin mit der Bauüberwachung betraute Beklagte zu 2) bzw. die in deren Auftrag tätige Streithelferin weiterleitete.

dd) Ein arglistiges Verschweigen der Beklagten zu 1) ist hinsichtlich des Einsatzes eines unzureichenden Werkstoffes für die Fertigung der Sekundärschalldämpfer hat das Landgericht ebenfalls nicht festzustellen vermocht; dies begegnet keinen Zweifeln des Senats.

(1) Allerdings hat der gerichtliche Sachverständige, insoweit den Feststellungen der B. (B.) im Schiedsgutachten und des T. im Gutachten vom 13.03.2003 (Anlage K 4, GA Bd. I Bl. 91), dort S. 4, folgend, festgestellt, dass die für die Herstellung der Sekundärschalldämpfer eingesetzte ferristische Stahllegierung 16Mo3 von der Vorgabe des Leistungsverzeichnisses („Edelstahl“, vgl. LV Abschnitt E, S. 1- 1-8, GA Bd. I Bl. 75) abwich. Dies wird letztlich von der Beklagten zu 1) nicht mehr in Abrede gestellt. Der gerichtliche Sachverständige Pe. hat darüber hinaus ausgeführt, dass dieser Werkstoff, anders als die Beklagte zu 1) behauptet hat, für Temperaturen von 550°C ungeeignet war (vgl. Gutachten v. 31.08.2009, S. 7) und hierin ein Mangel mit erheblichen Auswirkungen auf die Lebensdauer des BHKW liegt.

(2) Die Klägerin hat jedoch den Vortrag der Beklagten zu 1) nicht widerlegt, dass ihr hierfür verantwortlicher Bauleiter L. den Einsatz dieses Werkstoffs für tauglich erachtete und die Informationen an die – letztlich im Auftrag der Klägerin mit der Prüfung betraute – Streithelferin der Beklagten zu 2) weiterleitete. Das zeigt sich schon in dem Eingeständnis der Klägerin, dass sie letztlich nicht wissen könne, ob die Beklagte zu 1) gegenüber der Beklagten zu 2) (bzw. deren Streithelferin) oder ob die Beklagte zu 2) ihr gegenüber diesen für sie maßgeblichen Umstand verschwiegen habe (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 06.05.2004, S. 8, GA Bd. III Bl. 1 ff., 8).

Die Klägerin geht zutreffend davon aus, dass grundsätzlich ihr die Darlegungs- und Beweislast dafür obliegt, dass die Beklagte zu 1) ihrer Offenbarungspflicht nicht genügt hat. Da es sich bei der unterbliebenen Offenbarung um eine negative Tatsache handelt, hat es der Beklagten zu 1) nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast oblegen, konkrete Anhaltspunkte für die Weiterleitung der Information vorzutragen (vgl. BGH, Urteil v. 12.11.2010, V ZR 181/09, BGHZ 188, 43). Diese Obliegenheit hat die Beklagte zu 1) erfüllt. Sie hat angegeben, dass sie in der Bauberatung vom 14.08.1997 von der Streithelferin der Beklagten zu 2) zur Übergabe der „Schalldämpferzeichnung“ bis zum 28.08.1997 aufgefordert worden sei (vgl. Protokoll v. 19.08.1997, dort zu Ziffer 3) „Schalldämpfer“, Anlage K 29, GA Bd. III Bl. 56 ff.), dass sie mit Schreiben vom 22.08.1997 eine Zwischennachricht erteilt habe (vgl. Anlage B 2, GA Bd. II Bl. 36 ff.) und dass sie mit Telefax vom 25.08.1997 (Anlage B 3, GA Bd. III Bl. 38 f.) die Zeichnung übersandt habe. Dem vorgelegten Telefax ist dabei zwar zu entnehmen, dass die Zeichnung nicht vollständig übermittelt wurde, aber jedenfalls derjenige Ausschnitt, aus welchem der für das Gehäuse eingesetzte Werkstoff eindeutig hervorgeht. Der Senat folgt auch der Feststellung des Landgerichts, dass der Klägerin bzw. der für sie empfangsberechtigten Streithelferin der Beklagten zu 2) die vollständige Konstruktionszeichnung nachträglich zugegangen ist. Denn in den nachfolgenden Baubesprechungen, in denen jeweils die offenen Punkte fortgeschrieben wurden, verlangte die Streithelferin der Beklagten zu 2) jedenfalls die Konstruktionszeichnungen der Schalldämpfer nicht mehr, was den Schluss auf ihren Zugang bei ihr zulässt. Schließlich spricht für diesen Umstand, dass im Rechtsstreit die Anlage K 6 (vollständig) von der Klägerin vorgelegt worden ist, was voraussetzt, dass diese Zeichnungen ihr zugegangen sind.

Der Beweiswürdigung des Landgerichts steht nicht entgegen, dass die schriftliche Freigabeerklärung des Bauleiters der Beklagten zu 1) auf der Konstruktionszeichnung der Lieferantin und dessen Schreiben an die Streithelferin der Beklagten zu 2) dasselbe Datum (22.08.1997) tragen. Das Datum sagt nichts über die Reihenfolge der Bearbeitung am selben Tage aus. Es ist nicht auszuschließen, dass der Bauleiter L. zunächst das Schreiben an die Streithelferin verfasste und im weiteren Verlaufe des Tages die Konstruktionszeichnungen vorgelegt bekam, prüfte und freigab. Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 15.07.2022 darin ein Beweisanzeichen für ein Beschwichtigen oder Hinhalten gesehen hat, bewertet der Senat das Schreiben, insoweit dem Landgericht folgend, als eine sachliche Zwischenantwort. Es ist auch darauf zu verweisen, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Offenbarung der Zeitpunkt der Abnahme ist, hier also der 30.12.1997. Zu diesem Zeitpunkt lag der Klägerin die Information über den eingesetzten Werkstoff bereits mehrere Monate zur Prüfung vor.

2. Die Verjährungsfrist von drei Jahren begann einheitlich für das gesamte BHKW am 23.12.1997. Der Senat folgt der vom Landgericht getroffenen Feststellung, dass die Vertragsparteien mit ihrer Vereinbarung vom 23.12.1997 (Anlage B 23, GA Bd. IV Bl. 217 f.) den Beginn der Verjährungsfrist eindeutig, klar und einheitlich neu regelten.

a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Im Berufungsverfahren findet danach grundsätzlich keine Wiederholung der Tatsachenfeststellung statt, sondern lediglich eine Fehlerkontrolle und -beseitigung (vgl. nur Heßler in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 529 Rn. 1 m.w.N.). Dabei ist das Berufungsgericht nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht an die vertretbare Auslegung einer Individualvereinbarung durch das erstinstanzliche Gericht gebunden, sondern hat auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen eine eigene Auslegung vorzunehmen (vgl. BGH, Urteil v. 14.07.2004, VIII ZR 164/03, BGHZ 160, 83).

b) Im vorliegenden Fall hatten die Vertragsparteien ursprünglich in § 17 ZVB den Beginn der Gewährleistungsfrist an den Zeitpunkt der Abnahme geknüpft und in § 14 Abs. 1 VOB/B zwingend eine förmliche Abnahme der Leistungen vereinbart. In § 15 Abs. 3 Satz 2 ZVB war ein abweichender Beginn der Gewährleistungsfrist für nachgebesserte Anlagenteile vorgesehen. Am 23.12.1997 vereinbarten die Vertragsparteien in dem „Übergabeprotokoll zum Gefahrenübergang während des Probebetriebes“, dass ein befristeter Gefahrenübergang in der Zeit vom 23.12.1997, 16:00 Uhr, bis zum 29.12.1997, 0:00 Uhr, erfolgen solle, nachdem die Funktionsprüfung aller Anlagenteile stattgefunden habe. Sodann hieß es in der Vereinbarung: „Die Gewährleistung beginnt für die BHKW-Anlagen am 23.12.1997.“ Zugleich wurde festgelegt, dass die Abnahme der Gesamtanlage am 30.12.1997, 12:00 Uhr, stattfinden solle (vgl. Anlage B 23, GA Bd. IV Bl. 217 f.).

c) Die Vereinbarung vom 23.12.1997 bedarf der Auslegung nach den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB. Im Ergebnis der Auslegung ist festzustellen, dass die Vertragsparteien sich mit dieser Vereinbarung bewusst und eindeutig von den bisher getroffenen Regelungen distanzierten und eine neue, einfacher zu handhabende Regelung schufen.

aa) Zunächst ist darauf zu verweisen, dass das Landgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass es rechtlich zulässig ist, nachträglich durch Individualvereinbarung eine Abkürzung der Gewährleistungsfrist vorzunehmen (BGH, Urteil v. 23.01.2002, X ZR 184/99, NJW-RR 2002, 664 – dort aber nicht festzustellen; OLG Braunschweig, Urteil v. 20.12.2012, 8 U 7/12, BauR 2013, 970; OLG Düsseldorf, Urteil v. 09.02.2016, I-21 U 183/15, BauR 2017, 1681). Dem steht schon allgemein nicht entgegen, dass die Parteien zuvor eine differenziertere Regelung über Teilabnahmen und sukzessive laufende Gewährleistungsfristen getroffen haben. Das gilt auch für den vorliegenden Fall.

bb) Mit der am 23.12.1997 getroffenen Vereinbarung regelten die Parteien ausdrücklich die Frage des Beginns der Gewährleistungsfrist. Der in der Regelung genannte Termin sollte unabhängig davon, dass die förmliche Abnahme der Gesamtanlage erst an einem späteren, in derselben Vereinbarung genannten Termin stattfinden sollte, und unabhängig davon, ob bei dieser zeitlich nachfolgenden Abnahme Mängel der Vertragsleistungen festgestellt wurden, den Lauf der Gewährleistungsfrist in Gang setzen. Für den Beginn der Verjährungsfrist sollte nunmehr ein nach dem Kalender vereinbarter Termin und nicht etwa ein Ereignis, wie die Gesamtabnahme, maßgeblich sein. Der Wortlaut der Vereinbarung ist insoweit eindeutig und klar. Zur wechselseitigen Interessenlage der Vertragsparteien haben diese nicht vorgetragen und das Landgericht keine Feststellungen getroffen, so dass dieser Umstand offenbleiben muss. Es mag sein, dass für die Klägerin im Hinblick auf die Höhe der Einspeisevergütung eine Inbetriebnahme des BHKW vor dem 31.12.1997 wirtschaftlich von Interesse war und nicht durch den relativ späten Abnahmetermin am 30.12.1997 gefährdet werden sollte, was sie durch die Vereinbarung eines sofortigen und einheitlichen Beginns der Gewährleistungsfrist zugunsten der Beklagten zu 1) sicherstellte. Letztlich kommt es auf etwaige interne Vorbehalte der Klägerin nicht an, denn im Rechtsverkehr muss sie sich am objektiven Erklärungsgehalt ihrer Willenserklärungen festhalten lassen. Der Wirksamkeit der Vereinbarung steht auch nicht entgegen, dass später nicht nur eine Gesamtabnahme, sondern zeitlich gestreckt weitere Teilabnahmen nach dem vereinbarten Stichtag stattfanden, weil die Vereinbarung sachlich alle von der Klägerin im Rahmen des Bauvertrages erbrachten Leistungen umfasste (vgl. KG Berlin, Urteil v. 11.03.2011, 6 U 128/08, nachgehend BGH, Beschluss v. 22.12.2011, VII ZR 85/11). Während bei einem Abstellen auf die Abnahme als den Lauf der Gewährleistung auslösendes Ereignis eine differenzierte Folgeregelung der Anknüpfung des Laufs der Gewährleistung an Einzelabnahmen bei nach gebesserten Anlagenteilen nachvollziehbar ist, ist für eine solche Folgeregelung kein Raum mehr, wenn die Vertragsparteien bewusst auf eine Differenzierung zwischen der Abnahme originärer und der Abnahme von Nachbesserungsleistungen verzichten und den Beginn des Fristlaufs an einen nach dem Kalender bestimmten Zeitpunkt knüpfen.

cc) Entgegen dem Berufungsvorbringen der Klägerin lässt das Nachverhalten der Vertragsparteien nicht etwa den Schluss darauf zu, dass sie an der ursprünglichen, im Bauvertrag enthaltenen Regelung zum Beginn der Verjährungsfrist festhalten wollten, und zwar auch ungeachtet des Umstandes, dass der Wortlaut der Vereinbarung vom 23.12.1997 nicht in diesem Sinne umgedeutet werden kann. Die Parteien nahmen mit der Vereinbarung vom 23.12.1997 weder von der Verabredung einer förmlichen Gesamtabnahme Abstand, wie an der Aufführung des Termins zu sehen ist, noch von der Absicht, eine Mängel- und Restpunkteliste zu erstellen und während der Gewährleistungszeit fortzuführen. Sie veränderten lediglich den zeitlichen Anknüpfungspunkt für den Lauf der Gewährleistungsfrist. Bezogen auf die Gewährleistungsfrist gibt es keine abweichenden Äußerungen oder Handlungen der Vertragsparteien bis zu der Erklärung der Beklagten zu 1) vom 20.03.2003 (Anlage K 26, GA Bd. III Bl. 52). Soweit die Klägerin darauf verwiesen hat, dass im Abnahmeprotokoll vom 30.12.1997 (Anlage B 1, GA Bd. II Bl. 29) auf § 14 ZVB Bezug genommen wurde, hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass die Bezugnahme lediglich zur Klarstellung des dort definierten Begriffs der förmlichen Abnahme erfolgte. Auch die weitere Korrespondenz der Vertragsparteien im Dezember 1997 bezog sich nicht auf die Berechnung der Gewährleistungsfrist. Das Schreiben der Klägerin an die Beklagte zu 1) vom 10.12.1998 (Anlage K 12, GA Bd. I Bl. 146), mit welchem die Klägerin ein Angebot der Beklagten zu 1) vom 08.12.1998 (Anlage K 13, GA Bd. I Bl. 147 f.) zur Beseitigung des Mangels „Überschreitung des maximalen Schallleistungspegels“ annahm, schloss zwar mit dem Verlangen, dass die Gewährleistung für diese Maßnahme nach endgültiger Abnahme beginnen sollte. Hierauf ließ sich die Beklagte zu 1) jedoch nicht ein, wie ihrem Schreiben vom 14.12.1998 (Anlage B 3 IV, GA Bd. IX Bl. 134 f.) zu entnehmen ist. Selbst wenn die Parteien jedoch bezüglich dieser Auftragserweiterung – Einbau eines ursprünglich nicht vorgesehenen Mündungsschalldämpfers am Schornsteinkopf – eine gesondert laufende Gewährleistungsfrist vereinbart hätten, stellte das die Wirksamkeit der Vereinbarung vom 23.12.1997 für den Beginn der Gewährleistung für sämtliche Vertragsleistungen nicht in Frage. Ohne Erfolg bleibt auch der mehrfache Verweis der Klägerin auf die Abnahme verlangen der Beklagten zu 1), zuletzt in ihrem Schriftsatz vom 15.07.2022. Die Vereinbarung einer einheitlichen und ab dem 23.12.1997 beginnenden Gewährleistung machte, wie voraus geführt, die Abnahme der Leistungen der Beklagten zu 1) nicht entbehrlich, sondern nahm der Abnahme lediglich die Funktion des In-Gang-Setzens der Gewährleistungsfrist. Insbesondere setzte im Hinblick auf die von den Vertragsparteien geführte Mängel- und Restpunkteliste die Erledigung von Mangelbeseitigungsverlangen der Klägerin durch die Beklagte zu 1) zumindest eine Fertigstellungsanzeige der Auftragnehmerin voraus.

3. Begann nach den Vorausführungen die Gewährleistungsfrist von drei Jahren am 23.12.1997, so endete sie nach § 188 Abs. 2 BGB in der hier nach Art. 229 § 6 Abs. 5, Abs. 1 Satz 1 EGBGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (künftig: BGB a.F.) am 22.12.2000.

4. Hinsichtlich beider Mangelkomplexe hat der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist jeweils mit dem Zugang der hierauf gerichteten Mangelanzeige erneut zu laufen begonnen.

a) Die Vertragsparteien haben nach den Vorausführungen die (subsidiäre) Geltung der Regelungen der VOB/B 1996 wirksam vereinbart. Nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B 1996 beginnt die vereinbarte Regelfrist für die Verjährung eines Anspruchs auf Beseitigung von Mängeln, welche erst nach der Abnahme zutage treten (vgl. Wirth, a.a.O., § 13 Abs. 5 Rn. 37 m.w.N.), am Tage des Zugangs des schriftlichen Verlangens der Mangelbeseitigung.

b) Sowohl die Überschreitung des maximal zulässigen Abgasgegendrucks an allen fünf Modulen als auch den Austritt von Feuchtigkeit an der Abgasstrecke zeigte die Klägerin gegen über der Beklagten zu 1) mit ihrem Schreiben vom 11.05.1999 (Anlage K 28, GA Bd. III Bl. 54 f.) an und forderte sie auf, die Abstellung dieser Mängel kurzfristig zu veranlassen. Das Schreiben ging der Beklagten zu 1) per Telefax am selben Tage zu. Dieses Verlangen erfasste sämtliche von der Klägerin im Verlaufe der vorgerichtlichen und gerichtlichen Auseinandersetzung in diesem Zusammenhang stehenden Mangelursachen, auch die erstmals mit Schreiben vom 12.03.2003 gerügten konkreten Mängel an den Sekundärschalldämpfern (Konstruktionsabweichungen und unzureichender Werkstoff). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist der Mangel vom Auftraggeber nach seinem äußeren objektiven Erscheinungsbild zu beschreiben; die hierdurch ausgelöste Nacherfüllungspflicht des Auftragnehmers bezieht sich „automatisch“ auf sämtliche Mangelursachen, durch die der jeweils beschriebene Mangel verursacht wurde (vgl. nur Wirth, a.a.O., § 13 Abs. 5 Rn. 47 m.w.N.). Die schriftliche Aufforderung zur Mangelbeseitigung kann je Mangel auch nur einmal die Verjährung verlängern, auf weitere Aufforderungen kommt es für den Lauf der Frist nicht an.

c) Damit begann die Verjährungsfrist der Mangelbeseitigungsansprüche, welche der Schadensposition Neuerrichtung der Abgasstrecke zugrunde liegen, jeweils am 11.05.1999 und endete am 10.05.2002.

5. Weitere Hemmungen bzw. Unterbrechungen der Verjährungsfrist sind nicht wirksam geworden.

a) Eine Hemmung der Verjährung im Hinblick auf die Prüfung von Mangelanzeigen, die Durchführung von Verhandlungen oder von Nachbesserungsarbeiten kommt nach den Regelungen des Bauvertrags nicht in Betracht.

aa) Auf hemmungsauslösende Ereignisse bis zum 31.12.2001 sind nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB die gesetzlichen Vorschriften des BGB in der bis zum 31.12.2001 einschließlich geltenden Fassung (BGB a.F.) anzuwenden. Deswegen kommt ein Rückgriff auf den mit der Schuldrechtsreform neu geschaffenen allgemeinen Hemmungstatbestand des § 203 BGB n.F. entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht in Betracht.

bb) Allerdings sah § 639 Abs. 2 BGB a.F. vor, dass eine Hemmung der Verjährung von werkvertraglichen Mangelbeseitigungsansprüchen auch für die Dauer der einvernehmlichen Prüfung der Vertragsparteien, ob ein Mangel vorliegt, sowie für die Dauer der Nachbesserungsarbeiten eintritt; diese Regelung galt grundsätzlich auch für VOB-Bauverträge (vgl. Sprau in: Palandt, BGB, 61. Aufl. 2002, § 639 Rn. 7 m.w.N.). Die Vertragsparteien haben diese Regelung jedoch abbedungen. Denn sie vereinbarten, dass die Gewährleistungsfrist von drei Jahren nur dann Wirksamkeit entfalten sollte, wenn parallel ein Wartungsvertrag abgeschlossen wurde, mit welchem der Beklagten zu 1) sämtliche Wartungs-, Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten exklusiv übertragen wurden. Damit entzogen die Vertragsparteien die Frage dem Streit, wer bei auftretenden Problemen an dem BHKW tätig werden sollte, und verlagerten etwaige Auseinandersetzungen, wie der Rechtsstreit zeigt, auf die Frage, ob und inwiefern für Arbeiten der Beklagten zu 1) eine Vergütung zu zahlen war. Für die gesamte Laufzeit des Wartungsvertrages bedurfte es keiner weiteren Einigung über die Prüfung des Mangels durch die Beklagte zu 1); hierzu verpflichtete sie sich im Wartungsvertrag. Es liefe der gleichzeitig und nur unter der Bedingung des Abschlusses des Wartungsvertrages für die gesamte Gewährleistungsfrist geschlossenen Vereinbarung zuwider, wenn der Lauf der Verjährung während der Laufzeit des Wartungsvertrages vollständig gehemmt wäre. b) Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Beklagte zu 1) gegenüber der Klägerin keine Erklärung abgab, welche als ein Anerkenntnis i.S.v. § 208 BGB a.F. zu bewerten wäre. Insbesondere beinhaltete das Schreiben der Beklagten zu 1) vom 10.03.2000 entgegen der Auffassung der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung kein solches Anerkenntnis.

aa) Ein Anerkenntnis i.S.v. § 208 BGB a.F. ist eine geschäftsähnliche Handlung, aus dem sich das Bewusstsein vom Bestehen des Anspruchs, hier des Anspruchs auf Mangelbeseitigung an der Abgasstrecke, ergibt. Es muss klar abzugrenzen sein von einer Handlung aus Kulanz oder einer Maßnahme zur gütlichen Einigung.

bb) Mit ihrem Schreiben vom 10.03.2000 (Anlage K 25, GA Bd. III Bl. 51) nahm die Beklagte zu 1) Bezug auf eine vorherige telefonische Absprache und bestätigte den ihr vorgeschlagenen Termin am 28.03.2000 „als Abnahmetermin / Restpunkte“. Allein in einer Terminbestätigung liegt jedoch kein Handeln, aus dem sich sicher auf ein Anerkenntnis des Anspruchs der Klägerin auf Mangelbeseitigung schließen lässt, sondern im Zweifel ein rein organisatorischer Akt. Dies gilt umso mehr, als die Parteien des Bauvertrags über den Wartungsvertrag weiter miteinander verbunden geblieben waren. Darüber hinaus bezieht sich dieses Schreiben nicht auf die Beseitigung der am 11.05.1999 erstmals angezeigten Mängel. Bei dem verabredeten und dann nicht durchgeführten Abnahmetermin am 28.03.2000 ging es ausschließlich um Mängel der Bauleistung, welche bereits bei der Abnahme bekannt waren und deren Beseitigung deswegen vorbehalten wurde, bzw. um Restleistungen aus dem Bauvertrag; hierüber hatten die Vertragsparteien eine Restepunkteliste zum Übergabeprotokoll vom 30.12.1997 gefertigt und sukzessive fortgeschrieben. Die Restepunkteliste (in: Anlage B 1, GA Bd. II Bl. 30) führte, soweit in diesem Zusammenhang interessierend, unter Ziffer 5 „Sonstige Restpunkte“ lediglich auf: „5.1 Beseitigung zu hoher Schallemissionen gemäß noch ausstehender Messungen – Termin nach Messung“. Mit diesem Restpunkt war die Beseitigung der Überschreitung des maximalen Schallemissionspegels lt. Leistungsverzeichnis am Ausgang der Schornsteinanlage gemeint. Insoweit wurde, wie vorausgeführt, der Mangel bereits im Jahre 1999 endgültig beseitigt.

c) Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die durch die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO i.V.m. §§ 639 Abs. 1, 477 Abs. 2 Satz 1, 209 Abs. 2 BGB a.F. grundsätzlich bewirkte Unterbrechung der Verjährung (vgl. Heinrichs in: Palandt, BGB, 61. Aufl. 2002, § 209 Rn. 23 m.w.N.) nach §§ 639 Abs. 1, 477 Abs. 2 Satz 2, 212 Abs. 1 BGB a.F. als nicht erfolgt gilt, wenn der Antrag auf Durchführung des Beweisverfahrens zurückgenommen wurde. So liegt der Fall hier: Die Klägerin leitete zwar am 29.12.2000 ein selbständiges Beweisverfahren ein, sie nahm aber ihren Antrag am 16.10.2002 zurück. Gegen diesen Aspekt der erstinstanzlichen Entscheidungsgründe hat die Klägerin mit ihrer Berufung auch keine gesonderten Einwendungen erhoben. d) Weitere verjährungshemmende bzw. -unterbrechende Ereignisse lagen bis zum Ablauf der Verjährungsfrist am 10.05.2002 nicht vor. Die Vereinbarungen in dem Schiedsgutachtenvertrag vom 06./28./30.08.2002 wurden nach dem Ablauf der Verjährungsfrist getroffen. Die einseitige Verzichtserklärung der Beklagten zu 1) vom 20.03.2003 bezog sich unmissverständlich nur auf noch nicht verjährte Ansprüche.

Zum Komplex I B:

Die Klägerin kann auch gegen die Beklagte zu 2) keinen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung im Zusammenhang mit der Beauftragung mit der Bauüberwachung und der Objektüberwachung innerhalb der Gewährleistungsfrist durchsetzen.

I. Das Landgericht hat zu Recht darauf erkannt, dass etwaige Haftungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 2) wegen Mängeln der Bauüberwachung (LPh 8) mit Ausnahme der Mängel, die Gegenstand des Schiedsgutachtervertrages waren, nicht mehr mit Erfolg gerichtlich geltend gemacht werden können, weil sie verjährt sind.

1. Die Klägerin und die Beklagte zu 2) haben im Ingenieurvertrag 12.12.1996 eine Verjährungsfrist von fünf Jahren vereinbart (§ 11 Abs. 5, vgl. Anlage K 1, GA Bd. I Bl. 19, 22 Rs.).

2. Das Landgericht hat die Vereinbarung in § 11 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 des Ingenieurvertrages zutreffend dahin ausgelegt, dass die Verjährung für die im Rahmen der Leistungsphase 8 zu erbringenden Bauüberwachungsleistungen mit der Übernahme der baulichen Anlage durch die Klägerin beginnen sollte. Das war hier der 23.12.1997, so dass die Verjährung am 22.12.2002 endete.

3. Innerhalb dieser Verjährungsfrist trat eine verjährungshemmende oder -unterbrechende Wirkung – mit Ausnahme durch den Abschluss des Schiedsgutachtervertrages am 06./28./30.08.2002 – nicht ein. Insbesondere gilt auch insoweit, dass die verjährungsunterbrechende Wirkung der Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens, welches auch gegen die hiesige Beklagte zu 2) gerichtet gewesen ist, rückwirkend entfiel, weil die hiesige Klägerin ihren Antrag am 16.10.2002 zurückgenommen hat.

4. Die von den Vorausführungen ausgenommenen Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 2) wegen möglicher Bauüberwachungsfehler sind nicht verjährt.

Unter Ziffer III des o.g. Schiedsgutachtervertrages vereinbarten die Parteien, darunter die Klägerin und die Beklagte zu 2), dass die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen, die sich auf Mängel beziehen, welche Gegenstand der Schiedsgutachtervereinbarung sind, mit Abschluss der Vereinbarung gehemmt sei, sowie, dass die Hemmung drei Monate nach der Beendigung des Schiedsgutachterverfahrens enden solle.

a) Die durch diese Vereinbarung bewirkte Hemmung der Verjährung beschränkt sich auf etwaige Bauüberwachungsfehler der Beklagten zu 2) im Hinblick auf zwei Mangelkomplexe. Gegenstand der Schiedsgutachtervereinbarung waren Mängel an den Abgaswärmetauschern – und zwar sowohl hinsichtlich der Feuchtigkeitsproblematik einschließlich der Korrosion von Bauteilen als auch hinsichtlich der Verursachung eines überhöhten Abgasgegendrucks – und an der Schornsteinanlage – hier allein im Hinblick auf die Feuchtigkeitsproblematik.

b) Nach dem Wortlaut der Vereinbarung trat die Hemmungswirkung am 30.08.2002 und mithin 114 Kalendertage vor dem Ablauf der Verjährungsfrist am 22.12.2002 ein.

c) Die Hemmungswirkung endete am 09.10.2004. Denn das Schiedsgutachterverfahren endete damit, dass die Klägerin am 09.07.2004 die Leistungen des Schiedsgutachters beanstandete und keine weiteren Ergänzungsfragen mehr stellte.

d) Nach dem 09.10.2004 lief die restliche Gewährleistungsfrist weiter und wäre am 31.01.2005 abgelaufen. Der Lauf dieser Frist wurde durch die auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung am 30.12.2003 zurückwirkende Klageerhebung gegen die Beklagte zu 2) in Höhe des geltend gemachten Zahlungsanspruchs von 998.391,23 Euro nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. gehemmt. Gleiches gilt für die Klageerweiterung vom 20.07.2004 in Höhe des zusätzlich geltend gemachten Zahlungsanspruchs von 107.139,65 Euro. Hierüber streiten die Prozessparteien nicht.

II. Hinsichtlich der nicht verjährten Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 2) im Zusammenhang mit deren vertraglichen Verpflichtungen zur Bauüberwachung bis zum 23.12.1997 hat die Klägerin eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten zu 2) nicht nachgewiesen.

1. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Vereinbarung der Parteien zur Verbindlichkeit des Schiedsgutachtens in Ziffer VIII des Vertrages Auswirkungen auf den vor liegenden Rechtsstreit hat, weil sie ein sog. Prozessvertrag ist (vgl. Geimer in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 1029 Rn. 15).

a) Die Parteien vereinbarten, dass die Entscheidung des Schiedsgutachters endgültig und verbindlich sein sollte. Gegenstand der Entscheidung des Schiedsgutachters sollten nach Ziffer II des Vertrages jedoch allein technische Fragen zu Mangelerscheinungen und Mangelursachen sein. Inhalt eines Schiedsgutachtervertrages kann es sein, für ein Rechtsverhältnis erhebliche Tatsachen durch einen Sachverständigen ermitteln und feststellen zu lassen (vgl. BGH, Urteil v. 09.06.1983, IX ZR 41/82, BGHZ 87, 367).

b) Eine Überprüfung des Schiedsgutachtens sollte nur dann stattfinden, wenn es grob unbillig und deswegen i.S.v. §§ 412, 493 ZPO unbrauchbar sei. Danach sollte das Ergebnis der Feststellungen des Schiedsgutachters für die Vertragspartner nur dann unverbindlich sein, wenn es offenbar unrichtig ist. Nicht jeder Fehler führt zur offenbaren Unrichtigkeit. Er muss sich vielmehr einem sachkundigen und unbefangenen Beobachter – wenn auch möglicherweise erst nach eingehender Prüfung – aufdrängen; dabei sind an das Vorliegen einer offenbaren Unrichtigkeit strenge Anforderungen zu stellen, weil anderenfalls der mit der Bestellung des Schiedsgutachters verfolgte Zweck in Frage gestellt würde (vgl. BGH, Urteil v. 09.06.1983, IX ZR 41/82, BGHZ 87, 367). Mit anderen Worten: Der Zugang zu staatlichen Gerichten war hierdurch nicht ausgeschlossen, aber beschränkt; hinsichtlich der technischen Fragen sollte das Ergebnis des Schiedsgutachtens Verbindlichkeit entfalten. Das erstinstanzliche Gericht und auch das Berufungsgericht sind deswegen auf die Prüfung beschränkt gewesen und weiter beschränkt, ob entweder eine Haftung der Beklagten zu 2) auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Schiedsgutachters begründet ist oder ob die Voraussetzungen für die Unverbindlichkeit des Schiedsgutachtens vorliegen.

2. Auf der Grundlage der Ergebnisse des Schiedsgutachterverfahrens kann eine schuldhafte Verletzung von Leistungspflichten der Bauüberwachung durch die Beklagte zu 2) nicht festgestellt werden.

a) In ihrem Schiedsgutachten stellte die B. zwar Schäden an den Abgaswärmetauschern durch Kondensatwasser aus dem Abgas fest, insbesondere Lochkorrosion und Rissbildungen im Bereich der – handwerklich ordnungsgemäß ausgeführten – Schweißnähte. Die B. diskutierte als mögliche Schadensursachen eine unzureichende Kondensat-Abführung und eine thermische Überbelastung der Rohrwandungen. Auf Nachfragen der Klägerin antwortete sie, dass eine nennenswerte Kondensatmenge nur außerhalb des jeweils geschädigten Bauteils – des Abgaswärmetauschers – im Modul entstehen könne, dass sie aber über die Ursachen dieses Kondensatzuflusses in den Abgaswärmetauscher ohne Kenntnis der jeweiligen Betriebszustände der Gesamtanlage nur spekulieren könne. Als mögliche Ursachen gab sie zwar einerseits auch Mängel in der Planung und in der Ausführung der Bauarbeiten an, welche möglicherweise einen Bezug zur Tätigkeit der Beklagten zu 2) aufweisen könnten. Andererseits schloss sie aber auch Mängel in der Wartung (durch die Beklagte zu 1) oder in der Art der Betriebsführung des Kraftwerks (durch die Klägerin) als Ursachen nicht aus. Nach diesem Gutachtenergebnis ist eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten zu 2) nicht festzustellen.

b) Diese erstinstanzliche Bewertung im Urteil stellt keine Überraschungsentscheidung dar. Vielmehr hat das Landgericht in der Sitzung vom 02.08.2004 ausdrücklich darauf hingewiesen und die Prozessparteien haben dies auch so verstanden, wie die Ausführungen der Beklagten zu 1) im Schriftsatz vom 25.11.2004, diejenigen der Beklagten zu 2) in den Schriftsätzen vom 07.09.2004 und vom 14.12.2004 sowie diejenigen der Klägerin in deren Schriftsätzen vom 13.09.2004 und vom 31.01.2005 zeigen. Das Landgericht hat seinen Hinweis in der Sitzung vom 24.10.2006 wiederholt.

3. Das Landgericht ist auch zu Recht von der Verbindlichkeit des Schiedsgutachtens ausgegangen. Die vereinbarten Voraussetzungen für eine Unverbindlichkeit liegen entgegen der Auffassung der Klägerin nicht vor. a) Die Klägerin beruft sich einerseits auf die Unvollständigkeit des Schiedsgutachtens im Hin blick auf die Mängel an der Schornsteinanlage. Ein Schiedsgutachten kann aber nicht schon deshalb als offenbar unrichtig angesehen werden, weil der Schiedsgutachter die ihm gestellte Aufgabe angeblich nicht vollständig erfüllt habe. Es hätte den Beteiligten des Schiedsgutachterverfahrens, hier insbesondere der Klägerin, freigestanden, diese Unvollständigkeit durch Ergänzungsfragen herauszustellen und den Schiedsgutachter zu weiteren Antworten zu bewegen. Ein unrichtiges Ergebnis der Begutachtung durch die B. im Hinblick auf die Schornsteinanlage rügt die Klägerin nicht. b) Die Klägerin führt andererseits an, dass der Schiedsgutachter die Ursachen der von ihm festgestellten Mangelerscheinungen nicht mit der für eine Prozessführung gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) notwendigen Eindeutigkeit festgestellt habe. Die B. hat auf Ergänzungsfragen der Klägerin angegeben, dass und aus welchen Gründen sie eine weitergehende Feststellung nicht habe treffen können. Der teilweise mit denselben Beweisgegenständen betraute gerichtliche Sachverständige kam nur auf der Grundlage neuer Anknüpfungstatsachen zu weitergehenden Erkenntnissen. Anders als die Schiedsgutachter war sein Untersuchungsbereich auf die gesamte Abgasanlage ausgedehnt und insbesondere auf die Sekundärschalldämpfer, deren fehlerhafte Konstruktion und unzureichende Werkstoffauswahl ganz überwiegend sowohl zur Feuchtigkeitsproblematik einschließlich der Korrosionserscheinungen als auch zur Überschreitung des Grenzwertes für den – an den Motoren ankommenden – Abgasgegen druck beitrug. Der gerichtliche Sachverständige hatte die Möglichkeit, die ausgebauten und inzwischen geöffneten Bauteile zu besichtigen, insbesondere das Innere eines Sekundärschalldämpfers in Augenschein zu nehmen. Aufgrund dieser zusätzlichen Erkenntnismöglichkeiten gelangte er zu genaueren Aussagen. Es lässt aber das Schiedsgutachten nicht als offenbar unrichtig erscheinen, denn für die Beurteilung dieser Frage ist darauf abzustellen, welche Erkenntnismöglichkeiten dem Schiedsgutachter zur Verfügung standen.

III. Das Landgericht hat zu Recht darauf erkannt, dass die Klägerin zu den Voraussetzungen für eine Sekundärhaftung der Beklagten zu 2) bezüglich etwaiger Mängel der Bauüberwachung keinen hinreichenden Sachvortrag gehalten hat.

1. Anknüpfungspunkt für die Sekundärhaftung des Architekten bzw. Ingenieurs ist dessen Sachwalterstellung für den Bauherrn im Rahmen des übernommenen Aufgabenkreises. Dem umfassend mit der Bauüberwachung beauftragten Architekten oder Ingenieur obliegt im Rahmen seiner Betreuungsaufgaben nicht nur die Wahrung der Auftraggeberrechte gegenüber dem Bauunternehmer, sondern auch und zunächst die objektive Klärung von Mangelursachen, selbst wenn zu diesen eigene Planungs- oder Aufsichtsfehler gehören. Die dem Architekten bzw. Ingenieur vom Bauherrn eingeräumte Vertrauensstellung gebietet es, diesem im Laufe der Mängelursachenprüfung auch Mängel des eigenen Werks zu offenbaren, so dass der Bauherr seine Auftraggeberrechte auch gegen den Bauüberwacher rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung wahrnehmen kann (vgl. BGH, Urteil v. 16.03.1978, VII ZR 145/76, BGHZ 71, 144; BGH, Urteil v. 04.10.1984, VII ZR 342/83, BGHZ 92, 251; BGH, Urteil v. 10.12.2009, VII ZR 42/08, BGHZ 183, 323). Ist die sog. Sekundärhaftung begründet, so führt sie dazu, dass sich der Architekt bzw. der Ingenieur nicht auf die Einrede der Verjährung des gegen ihn gerichteten Gewährleistungsanspruchs berufen darf (vgl. auch Dölle in: Werner, Der Bauprozess, 16. Aufl. 2016, Rn. 2868 m.w.N.).

2. Eine Sekundärhaftung des Bauüberwachers kommt insbesondere dann in Betracht, wenn er es nach dem Auftreten einer konkreten Mangelerscheinung unterlässt, deren Ursachen entschieden und ohne Rücksicht auf eine mögliche eigene Haftung nachzugehen, und dadurch dem Bauherrn nicht rechtzeitig vor dem Eintritt der Verjährung der Gewährleistungsansprüche ein zutreffendes Bild der Schadensbehebung zu verschaffen (vgl. BGH, Urteil v. 16.03.1978, VII ZR 145/76, BGHZ 71, 144; vgl. auch Werner/ Frechen in: Werner, Der Bauprozess, 16. Aufl. 2018, Rn. 2025 m.w.N.). Hierfür trägt die Klägerin als Bauherr die Darlegungs- und Beweislast.

a) Der Senat geht von einer Verjährung von etwaigen Gewährleistungsansprüchen der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) nur hinsichtlich solcher Mängel aus, die erstmals nach der Abnahme in Erscheinung getreten waren. Deren Ursachen, insbesondere die fehlerhafte Konstruktion des Inneren der Sekundärschalldämpfer, konnten mit den Erkenntnismöglichkeiten vor dem Rückbau des BHKW ganz überwiegend nicht ermittelt werden. Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung auf ein Schreiben der Sch. & Partner Vertrieb GmbH vom 23.03.2001 (Anlage K 60, GA Bd. VI Bl. 192 ff.) verwiesen hat, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Das Schreiben stammte von einem Anbieter eines Schalldämpfersystems, welcher zwar von der Beklagten zu 1) zu einer Angebotsabgabe als Lieferant aufgefordert wurde, den Auftrag dann aber nicht erhielt. Der bloße Umstand, dass er selbst sein Angebot für technisch reifer als das Angebot der Mitbewerberin erachtete, musste der Beklagten zu 2) keinen Anhaltspunkt dafür vermitteln, dass das letztlich von der Beklagten zu 1) ausgewählte und zum Einbau bestellte Schalldämpfersystem bzw. einzelne Komponenten davon den anerkannten Regeln der Technik nicht entsprachen. Das Schreiben beinhaltete zudem vor allem die Darstellung der Chronologie der Vergabeverhandlungen zwischen der Beklagten zu 1) und den in Betracht kommenden Bietern hinsichtlich der Beschaffung der gesamten (mehrstufigen) Schalldämpferanlage, welche erkennen lässt, dass die Verfasserin die Beklagte zu 1) dadurch vom eigenen Angebot zu überzeugen versuchte, dass sie das Angebot der Mitbewerberin pauschal als zweifelhaft darstellte. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass oder gar in welcher Hinsicht die Komponenten der Schalldämpferanlage der Mitbewerberin S. , welche letztlich von der Beklagten zu 1) als Lieferantin ausgewählt wurde, den anerkannten Regeln der Technik nicht entsprachen, gingen aus dem Schreiben nicht hervor; vielmehr wandte sich die Konkurrentin gegen eine Überwertung des günstigsten Angebotspreises im Hinblick auf mögliche Folgekosten (S. 2: „Das Angebot der Fa. S. war aufgrund der dort angegebenen technischen Daten zweifelhaft.“, S. 3: „Herr Sch. teilte mit, daß, falls das „S. -Konzept“ realisiert würde, später ein dritter Abgasschalldämpfer nachgerüstet werden muß und dadurch erhebliche Probleme durch den dann zu hohen abgasseitigen Widerstand auftreten würden. Es sei mit zusätzlichen Kosten von mind. 150 TDM zu rechnen. Das Konzept „S. “ käme deshalb auf gar keinen Fall in Frage.„). Maßgeblich ist aus Sicht des Senats, dass die Mangelhaftigkeit der Sekundärschalldämpfer objektiv darauf beruhte, dass die tatsächliche Ausführung selbst von den Plänen der Lieferantin abwich, was jedoch auch für die Fa. Sch. nicht zu erkennen war.

b) Im Rahmen der Bauüberwachung während der Errichtung des BHKW kommt allenfalls eine Verletzung der rechtzeitigen Prüfung und Weiterleitung der technischen Zeichnung der Lieferantin der Sekundärschalldämpfer (Anlage K 6, GA Bd. I Bl. 137) in Betracht. Diese hätte zwar nicht zur Entdeckung der konstruktiven Mängel geführt, aber den Einsatz eines unzureichenden Werkstoffs für das Gehäuse aufgezeigt. Insoweit ist darauf zu verweisen, dass es Aufgabe der Beklagten zu 2) im Rahmen der Bauüberwachung war zu prüfen, ob die von der Beklagten zu 1) – bzw. ihrer Lieferantin – eingesetzten Werkstoffe die notwendige Qualität für eine ordnungsgemäße Erfüllung der entsprechenden Bauleistung aufwiesen bzw. – wenn, wie hier, der Einsatz bestimmter Werkstoffe zwingend vorgegeben ist („Edelstahl“) – festzustellen, ob diese auch tatsächlich verwendet wurden (vgl. Werner/ Frechen, a.a.O., Rn. 2016 m.w.N.). Insoweit hat aber die Klägerin, wie das Landgericht in seinem Urteil ausgeführt und was sie selbst in der Berufungsinstanz nicht angegriffen hat, in dem Prozessrechtsverhältnis zur Be klagten zu 2) gerade nicht vorgetragen (bzw. sich das Vorbringen der Beklagten zu 1) zu eigen gemacht), dass die Beklagte zu 2) diese Unterlagen vollständig und rechtzeitig vor dem Abnahmetermin erhalten und versäumt habe, die eindeutig erkennbare Angabe zum eingesetzten Werkstoff für das Gehäuse als vertragswidrig zu rügen. Sie hat vielmehr offengelassen, ob die Beklagte zu 2) diese Planzeichnung überhaupt vor dem Termin der Abnahme am 30.12.1997 erhalten hat, und vorgetragen, dass jedenfalls sie selbst eine Sichtung der zu einem nicht mehr bestimmbaren Zeitpunkt an sie weitergeleiteten Unterlagen erst im Jahre 2003 vorgenommen habe. Hieraus ergibt sich kein zwingender Schluss auf eine schuldhafte Pflichtwidrigkeit der Beklagten zu 2).

IV. Die Klägerin hat die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gegen die Beklagte zu 2) wegen mangelhafter Objektbetreuung i.S.d. Leistungsphase 9 nicht schlüssig dargelegt. Hierfür hätte es insbesondere der Darlegung einer konkreten Pflichtverletzung der Beklagten zu 2) bzw. der von ihr als Erfüllungsgehilfin eingeschalteten Streithelferin der Beklagten zu 2) bedurft, an der es auch in der Berufungsinstanz fehlt. Die Klägerin hat letztlich nur vorgetragen, dass die sich über Jahre hinwegziehende Fehlersuche und Fehlerbeseitigung nicht zu einem einwandfreien Betrieb des BHKW geführt habe. Welchen konkreten Vorwurf sie im Hinblick auf die Objektbetreuung erheben will, hat sie nicht ausgeführt. Die Streithelferin der Beklagten zu 2) hat die Mängel- und Restpunkteliste sukzessive aktualisiert und deren Abarbeitung angeleitet. Dass ihr Fehler in der Dokumentation unterlaufen seien, hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Die Klägerin hat auch nicht etwa eine unterlassene oder zu zögerliche Ansprache der Beklagten zu 1) beanstandet oder einen konkreten Fehler bei der Ausführung der Mangelbeseitigungs- bzw. Resterfüllungsaufgaben. Die Streithelferin der Beklagten zu 2) hat solche nach der Abnahme erstmals auftretende Mängel, wie den zu hohen Abgasgegendruck (vgl. Anlage K 28) oder Risse im Sekundärschalldämpfer (Anlage K 31), jeweils unverzüglich gegenüber der Beklagten zu 1) angezeigt und zu deren Beseitigung aufgefordert. Sie hat ihrerseits umfassende Anstrengungen unternommen, um die Ursachen der Mangelerscheinungen aufzuklären. Welche Fehler ihr dabei unterlaufen sein sollen, legt die Klägerin nicht dar.

Komplex I insgesamt

I. Nach den Vorausführungen ist die Berufung der Klägerin bezüglich ihres Berufungsantrages zu Ziffer 1 unbegründet.

II. Soweit die Klägerin ursprünglich als Klageantrag zu Ziffer 2 die Feststellung begehrt hat, dass die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihr den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der fehlerhaften und planwidrigen Erstellung des BHKW entstanden sei und noch entstehen werde, hat sie ihren Antrag, nachdem die Erledigungserklärung in der Berufungsbegründung (S. 40, GA Bd. XI Bl. 260) einseitig geblieben ist, auf Feststellung, dass der ursprüngliche Klageantrag zu Ziffer 2 vor dem Abriss des BHKW zulässig und begründet gewesen sei und sich durch den Abriss des BHKW erledigt hat, umgestellt. Dieser Feststellungsantrag ist zulässig, aber nach den Vorausführungen unbegründet. Eine derartige, gerichtlich durchsetzbare Verpflichtung der Beklagten zu 1) und zu 2) besteht nicht.

Komplex II

I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) in Bezug auf den Berufungsantrag zu Ziffer 2) einen Anspruch auf Rückzahlung von 101.902,99 Euro aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB.

1. Die Beklagte zu 1) erlangte in den Jahren 2001 und 2002 durch Zahlungen der Klägerin an sich selbst insgesamt 58.643,80 Euro und durch Zahlungen der Klägerin an die D. AG, der Beklagten zu 1) zurechenbar, insgesamt 43.259,19 Euro.

a) Die Klägerin zahlte an die Beklagte zu 1) auf diverse Rechnungen für Instandsetzungsarbeiten im Jahr 2001 insgesamt 7.792,45 Euro (vgl. LGU S. 8 ff. zu lfd. Nr. 8, 12, 17 und 23) und im Jahr 2002 insgesamt 18.665,83 Euro (vgl. lfd. Nr. 32, 46, 52 und 53). Insoweit beruhten die Arbeiten der Beklagten zu 1) auf Störungsmitteilungen der Klägerin; die Erteilung gesonderter, d.h. vom Umfang der Leistungspflichten des Wartungsvertrages unabhängiger und entgeltpflichtiger Einzelaufträge hat die Beklagte zu 1) insoweit weder dargelegt noch nachgewiesen. Für die Instandsetzungsarbeiten nach dem Vorfall 2 – Ausfall des Moduls 2 am 20.01.2003 wegen der Ablösung von Teilen am Sekundärschalldämpfer und an einem Kompensator zwischen Primär- und Sekundärschalldämpfer sowie wegen des erheblichen Anstiegs des Ab gasgegendrucks – zahlte die Klägerin an die Beklagte zu 1) 32.185,52 Euro unter dem Vorbehalt der Rückforderung (vgl. u.a. Anlage B 18, GA Bd. II Bl. 105).

b) Die Klägerin zahlte an die D. AG als Nachauftragnehmerin der Beklagten zu 1) direkt auf diverse Rechnungen für Instandsetzungsarbeiten im Jahr 2001 insgesamt 23.425,88 Euro (vgl. LGU S. 8 ff. zu lfd. Nr. 1, 2, 4, 6, 7, 9, 10, 11, 12, 13, 18, 19, 20 und 22) und im Jahr 2002 insgesamt 19.833,31 Euro (vgl. lfd. Nr. 24, 28, 29, 30, 31, 33, 34, 38, 39, 40, 42, 47,48, 49, 50 und 58). Insoweit ist darauf zu verweisen, dass die D. AG als Motorenherstellerin bereits während der Errichtung des BHKW als Nachauftragnehmerin der Beklagten zu 1) tätig geworden war. Nachdem die Beklagte zu 1) bei Störungsmeldungen bezüglich des Teilbereichs Energieumwandlung im Januar und Februar 2001 jeweils eine Eigenleistung verweigerte, wandte sich die Klägerin mit entsprechenden Störungsmeldungen jeweils direkt an die D. AG. Das Erlangte der Beklagten zu 1) ist darin zu sehen, dass sie selbst diese Rechnungen ihrer Nachauftragnehmerin nicht ausgleichen musste.

c) Ebenso wie das Landgericht (vgl. LGU S. 79) sieht auch der Senat die Zahlungen der Klägerin an Drittunternehmen – mit Ausnahme der Fa. D. AG – nicht als Zahlungen an die Beklagte zu 1) an. Insoweit fehlt es auch in der Berufungsinstanz an einem substantiierten Vorbringen der Klägerin dazu, inwieweit die Beklagte zu 1) durch diese Zahlungen etwas er langt haben soll.

d) Soweit die Klägerin mit ihrer Klageerweiterung vom 20.12.2004 (GA Bd. V Bl. 85) zusätzlich die Zahlung von insgesamt 15.276,97 Euro für die Instandsetzung der Abgaswärmetauscher geltend gemacht hat, ist darauf zu verweisen, dass dieser Betrag bereits Gegenstand der für das Jahr 2002 insgesamt an die Beklagte zu 1) geleisteten Zahlungen ist (vgl. die im LGU S. 13 zu lfd. Nr. 52 aufgeführte Rechnung, in Anlagenkonvolut K 36, GA Bd. III Bl. 120).

2. Die von der Klägerin erbrachten Zahlungen erfolgten ohne Rechtsgrund. Sämtliche in den bezahlten Rechnungen abgerechneten Inspektions- und Instandsetzungsarbeiten sowie die hierfür eingesetzten Materialien waren bereits mit der quartalsweise zu zahlenden Vergütung nach dem Wartungs- und Instandhaltungsvertrag vom 20.05.1998 abgegolten. Der Senat geht – insoweit abweichend von der Auffassung des Landgerichts – davon aus, dass der Wartungs- und Instandhaltungsvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) vom 20.05.1998 (künftig verkürzt: Wartungsvertrag) auch Instandsetzungsleistungen umfasste.

a) Bezüglich der prozessrechtlichen Bindungswirkungen nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nimmt der Senat Bezug auf die Vorausführungen, wonach dem Berufungsgericht eine eigenständige Auslegung des Wartungsvertrages auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen obliegt. Es kommt auf eine umfassende Deutung des zwischen den Parteien geschlossenen Wartungsvertrages an, die nicht allein am Wortlaut stehen bleiben darf.

b) Zunächst ist darauf zu verweisen, dass es für die Vertragsauslegung ohne Relevanz bleibt, dass die Klägerin eingeräumt hat, für die Gesamtanlage am Standort eine Maschinenversicherung abgeschlossen zu haben. Der Umfang der Risikoabsicherung durch die Klägerin lässt keinen sicheren Rückschluss darauf zu, welcher Leistungsumfang dem im Mai 1998 mit der Beklagten zu 1) abgeschlossenen Vertrag zugrunde gelegen haben mag, zumal die Klägerin unwidersprochen ausgeführt hat, dass der Wartungsvertrag nicht sämtliche technischen Anlagen am Standort erfasse.

c) Auch der Zusammenhang zwischen dem Bauvertrag und dem Wartungsvertrag des Inhalts, dass die Gewährleistungsfrist im Bauvertrag gegenüber den Gewährleistungsfristen nach der VOB/B verlängert wurde unter der Bedingung des Abschlusses eines exklusiven Wartungsvertrages, ist für die Auslegung des Wartungsvertrages ohne Belang. Es entspricht der Wertung des § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B 1996, dass bei gleichzeitiger Übertragung der Wartung für die Dauer der Gewährleistung auf den Bauunternehmer eine Verlängerung der Gewährleistung gilt, was sich unmittelbar daraus erklärt, dass bei einer ordnungsgemäß gewarteten technischen oder baulichen Anlage regelmäßig eine stabilere Funktionalität und eine längere Lebensdauer zu erwarten ist und es der Unternehmer selbst in der Hand hat, die Erhaltung des Soll-Zustandes zu gewährleisten.

e) Ist ein Wartungsvertrag Gegenstand einer öffentlichen Ausschreibung gewesen, so kommt dem Wortlaut der Leistungsbeschreibung vergleichsweise große Bedeutung zu (vgl. BGH, Urteil v. 09.10.1997, VII ZR 259/95, BGHZ 134, 245; BGH, Urteil v. 22.12.2011, VII ZR 67/11, BGHZ 192, 172). Das gilt auch im vorliegenden Fall.

aa) Hinsichtlich des Wortlauts des gesamten Wartungsvertrages ist zunächst anzumerken, dass der Senat zwei Umständen keine bzw. allenfalls eine sehr untergeordnete und von anderen Aspekten verdrängte Bedeutung beimisst. Einerseits folgt der Senat dem Landgericht in seiner entsprechenden Bewertung des Umstandes, dass in den vorformulierten Textbestandteilen z.T. die Worte „Leistungsverzeichnis Bereich Standard-Wartungsvertrag“ enthalten waren. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe (vgl. LGU, Abschnitt B. III. 1., S. 73) Bezug genommen. Andererseits bezeichneten die Parteien ihren Vertrag in der Überschrift als „Wartung und Instandhaltung der BHK-Anlage und periphere Anlagen“. Insoweit gehen die Prozessparteien selbst übereinstimmend von einer Ungenauigkeit aus, unabhängig davon, dass sie den Vertrag unterschiedlich auslegen. Nach dem Verständnis der technischen Normen (dazu nachfolgend) umfasst die Instandhaltung als einen Teilbereich auch die Wartung, daneben aber auch weitere Bereiche, wie Inspektion, Instandsetzung und Verbesserung. Nach dem in der Praxis weit verbreiteten Verständnis soll Wartung der Oberbegriff sein und die Instandhaltung einschließen. Es ist gerichtsbekannt, dass auf dem Markt die Bezeichnungen von Wartungsverträgen variieren und die unter dem Begriff Wartung angebotenen oder abgefragten Leistungen je nach Anbieter oder Nachfrager ein sehr unterschiedliches Leistungsspektrum aufweisen (vgl. nur Schneider/ Kahlert in: Schneider, Handbuch EDV-Recht, 5. Aufl. 2017, P. Hardwarewartungsverträge Rz. 2 und 8). Der Senat sieht daher auch in der Bezeichnung des Vertrages kein belastbares Indiz für die eine oder andere Auslegung.

bb) Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind die in der Präambel des Wartungsvertrages aufgeführten Vertragsziele durchaus geeignet, auf eine Einbeziehung der Instandsetzung in den Vertrag zu schließen. Als letzte Anstriche wurden dort die Gewährleistung eines sicheren Anlagenbetriebes und die (dauerhafte) Einhaltung der zugesicherten Eigenschaft „Verfügbarkeit“ genannt. Damit korrespondiert, dass der Vertrag in Ziffer 2 Abs. 3 eine Reaktionszeit des Auftragnehmers definiert. Beschränkte sich der Vertrag lediglich auf periodisch, nach Zeiteinheiten oder nutzungsabhängig zu erbringenden Regelwartungs- und Instandhaltungsmaß nahmen im engeren Sinne, so wäre diese Regelung überflüssig gewesen. Die Festlegung von Reaktionszeiten deutet im Lichte des Vertragsziels Aufrechterhaltung der Verfügbarkeit darauf hin, dass dem Auftragnehmer auch solche von Abrufen oder Fehlermeldungen der Auftraggeberin abhängige Vertragsleistungen übertragen wurden.

cc) Maßgeblich ist für den Senat einerseits, dass die Klägerin die Vergabe des Wartungsauftrages mit der in Ziffer 2 aufgeführten Leistungsbeschreibung ursprünglich nach Maßgabe der VOB ausgeschrieben hatte, so dass für die Auslegung auf den Empfängerhorizont eines fachkundigen Bieters abzustellen war und für das Begriffsverständnis ergänzend die VOB/C und deren Bestandteile heranzuziehen sind, soweit sich keine ausdrücklichen Abweichungen aus dem Vertragstext selbst ergeben. Insoweit kommt dem Begriffsverständnis der DIN 31051 – Grundlagen der Instandhaltung – eine besondere Bedeutung zu. Danach ist Instandhaltung, welche im Wartungsvertrag vom 20.05.1998 durchgängig als geschuldete Leistung benannt wird, ein Oberbegriff, welcher sich in Wartung – häufig i.S. von vorbeugender Wartung -, Inspektion und Instandsetzung untergliedert und die Instandsetzung als Wiederherstellung des für den Betrieb der Anlage erforderlichen Soll-Zustandes nach Störungen, Schäden oder sonstigen Abweichungen einschließt (vgl. dazu Schneider/Kahlert, a.a.O., Rz. 6 f.). Anders, als Inspektionen oder vorbeugende Wartungsmaßnahmen erfolgen Instandsetzungsarbeiten aufgrund des Abrufs des Kunden bzw. auf dessen Fehlermeldung.

dd) Bedeutsam ist andererseits, dass die in Ziffer 2 – Leistungen des AN – sowohl im Hinblick auf die Leistungen innerhalb der Gewährleistungszeit (Absatz 1) als auch im Hinblick auf die Leistungen nach Ablauf der Gewährleistungszeit (Absatz 2) definierten Leistungsumfänge als „die Regelwartungsleistungen sowie sämtliche Instandhaltungs- und Instandsetzungsleistungen (auch in Bezug auf Verschleißteile)“ (Unterstreichungen durch den Senat) definiert. Damit unterscheiden die Vertragsparteien in Ziffer 2 deutlich drei Kategorien, Regelwartung, Instandhaltung (offenkundig nicht als Oberbegriff, sondern im engeren Sinne als periodisch oder nach einem Zeitplan oder nutzungsabhängig gemäß den Vorschriften des Herstellers der Anlage teile zu erbringende Leistungen) und Instandsetzungen als abrufabhängige Maßnahmen zur Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft. Die Parteien vereinbarten ausdrücklich, dass der Austausch von Verschließteilen eingeschlossen ist. Insoweit ist jedoch die gesonderte Vereinbarung der Parteien im Vergabegespräch vom 07.05.1997 (in Anlage K 2, GA Bd. I Bl. 25 ff.) unter Ziffer 7 zu berücksichtigen, wonach sich das Wartungsangebot der Beklagten zu 1) bezüglich der Motoren darauf beschränkte, dass in dem Wartungspreis ihres Angebotes die Kosten für den Ersatz von Zündkerzen nur für den Austausch nach der garantierten Standzeit von 1.500 Bh und der Regelerwartung von 3.000 Bh enthalten seien.

ee) Der Umstand, dass dem Wartungsvertrag vom 20.05.1998 Anlagen beigefügt sind, welche insbesondere die Regelwartungsleistungen und die Inspektionen konkretisieren, spricht, anders als die Beklagte zu 1) meint, nicht gegen die Einbeziehung von Instandsetzungsleistungen in das jeweilige – durch die Regelvergütung abgegoltenen – Leistungsspektrum. Hinsichtlich dieser Regelleistungen war eine Untersetzung und genaue Definition möglich und zweckmäßig, weil die Erforderlichkeit der Maßnahmen unabhängig von den Besonderheiten des künftigen Betriebes abhing. Hinsichtlich der Instandsetzungsarbeiten wäre jede Untersetzung unvollständig gewesen, weil die Vielfalt der möglichen Störungen, Ausfälle und Abweichungen vom Soll-Zustand einer betriebsbereiten Anlage nicht zu erfassen war.

ff) Die pauschale Vergütungsregelung wurde in Abhängigkeit von der Anzahl der Betriebsstunden je Modul getroffen. Soweit die Beklagte zu 1) eingewandt hat, dass eine solche Vergütungsregelung schon per se dafürspreche, dass mit ihr nur periodisch, nach Zeitplan oder nutzungsabhängig zu erbringende Leistungen erfasst seien, folgt der Senat dem nicht. Einem fachkundigen Unternehmen ist zuzumuten, durch angemessene Zuschläge auch den durch schnittlichen Instandsetzungsaufwand einzukalkulieren. Die weitere Einwendung der Beklagten zu 1), dass der konkret angebotene Preis je Betriebsstunde auf eine auf Instandhaltung im engeren Sinne und Regelwartung begrenzte Leistung schließen lasse, überzeugt nicht. Einerseits hat die Klägerin durch substantiierten Vortrag, insbesondere durch Verweis auf die Broschüre der Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch e.V. (Anlage K 51, GA Bd. IV Bl. 143 ff.) und im Schriftsatz vom 04.04.2008, dort ab S. 2 (GA Bd. VI Bl. 31 ff.) aufgezeigt, dass der angebotene Preis durchaus üblich für eine Vergütung einer sog. Vollwartung sei, andererseits sind für die Preisfindung der Beklagten zu 1), gerade auch in einer öffentlichen Ausschreibung, andere Aspekte als Auskömmlichkeit und angemessene Gewinnmargen nicht auszuschließen. Der weitere Umstand, dass das Regelentgelt in Ziffer 4 Abs. 2 von der Beklagten zu 1) nicht weiter aufgegliedert wurde und die Beklagte zu 1) die Preisanteile, welche auf bestimmte Einzelleistungen entfielen, nicht angab, ändert nichts an der Verbindlichkeit des Regelentgelts für sämtliche Kosten des Auftragnehmers für Lohn, Material, Reisekosten und Auslösungen.

f) Schließlich sprechen auch einige außerhalb der Urkunde liegende Umstände für die Richtigkeit der Auslegung durch den Senat. aa) Einerseits hat der an den Verhandlungen über den Wartungsvertrag beteiligte Zeuge C. R. (vgl. Sitzungsprotokoll v. 10.01.2018, GA Bd. X Bl. 96 ff.) zwar eingeräumt, dass er an die Vorgänge nach ca. 20 Jahren keine vereinzelte Erinnerung mehr habe, aber gleichwohl noch erinnerte, dass der Wartungsvertrag nicht auf den Austausch der Zündkerzen beschränkt war, sondern sämtliche Verschleißmaterialien erfasst habe. Diese Erinnerung stellt auch nicht nur eine individuelle Interpretation des Zeugen dar, sondern nach seiner Aussage eine von ihm wahrgenommene Einigkeit der Anwesenden. Die Angabe korrespondiert im Übrigen mit dem Text der Leistungsbeschreibung in Ziffer 2 des Wartungsvertrages. Die Regelung zu den Zündkerzen sei nur deswegen gesondert herausgegriffen worden, weil deren Austauschkosten häufig Streitpotenzial böten, weswegen diese Frage eindeutig habe geklärt werden sollen. Der Zeuge R. bestätigte mit seiner Aussage auch auf mehrfachen Vorhalt, dass der Vertrag als ein Vollleistungsvertrag gemeint gewesen sei und auf das permanente Erhalten eines betriebsfähigen Zustandes der Anlage gezielt habe. Es sei darum gegangen, sämtliche zur Erhaltung der Betriebsbereitschaft erforderlichen Maßnahmen aus einer Hand zu bekommen.

bb) Andererseits ist unstreitig, dass die Vertragsparteien während der ersten drei Jahre der Laufzeit des Wartungsvertrages (1998 bis 2000) den Vertrag in dem vom Senat verstandenen Sinne abwickelten. Die Beklagte zu 1) erbrachte diverse Instandsetzungsleistungen, ohne sie separat in Rechnung zu stellen. Auch Materialkosten, insbesondere für Verschleißteile, wurden nicht in Rechnung gestellt. Die Beklagte zu 1) änderte ihr Verhalten nach dem (vermeintlichen) Ablauf der Gewährleistungsfrist am 30.12.2000. Insoweit ist jedoch darauf zu verweisen, dass die Regelungen in Ziffer 2 des Wartungsvertrages, welche zwischen dem Zeitraum der Gewährleistung und dem Zeitraum nach Ablauf der Gewährleistung differenzieren, im Hin blick auf den Umfang der geschuldeten Leistungen wortgleich sind und jeweils auch Instand setzungsarbeiten umfassen. Ausdrücklich verweigerte sie die Leistungserbringung ohne einen erneuten entgeltlichen Auftrag anlässlich der Aufforderung der Klägerin zur Instandsetzung nach dem Vorfall 2 am 20.01.2003, wie das Schreiben der Beklagten zu 1) vom 04.02.2003 (Anlage K 20, GA Bd. I Bl. 158) belegt.

cc) Der Auslegung des Senats steht nicht entgegen, dass die Klägerin in den Jahren 2001 und 2002 die Rechnungen der Beklagten zu 1) und diejenigen der D. AG jeweils ohne die Erklärung eines Vorbehalts bezahlte. Die bloße Begleichung der Rechnungen stellt grundsätzlich kein Anerkenntnis dar; ein solches liegt nur vor, wenn sich aus besonderen Umständen ergibt, dass die zahlende Partei damit die berechtigte Geltendmachung der Forderung bestätigen wollte. Hier fehlte es schon an einem Anlass für eine solche Bestätigung. Nach dem Vorfall 2 vom 20.01.2003 kam es erstmals zu einem offenen Streit über die Frage der Vergütung von Instandsetzungsleistungen der Beklagten zu 1), in diesem Streit nahm die Klägerin die auch im Rechtsstreit weiter vertretene Rechtsposition ein.

3. Die Rückzahlungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) sind nicht verjährt, weil sie bereits mit der Klageschrift vom 30.12.2003 rechtshängig geworden sind; das steht zwischen den Prozessparteien nicht im Streit.

4. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) Anspruch auf Zahlung sog. Prozesszinsen nach §§ 291 i.V.m. 288 Abs. 2 BGB a.F. Da die Klage vom 30.12.2003, welche auf einen höheren Betrag dieser Klageforderungen gerichtet war, der Beklagten zu 1) am 02.02.2004 zugestellt worden ist (vgl. GA Bd. I Bl. 164), beginnt die Verzinsung nach § 187 Abs. 1 BGB am 03.02.2004. Im Übrigen unterliegt der Zinsantrag der Abweisung.

II. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen darauf erkannt, dass die Klägerin gegen die Beklagte zu 1) in Bezug auf den Berufungsantrag zu Ziffer 2) weiter einen Anspruch auf Rückzahlung von 32.654,98 Euro aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB hat.

1. Dieser Anspruch bezieht sich auf überzahlte Vergütung für Wartungsarbeiten in den Jahren 2001 bis 2003 aufgrund einer fehlerhaften Anwendung der im Wartungsvertrag enthaltenen Preisgleitklausel (vgl. GA Bd. V Bl. 7 f. sowie Anlagen K 53 bis K 55, GA Bd. V Bl. 9 bis 11). Der Senat macht sich die Erwägungen des erstinstanzlichen Gerichts (LGU, Abschnitt B. IV., S. 79 f.), die im Berufungsverfahren nicht mehr angegriffen worden sind, zu eigen. Insbesondere führten die jeweilige Ankündigung der Erhöhung (vgl. u.a. B 25, GA Bd. V Bl. 117 ff.) durch die Beklagte zu 1) und die hierauf erfolgte vorbehaltlose Zahlung der Klägerin nicht etwa zu einem bestätigenden Anerkenntnis.

2. Auch bezüglich dieser Rückforderung ist die Einrede der Verjährung unbegründet, weil die Klageforderung am 20.12.2004 durch Antragstellung im Termin (vgl. GA Bd. V Bl. 77 f.) rechts hängig geworden ist.

3. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) Anspruch auf Zahlung sog. Prozesszinsen nach §§ 291 i.V.m. 288 Abs. 2 BGB a.F. Da die Klageerweiterung vom 22.12.2009 der Beklagten zu 1) am 08.02.2010 zugestellt worden ist (vgl. GA Bd. I Bl. 164), beginnt die Verzinsung nach § 187 Abs. 1 BGB am 09.02.2010.

III. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) bezüglich des Berufungsantrags zu Ziffer 3 einen bereicherungsrechtlichen Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung von real aufgewandten Kosten für Instandsetzungsarbeiten in den Jahren 2003 bis 2009 in Höhe von insgesamt 235.439,38 Euro und einen vertraglichen Anspruch auf Schadensersatz wegen der Kosten der Selbstvornahme nach §§ 280 Abs. 1, 281 BGB in Höhe von insgesamt 32.270,36 Euro. Im Übrigen ist die mit dem Berufungsantrag zu Ziffer 3 verfolgte Klageforderung als unbegründet abzuweisen.

1. Die Beklagte zu 1) erlangte in den Kalenderjahren 2003 bis 2009 durch Zahlungen an sich selbst insgesamt 69.257,00 Euro und durch ersparte Aufwendungen gegenüber ihrer Nachauftragnehmerin der D. -Gruppe insgesamt 166.182,38 Euro

a) Die Klägerin leistete an die Beklagte zu 1) Zahlungen für Instandsetzungsleistungen im Jahr 2005 in Höhe von 19.680,49 Euro (vgl. LGU S. 16 zu lfd. Nr. 78), im Jahr 2007 in Höhe von 13.876,99 Euro (vgl. LGU S. 19 zu lfd. Nr. 105, 114) und im Jahr 2008 in Höhe von 35.699,52 Euro (vgl. LGU S. 22 zu lfd. Nr. 123, 124, 125, 126, 131).

b) Die Klägerin zahlte an die Nachauftragnehmerin der Beklagten zu 1) – wechselnd firmierend in den Jahren 2003 bis 2005 als D. AG, in den Jahren 2006 bis 2008 als D. Power Systems GmbH & Co. KG und im Jahr 2009 als V. GmbH – unmittelbar im Jahr 2003 einen Betrag von 1.287,50 Euro (vgl. LGU S. 14 zu lfd. Nr. 61), im Jahr 2004 insgesamt 8.358,14 Euro (LGU S. 14 f. zu lfd. Nr. 66, 73, 75), im Jahr 2005 insgesamt 5.153,60 Euro (LGU S. 15 ff. zu lfd. Nr. 76, 81), im Jahr 2006 insgesamt 62.035,84 Euro (LGU S. 17 ff. zu lfd. Nr. 89, 90, 93, 96, 97, 98), im Jahr 2007 insgesamt 14.352,12 Euro (LGU S. 19 ff. zu lfd. Nr. 100, 101, 102, 103, 104, 107, 108, 110, 117, 118, 119, 120), im Jahr 2008 insgesamt 35.525,76 Euro (LGU S. 23 ff. zu lfd. Nr. 127, 128, 132, 138, 150, 151, 152) und im Jahr 2009 insgesamt 39.469,42 Euro (LGU S. 27 ff. zu lfd. Nr. 155, 156, 157, 169, 170, 171, 172, 173, 175, 176, 177, 178, 179, 180).

2. Nach den Vorausführungen erfolgte der Vermögenszuwachs bei der Beklagten zu 1) ohne Rechtsgrund, weil sie nach dem Inhalt des Wartungsvertrages vom 28.05.1998 verpflichtet war, die abgerechneten Leistungen ohne gesondertes Entgelt zu erbringen.

3. Diese Ansprüche sind nicht verjährt, denn die Klägerin hat mit der Klageschrift vom 30.03.2003 einen Feststellungsantrag (zu Ziffer II. 2 der Klageschrift) gestellt, mit dem sie etwaige künftige bereicherungsrechtliche Ansprüche rechtshängig gemacht hat.

4. Soweit die Klägerin Zahlungen an Drittunternehmen leistete, hat sie nur teilweise darzulegen vermocht, dass die Beauftragung der Drittunternehmen als Ersatzvornahme wegen einer Weigerung der Beklagten zu 1) zur entgeltfreien Durchführung dieser Arbeiten geschah.

a) Der Senat erachtet das jeweils nicht erheblich bestrittene Vorbringen der Klägerin in 19 Einzelfällen für hinreichend und nimmt insoweit auf die Feststellungen des Landgerichts Bezug (vgl. LGU S. 14 ff. zu lfd. Nr. 95; 115; 130, 134, 135, 136, 137, 139, 140, 143, 146, 147, 148; 163, 165, 167, 168, 174, 181). Hieraus ergibt sich ein Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 32.270,36 Euro. Von diesem Gesamtbetrag entfallen 1.721,47 Euro auf das Jahr 2006, 2.635,46 Euro auf das Jahr 2007, 8.975,21 Euro auf das Jahr 2008 und 18.938,22 Euro für das Jahr 2009.

b) Im Übrigen fehlt es an einem hinreichenden Sachvortrag oder an einem Beweisangebot zu einer jeweils erfolglosen Aufforderung an die Beklagte zu 1) mit Fristsetzung bzw. an einem Vorbringen, warum dies im Einzelfall entbehrlich gewesen sein soll.

IV. Die nach den Vorausführungen begründeten Forderungen der Klägerin in Höhe von ins gesamt 402.267,71 Euro (101.902,99 Euro + 32.654,98 Euro + 235.439,38 Euro + 32.270,36 Euro) sind in Höhe von 117.212,44 Euro nach §§ 387, 389 BGB erloschen.

1. Die Beklagte zu 1) hat gegenüber den mit den Berufungsanträgen zu Ziffern 2 und 3 verfolgten Klageforderungen die Aufrechnung mit den mit der Widerklage geltend gemachten Gegenforderungen erklärt.

2. Aus den Vorausführungen des Senats zur Auslegung des Wartungsvertrages vom 28.05.1998 ergibt sich unmittelbar, dass ein Restbetrag aus der Rechnung der Beklagten zu 1) vom 25.03.2003 (Anlage B 18, GA Bd. II 105) nicht geschuldet ist, weil sich die Rechnung auf Instandsetzungsleistungen nach dem Vorfall 2 am 20.01.2003 bezieht. Darüber hinaus teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts (LGU S.82), dass die Beklagte zu 1) im Rahmen ihrer Obliegenheit zur Substantiierung nach dem detaillierten Bestreiten der Klägerin (vgl. ins besondere auch Anlage K 52, GA Bd. IV Bl. 147) nicht vereinzelt dargelegt hat, weswegen eine höhere als die von der Klägerin rechnerisch bestätigte Summe von 32.185,52 Euro gerecht fertigt sein könnte.

3. Gleiches gilt für die Rechnungen der Beklagten vom 30.01.2002 (Anlage B 21, GA Bd. II Bl. 108), vom 26.03.2002 (Anlage B 20, GA Bd. II Bl. 107) und vom 15.11.2002 (Anlage B 19, GA Bd. II Bl. 106); sämtliche Rechnungen beziehen sich auf Instandsetzungsarbeiten, welche mit dem Regelentgelt des Wartungsvertrages abgegolten waren.

4. Dem gegenüber sind die Forderungen der Beklagten zu 1) aus ihren Rechnungen vom 01.10.2002 (Anlage B 15, GA Bd. II Bl. 102) in Höhe eines Restbetrages von 20.000,00 Euro, vom 31.12.2002/ 07.01.2003 (Anlage B 16, GA Bd. II Bl. 103) in Höhe eines Restbetrages von 15.897,44 Euro und vom 03.04.2003 (Anlage B 17, GA Bd. II Bl. 104) in Höhe von 81.315,00 Euro, insgesamt also in Höhe von 117.212,44 Euro begründet, denn diese Rechnungen beziehen sich auf das Regelentgelt nach dem Wartungsvertrag. Die Klägerin hat insoweit auch keine Einwendungen erhoben.

5. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Landgerichts, dass über die Hilfsaufrechnung der Klägerin mit Schadensersatzforderungen in Höhe von insgesamt 182.764,17 Euro wegen der Folgeschäden aus dem Vorfall 1 vom 11.12.2002 (vgl. Schriftsatz vom 20.07.2004, ab S. 2, GA Bd. III 156 ff.) nicht zu entscheiden ist, weil die Prozessparteien mit ihrer Vereinbarung vom 06./07.04.2005 (vgl. Anlage K 101, Klägeranlagenband I Bl. 174 f.) ein Aufrechnungsverbot bezüglich einerseits der Kosten der Generalüberholung der Anlage und andererseits der Vergütung für die durchzuführenden Arbeiten aus dem Wartungsvertrag vereinbarten. Die Rechnungen (Anlagen B 15 bis B 17) betreffen gerade die Vergütung aus dem Wartungsvertrag. Dieses Aufrechnungsverbot sollte erst enden, wenn über die Schadensersatzforderungen der Klägerin, welche Gegenstand der Hilfsaufrechnung sind, ein Vollstreckungstitel besteht. Die Erfüllung dieser Voraussetzung hat die Klägerin nicht vorgetragen.

6. Aus den Vorausführungen ergibt sich, dass die Widerklage unbegründet ist.

V. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) Anspruch auf Zahlung Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe nach §§ 286 Abs. 2 i.V.m. 288 Abs. 2 BGB a.F.

1. Die bereicherungsrechtlichen und schadensersatzrechtlichen Ansprüche der Klägerin für die Jahre 2003 bis 2006 umfassen insgesamt 98.237,04 Euro (1.287,50 Euro + 8.358,14 Euro+ 24.834,09 Euro + 62.035,84 Euro + 1.721,47 Euro) und sind durch die Aufrechnung vollständig erloschen. Hierauf sind keine Verzugszinsen zu zahlen.

2. Die entsprechenden Ansprüche der Klägerin für das Jahr 2007 betragen 30.864,57 Euro (28.229,11 Euro + 2.635,46 Euro), wovon durch die Aufrechnung 18.975,40 Euro (117.212,44 Euro – 98.237,04 Euro) erloschen sind, so dass 11.889,17 Euro verbleiben, die zu verzinsen sind.

3. Die Beklagte zu 1) ist in Verzug mit der Begleichung der begründeten Klageforderungen für das Jahr 2008 in Höhe von 80.200,49 Euro (71.225,28 Euro + 8.975,21 Euro) und für das Jahr 2009 in Höhe von 58.407,64 Euro (39.469,42 Euro + 18.938,22 Euro).


C.

I. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.

II. Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 sowie 543, 544 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

III. Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.

IV. Die Festsetzung des Streitwerts für die Gebührenberechnung (Kostenwert) im Berufungsverfahren folgt aus §§ 39 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1, 63 Abs. 2 GKG i.V.m. § 3 ZPO.

Der Senat hat dabei den gegen beide Beklagte als Gesamtschuldner gerichteten Berufungsantrag zu 1) in Höhe der beiden bezifferten Teilforderungen von 998.391,23 Euro und 107.139,65 Euro sowie den Feststellungsantrag (einseitige Erledigungserklärung) gegen beide Beklagte in Höhe von 250.000,00 Euro in Ansatz gebracht. Er hat die jeweils gegen die Beklagte zu 1) allein gerichteten Anträge wie folgt bewertet: Den Berufungsantrag zu Ziffer 2 in Höhe der beiden bezifferten Teilforderungen von 146.296,77 Euro und 32.644,98 Euro, den Berufungsantrag zu Ziffer 3 in Höhe seiner Bezifferung mit 336.996,45 Euro und den Berufungsantrag zu Ziffer 4 (Widerklage) mit 94.932,62 Euro.

OLG Dresden zu der Frage des Schadensersatzanspruchs des Auftraggebers wegen Planungsverzugs und der Frage, dass der Architekt den (verbindlichen) Fertigstellungsstellungstermin schuldhaft überschritten

OLG Dresden zu der Frage des Schadensersatzanspruchs des Auftraggebers wegen Planungsverzugs und der Frage, dass der Architekt den (verbindlichen) Fertigstellungsstellungstermin schuldhaft überschritten

1. Ein Schadensersatzanspruch des Auftraggebers wegen Planungsverzugs setzt voraus, dass der Architekt den (verbindlichen) Fertigstellungsstellungstermin schuldhaft überschritten hat.
2. Aufgetretene Verzögerungen liegen jedenfalls dann nicht (allein) im Verantwortungsbereich des Architekten, wenn sie ganz maßgeblich durch bauherrenseitige Änderungswünsche und hierdurch erforderlich gewordene Planungsänderungen verursacht worden sind.
3. Die Drittschadensliquidation setzt die zufällige Verlagerung des Schadens auf einen Dritten voraus und greift daher bei einer bewussten Schadensverlagerung nicht.
4. Die Drittschadensliquidation greift nicht, wenn der vertragsfremde Dritte, der den Schaden erleidet, eigene Ansprüche (hier: aus Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter) hat.
5. Scheidet der vorletzte Gesellschafter aus einer GbR aus, ist die GbR ohne Abwicklung beendet.
6. Die Gegenstände des Gesellschaftsvermögens einschließlich Aktiva und Passiva gehen in diesem Fall im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den „letzten“ Gesellschafter über.
7. Eine gegen die beendete GbR fort-/geführte Klage wird/ist mangels Existenz der GbR unzulässig.
8. Die Geltendmachung von (Schadensersatz-)Ansprüchen aus eigenem Recht erfasst auch nach den Grundsätzen eines Vertrags mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter in Betracht kommende Ansprüche.
9. Wird die auf eigene Ansprüche gestützte Klage insgesamt rechtskräftig abgewiesen, ohne dass das Gericht einzelne Gesichtspunkte offengelassen hat, erfasst die Entscheidung alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen.
10. Von der Rechtskraft der Entscheidung umfasst sind daher auch dann etwaige Ansprüche aus Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter, wenn das Gericht solche Ansprüche nicht gesehen und daher auch nicht geprüft hat.
OLG Dresden, Urteil vom 24.10.2023 – 6 U 2544/22

Gründe:

I.

Die aus den Gesellschaftern und bestehende und im Jahre 2011 gegründete Klägerin nimmt die Beklagten – die Beklagte zu 1) als aus den Beklagten zu 2) und 3) als Gesellschaftern bestehende Architekten GbR, sowie deren beiden Gesellschafter, die Beklagten zu 2) und 3) – auf Schadensersatz sowie Kostenvorschuss wegen behaupteter Mängel des Architektenvertrages betreffend den Umbau und die Sanierung der historischen Villa ###, in Anspruch. Die Klägerin macht gegen die Beklagten Ansprüche aus eigenem und – gründend auf eine Abtretung vom 30.04.2018 (Anlage K1) – abgetretenem Recht geltend.

Nachdem zunächst der Gesellschafter der Klägerin ###, (geborener ###) Eigentümer der historischen Villa ### war, ist seit dem 09.12.2011 die Klägerin Eigentümerin des Wohn- und Geschäftshauses, welches inzwischen umfangreich umgebaut und saniert ist.

Am 25.01.2007 schlossen der Gesellschafter der Klägerin, ###, und die Beklagte zu 1) einen Architektenvertrag, in welchem es hieß (Anlage K2, Anlagenband Klägerin):

㤠1 Gegenstand des Vertrages

(1) Herr ### beabsichtigt, das Gebäude und die dazugehörigen Außenanlagen zu sanieren. Im Zuge der Sanierung werden hochwertige Wohnungen und im Erdgeschoss eine Büroeinheit entstehen. Zur Erweiterung des Gebäudes wird gegebenenfalls ein Anbau oder Neubau auf dem Grundstück errichtet. Zur Absicherung der auf dem Grundstück erforderlichen Stellplätze wird nach wirtschaftlicher Prüfung eine Tiefgarage entstehen.

§ 3 Honorar/Vergütung

1. Vorplanung ….

2. Entwurfs- und Genehmigungsplanung …

3. Ausführungsplanung …

4. Vorbereitung der Vergabe ….

5. Mitwirkung bei der Vergabe …

6. Bauüberwachung …

7. Angebotspreis (netto) sonstige Leistungen…

8. Nebenkosten …

Angebotspreis gesamt (netto): 163.180,00 Euro Planung der technischen Ausrüstung …

Angebotspreis gesamt (netto): 28.800,00 Euro.

§ 5 Termine

(1) Alle erforderlichen Termine für die Durchführung der Baumaßnahme werden nach gemeinsamer Absprache mit dem AG in einem Planungs- und Bauablaufplan erfasst.

(2) Zwischentermine zur Abstimmung der Planung zwischen AG und AN erfolgen fortlaufend und dem Planungsstand entsprechend, sie werden kurzfristig vereinbart.

§ 6 Haftpflichtversicherung

(1) Zur Sicherstellung etwaiger Schadensersatzansprüche aus diesem Vertrag hat der Auftragnehmer eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Die Deckungssummen dieser Versicherung betragen:

a) für Personenschäden: 2,0 Mio. Euro

b) für Sach- und Vermögensschäden sowie für sonstige Schäden: 500.000,00 Euro.

§ 7 Kündigung des Vertrages

(1) Der Vertrag kann von beiden Seiten nur aus wichtigem Grund gekündigt werden.

§ 8 Schlussbestimmungen

(1) Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

…“

In Bezug auf den Umbau der Villa ### war ursprünglich vorgesehen, dass sechs Wohneinheiten als Maisonettewohnungen sowie eine Büroeinheit entstehen.

In dem von der Beklagten zu 1) erstellten Brandschutzkonzept vom 30.09.2011, in welchem die (Klägerin) als Bauherrin genannt war (Anlage K6), war auf Seite 4 zu den Decken ausgeführt:

„Erforderlich: Feuerbeständig.

Die Deckenkonstruktion ist im Bestand als Holzbalkendecke ausgeführt. Für diesen Bereich wird eine Ausnahmegenehmigung aufgrund der Bestandssituation beantragt.“

Diese Angaben nahmen Bezug auf die ursprüngliche, noch als Bauherrn ### nennende Baugenehmigung für das Objekt vom 29.09.2008 (Anlage K30), der unter anderem als Unterlage für die Antragsentscheidung ein Brandschutzkonzept der Beklagten zu 1) vom 30.07.2008 zugrunde lag (Anlage K30), in welchem unter Decken auf die Deckenkonstruktion im Bestand als Holzbalkendecke, die ausgeführt wird, verwiesen war und eine Ausnahmegenehmigung aufgrund der Bestandssituation beantragt war. Auf der letzten Seite des Brandschutzkonzeptes hieß es dann beim Antrag auf Abweichung:

„§ 31 Sächsische Bauordnung: Decken

Forderung: Decken müssen in Gebäuden der Gebäudeklasse 5 feuerbeständig sein.

Die Decken im Gebäude sind Holzbalkendecken mit folgendem Aufbau (von oben nach unten):

25 mm Holzdielung ca. 200 mm Schlacke/Holzbalken

Fehlboden

Putzträger/Holzschalung 15 mm Putz.

Die Decken erreichen aufgrund der Bestandssituation einen Feuerwiderstand von F30 (entsprechend Vergleichsmessungen).

Die Deckendurchführungen im Bereich der Holzbalkendecken für Heizungs- und Sanitärleitungen aus nicht brennbarem Leitungsmaterial werden in der Brandschutzqualität der Decke (F30) hergestellt.“

Das Bau- und Planungsvorhaben wurde nach der Baugenehmigung 2008 zunächst bis 2010 bauherrenseitig nicht weiterverfolgt. Ab dem 2. Halbjahr 2010 wurde das bestehende Planungsprojekt allerdings wieder aufgenommen. Aufgrund neuer Planungsanforderungen der klagenden Bauherrin in Bezug auf die zukünftig beabsichtigte Nutzung wurde mit der Annahme des Ergänzungsangebotes der Beklagten vom 19.05.2011 (vgl. Anlage K3) die Fortführung des Vorhabens wieder aufgenommen.

Im Rahmen der Umplanung im Jahre 2011 änderten die Gesellschafter der Bauherrin die Aufgabenstellung dahingehend, dass nunmehr drei Wohneinheiten als normale Geschosswohnungen – statt der zunächst vorgesehenen Maisonettewohnungen – sowie zwei Büroeinheiten auszubilden waren. Infolge der Überarbeitung der Entwurfs- und Genehmigungsplanung (Tektur) in 2010/11 kam es zur Baugenehmigung vom 24.01.2012 (vgl. Anlage K4), wobei die Auflagen zum Brandschutz und zur Genehmigung zum Bestandsschutz unverändert blieben. Der Baubeginn für die Sanierung des Wohn- und Geschäftshauses der Villa ### erfolgte im Jahre 2011.

Die Beklagte zu 1) hatte bereits am 19.05.2011 ein Ergänzungsangebot zum Ausgangsarchitektenvertrag vom 06.01.2007 an betreffend die erforderlichen Leistungen „für die Wiederaufnahme der Projektbearbeitung“ „Sanierung der ###-Straße ###“ gerichtet, das in der Folgezeit angenommen wurde (Anlage K3).

Im Jahr 2011 vereinbarten ### und ###, das Projekt Villa ### gemeinsam in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu realisieren. Zu diesem Zweck gründeten sie am 01.09.2011 die GbR und schlossen am 07.10.2011 einen notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag, in dem es heißt:

„Wir haben am 01.09.2011 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts errichtet, dessen Gesellschaftsvertrag wir hiermit … beurkunden lassen:

Der Gesellschafter Herr bringt ### den in seinem Alleineigentum stehenden grundbuchrechtlich belasteten Grundbesitz, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts ###, in die Gesellschaft ein. …

Die Gesellschaft führt die Sanierung und Rekonstruktion der Villa ### als Wohn- und Geschäftshaus mit dem Ziel der Vermietung und Verpachtung durch. Die Maßnahmen dazu werden von den Gesellschaftern im Einzelnen noch beschlossen. Die dafür erforderlichen Kosten … werden bei der Deutschen Bank zu 3,25 % und einer 15-jährigen Laufzeit finanziert …“ (Gesellschaftsvertrag der GbR vom 07.10.2011, Anlage K30, Bl. 266 ff. der Beiakte).

Beauftragter Tragwerkplaner für die Sanierung der Villa ### war, entsprechend dem Angebot vom 26.10.2011, die ### mbH (Anlage K7).

Im Rahmen einer Ortsbegehung vom 17.04.2012 zwischen dem Gesellschafter der Klägerin (in der Aktennotiz genannt für die ###), und Vertretern des Tragwerkplaners ### Vertretern der Beklagten zu 1) und einem Mitarbeiter der Zimmerei hieß es in den Festlegungen unter 4. (s. Anlage K13):

„Im Zug der Umbaumaßnahmen wird die noch vorhandene Dielung im Dachgeschoss komplett aufgenommen, die vorhandene Schüttung (Schlacke) in der Deckenebene entfernt und durch leichtere Dämmmaterialien ersetzt.“

Nach einer Unterredung im Büro der Beklagten zu 1) zwischen dem Beklagten zu 3) und ### am 15.05.2013 und einer am Folgetag durch den Beklagten zu 3) in einem an gerichteten Schreiben vom 16.05.2013 zum Ausdruck gebrachten Bestätigung einer am 15.05.2013 durch ### vermeintlich ausgesprochenen Kündigung der Verträge (Anlage B1), sprach der zunächst beauftragte anwaltliche Vertreter der Klägerin (Rechtsanwalt ###) am 19.06.2013 die fristlose Kündigung des Architektenvertrages aus (Anlage K11).

Sodann ließ die Klägerin mehrere Gutachten zum Feuerwiderstand der Holzbalkendecken zwischen erstem und zweitem Obergeschoss sowie zwischen zweitem Obergeschoss und Dachgeschoss erstellen (vgl. Gutachten des Brandschutzbüros ### vom 19.11.2013 (Anlage K15, s. auch Anlage K 14) und den Bautenstand vom Objekt durch den Privatsachverständigen vom 21.06.2013 dokumentieren (Anlage K10).

In der Folgezeit beauftragte die Klägerin die ### GmbH mit den Architektenleistungen für das Bauvorhaben Umbau und Sanierung der Villa ### (Architektenvertrag vom 01.06.2014, Anlage K58). Anknüpfend an das Angebot der ### (künftig: ### GmbH) vom 22.11.2013 führte diese im Schreiben vom 06.12.2013 an die Klägerin aus (Anlage K49 – redaktionell wie geschrieben übernommen und wiedergegeben):

„1. Ausgangslage

Im geprüften Brandschutzkonzept/Prüfbericht vom 20.06.2013 wurde für die Decken des denkmalgeschützten Gebäudes Villa ### im Rahmen bestehenden Bestandsschutzes eine Abweichung von der Bauordnung, Decken F30 feuerhemmend bestätigt.

Im Verlauf der weiteren Realisierung des Vorhabens ging der Bestandsschutz verloren. Begründet war in von den Bestandschutzannahmen abweichenden Befundungen der Decken sowie Entfernung der ursprünglichen Deckenfüllungen.

Der jetzige Zustand hinsichtlich der brandschutztechnischen Qualitäten der einzelnen Deckenbereiche ist dem aktuellen Gutachten des Brandschutzbüros ### vom 28.10.2013 zu entnehmen. Die durch den Bestandsschutz geänderte ist bisher planerisch nicht aufbereitet und die notwendige Anpassung an die bestehende Baugenehmigung stehen aus.

Weiterhin sind in den Holzbalkendecken schwingungsmindernde Maßnahmen zu treffen und grundsätzlicher Schallschutz ist zu gewährleisten.

Einzelne Deckenbereiche bedürfen hinsichtlich der geplanten Lasteintragungen einer statischen Ertüchtigung.“

Im Schreiben der ### an die Klägerin vom 22.12.2013 (Anlage K50) zum Arbeitsstand war auf Seite 2 zum Schallschutz (Schwingungen)/Tragfähigkeit ausgeführt:

„Nach endgültiger Bestätigung der Deckenlösung erfolgt eine Renovierung der vorliegenden Tragfähigkeitsberechnung sowie eine Bewertung des Schwingungsverhaltens der Deckenbalken durch den Statiker.

Maßnahmen in den einzelnen Deckenebenen:

Decke über 1. Obergeschoss:

HBV-Platten zwischen den Balken zur Minimierung zusätzlicher Höhe.

Erhöhung Deckensteifigkeit zur Minimierung Schwingungen und Erhöhung Wirksamkeit Trittschallschutz.

Erhöhung Deckensteifigkeit um Faktor 2. Zusätzlicher Fußbodenaufbau mit möglichst minimaler Höhe um Raumeindruck durch die geringen Brüstungs- und Fensterhöhen nicht weiter zu verschlechtern (F90B von oben und unten).

Decke über 2. Obergeschoss:

HBV-Decke in Standardausführung.

Dadurch Erreichung einer hohen Deckensteifigkeit und guter Wirksamkeit der trittschallverbessernden Maßnahmen.

Höhenanbindung relativ unproblematisch, da Ursprungsplanung hier einen sehr hohen Fußbodenaufbau vorsah (F90B von oben und unten).“

Die Klägerin hat zunächst in einem Vorprozess zum Aktenzeichen 4 O 3278/16 die Beklagten sowie als weitere Beklagte, als damalige Beklagte zu 4), die Tragwerkplaner ###, auf Schadensersatz in Höhe von 2.082.447,63 Euro in Anspruch genommen (siehe Beiakte). Nach umfangreichen Hinweisen an die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 04.12.2017 (siehe Bl. 228 ff. der Beiakte) hat das Landgericht die Klage hinsichtlich der – vom Landgericht geprüften und verneinten – Ansprüche der Klägerin aus eigenem Recht und aus abgeleitetem Recht mit Urteil vom 03.04.2018 abgewiesen.

Nach daraufhin erfolgter Abtretung sämtlicher Ansprüche des Zedenten ### gegen die Beklagten in Bezug auf das Objekt Villa ### an die Klägerin vom 30.04.2018 (Anlage K1) hat die Klägerin im vorliegenden Prozess Schadensersatzansprüche in Höhe von 1.728.228,21 Euro sowie einen Kostenvorschussanspruch wegen nicht ordnungsgemäß geschützt gelagerter Fenster in Höhe von 115.627,12 Euro geltend gemacht.

Die Klägerin hat gemeint, die Beklagten hätten sowohl in Bezug auf den Brandschutz als auch den Schallschutz Planungsfehler begangen, die bedingt hätten, dass die Decken im Obergeschoss 1 und Obergeschoss 2, die einschließlich Estrich, jedoch ohne Bodenbelag und Leitungsdurchführungen, fertiggestellt gewesen seien, komplett abgebrochen und vollständig neu hätten erstellt werden müssen. Dadurch sei es zu den geltend gemachten erheblichen Mehrkosten und der großen Verzögerung der Baufertigstellung mit den geltend gemachten Schäden gekommen. Die Klägerin hat behauptet, infolge der mangelhaften Architektenleistungen der Beklagten seien ihr folgende Schäden i.H.v. insgesamt 1.843.855,33 Euro entstanden:

Deckenkonstruktion: 671.990,11 Euro

Mangelfolgeschaden: 334.576,73 Euro (darin enthalten die Kostenvorschussansprüche wegen der Fenster in Höhe von 115.627,12 Euro)

Buschbadener Pflaster: 51.140,00 Euro

Mietausfall: 360.400,00 Euro

planungsbedingte Mehrkosten: 383.337,16 Euro

Gartengeschoss: 42.411,19 Euro.

Sämtliche Schadensersatzansprüche – mit Ausnahme der Fenster – würden auf tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin beruhen. Daher seien in Bezug auf die Ansprüche des Zedenten die Grundsätze der Drittschadensliquidation anzuwenden (Bl. 163 d. A.).

Die Klägerin hat den Beklagten vorgeworfen, diese hätten ihre Hinweispflichten in Bezug auf das Entfallen des Bestandsschutzes beim Brandschutz durch Entfernen der Schlacke in den Zwischendecken zum ersten und zweiten Obergeschoss verletzt. Ebenso hat sie den Beklagten Verstöße gegen den – bei luxuriösen Wohnungen einzuhaltenden – erhöhten Schallschutz vorgeworfen und hat geltend gemacht, die Klägerin hätte – bei Kenntnis des bei Veränderung der Bestandsdecken drohenden Entfallens des Bestandsschutzes – sich für das Belassen der Bestandsdecken und den Einbau von Radiatoren entschieden (Bl. 246, 250 und 356 d. A.). Weitere Planungsfehler der Beklagten zu 1) beträfen die Raumhöhen des Gartengeschosses, die die erforderliche Höhe von 2,40 m nicht aufgewiesen hätten. Aus diesem Grund habe sie letztlich Kosten für die Tieferlegung des Fußbodens im Gartengeschoss in Höhe von 42.411,19 Euro aufwenden müssen. Ebenso habe die Beklagte zu 1) versäumt, das Buschbadener Pflaster auf dem Hof genügend zu schützen, weshalb Kosten für die Neuverlegung dieses Pflaster in Höhe von 51.140,14 Euro entstanden seien (Anlage K23).

Die Räumlichkeiten der Villa ### hätten bei ordnungsgemäßem Baufortschritt ab August 2013 vermietet werden können, während der Klägerin aufgrund der verspäteten Fertigstellung ein Mietausfall in Höhe von 360.400,00 Euro entstanden sei (Anlage K27).

Hilfsweise hat die Klägerin ihre Schadensersatzforderung auf das Überschreiten der Baukosten in Höhe von 3.900.000,00 Euro gestützt, die allerdings – nach entsprechendem Hinweis des Senats – nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens sind.

Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2018 (Bl. 118 Rs. ff. d. A.) darauf hingewiesen, dass ein Schaden nur insoweit bestehe, soweit nicht Sowiesokosten betroffen seien, keinerlei Einzelabrechnungen vorgelegt seien, es an einer Einzelaufstellung fehle und es keinen Bauzeitenplan gäbe. Am 19.06.2019 hat das Landgericht weitere Hinweise erteilt (Bl. 188 f. d. A.), hat in der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2019 (Bl. 197 ff. d. A.) den Zeugen ### als den Privatsachverständigen für die Beweissicherung, den Zeugen ### (Fensterbauer) und den Zeugen ### als den Bauleiter der Beklagten vernommen und ein Sachverständigengutachten zur Behauptung der Klägerin, durch den zulässigen Einbau von schwimmendem Gussasphaltestrich bei Beibehaltung des in der Baugenehmigung aufgeführten Fußbodenaufbaues, insbesondere der Schlacke, hätte man sowohl den statischen als auch den schallschutztechnischen Anforderungen für die geplanten hochwertigen Wohnungen genügt, eingeholt. Der Sachverständige Dr.-Ing. habil. ### hat sein Gutachten am 22.11.2021 erstattet.

Mit Schriftsatz vom 05.04.2022 hat der Beklagtenvertreter mitgeteilt, der Beklagte zu 3. sei durch Gesellschafterbeschluss vom 30./31.12.2021 aus der Beklagten zu 1. ausgeschieden.

Mit Urteil vom 23.11.2022 hat das Landgericht Schadensersatzansprüche wegen fehlender Schutzmaßnahmen der Beklagten hinsichtlich des Buschbadener Pflasters in Höhe von 51.140,14 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 25.05.2018 zuerkannt und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Hiergegen wenden sich die Parteien mit ihren Berufungen, wobei die Klägerin ihr erstinstanzlichen Begehren in Bezug auf Vorschussansprüche wegen fehlenden Schutzes der Fenster in Höhe von 115.627,12 Euro nicht weiterverfolgt.

Im Übrigen wird auf den Akteninhalt sowie die beigezogene Beiakte zum Aktenzeichen 4 O 3278/16 verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Berufung der Beklagten ist zulässig und in der Sache erfolgreich. Sie führt zur vollständigen Abweisung der Klage.

1. Die Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg.

a. Die Klage ist bereits, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 1. richtet, unzulässig.

Mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 05.04.2022 teilte der Beklagtenvertreter mit, dass der Beklagte zu 3. durch Gesellschafterbeschluss vom 30./31.12.2021 aus der Beklagten zu 1. ausgeschieden ist und die Gesellschaft damit – angesichts des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters – beendet ist. Die Darstellung des Beklagtenvertreters, der die Klägerin inhaltlich nicht mit Substanz entgegengetreten ist, wird gestützt durch den als Anlage B17 vorgelegten Gesellschafterbeschluss vom 30./31.12.2021. Damit wurde die Gesellschaft ohne Abwicklung beendet, die Gegenstände des Gesellschaftsvermögens, einschließlich sämtlicher Aktiva und Passiva, gingen ohne Einzelübertragung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Beklagten zu 2. über (vgl. Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 1, § 10 Rn. 54). Damit existierte seit dem 31.12.2021 und so auch zum Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz weder die ### GbR noch eine ### GbR i.L. Die gleichwohl aufrecht gehaltene Klage gegen die Beklagte zu 1. war als unzulässig abzuweisen.

b. Die gegen die Beklagten zu 1. bis 3. gerichtete Klage ist gleichfalls nicht zulässig, soweit die Klägerin Ansprüche aus eigenem Recht geltend macht.

Soweit die Klägerin aus eigenem Recht gegen die Beklagten vorgeht (Bl. 70 d. A.), steht der Zulässigkeit der Klage die Entscheidung des Landgerichts im rechtskräftig entschiedenen Vorprozesses mit dem Aktenzeichen 4 O 3278/16 entgegen. Denn mit Urteil des Landgerichts Leipzig vom 03.04.2018 wurden der Klägerin eigene Ansprüche gegen die Beklagten rechtskräftig aberkannt.

An der Rechtskraftwirkung des Urteils vom 03.04.2018 in Bezug auf eigene Ansprüche der Klägerin ändert der Umstand nichts, dass das Landgericht im Vorprozess übersehen hat, dass der Klägerin grundsätzlich eigene Ansprüche aus dem Architektenvertrag in Verbindung mit den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter zustehen konnten.

Das Sachurteil des Landgerichts im Vorprozess vom 03.04.2018, mit welchem die Leistungsklage der Klägerin abgewiesen wurde, hat jedoch grundsätzlich festgestellt, dass die begehrte Rechtsfolge aus dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Lebenssachverhalt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mehr hergeleitet werden kann, was auch dann gilt, wenn das Gericht nicht alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen ins Auge gefasst hatte (vgl. BAG, Urteil vom 19. 8. 2010 – 8 AZR 315/09; BGH, Urteil vom 17.03.1995 – V ZR 178/93; BeckOK ZPO/Gruber, 50. Ed. 01.09.2023, ZPO § 322 Rn. 43).

Für den Umfang der Rechtskraft in Bezug auf die Abweisung eigener Ansprüche der Klägerin durch den Vorprozess kommt es allein darauf an, ob das Landgericht die Klage wegen eigener Ansprüche insgesamt abgewiesen hat oder einzelne Gesichtspunkte offen gelassen hat. Letzteres war aber gerade nicht der Fall. Vielmehr hat das Landgericht im Vorprozess eigene Ansprüche der Klägerin umfassend prüfen wollen und insoweit die Klage insgesamt abgewiesen. Auch wenn das Gericht im Vorprozess die rechtlichen Gesichtspunkte nicht vollständig gesehen hat und nicht in jeder Hinsicht richtig lag, verbleibt es bei der rechtskräftigen Abweisung eigener Ansprüche im Vorprozess (vgl. Zöller, ZPO, 32. Aufl., vor § 322 Rn. 41 ff. mit weiteren Nachweisen).

Die Klägerin hat das Urteil des Landgerichts vom 03.04.2018 unangefochten gelassen und sich dazu entschlossen, die Sichtweise des Landgerichts zur Frage des Bestehens eigener Ansprüche der Klägerin keiner Überprüfung durch das Berufungsgericht zuzuführen.

Der Sachverhalt, der dem Landgericht im Vorprozess unter dem Aktenzeichen 4 O 3278/16 unterbreitet wurde, unterscheidet sich auch – mit Ausnahme der erst am 30.04.2018 erfolgten Abtretung – nicht von dem Sachverhalt im vorliegenden Verfahren. Jedoch selbst unterstellt, die Klägerin würde im hiesigen Rechtsstreit andere oder zusätzliche Tatsachen vortragen, würde dies die Rechtskraftwirkung des Urteils vom 03.04.2018 nicht hindern. Zu den Rechtskraftwirkungen gehört die Präklusion der im ersten Prozess vorgetragenen Tatsachen, die zu einer Abweichung von der rechtskräftig festgestellten Rechtsfolge führen sollen. Diese Präklusion erfasst aber auch im Vorprozess nicht vorgetragene Tatsachen, sofern sie nicht erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Prozess entstanden sind (BGH, Urteil vom 17.03.1995 – V ZR 178/93).

c. Die von der Klägerin nunmehr auf Grundlage der Abtretung vom 30.04.2018 erhobene Klage aus abgetretenem Recht ist hingegen zulässig, insbesondere – angesichts der erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorverfahrens erfolgten Abtretung – nicht von der Rechtskraftwirkung des Urteils im Vorprozess vom 03.04.2018 erfasst.

Die Klage aus abgetretenem Recht bleibt jedoch ohne Erfolg. Denn dem Zedenten standen zu keiner Zeit die geltend gemachten und abgetretenen Ansprüche gegen die Beklagten zu, so dass die Abtretung vom 30.04.2018 ins Leere läuft.

Soweit einzelne vermeintliche Schadenspositionen nicht Gegenstand des Vorprozesses gewesen sein sollten, ist der Klage aus eigenem Recht auch in der Sache der Erfolg zu versagen.

(1) Zwar hat die Beklagte zu 1. ihre Pflichten aus dem mit dem Zedenten am 25.01.2007 geschlossenen und im Jahr 2011 ergänzten Architektenvertrag verletzt.

Sowohl die Baugenehmigung vom 24.01.2012 als auch die Planung der Beklagten zu 1. gingen von einem Bestandsschutz der Decken zwischen dem ersten und zweiten Obergeschoss und dem zweiten Obergeschoss und dem Dachgeschoss aus und sahen nur in diesem Fall die Akzeptanz eines Brandschutzes in der Qualität F30 vor. Der Bestandsschutz setzte das Belassen der Schüttung voraus, was die Beklagte zu 1. in der Folgezeit allerdings durch Austausch der Schüttung durch Glaswolle missachtet hat. Zur Beachtung des Bestandsschutzes wäre die Beklagte zu 1. schon deswegen gehalten gewesen, weil sie das Brandschutzkonzept vom 30.09.2011 erstellt hatte, das die Beantragung einer Ausnahmegenehmigung für die Decken des Gebäudes aufgrund des Bestandsschutzes vorsah:

„Die Deckenkonstruktion ist im Bestand als Holzbalkendecke ausgeführt. Für diesen Bereich wird eine Ausnahmegenehmigung aufgrund der Bestandssituation beantragt.“ (Anlage K6)

Soweit das Landgericht mit Beschluss vom 17.01.2020 darauf hingewiesen hatte, dass eine etwaige teilweise Ersetzung der Schlacke aufgrund des Befalls mit Hausschwamm den Bestandsschutz nicht entfallen ließe (Bl. 273 d. A.), hat es verkannt, dass die Beklagte zu 1. die Schlacke nicht durch gleiche Schüttung, sondern durch Glaswolle ersetzt hat. Dass der Bestandsschutz jedenfalls durch die Veränderungen im Deckenaufbau verloren gegangen ist, liegt auf der Hand und wird auch bestätigt durch die Aktennotiz zur Bauüberwachung vom 20.08.2008/06.02.2013 des Prüfingenieurs für Brandschutz ###:

„Im Bereich der HBD (Deckenqualität F 30-B) wurden erhebliche/großflächige bauliche Eingriffe vorgenommen/ersichtlich. Deckenputz wurde unterseitig großflächig zerstört vorgefunden; Schüttungen wurden entfernt und mit MIWO ersetzt; Fußbodenaufbauten mit PS-Platten.

Von der Geltung des Bestandsschutzes kann insoweit nicht mehr ausgegangen werden. Aufgrund des bauordnungsrechtlichen Anpassungsverlangens sind die betreffenden Decken auf die Qualität F 90-B (von oben und von unten) zu ertüchtigen …“ (Anlage K14).

Die Aufhebung des Bestandsschutzes durch das Entfernen der Schlackeschüttung und den Einbau von Glaswolle wird auch durch die Stellungnahme des Brandschutzbüros Dr.-Ing. ### vom 29.08.2018 bekräftigt (Anlage K33, Anlagenband Klägerin).

Nachdem der Bestandsschutz im Hinblick auf Brandschutzvorgaben entfallen war, hätten die Geschossdecken als F 90 ausgeführt werden müssen. Dennoch hat die Beklagte zu 1. auf die den Brandschutzanforderungen nicht mehr genügenden Holzbalkendecken den Einbau von Dämmung, Fußbodenheizung und Estrich und den Bau von Trockenbaudecken und Wänden veranlasst, die später beseitigt wurden.

(2) Allerdings ist dem Zedenten durch die Pflichtverletzungen und die mangelhafte Erbringung von Architektenleistungen der Beklagten – worauf die Beklagten wiederholt hingewiesen hatten – kein Schaden entstanden.

Das Objekt steht seit dem 09.12.2011 nicht mehr im Eigentum des Zedenten, sondern im Eigentum der Klägerin (Anlage K67). Der Zedent war nicht Bauherr des Bauvorhabens. Er hat die bauausführenden Unternehmen sowie das nachfolgend tätig gewordene Architekturbüro, die ### GmbH, nicht beauftragt und die Mietverträge nicht geschlossen. Er hat weder die als unnütz behaupteten, aufgewendeten Baukosten für das Einbringen von Dämmung, Fußbodenheizung und Estrich sowie den Aufbau von Wänden auf den Geschossdecken, die abgerissen werden mussten, noch die Kosten der Neuherstellung der Decken und vermeintlich notwendig gewordenen Mehrplanungen getragen. Er erzielt aus dem Objekt keine Mieteinnahmen und hätte auch bei früherer Fertigstellung keine Mietzinsen erzielen können. Mit anderen Worten: Hätten die Beklagten ihre Architektenleistungen ohne jeden Fehler erbracht, wäre die Vermögenslage des Zedenten gleich geblieben.

Es war vielmehr die für diesen Zweck gegründete Klägerin, die das Objekt übernommen, das gesamte Bauvorhaben durchgeführt, finanziert, sämtliche Bauverträge geschlossen, jedes bauausführenden Unternehmen beauftragt, die an sie gerichteten Rechnungen bezahlt, alle Kosten und etwaigen Mietausfall getragen hat. Dies ergibt sich schon aus dem Gesellschaftsvertrag der GbR vom 07.10.2011:

„Wir haben am 01.09.2011 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts errichtet, dessen Gesellschaftsvertrag wir hiermit … beurkunden lassen:

Der Gesellschafter Herr ### bringt den in seinem Alleineigentum stehenden grundbuchrechtlich belasteten Grundbesitz ### eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts ###, in die Gesellschaft ein.

Die Gesellschaft führt die Sanierung und Rekonstruktion der Villa ### als Wohn- und Geschäftshaus mit dem Ziel der Vermietung und Verpachtung durch. Die Maßnahmen dazu werden von den Gesellschaftern im Einzelnen noch beschlossen. Die dafür erforderlichen Kosten … werden bei der Deutschen Bank zu 3,25 % und einer 15-jährigen Laufzeit finanziert …“ (Gesellschaftsvertrag der GbR vom 07.10.2011, Anlage K30, Bl. 266 ff. der Beiakte).

Die Klägerin hat den Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung gestellt. Ihr und nicht dem Zedenten wurde die Baugenehmigung am 24.01.2012 erteilt (Anlage K4). Die Beklagten haben – auf die Information des Zedenten, dass Bauherrin nunmehr die Klägerin sei (Bl. 5 d. A.) – in den erstellten Planungsunterlagen und dem Brandschutzkonzept (Anlage K6) die Klägerin als Bauherrin ausgewiesen.

Einzig das Angebot vom 28.11.2016 für die Erneuerung der im Berufungsverfahren nicht mehr streitgegenständlichen Fenster in Höhe von 115.627,12 Euro wurde nicht von der Klägerin eingeholt. Freilich erfolgte dies abermals nicht durch den Zedenten, sondern durch die ### GmbH & Co. KG (Anlage K24 des Vorprozesses) und haben damit weder der Zedent ### noch die Klägerin insoweit die Kosten getragen.

Damit in Einklang räumte die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 29.05.2019 ein, dass sämtliche geltend gemachten Schadensersatzansprüche – mit Ausnahme der Fenster – „auf tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin in der geltend gemachten Höhe“ beruhen (Bl. 163 d. A.).

Es steht daher fest, dass sich bei dem Zedenten hinsichtlich der streitgegenständlichen Kostenpositionen und Mietausfälle von vornherein keine Vermögenseinbuße verwirklicht hat. Bei dieser Lage würden dem Zedenten ungerechtfertigte, ihn bereichernde Vorteile zufließen, wenn er Ersatz eines eigenen Schadens erhalten könnte. In einem solchen Fall ist ein Schadensersatzanspruch des Bestellers auf Grund einer normativen, von Treu und Glauben (§ 242 BGB) geprägten schadensrechtlichen Wertung zu verneinen. Vielmehr kann der Vertragspartner auf Grund einer Vertragspflichtverletzung den daraus entstehenden Schaden grundsätzlich nur insoweit geltend machen, als er bei ihm selbst eingetreten ist (vgl. BGH, Urteil vom 14.01.2016 – VII ZR 271/14, Rn. 27).

Erkennend, dass ihr Vorbringen nicht zu einem Schaden beim Zedenten führt, greift die Klägerin auf das vermeintliche Vorliegen eines Falls der Drittschadensliquidation zurück (Bl. 163 d. A.). Die Rechtsprechung lässt jedoch nur in besonders gelagerten Fällen eine Drittschadensliquidation zu, bei der der Vertragspartner den Schaden geltend machen kann, der bei dem Dritten eingetreten ist, der selbst keinen Anspruch gegen den Schädiger hat. Für die Zulassung einer Drittschadensliquidation ist der Gesichtspunkt maßgebend, dass der Schädiger keinen Vorteil daraus ziehen soll, wenn ein Schaden, der eigentlich bei dem Vertragspartner eintreten müsste, zufällig auf Grund eines zu dem Dritten bestehenden Rechtsverhältnisses auf diesen verlagert ist (BGH, Urteil vom 14.01.2016 – VII ZR 271/14).

Ein Fall der Drittschadensliquidation liegt jedoch schon deswegen nicht vor, weil der Klägerin eigene Ansprüche aus einem Architektenvertrag mit Schutzwirkung zu ihren Gunsten zustand, auch wenn jene im Vorprozess – durch Abweisung sämtlicher eigener Ansprüche der Klägerin – rechtskräftig aberkannt wurden. Die Klägerin war als Bauherrin in den Schutzbereich des Architektenvertrages einbezogen, weil sie – für die Beklagten erkennbar – auf die Richtigkeit von deren Planung und Überwachungsmaßnahmen vertraut und auf Grundlage der Architektenleistungen der Beklagten das Bauvorhaben durchgeführt hat (vgl. Kniffka/Koeble, Teil 11, Recht der Architekten und Ingenieure, Rn. 848; OLG Hamm, Urteil vom 07.02.2002 – 21 U 77/00; BeckOGK/Merkle, 01.04.2023, BGB § 631 Rn. 243).

Nach alledem hatte die Klägerin sowohl einen Schaden als auch einen (rechtskräftig aberkannten) Anspruch. Hat der vertragsfremde Dritte jedoch einen eigenen Schadenersatzanspruch, gestützt auf die Schutzwirkungen des Vertrages, kann es bezüglich derselben Schadensposition nicht eine Liquidation durch den Vertragspartner geben (BeckOGK/Mäsch, 01.10.2023, BGB § 328 Rn. 173).

Überdies steht der Anwendung des Rechtsinstituts einer Drittschadensliquidation entgegen, dass gerade keine bloße – zufällige – Verlagerung des Schadens vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 14.01.2016 – VII ZR 271/14). Die Verlagerung des Schadens war keineswegs zufällig. Sie beruhte vielmehr auf einer bewussten Entscheidung des Zedenten, der Klägerin und deren weiteren Mitgesellschafter. Die Gründung der Klägerin war einzig zu dem Zweck erfolgt, damit diese und nicht der Zedent die gesamte finanzielle Belastung des Bauvorhabens und sämtliche wirtschaftlichen Vorteile und Risiken trägt. Im Gegenzug dazu erhielt sie von dem Zedenten das Eigentum an der Immobilie und konnte seit dem Abschluss des Bauvorhabens Erträge aus dem Objekt erzielen. Die Beteiligten haben sich auch bewusst dafür entschieden, den im Jahr 2007 vom Zedenten geschlossenen und im Jahr 2011 ergänzten Architektenvertrag unverändert zu lassen und die Beklagten nicht um Zustimmung zur Übernahme des Vertrages durch die Klägerin zu ersuchen. Nichts davon geschah zufällig oder unbedacht.

(3) Zudem scheiden aus weiteren Gründen Schadensersatzansprüche der Klägerin aus abgetretenem und aus eigenem Recht aus.

(3.1) Denn die Klägerin hat den vermeintlich entstanden Schaden nicht mit Substanz dargelegt. Sie beschränkt sich vielmehr darauf, jegliche aufgewendete Baukosten des umfangreichen Bauvorhabens als Schaden geltend zu machen. Einen konkreten Bezug zu etwaigen den Beklagten vorgeworfenen Pflichtverletzungen stellt sie im Hinblick auf den überwiegenden Teil der Schadenspositionen nicht her. Die Klägerin macht allein pauschal geltend, die angeblichen Schäden beseitigt und die streitgegenständlichen Beträge aufgewendet zu haben. Gleichwohl fehlt es im Rahmen der gesamten Darstellung des Schadens durch die Klägerin, worauf das Landgericht bereits in der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2018 hingewiesen hat, ohne dass die Klägerin darauf reagiert hätte (siehe Bl. 118 ff. d. A.), an der Vorlage von einzelnen Rechnungen. Damit ist für den Senat nicht ersichtlich und wurde von der Klägerin auch nicht ausgeführt, welche Unternehmen wann welche Beträge für welche konkreten Leistungen bzw. für welche Zeiträume abgerechnet haben. Die Klägerin beschränkt sich auf eine pauschale Darstellung vermeintlich durchgeführter Arbeiten und legt keine einzelne Rechnung vor. Wofür die Klägerin die angeblich aufgewendeten Beträge überhaupt ausgegeben hat, ist offen. Es bleibt auch unklar, in welcher Ausführungsqualität die Leistungen erbracht wurden und ob jene derjenigen der vermeintlich unnützen Maßnahmen entsprach. Ob etwa die Neukonstruktion der Wände und der Einbau der haustechnischen Installationen in gleicher Ausführungsqualität vorgenommen wurden, wie diejenige, welche die Beklagten haben errichten lassen, ist nicht nachvollziehbar. Die Einholung des zum Schadensumfang angebotenen Sachverständigengutachtens liefe auf eine reine Ausforschung hinaus. Es ist daher nicht ansatzweise ersichtlich – die gesamte Schadensberechnung ist zwischen den Parteien streitig -, dass der Klägerin tatsächlich durch die behaupteten Planungsfehler ein Schaden und in welcher Höhe entstanden wäre.

Auf diesen Gesichtspunkt war durch den Senat nicht erneut hinzuweisen, nachdem das Landgericht und die Beklagten wiederholt Hinweise erteilt hatten, ohne dass die Klägerin die Hinweise aufgegriffen hätte. Letztlich kam es angesichts des ohnehin fehlenden Schadens des Zedenten und der rechtskräftig aberkannten Ansprüche der Klägerin darauf auch nicht mehr entscheidend an.

(3.2) Überdies ist schon der pauschalen Auflistung vermeintlich durchgeführter Baumaßnahmen zu entnehmen, dass die streitgegenständlichen Positionen eine Vielzahl von Sowieso-Kosten enthalten, die die Klägerin nicht von den durch Fehler der Architektenleistungen entstandenen Kosten abgegrenzt hat. Mangels vorgelegter Einzelrechnungen vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, welche der Kostenpositionen Sowieso-Kosten beinhalten und welche nicht.

So enthalten beispielsweise die geltend gemachten Kosten der Firma Innenausbau ### von 202.849,47 Euro Sowieso-Kosten. Denn die Kosten für die Neukonstruktion der Wände und Decken wären auch dann angefallen, wenn die Beklagten die letztlich gebauten Geschossdecken geplant und realisiert hätten. Die Kosten für den Rückbau der gebauten Trockenbaudecken und Wände könnten zwar ersatzfähig sein, da die Beklagte nach Entfallen des Bestandsschutzes die Geschossdecken nicht hätte fertigstellen und hierauf Trockenbauwände setzen dürfen. Allerdings grenzt die Klägerin die Kosten der Neukonstruktion der Wände und Decken nicht von den Rückbaukosten ab. Gleichfalls benennt sie die jeweils durchgeführten Einzelleistungen nicht und stellt sie auch konkreten Beträgen nicht gegenüber (Bl. 80 d. A.).

(3.3) Der Senat ist überzeugt davon, dass die Kosten der Neuherstellung der Geschossdecken ohnehin angefallen wären. Bei diesen Kosten handelt es sich um Sowieso-Kosten, die die Klägerin freilich nicht beziffert und von den von ihr als unnütz behaupteten angefallenen Aufwendungen für das Einbringen von Dämmung, Fußbodenheizung und Estrich sowie den Aufbau von Wänden auf den Geschossdecken nicht abgrenzt.

Denn zwischen den Parteien ist unstreitig und ergibt sich auch aus dem vom Landgericht eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr. Ing. habil ### vom 22.11.2021, dass die Holzbalkendecken im Bestand zwischen erstem und zweitem Obergeschoss und zweiten Obergeschoss und Dachgeschoss nicht lediglich Besonderheiten in Bezug auf den bestehenden Brandschutz (als Bestandsdecken F30) aufwiesen und Probleme in Bezug auf einen erhöhten Schallschutz boten, sondern zusätzlich statische Probleme bestanden sowie erhebliche Durchbiegungen und Schwingungen auftraten, so dass eine statische Ertüchtigung der Decken notwendig war. Insofern folgerichtig hat die Klägerin im Vorprozess auch den Statiker auf Schadensersatz in Anspruch genommen.

Die Richtigkeit dieser Einschätzung des Senats wird auch ganz deutlich aus der Klageschrift im Vorprozess zum Az.: 4 O 3278/16 vom 31.12.2016). Dort hat die Klägerin auf Seite 26 der Klageschrift ausgeführt (Hervorhebung in Fettdruck durch den Senat):

„Bei der Untersuchung der Decken durch die Bauherren und den Gutachter fielen nun jedoch zwei Dinge auf. Da in Teilen der Geschosse Zwischenwände zur Schaffung größerer Raumgrößen entfernt worden waren, sollten in die Decken statische Verstärkungen eingebaut werden. Dies war augenscheinlich und nach der Beobachtung des Klägers zu 2), Herrn ### auch geschehen.

Gleichwohl bemerkte der Gutachter, dass die Decken bauphysikalische Schwächen, insbesondere starke Schwingungen zeigten, wenn diese beispielsweise durch Schritte belastet wurden. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass sich der Trittschall in ungewöhnlich deutlicher Form auf die darunter liegenden Räume übertrug.“

Auf Seite 29 der genannten Klageschrift hieß es im Vorprozess (Hervorhebung in Fettdruck durch den Senat):

„Die Folgen dieser Feststellungen war extrem: Zwei komplette und bis auf den Bodenbelag bereits fertiggestellten Geschossdecken neben darauf neu errichteten Wandkonstruktionen im Trockenbau mussten nun wieder vollständig ausgebaut werden. Sie waren aus statischen, bauphysikalischen und brandschutztechnischen Gründen nicht zu sanieren.“

Auf Seite 31 der genannten Klageschrift im Vorprozess hieß es weiter (Hervorhebung in Fettdruck durch den Senat):

„Die von den Beklagten dem Ausbau vorgegebene Deckenkonstruktion hätte daher nicht nur aus schallschutztechnischen, sondern auch aus brandschutztechnischen Gründen so nie geplant und gebaut werden dürfen …“

Auf Seite 34 und 35 der Klageschrift war erläutert (Hervorhebung in Fettdruck durch den Senat):

„Extrem zeitraubend waren zunächst die sich anschließenden Untersuchungen dazu, wie die Geschossdecken zu sanieren und damit neu zu konstruieren waren. Die Anforderungen – insbesondere des Brandschutzes – ergaben aber Deckenlasten, die mit der vorhandenen Deckenkonstruktion nicht abzufangen waren. …

So ließen sich sowohl die Mängel im Schallschutz, als auch die viel schwerwiegenderen Mängel im Brandschutz endgültig und nachhaltig beheben.“

Insofern hat der gerichtliche Sachverständige in Bezug auf die Decke über dem ersten Obergeschoss und die Decke über dem zweiten Obergeschoss festgestellt, dass in beiden Fällen ein Tragfähigkeitsnachweis nicht geführt werden kann und beide Decken einer statischen Ertüchtigung bedurft hätten. Er hat als „Ergebnis Bewertung Statik“ auf Seite 38 seines Gutachtens vom 22.11.2021 ausgeführt:

„5 von 9 untersuchten Deckenbalken bedürfen bereits einer statischen Ertüchtigung, ohne dass die Bestandsdecke mit Gussasphaltestrich und/oder Unterhangdecke zur Erhöhung der Schrittschalldämmung ausgestattet wird.

Selbst wenn Beeinträchtigungen durch übermäßige Durchbiegungen und unangenehme Schwingungen in Kauf genommen werden, würde noch bei einem der untersuchten Deckenbalken eine Überschreitung des zulässigen Grenzwertes der Biegespannung vorliegen.

Bei Anordnung von schwimmendem Gussasphaltestrich und federnd abgehängter Unterdecke zur Verbesserung der Trittschalldämmung erfüllen nur 2 der 9 untersuchten Deckenbalken die statischen Anforderungen ohne statische Ertüchtigung.

Umfangreiche Änderungen der Bestandsdecken waren zum Erreichen eines Trittschallschutzes für hochwertige Wohnraumnutzung daher unvermeidlich.“

Damit in Einklang fasste das Ende des Jahres 2013 beauftragte Architekturbüro, die ###, mit Schreiben an die Klägerin vom 06.12.2013 (Anlage K49) die Defizite der Bestandsdecken wie folgt zusammen:

„… Der jetzige Zustand hinsichtlich der brandschutztechnischen Qualitäten der einzelnen Deckenbereiche ist dem aktuellen Gutachten des Brandschutzbüros ### vom 28.10.2013 zu entnehmen. …

Weiterhin sind in den Holzbalkendecken schwingungsmindernde Maßnahmen zu treffen und grundsätzlicher Schallschutz ist zu gewährleisten. Einzelne Deckenbereiche bedürfen hinsichtlich der geplanten Lasteintragungen einer statischen Ertüchtigung.“

Im Schreiben der ### an die Klägerin vom 22.12.2013 (Anlage K50) zum Arbeitsstand war auf Seite 2 zum Schallschutz (Schwingungen)/Tragfähigkeit ausgeführt:

„Nach endgültiger Bestätigung der Deckenlösung erfolgt eine Renovierung der vorliegenden Tragfähigkeitsberechnung sowie eine Bewertung des Schwingungsverhaltens der Deckenbalken durch den Statiker.

Maßnahmen in den einzelnen Deckenebenen: …

Decke über 1. Obergeschoss: …

Erhöhung Deckensteifigkeit zur Minimierung Schwingungen und Erhöhung Wirksamkeit Trittschallschutz. Decke über 2. Obergeschoss:

HBV-Decke in Standardausführung.

Dadurch Erreichung einer hohen Deckensteifigkeit und guter Wirksamkeit der trittschallverbessernden Maßnahmen.“

Der Senat ist daher davon überzeugt, dass die Bestandsdecken – unabhängig von Fehlern der Architektenleistungen der Beklagten – ohnehin hätten entfernt und neue Decken hätten errichtet werden müssen. Immerhin sollte in der Immobilie der Klägerin hochwertiger Wohnraum geschaffen werden, dem „übermäßige Durchbiegungen und unangenehme Schwingungen“ (S. 38 des Gutachtens des Dr. Ing. habil ### grundsätzlich zuwiderliefen. Dass dieser Gesichtspunkt der Errichtung eines hochwertigen Wohnobjekts entgegenstand, zeigen auch die Ausführungen des später für die Klägerin tätigen Architekts und Geschäftsführers der ###:

„Ein erster Sanierungsversuch mit Hilfe einer Estrichschicht erwies sich als mangelhaft. Zwar entsprachen die damit erreichten Schallschutzwerte den Ansprüchen an hochwertiger Wohnqualität, doch das aus dieser Maßnahme resultierende Schwingungsverhalten der bis zu zehn Meter langen Deckenbalken war zu extrem und damit untragbar. Entsprechend musste die Estrichschicht wieder abgetragen und ein zweiter Sanierungsversuch gestartet werden. ….“ (Anlage B10)

Mangels konkretem Sachvortrag der Klägerin und aufgrund fehlender Einzelrechnungen vermag sich der Senat jedoch kein Bild davon zu verschaffen, für welche konkreten Maßnahmen welche Sowieso-Kosten und in welcher Höhe unnütze Aufwendungen angefallen sind.

(4) Gleiches gilt für den geltend gemachten Mietausfall in Höhe von 360.400,00 Euro. Auch insoweit hat der Zedent keine Vermögenseinbuße erlitten. Etwaigen Mietausfall hätte allenfalls die Klägerin zu tragen, die die Mietverträge abgeschlossen hat und Mieteinnahmen erzielt.

Unabhängig davon steht der Klägerin weder aus abgetretenem noch aus eigenem Recht ein Schadensersatzanspruch zu. Denn aus den vorgelegten Anlagen, insbesondere den Vertragsunterlagen, sowie aus dem Vortrag der Klägerin ist nicht ersichtlich, dass der Zedent und die Beklagten einen verbindlichen Fertigstellungstermin vereinbart hätten. Dies folgt auch nicht aus den Anlagen K63 ff. Im Ausgangsarchitektenvertrag vom 25.01.2007 war in Bezug auf Termine in § 5 festgelegt, dass alle erforderliche Termine für die Durchführung der Baumaßnahme nach gemeinsamer Absprache mit dem Auftraggeber in einem Planungs- und Bauablaufplan erfasst werden. Die Erwähnung von Fertigstellungszeitpunkten, so in der Mail des Beklagten zu 3) vom 08.03.2011 für August 2012 (Anlage K64), stellt keine Festlegung verbindlicher Termine dar, an die eine Haftung der Beklagten zu 1) anknüpfen könnte. Dies folgt auch nicht aus dem Projektablaufplan (Anlage K65). Vielmehr haben die Beklagten lediglich die Terminpläne fortgeschrieben.

Überdies zeigen die im Vorprozess im Anlagenkonvolut K11, dort Anlage 9 vorgelegten E-Mails vom 16.04.2012, vom 17.04.2012 und vom 19.04.2012, dass aufgetretene Verzögerungen gerade nicht allein im Verantwortungsbereich der Beklagten lagen, sondern ganz maßgeblich durch bauherrenseitige Änderungswünsche und hierdurch erforderlich gewordene Planungsänderungen verursacht worden sind. So teilten die Beklagten dem Zedenten im April 2012 – d.h. gerade einmal vier Monate vor dem vermeintlichen Fertigstellungstermin – die von ihm gewünschten Umplanungen der Wohnungen im Untergeschoss, 2. Obergeschoss und Dachgeschoss mit und verbanden dies mit dem „Hinweis, dass zu diesem Zwecke die Ausführungsplanung angehalten wurde“. Dass die Änderungswünsche und Umplanungen die Fertigstellung des Bauvorhabens verzögern würden, lag auf der Hand („Damit müssen auch die Fachplaner mit den Umplanungen betraut werden, was jeweils Zeit und Ressourcen in Anspruch nimmt …“).

Dem entsprechend antwortete das Statikerbüro ### auf die Weiterleitung der Planungsänderungen:

„Wann ist denn eigentlich mal Redaktionsschluss? Die Änderungen bringen uns in Termin- und Kostenverzug“ (Anlagenkonvolut K11 des Vorprozesses, dort Anlage 9).

Aus der E-Mail-Korrespondenz ergibt sich im Übrigen, dass die Klägerin im April 2012 noch nicht einmal die gewünschten Ausstattungsmerkmale, wie Badartikel, Türen und Beläge, festgelegt hatte und es somit selbst an der erforderlichen Mitwirkung an einer zügigen Bauausführung hat fehlen lassen.

(5) Auch der geltend gemachte Schaden in Höhe von 42.411,19 Euro wegen der zu niedrigen Deckenhöhe von 2,40 m und der Notwendigkeit der Tieferlegung des Bodens im Gartengeschoss ist nicht dem Zedenten entstanden.

Überdies scheidet ein Schadensersatzanspruch der Klägerin sowohl aus abgetretenem als auch aus eigenem Recht deswegen aus, weil die Klägerin die Höhe des vermeintlichen Schadens nicht nachvollziehbar dargelegt hat.

Die Klägerin hat einerseits auf das Privatgutachten Weber vom 13.08.2014 (Anlage K22) und andererseits die Anlage K28 mit der dort aufgeführten Aufstellung der Fa. ### für „Mehrkosten Kellergeschoss“ in Höhe von 16.054,38 Euro und der Kosten der Fa. ### für den „Rückbau Neubau Bodenplatte Gartengeschoss, Abdichtung“ in Höhe von 26.356,81 Euro verwiesen. Im Privatgutachten ### vom 13.08.2014 (Anlage K22) sind allerdings nur Kosten von 14.670,46 Euro – zusammengesetzt aus geschätzten Positionen und zwei Rechnungen der Fa. ### vom 04.02.2014 und 17.06.2013 – aufgeführt, ohne Erwähnung der in der Anlage K 28 genannten Rechnungen der Fa. ### vom 21.08.2013 über 16.054,38 Euro und der Fa. ### vom 10.09.2013 über 26.356,81 Euro. Die Mehrkosten für das Kellergeschoss sind damit nicht nachvollziehbar.

Im Übrigen legt auch hier die Klägerin weder Einzelrechnungen vor, aus denen die Kosten ersichtlich wären, noch stellt sie die konkret durchgeführten Baumaßnahmen im Einzelnen dar, obwohl das Landgericht hierauf hingewiesen hat (siehe oben). Ein erneuter Hinweis war insoweit an die Klägerin nicht zu erteilen.

(6) Nichts Anderes gilt für den vermeintlichen weiteren Schadensersatzanspruch in Höhe von 3.900.000,00 Euro, auf den die Klägerin hilfsweise die Klageforderung gestützt hat, allerdings diese Position im Berufungsverfahren nicht weiterverfolgt hat.

Der Senat hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erläutert:

„Die behaupteten höheren Baukosten hat ebenfalls die Klägerin und nicht der Zedent getragen. Da dem Zedent kein Schaden entstanden ist, scheidet auch insoweit ein Schadensersatzanspruch aus.

Überdies haben die Vertragsparteien gerade keine Baukostenobergrenze vereinbart. Auch die Klägerin legt nicht dar, wer wann und auf welche Weise welche Baukostenobergrenze vereinbart habe. Schon im Vorprozess hatte die Klägerin eingeräumt, dass eine Baukostenvereinbarung nicht getroffen worden sei (Bl. 126 der Verfahrensakte Az.: 4 O 3278/16).

Im Übrigen läge ein Schaden des Zedenten nur vor, wenn die höheren Baukosten nicht durch einen höheren Verkehrswert der Villa ### kompensiert wurden. Hierzu ist der Vortrag der Klägerin jedoch unergiebig. Das von der Klägerin als Anlage K42 vorgelegte Verkehrswertgutachten zur streitgegenständlichen Villa ### ist gänzlich unbrauchbar. In dem Verkehrswertgutachten ist unter den Schlussbemerkungen ausgeführt, die dortigen Ausführungen zur Wertermittlung seien „nicht gerichtsfest und nicht belastbar“. Im Übrigen stellt das Privatgutachten nicht auf den aktuellen Zeitpunkt und damit den jetzigen Verkehrswert ab, der maßgebend ist, sondern auf den Zeitpunkt der Gutachtenerstellung im Jahr 2014.

Da es sowohl an einem Schaden des Zedenten als auch an der Vereinbarung einer Baukostenobergrenze fehlt, kommt es aber weder auf das zur Akte gereichte Verkehrswertgutachten entscheidend an noch war zur Frage des tatsächlichen Verkehrswertes ein Sachverständigengutachten einzuholen.

Letztlich hat die Klägerin auch versäumt, hinreichend zu bestimmen, auf welchen Teil der vermeintlich überhöhten Baukosten von 3.900.000,00 Euro sie die Klageforderung hilfsweise stützt.“

Daraufhin hat der Klägervertreter in der mündlichen Berufungsverhandlung erklärt, dass er die Klage auf die Hilfsbegründung nicht mehr stütze.

2. Die Berufung der Beklagten führt zur Abänderung des landgerichtlichen Urteils dahin, dass die Klage auch hinsichtlich des vom Landgericht zuerkannten Schadensersatzanspruches wegen Beschädigung des Buschbadener Pflasters i.H.v. 51.140,14 Euro nebst Zinsen abzuweisen ist.

a. Das Landgericht hat schon verkannt, dass die gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Klage aufgrund der Beendigung der Gesellschaft unzulässig war.

b. Soweit die Klägerin aus eigenem Recht gegen die Beklagten zu 1. bis 3. vorgeht (Bl. 70 d. A.), steht der Zulässigkeit der Klage außerdem die Entscheidung des Landgerichts im rechtskräftig entschiedenen Vorprozess mit dem Aktenzeichen 4 O 3278/16 entgegen. Denn mit Urteil des Landgerichts Leipzig vom 03.04.2018 wurde über Ansprüche der Klägerin rechtskräftig durch Klageabweisung entschieden. Bereits im Vorprozess hatte die Klägerin Ansprüche wegen der Beschädigung des Buschbadener Pflasters in Höhe von 51.140,14 Euro geltend gemacht.

Wie ausgeführt, ändert an der Rechtskraftwirkung des Urteils vom 03.04.2018 in Bezug auf eigene Ansprüche der Klägerin der Umstand nichts, dass das Landgericht im Vorprozess übersehen hat, dass der Klägerin grundsätzlich eigene Ansprüche aus dem Architektenvertrag in Verbindung mit den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter zustehen konnten (vgl. Kniffka/Koeble, Teil 11, Recht der Architekten und Ingenieure, Rn. 848; OLG Hamm, Urteil vom 07.02.2002 – 21 U 77/00; BeckOGK/Merkle, 01.04.2023, BGB § 631 Rn. 243).

c. Ein Schadensersatzanspruch ist schon deshalb nicht gegeben, weil dem Zedenten auch in Bezug auf das Buschbadener Pflaster kein Schaden entstanden ist. Das Buschbadener Pflaster stand im Eigentum der Klägerin, die Kosten der Pflasterarbeiten und des Materials hat gleichfalls die Klägerin getragen. Ein Rückgriff auf die von der Klägerin angeführte Drittschadensliquidiation scheidet angesichts des eigenen vertraglichen Schadensersatzanspruchs der Klägerin, auch wenn dieser im Vorprozess rechtskräftig aberkannt wurde, und des Fehlens einer zufälligen Schadensverlagerung aus.

d. Schließlich ist ein Schadensersatzanspruch zu verneinen, weil die Klägerin eine Beschädigung des Pflasters nicht bewiesen hat.

Zwar ist das Landgericht davon ausgegangen, dass eine Pflichtverletzung der Beklagten darin läge, dass sie das Pflaster nicht separiert hätten. Dass das Unterlassen der Separierung zu einer Zerstörung oder Beschädigung der Pflastersteine geführt hätte, ist aber – dies erschließt sich aus dem Inhalt der Zeugenvernehmungen im Sitzungsprotokoll des Landgerichts vom 30.10.2019 – gerade nicht bewiesen.

Die Zeugen haben nicht bestätigt, dass das Pflaster an dieser Stelle tatsächlich beschädigt worden und eine – schon durch die Beweisaufnahme nicht bestätigte – Beschädigung des Pflasters gerade auf ein Nichtschützen des Pflasters in diesem Bereich zurückzuführen sei. Die in der mündlichen Verhandlung zur Frage der Beschädigung des Buschbadener Pflasters gehörten Zeugen, der Privatsachverständige der Klägerin ### und der Bauleiter der Beklagten (siehe Protokoll vom 30.10.2019, Bl. 197 ff. d. A.), haben zwar bestätigt, dass das Buschbadener Pflaster, soweit es in einer Fläche von etwa 30 m² gut erhalten war, entsprechend den Vorgaben der Denkmalpflege aufgenommen und geschützt werden sollte, dass dies allerdings in der Folgezeit gerade nicht geschehen sei. Allerdings hat der Bauleiter ### auch angemerkt, dass das gut erhaltene Pflaster sich im Bereich des Personeneingangs befunden und er darauf geachtet habe, dass dort „nicht mit Bagger drübergefahren wird und kein Mörtel verplempert wird“ (Bl. 210 und Bl. 211 d. A.). Es habe sich in dem Bereich der 30 m², wo das Pflaster gut erhalten war, auch um eine Fläche vor dem Personeneingang gehandelt, wo der Zeuge ### dafür Sorge getragen habe, dass seine Vorgabe, dass dort nicht mit Bagger hinübergefahren werde, auch eingehalten worden sei (Bl. 211 d. A.). Auch der Zeuge ### hat ausdrücklich ausgeführt, dass er nicht wahrgenommen habe, dass im Bereich des erhaltungsfähigen Pflasters Steine zerstört oder beschädigt worden, mit schweren Maschinen hinübergefahren oder schwere Maschinen dort gelagert worden seien und es dadurch zu Beschädigungen gekommen sei (Bl. 201 d. A.). Der Senat vermag sich daher keine Überzeugung davon bilden, dass das Buschbadener Pflaster mit einer Fläche von 30 m² tatsächlich beschädigt worden sei.

3. Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe ersichtlich nicht bestehen.

Bringen Sie mit uns PV-Anlagen auf Schulgebäude

Bringen Sie mit uns PV-Anlagen auf Schulgebäude

vorgestellt von Thomas Ax

Gegenstand der Gesamtbaumaßnahme ist die Errichtung von PV-Anlagen auf Schulgebäuden der Kundin (Bestandsobjekte). Es werden Generalunternehmerleistungen für die Schulgebäude vergeben. Die ausgeschriebene Leistung beinhaltet alle notwendigen Phasen von der Planung bis zur Übergabe an den Bauherrn, insbesondere:

– Planungs- und Sachverständigenleistungen;

– Baustelleneinrichtung, Baustellenversorgung und -entsorgung, Baustellensicherung, Arbeits- und Schutzgerüste;

– Lieferung, Montage und Inbetriebnahme PV-Module;

– Lieferung, Montage und Inbetriebnahme Wechselrichter und Batteriespeicher;

– Lieferung, Montage und Inbetriebnahme Sonstige Technische Ausstattung;

– Sonstige Bauleistungen;

– Wartungsleistungen für 2 Jahre, inkl. Betrieb webbasiertes Monitoringsystem.

Zweck der baulichen Anlagen ist die Sicherstellung der Energieversorgung mit mindestens 80 % Eigenverbrauchsanteil. Wichtig ist die Einhaltung des erforderlichen Zeitplans bis zur Inbetriebnahme der PV-Anlagen. Wichtig ist die Vermeidung von Schnittstellen, die insbesondere im Fall von Verzögerungen einzelner Vergabeverfahren den Gesamtfertigstellungtermin gefährden würden.

Die Beschreibung der zu erbringenden Leistungen erfolgt im Rahmen einer funktionalen Leistungsbeschreibung (Entwurf):

Allgemeine Baubeschreibung Die Kundin beabsichtigt den Neubau von PV-Anlagen auf Bestandsobjekten. Hierbei handelt es sich um nachfolgende Objekte: … Für jeden Standort ist eine Förderbare PV-Anlage mit mindestens 80% Eigenverbrauchsanteil mit Batteriespeicher zu errichten. Die Errichtung der PV-Anlagen dieser Ausschreibung erfolgt auf vorgegebenen Dachflächen, die bereits einer Sanierung unterzogen wurden. Der Bieter muss sich im Vorfeld durch Begehung der Objekte ein umfassendes Bild der Objekte machen (vgl. Angebotsbedingungen). Die Besichtigungszeit erfolgt nach Vereinbarung Montag – Freitag. Die Objekte sind bei den Besichtigungen umfassend in Augenschein zu nehmen, insbesondere die PV-Bestandsanlagen, die NSHVen und Transformatoren. Einige Objekte haben externe PV-Anlagen. Die bestehenden und externen Anlagen sind gemäß Vorgabe des jeweiligen Energieversorgungsunternehmen bei der Erstellung der Schalt-, Mess- und Regeltechnikpläne zu berücksichtigen. Alle PV-Anlagen sind gemäß den aktuell gültigen Normen zu errichten.

Allgemeine Vorbemerkungen Die ausgeschriebene Leistung beinhaltet alle notwendigen Phasen von der Planung bis zur Übergabe an den Bauherrn. Dem Bieter werden nach Auftragserteilung vorhandene Bestandsunterlagen der jeweiligen Objekte zur Verfügung gestellt. Daraufhin sind eventuell fehlende Informationen in Eigenleistung durch z. B. Objektbegehungen, etc. zu ermitteln. Nach erfolgter Planung muss vom Bieter der statische Nachweis seiner geplanten Anlagen erbracht werden. Die Kosten für die statischen Berechnungen sind vom Auftragnehmer zu übernehmen. Die ggf. entstehende Kosten für einen Prüfstatiker werden vom Auftraggeber auf Nachweis übernommen. Die PV-Anlagen sind eigenständig nach Vorgabe der gültigen Normen zu planen und zu errichten. Dazu gehören auch alle notwendigen Absprachen, sowie die Erstellung der Anträge, etc. mit den Netzbetreibern, Messstellenbetreibern und Feuerwehren. Die Beantragung der PV-Anlagen erfolgt online über das jeweilige Internet-Portal des Energieversorgers. Hierzu hat der Bieter Schalt-, Mess- und Regeltechnikpläne nach den Vorgaben des EVU zu erstellen. Der genaue Arbeitsablauf mit Terminen für Planung und Bau ist dem Auftraggeber innerhalb von 2 Wochen nach Beauftragung vorzulegen. Einschränkungen zur geplanten Bauzeit durch den laufenden Schulbetrieb sind hierbei mit dem Auftraggeber abzustimmen. Nach der Inbetriebnahme der einzelnen Anlagen erfolgt die gemeinsame Abnahme mit dem Bauherrn (förmliche Abnahme). Vorab sind die gesamten Revisionsunterlagen bestehend aus Plänen, Strangschemen, Verteilungsplänen, Datenblättern, Wartungspläne, Datenblätter etc. in Papierform (zweifach) und digital zu übergeben Notwendige Sachverständigenabnahmen sind vom Auftragnehmer vorzubereiten und sind im Angebotspreis zu berücksichtigen. In den Beschreibungen der einzelnen Objekte werden die jeweiligen Mindestanforderungen der kWp-Leistungen abgefragt. Sollten sich die Mindestanforderungen aufgrund baulicher Gegebenheiten nicht erreichen lassen, so sind Modulfelder höherer Leistungen zu wählen mit entsprechend niedrigerer Anzahl. Eine Erhöhung der kWp-Leistung im Rahmen der 80 % Eigenverbrauchs-Vorschrift, bleibt dem Bieter freigestellt, ändert jedoch nicht den Auftragswert.

Technische Vorbemerkungen Alle PV-Anlagen sind unter Berücksichtigung des Trennungsabstands zum Blitzschutz (Blitzschutzklasse 3) zu planen und zu errichten. Die Kosten für die Anpassung des äußeren Blitzschutzes sind mit einzubeziehen. Dazu gehören unter anderem das Erstellen von Blitzschutzbrücken über benötigte Kabelwege (Gitterrinnen), das Stellen zusätzlicher Fangstangen, etc. Die Blitzschutzmaßnahmen sind für die jeweiligen Gebäude in Planunterlagen zu dokumentieren und anhand eines Messprotokolls nachzuweisen. Für alle PV-Anlagen sind Wechselrichter mit GSM-Modulen zu planen, sodass eine Anbindung an das hauseigene EDV-Netz der Schulen nicht notwendig wird. Weiterhin müssen alle PV-Anlagen an ein vom AN zu wählendes webbasiertes Monitoringsystem angebunden werden, in der die zur Verfügung stehenden Daten der Wechselrichter (Leistungsangaben, Betrieb, Störungsmeldungen, Dokumentation, aktuelle Werte, etc.) vom AG abgerufen werden können. Im Eingangsbereich der jeweiligen Schulen ist ein Anzeigetableau zu planen und zu installieren, auf dem die momentane Erzeugungsleistung und die Gesamterzeugungsleistung angezeigt wird. Die Anbindung an das EDV-Netz und die Netzversorgung soll über vorhandene EDV-Anschlüsse und Stromkreise realisiert werden. Diese sind vom AN vor Ort zu ermitteln und eine Anbindung kann über die Installation von Brückenkabeln erfolgen. Eine jeweilige Mischverkabelung bis 50 m kann angenommen werden. Im Zuge der Planung muss mit den zuständigen Brandschutzbehörden Kontakt aufgenommen werden und die Position des Feuerwehrschalters zur Abschaltung der PV-Anlagen der jeweiligen Objekte abgeklärt werden.

Jede der zu errichtenden PV-Anlagen bekommt einen eigene Unterverteilung. Für alle PV-Anlagen >30kW ist ein Zentraler Netz und Anlagenschutz am NVP zu planen und zu errichten. Bestehende Anlagen sind darin zu integrieren. Für jede PV-Anlage ist ein eigener Zweirichtungszähler vorzusehen. Die Leistungsdaten der PV-Anlagen sind den einzelnen Objektbeschreibungen zu entnehmen. Die Unterkonstruktionen sind entsprechend den beschriebenen Dachtypen zu wählen. Der Querschnitt der Solarkabel wird im Zuge der Planung bestimmt. Im Mittel kann mit einem Solarkabel 6qmm kalkuliert werden. In Abstimmung mit dem Messstellenbetreiber kann in jedem Objekt zur Aufnahme der Zählereinrichtung und Leistungskabel eine UV-PV mit den maximalen Maßen 1850x800x350mm kalkuliert werden. An sämtlichen Gebäudeeintritten der Kabel müssen entsprechende Überspannungs- und Blitzschutzmaßnahmen vorgesehen werden. Unterkonstruktionen und Wechselrichter sind in den Potentialausgleich des Gebäudes zu integrieren. Die Angaben der Zuleitungen beschreiben den Kabeltyp mit maximalem Querschnitt für die Gesamtleistung der PV-Anlage bei einem Wechselrichter. Dem Bieter ist eine andere Aufteilung freigestellt. Zu Beginn der Planungsphase muss mit dem Messstellenbetreiber das Messkonzept der jeweiligen Objekte unter Berücksichtigung der Bestandsanlagen abgestimmt werden. Die Ergebnisse sind zu dokumentieren und dem Bauherrn zu übermitteln. Vom Auftragnehmer ist für jedes Objekt eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen und dem Bauherrn zu übermitteln; alle geltenden UVV-Regeln sind zu beachten. Für jedes Dach ist die Stellung einer Absturzsicherung (Flachdach), bzw. eines Gerüstes mit Fangsicherung (Satteldach) zu planen und für die Dauer der Arbeiten auf den Dächern vorzuhalten. Die Abmessungen der Arbeitssicherungsmaßnahmen sind in den einzelnen Titeln in umlaufender Breite x Höhe aufgeführt. Die Gegebenheiten zur Gerüststellung sind vom AN bei den jeweiligen Besichtigungen zu prüfen. Schulische Verkehrswege müssen gegen herabfallende Werkzeuge, Materialien, etc. geschützt werden. Hilfsmittel zur Materialanlieferung, wie Steiger, Kran, etc. sind einzukalkulieren und die Möglichkeit zur Nutzung ist bei der Besichtigung zu prüfen und mit dem Projektleiter des ERK zu besprechen. Notwendige Baustelleneinrichtungen zur Lagerhaltung, sowie die Nutzung von Sanitärräumen können mit dem Projektleiter im Vorfeld besprochen werden. Möchte der AN eine eigene Baustelleneinrichtung stellen, muss hierzu eine Abstimmung mit dem AG erfolgen.

Kurz belichtet – HochbauRecht

Kurz belichtet - HochbauRecht

Nur der Geschäftsführer haftet für zweckwidrige Baugeldverwendung

OLG München, Beschluss vom 11.02.2022 – 9 U 5403/21

1. Die Entgegennahme von Baugeld mit dem Versprechen einer baldigen Fertigstellung oder Weiterführung der Baumaßnahme ist kein Betrug, wenn Bauarbeiten auf der Baustelle erbracht und Nachunternehmer bezahlt werden.

2. Auf Zeitgewinn zielende, beschwichtigende Äußerungen können nicht als Verstoß gegen das allgemeine Anstandsgefühl und gegen die Grunderfordernisse der Redlichkeit im geschäftlichen Verkehr gewertet werden.

3. Eine sog. Durchgriffshaftung wegen zweckwidriger Verwendung von Baugeld kommt bei technischen Angestellten, die keine Geschäftsführer sind, nicht in Betracht.

Einverständnis mit Umbauarbeiten ist keine Kostenübernahmeerklärung

OLG Stuttgart, Beschluss vom 20.02.2023 – 13 U 114/22

1. Bei der Beantwortung der Frage, ob zwischen dem Besteller und dem Unternehmer ein Werkvertrag zu Stande gekommen ist, sind die (strengen) Anforderungen des Vollbeweises zu Grunde zu legen, da den Werkunternehmer die Beweislast für das Zustandekommen eines Werkvertrags trifft.

2. Aus dem Umstand, dass sich der Eigentümer einer Wohnung mit der Durchführung von Bauarbeiten einverstanden erklärt, folgt nicht, dass er auch zur Übernahme der Kosten bereit ist.

Verlassen der Baustelle ist keine Erfüllungsverweigerung

OLG München, Urteil vom 26.07.2022 – 9 U 7532/21 Bau

1. Ein Anspruch des Auftraggebers auf Ersatz von Fertigstellungsmehrkosten wegen Mängeln der Leistung vor der Abnahme setzt im VOB/B-Vertrag voraus, dass er dem Auftragnehmer erfolglos eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels gesetzt und die Kündigung angedroht hat und nach fruchtlosem Ablauf der Frist der Vertrag gekündigt wurde.

2. Einer Fristsetzung mit Kündigungsandrohung bedarf es nicht, wenn der Auftragnehmer die Erfüllung des Vertrags ernsthaft und endgültig verweigert.

3. Das Verlassen der Baustelle allein ist (noch) keine endgültige Erfüllungsverweigerung. Das Kooperationsgebot erfordert, dass sich der Auftraggeber mit dem Auftragnehmer wegen ausstehender Restleistungen in Verbindung setzt, statt die Arbeiten ohne Rücksprache zu halten selbst fertigzustellen.

Ersatzauftrag öffentlich ausgeschrieben: Kein Verstoß gegen Schadensminderungspflicht

OLG Brandenburg, Urteil vom 28.11.2023 – 10 U 2/23

1. Der Auftraggeber kann den Vertrag kündigen, wenn der Auftragnehmer mit der Vollendung in Verzug gerät und ihm der Auftraggeber erfolglos eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung gesetzt. Nach der Kündigung ist er berechtigt, den noch nicht vollendeten Teil der Leistung zu Lasten des Auftragnehmers durch einen Dritten ausführen zu lassen.

2. Die zu ersetzenden Fertigstellungsmehrkosten muss der Auftraggeber nachvollziehbar abrechnen. Der Detaillierungsgrad der Abrechnung bestimmt sich dabei nach den Kontroll- und Informationsinteressen des Auftragnehmers.

3. Der Auftragnehmer kann dem Fertigstellungsmehrkostenanspruch einen etwaigen Verstoß des Auftraggebers gegen die Schadensminderungspflicht entgegenhalten. Dabei kommt insbesondere ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot in Betracht.

4. Ein öffentlicher Auftraggeber ist bei der erneuten Beauftragung eines zuvor im Wege eines förmlichen Vergabeverfahrens vergebenen Auftrags unter Schadensminderungsgesichtspunkten regelmäßig nicht zur Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens verpflichtet.

5. Wird der Ersatzauftrag in einem förmlichen Vergabeverfahren vergeben, sprechen gewichtige Indizien dafür, dass der gebildete Preis nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstößt.

Von der Redaktion HochbauRecht Heft 1/2024

Von der Redaktion HochbauRecht Heft 1/2024

Die VOB/B gilt als insgesamt ausgewogenes Vertragswerk und ist seit über 90 Jahren der Musterbauvertrag für die öffentliche Hand. Der öffentliche Auftraggeber schreibt seine Verträge weiterhin auf Basis der VOB/B aus. Die VOB/B ist also weiterhin aktuell. Sie enthält jedoch zahlreiche in der Baupraxis oft übersehene Tücken und Fallstricke. Hinzu kommen zahlreiche richtungsändernde Urteile des BGH, die der bisherigen Praxis ein Ende setzen. Sei es hinsichtlich der Mängelrechte vor der Abnahme, der Kalkulation von Nachträgen oder den Anforderungen an die Darstellung von Bauzeitenansprüchen. Ziel unserer HochbauRecht ist es, Ihnen die aktuelle Rechtsprechung zur VOB/B (z.B. Berechnen der Nachträge nach den tatsächlich erforderlichen Kosten, Unwirksamkeit § 4 Abs. 7 VOB/B) vorzustellen und praktische und rechtssichere Lösungen bei der Abwicklung eines Bauvorhabens anzubieten. Wer erfolgreich sein will, muss das zu lösende Problem im Baurechtsdschungel zutreffend einordnen. So kann man rasch klären, welche strategischen Optionen zur Verfügung stehen. Dementsprechend verfolgt die Hochbaurecht das Ziel, Ihnen für typische Problemlagen praxistaugliches Basiswissen zu vermitteln. Ziel ist die Vermittlung exakt der Kenntnisse, die insbesondere Bau- und Projektleiter benötigen, um ihr Projekt wirtschaftlich erfolgreich zu managen und abzuschließen. Die Kenntnisse sollen Sicherheit in wichtigen, oft stressigen Situationen geben und auf diese Weise auch den persönlichen Druck, unter dem die Baubeteiligten stehen, vermindern. Wenn Nichtjuristen juristisch bedeutsam handeln müssen, benötigen sie dafür keine theoretische Erläuterung komplizierter Paragraphen, sondern eine verständliche, ausschließlich an ihrer täglichen Praxis orientierte Hilfestellung. Diese Hilfestellung soll unsere HochbauRecht liefern. Nehmen Sie uns beim Wort. Für Hinweise und Wünsche sind wir empfänglich. Sprechen Sie uns sehr gerne an!

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BGH zu der Frage, dass das Gericht, wenn es bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen und ihnen Gelegenheit geben muss, auf den Hinweis zu reagieren und ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen

BGH zu der Frage, dass das Gericht, wenn es bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen und ihnen Gelegenheit geben muss, auf den Hinweis zu reagieren und ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen

vorgestellt von Thomas Ax

1. Geht es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage, darf der Tatrichter auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur dann verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde aufzuweisen vermag.
2. Das Gericht muss, wenn es bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen und ihnen Gelegenheit geben, auf den Hinweis zu reagieren und ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen.
3. Allein eine längere Tätigkeit in einem Bausenat kann nicht ohne weiteres zuverlässige Kenntnisse über das – für die Prüfung einer Ausführungsplanung auf Vollständigkeit – erforderliche bautechnische Fachwissen verschaffen.
BGH, Beschluss vom 25.10.2023 – VII ZR 17/23
vorhergehend:
OLG Dresden, 06.12.2022 – 6 U 2337/20
LG Görlitz, 25.11.2020 – 6 O 138/18

Gründe:

1

Der Kläger verlangt von den Beklagten Architektenhonorar für Planungsleistungen nach den Mindestsätzen der HOAI.

 

 

2

Die Beklagte zu 1 erwarb im Jahr 2013 das Grundstück M.-Straße 20 in D., auf dem sich ein als Bürogebäude genutztes Hochhaus und eine Tiefgarage befanden. Der Kläger erbrachte im Einzelnen streitige Planungsleistungen für den auf dem Grundstück der Beklagten zu 1 vorgesehenen Neu- und Umbau des Gebäudes und zwar für die Teilprojekte:
– Neubau eines Wohngebäudes für studentisches Wohnen (TP 1),
– Umbau eines 11-geschoßigen Stahlbetonskelettbaus zum Wohngebäude (TP 2), 
– die Errichtung einer Tiefgarage unter Nutzung von Bestandskellerkonstruktionen (TP 3), 
– die Erstellung von Außenanlagen (TP 4),
– die Errichtung von Ingenieurbauwerken außerhalb des Gebäudes, befestigte Straßen und Wege (TP 5).

 

 

3

Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte zu 1 habe ihn mündlich mit der Erbringung der Grundlagenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 4 der HOAI (2013) für alle Teilprojekte beauftragt. Anlässlich der Unterzeichnung des zwischen der Beklagten zu 1 und der O. GmbH geschlossenen Generalunternehmervertrags am 22. September 2015 sei ihm mündlich auch die Ausführungsplanung (Grundleistungen der Leistungsphase 5) für die Teilprojekte 1 und 3 mit der Maßgabe übertragen worden, die erforderlichen Pläne an die Generalunternehmerin zu senden. Eine gesonderte Honorarvereinbarung sei nicht getroffen worden.

 

 

4

Mit der letzten korrigierten Honorarrechnung vom 17. März 2019 machte der Kläger unter Zugrundelegung der Mindestsätze der HOAI (2013) und Anrechnung geleisteter Abschlagszahlungen in Höhe von 109.243,70 € netto (= 130.000 € brutto), ein Honorar in Höhe von 442.117,55 € brutto sowie den Ersatz der Kosten vorgerichtlicher Rechtsverfolgung in Höhe von 4.099,90 € jeweils nebst Zinsen geltend.

 

 

5

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 308.231,15 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.163,90 € nebst Zinsen verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung des Klägers zurückgewiesen. 

 

 

6

Hiergegen richten sich die Nichtzulassungsbeschwerden der Parteien, mit denen sie jeweils die Zulassung der Revision begehren, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.


II.

A.

 

 

7

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO im tenorierten Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

 

 

8

1. Das Berufungsgericht hat, – soweit es von Interesse ist – ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Zahlung eines Honorars nach den Mindestsätzen für erbrachte Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 4 der HOAI (2013) in Höhe von 281.659,31 € brutto zu. Er habe zudem einen Anspruch auf eine weitere Vergütung in Höhe von 26.571,84 € brutto für Teilleistungen, die er im Rahmen der Ausführungsplanung in der Leistungsphase 5 bei den Teilprojekten 1 und 3 erbracht habe. 

 

 

9

Soweit der Kläger ein nach den Mindestsätzen berechnetes Honorar für die Erbringung der Grundleistungen der Leistungsphase 5 bei den Teilprojekten 1 bis 3 beanspruche, sei es ihm nicht gelungen, darzulegen und zu beweisen, dass er von den Beklagten in diesem Umfang konkludentbeauftragt worden sei. Er habe zwar vorgetragen und durch Vorlage entsprechender Dokumente unter Beweis gestellt, dass er die vollständigen Grundleistungen der Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung) für die Teilprojekte 1 und 3 erbracht und hierüber die Beklagte zu 1 fortlaufend unterrichtet habe. Damit habe der Kläger eine Entgegennahme der Architektenleistung durch die Beklagte zu 1 behauptet. Allerdings werde aus den von ihm vorgelegten Unterlagen (Ausführungs-, Detail- und Konstruktionszeichnungen, vgl. Anlagenkonvolut K VI) nicht deutlich, dass es sich dabei um eine vollständige Ausführungsplanung mit allen für die Ausführung notwendigen Einzelangaben (zeichnerisch und textlich) auf der Grundlage der Entwurfs- und Genehmigungsplanung bis zur ausführungsreifen Lösung als Grundlage für die weiteren Leistungsphasen handele. Es fehle der Nachweis, dass die von dem Kläger für die Leistungsphase 5 erstellten Ausführungspläne so detailliert ausgearbeitet und vermessen seien, dass aus den Zeichnungen die Mengen und Massen hätten ermittelt werden können, um damit die jeweiligen Bauleistungen umsetzen zu können. Diese Beurteilung sei dem Berufungsgericht aufgrund eigener Sachkunde möglich, weshalb es der Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht bedürfe. 

 

 

10

Dass der Kläger über die mit Anlagenkonvolut VI vorgelegten Planungsleistungen hinaus, die nicht als vollständige Erbringung der Ausführungsplanung zu werten seien, weitere Leistungen der Leistungsphase 5 erbracht habe, gehe aus seinem Vortrag nicht hervor. Daher sei davon auszugehen, dass er hinsichtlich der Leistungsphase 5 nur mit Teilleistungen der Ausführungsplanung beauftragt worden sei, die von ihm – jeweils auf Anweisung der O. GmbH – erbracht worden seien. Diese Leistungen seien auf der Grundlage nachzuweisender Arbeitsstunden abzurechnen gewesen. Der Kläger habe auf der Grundlage des nachgewiesenen Zeitaufwands hilfsweise eine Vergütung in Höhe von 26.571,84 € brutto geltend gemacht, die der Höhe nach von den Beklagten anerkannt worden sei. 

 

 

11

Nach § 7 Abs. 5 HOAI (2013) werde zwar unwiderleglich vermutet, dass die jeweiligen Mindestsätze gemäß § 7 Abs. 1 HOAI (2013) vereinbart seien, wenn – wie hier – keine andere Vereinbarung schriftlich getroffen worden sei. Aus dem Vortrag des Klägers ergäben sich indes keine Anhaltspunkte, dass das – für die tatsächlich abgerufenen Leistungen zu ermittelnde – Mindestsatzhonorar höher ausfalle als das abgerechnete Zeithonorar. Ein Verstoß gegen das zwingende Preisrecht der HOAI sei von Amts wegen nur bei einem entsprechenden Vortrag der Parteien zu beachten. 

 

 

12

2. Mit dieser Begründung verletzt das Berufungsgericht – wie der Kläger zu Recht rügt – in entscheidungserheblicher Weise seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG.

 

 

13

a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BGH, Beschluss vom 6. März 2019 – VII ZR 303/16 Rn. 7, BauR 2019, 1011; Beschluss vom 28. Mai 2019 – VI ZR 328/18 Rn. 6, NJW 2019, 3236). 

 

 

14

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe einen konkludenten Vertragsschluss über die Erbringung der Grundleistungen der Leistungsphase 5 für die Teilprojekte 1 und 3 nicht nachgewiesen, beruht auf einer unzureichenden Sachaufklärung (§ 286 ZPO), die zugleich das rechtliche Gehör des Klägers verletzt (Art. 103 Abs. 1 GG). 

 

 

15

aa) Zwar handelt es sich bei der Frage, in welchem Umfang der Kläger mit der Erbringung der Grundleistungen der Leistungsphase 5 von der Beklagten zu 1 beauftragt wurde, um eine vom Berufungsgericht vorzunehmende Rechtsprüfung. Für die Würdigung der Gesamtumstände war für das Berufungsgericht allerdings von Bedeutung, ob der Kläger die vollständigen Grundleistungen der Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung) für die Teilprojekte 1 und 3 erbracht hat. Diese Beurteilung betrifft eine Fachwissen voraussetzende Frage, deren Klärung einem Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zugänglich ist. Dies folgt aus den verwendeten fachsprachlichen Begriffen, aus dem Erfordernis der „notwendigen zeichnerischen und textlichen Einzelangaben“, aus der vorgeschriebenen Gestaltung der Zeichnungen nach „Art und Größe des Objekts im erforderlichen Umfang und dem Detaillierungsgrad unter Berücksichtigung aller fachspezifischen Anforderungen“, sowie aus der Koordinations- und Integrationspflicht, deren Erfüllung Kenntnisse der beteiligten Gewerke voraussetzt.

 

 

16

bb) Das Berufungsgericht hat sich gehörswidrig über den Antrag des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens hinweggesetzt und die Frage, ob er die Grundleistungen der Leistungsphase 5 erbracht hat, verfahrensfehlerhaft ohne die erforderliche Hinzuziehung eines Sachverständigen aus eigener, nicht ausgewiesener Sachkunde beantwortet.

 

 

17

(1) Wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, darf der Tatrichter auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur dann verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde aufzuweisen vermag (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Januar 2018 – VI ZR 106/17 Rn. 16, NJW 2018, 2730; Beschluss vom 13. Januar 2015 – VI ZR 204/14 Rn. 5, NJW 2015, 1311; Beschluss vom 13. März 2008 – VII ZR 219/06 Rn. 20, BauR 2008, 1031; Urteil vom 23. November 2006 – III ZR 65/06 Rn. 14, NJW-RR 2007, 357 m.w.N.).

 

 

18

(2) Das Berufungsgericht durfte den Beweisantrag auf Einholung des Sachverständigengutachtens nicht unter Hinweis auf eine eigene Sachkunde ablehnen. Es hat keine Sachkunde aufzuweisen vermocht, die es zur Beurteilung befähigen könnte, ob die für das Bauobjekt vorgelegten Pläne den technischen Anforderungen genügen, die an die in der Leistungsphase 5 zu erbringende Ausführungsplanung zu stellen sind. Allein eine längere Tätigkeit in einem Bausenat kann nicht ohne weiteres zuverlässige Kenntnisse über das – für die Prüfung der vorgelegten Ausführungsplanung auf Vollständigkeit – erforderliche bautechnische Fachwissen verschaffen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 – VII ZR 231/95 Rn. 9, BauR 1997, 692). 

 

 

19

cc) Das Berufungsgericht hat zudem den Parteien keinen dokumentierten Hinweis erteilt, dass es die Frage nach der Vollständigkeit der erbrachten Leistungen aufgrund eigener Sachkunde entscheiden will. 

 

 

20

Das Gericht muss, wenn es bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 – VII ZR 231/95 Rn. 8, BauR 1997, 692 m.w.N.) und ihnen Gelegenheit geben, auf den Hinweis zu reagieren und ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2005 – XI ZR 144/03 Rn. 12, FamRZ 2005, 700). Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2022 hat es den Parteien gehörswidrig keine Gelegenheit gegeben, zu den Grundlagen seiner Sachkunde Stellung zu nehmen. Vielmehr hat das Berufungsgericht – ohne Gewährung der von dem Kläger beantragten Frist zur schriftlichen Stellungnahme – die angefochtene Entscheidung nach Wiederaufruf der Sache am Ende des Sitzungstags verkündet (§ 310 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ZPO).

 

 

21

3. Ein weiterer Gehörsverstoß des Berufungsgerichts ist in der fehlenden Einräumung der Gelegenheit zur Stellungnahme auf den in der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2022 erteilten Hinweis zu sehen, wonach die vom Kläger vorgelegten Planungsleistungen den Anforderungen, die an die Grundleistungen der Leistungsphase 5 zu stellen seien, nicht genügen. 

 

 

22

Das Berufungsgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20. April 2021 zu erkennen gegeben, dass es das Bestreiten der Beklagten zur Vollständigkeit der Ausführungsplanung in Ermangelung der Angabe dessen, was fehlen soll, für nicht substantiiert hält. In dem Protokoll über diese Verhandlung ist folgender Hinweis dokumentiert: 

„Die Beklagten bestreiten zwar, dass der Kläger die Komplettleistung der Leistungsphase 5 erbracht habe und meinen, aus dem Anlagenkonvolut K VI Anlagen 1.22 bis 1.41 folge nicht die komplette Ausführungsplanung. Woran es aber konkret fehlen soll, tragen die Beklagten nicht vor.“

 

 

23

Diesen Hinweis durfte der Kläger dahin verstehen, dass das Berufungsgericht – wegen des fehlenden Bestreitens der Beklagten – weiteren Vortrag zur Beauftragung mit der Ausführungsplanung und zur Erbringung der Leistung nicht für erforderlich hielt. Eine davon abweichende Rechtsauffassung des Berufungsgerichts ergibt sich allerdings aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2022, in dem Folgendes protokolliert ist:


„Der Kläger meint, der Senat habe erstmals zu nicht vollständig gemachten Leistungen der Leistungsphase 5 Ausführungen gemacht, und beantragt, ihm insoweit Schriftsatzrecht und auch Schriftsatzrecht zu den weiteren Hinweisen des Senats zu gewähren. Der Senat führt hierzu aus, dass er allein rechtliche Ausführungen gemacht habe, es sich hingegen nicht um rechtliche Hinweise handle.“

 

 

24

Daraus ist zu schließen, dass das Berufungsgericht das Bestreiten der Beklagten – trotz Fehlens neuen Sachvortrags – abweichend von der zuvor in der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2021 vertretenen Rechtsansicht beurteilte und nunmehr die vom Kläger erstellte Ausführungsplanung nicht mehr als vollständig erachtete. Neben der Erteilung eines Hinweises auf die geänderte rechtliche Einschätzung hätte das Berufungsgericht dem Kläger Gelegenheit geben müssen, auf den für ihn überraschenden Hinweis zu reagieren und seinen Tatsachenvortrag zu ergänzen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2005 – XI ZR 144/03 Rn. 12, FamRZ 2005, 700). Nur auf diese Weise wäre das rechtliche Gehör des Klägers, zu dem neuen rechtlichen Gesichtspunkt Stellung nehmen zu können, gewahrt worden. Stattdessen hat das Berufungsgericht gehörswidrig seinen Antrag zur Stellungnahme auf den Hinweis abgelehnt und nach Schluss der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung erlassen. 

 

 

25

4. Auf den Verletzungen des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör beruht das angefochtene Urteil. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei gebotener Berücksichtigung der aufgezeigten Gesichtspunkte zu einem für ihn günstigeren Ergebnis gelangt wäre.

 

 

26

5. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit zum Nachteil des Klägers entschieden worden ist. 

B.

 

 

27

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten war zurückzuweisen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird insoweit gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

 

 

(Hinweis der Redaktion: Die Randnummern sind amtlich und damit besonders zitiergeeignet.)

 

BGH zu der Frage der Verwendung einer Klausel durch einen Bauträger in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Erwerbsvertrags, die die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch eine von ihm als Erstverwalter bestimmte, mit ihm wirtschaftlich verbundene (Tochter)Gesellschaft ermöglicht

BGH zu der Frage der Verwendung einer Klausel durch einen Bauträger in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Erwerbsvertrags, die die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch eine von ihm als Erstverwalter bestimmte, mit ihm wirtschaftlich verbundene (Tochter)Gesellschaft ermöglicht

vorgestellt von Thomas Ax

1. Eine von einem Bauträger in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Erwerbsvertrags verwendete Klausel, die die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch eine von ihm als Erstverwalter bestimmte, mit ihm wirtschaftlich verbundene (Tochter)Gesellschaft ermöglicht, ist unwirksam (Anschluss an BGH, IBR 2013, 686).
2. Macht eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) als Prozessstandschafterin der Erwerber Mängelansprüche wegen Mängeln an der Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums gegen den Bauträger geltend, so ist es diesem als Verwender der genannten unwirksamen Formularklausel nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich darauf zu berufen, dass sich der Vertrag mangels wirksamer Abnahme des Gemeinschaftseigentums insoweit noch im Erfüllungsstadium befinde, weshalb im Rahmen der Anspruchsbegründung die Abnahme des Gemeinschaftseigentums als Voraussetzung für die Geltendmachung von Mängelansprüchen zu unterstellen ist (Anschluss an BGH, IBR 2016, 521; IBR 2016, 456; IBR 2016, 275).*)
3. Zur Frage, ob ein rechtsmissbräuchliches widersprüchliches Verhalten einer GdWE vorliegt, wenn diese – als Prozessstandschafterin der Erwerber – in der Vergangenheit zweimal Mängelansprüche wegen Mängeln an der Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums geltend gemacht hat, die von dem in Anspruch genommenen Bauträger jeweils reguliert wurden, und sie sich später bei der klageweisen Geltendmachung weiterer Mängelansprüche gegenüber der vom Bauträger erhobenen Einrede der Verjährung auf das Fehlen einer wirksamen Abnahme des Gemeinschaftseigentums beruft.*)
BGH, Urteil vom 09.11.2023 – VII ZR 241/22
vorhergehend:
OLG Schleswig, Urteil vom 18.11.2022 – 1 U 42/21
LG Kiel, 16.04.2021 – 11 O 74/20

Tatbestand:

1

Die Klägerin, eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE), macht – soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse – Mängelansprüche wegen angeblicher Mängel der im Gemeinschaftseigentum stehenden Bausubstanz gegen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der B.-A. GmbH geltend.

 

 

2

Die betreffende Anlage ist in den Jahren 2005 und 2006 von der B.-A. GmbH (im Folgenden einheitlich nur: Beklagte) errichtet worden. Diese konnte alle Eigentumswohnungen noch im Jahr 2005 verkaufen. In dem exemplarisch vorgelegten Kaufvertrag vom 1. März 2005 wird das betroffene Grundstück als Grundstück, das „bebaut werden soll“, bezeichnet (§ 1 Abs. 2). Als Datum der voraussichtlichen Fertigstellung ist der 30. Juni 2005 angegeben (§ 3 Abs. 3). Die „Übergabe/Abnahme“ sollte bei Fertigstellung erfolgen (§ 7 Abs. 2). Für die „Übergabe/Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums“ beauftragte und bevollmächtigte der Käufer unwiderruflich den Verwalter (§ 7 Abs. 5 Satz 1), bei dem es sich um die B.-V. GmbH, eine Tochtergesellschaft der Rechtsvorgängerin der Beklagten, handelte (§ 11 Abs. 1).

 

 

3

In einem exemplarisch vorgelegten undatierten Kaufvertrag späterer Erwerber wird das betroffene Grundstück ebenfalls als Grundstück, das „bebaut werden soll“, bezeichnet (§ 1 Abs. 2) und von einer voraussichtlichen Fertigstellung im Jahr 2006 gesprochen (§ 3 Abs. 3). In § 7 Abs. 5 heißt es:

„Die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums erfolgte durch den Verwalter – unter Hinzuziehung eines Sachverständigen – im Mai 2005.“

 

 

4

Im Jahr 2007 rügte die Klägerin Planungs- und Ausführungsmängel im Bereich der Dach- und Balkonentwässerung. Diese wurden auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen der Beklagten, dem Generalbauunternehmer und dem planenden Architekturbüro beseitigt.

 

 

5

Weitere Mängel rügte die Klägerin im Jahr 2012; bezüglich dieser Mängel kam es zum Abschluss eines Vergleichs zwischen der Beklagten und der Klägerin, der im Jahr 2013 abgewickelt wurde.

 

 

6

Am 20. April 2014 wurde auf einer Eigentümerversammlung die Unwirksamkeit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums „festgestellt“. In der Folge wandten sich einzelne Mitglieder der Klägerin und auch deren Verwalterin mit Mängelrügen und der Forderung nach einer Abnahme an die Beklagte. Die Beklagte stellte mit an die Verwalterin gerichtetem Schreiben vom 3. September 2015 Mängel in Abrede und berief sich auf Verjährung. Ein Vergleichsangebot der Beklagten vom 21. September 2017 nahm die Klägerin nicht an.

 

 

7

Auf einer Eigentümerversammlung vom 27. November 2018 wurde beschlossen, dass die Ausübung der Nacherfüllungs- und Mängelansprüche der Wohnungseigentümer als Erwerber gegen die Beklagte am gemeinschaftlichen Eigentum mit Ausnahme des großen Schadensersatzes und des Rücktritts auf die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer übertragen wird.

 

 

8

Nach weiteren vergeblichen Aufforderungen zur Mängelbeseitigung hat die Klägerin mit einem am 2. Juni 2020 eingegangenen Schriftsatz Klage eingereicht. Sie hat insbesondere die Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mängelbeseitigung und wegen verschiedener Positionen Schadensersatz verlangt.

9

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

 

 

10

Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben.

 

 

11

Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, soweit über die Mängelansprüche betreffenden Berufungsanträge zu 1 und zu 3 bis 6 entschieden worden ist.

 

 

12

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Berufungsanträge im Umfang der Zulassung weiter.


Entscheidungsgründe:

 

 

13

Die Revision der Klägerin hat Erfolg; sie führt im Umfang der Anfechtung des Berufungsurteils zu dessen Aufhebung und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

 

 

14

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in IBR 2023, 134 = BauR 2023, 1132 veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – im Wesentlichen ausgeführt:

 

 

15

Die Berufung der Klägerin sei unbegründet.

 

 

16

Die Klage sei zulässig. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei kraft Gesetzes (§ 9a Abs. 1, Abs. 2 WEG) für die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte sowie für solche Rechte der Wohnungseigentümer, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erforderten, prozessführungsbefugt. Als hiernach der Gemeinschaft zugewiesene Rechte gälten werkvertragliche Ansprüche auf Gewährleistung. Unabhängig davon könne sich die Klägerin auf eine Prozessführungsbefugnis aus gewillkürter Prozessstandschaft stützen. Die entsprechende Ermächtigung sei dem Beschluss vom 27. November 2018 zu entnehmen.

 

 

17

Die Klage sei jedoch mit allen Anträgen unbegründet.

 

 

18

Mit dem auf Kostenvorschuss nach § 637 Abs. 3 BGB gerichteten Klageantrag zu 1 mache die Klägerin eines der in § 634 BGB vorgesehenen werkvertraglichen Mängelrechte des Bestellers geltend. Sofern ein solcher Anspruch bestehen sollte, wäre er verjährt.

 

 

19

Mängelrechte nach § 634 BGB stünden dem Besteller grundsätzlich erst nach der Abnahme des Werkes zu. An einer solchen fehle es zwar, sie sei jedoch zugunsten der Klägerin zu unterstellen.

 

 

20

Wann und wie das Gemeinschaftseigentum abgenommen worden sei, sei nicht vorgetragen. Die Erwerbsverträge sähen in § 7 Abs. 5 eine Abnahme durch den unwiderruflich seitens des Käufers bevollmächtigten Verwalter vor, bei dem es sich unstreitig um eine mit der Bauträgerin wirtschaftlich verbundene Gesellschaft gehandelt habe. Eine solche Abnahmeregelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei unwirksam. Eine – wie offenkundig hier – auf dieser Grundlage erfolgte Abnahme sei es dann auch. Ob eine andere Form der Abnahme an ihre Stelle getreten oder eine Abnahme ausnahmsweise entbehrlich sei, könne in diesem Zusammenhang offenbleiben. Soweit nämlich eine Abnahme Voraussetzung für die Geltendmachung von Mängelrechten sei, sei es der Beklagten als Verwenderin der unwirksamen Formularklausel nach Treu und Glauben verwehrt, sich darauf zu berufen, dass sich der Vertrag mangels Abnahme des Gemeinschaftseigentums insoweit noch im Erfüllungsstadium befinde. Im Rahmen der Anspruchsbegründung sei die Abnahme somit zugunsten der Klägerin zu unterstellen.

 

 

21

Davon zu unterscheiden sei die Frage, wie sich das Fehlen der Abnahme im Rahmen der Verjährung auswirke. Insoweit sei im vorliegenden Fall eine Abnahme spätestens im Jahr 2013 – nun zu Lasten der Klägerin – zu unterstellen mit der Folge, dass der Anspruch bei Klageerhebung bereits verjährt gewesen sei.

 

 

22

Nach welchen Voraussetzungen sich die Verjährung von Ansprüchen des Erwerbers gegen den Bauträger aus einem Bauträgervertrag richte, lasse sich nicht einheitlich beantworten. Für alle mit der Errichtung des Gebäudes zusammenhängenden Leistungen gelte Werkvertragsrecht. Der werkvertragliche Anspruch auf Herstellung unterliege der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB ab dem Schluss des Jahres, in dem er entstanden sei (§ 199 Abs. 1 BGB). Daneben bestünden Gewährleistungsansprüche des Erwerbers gegen den Bauträger. Im Streitfall stehe allein die mangelhafte Bauleistung in Rede, für die Werkvertragsrecht gelte. Die werkvertragliche Gewährleistung ergebe sich aus § 634 BGB. Ihre Verjährung beginne grundsätzlich mit der Abnahme des Werks, die Frist betrage bei einem Bauwerk fünf Jahre (§ 634a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BGB).

 

 

23

Da die Entstehung und Verjährung der werkvertraglichen Ansprüche unterschiedlich geregelt seien, falle grundsätzlich auch das Ende ihrer Verjährung auseinander. Es könne sogar dazu kommen, dass der Erfüllungsanspruch verjährt sei, bevor das Werk abgenommen sei und damit die Voraussetzungen für den Verjährungsbeginn der Gewährleistungsansprüche geschaffen worden seien. Ein solcher Fall liege hier vor. Der Erfüllungsanspruch aller Mitglieder der Klägerin sei im vorliegenden Fall zweifelsfrei verjährt. Alle Verträge der Bau- trägerin mit den Erwerbern datierten aus dem Jahre 2005. Die taggenaue Verjährungshöchstfrist von zehn Jahren nach § 199 Abs. 4 BGB habe durchweg im Laufe des Jahres 2015 geendet. Nach wie vor fehle es aber an einer Abnahme. Die sich in einem solchen Fall stellende Frage, ob trotz fehlender Abnahme auch Ansprüche auf Gewährleistung verjährt seien oder ob der Auftragnehmer die Gewährleistung wiederaufleben lassen könne, indem er Abnahme verlange und damit erst die Verjährungsfrist des § 634a BGB in Gang setze, müsse nicht grundsätzlich entschieden werden. Im vorliegenden Fall sei nämlich die Abnahme des Gemeinschaftseigentums im Rahmen der Verjährung zu Lasten der Klägerin zu unterstellen.

 

 

24

Dies ergebe sich zwar nicht aus der Ingebrauchnahme der Wohnungseigentumsanlage durch die Mitglieder der Klägerin. Die Parteien hätten die Unwirksamkeit der Abnahmeregelung nicht erkannt und seien deshalb von einer wirksam erfolgten Abnahme ausgegangen. Damit habe die Ingebrauchnahme des Gemeinschaftseigentums durch die Erwerber keinen eigenen Abnahmewillen zum Ausdruck gebracht.

 

 

25

Jedoch habe die Klägerin in der Vergangenheit bereits zweimal erfolgreich Gewährleistungsansprüche geltend gemacht. Sie hätten Mängel der Dach- und Balkonentwässerung in zwei verschiedenen Bereichen betroffen. Die erste Beanstandung habe die Beklagte in den Jahren 2007/2008 auf der Grundlage einer zwischen ihr, der Generalunternehmerin und den planenden Architekten getroffenen Vereinbarung beseitigt, mit der offenkundig aber auch die Klägerin einverstanden gewesen sei. Die zweite Beanstandung in den Jahren 2012/2013 habe mit einem Vergleich geendet.

 

 

26

Bereits bei der ersten Beanstandung sei das Gemeinschaftseigentum übergeben und – vermeintlich – abgenommen gewesen. Die nun erhobenen Mängelrügen müssten als Ausübung von Gewährleistungsansprüchen verstanden werden. Es wäre fernliegend, sie noch als Geltendmachung des Erfüllungsanspruchs anzusehen. Die Parteien hätten sie ersichtlich auch als Fall der Gewährleistung behandelt. Daraus folge aber auch, dass die Parteien bei der Regulierung der Mängelrügen übereinstimmend von einer bereits erfolgten Abnahme ausgegangen seien. Ohne Abnahme könnten Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 bis 4 BGB nur geltend gemacht werden, wenn der Besteller nicht mehr die Erfüllung des Vertrags verlangen könne und das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen sei. Ein solcher Fall liege hier nicht vor.

 

 

27

Die Beklagte habe die Annahme der Klägerin, das Gemeinschaftseigentum sei abgenommen, gegen sich gelten lassen. Wäre es zum Rechtsstreit gekommen, wäre die Klägerin – jedenfalls auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung – mit ihrem Gewährleistungsbegehren nur durchgedrungen, wenn sie auf eine erfolgte Abnahme hätte verweisen können oder der Beklagten verwehrt worden wäre, sich auf das Fehlen der Abnahme zu berufen und die Abnahme zugunsten der Klägerin unterstellt worden wäre.

 

 

28

Vor diesem Hintergrund widerspräche es Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn sich die Klägerin darauf berufen könnte, es fehle an einer Abnahme. Sie verhielte sich widersprüchlich. Sie habe in den Jahren 2007/2008 und 2012/2013 aus der übereinstimmenden Auffassung der Parteien, dass es eine Abnahme gegeben habe, einen Vorteil gezogen und Ansprüche durchgesetzt, die zwingend eine Abnahme zur Voraussetzung gehabt hätten. Es wäre mit Treu und Glauben nicht vereinbar, wenn die Klägerin nun Ansprüche geltend machen könnte, die nur noch durchsetzbar wären, wenn es an einer Abnahme fehle. Die Klägerin habe den aus einer Abnahme folgenden rechtlichen Vorteil in Anspruch genommen. Dann müsste sie auch den mit der Abnahme einhergehenden Nachteil tragen.

 

 

29

Sei zu Lasten der Klägerin von einer spätestens im Jahr 2013 erfolgten Abnahme auszugehen, so folge daraus die Verjährung ihrer Ansprüche aus Gewährleistung spätestens im Laufe des Jahres 2018 (§ 634a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BGB). Die Klage habe die Verjährung nicht mehr hemmen können. Zu verjährungshemmenden Verhandlungen (§ 203 BGB), die den dazwischen- liegenden Zeitraum überbrückten, sei nichts vorgetragen.

 

 

30

Die Klageanträge zu 3 bis 6 könnten ebenfalls keinen Erfolg haben, weil auch sie ausschließlich auf Gewährleistung gegründet seien. Sie seien aus den dargelegten Gründen verjährt.

II.

 

 

31

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Zurückweisung der Berufung hinsichtlich der klägerischen Berufungsanträge zu 1 und zu 3 bis 6 nicht gerechtfertigt werden.

 

 

32

1. Allerdings hat das Berufungsgericht die Klage zu Recht für zulässig erachtet. Insbesondere ist es im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Klägerin bezüglich der geltend gemachten Mängelansprüche auch insoweit für prozessführungsbefugt erachtet hat, als die Klägerin einen Anspruch auf Vorschuss für Aufwendungen zur Beseitigung von Mängeln an der Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums verlangt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 15. Februar 2023 – VII ZR 13/22, ZfBR 2023, 342; Beschluss vom 1. Februar 2023 – VII ZR 887/21, BauR 2023, 958; Urteil vom 11. November 2022 – V ZR 213/21 Rn. 18 ff., Rn. 24 ff., Rn. 30 ff., NJW 2023, 217) besteht bei einer GdWE die Prozessführungsbefugnis, die sich wie hier aus einem vor dem 1. Dezember 2020 erlassenen Vergemeinschaftungsbeschluss ergibt, auch nach der Neuregelung der Ausübungsbefugnis in § 9a Abs. 2 WEG fort. Das gilt nicht nur dann, wenn ein entsprechender (Nacherfüllungs-)Anspruch des Erwerbers auf eine kaufvertragliche Nachbesserungspflicht gestützt wird (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 2022 – V ZR 213/21 Rn. 18 ff., Rn. 24 ff., Rn. 30 ff., NJW 2023, 217), sondern auch dann, wenn ein werkvertraglicher Anspruch auf Kostenvorschuss (§ 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB) in Rede steht (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2023 – VII ZR 13/22 m.w.N., ZfBR 2023, 342; Beschluss vom 1. Februar 2023 – VII ZR 887/21, BauR 2023, 958).

 

 

33

2. Gleichfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht – von den Parteien unbeanstandet – angenommen, dass sich die von der Klägerin geltend gemachten Mängelansprüche nach Werkvertragsrecht richten (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – VII ZR 171/15 Rn. 20 ff., BGHZ 210, 206).

 

 

34

3. Auch die ebenfalls unangegriffene Annahme des Berufungsgerichts, die von der Beklagten gestellte formularmäßige Regelung bezüglich der Abnahme des Gemeinschaftseigentums in § 7 Abs. 5 der Erwerbsverträge (Anlage K 2) sei ebenso wie die auf dieser Grundlage erfolgte Abnahme unwirksam, lässt keine Rechtsfehler erkennen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. September 2013 – VII ZR 308/12 Rn. 7 ff., BauR 2013, 2020, zu einer formularmäßigen Abnahmeklausel, die die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen mit dem Bauträger wirtschaftlich oder rechtlich verbundenen Erstverwalter ermöglicht; Urteil vom 30. Juni 2016 – VII ZR 188/13 Rn. 22, BauR 2016, 1771 = NZBau 2016, 629).

 

 

35

Entsprechendes gilt für die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten sei es als Verwenderin der unwirksamen Formularklausel nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich darauf zu berufen, dass sich der Vertrag mangels wirksamer Abnahme des Gemeinschaftseigentums insoweit noch im Erfüllungsstadium befinde (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2016 – VII ZR 188/13 Rn. 20 ff., Rn. 24 ff., BauR 2016, 1771 = NZBau 2016, 629; Urteil vom 12. Mai 2016 – VII ZR 171/15 Rn. 57 ff., BGHZ 210, 206; Urteil vom 25. Februar 2016 – VII ZR 49/15 Rn. 41 ff., BGHZ 209, 128), weshalb im Rahmen der Anspruchsbegründung die Abnahme des Gemeinschaftseigentums als Voraussetzung für die Geltendmachung von Mängelansprüchen zugunsten der Klägerin zu unterstellen sei.

 

 

36

4. Der rechtlichen Nachprüfung nicht stand hält jedoch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, im Rahmen der Verjährung sei eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums spätestens im Jahr 2013 – nun zu Lasten der Klägerin – zu unterstellen mit der Folge, dass die mit der Klage geltend gemachten (Mängel-) Ansprüche bei Klageerhebung bereits verjährt gewesen seien, weil es der Klägerin wegen widersprüchlichen Verhaltens unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sei, sich im Rahmen der Verjährung auf das Fehlen der Abnahme berufen zu dürfen.

 

 

37

a) Die im Einzelfall vorzunehmende wertende Betrachtung der Gesamtumstände unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB obliegt zwar in erster Linie dem Tatgericht, kann aber vom Revisionsgericht eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob das Tatgericht die maßgeblichen Tatsachen vollständig festgestellt und gewürdigt und ob es die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (BGH, Urteil vom 6. Juli 2023 – VII ZR 151/22 Rn. 38, BauR 2023, 1672; Urteil vom 8. Juli 2021 – I ZR 248/19 Rn. 28 m.w.N., NJW 2022, 52).

 

 

38

b) Einer Überprüfung nach diesen Grundsätzen hält das Berufungsurteil nicht stand.

 

 

39

aa) Nicht jeder Widerspruch zwischen zwei Verhaltensweisen ist als unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) zu werten (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2015 – VIII ZR 154/14 Rn. 24, BGHZ 204, 145). Vielmehr ist widersprüchliches Verhalten (venire contra factum proprium) dann rechtsmissbräuchlich, wenn das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2015 – XII ZB 508/14 Rn. 12, MDR 2015, 1101; Urteil vom 4. Februar 2015 – VIII ZR 154/14 Rn. 24, BGHZ 204, 145; Urteil vom 9. Mai 2014 – V ZR 305/12 Rn. 41 m.w.N., NJW 2014, 2790). Ist durch das frühere Verhalten einer Partei kein schutzwürdiges Vertrauen der Gegenpartei begründet worden, ist ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht zu ziehen, etwa bei einem unlösbaren Widerspruch zwischen früherer und späterer Rechtsausübung (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2015 – XII ZB 508/14 Rn. 12, MDR 2015, 1101; Urteil vom 4. Februar 2015 – VIII ZR 154/14 Rn. 26 m.w.N., BGHZ 204, 145).

 

 

40

bb) Nach diesen Grundsätzen kann ein im Sinne des § 242 BGB rechtsmissbräuchliches widersprüchliches Verhalten der Klägerin nicht angenommen werden.

 

 

41

(1) Soweit die Klägerin zunächst in den Jahren 2007 und 2012 – als Prozessstandschafterin der Erwerber – mehrfach Mängelansprüche wegen Mängeln der Dach- und Balkonentwässerung geltend gemacht hat, die von der Beklagten jeweils reguliert wurden, und sich später bei der klageweisen Geltendmachung weiterer Mängelansprüche gegenüber der von der Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung auf das Fehlen einer wirksamen Abnahme des Gemeinschaftseigentums berufen hat, resultiert hieraus bereits keine sachliche Unvereinbarkeit zwischen dem früheren und dem späteren Verhalten. Denn das Verhalten der Klägerin ist vor dem Hintergrund der von der Beklagten gestellten Formular- klausel zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums (§ 7 Abs. 5 Satz 1 des Vertrags Anlage K 2) und unter Berücksichtigung der Schutzrichtung der Inhaltskontrolle zu würdigen. Die genannte Formularklausel wirkt sich für die betroffenen Erwerber – und damit auch für die als deren Prozessstandschafterin agierende Klägerin – einerseits (bezüglich der Voraussetzungen für die Geltendmachung von Mängelansprüchen, insbesondere Kostenvorschussansprüchen) günstig und andererseits (bezüglich des Beginns der Verjährung der Mängelansprüche) ungünstig aus (vgl. Rodemann, BauR 2020, 519, 522 f.); die Inhaltskontrolle dient ausschließlich dem Schutz des Vertragspartners des Verwenders, nicht dem Schutz des Verwenders (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – VII ZR 171/15 Rn. 58 m.w.N., BGHZ 210, 206; Urteil vom 20. Juli 2017 – VII ZR 259/16 Rn. 31, BauR 2017, 1995 = NZBau 2018, 29). Vor diesem Hintergrund kann angesichts der erörterten Klauselambivalenz und der Schutzrichtung der Inhaltskontrolle bereits eine sachliche Unvereinbarkeit zwischen dem früheren und dem späteren Verhalten der Klägerin nicht angenommen werden.

 

 

42

(2) Im Übrigen ist durch das frühere Verhalten der Klägerin im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Mängelansprüchen in den Jahren 2007 und 2012 ebenso wenig wie durch die Regulierung dieser Ansprüche ein vorrangig schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten dahingehend begründet worden, dass sich die Klägerin bei etwaiger erneuter späterer Geltendmachung von Mängelrechten nach Ablauf eines Zeitraums, der die Frist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB übersteigt, gegenüber der von der Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung nicht auf das Fehlen einer wirksamen Abnahme des Gemeinschaftseigentums berufen würde. Die Interessen der Beklagten erscheinen insoweit im Hinblick darauf, dass sie als Verwenderin der Formularklausel § 7 Abs. 5 Satz 1 für den Nichtbeginn der Verjährung (vgl. § 634a Abs. 2 BGB) hinsichtlich der auf Mängel an der Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums bezogenen Mängelansprüche verantwortlich ist, und im Hinblick darauf, dass sie im Antwortschreiben vom 3. September 2015 an die Verwalterin für eine erneute Abnahme des Gemeinschaftseigentums im Hinblick auf die bereits zuvor angeblich wirksam erfolgte Abnahme keinen Raum sah, nicht vorrangig schutzwürdig.

 

 

43

(3) Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin kann aus den vorstehend unter II. 4. b) bb) (1) genannten Gründen auch nicht wegen eines unlösbaren Widerspruchs zwischen dem früheren und dem späteren Verhalten der Klägerin angenommen werden.

III.

 

 

44

Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO) dar.

 

 

45

1. Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung geltend, die Beklagte dürfe dem Begehren der Klägerin die Einrede der Verjährung entgegenhalten, nachdem die Verjährungshöchstfrist des § 199 Abs. 4 BGB im Hinblick auf den Erfüllungsanspruch aus § 631 Abs. 1 BGB angeblich spätestens mit dem Ende des Jahres 2015 abgelaufen sei. Es kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls wann die genannte Verjährungshöchstfrist abgelaufen ist. Des Weiteren kann hier offenbleiben, ob und welchen Einfluss ein Ablauf der Verjährungshöchstfrist bezüglich des Erfüllungsanspruchs grundsätzlich auf die Verjährung von Mängelansprüchen hat. Im Rahmen der gegen die geltend gemachten Mängelansprüche erhobenen Verjährungseinrede könnte die Beklagte jedenfalls aus AGB-rechtlichen Gründen den angeblichen Ablauf der Verjährungshöchstfrist bezüglich des Erfüllungsanspruchs nicht mit Erfolg geltend machen (vgl. auch Vogel, IBR Werkstatt-Beitrag). Wie bereits erörtert, ist es der Beklagten als Verwenderin der unwirksamen Formularklausel § 7 Abs. 5 Satz 1 nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich darauf zu berufen, dass sich der Vertrag mangels wirksamer Abnahme des Gemeinschaftseigentums insoweit noch im Erfüllungsstadium befinde; die Klägerin kann, wie sie das nach den nicht angefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts getan hat, trotz der nicht wirksam erklärten Abnahme des Gemeinschaftseigentums Mängelansprüche gegen die Beklagte geltend machen.

 

 

46

2. Die Verjährung der geltend gemachten Mängelansprüche kann nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand auch nicht mit der Begründung angenommen werden, die Erwerber hätten das Gemeinschaftseigentum, nachdem sie Kenntnis von der Unwirksamkeit der im Jahr 2005 erklärten Abnahme erlangt oder Zweifel bezüglich der betreffenden Wirksamkeit bekommen hätten, jeweils konkludent abgenommen, womit die Verjährung der Mängelansprüche gemäß § 634a Abs. 2 BGB jeweils mit der Folge begonnen habe, dass die Verjährungsfrist (§ 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB) vor der Einreichung der Klage im Jahr 2020 abgelaufen sei. Denn das Berufungsgericht hat zu derartigen Abnahmen – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen getroffen.

 

 

47

3. Das Berufungsurteil kann nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand schließlich auch nicht mit der Begründung aufrechterhalten werden, der klägerischen Rechtsausübung stehe, wie die Revisionserwiderung meint, der Einwand der Verwirkung entgegen. Denn das Berufungsgericht hat zu den Voraussetzungen dieses Einwands – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen getroffen.

IV.

 

 

48

Das Berufungsurteil kann nach alledem, soweit hinsichtlich der Berufungsanträge zu 1 und zu 3 bis 6 zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist, nicht bestehen bleiben. Es ist insoweit aufzuheben. Die Sache ist im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da der Senat mangels hinreichender Feststellungen nicht in der Sache selbst entscheiden kann.

 

(Hinweis der Redaktion: Die Randnummern sind amtlich und damit besonders zitiergeeignet.)