Ax Rechtsanwälte

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Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag?

Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag?

von Thomas Ax

Gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB muss, um die VOB/B, bei denen es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, in den Vertrag einzubeziehen, die Möglichkeit verschafft werden, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen, wobei einem Verbraucher im Regelfall die tatsächliche Einsichtsmöglichkeit verschafft oder der Text der VOB/B übergeben werden muss (vgl. Wieseler in BeckOK VOB/B, Stand: 31.07.2021, § 1 Abs. 1 Rn. 14; Sacher in Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Aufl., Einleitung Rn. 87 ff.). Bereits daran scheitert die Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag.

Geringere Anforderungen an die Kenntnisnahmemöglichkeit können zwar dann bestehen, wenn der Verbraucher beim Vertragsschluss durch einen Architekten oder einer anderen im Baugewerbe tätigen Person vertreten wird (vgl. Senat, Urteil vom 19.08.2014 – 24 U 41/14, NJW 2015, 960; OLG Stuttgart, Urteil vom 24.07.2012 – 10 U 56/12, BeckRS 2014, 8715; Wieseler in BeckOK VOB/B, Stand: 31.07.2021, § 1 Abs. 1 Rn. 15); auch dafür ist jedoch nichts vorgetragen oder ersichtlich.

Gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist darüber hinaus ein ausdrücklicher Hinweis auf die Verwendungsabsicht erforderlich. Ein solcher Hinweis darf dabei insbesondere nicht an versteckter oder unvermuteter Stelle erfolgen, sondern muss so erfolgen, dass er von einem Durchschnittskunden auch bei flüchtiger Betrachtung nicht übersehen werden kann, also unmissverständlich und für den Kunden klar erkennbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.1986 – VIII ZR 137/85, NJW-RR 1987, 112; Sacher in Beck’scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Aufl., Einleitung Rn. 86; Lehmann-Richter in BeckOGK, Stand: 01.09.2021, § 305 BGB Rn. 214; Becker in BeckOK BGB, Stand: 01.05.2021, § 305 Rn. 48; Basedow in MünchKommBGB, 8. Aufl., § 305 Rn. 64).

Lieferung und Montage von Fenstern und Türen als Werkvertrag?

Lieferung und Montage von Fenstern und Türen als Werkvertrag?

von Thomas Ax

Handelt es sich um einen Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff. BGB oder um einen Kaufvertrag resp. einen Werklieferungsvertrag mit Montageverpflichtung? Das kommt drauf an!

Die Abgrenzung des Kaufvertrags mit Montageverpflichtung, der vom Gesetz in § 434 Abs. 2 BGB a.F. bzw. § 434 Abs. 4 BGB n.F. anerkannt ist, von dem Werkvertrag erfolgt danach, wo der Schwerpunkt der vertraglichen Pflichten liegt – in der Übergabe und Übereignung von (herzustellenden) Sachen oder in der Herbeiführung des jeweiligen Gesamterfolgs durch Lieferung und Montage von Einzelteilen oder in eine andere Sache einzupassenden Gegenständen – bzw. welche Leistungspflichten dem Vertrag sein Gepräge geben (vgl. BGH, Urteil vom 10.04.2019 – VIII ZR 244/16, NJW-RR 2019, 1069 Rn. 17; Urteil vom 30.08.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380 Rn. 25; Urteil vom 13.07.2016 – VIII ZR 49/15, NJW 2016, 3654 Rn. 22; Urteil vom 02.06.2016 – VII ZR 348/13 NJW 2016, 2876 Rn. 11; Urteil vom 07.03.2013 – VII ZR 162/12, NJW 2013, 1431 Rn. 18; Urteil vom 22.12.2005 – VII ZR 183/04, NJW 2006, 904 Rn. 12; Urteil vom 22.07.1998 – VIII ZR 220/97, NJW 1998, 3197; OLG Dresden, Urteil vom 02.02.2016 – 6 U 1271/15, NJW-RR 2016, 724 Rn. 25; Merkle in BeckOGK, Stand: 01.07.2022, § 631 BGB Rn. 157; ders. a.a.O., § 650 BGB Rn. 21; Faust in BeckOK BGB, Stand: 01.08.2022, § 433 Rn. 17; ders. a.a.O., § 434 Rn. 135; Westermann in MünchKommBGB, 8. Aufl., Vor § 433 Rn. 16; Busche a.a.O., § 650 Rn. 9; ders. a.a.O., § 631 Rn. 156; Weidenkaff in Grüneberg, 81. Aufl., Einf v § 433 Rn. 18 f.; Retzlaff a.a.O., Einf v § 631 Rn. 8; ders. a.a.O., § 650 Rn. 5 und 8).

Verschiedentlich wird bei der Beurteilung, wo der Schwerpunkt des Vertrags liegt, darauf abgestellt, welcher Vergütungsteil auf die Montageverpflichtung entfällt (vgl. etwa BGH, Urteil vom 10.04.2019 – VIII ZR 244/16, NJW-RR 2019, 1069 Rn. 17: „Verkaufspreis“ mehr als 75 % des Gesamtpreises), oder darauf, ob die Montageverpflichtungen von untergeordneter Bedeutung sind (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2016 – VIII ZR 49/15, NJW 2016, 3654 Rn. 22 bei einem „Montagepreis“ von etwa 5,5 %).

Nach zutreffender Auffassung kommt es für die Abgrenzung allerdings in erster Linie auf eine qualitative Gesamtbewertung an (vgl. BGH, Urteil vom 21.02.2019 – I ZR 98/17, NJW 2019, 2322 Rn. 75; Urteil vom 30.08.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380 Rn. 25; Urteil vom 19.07.2018 – VII ZR 19/18, BeckRS 2018, 17582 Rn. 19; Urteil vom 02.06.2016 – VII ZR 348/13, NJW 2016, 2876 Rn. 11; OLG Frankfurt, Urteil vom 25.02.2019 – 29 U 81/18, NJW 2019, 2332 Rn. 6; Retzlaff in Grüneberg, 81. Aufl., § 650 Rn. 7).

Entscheidend ist mithin, ob aufgrund der gebotenen Gesamtbetrachtung davon gesprochen werden kann, dass der Schwerpunkt des Vertrags nicht auf dem Warenumsatz, sondern in der Herstellung eines funktionstauglichen Werks zu sehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.08.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380 Rn. 25). Die Rechtsprechung geht danach bei Verträgen, bei denen die passgenaue Herstellung und der passgenaue Einbau von Treppen, Fenstern, Türen, Aufzügen etc. in ein Gebäude im Vordergrund steht, regelmäßig von dem Vorliegen eines Werkvertrags aus (vgl. BGH, Urteil vom 30.08.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380 Rn. 25; Urteil vom 02.06.2016 – VII ZR 348/13, NJW 2016, 2876 Rn. 11; OLG Frankfurt, Urteil vom 25.02.2019 – 29 U 81/18, NJW 2019, 2332 Rn. 6; Retzlaff in Grüneberg, 81. Aufl., § 650 Rn. 7).

Demgegenüber ist etwa die Lieferung von Bauteilen ohne Einbau bzw. die Lieferung von Türen oder Fenstern nach Maß ohne Einbau als Kaufvertrag qualifiziert worden (vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2009 – VII ZR 151/08, NJW 2009, 2877 Rn. 13 f.; OLG Nürnberg, Schlussurteil vom 11.10.2005 – 9 U 804/05, BeckRS 2011, 18331), wohingegen die Lieferung von Fenstern, Türen und Markisen, die einzubauen sind, als Werkvertrag angesehen worden ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.06.2012 – 22 U 159/11, NJW 2013, 618), wie auch die Lieferung und der Einbau eines Ofens oder einer Schließanlage (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 02.02.2016 – 6 U 1271/15, NJW-RR 2016, 724 Rn. 25; OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 30.07.2012 – 5 U 492/12, NJW 2012, 3380).

Es wird in der Kommentarliteratur auch allgemein davon gesprochen, dass Leistungen, die an einem Grundstück oder einem Gebäude ausgeführt werden und diesem zu Gute kommen, grundsätzlich als werkvertragliche Leistungen anzusehen seien (Busche in MünchKommBGB, 8. Aufl., § 650 Rn. 10).

Entscheidend ist:

Geht es den Parteien in erster Linie um die Übergabe und Übereignung der Fenster?

Sondern gerade auch und vorrangig um die fachgerechte Herstellung des Gebäudes, zu dem maßgeblich auch Fenster und Türen gehören?

Risse im Einfamilienhaus durch Neubau nebenan

Risse im Einfamilienhaus durch Neubau nebenan

Der Wohnungsmarkt boomt, überall wird gebaut. Man spricht von „städtischer Verdichtung“, wenn auf freiwerdenden oder -gebliebenen Grundstücken Mehrfamilienhäuser neben bestehende Häuser gebaut werden. Viele Alteigentümer sehen das nicht gern. Manchmal zu Recht, wie jetzt der 12. Zivilsenat des Oberlandesgericht Oldenburg in einem aktuellen Fall feststellen musste.

Ein Paar aus Nordhorn, Eigentümer eines Hauses aus der Jahrhundertwende, hatte ein Tiefbauunternehmen aus Westfalen verklagt. Auf dem Nebengrundstück sollte ein Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage errichtet werden. Zur Sicherung der hierzu ausgehobenen Baugrube brachte der beklagte Unternehmer in einem Abstand von zum Teil nur 60 cm zum Grundstück der Kläger mehrere acht Meter lange Eisenträger in den Boden ein. Dazwischen wurden Stahlbleche eingesetzt. Der Unternehmer hatte zunächst acht Meter tiefe Löcher in den Boden gebohrt und dann mit einem großen Rammgerät die Eisenträger eingebracht. Nach der Fertigstellung der Tiefbauarbeiten wurden die Stahlträger wieder gezogen.

Die Kläger stellten Risse an ihrem Anbau fest und verklagten den Unternehmer. Es sei ein Schaden von rund 20.000,- Euro entstanden. Der Unternehmer wies alle Schuld von sich. Der Altbau hätte schon vor seinen Arbeiten Risse gehabt. Das läge an dem maroden Zustand des Gebäudes, das ohnehin abrissreif wäre. Außerdem könne eine etwaige Vergrößerung der alten Risse auch andere Ursachen haben, etwa die Grundwasserabsenkung aufgrund des Neubaus, für die nicht er, sondern ein anderer Unternehmer verantwortlich sei.

Das Landgericht Osnabrück war der Argumentation des Beklagten gefolgt. Auf die Berufung der Kläger hin hat das Oberlandesgericht dieses Urteil geändert und den Klägern den begehrten Schadensersatz zugesprochen. Der Unternehmer hätte gegen seine Schutzpflichten aus dem Werkvertrag verstoßen. Zwar sei der Eigentümer des Nachbargrundstücks und nicht das Ehepaar Vertragspartner des Unternehmers. Dieser Werkvertrag entfalte aber eine Schutzwirkung zugunsten Dritter, hier des Ehepaars. Die vertraglichen Sorgfalts- und Obhutspflichten gälten auch ihnen gegenüber.

Durch die Vibrationsarbeiten in unmittelbarer Nähe des Hauses der Kläger hätte der Unternehmer gegen die anerkannten Regeln der Technik verstoßen. Die Gefahr von Versackungen sei vorhersehbar gewesen und für die Art von Vibrationsarbeiten, wie sie der Beklagte durchgeführt habe, nahezu typisch. Der Gerichtssachverständige habe auch festgestellt, dass sich alte Risse in dem Gebäude nach den Arbeiten auf teilweise mehrere Zentimeter deutlich verbreitert und die gesamte Hauswand durchdrängt hätten. Ein Fenster sei praktisch aus der Laibung gerissen worden, das Gebäude biete keinen Witterungsschutz mehr nach außen. Eine mögliche Absenkung des Grundwasserspiegels sei allenfalls in geringem Umfang mitursächlich. Daher müsse der Unternehmer den Schaden der Kläger begleichen.

Das Paar erhält jetzt den geltend gemachten Schaden ersetzt.

Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 15.08.2017, Az. 12 U 61/16

Oberlandesgericht Oldenburg
– Pressestelle –
Richard-Wagner-Platz 1
26135 Oldenburg

Die niedersächsischen Bauaufsichtsbehörden können die Beseitigung von Schottergärten anordnen

Die niedersächsischen Bauaufsichtsbehörden können die Beseitigung von Schottergärten anordnen

Der 1. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 17. Januar 2023 den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 12. Januar 2022 (Az.: 4 A 1791/21) abgelehnt, mit dem dieses die Klage gegen eine auf die Beseitigung von Kies aus zwei Beeten gerichtete bauaufsichtliche Verfügung der Stadt Diepholz abgewiesen hat (Az.: 1 LA 20/22). Damit hat sich das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht erstmals mit der bauordnungsrechtlichen Unzulässigkeit von Schottergärten befasst.

Die Kläger sind Eigentümer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks im Stadtgebiet Diepholz. Im Vorgarten haben sie zwei insgesamt etwa 50 m² große Beete angelegt. Diese sind mit Kies, in den einzelne Pflanzen eingesetzt sind, bedeckt.

Die Beteiligten streiten insbesondere darüber, ob es sich bei den Beeten um Grünflächen im Sinne des § 9 Abs. 2 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) handelt. Nach dieser Vorschrift müssen die nicht überbauten Flächen der Baugrundstücke Grünflächen sein, soweit sie nicht für eine andere zulässige Nutzung erforderlich sind. Die Grundstückseigentümer machen geltend, bei den Beeten handele es sich aufgrund der Anzahl und der Höhe der eingesetzten Pflanzen um Grünflächen. Jedenfalls sei ihr Garten unter Berücksichtigung der hinter dem Wohnhaus befindlichen Rasenflächen und Anpflanzungen insgesamt ein ökologisch wertvoller Lebensraum.

Dieser Argumentation ist der 1. Senat ebenso wie zuvor das Verwaltungsgericht Hannover nicht gefolgt. Die Bauaufsichtsbehörde könne einschreiten, wenn nicht überbaute Flächen von Baugrundstücken nicht den Anforderungen des § 9 Abs. 2 NBauO genügten. Dies sei hier der Fall. Bei den Beeten der klagenden Grundstückeigentümer handele es sich nicht um Grünflächen, die durch nicht übermäßig ins Gewicht fallenden Kies ergänzt würden, sondern um Kiesbeete, in die punktuell Koniferen und Sträucher sowie Bodendecker eingepflanzt seien. Grünflächen würden durch naturbelassene oder angelegte, mit Pflanzen bewachsene Flächen geprägt. Wesentliches Merkmal einer Grünfläche sei der „grüne Charakter“. Dies schließe Steinelemente nicht aus, wenn sie nach dem Gesamtbild nur untergeordnete Bedeutung hätten, was eine wertende Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich mache. Dass die insgesamt nicht überbauten Flächen eines Baugrundstückes nur „überwiegend“ Grünflächen sein müssten, so dass die Grünflächen hinter dem Haus der Kläger die Kiesbeete im Vorgarten erlauben würden, sei § 9 Abs. 2 NBauO nicht zu entnehmen. Ein solches Verständnis widerspreche auch der Intention des Gesetzgebers, die „Versteinerung der Stadt“ auf das notwendige Ausmaß zu beschränken.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

MeinHausbau – Anspruch des privaten Bauherrn auf Mängelbeseitigung nach Abnahme.

MeinHausbau - Anspruch des privaten Bauherrn auf Mängelbeseitigung nach Abnahme

Mängelbeseitigung ist zu einem wichtigen Thema für private Bauherren geworden. Die Ausführungsqualität lässt leider häufig zu wünschen übrig. Es stellt sich die Frage nach dem Verantwortlichen für die mangelhafte Arbeit, nach dem Mängelbeseitigungsanspruch, dem Umfang der Mängelbeseitigung, der Kostenpflicht, der Kostenbeteiligung des Bauherrn und Sowieso-Kosten.

Voraussetzungen des Mängelbeseitigungsanspruchs
Der Auftragnehmer ist insoweit bei auftretenden Mängeln zu deren Beseitigung verpflichtet, als er für die Mängel einzustehen hat, d.h., soweit Mangelursachen in seinem Leistungsbereich liegen. Bei mehreren Mangelursachen muss wenigstens eine dem Auftragnehmer zuzurechnen sein. Der zurechenbare Aufgabenbereich des Auftragnehmers ergibt sich aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Hinsichtlich des ausführenden Unternehmers kommen zurechenbare Mängel sowohl bei Ausführungsfehlern als auch bei Verstoß gegen Prüfungs- und Hinweispflichten in Betracht. Diese beziehen sich auf Leistungen anderer Unternehmer (Vorunternehmer), auf die Planung des Bauherrn oder dessen Architekten/Fachingenieurs und seine sonstigen Anordnungen sowie auf die vom Bauherrn vorgeschriebenen und gelieferten Baustoffe.

Umfang der Prüfungs- und Hinweispflicht aus § 4 Abs. 3 VOB/B
Nach § 13 Abs. 3 VOB/B haftet der Auftragnehmer auch dann, wenn ein Mangel auf Bauteile oder die Beschaffenheit der Vorleistung eines anderen Unternehmers zurückzuführen ist, es sei denn, er hat die ihm nach § 4 Abs. 3 VOB/B obliegende Mitteilung gemacht. Der Umfang der Prüfungs- und Hinweispflicht ergibt sich aus § 4 Abs. 3 VOB/B.

Verletzung einer Prüfungs- und Hinweispflicht stellt für sich allein grundsätzlich keinen Tatbestand dar, der eine Mängelhaftung des Werkunternehmers begründet
Die Verletzung einer Prüfungs- und Hinweispflicht stellt für sich allein grundsätzlich keinen Tatbestand dar, der eine Mängelhaftung des Werkunternehmers begründet. Dem Werkunternehmer obliegt indes – jedenfalls im Rahmen einer von ihm individualvertraglich übernommenen Ausführungs-, Werk- und Detailplanung für seinen Liefer- bzw. Leistungsumfang, aber auch im Rahmen seiner (allgemeinen) Aufklärungspflichten (bereits als Bestandteil der in einem ersten Schritt zu prüfenden Pflicht zur Herstellung eines funktionstauglichen Werks) – eine Überprüfung von (ggf. auch detaillierten) Leistungsvorgaben des Bauherrn, von allen behördlichen Vorgaben und auch von allen Vorgewerken bzw. bauseitigen Umständen, die auf die Funktionstauglichkeit des von ihm vertraglich übernommenen Gewerks etwaig Einfluss haben können.

Werkunternehmer kann sich ausnahmsweise enthaften
Der Werkunternehmer kann sich – nach Bejahung des Haftungstatbestandes – in einem zweiten Schritt ausnahmsweise nur dann enthaften, wenn er den Bauherrn auf diesbezügliche Bedenken hingewiesen hat oder wenn er (ausnahmsweise) nicht erkennen konnte, dass die (Vor-)Planungen bzw. „Bedingungen“ des Auftraggebers nicht geeignet waren, die vereinbarte bzw. nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion zu erfüllen. Soweit der Werkunternehmer sich zu einer ausreichenden Prüfung selbst fachlich nicht in der Lage sieht, hat er sich – bei vertraglich übernommener Planungspflicht ggf. auch durch geeignete Fachplaner oder entsprechende fachkundige Spezialfirmen als Subunternehmer – den notwendigen Sachverstand zur Klärung der Anforderungen einer für die ihm erkennbaren Zwecke des Auftraggebers tauglichen Werkleistung zu verschaffen.

Inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren einer zweifelhaften Ausführungsweise konkret dargelegt
Der Werkunternehmer ist nur dann von seinen Gewährleistungspflichten befreit, wenn er inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren einer zweifelhaften Ausführungsweise konkret darlegt, damit dem Auftraggeber die Tragweite der Nichtbefolgung dieser Hinweise hinreichend erkennbar wird. Die bloße Vermutung des Werkunternehmers, der Auftraggeber sei bereits (durch eigenes Wissen oder durch Fachkunde sonstiger Baubeteiligter bzw. Dritter) entsprechend informiert, lässt seine Prüfungs- und Bedenkenhinweispflicht nicht entfallen. Vielmehr muss der Werkunternehmer die von ihm zu beweisende Gewissheit haben, dass der Auftraggeber die maßgeblichen Umstände bereits tatsächlich kennt und der Auftraggeber seine Ausführungsentscheidung – im Sinne einer ausdrücklichen bzw. konkludenten Risikoübernahme – auf dieser Basis getroffen hat.

Bedenken gegen die Leistungen anderer Unternehmer
Bedenken gegen die Leistungen anderer Unternehmer muss der Auftragnehmer dem Bauherrn nach § 4 Abs. 3 VOB/B unverzüglich – möglichst schon vor Beginn der Arbeiten – schriftlich mitteilen.

Schriftform gemäß § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB
Nach herrschender Auffassung genügt für die Wahrung der Schriftform gemäß § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB auch die telekommunikative Übermittlung, weshalb eine Mitteilung per E-Mail im Falle einer rechtsgeschäftlich vereinbarten Schriftform ausreicht (vgl. BGH, Urteil v. 27.04.2016 – VIII ZR 46/15 -, NJW 2016, 3713 Rn. 28 zum Schrifterfordernis in AGB; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 127 Rn. 2; Einsele, in: MünchKomm BGB, 8. Aufl. 2018, § 127 Rn. 10; Ganten, in: Beck’scher VOB-Kommentar Teil B, 3. Aufl. 2013, § 4 Rn. 56; Voit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Aufl. 2018, § 4 VOB/B Rn. 19; Merkens, in: Kapellmann/Messerschmidt, VOB, 7. Aufl. 2020, § 4 VOB/B Rn. 99; Fuchs, in: BeckOK VOB/B, 40. Ed. 30.04.2020, § 4 Abs. 3 Rn. 16). Selbst wenn man dies anders sehen und für die Einhaltung der Schriftform bei telekommunikativer Übermittlung eine qualifizierte elektronische Signatur fordern wollte (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss v. 30.04.2012 – 4 U 269/11 -, NJW 2012, 2206 Rn. 12 zu § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B; Hertel, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2017, § 127 Rn. 33 ff.), wären die per E-Mail erteilten Hinweise gleichwohl nicht unbeachtlich. So ist anerkannt, dass selbst ein mündlicher Hinweis, wenn er eindeutig, inhaltlich klar und vollständig ist, den Auftragnehmer enthaften kann (vgl. OLG Schleswig, Urteil v. 18.07.2018 – 12 U 8/18 -, BauR 2019, 273 Rn. 97; Jurgeleit, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, Teil 5 Rn. 68). Wenn aber ein mündlicher Hinweis die Informations- und Schutzinteressen des Bauherrn im Einzelfall hinreichend schützt, gilt dies erst recht für eine Bedenkenanmeldung per E-Mail, die wie ein Schreiben den Inhalt der Warnung jederzeit abrufbar gestaltet und darüber hinaus auch der Beweisfunktion des § 4 Abs. 3 VOB/B gerecht wird.

Bedenken auch dem richtigen Adressaten mitgeteilt
Allerdings müssen die Bedenken auch dem richtigen Adressaten mitgeteilt werden. Das ist grundsätzlich immer der Bauherr selbst. Darüber hinaus ist auch die Mitteilung an den bauleitenden Architekten oder sonstigen Bauleiter ausreichend, denn er vertritt den Bauherrn in den die technischen Angelegenheiten betreffenden Fragen gegenüber dem Unternehmer. Etwas anderes gilt nur, wenn es um von ihm selbst zu verantwortende Fehler geht oder er sich berechtigten Einwendungen des Unternehmers verschließt (vgl. BGH, Urteil v. 18.01.2001 – VII ZR 457/98 -, NJW-RR 2001, 520 Rn. 10; OLG Brandenburg, Urteil v. 16.10.2012 – 11 U 102/11 -, Rn. 52; Jurgeleit, a.a.O., Rn. 70; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl. 2020, Rn. 2023; Voit, a.a.O., Rn. 19).

Gestaltungsvorschläge zur Behebung des sich aus den fehlerhaften Arbeiten anderer Unternehmer ergebenden Mangel nicht erforderlich
Es ist anerkannt, dass der Unternehmer, wenn er nach Ausführung oder sogar nach Abnahme seiner Werkleistung erkennt, dass deren Funktionstauglichkeit durch Aktivitäten anderer Unternehmer gefährdet ist, im Rahmen des ihm Zumutbaren eine Vereitelung oder Gefährdung des Vertragszwecks verhindern muss (vgl. BGH, Urteil v. 19.05.2011 – VII ZR 24/08 -, NJW 2011, 3291 Rn. 25). Die Bedenkenhinweispflicht verpflichtet den Auftragnehmer nicht dazu, Gestaltungsvorschläge zur Behebung des sich aus den fehlerhaften Arbeiten anderer Unternehmer ergebenden Mangels zu machen (Jurgeleit, a.a.O., Rn. 69, Fuchs, a.a.O., Rn. 15). Ein solches Verlangen wäre nicht zumutbar, weil der Auftragnehmer über den ursprünglichen Vertragsinhalt hinaus die Verantwortung für eine entsprechende Planung übernehmen und zudem auch das Risiko tragen würde, dass sein Vorschlag unrichtig sein könnte (vgl. OLG Celle, Urteil v. 23.12.1999 – 22 U 15/99 -, BauR 2000, 1073).

Mangelverursachung durch einen Nachunternehmer, der aufgrund eigenständiger Verträge mit dem Bauherrn gesonderte Leistungen erbringt, dem Auftragnehmer nicht zuzurechnen
Dagegen ist eine Mangelverursachung durch einen Nachunternehmer, der aufgrund eigenständiger Verträge mit dem Bauherrn gesonderte Leistungen erbringt, dem Auftragnehmer nicht zuzurechnen. Allerdings kann der Bauherr sowohl den Unternehmer selbst als auch einen Nachunternehmer nebeneinander in Anspruch nehmen, wenn der Mangel zugleich auf der fehlerhaften Leistung des Unternehmers und des Nachunternehmers beruht.

Mangel beruht auf einem Planungs- oder Koordinierungsverschulden des vom Bauherrn eingeschalteten Architekten bzw. Ingenieurs
Beruht der Mangel auf einem Planungs- oder Koordinierungsverschulden des vom Bauherrn eingeschalteten Architekten bzw. Ingenieurs und hat der ausführende Unternehmer seinerseits, z.B. durch Unterlassen eines gebotenen Hinweises, zum Mangel beigetragen, so haften beide dem Bauherrn als Gesamtschuldner. Der Unternehmer kann dem Bauherrn dabei jedoch das Mitverschulden des Architekten/Ingenieurs entgegenhalten, er haftet also nur quotenmäßig. Für den Mangelbeseitigungsanspruch des Bauherrn hat das zur Folge, dass der Auftragnehmer zwar zur Mängelbeseitigung in vollem Umfange verpflichtet bleibt, jedoch Erstattung des Teils der Mangelbeseitigungskosten verlangen kann, die dem Haftungsanteil des Bauherrn entspricht.

Beschränkung auf Mängel des vertraglichen Leistungsbereichs
Rechte aus § 13 Abs. 5 VOB/B kann der Bauherr nur hinsichtlich solcher Mängel herleiten, die der vertraglichen Leistung des Auftragnehmers anhaften. Mangelhafte Leistungen des Auftragnehmers, die ohne Auftrag erbracht werden, lösen keinen Anspruch nach § 13 Abs. 5 VOB/B aus, solange der Bauherr diese Leistung nicht nachträglich als vertragliche Leistung anerkennt und in den vertraglichen Leistungsbereich einbezieht.

Inhalt des Mangelbeseitigungsanspruchs
Der Mangelbeseitigungsanspruch nach § 13 Abs. 5 VOB/B setzt die Abnahme der Bauleistung voraus. Damit ist die Konzentration der Leistungsverpflichtung des Auftragnehmers auf den bereits gelieferten Leistungsgegenstand eingetreten. Der Mangelbeseitigungsanspruch geht daher zunächst und in erster Linie auf Nachbesserung, d.h. auf Beseitigung des Mangels an der schon gelieferten Bauleistung. Eingeschlossen ist dabei ohne weiteres die Erneuerung von Teilen der abgenommenen Bauleistung.

Vollständige Neuherstellung der Bauleistung kann ausnahmsweise in Betracht kommen
Dagegen kann die vollständige Neuherstellung der Bauleistung nur ausnahmsweise in Betracht kommen, nämlich wenn ansonsten eine Beseitigung des Mangels nicht, nicht auf Dauer oder nicht sicher erreicht werden könnte. Zudem kann die Nachbesserung aus sonstigen Gründen für Auftragnehmer oder Bauherr unzumutbar sein. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Nachbesserung im Vergleich zur Neuherstellung mit unverhältnismäßig hohem Aufwand oder Folgekosten verbunden wäre.

Umfang der Mangelbeseitigungsarbeiten
Der Auftragnehmer hat nach § 13 Abs. 5 VOB/B sämtliche Arbeiten und Nebenleistungen zu erbringen, die zur Beseitigung des Mangels notwendig werden. Dies umfasst u.a. die Beschaffung und den Transport von Material, notwendige Planungsmaßnahmen, ggf. erforderliche Gutachten zur Klärung von Mängelursachen und Nachbesserungsmöglichkeiten, notwendige Güteprüfungen, das Aufstellen von Gerüsten, das möglicherweise notwendig werdende Ausbauen von Türen, das Beschaffen eines Kranes usw.

Nachzubessernde Leistung des Auftragnehmers durch den Baufortschritt nicht mehr frei zugänglich
Ist die nachzubessernde Leistung des Auftragnehmers durch den Baufortschritt nicht mehr frei zugänglich, ist sie insbesondere durch weiterführende Leistungen anderer Unternehmer verdeckt, hat der Auftragnehmer die notwendigen technischen Maßnahmen zu ergreifen, um die nachzubessernde Leistung zugänglich zu machen. Verdeckende Bauteile hat er zu entfernen oder zu öffnen, z.B. den Estrich über der nachzubessernden Fußbodenheizung aufzuschlagen, vorgehängte Fassadenteile zur Sanierung der Wärmedämmung zu entfernen usw.

Nach Mangelbeseitigung geöffnete Bauteile wieder fachgerecht zu verschließen
Nach Mangelbeseitigung hat der Auftragnehmer geöffnete Bauteile wieder fachgerecht zu verschließen bzw. entfernte Bauteile wieder anzubringen. Durch die Mangelbeseitigung entstehende Schäden am Bauwerk sind von ihm zu beseitigen, z.B. sind durch Staub verschmutzte Böden und Wände zu reinigen, beschädigte Anstriche neu aufzubringen usw. Den bei der Mangelbeseitigung anfallenden Bauschutt hat der Auftragnehmer zu entfernen und das Bauwerk auch im übrigen in dem Zustand zu hinterlassen, wie er vor der Mangelbeseitigung bestand.

Ausführung fachfremder Arbeiten, auf die sein Betrieb nicht eingerichtet ist
Für die Ausführung fachfremder Arbeiten, auf die sein Betrieb nicht eingerichtet ist, hat der Auftragnehmer entsprechende Fachfirmen beizuziehen. Der Umfang der dem Auftragnehmer vorliegenden Arbeiten richtet sich allein nach den Erfordernissen der Mangelbeseitigung, nicht nach Art und Umfang der ursprünglich vom Auftragnehmer übertragenen Arbeiten.

Mangelbeseitigung nur durch Maßnahmen zu erreichen, die bisher nicht vorgesehen waren
Lässt sich die Mangelbeseitigung nur durch Maßnahmen erreichen, die bisher nicht vorgesehen waren, sind diese durchzuführen. Ist z.B. die Sanierung einer vom Auftragnehmer zu gering bewehrten Decke nur durch Unterzüge zu erreichen, so kann der Auftragnehmer nicht einwenden, eine entsprechende Leistung sei nach dem Leistungsverzeichnis nicht vorgesehen. Der Bauherr hat seinerseits Maßnahmen dieser Art, die Beschaffenheit oder Erscheinungsbild des Bauwerks verändern, im Rahmen des Zumutbaren als Mangelbeseitigung hinzunehmen. Unzumutbar sind allerdings solche Veränderungen, welche die Nutzbarkeit des Bauwerks zum vertraglich vorgesehenen oder üblichen Gebrauch erheblich einschränken.

Art und Weise der Ausführung
Art und Weise der Mangelbeseitigung hat der Auftragnehmer in eigener Verantwortung zu bestimmen. Der Bauherr kann Art und Weise der Mangelbeseitigung nicht vorschreiben. Einen offenkundig untauglichen oder mit erheblichen Folgerisiken verbundenen Nachbesserungsversuch braucht der Bauherr allerdings nicht hinzunehmen. Führt die Mangelbeseitigung zu erheblichen Eingriffen in bereits fertiggestellte Teile des Bauwerks, insbesondere außerhalb des Gewerkes des Auftragnehmers, kann der Bauherr verlangen, vorab über die beabsichtigten Maßnahmen unterrichtet zu werden. Ebenso kann er bei langwierigen Mangelbeseitigungsmaßnahmen Auskunft über deren zeitlichen Ablauf verlangen.

Kostenpflicht des Auftragnehmers
Die Kosten der Mangelbeseitigung fallen dem Auftragnehmer zur Last. Der Auftragnehmer hat die für seine Tätigkeit entstehenden Aufwendungen selbst zu tragen, von ihm beigezogene Firmen selbst zu entlohnen und dem Bauherr entstehende Mangelbeseitigungskosten zu ersetzen. Der Umfang der vom Auftragnehmer zu tragenden Kosten entspricht dem Umfang seiner Mangelbeseitigungsverpflichtung. Somit fallen dem Auftragnehmer die Kosten der Mangelsuche und Ursachenklärung, der Vorbereitung und Durchführung der Mangelbeseitigung, der Beseitigung der Nachbesserungsfolgen und der Wiederherstellung des ursprünglichen Bauzustandes zur Last. Er hat die hierfür notwendigen Aufwendungen zu tragen, einschließlich von Transport- und Wegekosten, Planungskosten, Gutachterkosten, Gerüstkosten, Kosten für das Öffnen und Verschließen der einen Mangel verdeckenden Bauteil sowie auch Aufwendungen für das Entfernen von Bauschutt und ggf. erforderliche Maßnahmen zur Reinigung der bei der Nachbesserung verschmutzten Bauteile.

Kostenbeteiligung des mitverantwortlichen Bauherrn
Hat der Bauherr Mängel mitzuverantworten, so ist dies auch im Rahmen der Mangelbeseitigung nach § 13 Abs. 5 VOB/B zu berücksichtigen. Der Auftragnehmer kann entsprechend § 242 BGB (Treu und Glauben) dem Bauherrn dessen Mitverantwortung entgegenhalten. Die danach gebotene Abwägung der beiderseitigen Mitverursachungs- und Mitverschuldensanteile führt im allgemeinen zu einer Haftungsquotierung. Der Auftragnehmer bleibt zur Durchführung der Mangelbeseitigung verpflichtet, jedoch hat der Bauherr einen Teil der hierfür anfallenden Kosten zu ersetzen. Der Kostenanteil des Bauherrn ist entsprechend seiner Haftungsquote zu bestimmen.

Sowieso-Kosten
Grundsätzlich ist es das Risiko des Auftragnehmers, wenn sich durch die Mangelbeseitigung sein ursprünglich vorgesehener Leistungsaufwand erhöht. Dennoch kann es im Einzelfall geboten sein, dem Auftragnehmer für bestimmte Maßnahmen der Mangelbeseitigung, die eine Verbesserung der Qualität der Bauleistung zur Folge haben, einen Ausgleichsanspruch zuzubilligen.Dies trifft dann zu, wenn notwendige Nachbesserungsmaßnahmen nach dem ursprünglichen Leistungsumfang des Vertrages nicht geschuldet waren, jedoch zur mangelfreien Leistungserbringung von Anfang an notwendig gewesen wären. Die für solche Maßnahmen anfallenden Kosten können dem Auftragnehmer nicht zur Last fallen, nachdem sie bereits bei Vertragsschluss hätten angeordnet und damit auch zusätzlich hätten bezahlt werden müssen. Diese Kosten sind vielmehr im Rahmen der Billigkeit vom Bauherrn zu tragen.

Mein Hausbau – Schwerpunkt Nachbarrecht (10)

Mein Hausbau - Schwerpunkt Nachbarrecht (10)

OLG Stuttgart – Az.: 3 U 60/13 – Urteil vom 12.10.2016: Wärmepumpe – Kaltluftabfuhr zum Nachbargrundstück

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 27.02.2013 abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit die Beklagten verurteilt worden sind, die Geräuschimmissionen ihrer Wärmepunkte einzuschränken. Die weitergehende Berufung der Beklagten sowie die Anschlussberufung der Kläger werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen einschließlich der Kosten des vorangegangenen selbständigen Beweisverfahrens (Amtsgericht Heilbronn 8 H 22/10) tragen die Kläger zu 2/3, die Beklagten als Gesamtschuldner zu 1/3.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert: 7.000 €

Gründe

A.

Die Parteien sind Nachbarn. Mit ihrer Klage wenden sich die Kläger gegen die Zuführung von Kaltluft aus einer von den Beklagten betriebenen Wärmepumpe sowie gegen die Geräuschimmissionen durch diese Pumpe. Das Landgericht hat die Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, es zu unterlassen, an der Grenze ihres Grundstücks (G… Straße …, H…, Flurstück Nr. …) Abluft der Wärmepumpe mittels der angebrachten Umlenkhaube auf das Grundstück der Kläger (… …, H…, Flurstück Nr. …) zuzuführen. Überdies hat das Landgericht die Beklagten verurteilt, die Geräuschimmissionen der Wärmepumpe dahingehend einzuschränken, dass die Geräusche im Terzband 50 Hz um 5 dB reduziert werden. Wegen der Einzelheiten wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollumfängliche Abweisung der Klage weiter.

Die Beklagten haben Anschlusseinberufung eingelegt mit dem Begehren, das landgerichtliche Urteil dahingehend abzuändern, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt werden, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Geräuschbelastung von ihrem Grundstück zu den Grundstücken der Kläger mit der von ihnen betriebenen Wärmepumpe zu verhindern, wobei für den Fall der Zuwiderhandlung den Beklagten ein angemessenes Ordnungsgeld angedroht werden soll.

Hilfsweise haben die Kläger im Wege der Anschlussberufung beantragt: Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Geräuschbelastung der von ihnen betriebenen Wärmepumpe an der Grenze ihres Grundstücks zu mindern, indem sie eine Reduzierung des Schalldruckpegels der Wärmepumpe durch Minderungsmaßnahmen von mindestens 13,8 dB im Bereich des 50 Hertz-Terzbands für den im Gutachten vom 08.08.2011 vom Ingenieurbüro Dr. D…, …, in der Tabelle 4 auf Blatt 15 festgestellten Wert für die Überschreitung der Hörschwelle am IO2/2 („Baulinie fern“) herbeiführen.

Die Kläger beantragen die Zurückweisung der Anschlussberufung.

Von der weiteren Darlegung des Sach- und Streitstands im Berufungsverfahren wird gemäß § 540 Abs. 2 iVm § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet, die Anschlussberufung der Kläger ist nicht begründet.

I. Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet, soweit sich die Beklagten gegen ihre Verurteilung wenden, die Zuführung von Abluft mittels der Umlenkhaube auf das Klägergrundstück zu unterlassen.

1. Das Landgericht hat gemeint, die durch die Umlenkhaube an der Garagenwand der Beklagten ausströmende Kaltluft gehöre zu den unwägbaren Stoffen im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dabei handele es sich bei der Umlenkhaube um eine besondere Leitung im Sinne des § 906 Abs. 3 BGB, welche unzulässig sei, ohne dass es darauf ankomme, ob das Grundstück der Kläger wesentlich beeinträchtigt werde.

Die Beklagten bringen mit ihrer Berufung vor, die Zuführung von Luft, deren Temperatur unterhalb der Umgebungstemperatur liege, gehöre schon mangels Schädlichkeit nicht zu den Stoffen im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB. Auch liege keine gezielte Zuführung durch eine besondere Leitung im Sinne des § 906 Abs. 3 BGB vor. Die Umlenkhaube blase die Luft lediglich auf dem Grundstück der Beklagten nach unten; dass die Luft sich sodann auf dem Klägergrundstück ausbreite, weil wegen der Garagenwand und des Erdbodens eine Ausbreitung auf dem Beklagtengrundstück nicht möglich sei, stelle eine nur mittelbare Zuführung dar. Überdies hätten die Beklagten nach Erlass des landgerichtlichen Urteils die Ausblasöffnung der Umlenkhaube reduziert und zwischen der Haube und dem Klägergrundstück eine Palisadenwand aufgestellt, weshalb jedenfalls aufgrund dieser Maßnahmen keine gezielte Zuführung von Luft mehr vorliege. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 21.09.2016 haben die Beklagten noch geltend gemacht, nach dem Ortstermin des Senats sei diese Palisadenwand noch verbessert und namentlich mit Styropor ausgekleidet worden, um den Austritt von Kaltluft auf das Grundstück der Kläger zu verhindern.

2. Die Entscheidung des Landgerichts ist weiterhin zutreffend und die Berufung der Beklagten daher insoweit zurückzuweisen.

a) Die Regelung des § 906 Abs. 1 BGB erfasst neben den ausdrücklich genannten Einwirkungen – wozu namentlich Wärme gehört – auch „ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen“. Hierzu gehört auch künstlich erzeugte starke Kälte (Staudinger/Roth, BGB, 2016, § 906 Rn. 173). Nach den Feststellungen des Sachverständigen ist die aus der Umlenkhaube ausströmende Luft ca. 10° C kälter als die Umgebungstemperatur. Diese Abkühlung ist so erheblich, dass die Einwirkung mit den enumerativ aufgeführten Fällen „Wärme“ oder „Dämpfe“ vergleichbar ist und damit als „ähnliche Einwirkung“ unter § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB fällt.

b) Zutreffend ist das Landgericht auch von einer besonderen Leitung im Sinne des § 906 Abs. 3 BGB ausgegangen.

Allerdings kann nicht festgestellt werden, dass sich die Öffnung der Umlenkhaube bereits auf dem Klägergrundstück befindet. Die Umlenkhaube ist nach den Feststellungen des Sachverständigen 50,6 cm tief und der Grenzabstand der Garage zur Grundstücksgrenze beträgt ca. 50 cm, so dass die Öffnung der Umlenkhaube sich noch auf dem Beklagtengrundstück befindet. Hierauf kommt es aber nicht entscheidend an. Eine besondere Leitung im Sinne des § 906 Abs. 3 BGB muss nicht bis zur Grundstücksgrenze reichen, sie muss lediglich das Eindringen durch ihre Beschaffenheit und Richtung vermitteln (BeckOGK-Klimke, Stand 01.05.2016, BGB § 906 Rn. 200 mwN). Entscheidend ist dabei die Zweckgerichtetheit der Einrichtung wie etwa bei der Ableitung von Essensgerüchen und Dämpfen durch eine Außenlüftungsanlage (BayObLG, NJW-RR 2005, 385, 386; BeckOGK-Klimke, aaO Rn. 198). Die Umlenkhaube verteilt hier zielgerichtet die kalte Luft auf das Grundstück der Kläger, weil die Luft sich nur in diese Richtung ungehindert ausbreiten kann, während zum Grundstück der Beklagten hin die Garagenwand entgegensteht. Dass sich die ausströmende Luft zum größten Teil auf dem Klägergrundstück ausbreitet, hat der Sachverständige dabei durch einen Rauchpatronenversuch festgestellt.

Handelt es sich damit um eine besondere Leitung, so ist die Zuführung von Kaltluft auf diesem Wege gemäß § 1004 Abs. 1 iVm § 906 Abs. 3 BGB zu unterlassen, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat.

c) Die nach Erlass des landgerichtlichen Urteils von den Beklagten ergriffenen Maßnahmen lassen den Unterlassungsanspruch der Kläger nicht entfallen.

Ein Unterlassungsanspruch setzt nicht notwendig voraus, dass der gegenwärtige Zustand rechtswidrig ist. Vielmehr begründet ein Verstoß in der Vergangenheit grundsätzlich die Vermutung der Wiederholungsgefahr im Sinne des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB (BGH, NJW 1999, 356, 358). Anders als ein Beseitigungsanspruch setzt ein Unterlassungsanspruch daher nicht notwendig voraus, dass eine gegenwärtige Störung vorliegt. Der Einwirkende darf aber dann nicht mehr zur Unterlassung verurteilt werden, wenn er beweist, dass Einrichtungen getroffen worden sind, die nach menschlicher Voraussicht die schädliche Einwirkung auf ein Maß zurückführen, das nach § 906 BGB ertragen werden muss, und dass eine Beseitigung der Schutzeinrichtung nach Lage der Verhältnisse nicht in Frage kommen kann (BGH, NJW 1995, 132, 134).

Einen solchen Nachweis haben die Beklagten nicht geführt.

Wie der Senat bei seinem Augenschein festgestellt hat, trat trotz der von den Beklagten angebrachten Palisadenwand sowie der Verkleinerung der Öffnung in der Umlenkhaube durch Abkleben noch ein Kaltluftstrom auf das Grundstück der Kläger aus. Dass diese Defizite der von den Beklagten ergriffenen Maßnahmen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren aufgrund weiterer Veränderungen beseitigt worden sind – wie die Beklagten erstmals im Verhandlungstermin vorgebracht haben – mag zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden. Der Senat vermag jedenfalls nicht festzustellen, dass es sich hierbei um eine dauerhafte Schutzeinrichtung handelt, deren künftige Beseitigung praktisch ausgeschlossen erscheint. Nach dem Eindruck des Senats beim Ortstermin, welchen auch der Sachverständige Dr. D… in seiner Anhörung geteilt hat, vermittelt die von den Beklagten angebrachte Palisadenwand mehr den Eindruck eines Provisoriums. Unabhängig davon, ob der gegenwärtige bauliche Zustand rechtswidrig ist, hat damit jedenfalls der Unterlassungsanspruch weiterhin Bestand, welcher aufgrund des in der Vergangenheit bestandenen rechtswidrigen Zustands entstanden ist.

II. Mit Recht wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung gegen die Verurteilung durch das Landgericht, die Geräuschimmissionen der Wärmepumpe zu reduzieren. Soweit die Kläger mit der Anschlussberufung weitergehende Lärmschutzmaßnahmen verlangen, bleibt dies ohne Erfolg.

I. Der Sachverständige Dr. D… hat im Berufungsverfahren erneute Messungen zum Immissionssummenpegel vorgenommen. Neu gegenüber der früheren Untersuchung ist, dass der Sachverständige nun eine Messung bei einer Außentemperatur von rund 0° C vorgenommen hat und damit auch den Enteisungsbetrieb messtechnisch erfassen konnte. Während des Enteisungsbetriebs ergab sich eine Erhöhung im 50 Hz-Terzband, nicht aber im A-bewerteten Summenpegel. Eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte durch den A-bewerteten Summenpegel konnte der Sachverständige zu keinem Zeitpunkt feststellen.

Auch im Hinblick auf niederfrequente Geräusche im Terzband 50 Hz konnte der Sachverständige keine Überschreitungen der Grenzwerte nach der TA Lärm feststellen. Wie der Sachverständige ausgeführt hat, kommt dem Außenwohnbereich nach der TA Lärm kein besonderer Schutz zu. Entscheidend ist vielmehr die Einwirkung tieffrequenter Geräusche in dem am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raum. Nach der TA Lärm, Punkt 7.3, können durch niederfrequente Geräusche dann schädliche Umwelteinwirkungen auftreten, wenn bei deutlich wahrnehmbaren tieffrequenten Geräuschen in schutzbedürftigen Räumen bei geschlossenen Fenstern die Differenz zwischen C-bewertetem und A-bewertetem Summenpegel den Wert 20 dB überschreitet.

In seinem früheren Gutachten vor dem Landgericht hatte der Sachverständige im Hinblick auf die Innenraumgeräusche nur eine überschlägige Schätzung aufgrund seiner Messungen im Außenbereich vorgenommen. Im Berufungsverfahren hat der Sachverständige nun erstmals Messungen im Haus der Kläger vorgenommen, und zwar im Kaminzimmer (Messpunkt IO 3) und im Treppenhaus (Messpunkt IO 4). Der Sachverständige hat festgestellt, dass an beiden Messorten im Innenraum die Hörschwelle für tieffrequente Geräusche deutlich unterschritten war. Die Differenz von C-bewertetem zu A-bewertetem Summenpegel betrug im Treppenhaus 16,6 dB und im Kaminzimmer 10,3 dB. Der Enteisungsbetrieb konnte in den Innenräumen messtechnisch nicht erfasst werden. Erhebliche Belästigungen der Kläger durch tieffrequente Geräusche sind damit nicht nachweisbar.

Soweit die Kläger gegen die Messergebnisse des Sachverständigen vorbringen, dass die von den Beklagten betriebene Wärmepumpe über unterschiedliche Leistungsstufen verfüge, bleibt dabei außer Betracht, dass der Senat gerade verdeckte Messungen durch den Sachverständigen – d. h. ohne Unterrichtung der Beklagten – angeordnet hatte. Selbst wenn die Wärmepumpe der Beklagten verschiedene Leistungsstufen besitzen sollte – was sich bereits nicht feststellen lässt – so spricht nichts dafür, dass die Beklagten die Pumpe gerade während der Messungen durch den Sachverständigen abgeregelt haben, nachdem ihnen der Messzeitpunkt gar nicht bekannt gewesen ist.

Sind demnach die maßgeblichen Grenzwerte der TA Lärm durch die Wärmepumpe der Beklagten eingehalten, soweit das Wohnhaus der Kläger betroffen ist, so ist nach § 906 Abs. 1 Satz 3 iVm Satz 2 BGB eine unwesentliche Beeinträchtigung anzunehmen, welche Ansprüche nach § 1004 Abs. 1 iVm § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht trägt. Umstände, weshalb trotz der eingehaltenen Grenzwerte ausnahmsweise von einer wesentlichen Beeinträchtigung auszugehen sein sollte, liegen nicht vor.

I. Das Landgericht hat seine Verurteilung, die Geräuschimmissionen durch die Wärmepumpe im Bereich des Terzbands 50 Hz zu senken, darauf gestützt, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen eine Überschreitung der Grenzwerte der TA Lärm im Falle einer Bebauung des bislang unbebauten Grundstücks der Kläger, Flurstück …, nicht ausgeschlossen werden könne. Hierauf kommt es aber aus Rechtsgründen nicht an.

Die Frage, ob die Benutzung eines Grundstücks durch eine Einwirkung im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB wesentlich oder unwesentlich beeinträchtigt ist, beurteilt sich auf der Grundlage der tatsächlichen Nutzung und Beschaffenheit des gestörten Grundstücks (BGH, NJW 1984, 2207, 2208; NJW 1993, 925, 930 OLG Stuttgart, NJW-RR 1988, 204 f.; MünchKomm-BGB/Säcker, 6. Aufl., § 906 Rn. 55; Staudinger/Roth, BGB, 2016, § 906 Rn. 177; BeckOK-BGB/Fritzsche, Stand 01.08.2016, § 906 Rn. 37; Palandt/Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 906 Rn. 17 vgl. auch Geigel/Pardey, Haftpflichtprozess, 27. Aufl., 22. Kap. Rn. 51). Es ist folglich auf die gegenwärtige Nutzung des Flurstücks … durch die Kläger als Gartengrundstück abzustellen. Dass die Gartennutzung der Kläger durch tieffrequente Geräusche der Wärmepumpe wesentlich beeinträchtigt würde, kann nicht festgestellt werden. Denn die TA Lärm stellt gerade auf den Geräuschpegel im Innenraum ab und schützt die Außennutzung nicht in besonderer Weise.

Die mögliche Bebauung des Grundstücks … ist auch nicht deshalb im Rahmen des § 906 Abs. 1 BGB von Bedeutung, weil nach der TA Lärm bei unbebauten Grundstücken auf die baurechtlich zulässige Bebauung abzustellen ist.

Zwar handelt es sich bei der TA Lärm um eine Verwaltungsvorschrift nach § 48 BImSchG, welche gemäß § 906 Abs. 1 Satz 3 iVm Satz 2 BGB Indizwirkung für die Frage der Wesentlichkeit einer Beeinträchtigung hat. Über den Wortlaut des § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB hinaus indiziert dabei nicht lediglich die Unterschreitung von Grenzwerten eine unwesentliche Beeinträchtigung, sondern es indiziert auch das Überschreiten von Grenzwerten eine wesentliche Beeinträchtigung (BGH, NJW-RR 2006, 235 Rn. 18; BeckOGK/Klimke, Stand 01.05.2016, § 906 BGB Rn. 129). Von der indiziellen Bedeutung der Richtwertüberschreitung nach § 906 Abs. 1 Satz 2, 3 BGB ist aber abzuweichen, wenn besondere Umstände des Einzelfalls dies gebieten (BGH, NJW 2008, 1810 Rn. 24). Eine schematische Bindung des Zivilrichters an die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen besteht nicht.

Im vorliegenden Fall liegen die besonderen Umstände darin, dass zivilrechtlich auf die konkrete Nutzung des betroffenen Grundstücks abzustellen ist, während öffentlich-rechtlich nach der TA Lärm die potentielle Benutzung einzubeziehen ist. Die durch § 906 Abs. 1 Satz 2, 3 BGB angestrebte Teilharmonisierung des privaten und des öffentlichen Nachbarrechts gibt keinen Anhaltspunkt dafür her, auch privatrechtlich auf eine nur mögliche Beeinträchtigung im Falle der Nutzungsänderung abzustellen. Denn öffentlich-rechtlich muss die potentielle Nutzung deshalb berücksichtigt werden, weil die Bestandskraft einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht dadurch entfiele, dass die tatsächlichen Voraussetzungen sich geändert haben, unter welchen die Genehmigung erteilt wurde. Zivilrechtlich kann hingegen die Zulässigkeit einer Nutzung dadurch wegfallen, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse ändern. Maßgeblich für die Beurteilung, ob Immissionen die Benutzung eines Nachbargrundstücks wesentlich beeinträchtigen, ist zivilrechtlich die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung, während die zeitliche Priorität des Störers gegenüber dem Gestörten keine rechtfertigende Wirkung hat (BGH, NJW 2001, 3119, 3120).

Die Kläger sind daher nicht genötigt, bereits jetzt die Geräuschimmission der (öffentlich-rechtlich genehmigungsfreien) Wärmepumpe im Hinblick auf eine mögliche Bebauung ihres Grundstücks anzugreifen, um sich dieses Recht für den Fall zu erhalten, dass tatsächlich eine Bebauung stattfinden sollte. Dies ergibt sich auch nicht daraus, dass den Klägern andernfalls Verjährung drohte. Zwar betrifft die Unverjährbarkeit nach § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB nur das aus dem Grundbuch ersichtliche dingliche Stammrecht, nicht aber aus diesem Recht folgende Ansprüche aus § 1004 BGB (BGH, NJW 2011, 1068 Rn. 7). Abgesehen davon, dass eine fortdauernde Störung durch Geräuschimmissionen ohnehin jeweils neu verjährende Unterlassungsansprüche auslöste (BGH, NJW-RR 2015, 781 Rn. 8 ff.), droht den Klägern auch deshalb keine Verjährung eines im Falle der Bebauung bestehenden Unterlassungsanspruchs, weil dieser Anspruch gegenwärtig gerade (noch) nicht besteht und daher auch nicht verjähren kann.

I. Beeinträchtigen die Geräuschimmissionen durch die Wärmepumpe der Beklagten die Kläger daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht wesentlich, weil die Grenzwerte der TA Lärm in den insoweit maßgeblichen Innenräumen des klägerischen Hauses nicht überschritten werden, so sind die Beklagten zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht verpflichtet, weitergehende Lärmschutzmaßnahmen zu ergreifen. Etwaige Unterlassungsansprüche der Kläger für den Fall, dass sie ihr unbebautes Grundstück bebauen oder eine anderweitige Nutzungsänderung vornehmen sollten, werden dadurch nicht berührt.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die maßgeblichen Rechtsfragen geklärt sind und lediglich die Feststellung des Sachverhalts sowie die Rechtsanwendung im Einzelfall in Frage steht.

Mein Hausbau – Schwerpunkt Nachbarrecht (9)

Mein Hausbau - Schwerpunkt Nachbarrecht (9)

OLG Düsseldorf – Az.: I-5 U 46/16 – Urteil vom 22.12.2016: Schäden an Nachbargebäude durch Abrissarbeiten, Nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch

Die Berufung der Klägerin gegen das am 11.03.2016 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg – Einzelrichterin – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das erstinstanzliche Urteil und das Berufungsurteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Abriss eines alten Sparkassengebäudes auf dem Grundstück der Beklagten zu 1) geltend.

Die Klägerin ist Eigentümerin des im Jahr 1910 mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks R.straße in D. Die Beklagte zu 1) betreibt ihre Hauptgeschäftsstelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite, der F.Straße in D. und beabsichtigte dort ein neues Sparkassengebäude zu errichten. Sie beauftragte die Beklagte zu 2) mit den Abbrucharbeiten des alten Teils der Sparkasse.

Vor Beginn der Abrissarbeiten im März 2010 ließ die Beklagte zu 2) durch das Sachverständigenbüro G. eine Bauzustandsbesichtigung der straßenseitigen Fassade des Hauses der Klägerin durchführen, wobei an der straßenseitigen Fassade mehrere Risse, Abplatzungen und Kantenausbrüche festgestellt wurden.

Nach Beendigung der Abrissarbeiten wurde am 17.06.2010 durch das Sachverständigenbüro eine weitere Begutachtung des Hauses der Klägerin durchgeführt und Veränderungen dokumentiert. Der Zustand der straßenseitigen Fassade stellte sich für den Sachverständigen nahezu unverändert dar. An der rechten unteren Fensterbankkante des 2. Fensters von links im 1. OG war ein ca. 40 cm langer Riss im Außenputz hinzugekommen.

Am 09.09.2010 teilte die Klägerin der Beklagten zu 1) mit, dass es bei dem Abriss des Altbaus und dem Einbringen der Pfähle in den Untergrund durch starke Erschütterungen zu Rissen in ihrem und benachbarten Häusern gekommen sei. Etwa zwei Wochen später, am 22.09.2010, kam es zu einer weiteren Bauzustandsbesichtigung durch das Sachverständigenbüro G. Der Sachverständige beurteilte die vorhandenen und dokumentierten Rissbildungen als unverändert, nahm aber zwei weitere Punkte über neue Rissbildungen in seine Begutachtung auf. Nachdem die Beklagte zu 1) eine Aufstellung der Beschädigungen gefordert hatte, übersandte die Klägerin ihr am 04.10.2010 eine Übersicht der von ihr festgestellten Beschädigungen im Inneren des Hauses und im Außenbereich.

Im Dezember 2010 wurden hinter dem Grundstück der Klägerin an der W.straße sieben Einzelgaragen abgerissen.

Die Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 1), die P., erstattete der Klägerin im Dezember 2012 unter Bezugnahme auf ein Gutachten des Sachverständigen M. vom 02.04.2012 und ein Angebot des Malerbetriebes W. vom 27.09.2011 einen anteiligen Betrag von 5.202,50 €, der sich ausschließlich auf die Beseitigung von Rissen im Innenbereich des Hauses bezog.

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte zu 2) habe bei den mehrwöchigen Abbrucharbeiten schwerstes Gerät eingesetzt. Durch die Abbruch- und anschließenden Verdichtungsarbeiten mit schweren Rüttelplatten sei es zu Schwingungen und Vibrationen gekommen, die Schäden an ihrem Haus verursacht hätten. Die einzelnen Risse an der Fassade hat sie mit Schriftsatz vom 20.12.2012 beschrieben ( Bl.106 ff. d.A. ). Sämtliche – vor dem Abriss des Sparkassengebäudes nicht vorhandenen – Beschädigungen seien durch die Bauarbeiten der Beklagten zu 2) verursacht worden. Die Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 1) habe bei der Schadensberechnung nicht alle Risse berücksichtigt. Für die notwendigen Verpressungsarbeiten an der Außenfassade fielen Kosten in Höhe von 4.949,41 € an. Die Aufstellung eines Arbeits- und Schutzgerüstes sei mit Kosten in Höhe von 1.248,- € verbunden. Schließlich seien aus dem Angebot des Malermeisters W. noch Positionen in Höhe von 1.380,- € offen.

Der Abriss der sieben Garagen sei nicht mit den Abbrucharbeiten der Sparkasse zu vergleichen gewesen und habe keine Auswirkungen auf ihr Haus gehabt.

Die Beklagte zu 1) hat behauptet, durch die Abrissarbeiten der Beklagten zu 2) seien keine Risse an der Fassade des Gebäudes der Klägerin entstanden. Lediglich ein Riss im Kellergeschoss, der bei einer Ortsbesichtigung des Sachverständigen M. im Jahr 2010 festgestellt worden sei, könne auf die Abbrucharbeiten zurückzuführen sein. Aus diesem Grund sei nur eine anteilige Schadensregulierung durch die Versicherung erfolgt.

Die Beklagte zu 2) hat vorgetragen, bei den Abbrucharbeiten Bagger und Abbruchhämmer eingesetzt zu haben. Zudem seien Bohrpfahlarbeiten im Drehbohrverfahren durchgeführt worden. Der Abbruch sei mit Beißzangen erfolgt und habe keine Schwingungen erzeugt. Nach dem Einbringen von Schottermaterial für die Drainageschicht sei mit einer normalen Rüttelplatte gerüttelt worden. Bei diesen Arbeiten seien die Schwingungen auf der anderen Straßenseite normalerweise nicht spürbar.

Die den Kostenvoranschlägen der Klägerin zugrundeliegenden Risse seien schon vor den Abbrucharbeiten vorhanden gewesen. Die Vibrationen und Schwingungen, die bei Verwendung des Pressluftmeißels bei dem Abriss der Garagen entstanden und in den Räumen der Sparkasse zu spüren gewesen seien, seien geeignet gewesen, Schäden an dem Gebäude der Klägerin zu verursachen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Abriss der Garagen die von der Klägerin behaupteten Beschädigungen verursacht habe. Schließlich müsse berücksichtigt werden, dass sich das Haus der Klägerin – unstreitig – in einem ehemaligen Bergwerksgebiet befinde und der Untergrund ständigen Bewegungen ausgesetzt sei.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens. Mit dem angefochtenen Urteil hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass weder die Beklagte zu 1) noch die Beklagte zu 2) der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet seien. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB scheitere an einer schuldhaften Pflichtverletzung der Beklagten zu 1). Ein Anspruch aus § 831 BGB sei nicht gegeben, da Unternehmer und Handwerker keine Verrichtungsgehilfen des Bauherrn seien. Auch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB könne die Klägerin von der Beklagten zu 1) keinen Schadensersatz verlangen. Die Klägerin habe nicht bewiesen, dass die von den Bauarbeiten auf dem Grundstück der Beklagten zu 1) ausgehenden Einwirkungen ihr Eigentum beschädigt hätten. Nach der Beweisaufnahme stehe nicht mit dem erforderlichen Grad an Gewissheit fest, dass die von den Klägerin beanstandeten Risse in ihrem Haus kausal auf die auf dem Grundstück der Beklagten zu 1) durchgeführten Arbeiten zurückzuführen seien. Der Sachverständige F. habe dies nicht bestätigt. Es könne dahinstehen, ob ein Anscheinsbeweis eingreife. Ein solcher wäre jedenfalls erschüttert, da konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen anderer Schadensursachen vorhanden seien. Jedenfalls die Risse an den Seiten und der Rückseite des Gebäudes seien nach den Ausführungen des Sachverständigen auf andere Ursachen zurückzuführen. Daher könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch die Risse an der Vorderfront auf anderen, etwa witterungsbedingten Einwirkungen beruhten.

Ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 2) bestehe ebenfalls nicht. Für einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB fehle es an einem Verschulden. Zum Ausgleich nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB sei die Beklagte nicht verpflichtet, weil sie nicht “Benutzer” des benachbarten Grundstücks sei.

Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Sie rügt eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Landgerichts. Dieses habe verkannt, dass die Grundsätze des Anscheinsbeweises hätten zu Anwendung kommen müssen. Zwischen den durchgeführten Abrissarbeiten als möglicher Schadensverursacher und den Rissbildungen in ihrem Wohngebäude bestehe ein enger zeitlicher Zusammenhang. Für den Anscheinsbeweis spreche zudem, dass die Schäden die zur Zeit der Bauarbeiten im Inneren des Wohngebäudes entstanden seien, reguliert worden seien. Entscheidend sei jedoch das Fehlen von vernünftigen Anhaltspunkten für andere Ursachen.

Der Umstand, dass der Sachverständige H. aus Kostengründen nur eine straßenseitige Bauzustandsbesichtigung vorgenommen habe, könne nicht zu ihren Lasten ausgelegt werden.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Duisburg vom 11.03.2016 die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 7.577,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % – Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen; festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihr alle weiteren Schäden zu ersetzen, die darauf resultieren, dass die Beklagten am alten Sparkassengebäude im Jahr 2010 auf dem Grundstück F.Straße 31-37 in D. Abbrucharbeiten vorgenommen haben.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte zu 1) verteidigt das Urteil des Landgerichts und vertritt die Auffassung, dass die Grundsätze des Anscheinsbeweises nicht anwendbar seien. Es gäbe keinen allgemeinen Grundsatz, der besagen würde, dass Risse an Wohngebäuden zwingend durch Abbrucharbeiten in mehreren Metern Entfernung entstehen würden. Der Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises stünde entgegen, dass gerade kein enger räumlicher Zusammenhang zwischen den durchgeführten Abrissarbeiten und den Rissbildungen bestehe. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass an dem alten Gebäude der Klägerin schon vor den Abbrucharbeiten Risse dokumentiert worden seien. Nach den Gesamtumständen sei kein typischer Geschehensablauf gegeben. Für diese Frage sei unerheblich, ob die hinter ihr stehende Haftpflichtversicherung bereits eine anteilige Regulierung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht vorgenommen habe.

Die Beklagte zu 2) verteidigt ebenfalls das Urteil des Landgerichts und verweist auf die Ausführungen des Sachverständigen F.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg, denn sie hat nicht bewiesen, dass es bedingt durch die Abrissarbeiten der Beklagten zu 2) zu Rissbildungen an ihrem Haus gekommen ist. Die Klägerin war hierfür darlegungs- und beweispflichtig, da die Voraussetzungen des Anscheinsbeweises nicht begründet worden sind.

1.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1) kein Schadensersatzanspruch zu.

Nach der Berufungsbegründung der Klägerin ist davon auszugehen, dass sie sich nicht gegen die Verneinung der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 823 Abs. 1, 831 BGB durch das Landgericht wenden will, da sich ihr Berufungsvorbringen ausschließlich mit der Frage des Anscheinsbeweises im Rahmen des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB befasst.

Unabhängig davon hat das Landgericht Ansprüche aus §§ 823 Abs. 1, 831 BGB zu Recht verneint. Zwar hat der Bauherr, der auf seinem Grundstück Baumaßnahmen veranlasst, eine eigenverantwortliche Pflicht zu Überprüfung, ob von dem Bauvorhaben Gefahren ausgehen (KG Berlin, Urteil vom 18.10.2012, 22 U 226/09, juris Rd. 43). Jedoch genügt nach ständiger Rechtsprechung des BGH ein Grundstückseigentümer dieser Verpflichtung regelmäßig dadurch, dass er sorgfältig ausgewählte, fachkundige Architekten, Ingenieure und Bauunternehmen mit der Lösung der anfallenden bautechnischen Aufgaben und deren sachgemäßer Durchführung betraut (BGH, Urteil vom 04.07.1997, V ZR 48/96, WM 1997, 2262). Die sorgfältige Auswahl der mit der Planung und der Bauausführung befassten Fachleute reicht zur Entlastung des Bauherrn und Grundstückseigentümers nur dann nicht aus, wenn auch für ihn erkennbar eine erhöhte Gefahrenlage gegeben war oder wenn Anlass zu Zweifeln bestand, ob die eingesetzten Fachkräfte in ausreichendem Maß den Gefahren und Sicherheitserfordernissen Rechnung tragen würden ( BGH, Urteil vom 04.07.1997, aaO. ). Derartige Umstände hat die Klägerin nicht schlüssig vorgetragen.

Eine Haftung nach §§ 823, 831 BGB scheidet aus, da die Beklagte zu 2) keine Verrichtungsgehilfin der Beklagten zu 1) ist. § 831 BGB ist auf den selbständigen Bauunternehmer nicht anwendbar (Werner / Pastor, Der Bauprozess, 15. Auflage, Rd. 2627M KG Berlin, Urteil vom 18.10.2012, 22 U 226/09).

a)

Einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1) in Höhe von 7.577,41 € kann die Klägerin auch nicht auf § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB stützen.

Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB besteht nach der Rechtsprechung regelmäßig dann, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Nutzung Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die zwar rechtswidrig sind und deshalb nicht geduldet werden müssen, der betroffene Eigentümer jedoch aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gehindert ist, solche Störungen gemäß § 1004 Abs. 1 BGB zu unterbinden und die dadurch entstehenden Nachteile das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung überschreiten (BGH, Urteil vom 02.03.1984, V ZR 54/83, NJW 1984, 2207; OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.07.2012, 9 U 138/11, BauR 2012, 1979;). Der Ausgleichsanspruch ist nicht auf die Zuführung unabwägbarer Stoffe beschränkt, sondern hat auch andere Störungen, etwa die Entstehung von Rissen an Gebäuden zum Gegenstand.

Anspruchsberechtigt sind grundsätzlich nicht allein die unmittelbaren Grundstücksnachbarn, da § 906 BGB keine Beschränkungen auf das Nachbarverhältnis der Grundstückseigentümer vorsieht. Die als ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Beklagten zu 1) einzustufenden Bauarbeiten musste die Klägerin nach § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB dulden, da unterstellt werden kann, dass eine öffentlich-rechtliche Baugenehmigung für den Neubau der Sparkassenfiliale vorgelegen hat.

Die Klägerin war für die Entstehung der in ihrem Schriftsatz vom 20.12.2012 aufgeführten Risse an der Außenfassade ihres Hauses kausal bedingt durch die Abrissarbeiten der Beklagten zu 2) darlegungs- und beweispflichtig. Sie kann sich nicht mit Erfolg auf den Grundsatz des Beweises des ersten Anscheins berufen.

Der Anscheinsbeweis erlaubt bei typischen Geschehensabläufen den Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs oder eines schuldhaften Verhaltens ohne exakte Tatsachengrundlagen, sondern auf Grund von Erfahrungssätzen. Hierfür muss zunächst ein typischer Geschehensablauf feststehen, d.h. ein Sachverhalt, bei dem nach der Lebenserfahrung auf das Hervorrufen einer bestimmten Folge oder die Verursachung durch ein bestimmtes Verhalten geschlossen werden kann. Dieser Sachverhalt muss entweder unstreitig oder mit Vollbeweis bewiesen sein (Zöller-Greger, ZPO, 30. Auflage, Vor § 284 Rd. 29). Der behauptete Vorgang muss zu jenen gehören, die schon auf den ersten Blick nach einem durch Regelmäßigkeit, Üblichkeit und Häufigkeit geprägtem “Muster” (BGH, Urteil vom 03.07.1990, VI ZR 239/89, NJW 1991, 230) abzulaufen pflegen. Hierbei ist der Sachverhalt in seiner gesamten Breite, nicht etwa nur in einem typische Züge aufweisenden Sachverhaltskern zu betrachten. In der Bewertung des Geschehens als typisch sind also alle bekannten Umstände – sei es, dass der Kläger sie selbst vorträgt oder, dass sie unstreitig oder vom Gericht festgestellt sind – einzubeziehen; dies ist keine Frage der Entkräftung, sondern der Begründung des Anscheinsbeweises.

Allein die Wahrscheinlichkeit, dass Abrissarbeiten auf einem benachbarten Grundstück zu Erschütterungen führen, die wiederum Rissbildungen an benachbarten Grundstücken verursachen können, reicht unter Berücksichtigung der weiteren Umstände dieses Rechtsstreits nicht aus, einen Anscheinsbeweises zu begründen.

Unstreitig ist das Haus der Klägerin 100 Jahre alt und ist seit Jahren den täglichen Klima- und Umwelteinflüssen ausgesetzt. Die Fassade des Hauses befand sich schon vor den Abrissarbeiten in keinem einwandfreien Zustand, sondern wies bei der ersten Bauzustandsbesichtigung am 05.03.2010 an der straßenseitigen Fassade unterschiedlich lange ( 30 – 70 cm ) Risse, Abplatzungen und Kantenbrüche auf. Der Sachverständige F. hat in die alte Zeichnung der Straßenansicht des Hauses mit roten Ziffern die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 20.12.2012 vorgetragenen Risse eingezeichnet. Diese Risse waren fast alle schon in der Bilddokumentation des Sachverständigenbüros G. vom 05.03.2010 sichtbar. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass an den nicht in Augenschein genommen anderen Fassadenteilen des Hauses vor den Abrissarbeiten ebenfalls Risse vorhanden gewesen sind.

Hinzukommt, dass sich das Haus der Klägerin unstreitig in einem Bergwerksgebiet befindet, in dem Erdbewegungen stattfinden können, die Risse erzeugen können. Berücksichtigt werden muss weiterhin, dass es Ende des Jahres 2010 zu Abrissarbeiten von sieben Garagen auf der Rückseite des klägerischen Hauses gekommen ist. Da die in dem Schreiben der Klägerin vom 04.10.2010 beschriebenen Risse in Anzahl und Art nicht mit denen im Schriftsatz vom 20.12.2012 beschriebenen Risse korrespondieren, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Abrissarbeiten der Garagen ursächlich oder mitursächlich für die Risse geworden sind.

In dem Angebot des Malermeisters W. vom 27.09.2011 ist unter Position 3 von “alten” Rissen die Rede. Das Angebot der Firma K. vom 09.02.2012 weist als Schadensursache eine “Bodensenkung” aus, die auch durch den Bergbau hätte ausgelöst werden können. Schließlich ist der Sachverständige F. aufgrund seiner Prognoseberechnung zu dem Ergebnis gelangt, dass es aus technischer Sicht sehr unwahrscheinlich sei, dass die durch die Baumaßnahmen aufgetretenen Erschütterungen die Anhaltswerte der DIN 4150-3 überschritten hätten. Bei den Rissen im seitlichen und vor allem hinteren Bereich des Hauses sei ein auslösender Einfluss der aufgetretenen Erschütterungen als unwahrscheinlich anzusehen.

In der Gesamtschau dieser einzelnen Umstände reicht daher die bloße Wahrscheinlichkeit, dass Erschütterungen zu Rissbildungen führen können, nicht aus, die Voraussetzungen des Vorliegens eines Anscheinsbeweises zu begründen.

Die Darlegungs- und Beweislast verblieb in vollem Umfang bei der Klägerin.

Den Beweis, dass die von ihr im Schriftsatz vom 20.12.2012 dargelegten Risse ausschließlich auf die Abrissarbeiten der Beklagten zu 2 ) zurückzuführen sind, hat sie nicht geführt. Bei den folgenden Ausführungen wird nach Hausseiten differenziert:

Das Gutachten des Sachverständigen F. befasst sich unter den Punkten 7.7., 7.8. und 7.9. mit Rissen an der straßenseitigen Hausfassade.

Bei Punkt 7.7. dürfte es sich um die in der 2. Nachbegehung vom 23.09.2010 neu festgestellten Risse handeln. Hierzu hat der Sachverständige F. ausgeführt, dass zumindest der Riss Bild 33 schon bei der Bestandsdokumentation vom 05.03.3010 sichtbar gewesen sei ( dort Bild 7 ). Aufgrund der Symmetrie der beiden Risse ( 33, 34 ) müsse davon ausgegangen werden, dass der Riss 34 in ähnlicher Ausprägung auf der linken Seite bereits vorhanden gewesen sei und bei der Bestandsdokumentation, wie der Riss 33, lediglich übersehen worden sei. Aufgrund der Konstruktion und des vorgefundenen Rissverlaufs direkt unter den hoch belasteten Mittelpfetten sei zu vermuten, dass es sich um typische baukonstruktiv bedingte Risse handele. Ein alleiniger Zusammenhang zur Baumaßnahme sei aufgrund seiner Prognoseberechnung nicht herstellbar. Nach dieser Berechnung müsse davon ausgegangen werden, dass die durch die Baumaßnahme aufgetretenen Erschütterungen die Anhaltswerte der DIN 4150-3 nicht überschritten hätten.

Die Risse zu den Punkten 7.8. und 7.9. an der straßenseitigen Fassade konnte der Sachverständige ebenso wenig eindeutig auf die Abrissarbeiten zurückführen. Der mit Ziffer 37 bezeichnete Riss schien schon bei der Vorbesichtigung am 05.03.2010 vorhanden gewesen zu sein. Auch die verschmierte Fuge Ziffer 41 sei auf dem Foto 4 der Bestandsdokumentation erkennbar gewesen.

Die Punkte 7.1., 7.2., 7.3. und 7.4. betreffen die ersten 4 Risse, die im Schriftsatz der Klägerin vom 20.12.2012 genannt sind und die sich sämtlich auf der baustellenabgewandten Rückseite des Gebäudes befinden. Dieser Fassadenteil wurde vor den Bauarbeiten nicht in Augenschein genommen. Zu Punkt 7.1. hat der Sachverständige F. ausgeführt, dass die begründete Vermutung bestehe, dass es sich um typische baukonstruktive Risse handele. Ein alleiniger Zusammenhang zur Baumaßnahme sei nicht feststellbar. Diese These wird durch das Angebot W. gestützt. Dort ist nämlich hinsichtlich des aus zwei Ebenen bestehenden Balkons von “alten Rissen” die Rede.

Der Riss unter Punkt 7.2. sei im Jahr 2005, mithin lange vor den streitgegenständlichen Arbeiten, bereits einmal verschlossen worden und sei somit in den Grundzügen vorhanden gewesen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen F. sei dieser Riss lediglich verspachtelt und nicht fachgerecht saniert worden. Dass sich der Riss im Laufe der Zeit wieder öffnen würde, sei bei der gewählten “Sanierungsmethode” zu erwarten gewesen. Ein ursächlicher Zusammenhang mit den Abrissarbeiten sei nicht feststellbar.

Auch bezüglich der unter den Punkten 7.3. und 7.4. beschriebenen Mängel hat der Sachverständige ausgeführt, dass es sich um baukonstruktiv bedingte Risse handele. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass die Entfernung der Rückseite des Hauses zu der Baustelle etwa 30 Meter betrage. Die Risse unter denn Stützpfeilern könnten schon aufgrund ihrer Breite von über 1 mm nicht durch Erschütterungen verursacht worden sein.

Mit einem Riss an der von der Straßenseite aus gesehen rechten Hausfassade befasst sich Punkt 7.5. des Gutachtens ( Riss 30 ). Hier hat der Sachverständige festgestellt, dass aufgrund der Tatsache, dass sich der Riss unter dem Fenster fortsetze und vor der Baumaßnahme schon einmal verschlossen worden sei, die begründete Vermutung bestehe, dass ein Zusammenhang zu den Erschütterungen im Zuge der Baumaßnahmen nicht herstellbar sei.

An der Hauseingangsseite ( linke Hausfassade ) befinde sich der unter Punkt 7.6. beschriebene Riss. Die Rissseite betrage 1 mm und die Rissflanken seien stark erodiert und verschmutzt. Es handele sich um einen Mauerwerksbereich, der aufgrund seiner Lage als sehr rissanfällig bezeichnet werden müsse. Auch hier sei zu vermuten, dass es sich um typische baukonstruktiv bedingte Risse handele.

Die Punkte 7.10. und 7.11. beschreiben schließlich Risse im mittleren Keller. Die zu Punkt 7.10. von dem Sachverständigen festgestellte Hohllage des Putzes könne nicht durch Erschütterungen verursacht worden sein. Hierfür müssten andere Gründe verantwortlich sein, die nicht im Zusammenhang mit der Baumaßnahme stünden. Allein ursächlich für den Riss sei die Hohllage.

Zu Punkt 7.11. hat der Sachverständige ausgeführt, dass anhand der Putzstruktur deutlich zu erkennen gewesen sei, dass dieser Riss schon mindestens einmal provisorisch verschlossen worden sei und sich danach wieder geöffnet habe. Der Putz im oberen Bereich liege hohl. Zwar könne nicht ausgeschlossen werden, dass dieser Riss sich im Zuge der Baumaßnahmen wieder geöffnet habe, aber eine zur Risssanierung erforderliche Rissaufweitung habe wohl nicht stattgefunden.

Zusammenfassend konnte der Sachverständige nicht feststellen, dass ein alleiniger Zusammenhang zwischen den durch die Abrissarbeiten der Beklagten zu 2) entstandenen Erschütterungen und den Rissbildungen geben ist. Allein die Vermutung einer Mitursächlichkeit der Erschütterungen für die Entstehung einzelnen Risse an der straßenseitigen Vorderfront reicht nicht aus, eine kausale Rissbildung konkret zu beweisen. Diese Feststellungen sind zudem nicht für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO geeignet. Die Klägerin hat einen kausalen Schadenseintritt nicht bewiesen und kann von der Beklagten zu 1) keinen Schadenersatz verlangen.

b)

Aus diesem Grund kann auch der Feststellungsantrag keinen Erfolg haben.

2.

Hinsichtlich der Beklagten zu 2) sind die Voraussetzungen für eine deliktische Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB ebenfalls nicht erfüllt. Die Klägerin hat eine schuldhafte Eigentumsverletzung durch die Beklagte zu 2) nicht schlüssig dargelegt.

Ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs.2 Satz 2 BGB besteht – unabhängig von dem Beweisergebnis – gegenüber dem Bauunternehmer nicht. Der Bauunternehmer, der Arbeiten für einen anderen Bauherrn auf einem benachbarten Grundstück ausführt, wird dadurch nicht zu dem Benutzer des Nachbargrundstücks, der dem Eigentümer nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zum Ausgleich verpflichtet ist ( BGH, Urteil vom 16.07.2010, V ZR 217/09, NJW Spezial 2010, 588 ).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr.10, 711, 713 ZPO. Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO, die es gebieten, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 11.077,41 €

Mein Hausbau – Schwerpunkt Nachbarrecht (8)

Mein Hausbau - Schwerpunkt Nachbarrecht (8)

LG Duisburg – Az.: 3 O 381/15 – Urteil vom 17.10.2016: Videoaufnahmen des gegen Grillrauch protestierenden Nachbarn zulässig?

1. Der Beklagte zu 1. wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, es zu unterlassen, Videoaufnahmen oder sonstige Bildnisse von dem Kläger zu 1. anzufertigen.

2. Der Beklagte zu 1. wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, es zu unterlassen, Videoaufnahmen oder sonstige Bildnisse von der Klägerin zu 2. anzufertigen.

3. Der Beklagte zu 1. wird verurteilt, die zwei am 18.05.2014 angefertigten Videos, welche den Kläger auf dem Garagendach zeigen, und etwaige vorhandene digitale Kopien zu löschen, und dem Kläger zu 1. vor der Löschung diese beiden Videos in digitaler Kopie zur Verfügung zu stellen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Gerichtskosten tragen der Kläger zu 1. zu 38 %, die Klägerin zu 2. zu 44 % und der Beklagte zu 1. zu 18 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1. trägt der Beklagte zu 1. 23%. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2. trägt der Beklagte zu 1. 12%. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. tragen der Kläger zu 1. 26% und die Klägerin zu 2. 38%. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. tragen der Kläger zu 1. zu 50% und die Klägerin zu 2. zu 50%. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Hinsichtlich des Tenors zu 1.-3. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 2.000 €. Wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit und die Folgen der Anfertigung angeblicher Videoaufnahmen.

Die Parteien sind Nachbarn. Die Kläger sind Mieter einer Wohnung im L-Weg …, die Beklagten sind Eigentümer des Hauses L-Weg … in E. In der Zeit von August 2013 bis Juni 2015 waren am Haus der Beklagten zwei Geräte angebracht, welche das äußerliche Erscheinungsbild sogenannter “Dome-Kameras” hatten, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob es sich hierbei um funktionsfähige Überwachungskameras handelte, oder um bloße Kameraattrappen.

Am 18.05.2014 fühlte sich der Kläger zu 1. von den Beklagten gestört, welche auf ihrem Grundstück grillten. Er kletterte daraufhin von seinem Balkon auf das Dach, der unter dem Balkon liegenden Garage, welche zu dem von den Klägern bewohnten Haus gehört. Auf diesem Vordach stehend, wedelte der Kläger zu 1. mit seinem T-Shirt, welches er zuvor ausgezogen hatte, nach seiner Behauptung vorhandenen, Rauch davon. Anschließend kletterte er zurück auf seinen Balkon. Diesen Vorgang hielt der Beklagte zu 1. in zwei Videos, welche er mittels seines Handys filmte, fest.

Dieses Video zeigte der Beklagte zu 1. wenige Tage später dem, ebenfalls in dem Haus L-Weg … wohnenden, E2.

Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts E vom 05.03.2015, Az. 34 C 47/14 wurden die Beklagten verurteilt, die vorgenannten Geräte zu entfernen. Das Amtsgericht hat seine Entscheidung mit dem von diesen Geräten ausgehenden Überwachungsdruck begründet, der auch dann von diesen Ausgehe, wenn es sich lediglich um Kameraattrappen handele. Die Frage, ob es sich um funktionsfähige Kameras handelte, hat es hierbei ausdrücklich offengelassen.

Mit Anwaltsschreiben vom 09.10.2015 machten die Beklagten Auskunftsansprüche gegen die Beklagten geltend, und forderten diese zur Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung auf. Diese Aufforderung ließen die Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 16.11.2015 zurückweisen.

Die Kläger behaupten, es handle sich bei den angebrachten Geräten um funktionsfähige Überwachungskameras, mittels derer die Beklagten Videoaufnahmen von ihnen (den Klägern) angefertigt hätten.

Die Kläger haben ursprünglich beantragt wie folgt zu erkennen:

1. Die Beklagten werden verurteilt, den Klägern Auskunft darüber zu erteilen, ob, wie oft und wie lange sie die Kläger gefilmt haben und in welchen Situationen dies geschehen ist. Ferner werden sie verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, ob sie Videos über die Kläger gefilmt haben und in welchen Situationen dies geschehen ist. Ferner werden sie verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, ob sie Videos über die Kläger gespeichert haben, wem sie etwaige Videos über die Kläger vorgeführt oder zugänglich gemacht haben und ob sie Videos über die Kläger an Dritte weitergegeben haben.

2. Die Beklagten werden verurteilt, die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides statt zu versichern.

3. Die Beklagten werden verurteilt, etwaige Videos über die Kläger an die Kläger herauszugeben und bei sich zu löschen.

4. Die Beklagten werden verurteilt, einen noch näher zu beziffernden Schadensersatz an die Kläger zu zahlen.

5. Die Beklagten werden verurteilt, den Klägern vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 179,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

Mit Schriftsatz vom 26.07.2016 haben sie ihre Klage erweitert und beantragen nunmehr wie folgt zu erkennen:

1. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, es zu unterlassen, Videoaufnahmen oder sonstige Bildnisse von den Klägern anzufertigen.

2. Die Beklagten werden verurteilt, den Klägern Auskunft darüber zu erteilen, ob, wie oft und wie lange sie die Kläger gefilmt haben und in welchen Situationen dies geschehen ist. Ferner werden sie verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, ob sie Videos über die Kläger gefilmt haben und in welchen Situationen dies geschehen ist. Ferner werden sie verurteilt, Auskunft darüber zu erteilen, ob sie Videos über die Kläger gespeichert haben, wem sie etwaige Videos über die Kläger vorgeführt oder zugänglich gemacht haben und ob sie Videos über die Kläger an Dritte weitergegeben haben.

3. Die Beklagten werden verurteilt, die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides statt zu versichern.

4. Die Beklagten werden verurteilt, etwaige Videos über die Kläger an die Kläger herauszugeben und bei sich zu löschen.

5. Die Beklagten werden verurteilt, einen noch näher zu beziffernden Schadensersatz an die Kläger zu zahlen.

6. Die Beklagten werden verurteilt, den Klägern vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 179,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, es handle sich bei den in Rede stehenden Geräten lediglich um Kameraattrappen, welche der Abschreckung von Einbrechern dienten. Videoaufnahmen könnten mit diesen nicht hergestellt werden. Im Übrigen hätten die Kläger erst nach einem Jahr Einwände gegen die Kameras erhoben.

Die am 18.05.2014 entstandenen Videoaufnahmen rechtfertigten sich dadurch, dass der Kläger zu 1. eine drohende Haltung gegenüber den Beklagten eingenommen habe. Die Beklagten seien hierdurch lediglich “zum Gegenangriff” übergegangen. Bei dem Sprung des Klägers zu 1. auf das Garagendach, habe es sich um strafrechtlich relevantes Verhalten gehandelt, welches die Beklagten daher rechtmäßig hätten dokumentieren dürfen. Der Kläger zu 1. habe in die Aufnahmen eingewilligt, da er in der streitgegenständlichen Situation die Aussage: “Ja – machen se ruhig Fotos, hab auch schon jede Menge gemacht” getätigt habe.

Die Beklagten sind der Ansicht, die Aufnahmen beträfen lediglich die Sozialsphäre des Klägers zu 1., welcher sich durch sein Verhalten selbst in der gefilmten Situation exponiert habe, weshalb ein etwaiger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers jedenfalls nicht als rechtswidrig anzusehen sei.

Das Gericht hat die Parteien im Termin vom 26.09.2016 angehört und Beweis durch Inaugenscheinnahme der durch die Beklagten vorgelegten Kameraattrappen und der beiden streitgegenständlichen Videos erhoben. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage des Klägers zu 1. ist teilweise begründet. Die Klage der Klägerin zu 2. ist nur in geringem Umfang begründet.

Klage des Klägers zu 1. gegen den Beklagten zu 1.:

Die zulässige Klage des Klägers zu 1. gegen den Beklagten zu 1. ist nur teilweise begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.

Soweit die Klage auf angeblich mittels sogenannter “Dome-Kameras” gemachte Aufnahmen gestützt wird, existieren solche nicht. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest.

Das Gericht hat mit den Parteien die von der Beklagtenseite vorgelegten Kameras in Augenschein genommen. Hierbei ist eindeutig klar geworden, dass es sich hierbei um bloße Kameraattrappen handelte, wie sie zur Abschreckung von Einbrechern vielfach eingesetzt werden. Die Kläger hatten umfänglich die Möglichkeit, sich davon zu überzeugen, dass mittels dieser Geräte, auf deren Rückseite sich allein ein Batteriefach zum Betrieb der roten Leuchtdiode, welche den Anschein der Echtheit der Attrappen unterstützen soll, keine Aufnahmen angefertigt werden können.

Zweifel daran, dass es sich bei den Attrappen um diejenigen Geräte handelt, welche die Beklagten an ihrem Haus installiert hatten, bevor sie durch das Amtsgericht E verurteil wurden, diese zu entfernen, hat das Gericht nicht. Die Attrappen wiesen eindeutige Gebrauchsspuren und Verwitterungen auf. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten den Aufwand betrieben hätten, sich derartige Kameras zu besorgen, um diese zur Täuschung des Gerichts im Termin vorlegen zu können, sind nicht ersichtlich. Der Kläger zu 1. hat nach Inaugenscheinnahme der Attrappen eingeräumt, dass es sich wohl um diejenigen Geräte handle, welche am Haus der Beklagten montiert waren. Sofern er Zweifel daran geäußert hat, ob diese über den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum dort gehangen hätten, da er das rote Blinklicht eine gewisse Zeit lang nicht wahrgenommen habe, hat der Beklagte zu 1. überzeugend erläutert, dass zwischenzeitlich die Batterien entladen gewesen seien. Umstände, welche geeignet wären, in Zweifel zu ziehen, dass es sich nicht durchgängig um Attrappen gehandelt hat, sind durch die darlegungsbelasteten Kläger nicht substantiiert vorgetragen worden. Der durch die Beklagten Angebotene Gegenbeweis, in Form der Vernehmung des Zeugen C, war daher nicht zu erheben.

Aus den oben genannten Gründen, kann sich der Kläger zu 1. nicht auf eine Persönlichkeitsrechtsrechtsverletzung durch Aufnahmen berufen, die mittels angeblicher “Dome-Kameras” angefertigt worden sein sollen.

Da der Kläger zu 1. seine Klage darüber hinaus lediglich auf die zwei unstreitig existenten Videoaufnahmen vom 18.05.2014 stützt, wird die Begründetheit der Klageanträge 1.-6. nur unter diesem Gesichtspunkt erörtert.

A. Klageantrag zu 1.:

Nach dieser Maßgabe hat der Kläger zu 1. mit dem Klageantrag zu 1. Erfolg. Insoweit steht ihm ein (vorbeugender) Unterlassungsanspruch gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 (analog) zu. Der Kläger konnte sich hierbei nicht auf die spezielleren Vorschriften des KUG berufen, da dessen § 22 die bloße Anfertigung von Bildaufnahmen nicht umfasst (BGH, Urteil vom 25. April 1995 – VI ZR 272/94 -, juris, Rn. 15). Gleiches gilt im Hinblick darauf, dass das Video dem Nachbarn E2 gezeigt wurde. Hierin ist weder ein öffentliches zur Schau stellen, noch eine (körperliche) Verbreitung zu sehen.

Der Beklagte zu 1. hat durch die Anfertigung der Videoaufnahmen rechtswidrig in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers zu 1. eingegriffen. Hiernach besteht die Vermutung, dass dem Kläger eine weitere Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechtes durch den Beklagten zu 1. droht, der diese Vermutung nicht widerlegt hat.

1.

Der Beklagte zu 1. hat, durch die Anfertigung der im Termin vom 26.09.2016 in Augenschein genommenen Videos, das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt.

a)

Die Anfertigung von Videoaufnahmen als solches, berührt grundsätzlich das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen (Vgl. nur Schricker, Urheberrecht, 2. Aufl., § 22 KUG/§ 60 Rn. 11, Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 22 KUG Rn. 13). Da es sich bei dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht jedoch um ein sogenanntes Rahmenrecht handelt, erkennt die h.M., und so auch das erkennende Gericht, keinen allgemeinen, grenzenlosen Schutz vor jeglicher Form von Bildaufnahmen an. Die Frage, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht in rechtswidriger Weise verletzt ist, ist vielmehr im Rahmen einer Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange zu bestimmen, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt.

Nach der Rechtsprechung des BGH kann auch die Herstellung von Bildnissen einer Person, insbesondere die Filmaufzeichnung mittels Videogerät, in der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen und ohne Verbreitungsabsicht einen unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstellen. Ob und in welchem Umfang bereits die Fertigung derartiger Bilder rechtswidrig und unzulässig ist oder aber vom Betroffenen hinzunehmen ist, kann nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und durch Vornahme einer unter Berücksichtigung aller rechtlich, insbesondere auch verfassungsrechtlich geschützten Positionen der Beteiligten durchgeführten Güter- und Interessenabwägung ermittelt werden (BGH, Urteil vom 25. April 1995 – VI ZR 272/94 -, juris, Rn. 15).

b)

Für den Kläger zu 1. stellt sich die Videoaufnahme als Eingriff in seine Sozialsphäre dar. Dieser hat sich jedenfalls durch das Verlassen seines Balkones aus seiner Privatsphäre heraus begeben, um mit dem Beklagten zu 1. in einen kommunikativen Kontakt, über das ihm unliebsame Grillen zu treten.

Die Videos, welche das Gericht gemeinsam mit den Parteien in Augenschein genommen hat, zeigen den Kläger zu 1. mit freiem Oberkörper auf dem Dach, der zu seinem Grundstück gehörenden Garage. Dieser schwenkt dort stehend sein T-Shirt in der Luft, um angeblich von dem Beklagtengrundstück ausgehende Rauchimmissionen zu vertreiben. Hierbei bezeichnet er die Beklagten als “Muppetshow”, um anschließend wieder seinen Balkon zu erklettern. Hierbei hört man die von ihm ausgesprochenen Worte: “Machen Sie ruhig Fotos, ich habe von ihnen auch schon welche gemacht.”

Nach dem Eindruck, welchen das Gericht im Rahmen der informatorischen Anhörung von dem Kläger zu 1. gewinnen konnte, ist diesem die Existenz dieser Videos in hohem Maße peinlich und unangenehm. Das Gericht hält nach Inaugenscheinnahme des Videos für absolut verständlich, dass der Kläger sich durch diese Videos lächerlich gemacht fühlt. Der Kläger wird dort in exponierter Stellung, mit freiem Oberkörper, abgebildet. Er ist nicht etwa zufällig Teil der streitgegenständlichen Aufnahmen geworden, sondern gewissermaßen deren Protagonist.

Durch die Anfertigung der Videoaufnahme seitens des Beklagten zu 1., hat der Kläger zu 1. jegliche Verfügungsmacht über die Darstellung seiner eigenen Person verloren. Der Beklagte zu 1. hat sich auf diese Weise in eine Position gebracht, in welcher er frei über die angefertigte, den Kläger lächerlich machende, bildliche Darstellung verfügen, und diese nunmehr selbst oder mit anderen, jederzeit betrachten und potentiell verbreiten kann.

c)

Wägt man hiergegen das Interesse des Beklagten zu 1. an der Anfertigung dieser Videoaufnahmen ab, führt dies nach Ansicht des erkennenden Gerichts zur Annahme einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers zu 1. Hierbei hat das Gericht berücksichtigt, dass an die Rechtfertigung eines möglichen Eingriffs keine hohen Anforderungen zu stellen sind, wenn lediglich die Sozialsphäre des Abgebildeten betroffen ist.

Der Beklagte zu 1. sah sich, nach eigenen Angaben, durch das Verhalten des Klägers zu 1., zu einer Gegenreaktion in Form der Anfertigung der Videoaufnahmen herausgefordert. Ihm ist zuzugeben, dass er sich mit dem oben beschriebenen Verhalten des Klägers zu 1. konfrontiert sah, welches nur als ungewöhnlich bezeichnet werden kann. Fraglos ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 1. sich bewusst entscheiden hat, gegenüber den Beklagten das beschriebene Verhalten an den Tag zu legen. Er hatte also gewissermaßen in der Hand, ob überhaupt die Möglichkeit bestand, ihn in der gegenständlichen exponierten Haltung abzulichten, oder nicht. Diese Umstände konnten sich zu Gunsten des Beklagten zu 1. jedoch nur dann niederschlagen, wenn dieser überhaupt ein schützenswertes Interesse an der Anfertigung der Aufnahmen gehabt hätte.

Ein schützenswertes Interesse des Beklagten zu 1. kann jedoch gerade nicht festgestellt werden. So mag es zwar nachvollziehbar erscheinen, dass der Beklagte zu 1. sich auf Grund des Verhaltens des Klägers zu 1., welches man als sozial inadäquat bezeichnen mag, zu einer Gegenreaktion herausgefordert fühlte. Diese hätte jedoch vernünftiger Weise anders ausfallen müssen und können. So hat eine verbale Kommunikation zwischen den Parteien in der streitgegenständlichen Situation offenbar nicht stattgefunden. Der Beklagte zu 1. hätte, sofern er sich durch das Verhalten des Klägers zu 1. gestört fühlte, darum bitten können, dass er dieses unterlässt. Ein solch vernünftiges Verhalten, auch im Rahmen des offenbar bereits seit längerem zwischen den Parteien schwelenden Nachbarschaftsstreit, an den Tag zu legen, war ihm hier ohne weiteres zuzumuten. Das beschriebene Verhalten des Klägers dauerte allenfalls wenige Minuten an. Das Vorhaben den Kläger hierbei gegebenenfalls zu filmen, hat der Beklagte zu 1. diesem, nach den unbestrittenen Ausführungen des Klägers zu 1. im Rahmen seiner informatorischen Anhörung, nicht angekündigt. Der Kläger zu 1. ging vielmehr zunächst davon aus, er werde möglicherweise fotografiert. Konnte sich in seiner Lage jedoch auch hiergegen nicht zur Wehr setzen.

Soweit die Beklagten das Anfertigen der Aufnahmen mit einer angeblichen Einwilligung des Klägers zu 1. zu rechtfertigen versuchen, greift dieser Einwand nicht durch. Der Kläger hat zwar unstreitig geäußert, der Beklagte zu 1. möge ihn “ruhig fotografieren”. Eine Einwilligung in die Fertigung eines Videoclips ist damit allerdings bereits inhaltlich nicht erklärt. Der Kläger zu 1. hat in seiner informatorischen Anhörung überdies überzeugend geäußert, er habe diese Äußerung lediglich getätigt, da er wütend gewesen sei. Auch dem Video ist zu entnehmen, dass diese Äußerung seitens des Klägers zu 1. offenbar “im Eifer des Gefechts” getätigt wurde, sodass erhebliche Zweifel an deren Ernsthaftigkeit bestehen, was dem Beklagten ohne weiteres erkennbar war. Dass der Kläger zu 1. die Aufnahmen damit nachträglich genehmigen wollte, denn zu Beginn der Aufnahmen lag unstreitig keine Einwilligung vor, sieht das Gericht damit nicht als erwiesen an. Beweis haben die Beklagten hierzu, abgesehen von der durchgeführten Inaugenscheinnahme der Videos, nicht angetreten.

Das Verhalten des Klägers hatte, auf Grund seiner kurzen zeitlichen Dauer, auch noch keine Beeinträchtigung der Rechtsgüter der Beklagten in einem Ausmaß erreicht, dass diese gewissermaßen in Form der Notwehr oder Selbsthilfe zum “Gegenangriff” in der beschriebenen Form übergehen durften. Ungeachtet der Frage der Geeignetheit der Anfertigung solcher Aufnahmen, zur Abwehr der in Rede stehenden Beeinträchtigung, hätten hier mildere Mittel zur Verfügung gestanden. Die von dem Beklagten zu 1. beschriebene Bedrohungslage, konnte das Gericht auf dem Video nicht erkennen.

Auch der Einwand, die Aufnahmen seien zum Zwecke der Beweissicherung erforderlich gewesen, überzeugt nicht. Ein strafrechtlich relevantes Verhalten des Klägers ist bereits nicht dargetan. Das Gericht konnte nicht erkennen, dass der Kläger zu 1. ein Verhalten an den Tag gelegt hätte, welches geeignet gewesen sein könnte, die Integrität des Garagendaches zu beeinträchtigen. Ein Hausfriedensbruch kann in dem Besteigen des Garagendaches auch nicht ohne weiteres gesehen werden, da diese noch zu dem Grundstück gehört, auf welchem sich das von den Klägern bewohnte Haus befindet. Sofern sich im Termin herausgestellt hat, dass der Kläger zu 1. die Beklagten als “Muppetshow” bezeichnet hat, erreicht dies auch nicht das Maß einer Beleidigung i.S.d. § 185 StGB. Der Beklagte zu 1. hat sich hiervon offenbar auch nicht derart beleidigt gefühlt, dass er sich gehalten sah, den nötigen Strafantrag zu stellen. Dies ist jedenfalls nicht vorgetragen.

Hat der Kläger aus den vorstehenden Gründen jedoch kein schützenswertes Interesse an der Anfertigung der Aufnahmen, wird der Kläger durch die Fertigung der Aufnahmen, welche seine Sozialsphäre berühren, zweifelsohne in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Das Filmen der eigenen Person, ohne schützenswertes Eigeninteresse des Filmenden, braucht dieser nicht zu dulden. Aus denselben Gründen stellt sich dieser Eingriff auch als rechtswidrig dar.

2.

Der Beklagte zu 1. ist als derjenige, welcher die Videos angefertigt hat, Handlungsstörer und damit Anspruchsgegner des Klägers zu 1.

3.

Die gem. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB erforderliche Wiederholungsgefahr, ist durch die unter 1. festgestellte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers zu 1. vermutet. Diese Vermutung hat der Beklagte nicht widerlegt. Zwar ist ihm zugute zu halten, dass er sich im Hinblick auf die Dome-Kameras einsichtig gezeigt, und das Urteil des Amtsgerichts E offenbar bereitwillig umgesetzt hat. Hieraus ergibt sich jedoch keine hinreichende Gewissheit, dass er in Zukunft davon absehen wird, erneut Abwehrreaktionen, in dem offenbar (nach dem Eindruck der mündlichen Verhandlung) nach wie vor schwelenden Nachbarschaftsstreit, zu ergreifen. Zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung hat er sich jedenfalls bereits vorgerichtlich nicht bereitgefunden. Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagtenseite nach wie vor die Auffassung vertreten, es liege durch die Anfertigung solcher Aufnahmen bereits keine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers vor (zu den Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung: Staudinger/Gursky, § 1004 BGB Rn. 220).

B. Klageantrag zu 2.:

Die Klage ist mit dem Klageantrag zu 2. unbegründet. Der Kläger zu 1. hat einen Auskunftsanspruch lediglich betreffend den Umgang mit den Videos vom 15.08.2014. Dieser Anspruch ist indes durch Erfüllung erloschen.

Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) hat derjenige, der gegen einen anderen materiell-rechtliche Leistungsansprüche hat, einen Anspruch auf Auskunft, solange der Anspruchsteller in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seiner Rechte im Ungewissen ist, während der Verletzer die geforderte Auskunft unschwer erteilen kann (Vgl. Wandtke/Bullinger § 22 KUG Rn. 39). So liegt die Sache hier. Der Kläger zu 1. ist durch die Videoaufnahme in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Das Wissen, wie der Beklagte zu 1. mit der angefertigten Aufnahme umgegangen ist, ist der Kenntnis des Klägers zu 1. jedoch naturgemäß entzogen.

Dieser Anspruch auf Auskunft über Art und Ausmaß der Rechtsverletzung ist jedoch gem. § 362 Abs. 1 BGB erloschen. Der Beklagte zu 1. hat, bereits vorgerichtlich schriftlich und im Termin ergänzend mündlich, Auskunft über den Umgang mit den Videoaufnahmen erteilt. Es ist unstreitig, dass dieser die Inhaberschaft über das Video ausübt und dieses dem Zeugen E2 gezeigt hat. An der Richtigkeit der weiteren Auskunft, es existierten keine Videos, die mit etwaigen Überwachungskameras angefertigt worden seien, und die Videos vom 18.05.2014 seien auch sonst nicht weiter verbreitet worden, bestehen nach dem Stand der Sache keine Zweifel. Umstände, die eine Unvollständigkeit der Auskunft begründen könnte, sind von der Klägerseite nicht dargetan.

C. Klageantrag zu 3.:

Die Klage ist mit dem Klageantrag zu 3. Unbegründet. Der Kläger zu 1. hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte zu 1. die getätigten Auskünfte an Eides statt versichert.

Nach dem Rechtsgedanken der §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB besteht ein Anspruch auf eidesstattliche Versicherung der erteilten Auskunft nur dann, wenn Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der getätigten Auskunft bestehen. Solche Zweifel sind von der Klägerseite nicht dargetan. Insbesondere ist allein der Umstand, dass der Beklagte zu 1. die Videos dem Zeugen E2 vorgeführt hat, kein hinreichendes Indiz, welches zu der Annahme führen müsste, der Beklagte zu 1. habe das Video noch anderweit umher gezeigt oder gar verbreitet. Er hat dies vielmehr plausibel damit begründet, dass er annahm der Zeuge E2 hätte ein Interesse daran zu erfahren, dass der Kläger zu 1. dessen Garagendach bestiegen hat.

D. Klageantrag zu 4.:

Die Klage ist mit dem Klageantrag zu 4., beschränkt auf die beiden streitgegenständlichen Videos, begründet. Der Antrag auf Löschung bestimmter Videos, ist als Minus in dem allgemeinen Antrag auf Löschung sämtlicher vorhandener Videos enthalten (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2015 – VI ZR 271/14 -, juris Rn. 17), sodass das Gericht den Löschungsantrag in dem erkannten Umfang zusprechen durfte.

Der Anspruch auf Löschung der Videos folgt aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB.

Zu den Anspruchsvoraussetzungen wird auf die Ausführungen zum Klageantrag zu 1. verwiesen. Dadurch, dass der Beklagte zu 1. Inhaber des Videos ist, wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beklagten fortdauernd beeinträchtigt. Die Interessenabwägung fällt hier umso deutlicher aus, als dass der Beklagte zu 1. in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage eingeräumt hat, dass er an der weiteren Innehabung der Videos keinerlei Interesse habe. Sofern er dies nachträglich dahin eingeschränkt hat, dass er zur Löschung deshalb nicht bereit sei, weil er hiermit belegen wolle, dass der Kläger auch von ihm Aufnahmen angefertigt habe, bewegt auch er sich allein im Bereich der Mutmaßungen. Hinsichtlich der Äußerung des Klägers, der Beklagte solle ihn ruhig fotografieren, er (der Kläger zu 1.) habe auch schon Fotos von den Beklagten gemacht, gilt das oben zur Frage der Einwilligung ausgeführte. Diese Äußerung hat der Kläger zu 1. ersichtlich in erster Linie getätigt, um den Beklagten zu 1. zu diskreditieren und zu provozieren. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass solche Aufnahmen tatsächlich bestehen, sind nicht vorgetragen.

Sofern sich der Antrag auf Herausgabe richtet, war er dahingehend auszulegen, dass der Kläger Zugriff auf eine digitale Kopie der angefertigten Videos verlangt. Es ist allgemein anerkannt, dass der Beseitigungsanspruch sich nach Anfertigung körperlich greifbarer Film- und Fotoaufnahmen, sich sowohl auf die Vernichtung, als auch auf die Herausgabe des jeweiligen Materials, bspw. der Negative, erstreckt (Wandtke/Bullinger § 22 KUG Rn. 38). Nichts anderes kann für lediglich digital vorhandene Inhalte gelten. Der Kläger hat daher auch Anspruch darauf, dass ihm eine digitale Kopie der beiden Videos zur Verfügung gestellt wird. Da dieser jedoch keinen Anspruch auf Herausgabe eines im Eigentum der Beklagten bestehenden Speichermediums hat, war im Tenor offen zu lassen, wie der Beklagte zu 1. dieser Herausgabepflicht nachkommt. Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, wonach der Schuldner des Beseitigungsanspruchs zu entscheiden hat, wie er diesen konkret erfüllen will (Staudinger/Gursky § 1004, Rn. 236).

E. Klageantrag zu 5.:

Der Klageantrag zu 5. unterliegt, auch wenn dieser als Stufenklage nach § 254 ZPO zu verstehen war, bereits jetzt der Abweisung. Denn nach der Inaugenscheinnahme der Videos steht fest, dass dem Kläger zu 1. ein Anspruch auf Geldentschädigung gem. § 823 Abs. 1 BGB nicht zustehen kann.

Denn nach ständiger Rechtsprechung begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf Geldentschädigung nur dann, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, bestimmt sich nach den gesamten Umständen des Einzelfalls. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob ein etwaiger zugesprochener Unterlassungsanspruch den erfolgten Eingriff nicht bereits hinreichend kompensiert (Vgl. nur BGH, Urt. V. 24.05.2016, – VI ZR 496/15 – m.w.N.).

So liegt der vorliegende Fall. Der Kläger zu 1. hat den Beklagten zu 1. im hiesigen Rechtsstreit erfolgreich auf Unterlassung und Löschung in Anspruch genommen. Eine darüber hinausgehende Geldentschädigung kommt unter den zu berücksichtigenden Umständen des vorliegenden Falles nicht in Betracht.

Soweit die zu dem Klageantrag zu 1. gemachten Ausführungen dahingehend, dass der Kläger zu 1. erheblichen Eigenanteil daran hatte, dass es zu den vorliegenden Videoaufnahmen gekommen ist, nicht geeignet waren, den Vorwurf einer rechtswidrigen Persönlichkeitsrechtsverletzung auszuräumen, mussten diese für die Frage der Geldentschädigung Berücksichtigung finden. Der Kläger hat sich den Beklagten gegenüber in einer Art und Weise verhalten, in der er damit rechnen musste, hierdurch irgendeine Form der Gegenreaktion auszulösen. Er hat sich in einer, zwar nicht drohenden, jedoch eindeutig provozierenden Haltung, auf das Garagendach gestellt und die Beklagten als “Muppetshow” bezeichnet. Eine adäquate Art, die nachbarschaftlichen Spannungen in angemessener Art aufzulösen, stellt das Verhalten des Klägers zu 1., ungeachtet der Intensität der vom Grill der Beklagten ausgehenden Immissionen, nicht dar. Sofern das Verhalten des Klägers diesem heute peinlich ist, wäre es an ihm gewesen, sich nicht in der beschriebenen Form aufzuführen. Anhaltspunkte für eine Weitergabe oder Verbreitung des Videos i.S.d. KUG sind nicht ersichtlich. Das Video wurde lediglich dem Nachbarn … aus den bereits erörterten Gründen vorgeführt. Von einer besonders schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung, welche eine Geldentschädigung begründen könnte, kann daher nicht die Rede sein.

F. Klageantrag zu 6.:

Ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten besteht nicht. Der Klägervertreter hat diesen Anspruch allein auf die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs und die Anforderung einer diesbezüglichen eidesstattlichen Versicherung im Hinblick auf die “Dome-Kameras” gestützt. Ein solcher Anspruch bestand jedoch nicht. Die Beklagten hatten sich von Anfang an darauf berufen, dass es sich bei den “Dome-Kameras” lediglich um Attrappen handle.

Klage der Klägerin zu 2. gegen den Beklagten zu 1.:

Die zulässige Klage der Klägerin zu 2. ist nur zu einem geringen Teil begründet.

A. Klageantrag zu 1.:

Die Klage ist mit dem Klageantrag zu 1. begründet.

Die Klägerin hat einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten zu 1. gemäß §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB (analog).

Die Klägerin zu 2. ist Teil des zwischen den Parteien schwelenden Nachbarschaftsstreits. Da in dem Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger zu 1. und dem Kläger zu 2. die Gefahr einer Wiederholung der eingetretenen Verletzung durch die rechtswidrige Anfertigung von Bild- und Videoaufnahmen vermutet ist, welche der Beklagte zu 1. nicht widerlegt hat, muss diese Vermutung konsequenter Weise auch im Verhältnis zu der Klägerin zu 2. eingreifen. Es ist daher anzunehmen, dass auch hinsichtlich der Klägerin zu 2. die (Erstbegehungs-)Gefahr besteht, dass der Beklagte zu 1. auf bestimmt Verhaltensweisen der Klägerin zu 2. mit der Anfertigung solcher Aufnahmen reagiert.

B. Klageanträge zu 2.-5.:

Die Klage ist mit den Klageanträgen zu 2.-5. unbegründet. Die Klägerin zu 2. ist auf den Videos vom 18.05.2016 nicht, bzw. nicht identifizierbar abgebildet. Damit bestehen die geltend gemachten Ansprüche nicht.

C. Klageantrag zu 6.:

Der Klageantrag zu 6. ist aus den oben unter F. genannten Gründen unbegründet.

Klage der Kläger gegen die Beklagte zu 2.:

Ansprüche der Kläger gegen die Beklagte zu 2. bestehen nicht. Diese hat das Persönlichkeitsrecht der Kläger nicht verletzt. Daher besteht auch keine dahingehende Begehungsgefahr. Die Beklagte zu 2. mag zwar Zugriff auf die beiden Videos vom 18.05.2016 haben, als Inhaber der Videos ist jedoch der Beklagte zu 1. anzusehen, gegen den sich daher die Löschungs- und Beseitigungsansprüche allein richten. Es bestehen auch keine dahingehenden Anhaltspunkte, dass die Beklagte zu 2. in sonstiger Weise Bild- oder Videoaufnahmen der Beklagten inne haben könnte, weshalb auch die geltend gemachten Auskunftsansprüche ins Leere gehen.

Nebenentscheidungen:

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 100 Abs. 1 ZPO. Nach den vorstehenden Ausführungen liegt insgesamt weder eine Gesamtgläubiger- noch eine Gesamtschuldnerschaft vor. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Abs. 1 S. 1 u. S. 2 ZPO.

Streitwert:

Der Streitwert wird auf 13.000 € festgesetzt. Dieser setzt sich wie folgt zusammen:

  • 1. Unterlassung 2 x 1.500 €
  • 2. Auskunft 2 x 1.000 €
  • 3. Eidesstattliche Versicherung 2 x    500 €
  • 4. Herausgabe- und Löschungsanspruch   2 x 1.500 €
  • 5. Schadensersatz 2 x 2.000 €

Mein Hausbau – Schwerpunkt Nachbarrecht (7)

Mein Hausbau - Schwerpunkt Nachbarrecht (7)

VG Berlin – Az.: 1 K 190/20 – Urteil vom 06.12.2021: Klage auf Rückschnitt eines Baumes vor dem Grundstück

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt den Rückschnitt des Baumes vor ihrem Grundstück Landsberger Allee 14, 10249 Berlin. Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks, das mit einem viergeschossigen Haus bebaut ist. Im 3. und 4. Obergeschoss des Hauses sind Wohnräume. Vor dem Grundstück steht auf dem öffentlichen Straßenland ein Baum (Baum-Nr.: 4, Baumart: Winter-Linde/ Tilia cordata). Dieser Baum ist ca. 80 Jahre alt und hat eine Höhe von 17,00 m. Der Zustand des Baumes wird mit der Schadstufe 2 (Schädigungsgrad 11-25%) angegeben.

Mit Schreiben vom 8. August 2019 forderte die Klägerin den Beklagten auf, den Baum so weit zurückzuschneiden, dass der 2. Rettungsweg durch Rettungsgeräte der Feuerwehr gewährleistet sei. Hilfsweise verlangte sie, den 2. Rettungsweg anderweitig wiederherzustellen. Aufgrund des vor dem Grundstück befindlichen Baumes, sei ein Anleitern der Feuerwehr für Rettungszwecke nicht mehr möglich. Hierdurch sei eine erhebliche und konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit gegeben, weil in einem Brandfall die Rettung der Personen aus dem 3. und 4. Obergeschoss nicht gewährleistet sei. Deshalb sei ein Rückschnitt des Baumes notwendig, hilfsweise die anderweitige Herstellung eines 2. Rettungsweges.

Die Klägerin hat am 9. März 2020 Klage erhoben.

Zur Begründung führt die Klägerin aus, dass auf das Schreiben vom 8. August 2019 sei keine Reaktion des Beklagten erfolgt, sodass jetzt die Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage vorlägen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Beklagten zu verpflichten, den Baum Nr. 4 vor dem Grundstück Landsberger Allee 14 so weit zurückzuschneiden, dass der 2. Rettungsweg durch Rettungsgeräte der Feuerwehr gewährleistet ist, hilfsweise, den 2. Rettungsweg im Sinne des § 33 Berliner Bauordnung (BauO Bln) wiederherzustellen,

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte führt zur Begründung aus, dass er nicht verpflichtet sei, den Straßenbaum zurückzuschneiden, um für das auf dem Grundstück der Klägerin errichtete Gebäude den 2. Rettungsweg zu gewährleisten. Es sei allein Sache des Bauherrn bzw. Eigentümers sicherzustellen, dass die Voraussetzungen für den 2. Rettungsweg gegeben sind. Auf einen baulichen 2. Rettungsweg dürfe der Eigentümer nur verzichten, wenn die Feuerwehr tatsächlich uneingeschränkt und ohne Behinderung an die zur Rettung vorgesehene Stelle gelangen könne. Ließen die örtlichen Gegebenheiten ein Anleitern an dieser Stelle nicht zu, obläge es dem Eigentümer, den 2. Rettungsweg auf andere Weise zu gewährleisten. Auf einen öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch könne sich die Klägerin dagegen nicht berufen. Die Duldungspflicht eines Straßenanliegers, Einwirkungen der auf öffentlichem Straßenland erfolgten Pflanzungen hinzunehmen, ende erst in besonderen Ausnahmesituationen. Dies könne etwa dann der Fall sein, wenn die Bepflanzung im Laufe der Zeit aufgrund des natürlichen Wuchses einen Umfang erreicht habe, der entweder zu ernsthaften, nicht anderweit vorhersehbaren Schäden an privaten Nachargrundstücken führe bzw. solche Schäden hinreichend konkret zu befürchten seien oder die Nutzung dieses Grundstücks in einem unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt mehr zumutbaren Maße beeinträchtigt werde. Eine derartige Ausnahmesituation läge im vorliegenden Fall nicht vor und sei von der Klägerin auch nicht geschildert worden. Es sei der Klägerin zumutbar, anderweitige Maßnahmen zu ergreifen, um den 2. Rettungsweg für das in ihrem Eigentum stehende Gebäude sicherzustellen. Gegen einen Rückschnitt spreche die Schutzwürdigkeit des Baumes und des Straßenbildes sowie die Aufrechterhaltung einer möglichst großen Baumvitalität. Der Hilfsantrag könne gleichfalls keinen Erfolg haben, weil die Klägerin verpflichtet sei, durch bauliche Maßnahmen, etwa durch den Anbau einer Außentreppe oder Leiter, den zweiten Rettungsweg selbst herzustellen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen

Entscheidungsgründe

Das Gericht entscheidet durch den Vorsitzenden als Einzelrichter, weil die Kammer ihm den Rechtsstreit durch Beschluss vom 10. August 2021 gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zur Entscheidung übertragen hat. Das Gericht kann nach § 101 Abs. 2 VwGO über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 30. August 2021 und 3. September 2021 hiermit einverstanden erklärt haben.

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den begehrten Rückschnitt des vor dem Grundstück Landsberger Allee 14, 10249 Berlin, stehenden Baumes Nr. 4 (dazu unter 1.). Die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Abwehr- bzw. Folgenbeseitigungsanspruches sind nicht erfüllt. Dieser setzt einen hoheitlichen Eingriff voraus, der ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt. Für den Betroffenen muss dadurch ein rechtswidriger Zustand entstanden sein, der noch andauert und den er nicht dulden muss (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 06. September 1988 – 4 C 26.88, BVerwGE 80, 178). Die Klägerin hat darüber hinaus keinen Anspruch auf die hilfsweise begehrte Wiederherstellung des zweiten Rettungsweges gemäß § 33 Abs. 2 BauO Bln (dazu unter 2.).

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den begehrten Rückschnitt, weil sie zur Duldung des Baumes und der von diesem ausgehenden Einwirkungen verpflichtet ist und sie die Pflicht zur (Wieder-)Herstellung des zweiten Rettungsweges trifft.

a) Die Duldungspflicht der Klägerin ergibt sich aus § 16 Abs. 3 Berliner Straßengesetz (BlnStrG). Danach haben die Eigentümer und Besitzer von Grundstücken an öffentlichen Straßen die unvermeidlichen Einwirkungen von Pflanzungen im Bereich des Straßenkörpers und die Maßnahmen zu ihrer Erhaltung und Ergänzung zu dulden. Die Duldungspflicht bewirkt eine Beschränkung der Eigentümerbefugnisse des Straßenanliegers. Hierbei handelt es sich um eine Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) (vgl. zur vergleichbaren Regelung im Straßen- und Wegegesetz NRW, OVG Münster, Beschluss vom 25. Januar 2017 – 11 A 1701/16, juris, Rn. 8; OVG Münster, Urteil vom 21. September 1999 – 23 A 875/97, juris, Rn. 11; OLG Düsseldorf, Urteil vom 18. September 2000 – 9 U 67/00, juris, Rn. 31).

Jedes Grundstück ist in seine Umgebung eingefügt und durch seine Lage und Beschaffenheit charakterisiert. Die straßenrechtlichen Regelungen tragen dieser Situationsgebundenheit des Grundstücks im Interesse der Allgemeinheit und der Straßenanlieger Rechnung. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die straßenrechtliche Privilegierung von Anpflanzungen auf öffentlichen Straßen und den dazu gehörenden Nebenanlagen von vernünftigen Gemeinwohlgedanken getragen wird. Die Bepflanzung von Straßen dient nicht nur straßenbautechnischen und verkehrsrechtlichen Interessen. Bepflanzungen mit Bäumen in Ballungsgebieten haben eine landschaftsgestaltende und eine die Wohnqualität verbessernde Funktion. Da nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG das Eigentum zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll, schlägt sich hier das Gebot nieder, über die Interessen der unmittelbaren Straßenanlieger hinaus auch solche der nicht direkt angrenzenden Wohnbevölkerung wahrzunehmen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 25. Januar 2017 – 11 A 1701/16, a.a.O., Rn. 10.)

b) Die Pflicht zur Duldung der Einwirkungen der auf öffentlichem Straßengrund erfolgten Pflanzungen endet erst in besonderen Ausnahmesituationen. Diese liegen dann vor, wenn die Bepflanzung im Laufe der Zeit aufgrund natürlichen Wuchses einen Umfang erreicht hat, der entweder zu ernsthaften, nicht anderweitig behebbaren Schäden an privaten Nachbargrundstücken führt bzw. solche Schäden hinreichend konkret zu befürchten sind oder aber die Nutzung dieser Grundstücke in einem unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt mehr zumutbaren Maße beeinträchtigt wird (OVG Münster, Beschluss vom 25. Januar 2017 – 11 A 1701/16, a.a.O., Rn. 12).

c) Ausgehend von diesem Maßstab lässt sich keine unzumutbare Beeinträchtigung durch die vor dem Grundstück der Klägerin stehende Winter-Linde feststellen. Dies ergibt sich insbesondere nicht durch die vermeintlich fehlende Sicherstellung eines zweiten Rettungsweges in Form einer mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit im Sinne des § 33 Abs. 2 BauO Bln, weil es sich bei dem Erfordernis eines zweiten Rettungsweges um eine nach dem Bauordnungsrecht den jeweiligen Eigentümer treffende Verpflichtung handelt (dazu unter aa) und diese Verpflichtung auch auf anderem Wege und in zumutbarer Weise von der Klägerin erfüllt werden kann (dazu unter bb). Weitere Umstände, die gegen eine Duldungspflicht der Klägerin sprechen könnten, sind nicht ersichtlich (dazu unter cc).

aa) Bei § 33 Abs. 2 BauO Bln handelt es sich um eine nach dem Bauordnungsrecht den jeweiligen Eigentümer treffende Verpflichtung, welche der Klägerin keinen Anspruch auf ein Einschreiten des Beklagten durch Baumrückschnitt vermittelt. Nach § 33 Abs. 1 Hs. 1 BauO Bln müssen für Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum wie Wohnungen, Praxen oder selbständige Betriebsstätten in jedem Geschoss mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie vorhanden sein. Für Nutzungseinheiten, die nicht zu ebener Erde liegen, muss der erste Rettungsweg über eine notwendige Treppe führen, § 33 Abs. 2 Satz 1 BauO Bln. Der zweite Rettungsweg kann nach § 33 Abs. 2 Satz 2 BauO Bln eine weitere notwendige Treppe oder eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit sein. Es handelt sich bei dem Erfordernis eines zweiten Rettungsweges um eine nach dem Bauordnungsrecht den jeweiligen Eigentümer treffende Verpflichtung (vgl. VG Berlin, Urteil vom 25. Juli 2019 – 11 K 425.16, juris, Rn. 24).

Die Klägerin kann aus § 33 Abs. 2 BauO Bln grundsätzlich keinen Anspruch auf ein Einschreiten des Beklagten stützen. Es entspricht dem Regelungskonzept der Bauordnung für Berlin, dass es in erster Linie Sache des Bauherrn bzw. Eigentümers ist, die bauordnungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere die des Brandschutzes, zu erfüllen (vgl. VG Berlin, Urteil vom 25. Juli 2019 – 11 K 425.16, a.a.O., Rn. 24, 26). Dies gilt auch, wenn erst nach der Errichtung des Gebäudes – hier wegen des Baumwuchses – der zweite Rettungsweg nicht (mehr) über eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle geführt werden kann. Dabei ist unerheblich, ob das Erfordernis eines zweiten Rettungswegs bereits zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes bestand. Denn selbst wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, dass sich seit der Errichtung des bestandsgeschützten Gebäudes die bauordnungsrechtlichen Anforderungen nicht verschärft haben, besteht kein Rechtsanspruch darauf, dass die Umgebungssituation dergestalt unverändert bleibt, dass der zweite Rettungsweg auch zukünftig über eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle geführt werden kann. Vielmehr ist dann eine Gefahrenlage neu entstanden und liegt damit eine Situation vor, wegen derer auf Grundlage der bauaufsichtlichen Generalklausel (§ 58 Abs. 1 Satz 5 BauO Bln) gegen den Grundstückseigentümer eingeschritten werden kann (vgl. VG Berlin, Urteil vom 25. Juli 2019 – 11 K 425.16, a.a.O., Rn. 26). In der Rechtsprechung ist überdies anerkannt, dass beim Entfallen eines zweiten Rettungsweges aufgrund nachträglich veränderter örtlicher Gegebenheiten, den jeweiligen Grund- bzw. Gebäudeeigentümers die Verpflichtung trifft, für die Sicherstellung der bauordnungsrechtlichen Anforderungen zu sorgen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Mai 2019 – OVG 2 S 18.19, juris, Rn. 6 ff.).

bb) Den Anforderungen des § 33 Abs. 2 BauO Bln kann im vorliegenden Fall auch in für die Klägerin zumutbarer Weise entsprochen werden, ohne dass es hierfür des von der Klägerin begehrten Einschreitens des Beklagten bedarf.

Eine nicht mehr zumutbare Beeinträchtigung im obigen Sinne, welche einer Duldungspflicht gemäß § 16 Abs. 3 BerlStrG entgegenstehen und zu einem Anspruch der Klägerin auf Einschreiten durch den Beklagten führen könnte, könnte ausnahmsweise dann anzunehmen sein, wenn die Klägerin einzig durch den begehrten Baumrückschnitt ihrer Pflicht aus § 33 Abs. 2 Satz 1 BauO Bln nachkommen könnte. Dies bedarf hier jedoch keiner endgültigen Entscheidung, weil der Klägerin ausweislich des einschlägigen Bauordnungsrechts eine zumutbare Alternative zur Verfügung steht und es deshalb auch dahinstehen kann, ob ein Rückschnitt des Baumes überhaupt zu der von der Klägerin behaupteten (Wieder-)Herstellung des zweiten Rettungsweges führen würde. Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 BauO Bln kann der zweite Rettungsweg eine „weitere notwendige Treppe“ sein. Wenn die Klägerin einwendet, ihr sei nicht gänzlich bewusst, wie ein (baulicher) zweiter Rettungsweg im vorliegen Fall sichergestellt werden könne, so greift dieser Einwand nicht durch. Die Klägerin verweist selbst auf zwei mögliche bauliche Maßnahmen, namentlich den Umbau des bestehenden Treppenraumes zu einem Sicherheitstreppenraum im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 3 BauO Bln oder den nachträglichen Anbau einer Außentreppe, welche beide ein Erfüllen der Verpflichtung aus § 33 Abs. 2 Satz 1 BauO Bln sicherstellen könnten (vgl. zum Anbau einer Außentreppe auch den Hinweis des VG Berlin, Urteil vom 25. Juli 2019 – 11 K 425.16, a.a.O., Rn. 30). Dies mag für die Klägerin eine wirtschaftliche Mehrbelastung darstellen, gleichwohl hat der Landesgesetzgeber die Pflicht, die Anforderungen des § 33 Abs. 2 BauO Bln herzustellen bzw. zu gewährleisten, dem Eigentümer auferlegt. Dass die Klägerin aus tatsächlichen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht im Stande sei, ihr zur Verfügung stehende alternative Maßnahmen zu ergreifen und durchzuführen, wurde nicht substantiiert dargelegt. Sie wendet lediglich pauschal ein, die Schaffung eines alternativen zweiten Rettungsweges sei „in baulicher und wirtschaftlicher Hinsicht nicht vertretbar und unverhältnismäßig“ (vgl. Bl. 46 d.A.). Es ist jedoch nicht ersichtlich, auf welche Umstände die Klägerin diese Bewertung stützt. Dass der begehrte Baumrückschnitt – aus Sicht der Klägerin – eine für sie unter Umständen kostengünstigere Alternative im Vergleich zum eigenen Tätigwerden darzustellen mag, entbindet sie nicht ohne Weiteres von ihrer gesetzlichen Verpflichtung als Eigentümerin des Gebäudes, das Erfordernis des § 33 Abs. 2 Satz 1 BauO Bln durch eigene, zumutbare Alternativmaßnahmen zu erfüllen, sofern diese, wie hier, vorhanden sind und ergriffen werden können.

Der Beklagte hat auch keine willkürlichen oder sachfremden Erwägungen angestellt. Straßenbäume sind gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 BerlStrG Zubehör der öffentlichen Straßen. Träger der Straßenbaulast für die öffentlichen Straßen ist der Beklagte (§ 7 Abs. 1 BerlStrG). Die Straßenbaulast umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der öffentlichen Straßen zusammenhängenden Aufgaben (§ 7 Abs. 2 Satz 1 BerlStrG). Gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 BerlStrG sind Bepflanzungen der Straße, insbesondere mit Bäumen, grundsätzlich vorzusehen, zu erhalten und zu schützen. Die Eigentümer und die Besitzer von Grundstücken an öffentlichen Straßen haben die unvermeidbaren Einwirkungen von Pflanzungen im Bereich des Straßenkörpers und die Maßnahmen zu ihrer Erhaltung und Ergänzung zu dulden (§ 16 Abs. 3 Satz 2 BerlStrG). Soweit die Klägerin dagegen einwendet, der Beklagte habe keine bzw. ermessensfehlerhafte Erwägungen angestellt, greift dieser Einwand hier nicht durch. Die Beklagte stützt ihre Ablehnung des von der Klägerin begehrten Baumrückschnitts auf ihre Pflicht des Schutzes und der Erhaltung von Straßenbäumen. Als Baulastträgerin der öffentlichen Straßen in Berlin ist sie zur Erhaltung und Pflege der öffentlichen Straßen, also gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 BerlStrG auch der Straßenbäume, verantwortlich. Diese Pflicht wird in § 16 Abs. 3 Satz 1 BerlStrG konkretisiert. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass die Erwägungen des Beklagten, bei einem weitestgehend gesunden Baum – wie hier – von mehr als den zur Verkehrssicherheit notwendigen Schnittmaßnahmen abzusehen, sachfremd oder willkürlich sein könnten. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass übermäßige Rückschnitte von gesunden Bäumen sich negativ auf deren Lebensdauer auswirken können. Der Beklagte hat zudem die schützenswerten positiven Aspekte und Auswirkungen eines gesunden Altbaumes detailliert hervorgehoben und nachdrücklich begründet, weshalb er aus Umweltschutzaspekten Rückschnitten grundsätzlich ablehnend gegenübersteht. Dass sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auch dem Schutzzweck des § 1 BaumSchV verpflichtet sieht, erscheint im Hinblick auf den Schutzauftrag gemäß § 3 Abs. 4 BaumSchV nicht sachfremd oder willkürlich. Der Beklagte weist zutreffend daraufhin, dass die von ihm anzustellenden Erwägungen sich auf die Frage konzentrieren, ob das Entfallen des zweiten Rettungsweges durch Geräte der Feuerwehr aufgrund der zwischenzeitlich erreichten Dimension des Straßenbaumes eine über das Duldungsmaß des § 16 Abs. 3 Satz 2 BerlStrG hinausgehenden Belastung ergibt, die dazu führe könnte, dass die Klägerin ausnahmsweise einen Anspruch auf einen Rückschnitt oder Beseitigung des Baumes habe. Dies entspricht, wie oben bereits dargestellt, der Rechtslage hinsichtlich des Zusammentreffens der Verpflichtung des Eigentümers aus § 33 Abs. 2 BauO Bln und der Duldungspflicht aus § 16 Abs. 3 Satz 2 BerlStrG. Dass der Beklagte bei der Beantwortung dieser Frage zu einer Verneinung des Anspruchs der Klägerin gelangt ist, erscheint nicht willkürlich oder sachfremd, weil der Beklagte dies mit den obigen Umwelt- und Naturschutzgründen nachvollziehbar begründet hat. Es kann hier im Übrigen dahinstehen, ob ein Rückschnitt gemäß § 4 Abs. 4 Nr. 2 BaumSchV im dort beschriebenen Umfang vorgenommen werden darf, weil sich hieraus zumindest kein Anspruch der Klägerin auf ein Einschreiten des Beklagten ergäbe.

cc) Die Klägerin kann aus ihrem Anliegergebrauch keinen Anspruch auf den begehrten Rückschnitt ableiten, weil keine Beeinträchtigung ihres durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Anliegergebrauchs, der in § 10 Abs. 3 BerlStrG auch einfachgesetzlich geregelt ist, vorliegt.

Der grundgesetzlich gewährleistete Anliegergebrauch beruht darauf, dass die Anlieger einer Straße auf den Gemeingebrauch an der Straße in einer spezifisch gesteigerten Weise angewiesen sind. Der Umfang dieses Schutzes reicht nur so weit, wie die angemessene Nutzung des Grundeigentums eine Benutzung der Straße erfordert. In diesem Rahmen kann der Anliegergebrauch zwar nicht allein auf eine Nutzung der Straße zum Verkehr in dem engeren Sinne des Straßenverkehrs bezogen werden. Kennzeichnend und Voraussetzung für den Anliegergebrauch bleibt aber immer das besondere Angewiesensein des Grundstücks auf das Vorhandensein und die Benutzung der Straße. Dieses Angewiesensein umschließt als Erfordernis in erster Linie den Zugang des Grundstücks zur Straße und seine Zugänglichkeit von der Straße her. Bei Gewerbebetrieben von Straßenanliegern gehört zum eigentumsrechtlich geschützten Bestand auch der sogenannte „Kontakt nach außen“, der dem Grundstück über die Gewährleistung seiner Verbindung mit dem öffentlichen Wegenetz hinaus in gewissen Grenzen die Nutzung der Straße als Kommunikationsmittel ermöglicht. Nicht zum rechtlich geschützten Anliegergebrauch zählen dagegen Bequemlichkeit und Leichtigkeit des Zu- und Abgangs (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1977 – IV C 15.75 –, juris, Rn. 16 ff.; BVerwG, Urteil vom 08. September 1993 – 11 C 38.92 –, juris, Rn. 12). Das Bundesverwaltungsgericht hat an das „Angewiesensein“ des Grundstücks auf bestimmte Nutzungsmöglichkeiten stets strenge Anforderungen gestellt und die wirtschaftliche Ausnutzung von Lagevorteilen nicht dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz unterstellt. Der Anlieger muss den Gemeingebrauch Dritter sowie Behinderungen und andere, den Gemeingebrauch tatsächlich einschränkende Maßnahmen hinnehmen, die aus dem Zweck und dem allgemeinen Gebrauch der Straße folgen, weil er mit dem „Schicksal“ der Straße verbunden ist, sofern nur die Straße als Verkehrsmittler zur angemessenen Nutzung des Grundstücks erhalten bleibt. Bei Einhaltung dieser äußersten Grenze schützt der Anliegergebrauch nicht vor denjenigen Erschwernissen für den Zugang des Anliegergrundstücks, die sich aus dessen Lage gerade an einer Straße in einem geschäftlichen und verkehrlichen innerstädtischen Ballungsraum ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. August 1982 – 4 C 58.80, juris, Rn. 12 f.; vgl. VG Berlin, Urteil vom 12. Dezember 2016 – VG 11 K 90.16, juris, Rn. 30, bestätigt durch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. April 2018 – OVG 1 N 10.17, juris).

Ausgehend von diesem Maßstab kann die Klägerin keine Verletzung ihres Anliegerrechtes geltend machen. Sie kann auch ohne das begehrte Einschreiten des Beklagten ihr Grundstück „angemessen“ nutzen. Nicht vom Anliegergebrauch umfasst ist eine von ihr begehrte „optimale“ Grundstücksnutzung. Das Baurecht verlangt für die Bebaubarkeit eines Grundstücks grundsätzlich nicht, dass Großfahrzeuge, etwa des Rettungswesens oder der Ver- und Entsorgung, bis zur Höhe dieses Grundstücks fahren können. Es lässt vielmehr in der Regel ein Heranfahrenkönnen durch Personen- und kleinere Versorgungsfahrzeuge genügen (vgl. BVerwG, Urteil vom 04. Juni 1993 – BVerwG 8 C 33.91, juris, Rn. 13; vgl. auch VG Berlin, Urteil vom 12. Dezember 2016 – 11 K 90.16, a.a.O., Rn. 31, bestätigt durch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. April 2018 – OVG 1 N 10.17, a.a.O.). Vielmehr ist für die Einhaltung der Anforderungen des § 33 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BauO Bln entscheidend, ob eine Stelle der Nutzungseinheit für die Feuerwehr erreichbar ist, was wiederum von den Zugängen und Zufahrten auf den Grundstücken abhängt (vgl. Wilke/Dageförde/Knuth/Meyer/Broy-Bülow, Bauordnung für Berlin, 6. Aufl. 2008, § 33 Rn. 3). Maßgeblich für die Bewertung des Vorliegens der Anforderungen des § 33 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BauO Bln sind damit zuvörderst die örtlichen Gegebenheiten auf dem Grundstück selbst. Aus dem Anliegerrecht ergibt sich insoweit nichts anderes, sofern ein (baurechtlich) erforderliches Heranfahrenkönnen durch Personen- und kleinere Versorgungsfahrzeuge des Rettungswesens gewährleistet ist, was im vorliegenden Fall von der Klägerin auch nicht in Zweifel gezogen wird.

d. Die Klägerin kann schließlich aus der straßenrechtlichen Verkehrssicherungspflicht des Beklagten keinen Anspruch auf den begehrten Rückschnitt ableiten.

Der Beklagte ist, wie ausgeführt, Träger der Straßenbaulast und für die Unterhaltung der öffentlichen Straßen und deren Zubehör, wie Straßenbäume, zuständig (§ 7 Abs. 1, 2 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Nr. 3 BerlStrG). Er hat für die Wiederherstellung eines verkehrssicheren Zustandes zu sorgen, falls sich diese in einem nicht verkehrssicheren Zustand befindet (§ 7 Abs. 2 Satz 4, 5 BerlStrG). Ein nicht verkehrssicherer Zustand ist dann gegeben, wenn die Straße nicht mehr dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügt (§ 7 Abs. 2 Satz 2 BerlStrG). Ob eine Straße “in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entsprechenden Zustand” ist, entscheidet sich im Einzelnen nach der allgemeinen Verkehrsauffassung; Art und Häufigkeit der Benutzung des Verkehrsweges und seine Bedeutung sind zu berücksichtigen (vgl. nur KG Berlin, Urteil vom 30. November 2018 – 9 U 22/17, juris. Rn. 21 m.w.N.).

Ausgehend von diesem Maßstab ist nicht ersichtlich, dass sich die Straße Landsberger Allee aufgrund der Dimension des Straßenbaumes Nr. 4 in einem nicht verkehrssicheren Zustand befindet. Dies ergibt sich auch nicht in Zusammenschau mit § 33 Abs. 2 BauO Bln. Hieraus lässt sich insbesondere keine Rückschnittpflicht von Bepflanzungen des öffentlichen Straßenlandes durch den Beklagten als Straßenbaulastträger derart ableiten, dass dieser verpflichtet ist dafür zu sorgen, die Anforderungen des § 33 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BauO Bln stets einzuhalten. Hiergegen spricht zum einen der Wortlaut des § 33 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BauO Bln, welcher eine solche Pflicht nicht nennt. Zum anderen spricht dagegen die Systematik der BauO Bln, welche die Gewährleistungspflicht eines zweiten Rettungsweges dem Eigentümer des Grundstücks bzw. Gebäudes auferlegt (vgl. VG Berlin, Urteil vom 25. Juli 2019 – 11 K 425.16, a.a.O., Rn. 24, 26), als auch die Systematik des Straßenrechts, die die Sicherungspflicht allein auf die regelmäßigen Verkehrsbedürfnisse bezieht (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 2 BerlStrG).

2. Die Klägerin hat aufgrund der vorstehenden Erwägungen keinen Anspruch gegen die Beklagte auf die hilfsweise begehrte (Wieder-)Herstellung des zweiten Rettungsweges. Wie unter 1. ausgeführt, obliegt es der Klägerin als Eigentümerin den Anforderungen des Bauordnungsrechts, hier des § 33 Abs. 2 BauO Bln, zu entsprechen. Das Bauordnungsrecht eröffnet der Klägerin verschiedene Alternativmaßnahmen, welche ausweislich des Wortlautes des § 33 Abs. 2 BauO in keinem Rangverhältnis zueinanderstehen, mithin als gleichwertig anzusehen sind (vgl. VG Berlin, Urteil vom 25. Juli 2019 – VG 11 K 425.16, a.a.O., Rn. 26 m.w.N.). Zwar sieht der Gesetzeswortlaut vor, dass ein zweiter Rettungsweg auch eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit sein kann. Dies führt jedoch nicht dazu, dass der Bauherr bzw. Eigentümer einen Anspruch darauf hätte, dass die Feuerwehr mit entsprechenden Rettungsgeräten ausgestattet ist und diese nach den örtlichen Gegebenheiten tatsächlich einsetzen kann (vgl. VG Berlin, Urteil vom 25. Juli 2019 – VG 11 K 425.16, a.a.O., Rn. 26 m.w.N.).

3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war nicht für notwendig zu erklären. Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO sind Gebühren und Auslagen eines bereits im Vorverfahren eingeschalteten Rechtsanwalts dann erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt hat. Die Voraussetzungen für eine solche Erklärung liegen hier nicht vor. Das Tatbestandsmerkmal „Vorverfahren“ in § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO bezieht sich nach seinem Wortlaut und der gesetzessystematischen Stellung auf das dem gerichtlichen Verfahren im Falle der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage grundsätzlich vorgeschalteten Vorverfahren im Sinne der §§ 68 ff. VwGO (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 10. März 2017 – 1 S 2595/16, juris, Rn. 12 sowie Beschluss vom 27.06.2006 – 11 S 2613/05, juris, Rn. 3). Das Verwaltungsverfahren vor der Ausgangsbehörde stellt demgegenüber kein „Vorverfahren“ im Sinne des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO dar (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 10. März 2017 – 1 S 2595/16, a.a.O., Rn. 12 m.w.N.; vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 26. Auflage 2020, § 162 Rn. 16 m.w.N.). Die Klägerin hat eine allgemeine Leistungsklage erhoben. Ein Vorverfahren im Sinne des §§ 68 ff. VwGO hat vorliegend zwischen den Beteiligten nicht stattgefunden, sodass für die Anwendung des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO schon kein Raum besteht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. April 2019 – OVG 6 A 4.17, juris, Rn. 44).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.

BESCHLUSS

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§ 39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Mein Hausbau – Schwerpunkt Nachbarrecht (6)

Mein Hausbau - Schwerpunkt Nachbarrecht (6)

AG Nürnberg – Az.: 23 C 3805/21 – Urteil vom 03.12.2021: Laub und Gartenabfälle auf Grundstück von Nachbarn – Unterlassungsanspruch

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klagepartei macht gegenüber der Beklagtenpartei einen Unterlassungsanspruch geltend.

Die Parteien sind Nachbarn. Die Grundstücke werden durch einen Eigentümerweg getrennt. Des Weiteren befindet sich auf dem Grundstück der Kläger zum klägerischen Grundstück hin eine Sichtschutzwand und zum Beklagtengrundstück bzw. zum Eigentümerweg hin ein Maschendraht.

Am 21.10.2019 warf der Beklagte zu 2) Laub in den Zwischenraum zwischen dem beschriebenen Sichtschutz und dem Maschendrahtzaun. Nach einem Gespräch am 22.10.2019 zwischen der Klagepartei und dem Beklagten zu 2) entfernte dieser am 23.10.2019 das Laub aus dem Zwischenraum.

Mit Schreiben vom 28.01.2021 wurde den Beklagten eine Frist zum 12.02.2021 gesetzt eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben sowie die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten.

Die Kläger behaupten, dass die Beklagten immer wieder Laub und Gartenabfälle auf ihr Grundstück geworfen habe. Neben dem Vorfall im Jahr 2019 sei beobachtet worden, wie der Beklagte zu 2) am 07.11.2020 erneut Laub und Gartenabfälle n den Zwischenraum der Sichtschutzwand und dem Maschendraht geworfen habe.

Die Klagepartei ist der Ansicht, dass bereits aufgrund der fehlenden Unterzeichnung der Unterlassungserklärung sowie die fehlende Teilnahme am Schlichtungsverfahren eine Wiederholungsgefahr bestehe. Für den Streitwert sei von einem Wert von 5.000,00 € auszugehen.

Die Kläger beantragen daher zuletzt:

I. Die Beklagten werden verurteilt es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen im Zwischenraum der Grenzanlage der Grundstücke … sowie … , Laub, Gartenabfälle und sonstigen Unrat zu entfernen.

II. Die Beklagten werden verurteilt an den Kläger als Gesamtgläubiger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 729,23 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.0.2021 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen: Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagten behaupten, dass es lediglich den einen Vorfall im Jahr 2019 gegeben habe, wobei der Beklagte zu 2) hierbei mit Hilfe eines Eimers Gartenlaub in den Zwischenraum eingeschüttet habe. Davor und danach sei kein weiteres Laub auf das Grundstück verbracht worden. Des Weiteren sei anzunehmen, dass die Blätter aufgrund des Westwindes gegen die Holzwand geweht werden, sodass diese sich vermehrt in dem Zwischenraum ansammeln.

Die Beklagten sind der Ansicht, dass bereits das Rechtsschutzbedürfnis mangels vorliegender Wiederholungsgefahr fehle.

Das Gericht hat die Kläger sowie die Beklagten in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört. Es wird insoweit auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021 Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß § 313 Abs. 2 ZPO auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen sowie den erteilten Hinweisen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Klagepartei hat bereits keinen Anspruch auf Unterlassung gegen die Beklagte zu 1) gem. § 1004 BGB, da diese nicht Störerin i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB ist.

Der Anspruch gem. § 1004 Abs. 1 BGB auf Unterlassung einer Beeinträchtigung des Eigentums richtet sich gegen den Schuldner.

Der Schuldner ist hierbei der Störer, wobei die Auslegung hierbei grundsätzlich strittig ist und aus diesem Grund stets einer wertenden Zurechnung bedarf. Unterschieden wird hierbei grundsätzlich bezüglich eines Handlungsstörers und eines Zustandsstörers.

Der Handlungsstörer ist, wer die Beeinträchtigung durch seine Handlung oder pflichtwidrige Unterlassung adäquat verursacht hat. Dies kann unmittelbar durch denjenigen erfolgen, der durch seine Handlung selbst die Beeinträchtigung adäquat kausal verursacht hat oder mittelbare durch denjenigen, der die Beeinträchtigung durch die Handlung eines Dritten adäquat verursacht hat und die Beeinträchtigung verhindern kann (Palandt/Herrler, 80. Aufl. 2021, BGB § 1004 Rn. 15 ff.).

Aufgrund der durchgeführten Anhörung der Parteien konnte das Gericht zu der Überzeugung gelangen, dass die Beklagte zu 1) keine Störerin i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB ist.

Die Klägerin zu 1) gab hierzu in der mündlichen Verhandlung an, dass sie wahrgenommen habe, wie [die Beklagte zu 1)] das Laub genommen habe und entsprechend dort verteilt habe (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 2, Bl. 41 d. A.).

Die Beklagte zu 1) führte hierzu aus, dass sie nie Laub in den Zwischenraum rein geschmissen habe. Sie habe dies auch nicht gesehen im Jahr 2019. Sie könne jedoch noch angeben, dass es damals im Jahr 2019 so gewesen sei, dass eine Plastikplane unter dem Palisadenzaun gelegt worden sei […] und von diesem Plastik ein bisschen was herausgeschaut habe. Sie habe den Kläger darum gebeten, dass das Plastik entfernt werden solle, was nicht gemacht worden sei. Aus diesem Grund habe sie dann gesagt, dass man auch etwas Laub drauf kehren könne und das abdecken könne, sodass man das nicht mehr sehen könne (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 3, Bl. 42 der Akte).

Aufgrund der getätigten Aussagen von beiden Parteien nimmt das Gericht an, dass die Beklagte zu 1) bereits selbst kein Laub in den Zwischenraum geworfen hat, sodass die Beeinträchtigung durch diese nicht unmittelbar kausal verursacht wurde. Jedoch kommt das Gericht auch zu dem Ergebnis, dass keine mittelbare Verursachung seitens der Beklagten zu 2) vorliegt, da zwar der Beklagte zu 2) sich aufgrund der getätigten Aussage, dass man das Plastik auch mit Laub abdecken könne, veranlasst gefühlt haben könnte, das Laub in den Zwischenraum zu kehren, jedoch nicht anzunehmen ist, dass die Beklagte zu 1) diese Beeinträchtigung hätte verhindern können. In diesem Rahmen ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte zu 1) das Vorgehen des Beklagten zu 2) im Jahr 2019 selbst nicht wahrgenommen hat. In diesem Rahmen verkennt das Gericht nicht, dass die Beklagte zu 1) als Partei ebenso ein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens hat. Die Beklagte zu 1) gab hierzu ohne Aufforderung des Gerichts bekannt, dass sie zumindest mit dem Beklagten zu 2) über die Situation bezüglich des Plastiks gesprochen hat. Zudem kann auch das Verhalten des Beklagten zu 2) nicht aufgrund der Ehe der Beklagten zu 1) zugerechnet werden. Es besteht somit bereits kein Anspruch gegen die Beklagte zu 1), da diese nach Überzeugung des Gerichts nicht Störerin bzw. Schuldnerin i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB ist.

II.

Die Klagepartei hat ebenso keinen Anspruch auf Unterlassung gegen den Beklagten zu 2), mangels anzunehmender Wiederholungsgefahr.

1.

Schutzgut von § 1004 Abs. 1 BGB sind alle Beeinträchtigungen, Die nicht in § 985 geregelt sind. Unter Beeinträchtigung ist jeder dem Inhalt des Eigentums (§ 903) widersprechender, nach Dauer und Intensität nicht nur ganz unerheblicher Eingriff in die rechtliche oder tatsächliche Herrschaftsmacht des Eigentümers zu verstehen (Palandt/Herrler, 80. Aufl. 2021, BGB § 1004 Rn. 5 f.). Auch das Verschmutzen (genauer: der noch andauernde Vorgang der Verschmutzungshandlung) eines Grundstücks oder das Abstellen einer Sache auf einem fremden Grundstück stellt eine Eigentumsbeeinträchtigung dar (BeckOGK/Spohnheimer, 1.11.2021, BGB § 1004 Rn. 81).

Nach der durchgeführten Anhörung der Parteien kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass eine Beeinträchtigung durch Verbringung des Laubes vorlag.

Die Klägerin zu 1) gab hierzu in der mündlichen Verhandlung an, dass sie dem Beklagten zu 2) gesehen habe wie dieser Schaufel und Besen Laub zusammen gekehrt habe und dann in den Zwischenraum hinein hat fallen lassen (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 2, Bl. 41 d. A.).

Der Kläger zu 2) gab hierzu an, dass er den Vorfall selbst nicht wahrgenommen habe,, er aber Gehalt gesehen habe, dass der Beklagte zu 2) am Gartenzaun unterwegs gewesen sei und dort gearbeitet habe (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 2, Bl. 41 d. A.).

Der Beklagte zu 2 gab hierzu an, dass er im Jahr 2019 ist einmal dazu gekommen sei, dass er ein bisschen Laub dazwischen geworfen habe. Er habe das ganze zusammen gekehrt in einem Plastikeimer getan. Danach habe er dieses Laub genommen und habe es in den Spalt dazwischen geworfen (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 3, Bl. 42 d. A.).

Bereits aufgrund der Aussagen der Klagepartei selbst kommt das Gericht zu der Überzeugung, dass der Beklagte zu 2) im Jahr 2019 Laub in den Zwischenbereich zwischen dem Palisadenzaun und dem Maschendrahtzaun geworfen hat. Dagegen konnte nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt werden, dass auch noch weitere Gartenabfälle und sonstiger Unrat durch den Beklagten zu 2) auf das Grundstück der Klagepartei verbracht wurde. Insoweit bestand bereits keine Eigentumsbeeinträchtigung.

2.

Der Beklagte zu 2) ist zwar Handlungsstörer, da er das Laub in den Zwischenbereich verbracht hat und dies somit eine Beeinträchtigung darstellt, die adäquat kausal durch den Beklagten zu 2) verursacht wurde, jedoch kommt das Gericht nicht zu der Überzeugung gelangen, dass eine Wiederholungsgefahr gem. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB vorliegt, weshalb der Klagepartei kein Anspruch auf Unterlassung gem. § 1004 BGB zusteht.

Für die Wiederholungsgefahr ist erforderlich, dass eine auf Tatsachen gegründete objektive ernstliche Besorgnis weiterer Störungen vorliegt, maßgeblich ist hierbei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Aufgrund des Wegfalls der Wiederholungsgefahr erlischt der Anspruch, wobei das Gericht hierbei nicht verkennt, dass eine erstmals ernsthaft drohende Beeinträchtigung ausreichend ist (Palandt/Herrler, 80. Aufl. 2021, BGB § 1004 Rn. 32). Hat grundsätzlich bereits eine Eigentumsbeeinträchtigung stattgefunden, so soll die Wiederholungsgefahr zu vermuten sein. Es liegt dann am Anspruchsgegner, diese Vermutung zu widerlegen (BeckOGK/Spohnheimer, 1.11.2021, BGB § 1004 Rn. 269).

Die Klägerin zu 1) gab hierzu an, dass sie gesehen habe wie der Beklagte zu 2 Laub in den Zwischenraum hat fallen lassen. [Aufgrund der Wahrnehmungen des Klägers zu 2) im Jahr 2020] sei Sie herausgegangen und habe dann um die Ecke geschaut und habe dann gesehen, dass der Beklagte zu 2 wieder Laub in den Abstand dort hineingeschmissen habe. Sie habe definitiv wahrgenommen, dass der Beklagte im Jahr 2020 gezielt Laub in dem Bereich geschmissen habe (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 2 f., Bl. 41 f. d. A.).

Der Kläger zu 2 gab an, dass er im Jahr 2019 den Vorfall nicht genau wahrgenommen habe, aber gesehen habe, dass der Beklagte zu 2 am Gartenzaun unterwegs gewesen sei und dort gearbeitet habe. Im Laufe des Tages habe er geschaut und haben festgestellt, dass auffällig viel Laub im Zwischenraum läge. Danach haben sie das ganze auch beim Beklagten zu 2) angesprochen. Zumindest sei das Ergebnis gewesen, dass das Laub danach nach ein paar Tagen entfernt worden sei (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 2, Bl. 41 d. A.).

Die Beklagte zu 1) gab hierzu in der mündlichen Verhandlung an, dass es damals im Jahr 2019 so gewesen sei, dass eine Plastikplane unter dem Palisadenzaun gelegt worden sei, was jedoch herausgeschaut habe. Sie müsse angeben, dass das Ganze ja auch schön gemacht worden sei danach. Inzwischen seien dort kleines Steine dazwischen. Das sähe sehr ordentlich aus, weshalb für sie auch kein Grund mehr da sei, dass man etwas zum Abdecken hineinlegen sollte (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 3, Bl. 42 d. A.).

Der Beklagte zu 2) gab an dass er im Jahr 2019 das Laub genommen habe und es in den Spalt dazwischen geworfen habe. Er habe das Laub dort hineingeschmissen, damit man das Plastik nicht mehr sehr hell und das ganze abgedeckt werde. Er könne angeben, dass er das Ganze auch nie wieder wiederholt habe. Er möchte das auch nicht nochmal wiederholen (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 3, Bl. 42 d. A.).

Des Weiteren wurden zur Veranschaulichung der Örtlichkeit in der mündlichen Verhandlung 4 weitere Fotos zu Protokoll genommen (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.2021, Seite 2, Bl. 41 d. A.).

Aufgrund der durchgeführten informatorischen Anhörung kommt das Gericht jedoch zu dem Ergebnis, dass die Wiederholungsgefahr fortgefallen ist, da der Beklagte zu 2) laut eigener Angabe der Klagepartei das Laub nach dem Vorfall im Jahr 2019 selbständig entfernt hat. Zwar gibt die Klagepartei an, dass es im Jahr 2020 zu einem erneuten Vorfall gekommen sei, jedoch konnte dies nicht zur Überzeugung des Gerichts ausreichend dargelegt und bewiesen werden. Insoweit ist bezüglich der Aussagen der Klagepartei zu berücksichtigen, dass sie als Partei ein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens hat. Aufgrund der durchgeführten informatorischen Anhörung konnte sich bezüglich der vorgetragenen weiteren Vorfälle im Jahr 2020 das Gericht nicht entsprechend der Voraussetzungen von § 286 ZPO überzeugen, welcher Vortrag insoweit der Wahrheit entspricht.

Es konnte jedoch zur Überzeugung des Gerichts dargelegt werden, dass keine Besorgnis weiterer Störungen besteht. Insoweit ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die Beklagtenpartei den Vorfall im Jahr 2019 unumwunden zu gibt und sich entsprechend selbst belastet. Des Weiteren ist bei dem vorgelegten Bild vom 02.11.2021 um 9:25 Uhr (Beschreibung auf Rückseite des Bildes) entsprechend des Vortrages der Beklagten zu 1) unter dem Laub an manchen Stellen die beschriebenen kleinen Steine zu sehen. Es erscheint dem Gericht aus diesem Grund plausibel, dass die Beklagtenpartei kein eigenes Interesse daran hat, weitere Beeinträchtigungen vorzunehmen. Auch führt die Nichtteilnahme am Schlichtungsverfahren, insbesondere unter Berücksichtigung der allgemeinen Coronasituation sowie das nicht Unterschreiben der strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht dazu, dass das Gericht annimmt, dass weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass das Gericht annimmt, dass die Situation für den Beklagten zu 2) im Jahr 2019 aufgrund der vorgenommenen Beseitigung durch ihn selbst erledigt war, weshalb es für das Gericht plausibel erscheint, dass er eine solche Unterlassungserklärung nach über einem Jahr nach dem bereits zwischen den Parteien besprochenen Vorfall nicht unterschreibt.

Zusätzlich erscheint es dem Gericht zudem plausibel, dass insbesondere aufgrund eines Windes es nachvollziehbar ist, dass sich das Laub insbesondere in dem Zwischenbereich zwischen dem Palisadenzaun und dem Maschendrahtzaun sammelt. Zu dieser Überzeugung gelangt das Gericht insbesondere aufgrund der weiteren vorgelegten Bilder vom 02.11.2021 um 8:24 Uhr sowie der Bilder welche mit dem Schriftsatz vom 21.09.2021 eingereicht wurden (Blatt 25 f. d. A.).

III.

Mangels begründeter Hauptforderung (s. oben) besteht auch kein Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren.

IV.

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nummer 11, 711 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 3 ZPO. Wertbestimmend für die Festsetzung des Streitwerts ist dabei die zu schätzende Beeinträchtigung, die von dem beanstandenden Verhalten zu besorgen ist und die beseitigt werden soll. Bei mehreren Beklagten eines inhaltsgleichen Eintrages sind die Werte zu addieren (Zöller/Herget, 33. Aufl. 2020, ZPO § 3 Rn. 16.170). Das Gericht schätzt den Streitwert somit auf 500,- €, wobei dieser sich gegen zwei Beklagte richtet, weshalb sich ein Gesamtwert von 1.000,- € ergibt.