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Kommt in Brandenburg doch eine Tariftreue-Regelung?

Kommt in Brandenburg doch eine Tariftreue-Regelung?

Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gelten im Bundesland Brandenburg nur in 17 Prozent der Betriebe Tarifverträge. Das entspreche 47 Prozent der Beschäftigten. Nun drängt der DGB Bezirk Berlin-Brandenburg die Parteien des Landes, mehr für Tariftreue zu tun.

Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) will nun prüfen, ob eine Übernahme der Berliner Tariftreuepflicht für öffentlich Aufträge sinnvoll und möglich ist. Eigentlich hatte er auf Vorgaben des Bundes gehofft. Die lassen aber auf sich warten. In Berlin gilt seit Dezember 2022, dass öffentliche Aufträge des Landes nur noch an Unternehmen gehen, die nach Tarif bezahlen.

Erneut akut geworden war die Debatte im Februar aufgrund einer Forderung der Linksfraktion. Die Oppositionspartei wollte von der schwarz-rot-grünen Landesregierung bis Mai einen Plan zur Stärkung der Tarifbindung. Auch wenn sie damit im Landtag keine Mehrheit erhielt, drängt die SPD ebenfalls, nicht mehr länger zu warten.

In Brandenburg gilt derzeit ein Mindestlohn von 13 Euro pro Stunde für die Vergabe öffentlicher Aufträge. Am 22. September wird ein neuer Landtag gewählt.

(Quelle: Vergabe24)

Vergaberecht soll allein den Landgerichten zugeordnet werden

Vergaberecht soll allein den Landgerichten zugeordnet werden

Das Justizministerium bereitet ein Gesetz vor, das die Arbeit zwischen Amts- und Landgerichten neu ordnen soll. Vergaberecht würde nach dem derzeitigen Referentenentwurf den Landgerichten zugeordnet.

Das Bundesjustizministerium will die Zuständigkeiten zwischen Amts- und Landgerichten überarbeiten und hat im März einen entsprechenden Referentenentwurf vorgelegt. Hintergrund der Bestrebungen ist zum einen, dass in Zivilsachen immer weniger erstinstanzliche Verfahren bei den Amtsgerichten landen und mindestens kleinere Standorte perspektivisch Gefahr laufen könnten, geschlossen werden zu müssen. Zum anderen strebt das Ministerium eine höhere Spezialisierung der Gerichte an.

Aus diesem Grund sollen „Streitigkeiten aus dem Bereich der Vergabesachen, der Heilbehandlungen sowie der Veröffentlichungsstreitigkeiten“ den Landgerichten zugewiesen werden, wie im Referentenentwurf aufgezählt wird. Der Streitwert spielt dabei keine Rolle. Amtsgerichte werden gestärkt, indem der Streitwert für Verfahren dort von 5000 auf 8000 Euro angehoben werden soll. Außerdem sollen sie sich unabhängig vom Streitwert um Nachbarschaftssachen kümmern, da hier die Ortsnähe oft eine besondere Rolle spiele.

Mit den Änderungen wird ein veränderter Personalbedarf der verschiedenen Ebenen einhergehen.

(Quelle: Vergabe24)

Aktuelle Entscheidungen im Volltext (4) – OLG Schleswig zu der Frage, dass eine Änderung der Vergabeunterlagen vorliegt, wenn der Bieter manipulativ in die Vergabeunterlagen eingreift, indem er ein von den Vorgaben abweichendes Angebot macht, das bei einem Wegdenken der Abweichungen unvollständig bleibt

Aktuelle Entscheidungen im Volltext (4) - OLG Schleswig zu der Frage, dass eine Änderung der Vergabeunterlagen vorliegt, wenn der Bieter manipulativ in die Vergabeunterlagen eingreift, indem er ein von den Vorgaben abweichendes Angebot macht, das bei einem Wegdenken der Abweichungen unvollständig bleibt

vorgestellt von Thomas Ax

Der Bieter muss sich festlegen, welches Angebot er abgeben will. Die Zulassung von Alternativangeboten oder Angeboten, die unter eine Bedingung gestellt werden, ist vergaberechtswidrig.
Die Abgabe eines nicht zugelassenen Nebenangebots führt nur zum Ausschluss des Nebenangebots.
Eine Änderung der Vergabeunterlagen ist unzulässig. Eine solche Änderung liegt vor, wenn der Bieter manipulativ in die Vergabeunterlagen eingreift, indem er ein von den Vorgaben abweichendes Angebot macht, das bei einem Wegdenken der Abweichungen unvollständig bleibt.
Ein Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt nicht in Betracht. Etwaige Unklarheiten sind im Wege der Aufklärung zu beseitigen.
Ein manipulativer Eingriff in die Vergabeunterlagen durch den Bieter liegt vor, wenn er sein Angebot nicht auf die anzubietende Typenanzahl (hier: von Fahrzeugen) beschränkt, sondern unter Erweiterung des Kalkulationsblatts bzw. unter Hinzufügung einer zweiten Seite eine höhere Typenanzahl als gefordert anbietet.
Das Verfahren über die Nachforderung von Unterlagen ist, wie das gesamte Vergabeverfahren, zu dokumentieren. Verstöße gegen die Dokumentationspflicht kann ein Bieter als Rechtsverstöße rügen, wenn er durch sie benachteiligt wird.
Eine unterlassene Dokumentation kann geheilt werden. Das gilt allerdings nicht, wenn die Gefahr einer Manipulation der nachgereichten Dokumentation nicht ausgeschlossen werden kann.
Um sicherzustellen, dass die Aufhebung der Ausschreibung nicht zur Diskriminierung einzelner Bieter missbraucht werden kann, ist eine Aufhebung nur in engen Grenzen zulässig. Die Annahme eines Aufhebungsgrunds setzt voraus, dass ein Umstand nachträglich eingetreten ist oder dem Auftraggeber anfänglich nicht bekannt sein konnte und der Auftraggeber diesen Umstand nicht zu vertreten hat.
OLG Schleswig, Beschluss vom 28.03.2024 – 54 Verg 2/23

Gründe

I.

Der Antragsgegner schrieb mit Bekanntmachung vom 04.10.2022 Leistungen zur Schülerbeförderung im Kreis ### aus. Die Vertragslaufzeit soll von August 2023 bis August 2029 dauern. Sie soll einmalig um 24 Monate verlängerbar sein. Ausgeschrieben wurden drei Lose für die drei anzufahrenden Schulen.

In Ziff. 1 der Aufforderung zur Angebotsabgabe wird darauf hingewiesen, dass einige Kinder wegen Anfallsleiden oder unberechenbaren Verhaltensweisen eine individuelle Begleitung auch während der Busfahrt benötigten. Die Bieter konnten nach Ziff. 2 Angebote für eines oder mehrere Lose abgeben. Gaben sie Angebote für alle drei Lose ab, konnten sie daneben auch ein Gesamtangebot abgeben. Nach Ziff. 4 war der anliegende Verkehrsvertrag als Vertragsgrundlage anzuerkennen. Der Zuschlag sollte nach Ziff. 3.6 auf das wirtschaftlichste Angebot erfolgen. Dazu sollte eine Wertungssumme in einem anliegenden Kalkulationsblatt errechnet werden. Nach Ziff. 4.2 waren im Kalkulationsblatt die Fahrzeugtypen, deren Anzahl und deren Kapazität anzugeben. Änderungen an dem Kalkulationsblatt waren nicht zulässig. Tourenpläne waren nicht einzureichen, jedoch behielt sich der Antragsgegner die Nachforderung vor. Den Zuschlag sollte das günstigste abgegebene Gesamtangebot erhalten, wenn nicht die Summe der günstigsten Einzelangebote darunter lag.

Nach Ziff. 2.1.1 des Verkehrsvertrages ist sicherzustellen, dass für von Sorgeberechtigten oder anderen Institutionen zu stellendes Begleitpersonal in unmittelbarer Nähe zu dem zu befördernden Schüler ein Sitzplatz zur Verfügung gestellt wird. Da bei einem Eintreffen des Transports früher als 15 Minuten vor Unterrichtsbeginn eine Betreuung der Schüler durch die Bediensteten der Schulen nicht gewährleistet ist, hat der Auftragnehmer die Betreuung zu übernehmen, bis das Schulpersonal eintrifft.

Auf die Bieterfrage ID 4 nach dem Begleitpersonal antwortete der Antragsgegner, dass für jedes entsprechend markierte Kind eine Person mitfahre, für jedes Kind jeweils eine Begleitperson vorgesehen sei und diese mit dem Kind ein- und aussteige.

Unter anderem die Antragstellerin und die Beigeladene gaben Angebote jeweils auf alle drei Lose und ein Gesamtangebot ab. Mit Schreiben vom 05.01.2023 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass der Zuschlag auf das Gesamtangebot der Beigeladenen erfolgen solle. Das Angebot der Antragstellerin sei nicht das wirtschaftlichste gewesen.

Die Antragstellerin rügte, der Antragsgegner habe das Angebot der Beigeladenen nicht auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Deren Angebot müsse ausgeschlossen werden, weil es inhaltlich von den Vergabeunterlagen abweiche. Nach Zurückweisung der Rüge stellte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag. Die Vergabekammer (VK-SH 01/23) untersagte dem Antragsgegner mit Beschluss vom 20.02.2023, den Auftrag auf der Grundlage der bisherigen Wertung zu erteilen, setzte das Vergabeverfahren in den Stand vor der Angebotswertung zurück und gab dem Antragsgegner auf, das Verfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer fortzusetzen. Sie begründete das im Wesentlichen damit, dass der Antragsgegner bei der Angebotsprüfung nach § 60 VgV den von ihm ermittelten Erwartungswert als Maßstab zugrunde gelegt habe. Diesem fehle ein Bezug zur ausgeschriebenen Leistung, insbesondere sei die Preisentwicklung nicht berücksichtigt. Der Antragsgegner sollte würdigen, dass die Beigeladene im Kalkulationsblatt nicht alle geforderten Angaben, jedenfalls nicht in der geforderten Form, gemacht habe, und prüfen, ob nach den Angeboten die ausgeschriebene Leistung, insbesondere hinsichtlich der Schulbegleitung, erbracht werden könne.

Der Antragsgegner stellte – teils noch vor dem Beschluss der Vergabekammer – an die Beigeladene per E-Mail und telefonisch Nachfragen wegen der angebotenen Fahrzeugtypen und der Kapazitäten, die die Beigeladene beantwortete. Er forderte die Kalkulation der Beigeladenen an, die er einer Prüfung unterzog.

Mit Schreiben vom 14.03.2023, hinsichtlich der Wartefrist geändert mit Schreiben vom 23.03.2023, teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, er beabsichtige, den Zuschlag auf das Gesamtangebot der Beigeladenen zu erteilen, da dieses die günstigste Wertungssumme aufweise. Mit E-Mail vom 23.03.2023 rügte die Antragstellerin, die Prüfung des Angebots der Beigeladenen sei nicht nach den Vorgaben der Vergabekammer erfolgt. Deren Angebot sei auszuschließen, weil das Kalkulationsblatt nicht alle geforderten Angaben enthalten habe. Es entspreche nicht den Anforderungen der Leistungsbeschreibung, da keine Rollstuhlplätze angeboten worden seien. Nach den Vorgaben hätten für die einzelnen Fahrzeugtypen getrennte Angaben gemacht werden sollen. Ohne solche Angaben sei die Berechnung der Vergütung für Mehr- oder Minderleistungen anhand der verschiedenen Fahrzeugtypen nicht möglich. Unter dem 24.03.2023 stellte die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag. Nachfolgend am 24.03.2023 rügte sie, die Angebotsprüfung sei hinsichtlich des Preises und der Einhaltung der Anforderungen aus der Ausschreibung im Vergleich mit ihrer eigenen Kalkulation nicht ordnungsgemäß gewesen.

Zur Begründung ihres Nachprüfungsantrags hat die Antragstellerin im Wesentlichen ausgeführt, das Angebot der Beigeladenen sei unvollständig. Sie habe nicht die im Kalkulationsblatt geforderten Angaben gemacht. Eine Trennung zwischen den Fahrzeugtypen sei nicht erfolgt. Rollstuhlplätze seien nicht gesondert ausgewiesen. Da die Besetzt-Kilometer nicht eindeutig zugeordnet seien, könne später nicht vertragskonform abgerechnet werden. Das gelte insbesondere bei einer Änderung der Anzahl der zu befördernden Personen.

Die Beigeladene habe kein Angebot abgegeben, das der Leistungsbeschreibung entspreche. Sie habe eine Kapazität von 342 Plätzen angegeben, zu befördern seien jedoch 343 Personen. Die Schulbegleitung könne nicht gleichzeitig fahren, weil sie dann ihrer Betreuungsaufgabe nicht nachkommen könne. Zudem sei damit zu kalkulieren gewesen, dass gleichzeitig mehrere Kinder mit Begleitung zu transportieren seien. Die Kosten für die als Fahrer eingesetzten Begleiter habe die Beigeladene nicht berücksichtigt.

Die Beigeladene habe verschiedene Kalkulationsblätter eingereicht. Sie habe darin widersprüchliche Angaben gemacht, was zu einem Ausschluss des Angebots führe. Eine Änderung der Fahrzeugtypen oder der Anzahl der zu transportierenden Personen führe zu einer Änderung der Kalkulation.

Es sei festzustellen, dass der Preis erheblich abweiche. Der Antragsgegner habe die Fahrpläne anfordern müssen, um festzustellen, dass die Anforderungen aus der Leistungsbeschreibung und den Schülerlisten nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Sie habe die Kalkulation überprüfen müssen, um festzustellen, ob alle relevanten Umstände berücksichtigt seien, insbesondere Kosten für rollstuhlgerechte Fahrzeuge.

An die Beigeladene seien unzulässig mehrfache Nachfragen gestellt worden. Sie habe Unterlagen nachgebessert. Die Beigeladene habe ihre angeforderte Kalkulation erst am 02.03.2023 und damit nach Ablauf der bis zum 01.03.2023 gesetzten Frist eingereicht. Die behauptete Fristverlängerung sei nicht dokumentiert.

Der Zuschlag dürfe nicht erteilt werden, weil die Wartefrist nicht zutreffend mitgeteilt worden sei.

Die Antragstellerin hat beantragt,

dem Antragsgegner aufzugeben, den Zuschlag im Ausschreibungsverfahren Vergabe vom freigestellten Schülerverkehr nicht der Beigeladenen zu erteilen;

dem Antragsgegner aufzugeben, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die von der Vergabekammer festgestellten Rechtsverletzung zu beseitigen;

hilfsweise für den Fall der Erledigung des Nachprüfungsverfahrens durch Erteilung des Zuschlages durch Aufhebung oder in sonstiger Weise festzustellen, dass eine Rechtsgutverletzung vorgelegen hat;

dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen;

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch ihn für notwendig zu erklären;

der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Der Antragsgegner hat im Wesentlichen ausgeführt, er sei den Vorgaben der Vergabekammer aus dem Beschluss vom 20.02.2023 nachgekommen. Er habe hinsichtlich der Fahrzeugtypen und der ausreichenden Fahrzeugkapazität nachgefragt. Die Beigeladene habe mitgeteilt, dass insgesamt 342 Plätze vorhanden seien. Er habe die Kalkulation angefordert, erhalten, geprüft und sie für auskömmlich angesehen.

Es sei zwar richtig, dass insgesamt 343 Personen zu befördern seien. Aus den Vergabeunterlagen ergebe sich aber nicht, dass die Zahl der Plätze dem entsprechen müsse. Nach den Vorgaben sei das Angebot der Beigeladenen umsetzbar. Es sei nach den Vergabeunterlagen nicht ausgeschlossen, ein Fahrzeug für mehrere Transporte zu nutzen. Ein Transport könne die Schüler absetzen und sodann die in der Nähe der Schule wohnenden Schüler abholen. Für den Fall, dass die zunächst ankommenden Schüler früher als 15 Minuten vor Schulbeginn abgesetzt werden müssten, könne die Beaufsichtigung aufgrund der Vielzahl ankommender Fahrzeuge durch andere Fahrer übernommen werden. Nach Schulschluss könnten die in der Nähe wohnenden Schüler zunächst nach Hause gefahren werden und könnten die Fahrzeuge sodann zurückkehren, um die übrigen Schüler aufzunehmen.

Die Beigeladene habe am 30.11.2022 mitgeteilt, dass sie ein Kalkulationsblatt mit einer Begrenzung auf sechs Fahrzeugtypen sowie zwei weitere, zusammengehörige Kalkulationsblätter mit sechs und zwei Zeilen, insgesamt acht Fahrzeugtypen, eingereicht habe. Er, der Antragsgegner, habe die Zulässigkeit dieses Vorgehens bestätigt. In dem auf sechs Fahrzeugtypen begrenzten Kalkulationsblatt seien Fahrzeugtypen zusammengefasst worden. Es sei möglich, die Fahrzeuge mit einem Sitz mehr auszustatten, sodass tatsächlich die ausgewiesenen 342 Plätze zur Verfügung stünden. Gehe man von dem Angebot mit acht Fahrzeugtypen aus, ergäben sich zwar nur 329 Plätze. Das sei aber ausreichend, weil die Beigeladene damit kalkuliert habe, dass ein wesentlicher Teil der Schulbegleitungen als Fahrer eingesetzt werde. Das werde durch die Vergabeunterlagen nicht ausgeschlossen und sei für die Begleitpersonen wirtschaftlich attraktiv.

Die Beigeladene habe am 15.02.2023 kein neues Preisblatt eingereicht, sondern es handele sich um das am 30.11.2022 alternativ eingereichte Preisblatt, das für die Vergabe nicht maßgeblich sei. Änderungen des Fahrzeugtyps führten nicht zu Änderungen des Preises je Besetzt-Kilometer.

Die geprüfte Kalkulation der Beigeladenen lasse erwarten, dass sie die angebotene Leistung erbringen werde. Insbesondere reichten die kalkulierten Personalkosten, um den Mindestlohn abzudecken.

Die für die Erläuterung der Kalkulation auf den 02.03.2023 gesetzte Frist sei auf telefonische Bitte der Beigeladenen bis zum 02.03.2023 verlängert worden. Das habe der zuständige Mitarbeiter auf der E-Mail vom 24.02.2023 handschriftlich vermerkt.

Die Beigeladene hat an der Verhandlung bei der Vergabekammer teilgenommen und die Kalkulation ihres Angebots erläutert. Sie hat keinen Antrag gestellt.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag sei nur teilweise zulässig. Mit der Rüge vom 24.03.2023, die Beigeladene habe mit ihrem Preis die umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Anforderungen nicht eingehalten, sei die Antragstellerin präkludiert. Sie kenne ihre eigene Kalkulation als Indiz für die Rüge mindestens seit der Angebotsabgabe, habe aber die Rüge erst am Tag der Stellung des Nachprüfungsantrags zeitlich nachfolgend erhoben. Die Behauptung, die Beigeladene habe nicht mit rollstuhlgerechten Fahrzeugen angeboten, habe keine erkennbare Grundlage.

Der Antrag sei unbegründet. Zwar sei die Dokumentation unzureichend, jedoch sei auf der Grundlage der Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung, insbesondere durch die Ergänzungen der Beigeladenen, kein Vergaberechtsverstoß feststellbar, der sich zu Lasten der Antragstellerin ausgewirkt habe.

Die Beigeladene sei nicht aufgrund eines widersprüchlichen Angebots oder einer Veränderung der Vergabeunterlagen auszuschließen. Das hilfsweise eingereichte Kalkulationsblatt, das der Vergabeakte nicht beigefügt sei, sei weder als Alternativ- noch als zweites Hauptangebot zu berücksichtigen. Zwar sei die Frage der Gestaltung des Kalkulationsblatts von der Beigeladenen rechtzeitig vor Angebotsabgabe zu klären gewesen. Aus ihrer E-Mail vom 30.11.2023 ergebe sich aber, dass sie das auf zwei Blätter verteilte Angebot habe abgeben wollen. In der Verwendung von zwei Kalkulationsblättern liege keine inhaltliche manipulative Änderung der Vergabeunterlagen. Jedenfalls entstehe der Antragstellerin durch einen unterlassenen Ausschluss des Gesamtangebots der Beigeladenen kein Schaden, da bei einem Ausschluss des Gesamtangebots der Zuschlag auf die jeweils preislich günstigsten Einzelangebote der Beigeladenen zu erteilen wäre.

Die Bewertung des Antragsgegners, dass die Beigeladene den Auftrag ausschreibungskonform umsetzen könne, sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner habe nicht die Tourenpläne anfordern müssen. Zwar sei ohne die Pläne nur eingeschränkt prüfbar, ob die Beigeladene mit der angegebenen Kilometerleistung und der angegebenen Kapazität den Auftrag umsetzen könne. Jedoch habe die Antragstellerin früher rügen müssen, dass in den Vergabeunterlagen offengeblieben sei, wann eine Anforderung der Tourenpläne erfolgen solle.

Es sei nachvollziehbar, dass die von der Beigeladenen angebotenen Kapazitäten unter Berücksichtigung von im Rahmen der angegebenen Kilometerzahl möglichen Doppelfahrten ausreichend sei. Zwar bleibe das mit der E-Mail vom 15.02.2023 eingereichte Kalkulationsblatt unberücksichtigt, weil die Beigeladene mit konkreten Platzzahlen angeboten habe und eine Änderung der Platzzahlen eine Änderung des Preises zur Folge habe. Auch könnten die Schulbegleiter nicht als Fahrer eingesetzt werden, weil das im Widerspruch zu den Vergabeunterlagen stehe. Darin werde von einer unmittelbaren, lückenlosen und individuellen Schulbegleitung ausgegangen. Ließe man zu, dass Schulbegleiter als Fahrer eingesetzt würden, liege darin eine Änderung der Vergabeunterlagen. Es seien jedoch Doppelfahrten möglich, die durch die Vergabeunterlagen nicht ausgeschlossen würden. Der Abgleich der Besetzt-Kilometer aus den verschiedenen Angeboten lasse diese Möglichkeit plausibel erscheinen. Die Beigeladene habe in der mündlichen Verhandlung erklärt, die Besetzt-Kilometer in ihrem Angebot seien so kalkuliert, dass die erforderlichen Doppelfahrten möglich seien.

Das Angebot der Beigeladenen habe nicht wegen fehlender Angaben zum Fahrzeugtyp ausgeschlossen werden müssen. Zwar seien die Angaben unvollständig gewesen, denn der Fahrzeugtyp sei neben der von der Beigeladenen ausschließlich aufgeführten Sitzplatzanzahl anzugeben gewesen. Der Fahrzeugtyp sei jedoch nicht relevant für den Zuschlag, denn es hätten alle Bieter die Vergabeunterlagen so verstanden, dass auch Fahrzeuge gleichen Typs mit unterschiedlichen Preisen angeboten werden könnten. Der Antragsgegner habe deswegen die Angaben nachfordern können. Die Beigeladene habe den Fahrzeugtyp auf Nachforderung mitgeteilt.

Die Frist für die Beantwortung der Aufklärungsfrage vom 24.02.2023 sei verlängert worden, was sich aus einer Notiz in der Vergabeakte ergebe.

Hinsichtlich der Zweifel, ob das Angebot der Beigeladenen umsetzbar sei, sei die Dokumentation nicht ausreichend, um die Vergabeentscheidung nachvollziehbar zu machen. Die Antragstellerin habe allerdings keinen Anspruch darauf, dass der Antragsgegner die Fahrpläne von der Beigeladenen anfordere. Er müsse nur zu der Überzeugung gelangen können, dass der Auftrag entsprechend der Vorgaben ausgeführt werden könne. Er könne sich zwar auf die Angaben der Beigeladenen verlassen, die Entscheidung müsse aber nachprüfbar sein. An sich sei nur unter Heranziehung der konkreten Umsetzung nachvollziehbar, ob die Beigeladene mit der angebotenen Fahrgastkapazität und den angebotenen Besetztkilometern den Auftrag erfüllen könne. Ohne weitere Erläuterungen sei etwa der Umfang etwaiger Doppelfahrten nicht nachvollziehbar. Anhand der Angaben in der mündlichen Verhandlung sei die Umsetzbarkeit aber nachvollziehbar geworden.

Nachdem der Senat mit Beschluss vom 06.07.2023 die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über sie angeordnet hatte, und vor dem auf den 02.11.2023 anberaumten Verhandlungstermin hob der Antragsgegner das Vergabeverfahren mit Schreiben an die Beigeladene und die Antragstellerin vom 30.10.2023 (Anlage zum Schriftsatz des Antragstellervertreters vom 30.10.2023, Bl. 174 f. d. A.) auf. Die Grundlage des Vergabeverfahrens sei wesentlich verändert, weil aufgrund der Dauer des Nachprüfungsverfahrens die Vergabe für sechs Schuljahre ab 2023/24 nicht mehr möglich sei und ein neuer Zeitraum festgelegt werden müsse. Es lägen andere schwerwiegende Gründe vor, weil die Sach- und Personalkosten während des Nachprüfungsverfahrens gestiegen seien und sie dadurch die Kalkulationsgrundlagen massiv geändert hätten. Ein Festhalten an den Preisen aus den Angeboten aus November 2022 sei nicht möglich. Er beabsichtige eine Neuausschreibung.

Eine Rüge der Antragstellerin vom 03.11.2023 gegen die Aufhebung des Vergabeverfahrens wies der Antragsgegner mit Schreiben vom 17.11.2023 (Bl. 195 ff. d. A.) zurück. Neben den im Schreiben vom 30.10.2023 genannten Gründen führte er aus, er habe keine Begrenzung der Angebote auf sechs Fahrzeugtypen vornehmen wollen. Das habe seinem Interesse an wirtschaftlichen Angeboten widersprochen. Ebenso wenig habe er den Einsatz von Begleitpersonen als Fahrer ausschließen wollen. Dieser Einsatz stelle ein Einsparpotential dar. Das durch den Beschluss des Senats vom 06.07.2023 zur Kenntnis gekommene Verständnis der Vergabeunterlagen entspreche nicht seiner Vergabeabsicht.

Zur Begründung ihrer frist- und formgerecht eingelegten und begründeten sofortigen Beschwerde führt die Antragstellerin im Wesentlichen aus, ihr Antrag sei insgesamt zulässig. Grundlage für die Rüge, die Beigeladene habe keine rollstuhlgerechten Fahrzeuge angeboten, sei die Angabe der Beigeladenen, es handele sich um „8-Sitzer“. Die Rüge vom 24.03.2023 sei nicht präkludiert. Die Frist des § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB dürfe ausgenutzt werden.

Die Entscheidung der Vergabekammer sei widersprüchlich, soweit sie einen Dokumentationsmangel feststelle, aber zu dem Ergebnis komme, die Vergabeentscheidung sei aufgrund des Vortrags in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar. Die Heilung von Dokumentationsmängeln sei ausgeschlossen, wenn durch sie keine wettbewerbskonforme Auftragserteilung mehr möglich sei. Wenn die Vergabekammer die Ausführungen des Antragsgegners für unzureichend halte, jedoch eine Plausibilität aufgrund der Erläuterungen der Beigeladenen annehme, setze sie ihre Entscheidung an die Stelle der Entscheidung des Antragsgegners.

Die Beigeladene habe zwei Angebote mit abweichenden Angaben hinsichtlich der Fahrzeugkapazität abgegeben. Es lägen zwei Kalkulationen mit unterschiedlichen Fahrplänen und Angebotsinhalten vor. Der Antragsgegner habe jedoch suggeriert, es gebe nur ein Angebot. Aus diesen Feststellungen habe die Vergabekammer nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen. Alternativ- oder Nebenangebote seien nicht zulässig gewesen. Ein widersprüchliches und mit Bedingungen versehenes Angebot dürfe nicht den Zuschlag erhalten. Das Vorgehen der Beigeladenen sei manipulativ, denn es gehe darum, die Zahl der Sitzplätze offen zu lassen, um auf den Preis einwirken zu können. Die Annahme der Vergabekammer, sie sei durch das widersprüchliche Gesamtangebot nicht beeinträchtigt, sei unverständlich, denn die Beigeladene habe ein Gesamtangebot abgeben wollen. Dieses könne nicht in ein unzulässiges Gesamtangebot und zulässige Einzelangebote aufgespalten werden. Im Preisblatt hätten die Angaben zum Fahrzeugtyp gefehlt. Zudem sei die Kalkulation der Einzelangebote keiner Prüfung nach § 60 VgV unterzogen worden. Die Rüge der Beigeladenen vom 30.11.2022 hinsichtlich der Gestaltung des Kalkulationsblatts sei verspätet gewesen. Das Preisblatt sei der Beigeladenen lange bekannt gewesen. Die Abgabe von zwei Angeboten unterstreiche ihre manipulative Absicht. Die Bestätigung der Zulässigkeit durch den Antragsgegner habe gegen das Gleichbehandlungsprinzip verstoßen.

Das Angebot der Beigeladenen müsse ausgeschlossen werden, weil es immer noch unvollständig und uneindeutig sei und nicht alle geforderten oder nachgeforderten Unterlagen enthalte. Die Dokumentation der Aufklärung sei unvollständig. Es fehle die Anfrage, auf die die Beigeladene mit E-Mails vom 14. und 15.02.2023 geantwortet habe. Zur E-Mail vom 15.02.2023 seien nicht alle Anlagen vorhanden. Die E-Mails der Beigeladenen vom 08.02. und vom 15.02.2023 beträfen verschiedene Angebotsalternativen. Auf die Anfrage des Antragsgegners deswegen hinsichtlich der Fahrzeugtypen „S7“ und „S8“ vom 24.02.2023 habe die Beigeladene geantwortet, dass in die Fahrzeuge „S7“ ein weiterer Sitz eingebaut werden könne, und sich damit erneut nicht festgelegt. Die Anzahl der Sitzplätze sei aber Kalkulationsgrundlage.

Das Angebot der Beigeladenen müsse ausgeschlossen werden, weil die Kalkulation nicht alle Kostenbestandteile berücksichtige und daher untertariflich sei. Es sei wegen einer Änderung der Vergabeunterlagen auszuschließen, weil es entgegen den Vorgaben in den Vergabeunterlagen mit Schulbegleitern als Fahrern kalkuliert habe. Die Vergleichbarkeit der Angebote sei nicht mehr gewährleistet. Die Vergabekammer habe daraus keine Konsequenz gezogen. Ob die Beigeladene auch vergabekonform erfüllen könne, sei unerheblich. Nach den Vergabeunterlagen sei es zudem nicht zulässig, fehlende Sitzplätze durch Besetztkilometer zu kompensieren. Diese fehlten auch in den Fahrplänen und den Kalkulationen.

Die Beigeladene habe die mit E-Mail vom 24.02.2023 gesetzte Erklärungsfrist versäumt. Eine Verlängerung der Frist sei nicht ordnungsgemäß dokumentiert. Sie ergebe sich nicht aus der ihr gewährten beschränkten Akteneinsicht. Eine begründungslose Fristverlängerung verstoße gegen das Gleichbehandlungsprinzip. Ihre Kalkulation sei der Beigeladenen seit langem bekannt gewesen.

Eine ordnungsgemäße Preisaufklärung nach § 60 VgV sei unterblieben. Entgegen der Ansicht der Vergabekammer habe der Antragsgegner die Fahrpläne anfordern müssen.

Die Aufhebung des Vergabeverfahrens sei als Scheinaufhebung unwirksam. Sie erfolge ohne rechtlichen Grund, willkürlich und allein zu dem Zweck, einen Ausschluss der Beigeladenen zu vermeiden.

Eine wesentliche Änderung der Grundlage des Vergabeverfahrens sei nicht eingetreten. Der Zweck, die Beförderung von Schulkindern, sei noch erreichbar. Es gebe keine nachträglich eingetretenen, nicht von dem Antragsgegner zu vertretenden Umstände, die einen Zuschlag sinnlos oder unzumutbar machten. Insbesondere hätten die Preise sich nicht geändert. Sie, die Antragstellerin, habe einer Verlängerung der Bindefrist zugestimmt.

Es liege kein schwerwiegender Grund für die Aufhebung vor. Der Antragsgegner habe die Vergabefehler erkennen und darauf reagieren können.

Die Aufhebung des Vergabeverfahrens diene nur dem Zweck, den Ausschluss der Beigeladenen zu vermeiden. Der Antragsgegner wolle seine rechtswidrige Praxis fortsetzen. Er habe bereits gerichtlich zur Ausschreibung gezwungen werden müssen. Er beabsichtige wiederum eine Auftragserteilung an die Beigeladene, obwohl die Fehler deren Angebots in den Nachprüfungsverfahren deutlich zu Tage getreten seien. Im Eilverfahren sei nicht angedeutet worden, dass die Vergabe eilbedürftig sei. Im Aufhebungsschreiben werde nicht mitgeteilt, wie die Bieter aktuell zu ihren Angeboten stünden. Sie, die Antragstellerin, sei noch nicht einmal angehört worden. Der vorgesehene Vertrag enthalte eine Preisanpassungsklausel, die der Preisentwicklung Rechnung trage. Die Aufhebung führe nur dazu, dass die Beigeladene die Fahrten weiter durchführe, was als rechtswidrig erkannt worden sei.

Die Neuausschreibung solle ohne wesentliche Änderung der Leistungsbeschreibung erfolgen, was willkürlich erscheine.


Die Antragstellerin beantragt,

die Entscheidung der Vergabekammer Schleswig-Holstein vom 12.05.2023 Az. VK-SH 05/23 aufzuheben;

festzustellen, dass sie in ihren Rechten verletzt ist;

dem Antragsgegner aufzugeben, den Zuschlag nicht an die Beigeladene zu erteilen;

geeignete Maßnahmen zu treffen, um die festgestellte Rechtsverletzung zu beseitigen;

hilfsweise für den Fall der Erledigung des Nachprüfungsverfahren durch Erteilung des Zuschlages, durch Aufhebung oder in sonstiger Weise, festzustellen, dass eine Rechtsverletzung vorgelegen hat;

dem Antragsgegner aufzugeben, das Vergabeverfahren fortzuführen;

hilfsweise, festzustellen, dass sie durch die Aufhebung des Vergabeverfahrens in ihren Rechten verletzt ist;

dem Antragsgegner die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie des Verfahrens vor der Vergabekammer Schleswig-Holstein einschließlich ihrer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen aufzuerlegen und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären.


Der Antragsgegner beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.


Der Antragsgegner führt im Wesentlichen aus, die Beigeladene habe nicht zwei verschiedene Angebote abgegeben. Sie habe ein Angebot mit acht Fahrzeugtypen abgeben wollen und das auf zwei Kalkulationsblätter verteilt, da der Platz sonst nicht gereicht habe. Nur zur Verdeutlichung habe sie ein Hilfsblatt mit acht Zeilen eingereicht. Das Kalkulationsblatt mit sechs Fahrzeugtypen sei nur hilfsweise eingereicht worden für den Fall, dass das Angebot mit acht Typen nicht für zulässig gehalten werde. Er habe bestätigt, dass das zulässig gewesen sei. Die Mitteilung der Beigeladenen vom 30.11.2022 sei keine Rüge gewesen, sondern ein Hinweis. Jedenfalls sei sie nicht präkludiert, weil sie vor Ende der Angebotsfrist eingegangen sei. Zudem könnten Bieterrechte der Antragstellerin nicht betroffen sein.

Das Angebot der Beigeladenen sei nicht widersprüchlich. Die Fahrzeugtypen seien bereits im Angebot nachvollziehbar bezeichnet gewesen. Die Anforderung an die Benennung des Fahrzeugtyps sei nicht abschließend gewesen. Die angebotenen Platzkapazitäten seien ausreichend, weil Doppelfahrten möglich seien. Das führe zu einer Kostensenkung und keiner nennenswerten Steigerung der Besetzt-Kilometer, weil jeweils nur wenige hundert Meter zurückzulegen seien.

Die Beigeladene habe auf Nachfrage die wesentlichen Kostenpositionen mitgeteilt. Die mitgeteilten Kosten seien plausibel gewesen. Es sei erkennbar gewesen, dass die Personalkosten geeignet seien, den Mindestlohn abzudecken. Es bestünden keine Zweifel, dass die Beigeladene die angebotene Leistung zu dem angebotenen Preis erbringen könne. Es sei nicht erkennbar, welche Kostenbestandteile nicht berücksichtigt sein sollten. Die Angebotsprüfung nach § 60 VgV sei damit erfolgt.

Die Mittelung der Beigeladenen sei innerhalb der verlängerten Frist erfolgt. Die Fristverlängerung aufgrund telefonischer Bitte sei in der Vergabeakte eindeutig vermerkt.

Die Aufhebung des Vergabeverfahrens sei rechtmäßig. Wegen des Zeitablaufs sei eine wesentliche Änderung der Grundlagen des Vergabeverfahrens eingetreten. Der Auftrag habe für sechs Jahre ab dem Schuljahr 2023/24 erteilt werden sollen. Das sei nicht mehr möglich. Die ausgeschriebene Dienstleistung habe einen Fixschuldcharakter gehabt. Es sei ausgeschlossen, das Ziel des Vertrages, die Erbringung der Dienstleistung in einem bestimmten Zeitraum, zu realisieren. Die partielle Nichterfüllbarkeit lasse sich nicht durch eine Vertragsanpassung beheben. Es sei unklar, welches Datum statt des 28.08.2023 als Beginn festgelegt werden solle. Erst recht gelte das für die vor Betriebsaufnahme liegenden Verpflichtungen. Die Vertragsstraferegelungen verlören ihre Grundlage. Es sei unklar, wie sich die Verzögerung auf die Vertragsdauer auswirken solle. So habe etwa ein Hinausschieben des Vertragsendes über das Ende des Schuljahrs 2028/29 hinaus ebenso wie eine Verkürzung der Laufzeit Auswirkungen auf die Kalkulationsgrundlagen. Die Angebote seien bis November 2022 abzugeben gewesen. Die Bindefrist bis zum 31.01.2023 sei überschritten. Angesichts der Erhöhungen der Sach- und Personalkosten entsprächen die Angebote nicht mehr dem aktuellen Stand. Der vorgesehene Vertrag enthalte zwar eine Preisanpassungsklausel, diese greife aber erst für die Zeit nach Vertragsschluss ein. Für die Antragstellerin entstehe kein Nachteil, weil sie sich an der neuen Ausschreibung beteiligen könne.

Es lägen andere schwerwiegende Gründe vor, die es ihm, dem Antragsgegner, unzumutbar machen, das Vergabeverfahren fortzuführen. So gehe der Senat davon aus, aus den Vergabeunterlagen ergebe sich eine Beschränkung auf sechs Fahrzeugtypen. Das widerspreche seiner Absicht. Er habe kein erkennbares Interesse daran gehabt. Er habe ein Interesse daran gehabt, die Bedingungen so weit zu fassen, dass er möglichst wirtschaftliche Angebote erhalte. Es sei ihm nicht zuzumuten, an einer Ausschreibung festgehalten zu werden, die Vorgaben enthalte, die er nicht habe regeln wollen und nicht geregelt habe und durch die sein Interesse an einer wirtschaftlichen Vergabe verletzt werden könne. Die angebliche Beschränkung sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen. Sie sei den Vergabeunterlagen nicht zu entnehmen gewesen, was sich daraus ergebe, dass die Beigeladene mehr Fahrzeugtypen angeboten und er dies akzeptiert habe. Es habe nur eine formale Ausgestaltung eines Formblatts vorgelegen.

Es liege keine Scheinaufhebung vor. Wenn der Senat an seiner Auffassung festhalte, könne das Angebot der Beigeladenen dennoch nicht ausgeschlossen werden. Das Vergabeverfahren sei auf den Stand vor Angebotsabgabe zurückzuversetzen, um allen Bietern die Möglichkeit zu geben, mit mehr als sechs Fahrzugtypen anzubieten. Das komme faktisch einer Neuausschreibung gleich. Zumindest müsse eine Aufklärung der Angebote der Beigeladenen hinsichtlich der Besetzt-Kilometer erfolgen. Doppelfahrten führten nicht zwingend zu einer Erhöhung. Angesichts des erheblich über dem Angebot der Beigeladenen liegenden Angebotspreises der Antragstellerin sei auch bei einem Ausschluss des Angebots der Beigeladenen eine Aufhebung des Verfahrens mangels wirtschaftlichen Angebots zu prüfen.


Die Beigeladene hat beantragt,

den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde abzulehnen.


Die Beigeladene hat im Wesentlichen ausgeführt, ein Dokumentationsmangel liege nicht vor. Jedenfalls sei er durch die Erläuterungen vor der Vergabekammer geheilt worden.

Ein Ausschluss ihres Angebots mit acht Fahrzeugtypen komme nicht infrage, weil sie keine andere Leistung angeboten habe als ausgeschrieben. Der Antragsgegner habe ihre Vorgehensweise akzeptiert. Dass sie hilfsweise ein zweites Angebot abgegeben habe, das von dem ersten abweiche, führe nicht zum Ausschluss, da sie deutlich gemacht habe, welches Angebot gewollt sei.

Zweifel an der Erfüllbarkeit der Leistungszugsage habe es nicht gegeben. Jedenfalls habe sie klargestellt, dass sie die erforderliche Anzahl von Personen durch Doppelfahrten befördern könne. So seien die Besetzt-Kilometer kalkuliert. Sie habe erläutert, dass als spätere Optimierung der Einsatz von Begleitpersonen als Fahrer oder der Einbau weiterer Sitze möglich sei. Die Fahrzeugtypen seien hinreichend bezeichnet gewesen, jedenfalls sei die Bezeichnung auf Nachfrage erfolgt.

Der Antragsgegner habe ihre Kalkulation geprüft. Sie habe diese rechtzeitig übersandt, da die Frist vor deren Ablauf verlängert worden sei.

In der mündlichen Verhandlung hat die Beigeladene keinen Antrag gestellt und keine Ausführungen gemacht.


II.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache teilweise Erfolg. Auf die Beschwerde hin wäre das Vergabeverfahren mit einer erneuten Angebotswertung unter Ausschluss des Gesamtangebots der Beigeladenen fortzusetzen gewesen. Das Vergabeverfahren ist jedoch nicht fortzusetzen, nachdem der Antragsgegner es aufgehoben hat. Denn die Aufhebung war zwar rechtswidrig, aber wirksam.

1. Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hätte Erfolg gehabt. Denn der Nachprüfungsantrag war zulässig und begründet.

a) Der Nachprüfungsantrag war überwiegend zulässig. Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss der Vergabekammer Bezug genommen. Sie treffen allerdings nur zum Teil zu, soweit die Vergabekammer den Antrag als unzulässig angesehen hat.

aa) Der Behauptung, die Beigeladene habe keine rollstuhlgerechten Fahrzeuge angeboten, entbehrt der Grundlage. Die Antragstellerin kann sich als Anhaltspunkt nicht darauf stützen, dass die Beigeladene hinsichtlich des Fahrzeugtyps nur Angaben zu der Anzahl von Sitzplätzen gemacht habe. Zum einen ist auch aus der Bezeichnung des Fahrzeugs als Pkw oder Kleinbus nicht erkennbar, ob es Rollstuhlplätze bietet. Zum anderen betrifft das nur einen Teil der Fahrzeuge. Andere Fahrzeuge hat die Beigeladene ausdrücklich mit Rollstuhlplätzen angeboten. Deswegen ist die Rüge jedenfalls unbegründet.

bb) Die Rüge, dass der von der Beigeladenen angebotene Preis nicht alle umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Anforderungen einhalte, ist nicht nach § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB präkludiert.

Es führt nicht zur Präklusion, dass die Rüge erst nach der Stellung des Nachprüfungsantrags erhoben worden ist. Das ist unschädlich, auch wenn die Rüge an sich dem Auftraggeber die Möglichkeit geben soll, von sich aus Vergaberechtsverstöße zu korrigieren. Indes kann das zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht gelten, wenn die Wartefrist nach § 134 Abs. 2 GWB abzulaufen droht (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.01.2021, 15 Verg 11/20).

Der Antragsgegner hat der Antragstellerin mit Schreiben vom 14.03.2023 mitgeteilt, dass der Zuschlag nicht vor dem 24.03.2023 erfolgen werde. Erst mit Schreiben vom 23.03.2023 hat er das dahin korrigiert, dass der Zuschlag nicht vor dem 26.03.2023 erfolgen werde. Danach hätte die Antragstellerin zwar bis zum 25.03.2023 mit der Stellung des Nachprüfungsantrags warten können. Es war allerdings nicht zu erwarten, dass der Antragsgegner die Rüge innerhalb eines Tages bescheiden werde.

Die Zehntagesfrist ist eingehalten. Das gilt im Übrigen auch für die Rüge, das Angebot der Beigeladenen sei unvollständig, weil keine Fahrzeugtypen angegeben seien. Denn die Antragstellerin wusste zwar seit dem Beschluss der Vergabekammer vom 20.02.2023, dass der Preis der Beigeladenen um mindestens 20 % unterhalb ihres Preises lag und in dem Angebot keine Fahrzeugtypen angegeben waren. Dass der Antragsgegner aber dennoch den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilen wollte, wusste sie erst seit dem Informationsschreiben vom 14.03.2023.

cc) Im Übrigen stellt sich die Frage der Präklusion nicht, weil die Antragstellerin wesentliche Einzelheiten des Angebots der Beigeladenen erst durch die Akteneinsicht und den Vortrag des Antragsgegners im Nachprüfungsverfahren erfahren hat. Die Rügeobliegenheit des § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB bezieht sich ausdrücklich nur auf vor Einreichung des Nachprüfungsantrags erkannte Verstöße. Zudem kann dann der Zweck der Rügeobliegenheit, ein Nachprüfungsverfahren zu vermeiden, nicht mehr erreicht werden (Gabriel/Rameil in: BeckOK Vergaberecht, 28. Ed., § 160 GWB, Rn. 213).

b) Der Nachprüfungsantrag wäre begründet gewesen. Er hätte zu einer Zurückversetzung des Vergabeverfahrens vor die Angebotswertung geführt. Das Gesamtangebot der Beigeladenen wäre dabei auszuschließen gewesen.

aa) Auf ein Angebot, das auszuschließen ist, darf der Zuschlag nicht erteilt werden. Ein Bieter kann das mit seinem Nachprüfungsantrag geltend machen. Denn nach § 97 Abs. 6 GWB haben Bieter Anspruch darauf, dass die Vorschriften über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

Das Gesamtangebot der Beigeladenen wäre auszuschließen gewesen.

(1) Ein Ausschluss wäre allerdings nicht nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 VgV vorzunehmen gewesen. Danach sind Angebote auszuschließen, die nicht die geforderten oder nachgeforderten Unterlagen enthalten. Der Begriff der Unterlage ist im Sinne von § 56 Abs. 2 VgV weit zu verstehen, sodass auch Angaben darunter fallen (von Wietersheim in: BeckOK Vergaberecht, 28. Ed., § 57 VgV, Rn. 34). Ein Ausschluss kommt nur in Betracht, wenn die Unterlagen wirksam gefordert wurden. Dazu muss die Forderung deutlich und widerspruchsfrei sein. Das ist nach dem Empfängerhorizont eines abstrakt bestimmten Interessentenkreises zu beurteilen (BGH, Beschluss vom 03.04.2012, X ZR 130/10).

Das Angebot der Beigeladenen war unvollständig, weil sie im Kalkulationsblatt nur Sitzplatzzahlen, nicht auch Fahrzeugtypen angegeben hat. Nach der Vorgabe in den Vergabeunterlagen sollten beide Angaben gemacht werden. Die Vorgabe war auch für einen unbefangenen Leser eindeutig, da zwar für die Angabe des Fahrzeugtyps nur eine beispielhafte, nicht abgeschlossene Auflistung gegeben wurde, jedoch danach eindeutig gefordert wurde, daneben die Fahrgastkapazität anzugeben.

Die Beigeladene hat den Fahrzeugtyp jedoch auf Nachfrage angegeben. Die Vergabekammer hat zutreffend ausgeführt, dass der Antragsgegner die Angabe nach § 56 Abs. 2 VgV nachfordern durfte. Gegen die Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung verstieß das nicht, weil der Fahrzeugtyp nicht entscheidend für die Preisbildung war. Dafür war die Anzahl der Sitzplätze entscheidend. Das ergibt sich gerade aus dem Angebot der Antragstellerin, die für gleiche Fahrzeugtypen mit verschiedenen Sitzplatzzahlen verschiedene Preise angeboten hat.

(2) Ein Ausschluss wäre nicht deswegen vorzunehmen gewesen, weil die Beigeladene zwei einander widersprechende Angebote eingereicht hat. Nach ihren Angaben in der E-Mail vom 30.11.2022 und dem Vortrag des Antragsgegners im Nachprüfungsverfahren hat sie zum einen ein Angebot mit acht Fahrzeugtypen abgegeben. Da das Kalkulationsblatt nur sechs Zeilen vorsah, hat sie das Angebot auf zwei Blätter verteilt und zur besseren Übersicht ein Hilfsblatt mit acht Zeilen beigefügt. Zum anderen hat sie ein Kalkulationsblatt mit sechs Fahrzeugtypen eingereicht, in dem sie in zwei Fällen jeweils zwei Fahrzeugtypen zusammengefasst hatte, was zu abweichenden Fahrzeugkapazitäten und Preisen führte. Dieses Angebot soll dem entsprechen, das die Beigeladene mit ihrer E-Mail vom15.02.2023 (Teil des fortgeschriebenen Vergabevermerks) eingereicht hat.

Einen Grund für einen Ausschluss des gewollten Angebots wegen der Abgabe eines weiteren Angebots gibt es nicht. Zwar waren nach der Auftragsbekanntmachung Nebenangebote nicht zugelassen. Die Abgabe nicht zugelassener Nebenangebote würde indes nach § 57 Abs. 1 Nr. 6 VgV nur zum Ausschluss des Nebenangebots führen.

Das Angebot der Beigeladenen ist durch die Einreichung des weiteren Kalkulationsblatts auch nicht widersprüchlich oder formwidrig geworden. Denn die Beigeladene hat deutlich gemacht, welches Angebot sie abgeben wollte, nämlich das mit acht Fahrzeugtypen. Das andere Angebot sollte nur für den Fall abgegeben werden, dass das eigentliche Angebot für unzulässig angesehen würde.

Festzuhalten ist, dass das weitere Angebot nicht zu berücksichtigen ist. Die Zulassung von Alternativangeboten oder Angeboten, die unter eine Bedingung gestellt werden, würde gegen den Gleichbehandlungs- und den Transparenzgrundsatz verstoßen. Der Bieter muss sich festlegen, welches Angebot er abgeben will. Es kann nicht der Entscheidung des Auftraggebers überlassen werden, welches Angebot gewertet wird. Sonst würden Bieter, die sich auf das geforderte eine Angebot beschränken, benachteiligt.

Nebenbei ist zu bemerken, dass die Dokumentation des Vergabeverfahrens fehlerhaft ist, weil das Alternativangebot der Beigeladenen nicht zur Vergabeakte genommen wurde. Es wurde so der Vergabekammer und der Antragstellerin zunächst nicht bekannt. Nach § 8 VgV sind alle wesentlichen Teile des Ausschreibungsverfahrens zu dokumentieren. Dazu gehört, dass Angebote so, wie sie abgegeben werden, zur Vergabeakte genommen werden. Das folgt aus dem Grundsatz der Transparenz, weil sonst in Nachprüfungsverfahren die Angebote nicht umfassend gewürdigt werden können. Auswirkungen hat der Verstoß allerdings nicht.

(3) Das Gesamtangebot der Beigeladenen wäre wegen einer Änderung der Vergabeunterlagen nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV auszuschließen gewesen. Die Änderung der Vergabeunterlagen ist nach § 53 Abs. 7 VgV unzulässig. Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt vor, wenn der Bieter manipulativ in sie eingreift, indem er ein von den Vorgaben abweichendes Angebot macht, das bei einem Wegdenken der Abweichungen unvollständig bleibt (BGH NZBau 2019, 661, 663, Rn. 26). Dazu ist keine körperliche Veränderung im Sinne einer Änderung der vorgegebenen Leistungsmengen oder -beschreibungen notwendig. Es reicht, dass der Bieter bei der Ausfüllung von Berechnungsschemata von den Vorgaben abweicht (OLG Schleswig, Beschluss vom 21.12.2018, 54 Verg 1/18). Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt auch vor, wenn das Angebot von den Leistungsvorgaben in der Ausschreibung abweicht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.11.2000, Verg 21/00; Koch in: Beck’scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl., § 53 VgV, Rn. 45).

Ein Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt indes nicht in Betracht. Vielmehr sind etwaige Unklarheiten im Wege der Aufklärung zu beseitigen (BGH, Urteil vom 18.06.2019, X ZR 86/17; BGH, Urteil vom 19.06.2018, X ZR 100/16; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.04.2020, Verg 30/19; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.08.2017, Verg 17/17). Sanktioniert werden soll nur ein manipulativer Eingriff in die Vergabeunterlagen.

(a) Ein manipulativer Eingriff in die Vergabeunterlagen durch die Beigeladene lag darin, dass sie ihr Angebot nicht auf sechs Fahrzeugtypen beschränkt hat, sondern unter Erweiterung des Kalkulationsblatts bzw. unter Hinzufügung einer zweiten Seite acht Fahrzeugtypen angeboten hat. Es handelt sich nicht um eine bloße Formalie.

Das von dem Antragsgegner vorgegebene Kalkulationsblatt sah sechs Zeilen vor, sodass maximal sechs Fahrzeugtypen angeboten werden konnten. Die Vergabeunterlagen sahen weder eine Erweiterung vor noch, dass zwei Kalkulationsblätter verwendet werden konnten. Im Gegenteil hatte der Antragsgegner unter Ziff. 4.2. der Aufforderung zur Angebotsabgabe Änderungen des Kalkulationsblatts ausdrücklich ausgeschlossen. Diese Vorgabe hat die Beigeladene erkannt, wie sich aus ihre Rüge vom 30.11.2022 ergibt. Ob die Vorgabe sinnvoll war, ist unerheblich. Es handelte sich jedenfalls um eine Vorgabe der Angebotserstellung, die für die Bieter bindend war.

Das Vorgehen des Antragsgegners, nach Ablauf der Angebotsfrist und nur gegenüber der Beigeladenen eine Erweiterung des Kalkulationsblatts für zulässig zu erklären, verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch andere Bieter mehr Fahrzeugtypen angeboten hätten, wenn sie gewusst hätten, dass das zulässig ist. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie dann ein individuelleres Angebot mit einer angepassten Sitzplatzkombination angeboten hätten. Das hätte zu einem günstigeren Preis führen können, weil der Preis sich nach der Anzahl der Sitzplätze richtet. Das räumt der Antragsgegner jetzt ein, da er unter anderem auf das Argument der größeren Wirtschaftlichkeit eines Angebots mit mehr Fahrzeugtypen die Aufhebung des Vergabeverfahrens stützt.

Die Beigeladene hätte sich nicht auf einen Vertrauensschutz deswegen berufen können, weil der Antragsgegner ihr Vorgehen für zulässig erklärt hat. Sie hätte rechtzeitig vor Ablauf der Angebotsfrist klären müssen, ob das Angebot auf mehr als sechs Fahrzeugtypen erweitert werden darf. Stattdessen hat sie erst mit Einreichung des Angebots um Klärung nachgesucht und gleichzeitig ein unzulässiges Alternativangebot eingereicht. Dabei handelte sie auf eigenes Risiko.

(b) Das Angebot der Beigeladenen wich von den Vorgaben in den Ausschreibungsunterlagen ab, weil sie nicht die erforderliche Anzahl von Sitzplätzen angeboten hat. Zu transportieren waren nach den Schülerlisten in der Ausschreibung 343 Schüler und Begleitpersonen. Die Beigeladene hat in ihrem Angebot demgegenüber nur 329 Sitzplätze vorgesehen. Das Alternativangebot, das die Beigeladene mit ihrer E-Mail vom 15.02.2023 wiederum in Bezug nahm, bleibt unberücksichtigt. Im übrigen ergeben sich danach zwar dadurch, dass vier Fahrzeugtypen zu jeweils zwei zusammengefasst werden und sich dadurch je Fahrzeug ein Sitzplatz mehr ergibt, 342 Sitzplätze. Das ist indes immer noch einer weniger als die Anzahl der zu transportierenden Personen.

Doppelfahrten zum Ausgleich der fehlenden Sitzplatzkapazität sind nach den Vergabeunterlagen nicht ausgeschlossen. Die Beigeladene trägt vor, sie habe solche Doppelfahrten vorgesehen und die Anzahl der Besetzt-Kilometer entsprechend kalkuliert. Das steht allerdings in Widerspruch zu dem Vortrag des Antragsgegners, wonach die Beigeladene erklärtermaßen damit kalkuliert hat, dass sie Schulbegleiter als Fahrer einsetzen wollte. Dafür spricht auch die E-Mail der Beigeladenen vom 15.02.2023. Darin hat sie für die unzulässige Angebotsalternative mit dreizehn Sitzplätzen mehr als nach ihrem Angebot ausgeführt, dass dann ohne den möglichen Doppeleinsatz von Fahrzeugen und ohne den wesentlichen Einsatz von Schulbegleitern als Fahrer die Kapazitäten ausreichten. Das bedeutet aber, dass auch bei dieser Variante mit einem Sitzplatz weniger als zu befördernde Personen Schulbegleiter als Fahrer eingesetzt werden sollten, nur eben nicht in einem wesentlichen Umfang. Sind allerdings nach dem Angebot der Beigeladenen 14 Sitzplätze weniger vorhanden als zu befördernde Personen, muss das in einem größeren – wesentlichen – Umfang der Fall sein.

Daneben ist auffällig, dass sich die Anzahl der Besetzt-Kilometer zwischen dem Angebot der Beigeladenen und dem Alternativangebot nicht unterscheiden soll. Es wäre dagegen zu erwarten, dass bei einer Kapazitätsdifferenz von 14 Sitzplätzen in höherem Maße Doppelfahrten notwendig werden als bei einer Kapazitätsdifferenz von nur einem Sitzplatz.

Wie die Vergabekammer zutreffend ausgeführt hat, widerspricht der Einsatz von Schulbegleitern als Fahrer den Vergabeunterlagen. Die Vergabekammer hat allerdings nicht die notwendige Konsequenz daraus gezogen.

Nach Ziff. 2.1.1 des Verkehrsvertrages war sicherzustellen, dass die Begleitpersonen einen Platz in unmittelbarer Nähe zu dem zu begleitenden Schüler erhalten. Aus Ziff. 1 der Aufforderung zur Angebotsabgabe ergab sich, dass einige Kinder wegen Anfallsleiden oder unberechenbarer Verhaltensweisen eine individuelle Begleitung auch während der Busfahrt benötigten. Auf Bieterfrage ID 4 teilte der Antragsgegner mit, dass jedes markierte Kind jeweils eine eigene Begleitperson habe, die mit dem Kind ein- und aussteige.

Diese Vorgaben schließen es eindeutig aus, dass eine Begleitperson auch als Fahrer eingesetzt wird. Ein Fahrer, der sich auf den Verkehr konzentrieren muss, kann nicht gleichzeitig eingreifen, wenn ein Kind einen Anfall erleidet oder einen unvorhersehbaren Ausbruch hat.

Hat die Beigeladene aber diesen unzulässigen Einsatz der Begleitpersonen als Fahrer vorgesehen, so muss das zum Ausschluss des Angebots führen.

(c) Die Beigeladene kann sich, nachdem sie mit dem Einsatz von Begleitpersonen als Fahrer kalkuliert hat, nicht darauf berufen, dass sie die angebotene Leistung mit der angebotenen Sitzplatzkapazität auch anders erbringen könnte, nämlich mit Doppelfahrten. Dann darin läge eine Änderung des Angebots.

Nach § 15 Abs. 5 VgV darf der Auftraggeber Aufklärung über das Angebot verlangen, wenn er Zweifel an dessen Inhalt hat. Die Aufklärung darf aber nicht zu einer Änderung des Angebots führen, weil darin ein unzulässiges Nachverhandeln läge.

Eine Abweichung von dem abgegebenen Angebot liegt bereits darin, dass die Beigeladene sich in der E-Mail vom 15.02.2023 auf Frage des Antragsgegners nach der Sitzplatzkapazität auf ihr unzulässiges Alternativangebot bezogen hat. Dieses weicht in der Anzahl der angebotenen Sitzplätze und dadurch in dem Preis je Besetzt-Kilometer für einzelne Fahrzeugkategorien von ihrem Angebot ab.

Zudem dürfte sich die Kalkulation der Personalkosten ändern. Eine Begleitperson, die entgeltlich oder unentgeltlich die Schulfahrten ohnehin durchführen muss, dürfte bereit sein, zu einer niedrigen Entlohnung als Fahrer tätig zu sein als eine eigens als Fahrer eingestellte Person. Einzelne Fahrer müssen zudem für die Zeit entlohnt werden, in der sie bereits in der Schule angekommene oder noch sich dort aufhaltende Kinder betreuen, während andere, ebenfalls für diesen Zeitaufwand zu entlohnende, Fahrer Doppelfahrten durchführen, um verbleibende Kinder abzuholen oder nach Hause zu bringen.

Auch die Kalkulation der Besetzt-Kilometer dürfte sich ändern. Werden mehr Sitzplätze benötigt als vorgesehen, wird sich dadurch der Bedarf an Doppelfahrten erhöhen. Dadurch müssen die Besetzt-Kilometer gegenüber dem Angebot steigen.

(d) Das Angebot der Beigeladenen wäre auszuschließen gewesen, weil sie ihre Kalkulation entgegen der Fristsetzung bis zum 01.03.2023 in der E-Mail vom 24.02.2023 erst am 02.03.2023 eingereicht hat. Eine Fristverlängerung ist nicht ausreichend dokumentiert.

Wird eine nachgeforderte Unterlage erst nach Ablauf einer nach § 56 Abs. 4 VgV gesetzten Frist vorgelegt, ist das Angebot nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV auszuschließen (Pauka/Krüger in: MK-VergabeR I, 4. Aufl., § 56 VgV, Rn. 38). Das Verfahren über die Nachforderung von Unterlagen ist, wie das gesamte Vergabeverfahren, nach § 8 VgV zu dokumentieren. Verstöße gegen die Dokumentationspflicht kann ein Bieter als Rechtsverstöße nach § 97 Abs. 6 GWB rügen, wenn er durch sie benachteiligt wird (Müller in: MK-VergabeR I, 4. Aufl., § 8 VgV, Rn. 48). Ob eine nach § 56 Abs. 4 VgV gesetzte Frist verlängert worden ist, ist ein wesentlicher, zu dokumentierender Umstand, weil davon der Ausschluss des Angebots abhängt.

In dem ergänzten Vergabevermerk findet sich keine ausreichende Dokumentation. Dort ist nur handschriftlich auf der E-Mail vom 24.02.2023 vermerkt, die Frist sei telefonisch verlängert worden. Dieser Vermerk war übrigens auch für die Antragstellerin in der teilweise geschwärzten Version sichtbar. Der Vermerk ist bereits für sich unzureichend, weil sich aus ihm nicht ergibt, wer, wann, auf wessen Veranlassung und mit welchem Grund die Frist verlängert haben soll.

Es handelt sich zudem um einen nachträglich angebrachten Vermerk. Das ergibt sich daraus, dass er sich auf dem Ausdruck der E-Mail vom 24.02.2023 befindet, auf dem sich auch die Antwort der Beigeladenen vom 02.03.2023 findet. In der Sache handelt es sich damit um eine nachgeholte Dokumentation.

Eine unterlassene Dokumentation kann geheilt werden. Ein vollständiger Ausschluss mit Vorbringen, das nicht dokumentiert ist, aber die Vergabeentscheidung rechtfertigen soll, würde dem Gebot der Beschleunigung des Vergabeverfahrens widersprechen und wäre eine bloße Förmelei (BGH, Beschluss vom 08.02.2011, X ZB 4/10; OLG Celle, Beschluss vom 29.06.2017, 13 Verg 1/17; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.10.2015, Verg 28/14). Die Transparenz des Verfahrens kann gewährleistet und der Gefahr von Manipulationen begegnet werden, indem die nachgereichten Unterlagen einer kritischen Würdigung unterzogen werden.

Eine solche kritische Würdigung führt hier nicht dazu, dass der Dokumentationsmangel geheilt ist. Der Gefahr einer Manipulation kann nicht begegnet werden. Denn es ist nicht erkennbar, wer wann und aus welchem Grund den Vermerk über die Verlängerung angebracht hat.

bb) Der Ausschluss des Gesamtangebots der Beigeladenen wäre nicht deswegen unbeachtlich gewesen, weil dann der Zuschlag auf ihre Angebote auf die einzelnen Lose zu erteilen gewesen wäre und die Antragsstellerin deswegen entgegen § 160 Abs. 2 S. 2 GWB keinen drohenden eigenen Schaden geltend machen könnte. Das würde nur gelten, wenn feststünde, dass die Einzelangebote nicht ebenfalls auszuschließen sind.

(1) Es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass auch die Einzelangebote auszuschließen sein können. Der Senat geht davon aus, dass die Beigeladene auch insoweit keine ausreichende Sitzplatzkapazität angeboten hat. Das ergibt sich daraus, dass die im Gesamtangebot aufgeführten Fahrzeuge die Summe der in den Einzelangeboten aufgeführten Fahrzeuge darstellt. Auch die Einzelangebote können danach wegen einer Änderung der Vergabeunterlagen nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV auszuschließen sein. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.

(2) Der Antragsgegner hätte das bei einer erneuten Angebotswertung aufklären müssen. Er hatte vor Bekanntgabe seiner Zuschlagsentscheidung nicht hinreichend aufgeklärt, ob die Beigeladene mit ihrem Angebot die Leistungsvorgaben hätte erfüllen können oder ob sie ihr Angebot geändert hat.

Der Auftraggeber kann sich zwar grundsätzlich auf die Leistungszusage eines Bieters verlassen. Bestehen aber Anhaltspunkte dafür, dass das Versprechen nicht plausibel ist, muss er aus Gründen der Gleichbehandlung und der Transparenz das Angebot prüfen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.01.2020, Verg 20/19).

Der Antragsgegner hat eine solche Prüfung nicht einmal bezogen auf das Gesamtangebot der Beigeladenen durchgeführt. Anlass dazu hätte es gegeben, weil die von der Beigeladenen angebotene Sitzplatzanzahl die Zahl der zu befördernden Personen unterschreitet.

Es mag eine telefonische Anfrage vonseiten des Antragsgegners deswegen gegeben haben, die allerdings nicht dokumentiert ist. Indes ist auch die Antwort der Beigeladenen darauf vom 14. und 15.02.2023 nicht plausibel. Sie bezog sich dabei auf ein geändertes Angebot, das zum Teil den Einsatz von Fahrzeugen mit einer höheren Anzahl an Sitzplätzen zu geänderten Preisen vorsah. Zudem war die Anzahl der Sitzplätze immer noch geringer als diejenige der zu befördernden Personen. Auffällig ist, wie ausgeführt, dass sich die Summe der Besetzt-Kilometer nicht ändern soll. Daneben deutete die Beigeladene an, durch den unzulässigen Einsatz von Begleitpersonen als Fahrern die notwendige Kapazität erbringen zu können.

Wie genau die Lösung durch Doppelfahrten aussehen soll und vor allem, ob darin eine Änderung des ursprünglichen Angebots liegt, hat der Antragsgegner nicht geprüft. Er hätte dazu die Kalkulation der Beigeladenen einer genaueren Analyse unterziehen müssen. Er hätte die Kalkulation der Personalkosten darauf prüfen müssen, ob der Zeitaufwand für Doppelfahrten und für die Betreuung der bereits in der Schule angekommenen Kinder währenddessen berücksichtigt ist und ob der Einsatz von hauptberuflich tätigen Fahrern einkalkuliert ist. Er hätte sich die Tourenpläne vorlegen lassen müssen, da er nur so hätte prüfen können, ob die von der Beigeladenen ursprünglich vorgesehene Anzahl der Besetztkilometer die Doppelfahrten ermöglicht und ob diese von vornherein vorgesehen waren.

Ob die Antragstellerin einen Anspruch darauf gehabt hätte, dass sich der Antragsgegner die Tourenpläne vorlegen lässt, und ob sie es eher hätte rügen müssen, dass die Tourenpläne nicht mit dem Angebot vorzulegen waren und offen gelassen wurde, unter welchen Voraussetzungen der Antragsgegner sie anfordern würde, ist unerheblich. Der Auftraggeber muss, wenn er das Angebot aufklären muss, sich alle relevanten Unterlagen vorlegen lassen.

(3) Eine Prüfung ist zumindest nicht dokumentiert. Nach § 8 Abs. 1 VgV ist das Vergabeverfahren zu dokumentieren. Sinn der Dokumentation ist es, die Entscheidungen des Auftraggebers transparent und – auch noch nach geraumer Zeit – überprüfbar zu machen (Fett in: BeckOK Vergaberecht, 28. Ed., § 8 VgV, Rn. 4).

Ob der Antragsgegner das Angebot der Beigeladenen darauf überprüft hat, ob sie die nachgefragte Leistung in Übereinstimmung mit den Vergabeunterlagen erbringen kann, ergibt sich nicht aus dem fortgeschriebenen Vergabevermerk. Bereits die offenbar mündlich erfolgte Anfrage wegen der Sitzplatzkapazität ist nicht dokumentiert. Dokumentiert sind nur die Anfrage vom 24.02.2023 unter anderem wegen der Sitzplatzanzahl und die abändernden Antworten der Beigeladenen vom 14. und 15.02.2023 sowie 02.03.2023, die von höheren Sitzplatzzahlen ausgingen. Auch insoweit ist die Dokumentation unvollständig, weil die E-Mail vom 15.02.2023 eine Anlage „Check_RD_Kapazität.pdf“ enthalten haben soll, die sich nicht in dem fortgeschriebenen Vergabevermerk findet. Eine Prüfung der Frage, ob die Beigeladene mit der ursprünglich angebotenen Kapazität und den ursprünglich angebotenen Besetzt-Kilometern die Leistung erbringen kann, ist nicht dokumentiert.

Eine mündliche Erläuterung während der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer kann eine Dokumentation nicht ersetzen. Sie führt nicht zu eine Nachvollziehbarkeit der Vergabeentscheidung bei einer späteren Nachprüfung.

2. Die Aufhebung des Vergabeverfahrens ist rechtswidrig, aber wirksam.

a) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Vergabeverfahrens ist in diesem Verfahren zu entscheiden. Die Antragstellerin muss nicht ein neues Nachprüfungsverfahren einleiten.

Das Nachprüfungsverfahren dient der Beseitigung der Beschwer des Antragstellers. Er kann im Laufe des Verfahrens neue Vergaberechtsverstöße nachschieben. Ihn zu zwingen, ihretwegen ein neues Nachprüfungsverfahren einzuleiten, würde gegen das Beschleunigungsprinzip verstoßen (MK Wettbewerbsrecht/Gröning, 4. Aufl., § 178 GWB, Rn. 6).

In diesem Verfahren kommt hinzu, dass über die von der Antragstellerin vorgebrachten Vergaberechtsverstöße mit der möglichen Folge der Zurückversetzung des Vergabeverfahrens nur sinnvoll entschieden werden kann, wenn das Vergabeverfahren fortzusetzen ist. Daher ist zwingend über die Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit der Aufhebung zu entscheiden.

b) Der im Hinblick auf die Aufhebung des Vergabeverfahrens erweiterte Antrag ist auch ohne Nachprüfungsverfahren zulässig. Die Rüge, die ihm vorauszugehen hat, hat die Antragsgegnerin sogar erhoben.

Wird dem Antragsteller ein Vergaberechtsverstoß erst während des Nachprüfungsverfahrens bekannt, muss er die Rügeobliegenheit nach § 160 Abs. 3 GWB nicht mehr erfüllen. Denn die Rügeobliegenheit dient der Selbstkontrolle des Auftraggebers, der erkannte Verstöße beseitigen kann. Sie dient so der Vermeidung eines Nachprüfungsverfahrens. Dieses Ziel kann nicht mehr erreicht werden, wenn das Nachprüfungsverfahren bereits läuft (MK Wettbewerbsrecht/Gröning, 4. Aufl., § 178 GWB, Rn. 7).

c) Die Aufhebung des Vergabeverfahrens ist rechtswidrig. Es fehlt an Gründen nach § 63 Abs. 1 VgV.

aa) Um sicherzustellen, dass die Aufhebung der Ausschreibung nicht zur Diskriminierung einzelner Bieter missbraucht werden kann, ist eine Aufhebung nur in engen Grenzen zulässig (BeckOK Vergaberecht/Queisner, Stand 31.01.2023, § 63 VgV, Rn. 15). Die Annahme eines Aufhebungsgrunds setzt voraus, dass ein Umstand nachträglich eingetreten ist oder dem Auftraggeber anfänglich nicht bekannt sein konnte und der Auftraggeber diesen Umstand nicht zu vertreten hat (BGH, Urteil vom 08.09.1998, X ZR 48/97; OLG München, Beschluss vom 04.04.2013, Verg 4/13; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.11.2010, Verg 50/10; MK Wettbewerbsrecht/Pauka/Krüger, 4. Aufl., § 63 VgV, Rn. 18 f.). Diese Voraussetzungen liegen für die von dem Antragsgegner geltend gemachten Gründe nicht vor.

(1) Die Verzögerung des Vergabeverfahrens ist zwar erst nach dessen Beginn eingetreten. Der Antragsgegner hat sie indes zu vertreten. Denn die Verzögerung ist aufgrund seiner Vergaberechtsverstöße eingetreten.

Nachdem der Antragsgegner erstmals seine Absicht bekannt gegeben hatte, den Zuschlag an die Beigeladene zu erteilen, hat die Antragstellerin erfolgreich ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet. Die Vergabekammer hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 20.02.2023 (VK-SH 01/23; Bl. 81 ff. d. A.) verpflichtet, die Angebotsprüfung erneut durchzuführen und dabei eine Preisprüfung nach § 60 VgV durchzuführen. Die Vergabekammer hat dabei auf Fehler des Angebots der Beigeladenen hingewiesen, weil keine Fahrzeugtypen genannt waren. Sie hat dem Antragsgegner aufgegeben, zu prüfen, ob die Beigeladene die ausgeschriebene Leistung überhaupt erbringen könne, weil diese bei der Anzahl der angebotenen Plätze offenbar nur die Schüler, nicht die Begleitpersonen berücksichtigt hatte.

Nachdem der Antragsgegner erneut seine Absicht kundgetan hat, den Auftrag der Beigeladenen zu erteilen, hat die Antragstellerin erneut ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet, das sich bis heute hinzieht. Der Senat hat im Beschluss vom 06.07.2023 die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde verlängert und dabei ausgeführt, dass dem Antragsgegner nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage Vergaberechtsverstöße zur Last fallen dürften.

Eine weitere Verzögerung ist dadurch eingetreten, dass der Antragsgegner die Aufhebung des Vergabeverfahrens erst kurz vor dem nach zwei Verlegungen auf den 02.11.2023 anberaumten Verhandlungstermin und mehr als drei Monaten nach dem Beschluss vom 06.07.2023 erklärt hat. Es war seinerzeit bereits seit langem bekannt, dass der in der Ausschreibung vorgesehene Vertragsbeginn nicht mehr zu halten war.

Der Antragsgegner hätte bereits unmittelbar nach der Einreichung des Angebots der Beigeladenen im November 2022 das tun müssen, was er jetzt beabsichtigt. Er hätte sofort allen Bietern die Möglichkeit geben müssen, ein neues Angebot mit mehr als sechs Fahrzeugtypen einzureichen, um eine Diskriminierung zu vermeiden. Hätte er die sodann eingereichten Angebote ordnungsgemäß darauf geprüft, ob sie die Leistungserbringung im Einklang mit den Vergabeunterlagen ermöglichen, wäre der beabsichtigte Vertragsbeginn zu halten gewesen.

(2) Die von dem Antragsgegner gewählte Gestaltung der Vergabeunterlagen ist ebenfalls von ihm zu vertreten. Er kann sich nicht darauf berufen, dass er den vom Senat angenommenen Inhalt nicht habe erklären wollen.

Der Antragsteller hat den Bietern bewusst ein Wertungsblatt mit sechs Zeilen zur Verfügung gestellt. Er hat in den Vergabeunterlagen Änderungen an diesem Wertungsblatt ausgeschlossen. Die Angebote konnten daher zwangsläufig mit höchstens sechs Fahrzeugtypen eingereicht werden.

Der Antragsgegner hat ebenfalls in den Vergabeunterlagen bewusst Vorgaben gemacht, die den Einsatz von Begleitpersonen als Fahrer ausschlossen. Das erfolgte zuletzt durch die Antwort auf eine Bieterfrage, dass die Begleitpersonen mit den Kindern ein- und ausstiegen.

bb) Der Antragsgegner kann sich nicht auf eine wesentliche Änderung der Grundlage des Vergabeverfahrens im Sinne von § 63 Abs. 1 Nr. 2 VgV berufen. Das setzt voraus, dass eine Auftragsvergabe auf der Grundlage der bisherigen Vergabebedingungen für den Auftraggeber oder die Bieter wegen eines im Nachhinein aufgetretenen und vom Auftraggeber nicht zu vertretenen Umstandes objektiv sinnlos oder unzumutbar geworden ist oder die Auftragsdurchführung nicht mehr möglich ist (OLG München, Beschluss vom 04.04.2013, Verg 4/13; BeckOK Vergaberecht/Queisner, Stand 31.01.2023, § 63 VgV, Rn. 24; MK Wettbewerbsrecht/Pauka/Krüger, 4. Aufl., § 63 VgV, Rn. 17). Der Umstand muss so erheblich sein, dass eine Anpassung der Angebote nicht in Betracht kommt, wobei auch zeitliche Schwierigkeiten Ursache sein können (BeckOK Vergaberecht/Queisner, Stand 31.01.2023, § 63 VgV, Rn. 24).

(1) Hier ist eine Leistungserbringung in Form des Transports der Schüler weiter hin möglich. Der Fixgeschäftcharakter durch den vorgegebenen Leistungszeitraum wirkt sich nur auf die Vergangenheit aus. In Zukunft ist die Leistungserbringung noch ohne weiteres möglich.

Der Verschiebung des Zeitpunkts der Vergabe lässt sich durch geringfügige Änderungen der Vergabeunterlagen Rechnung tragen. Die einfachste Lösung wäre, den Auftrag ab dem Schuljahr 2024/25 beginnen und das vorgesehene Vertragsende unverändert zu lassen. Das würde dem Auftragnehmer ausreichend Zeit geben, seinen Pflichten vor Vertragsbeginn nachzukommen. Diese bestehen nach Ziff. 3.6 des Verkehrsvertrages im Wesentlichen in der Rekrutierung von Personal und der Beschaffung von Fahrzeugen. Eine Verlängerung des Vertragszeitraums könnte bereits durch die Ausübung der vorgesehenen Verlängerungsoption erfolgen. Die Vertragsstraferegelungen in Ziff. 3.6 Abs. 4, 3.7 des Verkehrsvertrages könnten unverändert bleiben. Sie können ohnehin erst ab Vertragsbeginn eingreifen.

(2) Zutreffend ist, dass sich die Kalkulationsgrundlagen durch den Zeitablauf geändert haben dürften und die Preisanpassungsklausel in Ziff. 4.5 des Verkehrsvertrages erst nach Vertragsbeginn greift. Die Vertragsdurchführung wird dadurch indes nicht unzumutbar.

Für den Antragsgegner liegt keine Unzumutbarkeit vor. Er müsste im Gegenteil ein Interesse an der Vertragsdurchführung zu den bisher angebotenen Preisen haben, weil er bei einer Neuausschreibung aufgrund des gestiegenen Preisniveaus mit höheren Angebotspreisen rechnen müsste.

Auf eine Unzumutbarkeit für die Bieter kann sich der Antragsgegner nicht berufen. Den es gibt keine Hinweise darauf, dass diese nicht an den angebotenen Preisen festhalten. Die Antragstellerin erklärt vielmehr ausdrücklich, sich weiterhin an ihr Angebot zu binden. Eine Äußerung der Beigeladenen fehlt.

cc) Es besteht auch kein anderer schwerwiegender Grund im Sinne von § 63 Abs. 1 Nr. 4 VgV. Ein anderer schwerwiegender Grund muss ein ähnliches Gewicht wie die anderen geregelten Aufhebungsgründe haben (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.12.2013, 15 Verg 9/13, BeckRS 2014 7327). Als schwerwiegender Grund kommt auch ein Vergaberechtsverstoß durch den Auftraggeber in Betracht, aber nur dann, wenn er die Durchführung des Vergabeverfahrens oder den Zuschlag ausschließt. Das ist im Wege der Interessenabwägung festzustellen (BGH, Beschluss vom 20.03.2014, X ZB 18/13; MK Wettbewerbsrecht/Pauka/Krüger, 4. Aufl., § 63 VgV, Rn. 23). Der Fehler muss von so großem Gewicht sein, dass ein Festhalten des öffentlichen Auftraggebers an dem fehlerhaften Verfahren mit Gesetz und Recht schlechterdings nicht zu vereinbaren wäre und von den Bietern, insbesondere mit Blick auf die Schwere des Fehlers, erwartet werden kann, dass sie auf die Bindung des Ausschreibenden an Recht und Gesetz Rücksicht nehmen (BeckOK Vergaberecht/Queisner, Stand 31.01.2023, § 63 VgV, Rn. 36).

Die von dem Antragsgegner zu verantwortenden Vergaberechtsverstöße sind nicht von einem solchen Gewicht, dass sie das Festhalten an dem Verfahren unzumutbar machten. Sie ermöglichen es vielmehr, das Verfahren vergaberechtskonform jedenfalls mit dem verbliebenen Bieter fortzusetzen.

dd) Soweit der Antragsteller andeutet, eine Aufhebung des Vergabeverfahrens komme in Betracht, weil kein wirtschaftliches Ergebnis erzielt worden sei (§ 63 Abs. 1 Nr. 3 VgV), ist das zweifelhaft. Ob kein wirtschaftliches Angebot erzielt worden ist, ist nach den Grundsätzen des § 127 Abs. 1 GWB zu beurteilen. Es ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, ob kein Angebot ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis aufweist (BeckOK Vergaberecht/ Queisner, Stand 31.01.2023, § 63 VgV, Rn. 28 f.).

Es wäre danach die Angemessenheit des von der Antragstellerin angebotenen Preises für die angebotene Leistung zu prüfen. Es reicht nicht aus, dass der Angebotspreis der Antragstellerin über dem der Beigeladenen liegt. Da gilt um so mehr, als zumindest der Verdacht besteht, dass die Beigeladene den niedrigeren Preis nur durch Abweichungen von den Ausschreibungsbedingungen was die Anzahl der Fahrzeugtypen und die Anzahl der angebotenen Plätze angeht erreichen konnte.

d) Die Aufhebung des Vergabeverfahrens ist wirksam. Eine rechtswidrige Aufhebung der Ausschreibung führt nicht in jedem Fall zu deren Unwirksamkeit. Die Aufhebung kann bei fortbestehendem Vergabewillen wirksam sein, wenn ein anerkennenswerter sachlicher Grund vorliegt. Unwirksam ist eine Scheinaufhebung.

aa) Eine rechtswidrige Aufhebung des Vergabeverfahrens ist wirksam, wenn der Auftraggeber einen sachlichen Grund hat, so dass eine Diskriminierung einzelner Bieter ausgeschlossen und die Entscheidung nicht willkürlich ist oder nur zum Schein erfolgt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.01.2015, Verg 29/14). Ein sachlicher Grund kann in der Korrektur eines Fehlers liegen, der nur durch ein neues Vergabeverfahren geheilt werden kann (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.07.2009, Verg 13/09; BeckOK Vergaberecht/Queisner, Stand 31.01.2023, § 63 VgV, Rn. 56; Ziekow/Völlink/Herrmann, Vergaberecht, 4. Aufl., § 63 VgV, Rn. 12).

Ein sachlicher Grund für eine Aufhebung liegt darin, dass der Antragsgegner nunmehr endlich beabsichtigt, allen Bietern diskriminierungsfrei ein Angebot mit mehr als sechs Fahrzeugtypen oder dem Einsatz von Begleitpersonen als Fahrern zu ermöglichen. Das ermöglicht eine haushälterisch gebotene wirtschaftliche Beschaffung. Diese wäre diskriminierungsfrei bei der Bezuschlagung des Angebots der Beigeladenen nicht möglich gewesen.

bb) Hinreichende Anhaltspunkte für eine Diskriminierung der Antragstellerin oder eine Scheinaufhebung zugunsten der Beigeladenen sind nicht vorhanden. Eine Scheinaufhebung liegt vor, wenn der Auftraggeber unter Missbrauch seiner Gestaltungsmöglichkeiten nur den Schein einer Aufhebung gesetzt hat, mit dessen Hilfe er dem ihm genehmen Bieter den Auftrag zuschieben will, obwohl dieser nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hatte (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.11.2003, Verg 59/03).

Es steht nicht fest, dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens einseitig die Beigeladene begünstigt, weil nur auf diese Weise ein Ausschluss ihrer Angebote vermieden werden könnte. Denn es steht nicht fest, dass die Angebote auf die einzelnen Lose ebenfalls auszuschließen gewesen wären. Der Antragsgegner hätte zunächst prüfen müssen, ob sie eine Auftragserfüllung im Einklang mit den Vergabeunterlagen ermöglicht hätten.

Zudem steht nicht fest, dass der Antragsgegner den Auftrag gerade der Beigeladenen zuschieben will. Er mag sie zwar in dem aufgehobenen Vergabeverfahren bevorzugt haben, indem er eine Bezuschlagung ihres nicht ausschreibungskonformen Angebots beabsichtigte. Indes bietet die Neuausschreibung allen Bietern die Möglichkeit, neue Angebote einzureichen. Die Angebote werden neu zu bewerten sein. Es steht nicht fest, dass die neue Wertung zu einem Auftrag an die Beigeladene führt.

3. Nach § 182 Abs. 3 S. 5, Abs. 4 S. 3 GWB sind die Verfahrenskosten und die zur Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten nach billigem Ermessen zu verteilen, wenn sich das Nachprüfungsverfahren vor einer Entscheidung erledigt hat. Maßgebend ist dabei in der Regel der prognostizierbare Verfahrensausgang, wobei die Sach- und Rechtslage summarisch zu prüfen ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.01.2019, Verg 30/18; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.02.2018, Verg 55/17). Dieselben Regeln gelten für die Verteilung der Kosten des Beschwerdeverfahrens nach §§ 175 Abs. 2, 71 S. 1 GWB (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.01.2019, Verg 30/18; Krohn in: Beck’scher Vergaberechtskommentar, 4. Aufl., § 182 GWB, Rn. 107; Frister in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl., § 175 GWB, Rn. 29).

Die außergerichtlichen Kosten einer Beigeladenen können anderen Beteiligten auferlegt werden, wenn das der Billigkeit entspricht. Die Beigeladene kann an den Kosten beteiligt werden, soweit sie unterliegt. Beides ist danach zu beurteilen, ob sie durch Anträge oder Sachvortrag versucht hat, das Verfahrensergebnis zu beeinflussen (Krohn in: Beck’scher Vergaberechtskommentar, 4. Aufl., § 182 GWB, Rn. 48 ff.).

Es entspricht der Billigkeit, die Kosten des Nachprüfungsverfahrens und die Kosten des Verfahrens nach § 173 Abs. 1 S. 3 GWB sowie die jeweils zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin in diesen Verfahren notwendigen Auslagen dem Antragsgegner und der Beigeladenen aufzuerlegen. Denn sie wären in diesen Verfahren unterlegen. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin war, wie dargelegt, zulässig und begründet. Die Beigeladene ist an den Kosten zu beteiligen, weil sie durch die Erläuterung ihrer Kalkulation im Termin bei der Vergabekammer und ihre Antragstellung im Verfahren nach § 173 Abs. 1 S. 3 GWB versucht hat, auf den Verfahrensausgang Einfluss zu nehmen. Nach § 182 Abs. 3 S. 2 GWB haften der Antragsgegner und die Beigeladene für die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer als Gesamtschuldner.

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigen durch die Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer war notwendig. Es ist nicht zu erwarten, dass auch erfahrene Bieter ein Nachprüfungsverfahren ohne rechtlichen Beistand durchführt, da es sich bei dem Vergaberecht um eine Spezialmaterie handelt.

Es entspricht der Billigkeit, die Kosten des weiteren Beschwerdeverfahrens und die ihnen entstandenen außergerichtlichen Kosten zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner aufzuteilen. Die Antragstellerin ist mit ihrem Antrag, den Antragsgegner zur Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens zu verpflichten, unterlegen. Sie ist jedoch deutlich überwiegend erfolgreich, indem die Rechtswidrigkeit der Aufhebung des Vergabeverfahrens und die Verletzung ihrer Rechte festgestellt werden. Ein Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen von 80 % zu 20 % erscheint angemessen.

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigen durch den Antragsgegner war notwendig. Es ist nicht zu erwarten, dass ein öffentlicher Auftraggeber, auch soweit er eine eigene Rechtsabteilung hat, ein Beschwerdeverfahren ohne rechtlichen Beistand durchführt, da es sich bei dem Vergaberecht um eine Spezialmaterie handelt. Für die Antragstellerin ergibt sich die Notwendigkeit der Beiziehung eines Rechtsanwalts bereits aus § 175 Abs. 1 S. 1 GWB, sodass es dazu keines weiteren Ausspruchs bedarf.

Es entspricht der Billigkeit, die Beigeladene weder an den Kosten des weiteren Beschwerdeverfahrens zu beteiligen noch ihr eine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten zuzusprechen. Denn sie hat sich an dem weiteren Verfahren weder durch einen Antrag noch durch Sachvortrag beteiligt.

Aktuelle Entscheidungen im Volltext (3) VK Südbayern zu der Frage, dass sich aus dem Verweis in Art. 64 Abs. 6 Unterabs.1 Satz 1 der Richtlinie 2014/24/EU auf die Anforderungen des Art. 60 der Richtlinie ergibt, dass die inhaltlichen Anforderungen an die Eignung und die zu erbringenden Nachweise für jeden Bieter grundsätzlich gleich sein müssen, unabhängig davon, ob dieser präqualifiziert ist oder nicht

Aktuelle Entscheidungen im Volltext (3) - VK Südbayern zu der Frage, dass sich aus dem Verweis in Art. 64 Abs. 6 Unterabs.1 Satz 1 der Richtlinie 2014/24/EU auf die Anforderungen des Art. 60 der Richtlinie ergibt, dass die inhaltlichen Anforderungen an die Eignung und die zu erbringenden Nachweise für jeden Bieter grundsätzlich gleich sein müssen, unabhängig davon, ob dieser präqualifiziert ist oder nicht

vorgestellt von Thomas Ax

Aus dem Verweis in Art. 64 Abs. 6 Unterabs.1 Satz 1 der Richtlinie 2014/24/EU auf die Anforderungen des Art. 60 der Richtlinie ergibt sich, dass die inhaltlichen Anforderungen an die Eignung und die zu erbringenden Nachweise für jeden Bieter grundsätzlich gleich sein müssen, unabhängig davon, ob dieser präqualifiziert ist oder nicht (Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.06.2022 – Verg 19/22, IBRRS 2022, 1970 = VPRRS 2022, 0149).
Angesichts der weit verbreiteten Praxis öffentlicher Auftraggeber, bei präqualifizierten Bietern den Nachweis ihrer Eintragung in das Präqualifikationsverzeichnis als hinreichenden Nachweis ihrer Eignung genügen zu lassen, muss ein präqualifizierter Bieter nicht erkennen, dass er zum Nachweis seiner Eignung vergleichbare Nachweise wie ein nicht-präqualifizierter Bieter einreichen muss.
Dies gilt insbesondere dann, wenn in der Auftragsbekanntmachung hinsichtlich der Mindestanforderungen an die Eignung auf das Formblatt 124 verlinkt wird, das ausdrücklich als „Eigenerklärung zur Eignung für nicht nicht-präqualifizierte Bieter“ überschrieben ist und in den Bewerbungsbedingungen (Formblatt 212) ausdrücklich davon die Rede ist, dass präqualifizierte Unternehmen den Nachweis der Eignung für die zu vergebende Leistung durch den Eintrag ins Präqualifikationsverzeichnis führen (Abgrenzung zu OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.06.2022 – Verg 19/22, IBRRS 2022, 1970 = VPRRS 2022, 0149).
Werden in einem Vergabeverfahren mehrere Fachgewerke zusammengefasst vergeben, darf nicht unklar bleiben, welche Leistungsbereiche die Präqualifikation eines Bieters umfassen muss und wie sich die Nachweisführung in jenen Fällen gestalten soll, in denen ein Bieter nur für einen Teil der einschlägigen Leistungsbereiche präqualifiziert ist.
VK Südbayern, Beschluss vom 27.02.2024 – 3194.Z3-3_01-23-61

Gründe:

I.

Mit Auftragsbekanntmachung vom 11.08.2023, veröffentlicht im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union am 16.08.2023 unter Nr. 2023/S …, schrieb der Antragsgegner einen Bauauftrag über das Gewerk „V-H2.1 Stahl Glas reduziert“ für den Neubau der Justizvollzugsanstalt, P…-K…, im Wege eines offenen Verfahrens aus. Abschnitt II.2.5) der Bekanntmachung beinhaltete die Angabe, dass der Preis nicht das einzige Zuschlagskriterium sei; alle Kriterien seien nur in den Beschaffungsunterlagen aufgeführt. Die Abschnitte III.1.1) bis III.1.3) der Bekanntmachung enthielten hinsichtlich der Auflistung und Beschreibung der Eignungskriterien jeweils einen Hyperlink, der unmittelbar auf das Formblatt 124 des VHB Bayern – Stand September 2022 in den Vergabeunterlagen verwies. Dieses Formblatt trug den Titel „Eigenerklärung zur Eignung für nicht präqualifizierte Unternehmen“ gefolgt von dem Klammerzusatz „vom Bieter/Mitglied der Bietergemeinschaft sowie zugehörigen Nachunternehmen auszufüllen, soweit diese nicht präqualifiziert sind“. In dem Abschnitt „Angaben zu Leistungen, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind“ des Formblatts fand sich auszugsweise folgende Angabe:

„Ich erkläre / Wir erklären, dass ich / wir in den letzten fünf Kalenderjahren bzw. dem in der Auftragsbekanntmachung angegebenen Zeitraum, vergleichbare Leistungen ausgeführt habe/haben.

[… ]

Falls mein/unser Teilnahmeantrag/Angebot in die engere Wahl kommt, werde ich /werden wir drei Referenznachweise mit mindestens folgenden Angaben vorlegen:

[…]“

Weiterer Bestandteil der Vergabeunterlagen war unter anderem das Formblatt 212EU mit der Bezeichnung „Teilnahmebedingungen EU“. Dieses enthielt unter Ziffer 7 mit dem Titel „Eignung“ unter anderem folgende Vorgabe:

„7.1 Offenes Verfahren

Präqualifizierte Unternehmen führen den Nachweis der Eignung für die zu vergebende Leistung durch den Eintrag in die Liste des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen e.V. (Präqualifikationsverzeichnis) und ggf. ergänzt durch geforderte auftragsspezifische Einzelnachweise. Bei Einsatz von anderen Unternehmen ist auf gesondertes Verlangen nachzuweisen, dass diese präqualifiziert sind oder die Voraussetzung für die Präqualifikation erfüllen, ggf. ergänzt durch geforderte auftragsspezifische Einzelnachweise.

Nicht präqualifizierte Unternehmen haben als vorläufigen Nachweis der Eignung für die zu vergebende Leistung mit dem Angebot

– entweder die ausgefüllte „Eigenerklärung zur Eignung“ ggf. ergänzt durch geforderte auftragsspezifische Einzelnachweise

– oder eine Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE)

vorzulegen.

[…]“

Sowohl Antragstellerin als auch Beigeladene reichten innerhalb der auf den 05.10.2023, 09:00 Uhr, verlängerten Angebotsfrist ein Angebot ein. Ausweislich des Protokolls über die Submission am 05.10.2023 um 09:17 Uhr lag das Angebot der Beigeladenen mit einem preislichen Abstand von mehr als 35 % vor dem Angebot der Antragstellerin. Weitere Angebote lagen nicht vor.

Mit Schreiben vom 16.10.2023 wandte sich die Antragstellerin an den Antragsgegner und meldete zum Ergebnis der Angebotsöffnung Bedenken an. Die Beigeladene könne keine Elemente in Anlehnung an RC 4 mit S…-Hochsicherheitsschlössern herstellen, da sie keine RC 3- und RC 4-Prüfungen mit Hochsicherheitsschloss belegen könne. Die erforderliche Fachkompetenz stelle die Antragstellerin in Frage. Zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit erscheine es notwendig, von den Bietern für RC 3-Türen mit Einfachverriegelung, RC 4-Türen sowie die Brandprüfungen von T 30- und T 90-Türen jeweils mit S…-Hochsicherheitsschlössern entsprechende Prüfzeugnisse zu fordern. Die Beigeladene könne weder Erfahrungen noch Referenzen zu JVA-Projekten vorweisen. Dagegen habe die Antragstellerin in den letzten Jahren zahlreiche Bauvorhaben im Bereich Justizvollzug durchgeführt. Zudem zweifle die Antragstellerin an, dass der Angebotspreis der Beigeladenen auskömmlich ist, dass die Beigeladene mit einem Mitarbeiterstamm von ca. 20 Mitarbeitern in der Lage ist, ein Bauvorhaben in dieser Größenordnung personell, technisch, organisatorisch und finanziell über die entsprechende Laufzeit abzuwickeln, sowie dass die Liquidität der Beigeladenen zur Absicherung des Leistungsteils des Bauvorhabens ausreichen werde.

Mit Schreiben vom 20.10.2023 antwortete der Antragsgegner der Antragstellerin, dass er von den Hinweisen Kenntnis genommen habe und im Rahmen der Prüfung und Wertung insbesondere auch die Eignung der Bieter genauestens geprüft werde.

Mit Informationsschreiben gemäß § 134 GWB vom 22.11.2023 setzte der Antragsgegner die Antragstellerin davon in Kenntnis, dass auf ihr Angebot nicht der Zuschlag erteilt werden könne, weil es nicht das wirtschaftlichste sei. Es liege ein niedrigeres Hauptangebot vor. Zudem teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag frühestens am 04.12.2023 auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen.

Mit Schreiben vom 23.11.2023 beanstandete die Antragstellerin die Vergabeentscheidung des Antragsgegners als vergaberechtswidrig. Die Beigeladene verfüge weder über die geforderte wirtschaftliche und finanzielle noch über die technische und berufliche Leistungsfähigkeit. Sie verfüge über keine Referenzen einer Leistungserbringung mit dem ausschreibungsgegenständlichen Umfang und einer Leistungserbringung mit S…-Hochsicherheitsschlössern. Außerdem verfüge die Beigeladene nicht über eine im Verhältnis zum Auftragsvolumen ausreichende Anzahl an Mitarbeitern. Zudem rügte die Antragstellerin, dass entgegen der Vorgabe in der Bekanntmachung offensichtlich nur der Preis zur Zuschlagsbewertung herangezogen worden sei.

Mit Schreiben vom 28.11.2023 antwortete der Antragsgegner der Antragstellerin, dass ihren Rügen nicht abgeholfen werde. Eine Prüfung der von der Beigeladenen vorgelegten Unterlagen habe ergeben, dass die geforderte Eignung des Bieters gegeben sei. Insbesondere verfüge die Beigeladene über geeignete Referenzen vergleichbarer Leistungen im vorgegebenen Zeitraum. Referenzen von Leistungserbringungen speziell mit S…-Hochsicherheitsschlössern seien im Vergabeverfahren nicht gefordert gewesen und somit nicht Bestandteil der Prüfung. Des Weiteren habe die Beigeladene schlüssig darstellen können, dass sie über geeignete personelle Kapazitäten verfügt. Zudem verwies der Antragsgegner darauf, dass dem Formblatt 211 EU unter Punkt 7 Angebotswertung eindeutig entnommen werden könne, dass als alleiniges Kriterium für die Wertung das Zuschlagskriterium Preis festgelegt sei. Die Bekanntmachung stehe dem nicht entgegen, da darin erläutert werde, dass alle Kriterien nur in den Beschaffungsunterlagen aufgeführt sind.

Ebenfalls am 28.11.2023 reichte der Antragsgegner eine Schutzschrift bei der Vergabekammer Südbayern ein mit Ausführungen zur Unbegründetheit eines möglichen Nachprüfungsantrags der Antragstellerin, die im Wesentlichen den Darlegungen in der Rügeantwort entsprachen.

Mit Schreiben vom 30.11.2023 trat die Antragstellerin den Ausführungen des Antragsgegners in seiner Rügeerwiderung entgegen. Hauptbestandteil der Ausschreibung sei die Lieferung und der Einbau von Hochsicherheitstüren mit Hochsicherheitsschlössern. In diesem Sinne bedürfe es für die Angaben zu vergleichbaren Leistungen und damit zur Feststellung der Eignung entsprechender Angaben zu getätigten geprüften Einbauten von S…-Hochsicherheitsschlössern. Dass die Beigeladene derartige Angaben vornehmen könne, sei nicht bekannt. Zudem habe die Beigeladene Aufträge in diesem Umfang noch nicht ausgeführt. Nach Erfahrung der Antragstellerin bedürfe die Darlegung der Leistungsfähigkeit für den ausgeschriebenen Auftrag die Hinzunahme eines Nachunternehmers.

Nachdem den Rügen der Antragstellerin auch hiernach nicht abgeholfen wurde, stellte diese mit Schreiben vom 01.12.2023 einen Nachprüfungsantrag gem. § 160 Abs. 1 GWB.

Die Antragstellerin führt aus, dass der Nachprüfungsantrag zulässig sei. Insbesondere sei die Antragstellerin gemäß § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Mit Abgabe ihres Angebots habe sie ihr Interesse an der Ausschreibung und der Beauftragung bekundet. Die Antragstellerin sei in ihren Rechten verletzt, sollte der Zuschlag an einen nicht geeigneten Bieter erteilt werden. Die Antragstellerin sei Zweitbieterin mit Chance auf Erteilung des Zuschlages. Die Nichterteilung des Zuschlages wäre ein erheblicher Schaden.

Entgegen der Ansicht des Antragsgegners seien die Rügen weder ins Blaue hinein erfolgt noch seien sie präkludiert. Die Antragstellerin habe deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ihr als Marktteilnehmerin bekannt sei, dass die Beigeladene Aufträge in diesem Umfang noch nicht ausgeführt habe und sie derartige Angaben nicht habe vornehmen können. Hiermit seien tatsächliche Anknüpfungstatsachen vorgetragen worden, namentlich, dass die Beigeladene über keine Referenzen einer Leistungserbringung mit dem ausschreibungsgegenständlichen Umfang und einer Leistungserbringung mit S…-Hochsicherheitsschlössern verfüge sowie, dass die Beigeladene im Verhältnis zum Auftragsvolumen nicht über eine ausreichende Anzahl an Mitarbeitern verfüge. Dies umfasse auch die Unauskömmlichkeit des Preises und die nicht ausreichende Mitarbeiterzahl. Die Rügen resultierten aus der Marktkenntnis, dass die Beigeladene vergleichbare Projekte in dieser Größenordnung nicht erbracht habe. Zudem sei der Antragsgegner darauf hingewiesen worden, dass es nicht nur auf nicht geforderten Nach-weise, sondern auf die Erbringung vergleichbarer Leistungen (Referenzen) ankomme. Auf Basis der Rügen habe der Antragsgegner eine konkrete Prüfung vornehmen können; dies habe er auch getan und eine Schutzschrift erlassen.

Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet, da die für den Zuschlag vorgesehene Bieterin für den ausgeschriebenen Auftrag nicht leistungsfähig und demnach nicht geeignet sei. Gemäß § 16b EU VOB/A sei die Eignung der Bieter zu prüfen. Welche Nachweise im Einzelfall von den Bietern vorzulegen sind, richte sich nach dem Inhalt der Bekanntmachung. Hier habe der Auftraggeber in der Bekanntmachung unter Ziff. III.2.3. auf das Formblatt 124 verwiesen. Darin habe der jeweilige Bieter die Möglichkeit, bis zu drei Referenzobjekte zu benennen. Gem. § 2 EU Abs. 3 VOB/A müssten Bieter die Kriterien Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit erfüllen. Fachkundig sei ein Unternehmen, dass nicht nur notwendige, sondern umfassende betriebsbezogene Kenntnisse nach den allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik auf dem jeweiligen Spezialgebiet habe, hier Hochsicherheitstüren mit S…-Hochsicherheitsschlössern herzustellen. Eine derartige Fachkenntnis und Prüfzeugnisfähigkeit habe die Beigeladene mit ihren Referenzen nicht nachgewiesen. Sie verfüge nicht über die spezielle objektbezogene Sachkenntnis des Einbaus von Hochsicherheitstüren und S…-Hochsicherheitsschlössern. Letztere seien Vorgaben aus der Ausschreibung. Mit der „Antwort zu Teilfrage 8“ der Bieterfragen habe die Antragstellerin auf die Verpflichtungen hingewiesen, die bei dem Einbau der S…-Hochsicherheitsschlösser einzuhalten sind und hierzu ausgeführt, dass Grundlage hierfür neben der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung der jeweiligen Rohrrahmentüre auch ein Prüfzeugnis für das Schloss des Fabrikats S… sei. Die Beigeladene habe entsprechende Einbauten noch nicht vorgenommen und entsprechende Prüfzeugnisse noch nie erhalten. Es lägen daher keine Angaben zu Leistungen vergleichbarer Art vor. Wenn wie vorliegend auf die Anforderung expliziter Eignungsnachweise verzichtet wird, müsse sich der Auftraggeber anderweitig von der fachlichen Eignung des zur Bezuschlagung vorgesehenen Bieters überzeugen. Dies umfasse mindestens die Überprüfung der Durchführung vergleichbarer Projekte.

Die Beigeladene sei zudem wirtschaftlich und finanziell für diesen Auftrag nicht leistungsfähig. Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des technischen und personellen Apparats sei die personelle Ausstattung von wesentlicher Bedeutung. Hierzu gehöre ein ausreichender Bestand an technischem und kaufmännischem Stammpersonal. Dieser Bestand betrage ausweislich der Auskunft der Creditreform 18 Mitarbeiter. Für die Abarbeitung eines Auftragsvolumens von 12 Mio. Euro sei dieser Bestand an Mitarbeitern nicht ausreichend. Die Beigeladene habe auch keine Nachunternehmer angegeben, die die Beigeladene fachlich unterstützen könnten. Soweit der Antragsgegner in der Antragserwiderung andeute, dass es möglich sei, dass die Beigeladene nach Zuschlagserteilung personell aufstocke, verkenne sie offensichtlich, dass für die Ausführung gerade der hier maßgeblichen Arbeiten im Bereich der Herstellung und Montage von Hochsicherheitstüren und dem Einbau von S…-Hochsicherheitsschlössern hochqualifiziertes, erfahrenes und geschultes Personal erforderlich sei, welches eine zertifizierbare Leistung zu erbringen habe, welches weder auf dem freien Markt verfügbar sei noch über Personaldienstleister kurzfristig hinzu gebucht werden könne.

Die Einsichtnahme in den Vergabevermerk habe die Rügen der Antragstellerin bestätigt, dass sich der Antragsgegner bei seiner Bewertung ausschließlich auf die Präqualifikationsangaben verlassen habe, ohne deren offensichtliche Inhalte für die Eignung der vorgesehenen Vergabe abzugleichen. Ausweislich des Vergabevermerks sei insbesondere nicht überprüft worden, ob seitens der Beigeladenen eine vergleichbare Leistung mit den maßgeblichen Anforderungen des ausgeschriebenen Auftrags durchgeführt wurde. Die Vergleichbarkeit der erbrachten Leistungen würden nach den eigenen Maßstäben des Antragsgegners mindestens die Leistungsteile „Verschluss der Hochsicherheitstüren“ sowie „sicherheitstechnisch relevanten Anteil“ umfassen und zwar in einer Form, dass sich der Antragsgegner hierauf vorbehaltlos verlassen kann. Letzteres ergebe sich aus dem Hinweis auf Seite 3 des Vergabevermerks, da nach eigenem Bekunden des Antragsgegners die verstärkte Schnittstellenprüfung- und Überwachung im Rahmen der beauftragten Ingenieurleistungen nicht kompensiert werden könne.

Der Antragsgegner habe sich ausschließlich auf die PQ-Eintragung bezogen, welche auch ein JVA-Projekt enthalte. Bei diesem Bauvorhaben, das der Antragstellerin bekannt sei, seien zwar vergleichbare Hochsicherheitstüren mit entsprechenden Hochsicherheits-Verschlussanlagen ausgeschrieben und gefordert gewesen. Die dafür erforderlichen Leistungen habe die Beigeladene jedoch komplett, also Lieferung einschließlich Montage, an einen Nachunternehmer vergeben. Die Beigeladene habe also für dieses JVA-Projekt im Bereich der Hochsicherheitstüren und -schlösser gerade keine eigenen Leistungen erbracht. Mit dem Bezug auf dieses JVA-Projekt könne die Beigeladene ihre technische Leistungsfähigkeit im Hinblick auf die in der Ausschreibung geforderten Leistungen nicht belegen. Daneben sei zu beachten, dass Lieferung und Einbau der S…-Hochsicherheitsschlösser nur und ausschließlich in Zusammenarbeit mit dem Hersteller erfolgen könne. Die Beigeladene sei aber nicht als Kompetenzpartner des Herstellers gelistet, was erkennen lasse, dass sie gerade nicht mit der Firma zusammenarbeite. Jedenfalls habe der Antragsgegner es unterlassen, die Eignung dahingehend zu prüfen, ob es dem potentiellen Vertragspartner überhaupt möglich ist, die Leistungen zu erbringen.

Den Ausführungen auf Seite 3 des Vergabevermerks ließe sich entnehmen, dass der Antragsgegner erhöhte Anforderungen an die Ausführung stellte und zur Vergleichbarkeit der erbrachten Leistungen eine gewerkeübergreifende Leistungserbringung notwendig sei. Das schließe Bieter aus, die Leistungen nur als Nachunternehmer erbracht haben.

Soweit der Antragsgegner in Bezug auf die Angemessenheit des Angebotspreises der Beigeladenen auf seine eigene Budget-Schätzung abstelle, sei darauf zu erwidern, dass die Budget-Schätzung überholt sei und nicht die aktuelle Marktsituation abbilde. Wie sich aus dem Aktenvermerk ergebe, sei die Ausschreibung des hier in Rede stehenden Teilloses mit einem längeren zeitlichen Vorlauf erfolgt aufgrund der zunächst erfolgten und anschließend aufgehobenen Ausschreibung der Komplettleistungen. Aus dem Aktenvermerk ergebe sich zwar, dass eine Anpassung der Preise über den Baupreisindex II/2023 erfolgt sei. Dieser Index bilde jedoch die tatsächlichen Preisentwicklungen und Schwankungen gerade in dem hier in Rede stehenden Materialpreissektor nicht ab. Im Aktenvermerk werde auf Seite 4 sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass aufgrund dieser besonderen Preisentwicklungen einige Positionen des Angebots der Beigeladenen nach wie vor sehr niedrig erscheinen würden. Zudem sei aus dem Aktenvermerk ersichtlich, dass der Antragsgegner den Preis vorrangig vor dem Hintergrund der Frage überprüft habe, ob aufgrund der Überschreitung der Kosten der HU-Bau eine erneute Aufhebung der Ausschreibung erforderlich sei. Offenbar seien nur einige wenige Positionen aufgeklärt worden.

Die Antragstellerin beantragt:

1. Der Antragsgegnerin zu untersagen, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen,

2. Festzustellen, dass die Antragstellerin in Ihren Rechten verletzt ist

3. Geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens wiederherzustellen und die Rechtsverletzung zu beseitigen,

4. Der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zweckentsprechenden Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen,

5. Die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin festzustellen,

6. Der Antragstellerin Akteneinsicht zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt:

1. Der Vergabenachprüfungsantrag vom 01.12.2023 der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der zum Zweck entsprechenden Rechtsverteidigung des Antragsgegners erforderlichen Aufwendungen zu tragen.

3. Die Hinzuziehung der Bevollmächtigten durch den Antragsgegner wird für erforderlich erklärt.

Der Antragsgegner führt aus, dass im streitgegenständlichen Verfahren die Eignungsanforderungen an die Bieter im Wege der Verlinkung auf die Eignungskriterien der Vergabe-unterlagen festgelegt worden seien. Der in Abschnitt III.1) der Bekanntmachung enthaltene Direktlink führe zum Formblatt 124 (Eigenerklärung zur Eignung). Danach seien für nicht präqualifizierte Bieter unter anderem Angaben über den Umsatz des Unternehmens, Leistungen, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind, sowie über die zur Verfügung stehenden für die Ausführung der Leistungen erforderlichen Arbeitskräfte verlangt gewesen. Besondere Anforderungen oder Mindestbedingungen für die Eignung seien weder für einen Mindestumsatz noch für eine Mindestpersonalstärke und schließlich auch nicht für besondere Zertifizierungen oder besondere Leistungsinhalte in der Vergabebekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen benannt worden.

Die Beigeladene sei präqualifiziert. Die im PQ-Verzeichnis für die Beigeladene hinterlegten Referenzen umfassten unter anderem Leistungen in Bezug auf Brandschutz- und Sicherheitstüren mit automatischer Schließtechnik, Zutrittskontrolle und Sicherheitseinrichtungen für ein JVA Projekt. Ebenso seien mit der PQ-Eintragung die Eigenerklärung zum Personal und Eigenerklärungen zu Umsätzen in den Jahren 2019 bis 2021 dokumentiert. Die Vergabestelle habe das Angebot der Beigeladenen am 30.10.2023 aufgeklärt. Die Aufklärung habe verschiedene Aspekte des Angebots, etwa Erklärungen zum Inhalt des Angebots, die ergänzende Vorlage von Eignungsnachweisen und die Aufklärung von Einheitspreisen betroffen. Die Beigeladene habe auf das Aufklärungsverlangen innerhalb der von der Vergabestelle gesetzten Frist am 03.11.2023 geantwortet und die offenen Angaben und fehlenden Nachweise nachgereicht und aufgeklärt.

Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig. Insbesondere seien die beanstandeten und behaupteten Vergaberechtsverstöße nicht hinreichend substantiiert und rechtzeitig gerügt worden. Soweit die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 16.10.2023 bloße Vermutungen äußere, würden keine konkreten Beanstandungen erhoben. Dies gelte namentlich für die Beanstandung der Unauskömmlichkeit des Preises, der nicht ausreichenden Mitarbeiteranzahl und der angezweifelten Liquidität der Beigeladenen. Bei der Bezugnahme auf eigene Marktkenntnisse, ohne entsprechenden weitergehenden Beleg hierzu, handle es sich um eine Rüge ins Blaue hinein, welche die inhaltlichen Mindestanforderungen an die Substantiierung einer Rüge nicht erfülle. Dies insbesondere auch deshalb, da nicht erwähnt werde, woraus die Antragstellerin ihre Erkenntnisse gewonnen haben will. Die Beanstandung, mit der bestimmte Zertifikate und Prüfzeugnisse als notwendig erachtet werden, richte sich gegen einen Verstoß, der auf einer unzulässigen Forderung zur (unterbliebenen) Verschärfung der Eignungsanforderungen basiere. Die Antragstellerin sei insoweit nicht antragsbefugt, da sie keinen Anspruch darauf habe, dass die Eignungsanforderungen verschärft werden. Soweit die Antragstellerin implizit die angebliche Notwendigkeit von Nachweisen durch Prüfzeugnisse zum Beleg der technischen Leistungsfähigkeit fordere, sei die Antragstellerin hiermit präkludiert, da diese Beanstandung gem. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB bis zum Zeitpunkt des Ablaufs der (verlängerten) Angebotsfrist hätte erhoben werden müssen.

Gleiches gelte für die Rüge vom 23.11.2023, die keine weitergehenden Ausführungen enthalte, die den in den Bedenken vom 16.10.2023 vorgebrachten Aspekten einen Charakter verleihen könnten, welcher über bloße pauschale Vermutungen hinausgehe. Dass die Beanstandung zur fehlenden Eignung der Beigeladenen ins Blaue hinein erhoben wurde, ergebe sich auch daraus, dass die Antragstellerin die PQ-Listung der Beigeladenen, die durch eine einfache Internet-Recherche ermittelbar gewesen wäre, unberücksichtigt gelassen habe. Die mit der Rüge von 23.11.2023 ebenfalls erhobene Beanstandung, dass der Preis als einziges Zuschlagskriterium herangezogen worden sei und insoweit ein Widerspruch zwischen den Vergabeunterlagen und Auftragsbekanntmachung bestehe, sei gem. § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB präkludiert, da sie nicht bis zum Ablauf der Angebotsfrist erhoben worden sei. Die im Schreiben vom 30.11.2023 einzig neue Beanstandung, für die Durchführung des Vertrags sei die Hinzunahme eines Nachunternehmers geboten, sei ebenfalls ins Blaue hinein erhoben worden und stelle eine bloße Vermutung dar.

Der Nachprüfungsantrag sei jedenfalls unbegründet. Die Eignung eines Bieters könne nur an den Kriterien gemessen werden, die der Auftraggeber in den Vergabeunterlagen genannt hat, oder die sich unter Berücksichtigung von Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen zwingend und für die Bieter transparent aus der Sache ergeben. Im vorliegenden Fall ergäben sich die Eignungsanforderungen aus der Vergabebekanntmachung und dem damit verlinkten Formblatt 124 der Vergabeunterlagen. Da die Beigeladene in die Liste der präqualifizierten Unternehmen eingetragen sei, sei sie von der Vorlage einzelner Nachweise zum Beleg ihrer Eignung befreit gewesen, soweit die mit der Präqualifikation vorliegenden Nachweise die Eignung belegen. Die mit der PQ-Eintragung verbundenen Nachweise der Beigeladenen enthielten unter anderem Referenzen, die in technischer Hinsicht vergleichbare Leistungen beträfen wie die vorliegend ausgeschriebenen Leistungen. Bei der Bewertung der Frage der Vergleichbarkeit von Referenzen billige die Rechtsprechung der Vergabestelle, welche regelmäßig über spezifisches Fachwissen und fachliche Erfahrungen verfüge, einen Beurteilungsspielraum zu, der nur eingeschränkt überprüft werden könne. Das Leistungsbild der herangezogenen Referenzaufträge müsse mit dem ausgeschriebenen Auftrag nicht identisch sein. Es reiche aus, dass die Referenzleistung der ausgeschriebenen Leistung soweit ähnelt, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung eröffnet. Es wäre vergaberechtswidrig, die von der Antragstellerin behaupteten Maßstäbe zu Mindestanforderungen aufzustufen und an die Nichterfüllung die zwingende Rechtsfolge des Ausschlusses wegen fehlender Eignung zu knüpfen. Da zudem der Einbau der Hochsicherheitsschlösser von der Firma S… stets mit eigenem, von der Firma S… gestelltem Personal erfolge, werde der fachgerechte Einbau hinreichend gewährleistet.

Die Prüfung der technischen Eignung der Beigeladenen anhand der Titel im Leistungsverzeichnis könne wie folgt differenziert werden: Die technische Eignung für die gewerkeübergreifenden Leistungen wie Baustelleneinrichtung, Projektorganisation, etc. könne aus dem bewältigten Leistungsumfang des Referenzprojekts betreffend eine JVA-Anlage prognostiziert werden. Die technische Eignung zur Bewältigung der Anforderungen für die Pfosten-Riegel-Konstruktionen und Türen für alle Bauteile, Metallverkleidungen für Sockel und in der Fläche, teils mit erhöhten Sicherheitsanforderungen (bis RC 4 und Brandschutz bis F90) bei den Aufsichtskabinen (inkl. Fenster in den Aufsichtskabinen) könne zumindest für die hauptsächlich maßgeblichen Verglasungen mit RC- und Brandschutz-Anforderungen aus den in den vorliegenden Referenzen bewältigten Anforderungen abgeleitet werden. Die technische Eignung für die Innenverglasungen, teils mit erhöhten Sicherheitsanforderungen (bis RC 4, Brandschutz bis F90), könne zumindest für Verglasungen mit RC- und Brandschutz-Anforderungen aus den vorliegenden Referenzen abgeleitet werden; auch wenn in den Referenzen nicht direkt auf Innenverglasungen Bezug genommen werde, ähnele die technische Ausführung der Innenverglasung jedoch der Ausführung von Verglasungen in Türen. Die technische Eignung für die Rohrrahmentüren, teils mit erhöhten Sicherheitsanforderungen (bis RC 4 und Brandschutz T90) könne für Rohrrahmentüren mit RC- und Brandschutz-Anforderungen ebenfalls aus den vorliegenden Referenzen abgeleitet werden. Gleiches gelte für die technische Eignung für die Außentüren, teils mit erhöhten Sicherheitsanforderungen (bis und in Anlehnung an die Kategorie RC 4) für Außentüren mit RC- und Brandschutz-Anforderungen. Ein gesonderter technischer Eignungsnachweis für die einzubauenden Hochsicherheitsschlösser des Herstellers S… habe nicht geprüft werden müssen, da insoweit eine reine Zukaufleistung nach der Produktvorgabe des Antragsgegners erfolge. Damit sei die Prognose gerechtfertigt gewesen, dass die Beigeladene im Fall ihrer Beauftragung einen ordnungsgemäßen Vertragsvollzug erwarten lasse. Dass die Leistungen der Referenz betreffend die Justizvollzugsanstalt von der Beigeladenen im Hinblick auf Lieferung und Montage an einen Nachunternehmer vergeben worden seien, werde bestritten. Der Inhalt der Referenz spreche ausdrücklich davon, dass die Leistungen aus der im eigenen Betrieb erbrachten Fertigung der verschiedenen Sicherheitstüren bestanden hätten, und dass Planung, Fertigung und Montage der entsprechenden Stahlglastürelemente mit eigenem Führungspersonal bearbeitet worden sei.

Die Beigeladene sei ferner wirtschaftlich und finanziell für den Auftrag leistungsfähig. Die Vergabestelle habe die Beigeladene mit Schreiben vom 30.10.2023 zur Nachreichung auch von Eignungsnachweisen über die Umsatzangaben und die für die Leistung erforderlichen Arbeitskräfte aufgefordert. Die Beigeladene habe hierzu inhaltlich Stellung genommen und ihre Leistungsfähigkeit plausibel erläutert.

Letztlich habe die Beigeladene auch ihre Angaben zum Nachunternehmereinsatz sowie ihre Kalkulation zu den vom Antragsgegner als aufklärungsbedürftig angesehenen Einheitspreisen erläutert. Die aufgeklärten Positionen hätten dabei Leistungsvorgaben betroffen, bei denen in der Regel mit umfangreichen Nachtragspotenzialen gerechnet werden könne bzw. die am Anfang der Maßnahme zur Erzielung von Liquidität in Abschlagsrechnungen einbezogen würden. Da der Gesamtpreis aus dem Angebot der Beigeladenen oberhalb der geschätzten Kosten für den Auftragswert liege, sei ein unangemessen niedriges Angebot auszuschließen. Die Schätzung des Auftragswerts sei anhand einer methodisch zutreffenden Berechnung auf der Basis von hinreichend vergleichbaren Ansätzen vorgenommen worden und könne damit als hinreichende Grundlage für die Beurteilung einer Preisprüfung angesetzt werden. Da der Gesamtangebotspreis der Beigeladenen die Auftragswertschätzung überschritten habe, sei allein darüber zu entscheiden gewesen, ob das Vergabeverfahren aufzuheben war. Die Vergabestelle sei nach Prüfung zu der Einschätzung gelangt, dass trotz der Überschreitung der Kostenberechnung eine (erneute) Aufhebung nicht erfolgen soll, und habe dabei unter anderem berücksichtigt, dass sich das Angebot der Beigeladenen mit dem Angebotspreis innerhalb des für das betroffene Vergabepaket veranschlagten Budgets befinde.

Mit Beschluss vom 07.12.2023 wurde die Zuschlagsprätendentin zum Verfahren beigeladen.

Die Beigeladene stellt keine Anträge. Zur Sache führt sie aus, dass die Behauptung der Antragstellerin, sie hätte hinsichtlich der JVA-Referenz die Lieferung einschließlich Montage der Hochsicherheitstüren mit entsprechenden Hochsicherheits-Verschlussanlagen an ein Nachunternehmen vergeben und für dieses Projekt im Bereich der Hochsicherheitstüren und Schlösser keine eigenen Leistungen erbracht, nicht zutreffe. Von den Sicherheitstüren mit S…-Hochsicherheitsschlössern sei lediglich ein kleiner Teil von einem Nachunternehmer gefertigt und montiert worden. Der überwiegende Anteil der Sicherheitstüren mit S…- Hochsicherheitsschlössern sei von ihr vollständig in Eigenleistung gefertigt und im Objekt montiert worden. Entgegen der Behauptung der Antragstellerin sei die Beigeladene auch Kompetenzpartner des Herstellers.

Am 25.01.2024 fand in den Räumen der Regierung von Oberbayern die mündliche Verhandlung statt. Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert. Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit zum Vortrag. Die Vergabekammer wies die Beteiligten darauf hin, dass das Angebot der Beigeladenen ungeachtet ihrer in Frage stehenden Eignung nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden könne, da die Gestaltung der Angebotsunterlagen (Formblätter 124 und 212) die Bieter dazu verleitet habe, zum Nachweis ihrer Eignung keine vergleichbaren Referenzen vorzulegen, sondern auf die im Präqualifizierungsverzeichnis hinterlegten Referenzen zu verweisen. Offenbar verfügten allerdings sowohl die Beigeladene, die mittlerweile neue Referenzen im Präqualifizierungsverzeichnis hinterlegt habe, als auch die Antragstellerin über weitere, möglicherweise vergleichbare Referenzen, die sie allerdings nicht zum Nachweis ihrer Eignung vorgelegt hätten. Aufgrund dieser Sachlage sei nach vorläufiger Rechtsauffassung der Vergabekammer eine Zurückversetzung bis vor die Bekanntmachung und die Klarstellung der geforderten Nachweise erforderlich.

Mit Schriftsatz vom 05.02.2024 teilte der Antragsgegner zur Kenntnis der Vergabekammer mit, dass er die Teilnehmer an dem verfahrensgegenständlichen Vergabeverfahren durch Mitteilung über die Vergabeplattform darüber informiert habe, dass das Verfahren in den Stand vor Bekanntmachung zurückversetzt worden sei. Die Zurückversetzung beruhe auf dem sachlichen Grund, dass mit der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf eine bloße Prüfung der PQ-Eintragungen von der Vergabestelle entgegen der Vorgabe des verlinkten Formblatts 124 nicht zur alleinigen Maßgabe für die Eignungsprüfung habe gemacht werden können. Die in der Bekanntmachung anzugebenden Eignungsanforderungen seien daher so zu fassen, dass die Eignung anhand der tatsächlich für die Bewältigung des ausgeschriebenen Vorhabens anzugebenden Belege geprüft werden könne. Die Zurückversetzung sei darüber hinaus auch recht-mäßig, da kein Angebot vorliege, dass den Ausschreibungsbedingungen entspreche. Zugleich lägen andere schwerwiegende Gründe vor, die einer Zuschlagsentscheidung entgegenstünden.

Mit Schriftsätzen vom 06.02.2024 und 08.02.2024 beantragte die Antragstellerin die Aufhebung der Rückversetzung des Ausschreibungsverfahrens vor Bekanntmachung. Hilfsweise beantragte sie festzustellen, dass eine Rechtsverletzung vorliegt. Zur Begründung führte die Antragstellerin aus, dass die Antragstellerin durch ein Rückversetzen in den Stand vor der Bekanntmachung in ihrer Chance auf Zuschlagserteilung verletzt sei und keine Gründe für eine Rückversetzung vorlägen. Der Wettbewerb sei nicht durch die Bekanntmachung, sondern durch die fehlende Prüfung der Eignung beeinträchtigt. Durch eine erneute Bekanntmachung oder eine Konkretisierung der Eignungsanforderungen ändere sich der Bieterkreis nicht. Es seien auch keine Gründe für die Rückversetzung des Vergabeverfahrens dokumentiert worden. Der pauschale Bezug auf die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf sei nicht nachvollziehbar und daher nicht ausreichend. Die Antragstellerin sei geeignet und habe ihre Eignung vergaberechtskonform dargestellt. Sie sei nicht von dem Ausschreibungsverfahren auszuschließen. Die Eignung der Antragstellerin sei vom Antragsgegner bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht abgefragt oder gar geprüft worden. Das Angebot der Antragstellerin sei auch nicht unangemessen hoch. Die Kostenschätzung des Auftraggebers sei unvollständig. Sie berücksichtige nicht die Preisentwicklung der letzten Zeit und sie berücksichtige nicht die Anforderungen, die an die Leistungserbringung gestellt würden. Am Markt ließen sich für die ausgeschriebene Leistung keine anderen Preise erzielen. Jedenfalls habe der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens zu tragen, da er eine anderweitige Konkretisierung der Eignungsanforderungen vornehmen wolle.

Mit Schriftsatz vom 09.02.2024 beantragte der Antragsgegner, den Antrag auf Aufhebung der Rückversetzung des Ausschreibungsverfahrens vor Bekanntmachung und den Antrag auf Feststellung der Rechtsverletzung kostenpflichtig zurückzuweisen. Die Zurückversetzung diene dazu, den Bedenken der Vergabekammer an einer hinreichenden Vorgabe der Eignungsanforderungen zu begegnen und zu diesem Zweck die Eignungsnachweise nach § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB neu zu fassen und bekannt zu machen. Eine Diskriminierung der Antragstellerin sei damit nicht verbunden. Die Antragstellerin habe (wie die anderen Bieter auch) keinen Anspruch auf Zuschlagserteilung. Die Zurückversetzung sei auch rechtmäßig. Substantielle Einwendungen gegen die Berufung auf § 16d EU Abs. 1 Satz 1 VOB/A habe die Antragstellerin nicht erhoben.

Die Beteiligten wurden durch den Austausch der jeweiligen Schriftsätze informiert. Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer, die Niederschrift der mündlichen Verhandlung sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig.

Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern ergibt sich aus §§ 155, 156 Abs. 1, 158 Abs. 2 GWB i. V. m. §§ 1 und 2 BayNpV.

Durch die Zurückversetzung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens in den Stand vor der Auftragsbekanntmachung hat sich das Nachprüfungsverfahren in der Hauptsache erledigt.

1. Die Zurückversetzung ist wirksam, da sie zur Klarstellung der Eignungsanforderungen notwendig und damit sachlich gerechtfertigt ist. Der auf die Aufhebung der Rückversetzung gerichtete Antrag der Antragstellerin war deshalb zurückzuweisen.

1.1. Die Zurückversetzung stellt eine teilweise Aufhebung des Vergabeverfahrens dar und richtet sich dementsprechend nach den Regelungen über die Aufhebung (vgl. VK Südbayern, Beschluss vom 05.10.2016 – Z3-3-3194-1-33-08/16). Bei der rechtlichen Überprüfung der vollständigen oder auch nur teilweisen Aufhebung eines Vergabeverfahrens ist zwischen der Wirksamkeit und der Rechtmäßigkeit der (Teil-) Aufhebungsentscheidung öffentlicher Auftraggeber zu unterscheiden. Ein öffentlicher Auftraggeber kann grundsätzlich nicht verpflichtet werden, einen Auftrag auf der Grundlage einer Ausschreibung zu erteilen, die einen erheblichen Fehler im Vergabeverfahren aufweist (vgl. VK Bund, Beschluss vom 13.02.2020 – VK 1-02/20). Dies ist Folge der Vertragsfreiheit, die auch für im Wege öffentlicher Ausschreibungen vergebene Aufträge gilt. Notwendige Voraussetzung für eine vollständige oder auch nur teilweise Aufhebung einer Ausschreibung ist lediglich, dass der öffentliche Auftraggeber für seine (Teil-) Aufhebungsentscheidung einen sachlichen Grund hat, so dass eine Diskriminierung einzelner Bieter ausgeschlossen und seine Entscheidung nicht willkürlich ist oder nur zum Schein erfolgt (VK Südbayern, Beschluss vom 6.9.2018 – Z3-3-3194-1-24-07/18; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.1.2015 – VII Verg 29/14).

1.2. Ein solch sachlicher Grund ist vorliegend gegeben. Wie die Vergabekammer bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, war in streitgegenständlichem Vergabe-verfahren unklar, ob und welche Nachweise präqualifizierte Bieter zum Beleg ihrer technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit einzureichen hatten.

Vorliegend hatte der Antragsgegner hinsichtlich der Kriterien der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit in Abschnitt III.1.3) der Auftragsbekanntmachung einen Link auf das Formblatt 124 des VHB Bayern – Stand September 2022 eingefügt. Die Praxis, Eignungsanforderungen mittels eines Direkt-Links auf ein Dokument der Vergabeunterlagen bekannt-zugeben, aus dem sich die Eignungsanforderungen ergeben, erachtet die vergaberechtliche Rechtsprechung grundsätzlich als zulässig (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.06.2022 – VII Verg 19/22; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2018 – VII Verg 24/18). Allerdings besteht vorliegend die Besonderheit, dass sich das verlinkte Formblatt ausweislich seines Titels nur auf nicht präqualifizierte Unternehmen bezieht. Laut des darauffolgenden Klammerzusatzes ist es vom Bieter nur auszufüllen, soweit dieser nicht präqualifiziert ist. Es stellt sich damit die Frage, welche Eignungsanforderungen Bieter zu erfüllen hatten, die eine einschlägige Präqualifikation aufweisen.

1.2.1. Nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf müssen die inhaltlichen Anforderungen an die Eignung und ihre Nachweise für jeden Bieter gleich sein, unabhängig davon, ob dieser präqualifiziert ist oder nicht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.06.2022 – VII Verg 19/22). Der in § 122 Abs. 3 GWB, § 6b EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A-EU geregelte Nachweis der Eignung durch Teilnahme an einem Präqualifikationssystem diene der Umsetzung von Art. 64 der Vergaberichtlinie 2014/24/EU. Der Bestimmung liege die Erwägung zugrunde, den Verwaltungsaufwand zu verringern, welcher insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen durch die Führung des Eignungsnachweises entstehe. Die Teilnahme am Präqualifikationssystem bezwecke demnach eine Entlastung des Bieters von der Beibringung der Eignungsnachweise, nicht jedoch ihrer Ersetzung. Die Erleichterung in Bezug auf die Beibringung ändere nichts daran, dass die Erfüllung der Eignungskriterien grundsätzlich vom Bieter nachzuweisen sei. Dies gelte auch für einen im Präqualifikationsverzeichnis eingetragenen Bieter. Dieser sei nur insoweit privilegiert, als er von der Beibringung der geforderten Eignungsnachweise entlastet und die inhaltliche Richtigkeit der hinterlegten Nachweise vermutet würde. Die inhaltlichen Anforderungen an die Eignungsnachweise gälten aber auch für ihn, da nur so das der Konkretisierung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dienende Eignungserfordernis gemäß § 122 Abs. 1 GWB gewährleistet sei, wonach Aufträge nur an fachkundige und leistungsfähige Unternehmen vergeben werden (zu alledem OLG Düsseldorf, aaO).

Die Vergabekammer erachtet diese Argumentation für stichhaltig. Wie sich aus Art. 64 Abs. 6 Unterabs.1 Satz 1 der Richtlinie 2014/24/EU ergibt, müssen die Nachweisanforderungen für die Eignungskriterien, auf die sich die Wirtschaftsteilnehmer für ihre Eintragung in das amtliche Verzeichnis berufen, unter anderem die Anforderungen des Art. 60 der Richtlinie erfüllen. Aus diesem Verweis in der Regelung über amtliche Verzeichnisse zugelassener Wirtschaftsteilnehmer auf die außerhalb dieser Verzeichnisse zu erbringenden Nachweise an die Eignung ergibt sich zur Überzeugung der Vergabekammer, dass der EU-Gesetzgeber präqualifizierte und nicht präqualifizierte Bieter im Hinblick auf die jeweils zu erbringenden Eignungsnachweise grundsätzlich gleichbehandelt wissen wollte.

1.2.2. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob präqualifizierte Bieter im vorliegenden Fall dem über die Auftragsbekanntmachung verlinkten Formblatt zur Eigenerklärung der Eignung mit der gebotenen Eindeutigkeit entnehmen konnten, dass die in dem Formblatt enthaltenen Nachweisanforderungen auch für sie Anwendung finden sollten.

Der Erklärungswert der Vergabeunterlagen beurteilt sich nach den für die Auslegung von Willenserklärungen maßgeblichen Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB (BGH, Beschluss vom 07.01.2014 – X ZB 15/13). Dabei ist auf die objektive Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters abzustellen, der mit der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung vertraut ist (OLG München, Beschluss vom 20.01.2020 – Verg 19/19). Maßgeblich ist nicht das Verständnis eines einzelnen Bieters, sondern wie der abstrakt angesprochene Empfängerkreis die Leistungsbeschreibung und Vergabeunterlagen versteht (OLG München, aaO). Wie Mitbieter die Vergabeunterlagen verstanden haben, kann für die normativ zu bestimmende Verständnismöglichkeit des durchschnittlichen Bieters von indizieller Bedeutung sein (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.12.2017 – VII-Verg 19/17). Kommen nach einer Auslegung von Vergabeunterlagen mehrere Verständnismöglichkeiten in Betracht oder können Unklarheiten oder Widersprüche nicht aufgelöst werden, geht dies zulasten des öffentlichen Auftraggebers (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.12.2017 – VII-Verg 19/17). Die Vergabestellen trifft insoweit die Verpflichtung, die Vergabeunterlagen klar und eindeutig zu formulieren und Widersprüchlichkeiten zu vermeiden (OLG München, Beschluss vom 09.03.2020 – Verg 27/19 m. w. N.).

Im Zweifel dürfen Bieter die Vergabeunterlagen so verstehen, dass sie den vergaberechtlichen Anforderungen entsprechen, denn das Verständnis des durchschnittlich erfahrenen Bieters basiert auf der Annahme, dass sich die Vergabestelle vergaberechtskonform verhält (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 28.09.2023 – 11 Verg 2/23). Dies spricht dafür, dass präqualifizierte Bieter davon ausgehen konnten, dass ihre technische und berufliche Leistungs-fähigkeit ebenso wie bei nicht präqualifizierten Bietern an dem im Formblatt 124 niedergelegten Maßstab gemessen würde. Ungeachtet dessen entsprach es allerdings zumindest bis zu dem klarstellenden Beschluss des OLG Düsseldorf zur notwendigen Gleichbehandlung von präqualifizierten und nicht präqualifizierten Bietern bezüglich des Nachweises ihrer Eignung in weiten Teilen der vergaberechtlichen Praxis öffentlicher Auftraggeber, bei präqualifizierten Bietern den Nachweis ihrer Eintragung in das Präqualifikationsverzeichnis als hinreichenden Nachweis ihrer Eignung genügen zu lassen. Diese weitverbreitete frühere, aber teilweise auch heute noch anzutreffende, Praxis kann nach Ansicht der Vergabekammer bei der Ermittlung des Verständnisses durchschnittlich erfahrener und mit Vergabeverfahren vertrauter Bieter nicht unberücksichtigt bleiben. Dass Bieter auch heute noch der Vorstellung erliegen, ihre Eintragung in das Präqualifikationsverzeichnis genüge als Nachweis ihrer Eignung, zeigt sich am Verhalten der Beigeladenen im vorliegenden Fall, die davon absah, vor Angebotsabgabe die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Referenzen mit Blick auf den streitgegenständlichen Auftrag zu ergänzen, obwohl ihr das – wie sich im Nachhinein gezeigt hat – möglich gewesen wäre. Hinzu kommt, dass sich auch die Vorgabe unter Ziffer 7.1. der Teilnahmebedingungen gemäß Formblatt 212 EU in diesem Sinne verstehen lässt. Danach führen präqualifizierte Unternehmen den Nachweis der Eignung für die zu vergebende Leistung durch den Eintrag ins Präqualifikationsverzeichnis und ggf. ergänzt durch geforderte auftragsspezifische Einzelnachweise. Demgegenüber haben nicht präqualifizierte Unternehmen mit dem Angebot entweder die ausgefüllte „Eigenerklärung zur Eignung“ ggf. ergänzt durch geforderte auftragsspezifische Einzelnachweise oder eine Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE) vorzulegen. Diese Regelungssystematik, nach welcher der Nachweis der Eignung sowohl bei präqualifizierten Bietern als auch bei nicht präqualifizierten Bietern jeweils unter dem Vorbehalt gegebenenfalls geforderter auftragsspezifischer Einzelnachweise steht, lässt sich durchaus so verstehen, dass der Eintrag in das Präqualifikationsverzeichnis der ausgefüllten Eigenerklärung zur Eignung gleichgestellt sein sollte. Dies gilt jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, wo der Auftraggeber neben dem Eintrag in das Präqualifikationsverzeichnis oder der ausgefüllten Eigenerklärung zur Eignung keine auftragsspezifischen Einzelnachweise gefordert hat.

Erschwerend für ein eindeutiges Verständnis der Vorgaben der Vergabeunterlagen im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass gänzlich unklar war, welche Leistungsbereiche die Präqualifikation eines Bieters umfassen musste und wie sich die Nachweisführung in jenen Fällen gestalten sollte, in denen ein Bieter nur für einen Teil der einschlägigen Leistungsbereiche präqualifiziert ist. Auch diese Unklarheit geht zulasten des öffentlichen Auftraggebers. Hätte der Antragsgegner also das Vergabeverfahren nicht von sich aus in den Stand vor der Auftragsbekanntmachung zurückversetzt, wäre er hierzu von der Vergabekammer zur Klarstellung der zu erfüllenden Eignungsanforderungen zu verpflichten gewesen, da gemäß § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB die Eignungskriterien bereits in der Auftragsbekanntmachung anzugeben sind. Damit besteht aber im Ergebnis kein Zweifel, dass die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens durch den Antragsgegner von einem sachlichen Grund getragen und damit wirksam ist.

2. Die wirksame Zurückversetzung des Vergabeverfahrens in den Stand vor der Auftragsbekanntmachung führt zu einer Erledigung des Nachprüfungsantrags, da ihm insoweit die Grundlage entzogen wurde.

Die Erledigung des Nachprüfungsantrags hat zur Folge, dass das Verfahren einzustellen und nur noch über den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag der Antragstellerin sowie die Kosten zu entscheiden ist.

2.1. Der Hilfsantrag der Antragstellerin festzustellen, dass eine Rechtsverletzung vorliegt, ist unzulässig.

2.1.1. Die Vergabekammer geht davon aus, dass die Antragstellerin mit ihrem Hilfsantrag eine Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zurückversetzung des Vergabeverfahrens begehrt und nicht eine Feststellung nach § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB im Hinblick auf die ursprünglich geltend gemachten Rechtsverletzungen. Die für die Auslegung von Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze sind auf die Auslegung von Prozesserklärungen entsprechend anwendbar (vgl. BGH, Beschluss vom 14.02.2001 – XII ZB 192/99). Dies gilt auch für Erklärungen im Vergabenachprüfungsverfahren (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 08.11.2012 – 13 Verg 7/12). Die Auslegung orientiert sich an dem Grundsatz, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage der Prozesspartei entspricht (BGH, Beschluss vom 08.09.2021 –VIII ZR 258/20).

In der Begründung zu ihrem hilfsweise gestellten Feststellungsantrag geht die Antragstellerin auf die ursprünglich geltend gemachten Rechtsverletzungen, insbesondere den nicht erfolgten Ausschluss der Beigeladenen mangels Eignung, nicht mehr ein. Sie konzentriert ihre Argumentation vielmehr darauf, dass die Rückversetzung unwirksam und rechtswidrig sei, da es keinen Grund zur Rückversetzung des Vergabeverfahrens in den Stand vor Bekanntmachung gebe. Der Antragsgegner sei verpflichtet, eine Eignungsprüfung vorzunehmen, nötigenfalls unter Nachforderung fehlender, unvollständiger oder fehlerhafter unternehmensbezogener Unter-lagen. Eine grundlegende Änderung der Vergabeunterlagen sei nicht erforderlich und das Angebot der Antragstellerin auch nicht unangemessen hoch. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen, die auf eine Rechtsverletzung der Antragstellerin durch die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens gerichtet sind, geht die Vergabekammer davon aus, dass es der wohlverstandenen Interessenlage der Antragstellerin entspricht, eine Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zurückversetzung des Vergabeverfahrens zu erlangen. Ein solcher Antrag ist in entsprechender Anwendung des § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB statthaft (vgl. BGH, Beschluss vom 20.03.2014 – X ZB 18/13).

2.1.2. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag der Antragstellerin ist jedoch mangels Darlegung ihres Feststellungsinteresses unzulässig.

Wie jeder Feststellungsantrag setzt auch der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Aufhebung bzw. Zurückversetzung des Vergabeverfahrens als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal die Darlegung eines konkreten Feststellungsinteresses voraus (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 19.03.2019 – 13 Verg 1/19; VK Südbayern, Beschluss vom 12.12.2022 – 3194.Z3-3_01-22-33). Dies ergibt sich bereits aus den allgemeinen prozessualen Grundsätzen, nach denen die Inanspruchnahme eines Gerichts bzw. der Vergabekammer nicht zulässig ist, wenn kein berechtigtes Interesse vorliegt. Zur Bestimmung eines solchen Feststellungsinteresses kann auf die Grundsätze anderer Verfahrensordnungen, insbesondere zur Fortsetzungsfeststellungsklage nach der Verwaltungsgerichtsordnung zurückgegriffen werden (VK Hessen, Beschluss vom 31.07.2002 – 69d-VK-14/2002; VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25.01.2012 – VK -SH 24/11).

Ein Feststellungsinteresse rechtfertigt sich durch jedes nach vernünftigen Erwägungen und nach Lage des Falles anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, wobei die beantragte Feststellung geeignet sein muss, die Rechtsposition des Antragstellers in einem der genannten Bereiche zu verbessern und eine Beeinträchtigung seiner Rechte auszugleichen oder wenigstens zu mildern. Das Feststellungsinteresse ist explizit zu begründen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.10.2023 – Verg 18/23 m. w. N.).

Ausgehend von diesen Maßstäben kann die Vergabekammer ein besonderes Feststellungsinteresse der Antragstellerin an einer Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zurückversetzung des Vergabeverfahrens nicht erkennen. Die Antragstellerin hat nichts zur Begründung eines besonderen Feststellungsinteresses vorgetragen. Auch ein Feststellungsinteresse wegen möglicher Schadensersatzansprüche kann nicht allein aufgrund der im Schadensersatzprozess geltenden Bindungswirkung der Entscheidung der Vergabekammer und des Beschwerdegerichts gemäß § 179 GWB ohne nähere Angaben zu den behaupteten Ansprüchen angenommen werden (OLG Düsseldorf, a.a.O.). Bei fortbestehendem Beschaffungsbedarf des Antragsgegners ist zu erwarten, dass das Vergabeverfahren nach einer Konkretisierung der Eignungsanforderungen fortgesetzt wird. Die Antragstellerin wird in diesem Fall erneut Gelegenheit haben, ihr Angebot einzureichen. Denkbar sind in dieser Situation allenfalls geringfügige Schadensersatzansprüche auf das negative Interesse wegen der Erstellung ihres ersten Angebots. Die Antragstellerin hätte hierzu aber darzulegen, dass sie bei ordnungs-gemäßer Durchführung des Vergabeverfahrens den Zuschlag erhalten hätte, was angesichts ihrer zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe im PQ-Verzeichnis hinterlegten Eignungsnachweise zweifelhaft ist, oder welche sonstigen Schäden ihr entstanden sind (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2012 – X ZR 108/10; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.08.2019 – Verg 9/19).

2.2. Nach § 182 Abs. 3 S. 4, 5 GWB treffen Antragstellerin und Antragsgegner aus Gründen der Billigkeit die Kostenlast zu gleichen Teilen. Zwar hat der Antragsgegner dem Nachprüfungsantrag durch die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens in den Stand vor der Auftragsbekanntmachung die Grundlage entzogen und ist damit einer entsprechenden Verpflichtung durch die Vergabekammer zuvorgekommen, was für eine Kostentragung des Antragsgegners spricht (vgl. VK Südbayern, Beschluss vom 20.04.2018 – Z3-3-3194-1-59-12/17). Gleichwohl ist hier zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin mit ihrem Recht-schutzbegehren, die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens rückgängig zu machen bzw. hilfsweise festzustellen, dass diese rechtswidrig ist, nicht durchdringen konnte. In dieser Situation entspricht es nach Ansicht der Vergabekammer billigem Ermessen, Antragstellerin und Antragsgegner die Kostenlast zu gleichen Teilen aufzuerlegen.

Die Gebührenfestsetzung beruht auf § 182 Abs. 2 GWB. Diese Vorschrift bestimmt einen Gebührenrahmen zwischen 2.500 Euro und 50.000 Euro, der aus Gründen der Billigkeit auf ein Zehntel der Gebühr ermäßigt und, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag von 100.000 Euro erhöht werden kann. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Eine Reduzierung der Gebühr auf die Hälfte nach § 182 Abs. 3 S. 4 GWB scheidet vorliegend aus, da die Vergabekammer streitig über die Erledigung des Nachprüfungsantrags befinden musste.

Der Antragsgegner ist als Bundesland von der Zahlung der Gebühr nach § 182 Abs. 1 S. 2 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG (Bund) vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung befreit. Von der Antragstellerin wurde bei Einleitung des Verfahrens ein Kostenvorschuss in Höhe von 2.500 Euro erhoben. Dieser Kostenvorschuss wird nach Bestandskraft verrechnet.

Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen von Antragstellerin und Antragsgegner beruht auf § 182 Abs. 4 S. 3 1. HS GWB. Aufgrund der vorgenommenen Kostenteilung zwischen Antragsgegner und Antragstellerin entspricht es billigem Ermessen, dass die Beteiligten ihre Aufwendungen selbst zu tragen haben und eine Erstattung nicht stattfindet (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 23.12.2014 – 2 Verg 5/14).

Auch wenn die Beigeladene keine Anträge gestellt hat, muss die Vergabekammer von Amts wegen über die Aufwendungen der Beigeladenen entscheiden.

Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen folgt aus § 182 Abs. 4 S. 3, S. 2 GWB. Danach sind Aufwendungen der Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn die Vergabekammer sie als billig erachtet. Dabei setzt die Erstattungsfähigkeit jedenfalls voraus, dass die Beigeladene sich mit demselben Rechtsschutzziel wie der obsiegende Verfahrensbeteiligte aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat (OLG Brandenburg, Beschl. v. 09.02.2010, Az.: Verg W 10/09). Dieser für die kostenrechtliche Berücksichtigung der Beigeladenen maßgebende Grundsatz ist auch bei der Kostenentscheidung nach Erledigung des Nachprüfungsantrags von entscheidender Bedeutung (OLG Celle, Beschl. v. 29.06.2010, Az.: 13 Verg 4/10).

Die Beigeladene hat sich nur punktuell durch schriftsätzlichen Vortrag geäußert, jedoch keine Anträge gestellt und sich insoweit auch nicht aktiv am Verfahren beteiligt. Sie trägt ihre Aufwendungen selbst.

Rechtsmittelbelehrung

München, 27.02.2024

Aktuelle Entscheidungen im Volltext (2) – VK Westfalen zu der Frage, dass die Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung sowohl die Angabe der Schätzmenge und/ oder des Schätzwerts als auch eine Höchstmenge und/oder einen Höchstwert sowie den Hinweis enthalten muss, dass die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliert, wenn diese Menge oder dieser Wert erreicht ist

Aktuelle Entscheidungen im Volltext (2) - VK Westfalen zu der Frage, dass die Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung sowohl die Angabe der Schätzmenge und/ oder des Schätzwerts als auch eine Höchstmenge und/oder einen Höchstwert sowie den Hinweis enthalten muss, dass die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliert, wenn diese Menge oder dieser Wert erreicht ist

vorgestellt von Thomas Ax

Obwohl ein Durchschnittsbieter, der an der Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung teilnimmt, um das nicht eindeutig festgelegte Auftragsvolumen nach § 21 Abs. 1 Satz 2 VgV und die damit verbundenen Ungewissheiten bei der Kalkulation wissen muss, ist für ihn nach einer zumindest laienhaft rechtlichen Bewertung nicht erkennbar im Sinne des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 3 GWB, dass die fehlende Angabe der Höchstmenge in rechtlicher Hinsicht einen Vergaberechtsverstoß darstellt. Die Rechtswidrigkeit ergibt sich erst aus einer Auslegung des Gleichheits- und des Transparenzgrundsatzes und begründet sich mit dem nicht zumutbaren und unüberschaubaren Risiko, das einer nicht begrenzten Rahmenvereinbarung immanent ist (EuGH, IBR 2021, 424 = VPR 2021, 113). Dies gilt jedenfalls deshalb, da ein Durchschnittsbieter den Vergabeverstoß nicht zufällig beim Studium der Vergabeunterlagen auffallen kann, da erst das Fehlen der Information den Vergabeverstoß begründet. Es bedarf mit anderen Worten rechtlicher Beratung und Auswertung der Vergabeunterlagen.
Ausgehend von Gleichbehandlungs- und Transparenzgrundsatz muss die Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung sowohl die Angabe der Schätzmenge und/oder des Schätzwerts als auch eine Höchstmenge und/oder einen Höchstwert sowie den Hinweis enthalten, dass die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliert, wenn diese Menge oder dieser Wert erreicht ist (vgl. EuGH, IBR 2021, 424 = VPR 2021, 113, und hieran anknüpfend OLG Koblenz, IBR 2023, 360 = VPR 2023, 16; a. A. noch die am Wortlaut des § 21 VgV orientierte Rechtsprechung des KG, Beschluss vom 20.03.2020 – Verg 7/19, IBRRS 2020, 3836 = VPRRS 2020, 037, und der VK Bund, IBR 2020, 85 = VPR 2020, 24). Dies ist erforderlich, da der Bieter erst auf Grundlage dieser Schätzung seine Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der Verpflichtungen aus der Rahmenvereinbarung beurteilen kann (vgl. EuGH, a.a.O.). Wäre der Höchstwert oder die Höchstmenge der Rahmenvereinbarung nicht angegeben oder die Angabe nicht rechtlich verbindlich, könnten sich öffentliche Auftraggeber zudem über diese Höchstmenge hinwegsetzen (vgl. EuGH, a.a.O.). Dann könnten Zuschlagsempfänger wegen Nichterfüllung der Rahmenvereinbarung vertraglich haftbar gemacht werden, wenn sie die von den öffentlichen Auftraggebern geforderten Mengen nicht leisten könnten, selbst wenn diese Mengen die Höchstmenge in der Bekanntmachung und/oder den Vergabeunterlagen überschreiten (vgl. EuGH, a.a.O.).
3. Ohne Angabe der Höchstmenge ist das Vergabeverfahren bei fortbestehender Beschaffungsabsicht in den Stand vor Bekanntmachung zurückzuversetzen. Eine Korrektur des Verfahrensfehlers ist nur durch Überarbeitung der Bekanntmachung möglich. Denn bereits aus der Bekanntmachung muss sich für den Bieterkreis die Schätz- und Höchstmenge einer Rahmenvereinbarung ergeben, damit dieser seine Leistungsfähigkeit beurteilen und entscheiden kann, ob er an dem Vergabeverfahren teilnimmt (vgl. EuGH, IBR 2021, 424 = VPR 2021, 113).
VK Westfalen, Beschluss vom 21.02.2024 – VK 3-42/23
 

Gründe

I.

Mit Bekanntmachung vom 18. Juli 2023 (Referenznummer der Bekanntmachung: […]) schrieb die Antragsgegnerin Sicherheitsdienstleistungen für Kulturbetriebe im nicht offenen Verfahren als Rahmenvereinbarung in zwei Losen aus. Los 1 betraf Sicherheitsdienstleistungen in Museen und Los 2 Sicherheitsdienstleistungen in kulturellen Einrichtungen. Die Laufzeit des Vertrages betrug ein Jahr mit der Option, den Vertrag dreimal um jeweils ein weiteres Jahr zu verlängern. Der geschätzte Auftragswert liegt über dem für EU-Vergaben maßgeblichen Schwellenwert für Sicherheitsdienstleistungen.

Für den Teilnahmewettbewerb sah Ziffer II.2.9 der Bekanntmachung teils unterschiedlich gewichtete Auswahlkriterien vor, anhand derer die Antragsgegnerin eine Wertungsreihenfolge zur Auswahl nur der fünf bestplatzierten Teilnehmer zu erstellen beabsichtigte. Die Auswahl sollte unter anderem erfolgen nach Anzahl und Berufserfahrung der eingesetzten Sicherheitsdienstmitarbeiter sowie der sich aus Referenzen ergebenden Berufserfahrung der Teilnehmer selbst in Bezug auf die Durchführung von Aufträgen vergleichbarer Größenordnung. Ziffer IV.1.3 der Bekanntmachung lautete:

„Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit mehreren Wirtschaftsteilnehmern, geplante Höchstzahl: 2“

Einziges Zuschlagskriterium war der Angebotspreis.

Die Vergabeunterlagen bestanden neben dem Teilnahmeantrag insbesondere aus den Leistungsbeschreibungen für die jeweils zu sichernden Objekte (von der Antragsgegnerin als „Position“ bezeichnet), den Preisblättern und „Besondere[n] Vertragsbedingungen für Sicherheitsdienstleistungen für die Kulturbetriebe [der Antragsgegnerin]“.

Mit dem Teilnahmeantrag wiederholte die Antragsgegnerin die Auswahlkriterien aus der Bekanntmachung und fragte insbesondere Mitarbeiterzahlen der Teilnehmer aus den Jahren 2020, 2021 und 2022 sowie Referenzobjekte ab, bei denen die Sicherungsdienstleistungen in Museen vergleichbarer Größenordnung (Los 1: Anzahl Objekte: […] Museen, Stundenvolumen Auftrag: ca. […] h pro Jahr) oder in kulturellen Einrichtungen (Los 2: Anzahl Objekte: […] kulturelle Einrichtungen, Stundenvolumen Auftrag: ca. […] h pro Jahr) durchgeführt wurden.

Die Preisblätter enthielten für die einzelnen zu sichernden Objekte jeweils die Leistungen „Standardbewachung“ (Ziffern […].1 bis […].6), „Sonderveranstaltung“ (Ziffern […].7 bis […].12) und „Spontanbewachung“ (Ziffern […].13 bis […].18), wobei die Antragsgegnerin vereinzelt die Stundenwerte der Gesamtstunden für ein Jahr vorgab.

Sie wies in den Preisblättern auf Folgendes hin:

„Bei den angegebenen Stundenzahlen handelt es sich ausschließlich um eine fiktive Mengenangabe für die Wertung, basierend auf den voraussichtlichen Standardeinsatzzeiten sowie den Erfahrungen aus den Vorjahren. Die tatsächliche Abrufhöhe kann hiervon abweichen.“

In dem Preisblatt betreffend die Sicherung des Objekts „[D]“ waren die Preise für eine Vertragslaufzeit von einem Jahr, in den übrigen Preisblättern für vier Jahre anzugeben.

In den „Besondere[n] Vertragsbedingungen für Sicherheitsdienstleistungen für die Kulturbetriebe [der Antragsgegnerin]“ ergänzte die Antragsgegnerin unter der Überschrift „Kalkulation – Mehrleistung“, Ziffer VI.3, dass

„die Mengenangaben in der Preisabfrage auf Erfahrungswerten aus den letzten Jahren [basieren]. Eine Über- sowie Unterschreitung der Menge ist daher möglich. […]“

Neben weiteren Teilnehmern reichten die Antragstellerin und die Beigeladene einen Teilnahmeantrag ein. Die Antragsgegnerin prüfte die Teilnahmeanträge durch ihren FB 19.2 („Vergabestelle“) ohne Einbeziehung des EB 41 („Museen/Bibliotheken/Stadtarchiv/[…]“). Auf Grundlage der vorgenannten Eignungskriterien forderte die Antragsgegnerin die fünf Unternehmen mit der höchsten Wertungspunktzahl im Teilnahmewettbewerb, darunter die Antragstellerin und die Beigeladene, zur Abgabe eines Angebots bis Ablauf des 24. Oktober 2023 auf. Innerhalb der Angebotsfrist gingen vier Angebote ein.

Im Zusammenhang mit der Prüfung der Angemessenheit der Preise übermittelte FB 19 dem EB 41 das Angebot der Beigeladenen für Los 1 „zur Durchsicht“. Bevor EB 41 am 2. November 2023 die Angemessenheit bestätigte, nahm eine Mitarbeiterin aus dem EB 41 unmittelbar Kontakt mit den Mitarbeitern der Antragstellerin auf. Sie forderte diese zur Abgabe von Blankobewerbungen auf, damit sie die Bewerbungen nach Auftragserteilung dem neuen Auftraggeber übergeben könne. Auf eine aus den Vergabeunterlagen nicht ersichtliche Reaktion der Antragstellerin antwortete die vorgenannte Mitarbeiterin aus dem Bereich 41 am 3. November 2023:

„Ihre Mitarbeiter wurden nicht aufgefordert, sich bei einer anderen Firma zu bewerben; sie wurden aufgefordert, mir Blankobewerbungen ohne Adressaten zu überreichen. Es wurden alle Mitarbeiter*innen angesprochen, die ggf. Interesse haben, bei den Museen zu bleiben. Sollte nach Ende der Ausschreibungsfrist feststehen, dass die [Antragstellerin] den Zuschlag für die Ausschreibung nicht bekommt, können die Bewerbungen an die neue Firma überreicht werden. Dies ist ein ganz normaler Vorgang und wurde bei dem Wechsel von der Vorgängerfirma zur Antragstellerin identisch gehandhabt. Auch die [Antragstellerin] hat damals Blanko-Bewerbungen erhalten, da zum Zeitpunkt der Bewerbungserstellung noch nicht feststand, welche Firma den Zuschlag erhält. Dies müssen wir so handhaben, damit Zeit gespart wird. Sollte die [Antragstellerin] den Zuschlag erhalten, würden die Bewerbungen an die Mitarbeiter*innen zurückgeschickt.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrage […]“


Zu diesem Zeitpunkt war die Auswahlentscheidung noch nicht getroffen. Vielmehr setzte FB 19 nach Rückmeldung des EB 41 die Angebotsprüfung fort. Beispielsweise fragte FB 19 einen Auszug aus dem Wettbewerbsregister nach und bat einen weiteren Fachbereich um Mitteilung, ob gewerberechtliche Bedenken gegen die Beauftragung der Beigeladenen bestünden. Da der Angebotspreis der Beigeladenen für Los 2 geringer als die Kostenschätzung ausfiel, bat FB 19 EB 41 mit E-Mail vom 16. November 2023 weiterhin um Erläuterung insbesondere der Position 5 (Preisabfrage [S]). EB 41 teilte mit, dass es aufgrund der Schließung eines Objekts wegen Umbaumaßnahmen neben dem regulären Bedarf für vier Jahren zusätzlich die (verringerten) Kosten während des geschlossenen Betriebs abgefragt habe.

In der Kostenschätzung wurden die verringerten Kosten während des geschlossenen Betriebs […] für drei Jahre einkalkuliert und nicht wie in der Preisabfrage für ein Jahr […].

FB 19 führte aus:

„Fraglich ist, ob die Preisabfrage angepasst werden müsste, da ein Bedarf abgefragt worden ist, der voraussichtlich in geringerem Umfang abgerufen wird.

Vorliegend handelt es sich um einen Rahmenvertrag. Die angegebenen Mengen dienen ausschließlich als Grundlage für die Wertung. Es besteht weder eine Verpflichtung die angegebenen Mengen abzurufen noch die generelle Abnahme einzelner Positionen. Eine Über- sowie Unterschreitung der Menge wurde sich in den Besonderen Vertragsbedingungen vorbehalten. Es werden nur die tatsächlichen Leistungen abgerechnet.“


Da die Beigeladene in beiden Losen preisgünstiger war, informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin am 24. November 2023 gemäß § 134 GWB über ihre Absicht, der Beigeladenen am 5. Dezember 2023 den Zuschlag zu erteilen.

Mit E-Mail vom 27. November 2023, 7:58 Uhr wandte sich die Mitarbeiterin der Antragsgegnerin aus dem Bereich 41 an die Mitarbeiter der Antragstellerin.

„An: […]

Betreff Wechsel der Wachfirma

Guten Morgen alle zusammen,

ich wurde heute darüber informiert, dass es aller Wahrscheinlichkeit nach am 16.12.2023 zu einem Wechsel der Wachfirma kommt. […]. Die [Beigeladene] hat das beste Angebot abgegeben. […]. Ich habe heute auch direkt Kontakt mit der wahrscheinlich neuen Firma aufgenommen und würde, sobald sich diese bei mir zurückmeldet, als allererstes die Personalfrage klären. Ich weise noch einmal darauf hin, dass die endgültige Entscheidung erst am 05.12.2023 mit Vertragsunterzeichnung fällt. Dennoch habe ich vom Vergabeamt die Freigabe erhalten, mir der wahrscheinlich neuen Firma schon in Kontakt zu treten. Sollte die neue Firma mitteilen, dass sie Interesse an der Übernahme des jetzigen Personals hat, würde ich die Bewerbungen, die Sie mir gegeben haben, weitergeben. Einige Bewerbungen enthalten alle notwendigen Unterlagen wie Führungszeugnis etc., andere nicht. Ich würde deswegen, vorbehaltlich Ihrer Einwilligung, die Bewerbungen mit den Unterlagen aufstocken, die ich von der [Antragstellerin] zur Verfügung gestellt bekommen habe. […]“


Am 27. November 2023, 14:55 Uhr ergänzte sie:

„Die Vorstellungsgespräche mit Ihnen finden dann am 04.12.2023 [in den Räumlichkeiten der Antragsgegnerin] statt.“

Weitere, ähnliche Korrespondenz ist der von der Kammer mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2023 angeforderten Vergabedokumentation zu entnehmen.

Die Antragstellerin rügte das Absageschreiben vom 24. November 2023 am 28. November 2023 insoweit als vergaberechtswidrig als darin die vollständigen Gründe für die Nichtberücksichtigung und die Mitteilung der Platzierung ihres Angebots fehlten. Weiterhin rügte sie, dass der Zuschlag nur an ein Unternehmen erteilt werden solle. Dies widerspreche der Bekanntmachung, in der es heiße:

„Geplante Höchstanzahl an Beteiligten an der Rahmenvereinbarung: 2“.

Am 29. November 2023 stellte die Antragsgegnerin der Antragstellerin eine Antwort in Aussicht, die nicht erfolgte.

Nach unbeantworteter weiterer Rüge vom 2. Dezember 2023 verfolgt die Antragstellerin ihr Rügevorbringen mit Nachprüfungsantrag vom 4. Dezember 2023 weiter.

Sie ist der Auffassung, dass ein Vergabeverstoß bereits in der fehlenden Angabe einer Schätz- oder Höchstmenge zu sehen sei, was gegen Transparenz und Gleichbehandlung verstoße. Die aus den Preisblättern ersichtlichen fiktiven Abnahmemengen oder Vordersätze seien keine Höchstabnahmemengen. Im Gegenteil behalte sich die Antragsgegnerin in den Besonderen Vertragsbedingungen der Antragsgegnerin ein Über- oder Unterschreiten dieser Mengen vor. In der Folge bestehe für einen Bieter das Risiko, weit über den angegebenen Schätzwert leistungsfähig sein zu müssen. In Kenntnis einer konkreten Höchstabnahmemenge hätte die Antragstellerin schärfer kalkulieren und einen niedrigeren Gesamtpreis anbieten können.

Weiterhin frage die Antragsgegnerin rein fiktive Preise ab, die nicht zu den jeweiligen Vorgaben der Leistungsbeschreibung passten und damit gegen § 127 Abs. 3 GWB verstießen. Bei den Objekten [D] und [S] sei die Binnengewichtung ebenso fehlerhaft wie einige Vordersätze bei den Objekten [Z] und [D]. Dies lade zu Spekulationen und unzulässigen Mischkalkulationen ein.

Auch habe die Antragsgegnerin ausweislich der Bekanntmachung zwei Unternehmen beauftragen wollen, den zweitplatzierten Bieter im Zuschlagsschreiben aber nicht mitgeteilt.

Das Vergabeverfahren könne nicht rechtmäßig beendet werden, da bei der Mitarbeiterin aus dem Kulturbereich ein Interessenkonflikt bestanden habe und sich dieser auf das Vergabeverfahren ausgewirkt habe. Schließlich habe die vorgenannte Mitarbeiterin die Beigeladene vor Zuschlagserteilung und auch während der GWB-Wartefrist in rechtswidriger Weise bei der Suche nach Personal unterstützt. Dass zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen offenbar schon länger Kontakt bestanden habe, ergebe sich insbesondere aus den E-Mails der Mitarbeiterin der Antragsgegnerin aus dem Kulturbereich vom 27. November 2023. Wenn die Antragsgegnerin davon ausgehe, die Aufforderung an Mitarbeiter der Antragstellerin, bei der Antragsgegnerin vorausgefüllte Blankobewerbungen einzureichen, um diese an die Beigeladene weiterzugeben, sei ein „ganz normalen Vorgang zur Zeitersparnis“, verkenne sie offenbar die Rechtslage. Eine vermeintliche Eilbedürftigkeit sei kein tauglicher Grund für eine derartige Diskriminierung. Dass auch die Vergabestelle voreingenommen sei, zeige sich daran, dass diese eine Erwiderung auf die Rüge in Aussicht gestellt, diese aber schlussendlich unterlassen habe. Hierdurch entstehe der Eindruck, als wolle die Antragsgegnerin Zeit gewinnen und die Antragstellerin durch irreführende Aussagen von der fristgerechten Einleitung rechtlicher Schritte abhalten.

Die Beigeladene sei nicht geeignet. Sie könne weder Gewähr für ihre finanzielle Leistungsfähigkeit bieten noch vergleichbare Referenzen vorweisen. Ihr Unternehmen sei sehr klein und habe in den letzten Jahren keinerlei Mitarbeiterwachstum zu verzeichnen gehabt. Ab dem Jahr 2020 seien keine Unternehmensbilanzen der Beigeladenen auffindbar. Dies deute darauf hin, dass Minusjahre verschleiert würden. Auch lasse sich weder auf der Plattform TED noch von der Homepage der Beigeladenen entnehmen, dass die Beigeladene Erfahrung mit der Bewachung von Museen habe. Da nicht nur ein Museum bzw. eine Kultureinrichtung Gegenstand des jeweiligen Loses sei, könne auch die Bewachung eines einzelnen Museums nicht als vergleichbare Referenz gewertet werden. Zudem seien die Referenzen je Los zu betrachten. Während ein Museum zugleich auch als kulturelle Einrichtung zu werten sei, könne umgekehrt nicht jedwede kulturelle Einrichtung als Museum gelten.

Auch habe die Antragsgegnerin das Verfahren nicht zeitnah, fortlaufend und mit der gebotenen inhaltlichen Tiefe dokumentiert. Dass die Antragsgegnerin überprüft habe, ob die von der Beigeladenen vorgelegten Referenzen vergleichbare Leistungen beträfen, ihr Umsatz als ausreichend erachtet werde und für die Leistungserbringung hinreichend Mitarbeiter zur Verfügung stünden, lasse sich der Vergabeakte nicht einwandfrei entnehmen.


Die Antragstellerin beantragt:

1. Der Antragsgegnerin wird bei fortbestehender Beschaffungsabsicht aufgegeben, ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren gemäß dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und gemäß der Vergabeverordnung nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer durchzuführen.

2. Der Antragsgegnerseite wird bei fortbestehender Beschaffungsabsicht aufgegeben, die Angebotsphase unter Zugrundelegung rechtskonformer Preisblätter und unter rechtskonformer Prüfung der Angebote im Hinblick auf die Erfüllung der Vorgaben der Leistungsbeschreibung gemäß dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und gemäß der Vergabeverordnung zu wiederholen,

Hilfsweise: das Verfahren in den Zeitpunkt vor Prüfung der Teilnahmeanträge zurückzuversetzen und das Verfahren ab diesem Zeitpunkt und mithin die Eignungsprüfung sowie die Wertung der Teilnahmeanträge gemäß dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und gemäß der Vergabeverordnung nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen,

Äußerst hilfsweise: Das Verfahren in den Stand vor Absendung der EU-Bekanntmachung zurückzuversetzen.

3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerseite wird gemäß § 182 Abs. 4 GWB für notwendig erklärt.

4. Die Antragsgegnerseite hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerseite zu tragen.


Die Antragsgegnerin beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.


Der Nachprüfungsantrag sei erfolglos, da er teilweise unzulässig und im Übrigen jedenfalls unbegründet sei.

Soweit die Antragstellerin zur fehlenden Leistungsfähigkeit der Beigeladenen vortrage, sei der Nachprüfungsantrag mangels Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB unzulässig. Der Vortrag, dass die Beigeladene nicht unter den besten fünf Teilnehmern gewesen sein könne, sei rein spekulativ. Die Beigeladene habe alle geforderten Eignungsnachweise eingereicht sowie ihre finanzielle Leistungsfähigkeit in den letzten drei Jahren und eine ausreichende Zahl an Mitarbeitenden nachgewiesen. Außerdem sei die Beigeladene der Antragsgegnerin als Auftragnehmerin bekannt. Referenzen im Zusammenhang mit Sicherungsdienstleistungen für Museen seien keine zwingend zu erfüllenden Mindestanforderungen an die Eignung. Diese seien optional gewesen und im Falle des Einreichens mit Zusatzpunkten bewertet worden.

Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig nach § 160 Abs. 3 Nr. 2 GWB in Bezug auf die fehlende Angabe der Höchstabnahmemenge einerseits und die vermeintlich fehlerhaften Preisblätter andererseits. Beides hätte die Antragstellerin aus den Vergabeunterlagen erkennen können und bis Ablauf der Angebotsfrist rügen müssen. Abgesehen davon sei nicht ersichtlich, dass die Preisblätter Mischkalkulationen begünstigten. Bei keinem Bieter seien große Abweichungen zu marktüblichen Preisen erkennbar. Die Bieter hätten die passenden Stundenverrechnungssätze eingereicht und gesetzlich vorgeschriebene Abgaben sowie die erforderlichen Sonntags-, Nacht- und Feiertagszuschläge eingehalten. Da die [S] voraussichtlich ab Oktober 2024 für Umbaumaßnahmen geschlossen werde, habe die Antragsgegnerin neben dem regulären Bedarf für vier Jahre zusätzlich die verringerten Kosten für Sicherungsdienstleistungen während des geschlossenen Betriebs abgefragt. In der Leistungsbeschreibung sei transparent dargestellt, dass die [S] geschlossen werde und die Dauer der Umbaumaßnahme noch nicht bekannt sei. Die Mengenangaben in den Preisblättern seien auf der Grundlage langjähriger Erfahrung und voraussichtlicher Standardeinsatzzeiten erstellt worden. Bei den angegebenen Stundenzahlen handele es sich ausschließlich um fiktive Mengenangaben.

Die gesetzlichen Anforderungen an die Information gemäß § 134 GWB seien eingehalten worden. Da der Preis das alleinige Zuschlagskriterium sei, reiche es aus, den Bietern mitzuteilen, dass das eingereichte Angebot nicht das wirtschaftlichste sei. Hinsichtlich der an der Rahmenvereinbarung zu beteiligenden Bieter liege nach dem Wortlaut unter Punkt IV.1.3 der Bekanntmachung „Geplante Höchstzahl an Beteiligten: 2“ keine verbindliche Angabe vor, den Vertrag mit mehr als einem Bieter schließen zu müssen.

Auch hätten weder Mitarbeitende der Antragsgegnerin gegen das Mitwirkungsverbot verstoßen, noch liege ein Interessenkonflikt gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 2 VgV vor. Bei der erstmaligen Kontaktaufnahme durch eine Mitarbeiterin der Antragsgegnerin zu Mitarbeitenden der Antragstellerin Ende Oktober 2023 habe diese keine Informationen über das Vergabeverfahren weitergegeben. Die Kündigung der Mitarbeitenden der Antragstellerin sei bereits zum 16. Dezember 2023 erfolgt. Mit der Beigeladenen habe die vorgenannte Mitarbeiterin der Antragsgegnerin erstmals Kontakt aufgenommen, nachdem die Antragsgegnerin die Informationsschreiben gemäß § 134 GWB verschickt habe und alle Bieter gewusst hätten, dass die Beigeladene den Auftrag in beiden Losen erhalten solle. Die Mitarbeiterin der Antragsgegnerin, die mit den Mitarbeitenden der Antragstellerin und der Beigeladenen in Kontakt getreten sei, sei bei den Kulturbetrieben beschäftigt und habe auf den Ausgang des Verfahrens keinen Einfluss gehabt. Die Antragsgegnerin führte in der mündlichen Verhandlung ergänzend aus, dass die Vergabestelle eine von der Fachstelle unabhängige Entscheidung treffe. Es handele sich eher um eine Anhörung des Fachbereichs als eine tatsächliche Mitwirkung im Vergabeverfahren. Die Mitarbeiterin aus dem Kulturbereich sei lediglich bemüht gewesen, langjährige und bewährte Mitarbeitende, die eine Kündigung erhalten hätten, zu erhalten. Bei der Einreichung von Blankobewerbungen handele es sich um eine langjährige Praxis, welche die Antragsgegnerin unter anderem bei der Beauftragung der Antragstellerin vor vier Jahren analog gehandhabt habe. Zwischen der Mitarbeiterin der Antragsgegnerin und den Mitarbeitenden der Antragstellerin hätten keine Gespräche stattgefunden, die in irgendeiner Weise als „für“ oder „gegen“ die Antragstellerin wirkende Handlungen gewertet werden könnten.

Ein Interessenkonflikt sei nicht daraus abzuleiten, dass die Antragsgegnerin auf die Rügeschreiben der Antragstellerin nicht reagiert habe. Eine Stellungnahme sei nur wegen des engen zeitlichen Rahmens nicht erfolgt. Auch der zweiten Rüge vom 2. Dezember 2023 habe die Antragsgegnerin nicht abhelfen können, weil hierfür die von der Antragstellerin gesetzte Frist zu kurz gewesen sei.

Die Beigeladene stellte keinen Antrag.

Der Vorsitzende hat die Entscheidungsfrist nach § 167 GWB mit Schreiben vom 21. Dezember 2023 bis Ablauf des 29. Februar 2024 verlängert. Am 2. Februar 2024 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden.


II.

1. Die Vergabekammer Westfalen ist zuständig. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus §§ 159 Abs. 3 Satz 1 GWB, 2 Abs. 2 VK ZustV NRW, da die Antragsgegnerin ihren Sitz im räumlichen Bezirk der Vergabekammer Westfalen hat. Die Vergabekammer ist sachlich zuständig im Sinne des § 155 GWB, da die Antragsgegnerin als Gebietskörperschaft öffentliche Auftraggeberin nach § 99 Nr. 1 GWB ist und die aus der Rahmenvereinbarung abgerufene Sicherheitsdienstleistung oberhalb des für Dienstleistungen erforderlichen Schwellenwertes liegt, §§ 106 Abs. 2 Nr. 1, 1. Hs. GWB, Art. 4 der Richtlinie 2014/24/EU in Verbindung mit Art. 1 Nr. 1 c) der delegierten Verordnung 2021/1952/EU, 3 Abs. 4 VgV.

2. Der teilweise zulässige Nachprüfungsantrag hat Erfolg, da er begründet ist.

2.1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, soweit die Antragstellerin zur fehlenden Angabe einer Höchstmenge der Rahmenvereinbarung und zur Voreingenommenheit der Antragsgegnerin vorträgt.

a. Insoweit hat die Antragstellerin ihr Interesse am Auftrag nach § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB durch Abgabe ihres Angebots vom 23. Oktober 2023 hinreichend dokumentiert (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.08.2021, Verg 52/20).

Es erscheint möglich, dass die fehlende Angabe der Höchstmenge in der Rahmenvereinbarung sowie die exklusive Kommunikation zwischen einer Mitarbeiterin der Antragsgegnerin aus dem Fachbereich „Kultur“ mit der Beigeladenen vor Zuschlagserteilung die Antragstellerin in ihrem Anspruch auf ein transparentes, nichtdiskriminierendes Vergabeverfahren insbesondere aus § 97 Abs. 6, 2 und 1 GWB verletzt. Die unterbliebene Angabe der Höchstmenge verletzt möglicherweise Gleichbehandlungs- und Transparenzgrundsatz, da die Antragstellerin ohne die vorgenannte Information nicht abschätzen kann, ob sie den Auftrag überhaupt erfüllen können wird. Die exklusive Kommunikation mit der Beigeladenen stellt möglicherweise einen Verstoß gegen § 6 VgV dar, sofern bei der Mitarbeiterin der Antragsgegnerin tatsächlich ein Interessenkonflikt bestand. Dies ist indes eine Frage der Begründetheit.

Der Antragstellerin entsteht durch die benannten Vergabeverstöße ein Schaden. Es ist nicht auszuschließen, dass sich bei angegebener Höchstmenge die Zuschlagschancen der Antragstellerin erhöht hätten. Denn zum einen hätte sie näher am tatsächlichen Bedarf kalkulieren können. Zum anderen erscheint es möglich, dass Mitbewerber ihre fehlende Leistungsfähigkeit erkannt hätten, der Wettbewerbsdruck für die Antragstellerin also abgenommen hätte. Ebenso kann sich ein Interessenkonflikt auf die Zuschlagschancen, insbesondere die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin ausgewirkt haben. Dies insbesondere, da dem Fachbereich „Kultur“ die Angebote zur Auskömmlichkeitsprüfung vorlagen.

Eine Präklusion nach § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB scheidet im vorgenannten Umfang aus.

Der Nachprüfungsantrag ist in Bezug auf den geltend gemachten Interessenkonflikt nicht nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB unzulässig. Die Antragstellerin hat erst auf Grundlage der E-Mails insbesondere vom 27. November 2023 erkannt, dass die vorbenannte Mitarbeiterin der Antragsgegnerin die Beigeladene mit der Vervollständigung von Bewerbungen unterstützt haben könnte. Dies hat sie innerhalb der 10-Tages-Frist des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB am 28. November 2023 gerügt.

Auf den 3. November 2023, an dem die Mitarbeiterin der Antragsgegnerin aus dem Kulturbereich auf die Frage der Antragstellerin antwortete, warum diese ihre Mitarbeiter abwerbe, ist hingegen – zumindest vor dem Hintergrund eines möglichen Interessenkonflikts – nicht abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt war für die Antragstellerin nur erkennbar, dass die Antragsgegnerin ihre Mitarbeiter zur Abgabe von Blankobewerbungen aufgefordert hat. Eine einen Interessenkonflikt möglicherweise begründende Nähe zur Beigeladenen ergibt sich indes erst aus der Überlegung, die Bewerbungen der Mitarbeiter der Antragstellerin mit deren Unterlagen zu vervollständigen und im Anschluss der Beigeladenen zu übergeben.

Die fehlende Angabe der Höchstmenge führt nicht zur Unzulässigkeit nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB. Diese ist einem durchschnittlich fachkundigen, die übliche Sorgfalt anwendenden (objektiven) Bieter nicht erkennbar.

Ein Vergaberechtsverstoß ist für den vorgenannten Personenkreis erkennbar, wenn dieser Zugang zu den den Vergaberechtsverstoß begründenden Tatsachen hat und nach (zumindest laienhafter) rechtlicher Bewertung einen solchen feststellen kann (vgl. BayObLG, Beschluss vom 6. September 2023, Verg 5/22; OLG Frankfurt, Beschluss vom 30. März 2021; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Januar 2020, Verg 20/19, und Beschluss vom 11. Juli 2018, Verg 24/18 m.w.N.).

Bei der Feststellung des Vergaberechtsverstoßes ist kein zu strenger Maßstab anzulegen:

Für einen objektiven Bieter genügt es, wenn er auch ohne Einbeziehung einer rechtlichen Beratung einen Widerspruch oder eine Unstimmigkeit in den Vergabeunterlagen ausmacht (vgl. VK Westfalen, Beschluss vom 15. Juni 2022, VK 1-10/22). Ob er diese rechtlich zutreffend subsumieren kann, ist hingegen unerheblich. Maßgeblich ist vielmehr, ob sich ihm der Verstoß bei der Vorbereitung seines Angebots bzw. seiner Bewerbung aufdrängt bzw. nach der Diktion des OLG Düsseldorf Beschluss vom 3. August 2011, Verg 30/11 ins Auge fällt. Dabei ist zu beachten, dass ein Durchschnittsbieter weder umfassend die vergaberechtliche Literatur noch im Einzelnen die Rechtsprechung zur Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen kennen muss (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 12. Dezember 2022, Verg 3/22).

Obwohl ein Durchschnittsbieter, der an der Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung teilnimmt, um das nicht eindeutig festgelegte Auftragsvolumen nach § 21 Abs. 1 Satz 2 VgV und die damit verbundenen Ungewissheiten bei der Kalkulation wissen muss, ist für ihn nach einer zumindest laienhaft rechtlichen Bewertung nicht erkennbar, dass die fehlende Angabe der Höchstmenge in rechtlicher Hinsicht einen Vergaberechtsverstoß darstellt. Die Rechtswidrigkeit ergibt sich erst aus einer Auslegung des Gleichheits- und des Transparenzgrundsatzes (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 12. Dezember 2022, Verg 3/22) und begründet sich mit dem nicht zumutbaren und unüberschaubaren Risiko, das einer nicht begrenzten Rahmenvereinbarung immanent ist (EuGH, Beschluss vom 17. Juni 2021, Rs. C-23/20). Gegen die Erkennbarkeit spricht schließlich, dass einem Durchschnittsbieter der Vergabeverstoß nicht zufällig beim Studium der Vergabeunterlagen auffallen kann, da erst das Fehlen der Information den Vergabeverstoß begründet. Es bedarf mit anderen Worten rechtlicher Beratung und Auswertung der Vergabeunterlagen (vgl. OLG Koblenz m.w.N.).

Dass die Antragstellerin in ihrem Angebot Eventualpreispositionen, wie Spontanbewachungen und Sonderveranstaltungen (siehe in der Preisabfrage jeweils die Ziffern 7 bis 18 des jeweiligen Bewachungsobjektes) eingepreist hat, führt entgegen der von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung zu keinem anderen Ergebnis. Bei der von der Antragstellerin angegeben Stundenzahl handelt es sich weiterhin um einen Schätzwert. Ob ein Angebot diesen über- oder unterschreitet, ist dem Durchschnittsbieter nicht erkennbar.

2.2. Im Übrigen ist der Nachprüfungsantrag unzulässig.

a. Soweit die Antragstellerin zur fehlenden Leistungsfähigkeit der Beigeladenen vorträgt, fehlt ihr die Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB. Denn unabhängig davon, dass den Bestimmungen über die Eignungsanforderungen drittschützende Wirkung zukommt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Mai 2011, Verg 26/11) und ein Mitbewerber überprüfen lassen kann, ob der öffentliche Auftraggeber die Eignung eines Konkurrenten zu Unrecht angenommen hat (vgl. VK Bund, Beschluss vom 27. August 2018, VK 2-72/18), hat die Antragstellerin nicht hinreichend substantiiert zur Nichtbeachtung von Vergabevorschriften nach § 97 Abs. 6 GWB vorgetragen.

Ein hinreichend substantiierter Vortrag setzt eine schlüssige und hinreichend konkrete Behauptung der Antragstellerin voraus, welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlauf des Vergabeverfahrens verletzt worden sein sollen und dass sie ohne die Rechtsverletzung eine Chance auf Erteilung des Zuschlags hätte, so dass der behauptete eingetretene oder drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zurückzuführen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 18. April 2004, X ZB 7/04). Schlüssigkeit im vergaberechtlichen Sinne meint keine Schlüssigkeit im zivilprozessualen Sinne; Vielmehr ist der Begriff weiter und untechnischer zu verstehen (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 1. September 2021, 17 Verg 2/21). Es geht – angelehnt an § 42 Abs. 2 VwGO – um die Möglichkeit einer Rechtsverletzung (vgl. OLG Rostock, aaO).

Da ein Bieter häufig nur begrenzten Einblick in den Ablauf des Vergabeverfahrens hat, darf er auf der Grundlage dieses – oft nur beschränkten – Informationsstandes behaupten, was er redlicherweise für wahrscheinlich oder möglich halten darf, etwa wenn es um Vergaberechtsverstöße geht, die sich ausschließlich in der Sphäre der Vergabestelle abspielen oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 20. Juli 2023, 11 Verg 3/23; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1. April 2020, Verg 30/19). Der Antragsteller muss aber – wenn sich der Vergaberechtsverstoß nicht vollständig seiner Einsichtsmöglichkeit entzieht – zumindest tatsächliche Anhaltspunkte oder Indizien vortragen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen (vgl. aaO m.w.N.). Da die Rüge einerseits den öffentlichen Auftraggeber in die Lage versetzen soll, einen etwaigen Vergaberechtsverstoß zeitnah zu korrigieren, und andererseits Zugangsvoraussetzung zum Nachprüfungsverfahren ist, ist es unabdingbar, dass der Antragsteller – um unnötige Verzögerungen des Vergabeverfahrens zu vermeiden und einem Missbrauch des Nachprüfungsverfahrens vorzubeugen – bereits frühzeitig diejenigen Umstände benennt, aufgrund derer er vom Vorliegen eines Vergaberechtsverstoßes ausgeht (vgl. aaO). Ein Mindestmaß an Substantiierung ist indes einzuhalten; reine Vermutungen zu eventuellen Vergabeverstößen reichen nicht aus (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 20. Juli 2023 und Beschluss vom 09. Juli 2020, 11 Verg 5/10). Vor diesem Hintergrund genügen bloße Vermutungen nicht (vgl. OLG Düsseldorf, aaO). Daher ist der Antragsteller gehalten, schon bei Prüfung der Frage, ob ein Vergaberechtsverstoß zu rügen ist, Erkenntnisquellen auszuschöpfen, die ihm ohne großen Aufwand zur Verfügung stehen. Zudem muss er, um eine Überprüfung zu ermöglichen, angeben, woher seine Erkenntnisse stammen (vgl. OLG Düsseldorf, aaO).

Eine Rechtsverletzung scheidet aus, soweit die Antragsgegnerin die fehlende Leistungsfähigkeit der Beigeladenen auf vermeintlich unzureichende Referenzen stützt. Anders als die Antragstellerin meint, mussten Bieter keine Erfahrungen bei der Sicherung von Museen und Kultureinrichtungen referenzieren. Weder aus der Bekanntmachung noch aus den Vergabeunterlagen ergibt sich eine derartige Einschränkung. Nach der Bekanntmachung genügte „eine Liste der in den letzten drei Jahren erbrachten wesentlichen Liefer- oder Dienstleistungen, mit Angabe des Werts, des Liefer- bzw. Erbringungszeitpunkts sowie des öffentlichen oder privaten Empfängers.“ Nach dem eindeutigen und folglich keiner Auslegung bedürftigen Wortlauts des Teilnahmeantrags bezog sich die Vergleichbarkeit der Referenzaufträge nur auf den Stundenumfang und nicht auf den Einsatzbereich. Es ging der Antragsgegnerin um den Nachweis „von der Größenordnung […] vergleichbaren“ Erfahrungen, nicht um Erfahrungen bei der Sicherung von Museen und Kultureinrichtungen.

Die Vermutung der Antragstellerin, die Beigeladene habe nur 21 Mitarbeiter, reicht für die schlüssige Begründung der fehlenden Leistungsfähigkeit der Beigeladenen und damit verbunden einer Rechtsverletzung zu Lasten der Antragstellerin nicht aus. Bereits nach den Informationen des (frei zugänglichen) Internetauftritts der Beigeladenen ist davon auszugehen, dass diese ihr Personal seit 2020 vergrößert haben muss. Es ist nach allgemeinen betriebswirtschaftlichen Erwägungen nicht plausibel, dass die Beigeladene 20 Mitarbeiter von zwei Standorten aus verwalten und für diesen geringen Personalstamm sogar eine eigene Ausbildungsakademie vorhalten soll.

Schließlich ist der Vortrag der Antragstellerin unsubstantiiert, soweit sie die fehlende Leistungsfähigkeit der Beigeladenen mit seit dem Jahr 2020 nicht auffindbaren Unternehmensbilanzen belegen will. Es ist nicht nachvollziehbar, welche Erkenntnisquellen die Antragstellerin ausgeschöpft hat und ob diese Erkenntnisquellen die benötigten Informationen überhaupt enthalten müssen.

b. Es fehlt an einer schlüssig vorgetragenen Rechtsverletzung im Sinne des § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB, soweit die Antragstellerin aus Ziffer IV.1.3) der Bekanntmachung entnehmen will, dass der Zuschlag an die beiden bestplatzierten Bieter gehen müsse. Da einziges Zuschlagskriterium der Preis ist (siehe Ziffer II.2.5 der Bekanntmachung) erhält in jedem Los ausschließlich das Unternehmen mit dem preislich günstigsten Angebot den Zuschlag. Dass die „geplante Höchstanzahl an Beteiligten der Rahmenvereinbarung“ mit „2“ benannt ist, ergibt sich schlichtweg aus der Aufteilung des Auftrags in zwei Lose.

c. Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB, da die Antragstellerin die Ausgestaltung der Preisblätter erst nach Angebotsabgabefrist gerügt hat. Insbesondere musste einem durchschnittlich fachkundigen, die übliche Sorgfalt anwendenden (objektiven) Bieter (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 12. Dezember 2022, Verg 3/22) bereits bei der Angebotserstellung auffallen, dass die Preisblätter in Bezug auf die verschiedenen zu sichernden Objekte einen unterschiedlichen Leistungsumfang abfragten und dieser zumindest beim [D] nicht mit den Vorgaben der Leistungsbeschreibung übereinstimmte.

Ein objektiver Bieter hätte erkennen müssen, dass die Preisblätter für die verschiedenen zu sichernden Objekte unterschiedlich sind und hinsichtlich des Leistungsumfangs voneinander abweichen. Im Rahmen der Angebotserstellung müssen sich die Bieter intensiv mit den Preisblättern auseinandersetzen. Zu dieser Auseinandersetzung gehört insbesondere auch ein Abgleich der Preisblätter mit dem in der Leistungsbeschreibung vorgesehenen Stundenumfang. Nur auf Grundlage der Preisblätter erschließt sich der Leistungsinhalt regelmäßig nicht. Dies ist indes die maßgebliche Voraussetzung für die Erstellung eines Angebots, da nur bei Kenntnis von Leistungsbeschreibung und Preisblatt sowohl eine Aussage zum einzusetzenden Personal als auch zum Umfang der zu erbringenden Leistungen zu treffen ist. Dass sich die Beschränkung des Leistungsumfangs auf ein Jahr anders als in der Leistungsbeschreibung zur Sicherung der [S] nicht in der Leistungsbeschreibung zum [D] wiederfindet, ist unerheblich. Die Antragstellerin konnte erkennen, dass der vorgegebene Leistungszeitraum vom 1. Oktober 2023 bis Ablauf des 30. September 2024 in Bezug auf die Sicherung des […]-Hauses in der Leistungsbeschreibung nicht enthalten ist.

3. Soweit der Nachprüfungsantrag zulässig ist, ist er begründet.

3.1. Indem die Antragsgegnerin die Rahmenvereinbarung ohne Angabe einer Höchstmenge ausgeschrieben hat, verletzt sie den Anspruch der Antragstellerin auf ein transparentes, alle Bieter gleich behandelndes Vergabeverfahren, § 97 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GWB.

Ausgehend von Gleichbehandlungs- und Transparenzgrundsatz muss die Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung sowohl die Angabe der Schätzmenge und/oder des Schätzwerts als auch eine Höchstmenge und/oder einen Höchstwert sowie den Hinweis enthalten, dass die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliert, wenn diese Menge oder dieser Wert erreicht ist (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Juni 2021, Rs. C-23/20 und hieran anknüpfend OLG Koblenz, Beschluss vom 12. Dezember 2022, Verg 3/22; andere Auffassung noch die am Wortlaut des § 21 VgV orientierte Rechtsprechung des KG Berlin, Beschluss vom 20. März 2020, Verg 7/19 und der VK Bund, Beschluss vom 19. Juli 2019, VK 1 – 39/19). Dies ist erforderlich, da der Bieter erst auf Grundlage dieser Schätzung seine Leistungsfähigkeit zur Erfüllung der Verpflichtungen aus der Rahmenvereinbarung beurteilen kann (vgl. EuGH aaO). Wäre der Höchstwert oder die Höchstmenge der Rahmenvereinbarung nicht angegeben oder die Angabe nicht rechtlich verbindlich, könnten sich öffentliche Auftraggeber zudem über diese Höchstmenge hinwegsetzen (vgl. EuGH aaO). Dann könnten Zuschlagsempfänger wegen Nichterfüllung der Rahmenvereinbarung vertraglich haftbar gemacht werden, wenn sie die von den öffentlichen Auftraggebern geforderten Mengen nicht leisten könnten, selbst wenn diese Mengen die Höchstmenge in der Bekanntmachung und/oder den Vergabeunterlagen überschreiten (vgl. EuGH aaO).

Diesen Anforderungen genügen Bekanntmachung und Vergabeunterlagen nicht.

Aus der Bekanntmachung ergibt sich nur der Hinweis, dass der zu vergebende Auftrag eine Rahmenvereinbarung betrifft und dass der Auftrag zeitlich auf ein Jahr (mit der Möglichkeit zur dreimaligen Verlängerung um jeweils ein weiteres Jahr) begrenzt ist.

Die Vergabeunterlagen enthalten ebenfalls keine Angabe eines Höchstwerts. Im Gegenteil weist die Antragsgegnerin in den „Besondere[n] Vertragsbedingungen für Sicherheitsdienstleistungen für die Kulturbetriebe [der Antragsgegnerin]“ unter der Überschrift „Kalkulation – Mehrleistung“, Ziffer VI.3 darauf hin, dass die Über- sowie Unterschreitung der in den Preisblättern geforderten Mengenangaben möglich ist. Auf dieser Grundlage kann ein Bieter keine verlässliche Aussage zu seiner Leistungsfähigkeit treffen.

3.2. Aufgrund der unterbliebenen Angabe der Höchstmenge war die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Vergabeverfahren bei fortbestehender Beschaffungsabsicht in den Stand vor Bekanntmachung zurückzuversetzen. Die Antragsgegnerin kann die fehlende Angabe der Höchstmenge nur korrigieren, indem sie die Bekanntmachung überarbeitet. Denn bereits aus der Bekanntmachung muss sich für den Bieterkreis die Schätz- und Höchstmenge einer Rahmenvereinbarung ergeben, damit dieser seine Leistungsfähigkeit beurteilen und entscheiden kann, ob er an dem Vergabeverfahren teilnimmt (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Juni 2021, Rs. C-23/20).

3.3. Da die fehlende Angabe der Höchstmenge der Rahmenvereinbarung bei fortbestehendem Beschaffungsbedarf bereits die Rückversetzung des Vergabeverfahrens bis in den Stand vor Bekanntmachung erforderlich macht, brauchte die Kammer nicht zu entscheiden, ob der nach § 6 Abs. 3 Nr. 2 VgV vermutete Interessenkonflikt der Mitarbeiterin der Antragsgegnerin aus dem Kulturbereich unmittelbar einen Vergabeverstoß nach § 6 Abs. 1 VgV in dem diesem Nachprüfungsverfahren zu Grunde liegenden Vergabeverfahren begründet. Indes weist die Kammer unter Bezugnahme auf § 168 Abs. 1 Satz 1 GWB darauf hin, dass die erneute Mitwirkung der vorgenannten Person an einem zurückversetzten Vergabeverfahren einen weiteren Vergabeverstoß begründen kann.

Schließlich ist bereits für die Mitwirkung in diesem Vergabeverfahren ein Interessenkonflikt nach § 6 Abs. 3 Nr. 2 VgV zu vermuten, da die Mitarbeiterin der Antragsgegnerin aus EB 41 die Beigeladene „sonst unterstützt“ hat. Da die Antragsgegnerin diese Vermutung nicht widerlegt hat, ist nicht auszuschließen, dass eine erneute Mitwirkung zu einer voreingenommenen Vergabeentscheidung führt.

a. „Sonst unterstützt“ erfasst eine Tätigkeit auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers, die einen Bewerber oder Bieter fördert (vgl. Dreher/Hoffmann, in: Beck’scher Vergaberechtskommentar, § 6 VgV Rn. 39). Dabei genügt nicht jedwedes Tätigwerden, wie etwa die bloße positive Äußerung über einen Mitbewerber in einem Zeitungsinterview (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 9. April 2009, 13 Verg 7/08; vgl. auch VK Bund, Beschluss vom 30. Juni 2021, VK 1-58/21). Die Förderung muss dem Beraten (§ 6 Abs. 3 Nr. 2, 1. Alt. VgV) in seiner Intensität gleichstehen (vgl. OLG Celle aaO) und sich unmittelbar auf das Vergabeverfahren auswirken. Dies ergibt sich zum einen aus dem Gesetzeswortlaut („in dem Vergabeverfahren“), weiterhin aber auch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift: § 6 VgV geht es darum, die Neutralität des öffentlichen Auftraggebers zu bewahren und willkürlichem/wettbewerbsschädlichem Verhalten vorzubeugen (vgl. Dreher/Hoffmann, in: Beck’scher Vergaberechtskommentar, § 6 VgV Rn. 8). Diese Neutralität ist jedenfalls nicht gewahrt, wenn eine voreingenommene Person an verfahrenslenkenden Entscheidungen, wie beispielsweise bei der Auswahl von Bietern in einem Teilnahmewettbewerb, bei Zuschlagsentscheidungen etc. mitwirkt, womit eine Verfälschung des Auswahlprozesses einhergehen kann (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 29. März 2018, 11 Verg 16/17). Abseits der Teilnahme an verfahrenslenkenden Entscheidungen kann auch die Teilnahme an Besprechungen, die Verhandlung mit Bietern (vgl. zu § 16 VgV a.F. Meißner, in: Vergaberecht 2009, 618) oder ein sonstiges Tätigwerden eine Voreingenommenheit begründen, sofern die Unterstützungshandlung hinreichend intensiv ist und den Eindruck fehlender Neutralität des Entscheidungsträgers entstehen lässt.

Spätestens indem die Mitarbeiterin der Antragsgegnerin mit E-Mail vom 27. November 2023, 7:58 Uhr erklärt, die für die Beigeladene vorgesehenen, unvollständigen Blankobewerbungen mit den Unterlagen der Antragstellerin „auf[zu]stocken“ und diese im Anschluss der Beigeladenen zu übergeben, liegt eine Unterstützungshandlung vor. Denn unabhängig davon, dass die Beigeladene ausweislich ihres Teilnahmeantrags (und anders als von der Antragstellerin vorgetragen) das Personal nicht zur Herstellung ihrer Leistungsfähigkeit benötigt, erleichtert das Personalangebot der Antragsgegnerin der Beigeladenen den Verwaltungsaufwand bei der Personalakquise. Weiterhin liegt eine Unterstützung darin, dass die Vorstellungsgespräche in den Räumlichkeiten der Antragsgegnerin und nicht bei der Beigeladenen selbst stattfinden. Mit beidem übernimmt die Mitarbeiterin der Antragsgegnerin originär der Beigeladenen zufallende Aufgaben, sodass zumindest der Eindruck eines Verstoßes gegen die aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 97 Abs. 2 GWB abzuleitende Neutralitätspflicht entsteht (vgl. Greb, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 6 VgV Rn. 3).

b. Die Vermutung eines Interessenkonflikts hat die Antragsgegnerin nicht widerlegt. Insbesondere rechtfertigt die bei der Antragsgegnerin durchgeführte, gängige Praxis einer besonderen Eilbedürftigkeit und die Kontinuität der Leistungserbringung keine derartige Nähe zur Zuschlagsprätendentin vor Zuschlagserteilung.


III.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer betragen […] €. Kostenpflichtig ist gemäß § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB die (kostenbefreite) Antragsgegnerin als unterlegene Beteiligte. Diese hat auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin zu tragen.

1. Gemäß § 182 Abs. 1 GWB werden für Amtshandlungen der Vergabekammer Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Das Verwaltungskostengesetz vom 23. Juni 1970 (BGBl. I. S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung ist anzuwenden.

Die Gebühr beträgt gemäß § 182 Abs. 2 GWB mindestens 2.500 Euro. Die Gebühr soll den Betrag von 50.000 Euro nicht überschreiten; sie kann im Einzelfall, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch ist, bis zu einem Betrag von 100.000 Euro erhöht werden.

Grundlage für die Kostenermittlung ist die Gebührentabelle des Bundes und der Länder für Nachprüfungsverfahren.

Ausgehend von dem von der Antragsgegnerin geschätzten Auftragswert beträgt die Gebühr […] €.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten als unterlegene Beteiligte nach § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB.

3. Die Antragsgegnerin ist als juristische Person des öffentlichen Rechts gemäß § 182 Abs. 1 GWB in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 des Verwaltungskostengesetzes des Bundes von den Gebühren befreit.

4. Sie hat als unterlegene Beteiligte die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auflagen der Antragstellerin nach § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB zu tragen. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung war wegen der Komplexität der vergaberechtlichen Fragestellungen notwendig. Dies gilt insbesondere in Zusammenhang mit der Frage, ob die fehlende Angabe einer Höchstmenge einen Vergabeverstoß darstellt. Dieser ergibt sich erst aus der Rechtsprechung des EuGH, Urteil vom 17. Juni 2021, Rs. C-23/20, die den Vergabeverstoß nicht aus dem Wortlaut des Art. 33 2014/24/EU ableitet, sondern aus den Grundsätzen der Gleichbehandlung und Transparenz sowie der allgemeinen Systematik der vorgenannten Richtlinie. Daneben ist das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich konzipiert, so dass auch prozessuale Kenntnisse erforderlich sind, um eigene Rechte wirksam wahren zu können.

Kurz belichtet (1)

Kurz belichtet (1)

Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung muss Angabe der Schätzmenge usw enthalten

VK Westfalen, Beschluss vom 21.02.2024 – VK 3-42/23

1. Die Ausschreibung einer Rahmenvereinbarung muss sowohl die Angabe der Schätzmenge und/oder des Schätzwerts als auch eine Höchstmenge und/oder einen Höchstwert sowie den Hinweis enthalten, dass die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliert, wenn diese Menge oder dieser Wert erreicht ist.

Kontaktaufnahme mit Bestbieter vor Zuschlagserteilung führt zu Interessenskonflikt

VK Westfalen, Beschluss vom 21.02.2024 – VK 3-42/23

Ein Auftraggeber, der nach der Wertungsentscheidung aber vor Zuschlag Kontakt mit dem Zuschlagsprätendenten aufnimmt, und diesen bei ihm originär zufallenden Aufgaben unterstützt, nimmt eine „sonstige Unterstützungshandlung“ i.S.v. § 6 Abs. 3 Nr. 2 VgV vor, so dass ein Interessenkonflikt bei ihm vermutet wird. Eine besondere Eilbedürftigkeit und die Kontinuität der Leistungserbringung rechtfertigen keine derartige Nähe zum Zuschlagsprätendenten vor Zuschlagserteilung.

Erkennbare Vergaberechtsverstöße sind zu rügen

VK Bund, Beschluss vom 07.12.2023 – VK 2-82/23

Erkennbare Vergaberechtsverstöße sind zu rügen. Erkennbar sind solche Verstöße, die von einem durchschnittlichen Unternehmen des angesprochenen, mithin fachkundigen, Bieterkreises bei üblicher Sorgfalt und üblichen Kenntnissen erkannt werden können.

Einer üblichen Sorgfalt und üblichen Kenntnissen entspricht es jedenfalls, dass ein Bieter die für die Kalkulation seines Angebots relevanten Vorgaben der Vergabeunterlagen zur Kenntnis nimmt und aufmerksam aufarbeitet. Dazu gehört die Befassung mit den für die Zuschlagserteilung relevanten Vorgaben.

Dass Wertungskriterien hinreichend bestimmt und diskriminierungsfrei sein müssen, damit Angebote vergleichbar sind und kalkuliert werden können, ist ein durchschnittlichen Bietern allgemein bekannter vergaberechtlicher Grundsatz.

Wertung nach dem „Alles-oder-nichts-Prinzip“ ist vergaberechtswidrig

VK Bund, Beschluss vom 07.12.2023 – VK 2-82/23

Eine Wertungsmethode, nach der das Angebot mit der höchsten Punktzahl fünf Punkte und das Angebot mit der niedrigsten Punktzahl null Punkte erhält, ist vergaberechtswidrig, weil generell nicht auszuschließen ist, dass das für die Zuschlagserteilung maßgebende beste Preis-Leistungs-Verhältnis jedenfalls dann nicht korrekt ermittelt werden kann, wenn nur zwei Angebote vorliegen.

Keine Sicherheitsüberprüfung „auf Vorrat“

VK Bund, Beschluss vom 14.12.2023 – VK 2-94/23

Eine Sicherheitsüberprüfung nach dem SÜG kann unabhängig von einer konkreten Zuschlagserteilung erst im Hinblick auf den infolge Zuschlags konkretisierten Auftragnehmer bzw. dessen Personal erfolgen, nicht aber für alle am Vergabeverfahren beteiligten Bieter.

Unklare Auftraggebereigenschaft der Referenzstelle ist zu überprüfen

VK Bund, Beschluss vom 02.02.2024 – VK 2-98/23

Muss eine der drei geforderten Referenzen eine Leistungserbringung gegenüber einem öffentlichen Auftraggeber betreffen und benennt der Bieter keine Referenz, die auf den ersten Blick und zweifelsfrei keine Referenz eines öffentlichen Auftraggebers darstellt, muss die Vergabestelle die Auftraggebereigenschaft der als Referenz benannten Stelle prüfen und dies dokumentieren.

Aktuelle Entscheidungen im Volltext (1) OLG Düsseldorf zu der Frage, dass die Auftragsänderung nicht zu einer Veränderung des Gesamtcharakters des Auftrags führen darf

Aktuelle Entscheidungen im Volltext (1) OLG Düsseldorf zu der Frage, dass die Auftragsänderung nicht zu einer Veränderung des Gesamtcharakters des Auftrags führen darf

vorgestellt von Thomas Ax

Nur wesentliche Änderungen eines öffentlichen Auftrags während der Vertragslaufzeit erfordern ein neues Vergabeverfahren.
Eine Änderung eines öffentlichen Auftrags ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens ist jedenfalls dann zulässig, wenn sich der Gesamtcharakter des Auftrags, der Wert der Änderungen die jeweiligen Schwellenwerte nicht übersteigt und bei Bauaufträgen nicht mehr als 15 Prozent des ursprünglichen Auftragswerts beträgt.
Die Auftragsänderung darf auch nicht zu einer Veränderung des Gesamtcharakters des Auftrags führen. Eine Veränderung des Gesamtcharakters liegt vor, wenn die zu beschaffenden Bauleistungen durch andersartige Leistungen ersetzt werden oder sich die Art der Beschaffung grundlegend ändert.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.01.2022 – Verg 30/21
vorhergehend:
OLG Düsseldorf, 02.06.2021 – Verg 30/21
VK Bund, 06.05.2021 – VK 2-29/21

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin schrieb mit Bekanntmachung vom 21. Dezember 2020 im offenen Verfahren Sicherungsmaßnahmen für Gleisbauarbeiten im Bereich zwischen L. und E. für die Zeit vom 27. März 2021 bis zum 24. Juni 2022 EU-weit aus (Referenznummer der Bekanntmachung: …). Einziges Zuschlagskriterium war der Preis (Ziff. II.2.5. der Bekanntmachung).

Das Leistungsverzeichnis enthielt bezüglich der das weiterbefahrene Betriebsgleis betreffenden Gruppe 02 „Bauaffine Dienstleistungen“ unter Position 02.01.0010 die Anforderung 7.000 Stück „Schutzhaltsignal (Sh2) auf- und abbauen“, unter Position 02.01.0190 500 Stück „Langsamfahrsignale (Satz) außer/in Betrieb setzen“ sowie unter Position 02.01.0195 3.000 Stück „Langsamfahrsignal (zus. Lf1, Lf1 Wiederholer, Lf2 oder Lf3) außer/in Betrieb setzen. Nach Anlage 8 der Vergabeunterlagen, „Vorbemerkungen mit allgemeinen und technischen Angaben“, Punkt 6, waren die Langsamfahrstellen „innerhalb von 20 Minuten nach Sperrung des Gleises sicherzustellen“, wobei sich die Aufstellorte der LF-Signale nicht in direkter Nähe der Einsatzstellen befinden und die Fahrwege und -zeiten in den Einheitspreisen zu berücksichtigen waren.

Auf die hierauf bezogene Bieterfrage 5, welche Sicherungsmaßnahme für die Inbetriebnahmearbeiten der Langsamfahrsignale am weiterbefahrenen Betriebsgleis durch die für den Bahnbetrieb zuständige Stelle (BzS) vorgesehen sei und welche Sicherungsmaßnahme dementsprechend zu kalkulieren sei, antwortete die Antragsgegnerin, die Sicherungsmaßnahme werde nach Einreichung durch das Sicherungsunternehmen bei der BzS durch die selbige festgelegt. Es handele sich um eine Einzelfallentscheidung der BzS auf Grund der Einreichung, weshalb hierzu im Voraus keine endgültige Aussage getroffen werden könne. Es werde jedoch aktuell davon ausgegangen, dass mit UV-Sperrungen (Sperrung aus Unfallverhütungsgründen) zu sichern sei. Auf die diesbezügliche Nachfrage, Bieterfrage 7, ob als Alternative zu UV-Sperrungen und den damit verbundenen betrieblichen Einflüssen Einsätze von ATW-Systemen zur Inbetriebnahme der Lf-Signale vorgesehen und damit eine ATWS-Sicherung (Automatic Track Warning Systems = Automatische Warnsysteme) an jedem Signalstandort zur Sicherung der Inbetriebnahme zu kalkulieren sei, erklärte die Antragsgegnerin, die Kalkulation der Nebenleistung obliege dem Auftragnehmer, es seien UV-Sperrungen vorgesehen.

Die Antragstellerin, die sich wegen des von ihr zur Umstellung der Vielzahl von Signalen an weit auseinanderliegenden Einsatzorten angenommenen Personalbedarfs als Bietergemeinschaft von fünf Unternehmen zusammengefunden hatte, gab fristgerecht ein Angebot ab. Dabei hatte sie für die Position 02.01.0010, 02.01.0190 und 02.01.0195 zusammen circa 1,6 Millionen Euro angesetzt, weshalb auf diese über 20 Prozent ihres Angebotspreisen entfielen. Unter anderem hatte sie auch den Einsatz einer ATWS-Sicherung kalkuliert, nachdem ihre vertretungsberechtigte Gesellschafterin es im Rahmen des seinerzeit laufenden Sicherungsauftrags erlebt hatte, dass die erforderlichen Sperrpausen von der Antragsgegnerin nicht beigestellt werden konnten, woraufhin die Sicherung doch mittels eines automatischen Warnsystems erfolgen musste. Die Antragsgegnerin informierte die Antragstellerin, dass eine Beauftragung der Beigeladenen als preislich günstigste Bieterin beabsichtigt sei. Rügen innerhalb der Wartefrist wurden nicht erhoben, der Zuschlag erfolgte am 5. Februar 2021 an die Beigeladene.

Nach Zuschlagserteilung erfuhr die Antragstellerin von Änderungen an der Auftragsdurchführung. Der am 12. Januar 2021 erstellte und am 26. Januar 2021 geprüfte Formbogen zur Planung der vorübergehenden Langsamfahrstellen auf dem weiterbefahrenen Betriebsgleis war am 26. Februar 2021 geändert worden. Danach sollten die Langsamfahrstellen nicht mehr vom 9. April 2021 bis zunächst zum 21. Mai 2021 täglich lediglich von 21.05 Uhr bis 4.55 Uhr des Folgetages, sondern vom 9. April 2021 bis zum 9. April 2022 durchgehend bestehen (Anlage ASt 5). Am 4. März 2021 erfolgte eine nochmalige Abänderung, der Formbogen sah nunmehr durchgehende Langsamfahrstellen vom 4. Juni 2021, 21.05 Uhr, bis zum 2. Juli 2021, 04.55 Uhr, vor.

Nach erfolgloser Rüge vom 9. März 2021, das Angebot der Beigeladenen hätte vor Bezuschlagung im Hinblick auf Auskömmlichkeit und Gewährleistung des Mindestlohns aufgeklärt werden müssen, hat die Antragstellerin am 12. März 2021 einen Nachprüfungsantrag gestellt. Zu dessen Begründung führte sie aus, dass entweder vor Zuschlagserteilung der Auftrag ohne die erforderliche Transparenz für alle Bieter wesentlich geändert und so letztlich ohne entsprechende Bekanntmachung vergeben worden sei, oder der Auftrag nach Zuschlagserteilung wesentlich geändert worden und deshalb ein erneutes Vergabeverfahren erforderlich gewesen sei. Während die nahezu täglich In- beziehungsweise Außerbetriebsetzung einer Vielzahl von Signalen an teilweise weit auseinander liegenden Standorten in einem Korridor von nur 20 Minuten einen außergewöhnlichen Personalaufwand erfordere, da nahezu an jedem Signalstandort Personal vorgehalten werden müsse, sei dies bei der nunmehr vorgesehenen durchgehenden Sperrung nicht mehr erforderlich. Den nach der Ausschreibung erforderlichen Personalaufwand habe die Beigeladene im Gegensatz zur ihr nicht entsprechend kalkuliert, weshalb ihr Angebot auf Auskömmlichkeit hätte geprüft werden müssen. Durch die Änderung ändere sich der Charakter des Auftrags, da diese mehr als 10 Prozent des Gesamtwerts ausmache; auch hätte der nunmehr wesentlich geringere Personalaufwand die Beteiligung weiter Bieter ermöglicht.

Die Antragstellerin hat beantragt,

1. die Unwirksamkeit des Vertrags festzustellen und die Antragsgegnerin zu verpflichten, ein erneutes förmliches Vergabeverfahren einzuleiten; hilfsweise, festzustellen, dass die Zuschlagserteilung vergaberechtswidrig erfolgte;

2. der Antragstellerin Einsicht in die Vergabeakten zu gewähren;

3. die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gemäß § 182 Abs. 4 GWB für notwendig zu erklären;

4. der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin und hilfsweise die Beigeladene, die den Nachprüfungsantrag vorrangig bereits für unzulässig erachtet, haben beantragt,

1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen;

2. die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen für notwendig zu erklären;

3. die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen der Antragstellerin aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, sie habe hinsichtlich der beabsichtigten UV-Sperrung nach einer einwöchige Testphase vom 1. bis 8. Februar 2021 feststellen müssen, dass kein positiver Effekt auf die erforderliche Dauer beim Einrichten der Langsamfahrstelle erzielt werde und zudem eine erhebliche Mehrbelastung der Fahrdienstleister entstehe, die auf Dauer nicht tragbar sei. Im Rahmen einer den seinerzeit noch laufenden, zeitlich vorgelagerten Sicherungsauftrag betreffenden Baubesprechung am 8. Februar 2021, an der auch das für die Antragstellerin vertretungsberechtigte Mitgliedsunternehmen als damalige Auftragnehmerin teilgenommen habe, sei erstmals der Vorschlag diskutiert worden, eine Prüfung vorzunehmen, ob die Langsamfahrstelle nicht durchgehend eingerichtet werden könne. Ihre interne Abstimmung habe bis zum 2. März 2021 gedauert. Am 4. März 2021 habe der Leitstellen-Anlagenverantwortliche die Zustimmung zu durchgehenden Langsamfahrstellen erteilt, allerdings nicht zu der am 26. Februar 2021 erfolgten Änderung in durchgehende Langsamfahrstellen über 365 Tage, sondern nur vom 4. Juni 2021, 21.05 Uhr, bis zum 2. Juli 2021, 04.55 Uhr. Die Auswirkungen auf den am 5. Februar 2021 geschlossenen Vertrag beschränkten sich auf die Positionen 02.01.0190 und 02.01.0195. Es entfielen zwischen 75 und 90 Prozent der Sperrpausen. Ausgehend von einem maximalen Entfallen der Leistungen der beiden genannten Positionen in Höhe von 90 Prozent bedeute dies auf Grundlage des mit der Beigeladenen geschlossenen Vertrags eine Reduzierung des Angebotspreises um eine niedrige einstellige Prozentzahl. Die Leistungen der Position 02.01.0010 seien von den Änderungen nicht betroffen.

Die Beigeladene erachtet den Nachprüfungsantrag wegen des erfolgten Zuschlags bereits für unzulässig, eine Änderung i. S. des § 132 Abs. 1 GWB liege nicht vor.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 6. Mai 2021 zurückgewiesen. Der Antrag sei zwar zulässig. Weder bei der von der Antragstellerin beanstandeten Vergabe ohne entsprechende Bekanntmachung noch bei der alternativ von ihr angenommen erheblichen Änderung nach Zuschlag bedürfe es einer Rüge. Er sei jedoch unbegründet. Den auf die Kalkulation der Beigeladenen gerichteten Beanstandungen stehe bereits die Erteilung des Zuschlags entgegen. Dass die Änderung des Leistungsumfangs erst nach dem Zuschlag am 5. Februar 2021 erfolgt sei, sei im Laufe des Verfahrens unstreitig gestellt worden. Soweit die Antragstellerin diese Änderung als wesentliche moniere, greife ihre Beanstandung nicht durch. Bei der Ermittlung der prozentualen Abweichung sei vom Angebot der Beigeladenen auszugehen, nach dem diese gering sei. Dies gelte im Übrigen auch für das Angebot des zweitplatzierten Bieters. Hingegen habe die Antragstellerin – entgegen der Antworten auf die Bieterfragen 5 und 7 – mit einer ATWS-Sicherung kalkuliert. Zudem hätte deren Angebot im Übrigen selbst bei einem vollständigen Entfallen der Positionen 02.01.0190 und 02.01.0195 nicht den Zuschlag erhalten. Auch der potenzielle Bieterkreis habe sich nicht verändert.

Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. Nach der Ausschreibung hätten beinahe täglich eine Vielzahl von Signalen an weit auseinanderliegenden Standorten fast zeitgleich außer Betrieb genommen beziehungsweise in Betrieb gesetzt werden müssen. Dies erfordere eine extrem hohe Personaldecke, weshalb sie sich als Bietergemeinschaft um den Auftrag beworben habe. Erforderlich sei eine Arbeitskraft je Signalstandort und zudem eine Sicherung mittels ATWS, da sich 2020 die Unmöglichkeit der Gewährung pünktlicher UV-Sperrungen gezeigt habe. Die Beigeladene habe dies hingegen bei ihrer Kalkulation schlicht nicht berücksichtigt; entweder habe sie es nicht verstanden oder es liege eine unzulässige Mischkalkulation vor. Gleichwohl sei die gebotene Prüfung auf Auskömmlichkeit unterblieben. Hinsichtlich der Prüfung unlauterer Wettbewerbshandlungen stehe der Vergabestelle kein Ermessen zu. Durch die Änderung reduziere sich der zur Erbringung der Positionen 02.01.0190 und 02.01.0195 erforderliche Personalbedarf erheblich und zwar um 90 Prozent. Es stelle sich die Frage, warum eine solch gravierende, für den Bieter kostensparende Maßnahme erst nach Zuschlagserteilung erfolgt sei. Diese stelle eine unzulässige nachträgliche Änderung i.S. von § 132 GWB dar, da sich der Charakter des Auftrags geändert habe und der Wert der Änderung mehr als 10 Prozent des ursprünglichen Auftragswerts betrage. Wegen des Wegfalls des personellen Spitzenbedarfs hätten sich andere Bieter beteiligen können, darunter auch die ihrer Bietergemeinschaft angehörenden. Das unauskömmliche und zu Unrecht nicht ausgeschlossene, grob wettbewerbswidrige Angebot der Beigeladenen könne nicht Maßstab für den Grad der Änderung sein.

Die Antragstellerin beantragt,

1. die Entscheidung der Vergabekammer des Bundes vom 6. Mai 2021, VK 2-33/21 aufzuheben;

2. die Unwirksamkeit des Vertrages festzustellen und die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, ein erneutes förmliches Vergabeverfahren einzuleiten;

3. hilfsweise, die Vergabekammer zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des angerufenen Gerichts über die Sache erneut zu entscheiden;

4. die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten durch die Beschwerdeführerin für notwendig zu erklären;

5. der Beschwerdegegnerin die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,

1. die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 6. Mai 2021 (VK 2-33/21) zurückzuweisen;

2. die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens nach § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB der Antragstellerin aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene verteidigen die Entscheidung der Vergabekammer. Die Antragsgegnerin trägt vor, eine wesentliche Änderung sei nicht gegeben. Schon bei Betrachtung des Angebots der Antragstellerin sei zu berücksichtigen, dass die von ihr zur Begründung eines Anteils am Gesamtauftrag von einem Fünftel mit herangezogene Position 02.01.0010 gar nicht betroffen sei, auf die allein 700.000,00 Euro entfielen. Hinsichtlich der Positionen 02.01.0190 und 02.01.0195 habe die Antragstellerin zudem entgegen den Vorgaben ein automatisches Warnsystem (ATWS) einkalkuliert. Hätte sie korrekt mit UV-Sperrungen kalkuliert, wäre jeweils nur ein Signalmonteur erforderlich, die Spiegelstriche zwei bis sechs ihrer in der Beschwerdeschrift dargelegten Kalkulation entfielen.

Der Senat hat den Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 2. Juni 2021 als unzulässig verworfen. Nach Erteilung des Zuschlags sei für die von § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB beabsichtigte Aufrechterhaltung des Zuschlagsverbots kein Raum mehr.

Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2021 hat die Antragstellerin den zuvor unstreitigen und von ihr selbst noch in der Beschwerdebegründung (dort Seite 10 unten, Bl. 10 GA.) vertretenen Vertragsschluss mit der Beigeladenen am 5. Februar 2021 in Zweifel gezogen. Dass die mit Datum vom 26. Februar 2021 erfolgte Änderung von täglich lediglich von 21.05 Uhr bis 4.55 Uhr des Folgetages bestehenden Langsamfahrstellen in vom 9. April 2021 bis zum 9. April 2022 durchgehend bestehende erst nach dem Zuschlag erfolgt sei, sei keinesfalls unstreitig. Davon, dass für täglich lediglich von 21.05 Uhr bis 4.55 Uhr des Folgetages bestehenden Langsamfahrstellen zusätzliches Personal benötigt werde und sie dies als einzige kalkuliert habe, während die übrigen Bieter eine Mischkalkulation vorgenommen hätten, sei die Antragsgegnerin in ihrer fachtechnischen Stellungnahme vom 19. Januar 2021 selbst ausgegangen, ohne jedoch die Angebote der fraglichen Bieter der gebotenen Überprüfung zu unterziehen und diese vom Vergabeverfahren auszuschließen.

Der Senat hat die Sach- und Rechtslage mit den Parteien erörtert und ausgeführt. Der Zuschlag sei ausweislich der Vergabeakte am 5. Februar 2021 und damit vor der Änderung erfolgt. Prüfungsmaßstab, ob die Änderung ein neues Vergabeverfahren erfordere, sei vorrangig § 132 Abs. 3 GWB. Danach sei eine Änderung zulässig, wenn sich der Gesamtcharakter nicht ändere und der Umfang der Änderung weder den Schwellenwert übersteige noch mehr als zehn Prozent des Auftragswerts betrage. Vorliegend ändere sich der Gesamtcharakter nicht und auch die Wertgrenzen seien nicht überschritten. Insoweit komme es nach § 132 Abs. 1 GWB auf den erteilten öffentlichen Auftrag und somit allein auf das bezuschlagte Angebot an. Ein eventueller Verstoß gegen § 60 VgV könne nach Zuschlag nicht mehr geltend gemacht werden. Die Antragstellerin hat demgegenüber die Auffassung vertreten, es sei nicht auf die formelle Änderung, sondern auf den 26. Januar 2021 abzustellen, weil es zu diesem Zeitpunkt bereits Überlegungen zu einer Änderung gegeben habe. Durch die Umstellung auf durchgehende Langsamfahrstellen ändere sich kalkulatorisch viel. Dem ist die Antragsgegnerin entgegengetreten. Am 26. Januar 2021 habe die ursprüngliche Version noch Gültigkeit gehabt, es wären lediglich ergebnisoffene Überlegungen angestellt worden. Die von ihr zur Vermeidung einer ATWS-Sicherung gewollte UV-Sperrung habe sich als machbar, aber schwierig erwiesen. Die Idee durchgehender Langsamfahrstellen sei erstmals in der Besprechung am 8. Februar 2021 aufgekommen und dann intern abgestimmt worden.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingereicht worden. Die erforderliche Beschwer der Antragstellerin ist nach § 171 Abs. 1 Satz 2 GWB gegeben, weil sie am Verfahren vor der Vergabekammer beteiligt war und die Vergabekammer ihren Nachprüfungsantrag zurückgewiesen hat.

2. In der Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig, aber unbegründet.

a) Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist statthaft. Zwar ist ein Nachprüfungsantrag gemäß § 160 Abs. 1 GWB grundsätzlich nur solange der statthafte Rechtsbehelf, wie ein Vergabeverfahren noch nicht durch einen wirksamen Zuschlag abgeschlossen ist. Das ergibt sich aus der Gesetzessystematik. Der vergaberechtliche Primärrechtsschutz hat nach § 168 Abs. 1 Satz 1 GWB das Ziel, eine Rechtsverletzung im noch nicht abgeschlossenen Vergabeverfahren zu beseitigen. Ist es – infolge eines wirksamen Zuschlags – zu einer definitiven Rechtsverletzung im Vergabeverfahren gekommen, so sind gemäß § 13 GVG für die sich daraus ergebenden Rechtsstreitigkeiten unmittelbar die ordentlichen Gerichte zuständig (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2000, X ZB 14/00NJW 2001, 1492 f.). Ist der Zuschlag einmal wirksam erteilt, ohne dass zuvor ein Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eingeleitet worden ist, kann eine Zuständigkeit der Vergabekammern nicht mehr begründet werden. Das zeigt auch § 168 Abs. 2 GWB, insbesondere sein Satz 2, wonach aus Gründen der Prozessökonomie nur dann eine Zuständigkeit der Vergabekammer (fort)besteht, eine Rechtsverletzung trotz Zuschlags festzustellen, wenn das Nachprüfungsverfahren zum Zeitpunkt des Zuschlags bereits eingeleitet war (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2000, X ZB 14/00NJW 2001, 1492 f; Senatsbeschluss vom 19. April 2017, Verg 38/16, BeckRS 2017, 116312 Rn. 18).

Allerdings gilt eine Ausnahme von diesem Grundsatz in den beiden in § 135 Abs. 1 GWB genannten Fällen, wobei die Vorschrift gemäß § 142 GWB auch für die Vergabe von Sektorentätigkeiten gilt. In diesen Fällen führt der Zuschlag zunächst nur zu einem schwebend wirksamen Vertrag. Binnen der in § 135 Abs. 2 GWB genannten Fristen kann deshalb noch vor der Vergabekammer ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet werden mit dem Ziel, dass einer der beiden im Gesetz genannten Vergaberechtsverstöße festgestellt wird. In dem Fall, dass ein Verstoß festgestellt wird, ist der mit dem Zuschlag zunächst schwebend wirksame Vertrag von Anfang an unwirksam. § 135 GWB regelt damit den Spezialfall der Statthaftigkeit eines Nachprüfungsantrags trotz eines bereits erteilten Zuschlags (Senatsbeschluss vom 19. April 2017, Verg 38/16, BeckRS 2017, 116312 Rn. 19).

Für die Frage der Statthaftigkeit des auf § 160 Abs. 1 i.V.m. § 135 GWB gestützten Nachprüfungsantrags kommt es nicht darauf an, ob einer der in § 135 Abs. 1 GWB aufgeführten Vergaberechtsverstöße im Ergebnis zu bejahen ist. Die Frage eines Verstoßes gegen § 135 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 GWB betrifft sowohl die Statthaftigkeit als auch die Begründetheit des Nachprüfungsantrags (sog. doppelrelevante Tatsache). In solchen Fällen ist eine rechtliche Argumentation, nach der ein Verstoß gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 GWB zu bejahen ist, nicht schon im Rahmen der Statthaftigkeit des Rechtsbehelfs, sondern erst im Rahmen der Begründetheit zu überprüfen (Senatsbeschluss vom 19. April 2017, Verg 38/16, BeckRS 2017, 116312 Rn. 19; OLG Celle, Beschluss vom 24. Oktober 2019, 13 Verg 9/19, NZBau 2020, 535 Rn. 17).

Dementsprechend ist auch hier nicht schon die Statthaftigkeit des Nachprüfungsantrags zu verneinen, sondern vom Vortrag der Antragstellerin auszugehen, die sich auf einen Verstoß gegen die  § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB  beruft und geltend macht, dass die Antragsgegnerin den Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung vergeben habe, weil der am 21. Dezember 2020 ausgeschriebene Auftrag nachträglich wesentlich geändert worden und eine zulässige Änderung nach § 132 Abs. 3 GWB nicht gegeben sei, weshalb es gemäß § 132 Abs. 1 Satz 1 GWB eines neuen Vergabeverfahrens bedurft hätte.

Der von der Antragstellerin verfolgte Nachprüfungsantrag ist auch im Übrigen zulässig. Der maßgebliche Schwellenwert nach § 106 Abs. 2 Nr. 2 GWB i.V.m. Art. 15 der Sektorenrichtlinie 2014/25/EU ist unzweifelhaft überschritten. Auch ist die Antragstellerin gemäß § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Ihr Nachprüfungsantrag ist ferner fristgerecht eingereicht worden und auch nicht nach § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB präkludiert.

Die in § 135 Abs. 2 Satz 1 GWB formulierte Frist für die Geltendmachung der Unwirksamkeit ist gewahrt. Nach § 135 Abs. 2 Satz 1 GWB muss die Unwirksamkeit innerhalb von 30 Kalendertagen nach Information der betroffenen Bieter durch den öffentlichen Auftraggeber, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss geltend gemacht werden. Da die Änderung des Auftrags nicht vor dem 4. März 2021 erfolgt ist, zu dem nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin die Zustimmung des Leitstellen-Anlagenverantwortlichen erteilt worden ist, hat der am 12. März 2021 eingereichte Nachprüfungsantrag diese Fristen in jedem Fall gewahrt. Auch der Rüge vom 9. März 2021 hätte es nicht bedurft. Gemäß § 160 Abs. 3 Satz 2 GWB gilt die Rügeobliegenheit nach Satz 1 nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit eines ohne die gebotene Ausschreibung vergebenen Vertrages nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB.

b) Der Nachprüfungsantrag ist jedoch unbegründet. Der Vertrag der Antragsgegnerin mit Beigeladenen ist nicht nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB i. V. m. § 142 GWB unwirksam. Eine Auftragsvergabe ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union ist nicht gegeben. Die Sicherungsleistung ist von der Antragsgegnerin mit Bekanntmachung vom 21. Dezember 2020 ordnungsgemäß ausgeschrieben worden. Die nach Auftragsvergabe vorgenommene Änderung erforderte kein neues Vergabeverfahren, sie war keine wesentliche im Sinne des § 132 Abs. 1 Satz 1 GWB.

Die vom Oberlandesgericht Celle offengelassene Frage, ob § 132 Abs. 1 Satz 1 GWB auf Änderungen vor Zuschlagserteilung entsprechend anzuwenden ist (Beschluss vom 24. Oktober 2019, 13 Verg 9/19, NZBau 2020, 535 Rnrn. 22 ff), bedarf auch vorliegend keiner Entscheidung. Ausweislich der Vergabeakte ist der Zuschlag am 5. Februar 2021 und damit vor der Änderung des Vertrags erteilt worden. Wie aus Anlagen Ast 5 und AG 5 ersichtlich, ist die Änderung in durchgehende Langsamfahrstellen im Formbogens erstmals am 26. Februar 2021 und abschließend erst am 4. März 2021 erfolgt.

Der Umstand, dass erste Überlegungen zu einer Änderung bereits vor der Zuschlagserteilung angestellt worden sind, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Die ausgeschriebene Leistung stellt nur selten die einzig gangbare Möglichkeit dar. Beim öffentlichen Auftraggeber werden daher oftmals Überlegungen existieren, ob der zu erteilende Auftrag nicht doch hätte optimiert werden können. Die Vorschrift des § 132 GWB, der auf die Änderung des erteilten Auftrags und damit gerade auf den Rechtsakt Vertragsänderung abstellt, würde weitgehend leerlaufen, ließe man die bloße Existenz derartiger Überlegungen für die Verneinung der Nachträglichkeit der Änderung ausreichen.

Es ist auch nicht dargetan, dass die Antragsgegnerin zur Änderung der für die Leistungspositionen 02.01.0190 und 02.01.0195 maßgeblichen Langsamfahrstellen von täglich 21.05 Uhr bis 04.55 Uhr zu durchgehend bereits bei Zuschlagserteilung am 5. Februar 2021 entschlossen war. Im Rahmen des zeitlich vorangegangen, im Zeitpunkt der Ausschreibung noch laufenden Sicherungsauftrag hatte sich nachträglich die Notwendigkeit einer Sicherung mittels ATWS gezeigt, die die Antragsgegnerin nie wollte, weshalb sie beim ausgeschriebenen Auftrag zu UV-Sperrungen überzugehen wünschte. Nach ihrem unwiderlegten und in sich stimmigen Vortrag hat sich in der einwöchige Testphase vom 1. bis 8. Februar 2021 gezeigt, dass sich hierdurch kein positiver Effekt auf die erforderliche Dauer beim Einrichten der Langsamfahrstelle erzielen lässt und zudem eine erhebliche Mehrbelastung der Fahrdienstleister entsteht. Erst danach kam in der Baubesprechung am 8. Februar 2021 erstmals die Idee durchgehender Langsamfahrstellen auf. Abgesehen davon, dass der erstmalige Einfall eines Mitarbeiters nicht mit der am Ende einer Überlegung stehenden Auftragsänderung gleichgesetzt werden kann, war zu diesem Zeitpunkt der Zuschlag bereits erteilt.

aa) Gemäß § 132 Abs. 1 Satz 1 GWB erfordern nur wesentliche Änderungen eines öffentlichen Auftrags während der Vertragslaufzeit ein neues Vergabeverfahren. Nach § 132 Abs. 3 GWB ist eine Änderung eines öffentlichen Auftrags ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens jedenfalls dann zulässig, wenn sich der Gesamtcharakter des Auftrags nicht ändert, der Wert der Änderungen die jeweiligen Schwellenwerte nach § 106 nicht übersteigt und bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen nicht mehr als 10 Prozent und bei Bauaufträgen nicht mehr als 15 Prozent des ursprünglichen Auftragswertes beträgt. § 132 Abs. 3 GWB normiert eine „de-minimis-Grenze“ für Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit, wonach geringfügige Änderungen des Auftragswerts bis zu einer bestimmten Höhe grundsätzlich zulässig sind, ohne dass ein neues Vergabeverfahren durchgeführt werden muss (Hüttinger in Burgi/Dreher, Beck`scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl. 2017, GWB § 132 Rn. 74).

Neben den zwei Geringfügigkeitsgrenzen, die kumulativ eingehalten werden müssen, darf die Auftragsänderung auch nicht zu einer Veränderung des Gesamtcharakters des Auftrags führen. Die Elemente, die einem konkreten öffentlichen Auftrag sein Gepräge geben, die wie die Auftragsart, die Art der Refinanzierung des Auftragnehmers oder die Laufzeit, die zentral für die Marktansprache sind, dürfen sich nicht ändern, weil Änderungen dieser zentralen Elemente dazu führen, dass es sich nicht mehr um den geänderten ursprünglichen, sondern um einen anderen Vertrag handelt: So darf die Änderung nicht dazu führen, dass über die Anwendung des § 110 GWB aus einem Dienstleistungsauftrag ein Bauauftrag wird, aus einem befristeten Auftrag ein unbefristeter oder wegen einer Änderung des Modus der Refinanzierung des Auftragnehmers aus einem öffentlichen Auftrag eine Konzession wird. Dies entspricht Erwägungsgrund 109 der Vergaberichtlinie 2014/24/EU, wonach eine Veränderung des Gesamtcharakters vorliegt, wenn „beispielsweise die zu beschaffenden Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen durch andersartige Leistungen ersetzt werden oder sich die Art der Beschaffung grundlegend ändert“ (s. auch Ziekow in Ziekow/Völlink, 4. Aufl. 2020, GWB § 132 Rn. 41)

bb) Bezugspunkt der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 132 Abs. 3 GWB erfüllt sind, ist der ursprünglich vergebene öffentliche Auftrag und damit allein das Angebot, welches den Zuschlag erhalten hat. Nach § 132 Abs. 1 Satz 2 GWB sind wesentlich nur solche Änderungen, die dazu führen, dass sich der öffentliche Auftrag erheblich von dem ursprünglich vergebenen öffentlichen Auftrag unterscheidet. Dies gilt selbstverständlich auch für die Prüfung der Voraussetzungen des § 132 Abs. 3 GWB, nach dessen Nummer 2 der Wert der Änderung gerade auf den ursprünglichen Auftragswert bezogen ist.

Die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 4. März 2021 zur Vermeidung der mit täglichen UV-Sperrungen einhergehenden erheblichen Mehrbelastung ihrer Fahrerdienstleister die Langsamfahrstellen nicht mehr vom 9. April 2021 bis zum 21. Mai 2021 lediglich täglich von 21.05 Uhr bis 4.55 Uhr des Folgetages, sondern vom 4. Juni 2021 bis zum 2. Juli 2021 durchgehend bestehend zu lassen, führt nur zu einer marginalen Änderung des der Beigeladenen erteilten Auftrags. Zwar führt dies zu einem Wegfall von bis zu 90 Prozent der unter den Positionen 02.01.0190 und 02.01.0195 erfassten Leistungen des In- beziehungsweise Außerbetriebsetzen der Langsamfahrsignale. Diese Positionen machen beim Angebot der Beigeladenen jedoch weit weniger als zehn Prozent des ursprünglichen Auftragswerts aus und erreichen auch den Schwellenwert nach § 106 Abs. 2 Nr. 2 GWB i.V.m. Art. 15 lit. a der Sektorenrichtlinie 2014/25/EU bei weitem nicht.

Durch die Änderung hat sich auch nicht der Gesamtcharakter des Auftrags verändert. Eine Änderung des Gesamtcharakters ist nur gegeben, wenn sich zentrale Elemente wie die Auftragsart ändern. Das Kriterium der Veränderung des Gesamtcharakters ist mit dem der wesentlichen Änderung nach § 132 Abs. 1 GWB gerade nicht identisch (Ziekow in Ziekow/Völlink, 4. Aufl. 2020, GWB § 132 Rn. 41). Eine Änderung der Auftragsart oder der Laufzeit ist jedoch nicht gegeben. Der Auftrag bleibt ein Auftrag zur Sicherung von konkreten Gleisbauarbeiten. Kalkulatorische Änderungen, selbst wenn diese – was in Bezug auf das Angebot der Beigeladenen ohnehin nicht gegeben ist – erheblich sind, ändern nicht den Gesamtcharakter des Auftrags als einer befristeten Sicherung von Gleisbauarbeiten. Kalkulatorische Änderungen sind allein für die vorgenannten Schwellenwerte relevant.

cc) Soweit die Antragstellerin für die Beurteilung des Grades der Änderung nicht auf das Angebot der Beigeladenen, sondern auf ihr Angebot abstellen möchte, bei dem ein Wegfall von 90 Prozent der unter den Positionen 02.01.0190 und 02.01.0195 erfassten Leistungen zu einer Wertänderung von mehr als 10 Prozent und zu einer Überschreitung der Schwellenwerte führen würde, was sie mit einer verfehlten Kalkulation der Positionen 02.01.0190 und 02.01.0195 seitens der Beigeladenen, die zu einer entgegen § 60 VgV nicht aufgeklärten Unauskömmlichkeit von deren ursprünglichen Angebots geführt hätte, begründen will, hat ihr Vorbringen keinen Erfolg.

Die Regelung in § 135 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 132 GWB erfasst allein nachträgliche Änderungen. Der Gesetzgeber hat den Zielkonflikt zwischen Bieterschutz und Rechtssicherheit, dahingehend gelöst, dass der in § 168 Abs. 2 S. 1 GWB normierte Grundsatz der Bestandskraft der Verträge allein in den gesetzlich normierten Fällen durchbrochen werden kann (Braun in Ziekow/Völlink, 4. Aufl. 2020, GWB § 135 Rn. 3). Die Bestimmung dient nicht dazu, Vergaberechtsverstöße, die bereits den Zuschlag gehindert und die nach ordnungsgemäßer Information innerhalb der Wartefrist nach § 134 GWB hätten gerügt werden können, trotz des formal ordnungsgemäßen Zuschlags doch noch zu berücksichtigen. Die Zufälligkeit einer nachträglichen Änderung vermag eine Überprüfung des bereits erteilten ursprünglichen Auftrags nicht, auch nicht inzidenter zu begründen. Was ohne die beanstandete Änderung des Auftrags aufgrund des erteilten Zuschlags nicht mehr im Vergabeverfahren hätte überprüft werden können, bleibt der Prüfungskompetenz der Nachprüfungsinstanzen entzogen. Gegenstand der Überprüfung im Rahmen des § 135 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 132 GWB kann allein die Änderung des ursprünglich vergebenen öffentlichen Auftrags sein, bezüglich dessen es bei dem in § 168 Abs. 2 Satz 1 GWB normierten Grundsatz zu verbleiben hat, dass ein wirksam erteilter Zuschlag nicht wieder aufgehoben werden kann.

dd) Nur ergänzend bemerkt der Senat, dass im Übrigen selbst eine vom Angebot der Beigeladenen gelöste Betrachtung nicht zur Überschreitung der in § 132 Abs. 3 GWB normierten Geringfügigkeitsgrenzen führen würde.

Neben der Antragstellerin und der Beigeladenen hat noch ein dritter Bieter ein wertungsfähiges Angebot eingereicht. Auch bei diesem machen die unter den Positionen 02.01.0190 und 02.01.0195 erfassten Leistungen weit weniger als zehn Prozent des ursprünglichen Auftragswerts aus und erreichen auch den Schwellenwert nach § 106 Abs. 2 Nr. 2 GWB i.V.m. Art. 15 lit. a der Sektorenrichtlinie 2014/25/EU bei weitem nicht.

Soweit die Antragstellerin auf ihr eigenes Angebot verweist, ist zu berücksichtigen, dass sie ausweislich ihres eigenen Beschwerdevorbringens neben den Einsatzstunden des Signalmonteurs auch Einsatzstunden für Betrieb und Schaltung eines Automatischen Warnsystems (ATWS) und dessen Aufbau und Vorhaltung entsprechend den auf die Arbeitsstellensicherung, Gruppe 01, bezogenen Positionen 01.06.0010, 01.06.0040, 01.06.0050, 01.06.0090 und 01.06.0100 auch für den vorliegend relevanten Bereich der bauaffinen Dienstleistungen, Gruppe 02, kalkuliert hat.

Die Antragsgegnerin hatte jedoch spätestens mit der Beantwortung der Bieterfrage 7 klargestellt, dass UV-Sperrungen vorgesehen sind. Mit dieser hätte die Antragstellerin daher kalkulieren müssen. Ein nachtäglicher Übergang zu einem Automatischen Warnsystem dürfte zwar im Bereich des Möglichen gelegen haben, da auch hierdurch die zur Begründung des Übergangs zur durchgehenden Langsamfahrstelle angeführte erhebliche Mehrbelastung der Fahrdienstleiter zu vermeiden gewesen wäre. Gleichwohl hätte vor diesem Hintergrund der nachtägliche Übergang zu einem Automatischen Warnsystem eine Änderung des erteilten öffentlichen Auftrags dargestellt, die dann im Rahmen einer Auftragsanpassung zu kalkulieren gewesen wäre. Es ist nicht Aufgabe des Bieters, mögliche nachträgliche Änderungen des Auftrags vorwegzunehmen und vorsorglich bereits mit einzupreisen.

Nach der eigenen Darstellung der Antragstellerin in der Beschwerdeschrift entfällt drei Viertel der in Bezug auf die Positionen 02.01.0190 und 02.01.0195 kalkulierten Arbeitszeit auf das Automatische Warnsystem. Hinzutreten die Kosten für dessen Aufbau und Vorhaltung. Rechnet man diese Positionen raus, sinkt der Anteil der Positionen 02.01.0190 und 02.01.0195 am Angebotspreis der Antragstellerin drastisch. Die dann noch verbleibenden Beträge, die zudem lediglich entsprechend der Arbeitsreduktion um 90 Prozent zu kürzen sind, unterschreiten die in § 132 Abs. 3 GWB normierten Geringfügigkeitsgrenzen. Hinsichtlich des Kriteriums des Auftrags-charakters gilt auch hier das zuvor Ausgeführte.

ee) Da die nachträgliche Auftragsänderung jedenfalls nach § 132 Abs. 3 GWB ohne erneutes Vergabeverfahren zulässig war, kann dahinstehen, ob es auch an einer wesentlichen Änderung i. S. d. § 132 Abs. 1 GWB fehlt. Soweit die Antragstellerin darauf abstellt, bei Ausschreibung unter der Bedingung einer durchgehenden Langsamfahrstelle hätten sich aufgrund des reduzierten Personalbedarfs auch andere Teilnehmer interessiert, unter anderem die in ihr zusammengeschlossenen Unternehmen jedes für sich, könnte allerdings ohnehin nicht auf den für ein Automatisches Warnsystem in Ansatz gebrachten Mehrbedarf abgestellt werden. Dass auch der bei Annahme einer UV-Sperrung verbleibende Personalbedarf Unternehmen an der Teilnahme gehindert hätte, ist nicht dargetan.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 175 Abs. 2 i.V.m. § 71 GWB. Demnach trägt die Antragstellerin die Kosten ihres unbegründeten Rechtsmittels einschließlich der zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin.

Eine Entscheidung über die notwendigen Auslagen der Beigeladenen ist nicht veranlasst. Ein Beigeladener ist nur dann kostenrechtlich wie der Antragsteller oder Antragsgegner eines Nachprüfungsverfahrens zu behandeln, wenn er die durch die Beiladung begründete Stellung im Beschwerdeverfahren auch nutzt, indem er sich an diesem Verfahren beteiligt. Hierfür bedarf es einer sachlichen Stellungnahme zur sofortigen Beschwerde (BGH, Beschluss vom 26. September 2006, X ZB 14/06, NZBau 2006, 800 Rn. 63). Es bedarf folglich einer aktiven Beteiligung am Verfahren, in deren Rahmen der Beigeladene nicht nur erfolgreich eigene Anträge gestellt, sondern diese begründet oder das Verfahren sonst wesentlich gefördert hat (Senatsbeschluss vom 17. Mai 2004, Verg 12/03, BeckRS 2005, 3569; OLG Celle, Beschluss vom 12. Januar 2012, 13 Verg 9/11, BeckRS 2012, 1456). Es bedarf eines substantiellen eigenen Vorbringens (Krohn in Burgi/Dreher, Beck`scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl. 2017 § 182 Rn. 67). Diesem Erfordernis hat die Beigeladene nicht genügt. Zwar hat sie eigene Anträge gestellt, zu deren Begründung hat sie jedoch lediglich auf den Vortrag der Antragsgegnerin und ihren eigenen erstinstanzlichen Vortrag Bezug genommen. Dies reicht zur Begründung nicht. Es bedarf einer eigenständigen Begründung. Ein bloßer Verweis auf das Vorbringen der Antragsgegnerin oder auf das eigene Vorbringen erster Instanz genügt dem Begründungserfordernis nicht (vgl. zur Berufungsbegründung BGH, NJW 2013, 174 Rn. 10).

Die Entscheidung über die Festsetzung des Werts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 50 Abs. 2 GKG. Demnach beträgt der Gegenstandswert fünf Prozent des Bruttoauftragswerts des Angebots der Antragstellerin (Senatsbeschluss vom 10. Februar 2021, Verg 22/20, BeckRS 2021, 8801 Rn. 56).

Von der Redaktion VergabePrax Heft 5/2024

Von der Redaktion VergabePrax Heft 5/2024

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Inhaltsübersicht

TAG 1

Vormittags

A. Einführung

1. Überblick – vom Bedarf bis zum Vertrag

2. Umfeld von IT-Beschaffungen
2.1. Typische Akteure im Umfeld von IT-Beschaffungen
2.1.1. Auftraggeberseitige Akteure
2.1.2. Auftragnehmerseitige Akteure
2.1.3. Sonstige Stellen
2.2. Strategische und operative Beschaffung

3. Vergaberechtliche Grundlagen
3.1. Vergaberechtliche Grundlagen
3.2. Grundsätze der Vergabe
3.3. Auftragsvergabe oberhalb der EU-Schwellenwerte
3.4. Auftragsvergabe unterhalb der EU-Schwellenwerte

4. Vertragsrechtliche Grundlagen
4.1. Einführung
4.2. Musterverträge der öffentlichen Hand für IT-Beschaffungen
4.3. Vertragsschluss im Vergabeverfahren
4.3.1. Zustandekommen des Vertrages
4.3.2. Vertragsbedingungen der öffentlichen Hand und deren Einbeziehung
4.3.3. Ausführungsbedingungen
4.4. Vertragsdurchführung

TAG 1  

Nachmittags

B. Planung einer Beschaffung

1. Bedarfsermittlung / -feststellung, Risikoanalyse und Zeitplanung
1.1. Bedarfsermittlung und -feststellung
1.2. Risikoanalyse
1.3. Zeitplanung für die Beschaffung

2. Markterkundung und Bedarfsstrukturierung
2.1. Markterkundung
2.1.1. Regelmäßige Markterkundung (Marktbeobachtung)
2.1.2. Anlass- beziehungsweise beschaffungsbezogene Markterkundung
2.1.3. Durchführung von Markterkundungen
2.2. Bedarfsstrukturierung (Leistungsgegenstände, Vertragstypologie)
2.2.1. Leistungsgegenstände
2.2.2. Vertragstypologische Einordnung von Bedarfen

3. Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, Auftragswertschätzung und Klärung der Haushaltsmittel
3.1. Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
3.2. Auftragswertschätzung (Schwellenwerte, Klärung der Haushaltsmittel)
3.2.1. Auftragswert und Auftragswertschätzung
3.2.2. Schwellenwerte
3.3. Klärung der Haushaltsmittel

4. Prüfung alternativer Beschaffungsvarianten
4.1. Rückgriff auf bestehende Verträge
4.1.1. Bestehende Einzelverträge
4.1.2. Bestehende eigene Rahmenvereinbarungen
4.1.3. Bestehende fremde Rahmenvereinbarungen mit Abrufberechtigung
4.1.4. Rahmenvereinbarungen der Bundesverwaltung / Kaufhaus des Bundes (KdB)
4.1.5. Konditionenvereinbarungen ohne Abrufberechtigung
4.2. In-House-Vergabe und öffentlich-öffentliche Kooperationen
4.3. Direktauftrag im Bereich unterhalb der EU-Schwellenwerte

5. Beschaffungskonzeption
5.1. Aspekte der produktspezifischen Beschaffung
5.1.1. Ausnahmefall produktscharfe Ausschreibung (ohne Zusatz „oder gleichwertig“)
5.1.2. Ausnahmefall Produktangabe mit Zusatz „oder gleichwertig“:
5.2. Aspekte im Zusammenhang mit Open Source Software
5.3. Aspekte im Zusammenhang mit dem Gebot der losweisen Vergabe
5.4. Aspekte der Nachhaltigkeit
5.4.1. Nachhaltigkeit bei Ausführungsbedingungen
5.4.2. Nachhaltigkeit bei Leistungsbeschreibung und Vertragsbedingungen
5.4.3. Nachhaltigkeit bei Eignungskriterien
5.4.4. Nachhaltigkeit bei Zuschlagskriterien
5.5. Vorgabe eines Selbstausführungsgebotes
5.6. Aspekte im Zusammenhang mit optionalen Leistungen
5.7. Einbeziehung von Know-how der Anbietermärkte
5.7.1. Einbeziehung von Markt-Know-how durch Nebenangebote
5.7.2. Einbeziehung von Markt-Know-how durch Nutzung von Vergabeverfahrensarten mit Verhandlungsmöglichkeiten
5.7.3. Agile Softwareentwicklung
5.8. Verhandlungsverfahren / Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb
5.8.1. Dringlichkeit
5.8.2. Alleinstellungsmerkmal
5.8.3. Zusätzliche Lieferleistungen des ursprünglichen Auftragnehmers
5.9. Festlegung von Eignungskriterien
5.10. Festlegung von Zuschlagskriterien
5.11. Mitwirkung von Externen und Maßnahmen zum unverfälschten Wettbewerb
5.11.1. Vermeidung von Interessenkonflikten
5.11.2. Mitwirkung an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens (Projektanten)
5.11.3. Erklärung mitwirkender Personen an Vergabeverfahren
5.12. Mögliche Sicherheitsrelevanz des Auftrages

Tag 2

C. Design einer Beschaffung

1. Losbildung
1.1. Angebotslimitierung
1.2. Zuschlagslimitierung
1.3. Wertung der Angebote bei losweiser Ausschreibung

2. Wahl der Verfahrensart mit Zeitplanung
2.1. Vergabeverfahrensarten oberhalb der EU-Schwellenwerte
2.1.1. Offenes Verfahren
2.1.2. Nicht offenes Verfahren
2.1.3. Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb
2.1.4. Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb
2.1.5. Wettbewerblicher Dialog
2.1.6. Innovationspartnerschaft
2.2. Vergabeverfahrensarten unterhalb der EU-Schwellenwerte
2.2.1. Öffentliche Ausschreibung
2.2.2. Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb
2.2.3. Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb
2.2.4. Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb
2.2.5. Zeitplan und Fristen

3. Besondere Methoden und Instrumente
3.1. Rahmenvereinbarungen
3.1.1. Grundsätzliches zu Rahmenvereinbarungen
3.1.2. Empfehlung zum Abschluss von IT-Rahmenvereinbarungen
3.1.3. Arten von Rahmenvereinbarungen
3.1.4. Voraussetzungen und Varianten der Vergabe von Einzelaufträgen
3.1.5. Vorgehen bei der Vergabe von Rahmenvereinbarungen
3.1.6. Hinweise zum Missbrauchsverbot
3.2. Dynamisches Beschaffungssystem
3.2.1. Definition und Kurzbeschreibung
3.2.2. Grundsätze des Betriebs dynamischer Beschaffungssysteme
3.2.3. Betrieb dynamischer Beschaffungssysteme
3.2.4. Fristen beim Betrieb dynamischer Beschaffungssysteme
3.3. Elektronische Auktion
3.3.1. Definition und Kurzbeschreibung
3.3.2. Grundsätze für die Durchführung elektronischer Auktionen
3.3.3. Durchführung elektronischer Auktionen
3.3.4. Fristen bei der Durchführung elektronischer Auktionen
3.4. Elektronischer Katalog
3.4.1. Definition und Kurzbeschreibung
3.4.2. Verwendung von elektronischen Katalogen

4. Erstellung der Vergabeunterlagen
4.1. Struktur und Übersicht der Vergabeunterlagen
4.2. Verfahrensunterlagen
4.2.1. Anschreiben
4.2.2. Bewerbungsbedingungen
4.2.3. Eignungsbewertungsmatrix und Eignungskriterien
4.2.4. Leistungsbewertungsmatrix und Zuschlagskriterien
4.3. Vertragsunterlagen
4.3.1. Leistungsbeschreibung
4.3.2. Kriterienkatalog
4.3.3. Vertragsbedingungen (Vertrag)
4.3.4. Angebotsschreiben
4.3.5. Preisblatt
4.4. Formblätter
4.5. Erstellung der Auftragsbekanntmachung
4.5.1. Auftragsbekanntmachung im Bereich oberhalb der EU-Schwellenwerte
4.5.2. Auftragsbekanntmachung im Bereich unterhalb der EU-Schwellenwerte

5. Verfahrensdokumentation und Entscheidung zur Durchführung des Vergabeverfahrens
5.1. Freigabe von Vergabeunterlagen und Auftragsbekanntmachung
5.2. Verfahrensdokumentation und Vergabevermerk

Tag 3

D. Durchführung des Vergabeverfahrens

1. Offenes Verfahren
1.1. Einleitungsphase
1.1.1. Bekanntmachung
1.1.2. Bereitstellung der Vergabeunterlagen
1.2. Angebotsphase
1.2.1. Behandlung der Bieterfragen
1.2.2. Behandlung und Öffnung der Angebote
1.3. Prüfung und Wertung der Angebote
1.3.1. Formale Prüfung der Angebote
1.3.2. Eignungsprüfung
1.3.3. Prüfung der Angemessenheit des Preises
1.3.4. Feststellung des wirtschaftlichsten Angebotes / Leistungsbewertung
1.4. Zuschlagsphase
1.4.1. Zuschlagsentscheidung beziehungsweise Verfahrensaufhebung
1.4.2. Abfrage beim Gewerbezentralregister
1.4.3. Information der nicht berücksichtigten Bieter
1.4.4. Zuschlagserteilung und Vertragsschluss
1.4.5. Bekanntmachungspflichten sowie Verfahrensabschluss

2. Nicht offenes Verfahren
2.1. Einleitungsphase
2.1.1. Bekanntmachung
2.1.2. Bereitstellung der Vergabeunterlagen
2.2. Bewerbungsphase
2.2.1. Behandlung der Bewerberfragen
2.2.2. Behandlung und Öffnung der Teilnahmeanträge
2.3. Prüfung und Wertung der Teilnahmeanträge
2.3.1. Prüfung der Teilnahmeanträge / Eignungsprüfung
2.3.2. Auswahl der Bewerber
2.4. Angebotsphase
2.4.1. Aufforderung zur Angebotsabgabe
2.4.2. Behandlung der Bieterfragen
2.4.3. Behandlung und Öffnung der Angebote
2.5. Prüfung und Wertung der Angebote
2.5.1. Formale Prüfung der Angebote
2.5.2. Prüfung der Angemessenheit des Preises
2.5.3. Feststellung des wirtschaftlichsten Angebotes / Leistungsbewertung
2.6. Zuschlagsphase
2.6.1. Zuschlagsentscheidung beziehungsweise Verfahrensaufhebung
2.6.2. Abfrage beim Gewerbezentralregister
2.6.3. Information der nicht berücksichtigten Bieter
2.6.4. Zuschlagserteilung und Vertragsschluss
2.6.5. Bekanntmachungspflichten sowie Verfahrensabschluss

3. Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb
3.1. Einleitungsphase
3.1.1. Bekanntmachung
3.1.2. Bereitstellung der Vergabeunterlagen
3.2. Bewerbungsphase
3.2.1. Behandlung der Bewerberfragen
3.2.2. Behandlung und Öffnung der Teilnahmeanträge
3.3. Prüfung und Wertung Teilnahmeanträge
3.3.1. Prüfung der Teilnahmeanträge / Eignungsprüfung
3.3.2. Auswahl der Bewerber
3.4. Angebotsphase
3.4.1. Aufforderung zur Angebotsabgabe
3.4.2. Behandlung der Bieterfragen
3.4.3. Behandlung und Öffnung der Erstangebote
3.5. Prüfung und Wertung der Angebote und Verhandlungen
3.5.1. Prüfung und Wertung der Erstangebote
3.5.2. Verhandlungen
3.5.3. Aufforderung zu Folgeangeboten und zum endgültigen Angebot
3.5.4. Behandlung der Bieterfragen
3.5.5. Behandlung und Öffnung der Folgeangebote und der endgültigen Angebote
3.5.6. Prüfung und Wertung der Folgeangebote und der endgültigen Angebote
3.6. Zuschlagsphase
3.6.1. Zuschlagsentscheidung beziehungsweise Verfahrensaufhebung
3.6.2. Abfrage beim Gewerbezentralregister
3.6.3. Information der nicht berücksichtigten Bieter
3.6.4. Zuschlagserteilung und Vertragsschluss
3.6.5. Bekanntmachungspflichten sowie Verfahrensabschluss

4. Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb
4.1. Einleitungsphase
4.1.1. Auswahl der geeigneten Bieter
4.1.2. Aufforderung zur Angebotsabgabe mit der Bereitstellung der Vergabeunterlagen
4.2. Angebotsphase
4.2.1. Behandlung der Bieterfragen
4.2.2. Behandlung und Öffnung der Erstangebote
4.3. Prüfung und Wertung der Angebote und Verhandlungen
4.3.1. Prüfung und Wertung der Erstangebote
4.3.2. Verhandlungen
4.3.3. Aufforderung zu Folgeangeboten und zum endgültigen Angebot
4.3.4. Behandlung der Bieterfragen
4.3.5. Behandlung und Öffnung der Folgeangebote und der endgültigen Angebote
4.3.6. Prüfung und Wertung der Folgeangebote und der endgültigen Angebote
4.4. Zuschlagsphase
4.4.1. Zuschlagsentscheidung beziehungsweise Verfahrensaufhebung
4.4.2. Abfrage beim Gewerbezentralregister
4.4.3. Information der nicht berücksichtigten Bieter
4.4.4. Zuschlagserteilung und Vertragsschluss
4.4.5. Bekanntmachungspflichten sowie Verfahrensabschluss

5. Wettbewerblicher Dialog
5.1. Einleitungsphase
5.1.1. Bekanntmachung
5.1.2. Bereitstellung der Vergabeunterlagen
5.2. Bewerbungsphase
5.2.1. Behandlung der Bewerberfragen
5.2.2. Behandlung und Öffnung der Teilnahmeanträge
5.3. Prüfung und Wertung der Teilnahmeanträge
5.3.1. Prüfung der Teilnahmeanträge / Eignungsprüfung
5.3.2. Auswahl der Bewerber
5.4. Dialogphase
5.4.1. Eröffnung des Dialoges
5.4.2. Dialoge / Erörterungen der Lösungen
5.5. Angebotsphase
5.5.1. Aufforderung zum endgültigen Angebot
5.5.2. Behandlung der Bieterfragen
5.5.3. Behandlung und Öffnung der endgültigen Angebote
5.6. Prüfung und Wertung der Angebote
5.6.1. Formale Prüfung der endgültigen Angebote
5.6.2. Prüfung der Angemessenheit des Preises
5.6.3. Feststellung des wirtschaftlichsten Angebotes / Leistungsbewertung
5.7. Zuschlagsphase
5.7.1. Zuschlagsentscheidung beziehungsweise Verfahrensaufhebung
5.7.2. Abfrage beim Gewerbezentralregister
5.7.3. Information der nicht berücksichtigten Bieter
5.7.4. Zuschlagserteilung und Vertragsschluss
5.7.5. Bekanntmachungspflichten sowie Verfahrensabschluss

6. Innovationspartnerschaft
6.1. Einleitungsphase
6.1.1. Bekanntmachung
6.1.2. Bereitstellung der Vergabeunterlagen
6.2. Bewerbungsphase
6.2.1. Behandlung der Bewerberfragen
6.2.2. Behandlung und Öffnung der Teilnahmeanträge
6.3. Prüfung und Wertung der Teilnahmeanträge
6.3.1. Prüfung der Teilnahmeanträge / Eignungsprüfung
6.3.2. Auswahl der Bewerber
6.4. Angebotsphase
6.4.1. Aufforderung zur Angebotsabgabe
6.4.2. Behandlung der Bieterfragen
6.4.3. Behandlung und Öffnung der Erstangebote
6.5. Prüfung und Wertung der Angebote und Verhandlungen
6.5.1. Prüfung und Wertung der Erstangebote
6.5.2. Verhandlungen
6.5.3. Aufforderung zu Folgeangeboten und zum endgültigen Angebot
6.5.4. Behandlung der Bieterfragen
6.5.5. Behandlung und Öffnung der Folgeangebote und der endgültigen Angebote
6.5.6. Prüfung und Wertung der Folgeangebote und der endgültigen Angebote
6.6. Zuschlagsphase
6.6.1. Zuschlagsentscheidung beziehungsweise Verfahrensaufhebung
6.6.2. Abfrage beim Gewerbezentralregister
6.6.3. Information der nicht berücksichtigten Bieter
6.6.4. Zuschlagserteilung und Vertragsschluss
6.6.5. Bekanntmachungspflichten sowie Verfahrensabschluss
6.7. Forschungs- und Entwicklungsphase
6.8. Leistungsphase

7. Öffentliche Ausschreibung
7.1. Einleitungsphase
7.1.1. Bekanntmachung
7.1.2. Bereitstellung der Vergabeunterlagen
7.2. Angebotsphase
7.2.1. Behandlung der Bieterfragen
7.2.2. Behandlung und Öffnung der Angebote
7.3. Prüfung und Wertung der Angebote
7.3.1. Formale Prüfung der Angebote
7.3.2. Eignungsprüfung
7.3.3. Prüfung der Angemessenheit des Preises
7.3.4. Feststellung des wirtschaftlichsten Angebotes / Leistungsbewertung
7.4. Zuschlagsphase
7.4.1. Zuschlagsentscheidung beziehungsweise Verfahrensaufhebung
7.4.2. Abfrage beim Gewerbezentralregister
7.4.3. Information der nicht berücksichtigten Bieter
7.4.4. Zuschlagserteilung und Vertragsschluss
7.4.5. Bekanntmachungspflichten sowie Verfahrensabschluss

8. Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb
8.1. Einleitungsphase
8.1.1. Bekanntmachung
8.1.2. Bereitstellung der Vergabeunterlagen
8.2. Bewerbungsphase
8.2.1. Behandlung der Bewerberfragen
8.2.2. Behandlung und Öffnung der Teilnahmeanträge
8.3. Prüfung und Wertung der Teilnahmeanträge
8.3.1. Prüfung der Teilnahmeanträge / Eignungsprüfung
8.3.2. Auswahl der Bewerber
8.4. Angebotsphase
8.4.1. Aufforderung zur Angebotsabgabe
8.4.2. Behandlung der Bieterfragen
8.4.3. Behandlung und Öffnung der Angebote
8.5. Prüfung und Wertung der Angebote
8.5.1. Formale Prüfung der Angebote
8.5.2. Prüfung der Angemessenheit des Preises
8.5.3. Feststellung des wirtschaftlichsten Angebotes / Leistungsbewertung
8.6. Zuschlagsphase
8.6.1. Zuschlagsentscheidung beziehungsweise Verfahrensaufhebung
8.6.2. Abfrage beim Gewerbezentralregister
8.6.3. Information der nicht berücksichtigten Bieter
8.6.4. Zuschlagserteilung und Vertragsschluss
8.6.5. Bekanntmachungspflichten sowie Verfahrensabschluss

9. Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb
9.1. Einleitungsphase
9.1.1. Auswahl der geeigneten Bieter
9.1.2. Aufforderung zur Angebotsabgabe mit der Bereitstellung der Vergabeunterlagen
9.2. Angebotsphase
9.2.1. Behandlung der Bieterfragen
9.2.2. Behandlung und Öffnung der Angebote
9.3. Prüfung und Wertung der Angebote
9.3.1. Formale Prüfung der Angebote
9.3.2. Prüfung der Angemessenheit des Preises
9.3.3. Feststellung des wirtschaftlichsten Angebotes / Leistungsbewertung
9.4. Zuschlagsphase
9.4.1. Zuschlagsentscheidung beziehungsweise Verfahrensaufhebung
9.4.2. Abfrage beim Gewerbezentralregister
9.4.3. Information der nicht berücksichtigten Bieter
9.4.4. Zuschlagserteilung und Vertragsschluss
9.4.5. Bekanntmachungspflichten sowie Verfahrensabschluss

10. Verhandlungsvergabe mit Teilnahmewettbewerb
10.1. Einleitungsphase
10.1.1. Bekanntmachung
10.1.2. Bereitstellung der Vergabeunterlagen
10.2. Bewerbungsphase
10.2.1. Behandlung der Bewerberfragen
10.2.2. Behandlung und Öffnung der Teilnahmeanträge
10.3. Prüfung und Wertung der Teilnahmeanträge
10.3.1. Prüfung der Teilnahmeanträge / Eignungsprüfung
10.3.2. Auswahl der Bewerber
10.4. Angebotsphase
10.4.1. Aufforderung zur Angebotsabgabe
10.4.2. Behandlung der Bieterfragen
10.4.3. Behandlung und Öffnung der Erstangebote
10.5. Prüfung und Wertung der Angebote und Verhandlungen
10.5.1. Prüfung und Wertung der Erstangebote
10.5.2. Verhandlungen
10.5.3. Aufforderung zu Folgeangeboten und zum endgültigen Angebot
10.5.4. Behandlung der Bieterfragen
10.5.5. Behandlung und Öffnung der Folgeangebote und der endgültigen Angebote
10.5.6. Prüfung und Wertung der Folgeangebote und der endgültigen Angebote
10.6. Zuschlagsphase
10.6.1. Zuschlagsentscheidung beziehungsweise Verfahrensaufhebung
10.6.2. Abfrage beim Gewerbezentralregister
10.6.3. Information der nicht berücksichtigten Bieter
10.6.4. Zuschlagserteilung und Vertragsschluss
10.6.5. Bekanntmachungspflichten sowie Verfahrensabschluss

11. Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb
11.1. Einleitungsphase
11.1.1. Auswahl der geeigneten Bieter
11.1.2. Aufforderung zur Angebotsabgabe mit der Übersendung der Vergabeunterlagen
11.2. Angebotsphase
11.2.1. Behandlung der Bieterfragen
11.2.2. Behandlung und Öffnung der Erstangebote
11.3. Prüfung und Wertung der Angebote und Verhandlungen
11.3.1. Prüfung und Wertung der Erstangebote
11.3.2. Verhandlungen
11.3.3. Aufforderung zu Folgeangeboten und zum endgültigen Angebot
11.3.4. Behandlung der Bieterfragen
11.3.5. Behandlung und Öffnung der Folgeangebote und der endgültigen Angebote
11.3.6. Prüfung und Wertung der Folgeangebote und der endgültigen Angebote
11.4. Zuschlagsphase
11.4.1. Zuschlagsentscheidung beziehungsweise Verfahrensaufhebung
11.4.2. Abfrage beim Gewerbezentralregister
11.4.3. Information der nicht berücksichtigten Bieter
11.4.4. Zuschlagserteilung und Vertragsschluss
11.4.5. Bekanntmachungspflichten sowie Verfahrensabschluss

Tag 4

E. Vertiefung zu ausgewählten Themen

1. Zentrale Beschaffungsstellen

2. Mitwirkung von Externen
2.1. Vermeidung von Interessenkonflikten
2.2. Projektantenproblematik

3. Hauptangebote, Optionen sowie Nebenangebote
3.1. Abgrenzung
3.2. Hauptangebot
3.2.1. Zulässigkeit der Abgabe mehrerer Hauptangebote von einem Bieter
3.2.2. Praxisbeispiel für mehrere Hauptangebote
3.3. Optionen
3.4. Nebenangebote

4. Kriterienkatalog, Bewertungsmethoden und Bewertungsmatrizen
4.1. Kriterienkatalog
4.1.1. Kriterienklassifizierung
4.1.2. Kriteriengruppierung
4.1.3. Beispiel konkret strukturierter Kriterienkatalog (mit Klassifizierung und Gruppierung)
4.2. Bewertungsmethoden
4.2.1. Vergaberechtlicher Rahmen für die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots
4.2.2. Reine Preiswertung (vormals: „Vereinfachte Leistungs- / Preismethode“)
4.2.3. Einfache Richtwertmethode
4.2.4. Erweiterte Richtwertmethode
4.2.5. Gegenüberstellung der Bewertungsmethoden
4.3. Leistungsbewertungsmatrix
4.3.1. Kriterienkatalog als Grundlage der Leistungsbewertungsmatrix
4.3.2. Festlegung von Gewichtungspunkten für B-Kriterien
4.3.3. Festlegung von Bewertungsmaßstäben und Bewertungspunkten für B-Kriterien
4.4. Eignungsbewertungsmatrix
4.5. Transparenz und Dokumentation

5. Preisgestaltung
5.1. Einführung
5.1.1. Angebotspreis
5.1.2. Wertungspreis
5.1.3. Vertragspreisregelungen
5.1.4. Berücksichtigung von Kosten
5.2. Vorgaben des Auftraggebers zum Preis in den Vergabeunterlagen
5.2.1. Grundprinzipien
5.2.2. Behandlung von Nettopreisen und Bruttopreisen
5.2.3. Festpreise und Preise nach Aufwand
5.2.4. Einzel- beziehungsweise Stückpreise und Gesamtpreise
5.2.5. Preise für Optionen
5.2.6. Staffelpreise
5.2.7. Berücksichtigung von Skonti
5.2.8. Handhabung von Reisekosten
5.3. Preisverordnung
5.4. Sonstige Gestaltungsmöglichkeiten für Preismodelle
5.5. Feststellung des Angebotspreises
5.5.1. Formale Prüfung
5.5.2. Preisfeststellung
5.5.3. Berücksichtigung von Folgekosten
5.6. Preisvorbehalte
5.7. Preisfindungs- und Preisanpassungsklauseln

6. Bewerber- und Bieterkonstellationen
6.1. Kurze Einführung
6.2. Überblick zu Bewerber- und Bieterkonstellationen
6.3. Besonderheit der Eignungsleihe
6.4. Konstellation mit Einbindung von Unterauftragnehmern
6.4.1. Grundlagen zu Unterauftragnehmern
6.4.2. Regeln zur Einbindung von Unterauftragnehmern ohne Eignungsleihe
6.4.3. Ausführungsbedingungen und Mitteilungspflichten bezüglich Unterauftragnehmern
6.4.4. Regeln zur Einbindung von Unterauftragnehmern mit Eignungsleihe
6.4.5. Spezielle Haftungsregelungen aufgrund der Eignungsleihe
6.5. Konstellation Bewerber- beziehungsweise Bietergemeinschaft
6.5.1. Grundlagen zur Bewerber- beziehungsweise Bietergemeinschaft
6.5.2. Bewerber- beziehungsweise Bietergemeinschaften als Teilnehmer an
Vergabeverfahren
6.5.3. Spezielle Haftungsregelungen aufgrund einer Eignungsleihe
6.6. Festlegungen in der Auftragsbekanntmachung beziehungsweise den
Vergabeunterlagen im Überblick
6.7. Eignungsprüfung bei gemeinschaftlichen Bietern
6.7.1. Eignungsprüfung bei der Einbindung von Unterauftragnehmern beziehungsweise
bei der Eignungsleihe
6.7.2. Eignungsprüfung bei Bewerber- beziehungsweise Bietergemeinschaften

7. Nachforderungen  
7.1. Einführung
7.2. Nachforderungsfähige Unterlagen
7.3. Differenzierung nachzufordernder Unterlagen nach Eignung und Leistung
7.4. Nachforderung unternehmensbezogener Unterlagen
7.5. Nachforderung leistungsbezogener Unterlagen 
7.6. Nachforderung von Preisangaben
7.7. Umfang der Nachforderung
7.8. Nachforderung mit Fristsetzung
7.9. Adressaten der Nachforderung
7.10. Entscheidung über die Nachforderung
7.11. Abgrenzungsfragen
7.12. Keine Möglichkeit der Nachforderung

8. Beispielhafter Ablauf einer Verhandlungsrunde
8.1. Vorbereitung der Verhandlungsrunde
8.2. Durchführung der Verhandlungsrunde
8.3. Nachbereitung der Verhandlungsrunde

9. Dokumentation und Vergabevermerk
9.1. Dokumentation im weiteren Sinne
9.2. Vergabevermerk und dessen Inhalt
9.3. Vergaberechtliche Aufbewahrungspflichten und Vorlagepflichten
9.4. Dokumentation und Wahrung der Vertraulichkeit
9.5. Weitergehende Zwecke ordnungsgemäßer Dokumentation

Tag 5

Vormittags

F. Vertragsdurchführung

1. Einzelabrufe aus Rahmenvereinbarungen
1.1. Einzelabrufe aus Rahmenvereinbarungen ohne erneutes Vergabeverfahren
1.1.1. Rahmenvereinbarungen mit einem Unternehmen
1.1.2. Rahmenvereinbarungen mit mehreren Unternehmen bei Vergabe nach fester Verteilregel
1.1.3. Rahmenvereinbarungen mit mehreren Unternehmen mit Wahlmöglichkeit
1.2. Miniwettbewerbe bei Rahmenvereinbarungen
1.2.1. Rahmenvereinbarungen mit mehreren Unternehmen mit Vergabe durch Miniwettbewerb
1.2.2. Rahmenvereinbarungen mit mehreren Unternehmen mit Wahlmöglichkeit

2. Vertragsänderungen während der Vertragsdurchführung
2.1. Erfordernis neuen Vergabeverfahrens bei Vertragsänderung nach § 132 GWB
2.1.1. Vertragsänderung ohne neues Vergabeverfahren nach § 132 Abs. 2 GWB
2.1.2. Vertragsänderung ohne neues Vergabeverfahren nach § 132 Abs. 3 GWB
2.1.3. Vertragsänderung ohne neues Vergabeverfahren nach § 132 Abs. 1 GWB
2.2. Bekanntmachungspflicht bei Vertragsänderungen nach § 132 GWB
2.3. Direktvergabe (Verhandlungsverfahren / Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb)
2.4. Durchführung eines Vergabeverfahrens über die Vertragsänderung

Tag 5

Nachmittags

Erarbeitung/ Vorstellung Checklisten

1. Checkliste: Bedarfsermittlung
2. Checkliste: Beschaffungskonzeption
3. Checkliste: Eignungskriterien
4. Checkliste: Zuschlagskriterien
5. Checkliste: Vertragsgestaltung
6. Checkliste: Zuschlag und Abschluss des Vergabeverfahrens

An wen richtet sich diese Intensivschulung?
Die Intensivschulung richtet sich an Führungskräfte, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen,
Sachbearbeiter und -innen aus Vergabestellen sowie aus betroffenen Fachabteilungen, wie
beispielsweise aus den Bereichen:
– Zentrale Vergabestelle
– Beschaffung
– Einkauf
– Lieferantenmanagement
– Materialwirtschaft
– Bau- und Liegenschaftsmanagement
– IT, IT-Management und IT-Controlling
– Finanzen, Controlling
– Kämmerei
– Interne Revision
– Organisation und zentrale Dienste

Für wen sind die Inhalte der Intensivschulung relevant?

Die Inhalte der Intensivschulung sind relevant für öffentliche Institutionen und öffentlichen Unternehmen wie:
Städte, Landkreise, Kommunen und Verbandsgemeinden, Ministerien auf Bundes- und Landesebene,
Nachgeordnete Behörden und Betriebe von Bund und Ländern, Unternehmen der öffentlichen Hand
und Betriebe gewerblicher Art (BgA), Gemeinnützige und kirchliche Einrichtungen, Religions- und
Weltanschauungsgemeinschaften, Universitäten, Fachhochschulen sowie Forschungseinrichtungen,
Vergabeprüfstellen, Landesförderbanken.

 Termine

Im Oktober/ November 2024

Veranstaltungsort
AxAkademie Veranstaltungszentrum Neckargemünd

 Teilnahmegebühr

3099,- Euro zzgl. MwSt. pro Person
Die Teilnahmegebühr beinhaltet
– Intensivschulungsunterlagen (ausgedruckt und digital)
– Verpflegung
– Teilnahmezertifikat

Anmeldung
Haben Sie Fragen zur Anmeldung oder zu Reservierungen und Buchungen?

Schreiben Sie einfach eine Email an die AxAkademie.

Anforderungen an die Dokumentation interner Beratungen

Anforderungen an die Dokumentation interner Beratungen

von Thomas Ax

Von § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 VgV sind auch interne Beratungen über die Gründe für die Auswahlentscheidung und die Zuschlagserteilung gehandelt hat. Die Dokumentation muss alle Informationen enthalten, die notwendig sind, um die Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers nachvollziehen zu können (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 27.10.2022 – 54 Verg 7/22; vgl. Fett in: BeckOK Vergaberecht, Stand 31.01.2023, § 8 VgV, Rn. 19). Hierfür muss ein öffentlicher Auftraggeber seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, ob der öffentliche Auftraggeber den Sachverhalt umfassend ermittelt hat, welche Aspekte er letztlich bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat, welches Gewicht er ihnen zugemessen hat und was seine tragenden Argumente für die Entscheidung waren. Diese vom BGH im Beschluss vom 04.04.2017 (Az.: X ZB 3/17) für die Dokumentation der Wertungsentscheidung entwickelten Grundsätze sind auch auf andere dokumentationspflichtige Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers anwendbar.