Ax Rechtsanwälte

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Fachgruppe Strafrecht und Vergaberecht

I

Aus einer unterbliebenen Ausschreibung kann sich die Nichtigkeit des geschlossenen Vertrags ergeben:

Vereinbarungen, die unter gemeinsamer, kollusiver Missachtung der nach dem Vergaberecht erforderlichen EU-weiten Ausschreibung abgeschlossen werden, sind nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig.

Ein solches kollusives Handeln führt nach § 817 Abs. 2 BGB für beide Seiten der nichtigen Vereinbarung zum Verlust von bereicherungsrechtlichen Ansprüchen.

Auftragnehmer müssen grundsätzlich nicht prüfen, ob Auftraggeber das Vergaberecht beachten. Anders liegt es, wenn der Auftragnehmer weiß, dass der Auftrag ausgeschrieben werden müsste und sich beide Seiten über diese Kenntnis im Zusammenwirken hinwegsetzen.

Ob die Vergaberechtsvorschriften ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB darstellen, ist umstritten, wird aber wohl überwiegend verneint (verneinend: KG Berlin, Beschluss vom 19. April 2012 – Verg 7/11 -, juris Rn. 89 m. w. N.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03. Dezember 2003 – VII-Verg 37/03 – NJW 2004, 1331 ff., juris Rn. 26; von Gehlen, NZBau 2005, 503, 505; bejahend: Heuvels, Kaiser, NZBau 2001, 479, 480; offen lassend: KG Berlin, Beschluss vom 11. November 2004 – 2 Verg 16/04 – NZBau 2005, 538, juris Rn. 38).

Gegen die Einordnung der §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 GWB als Verbotsgesetz spricht bereits, dass der Gesetzgeber in § 115 Abs. 1 GWB das gesetzliche Verbot der Zuschlagserteilung an die Voraussetzung geknüpft hat, dass wegen des Beschaffungsvorhabens ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet und dem öffentlichen Auftraggeber der Nachprüfungsantrag zugestellt worden ist. Hieraus folgt, dass allein die Missachtung der Vergaberegeln nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zu einem Zuschlagsverbot führt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03. Dezember 2003 – VII-Verg 37/03 -, juris Rn. 26; von Gehlen, NZBau 2005, 503, 505). Belegt wird dies auch durch die in dem durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009 eingeführten, hier noch nicht anwendbaren § 101b GWB zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers, wonach ein unter Verstoß gegen Vergaberechtsvorschriften erteilter Zuschlag nur dann unwirksam ist, wenn innerhalb einer bestimmten Frist ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet wird. Sonst bleibt es trotz Verstoßes gegen Vergaberechtsvorschriften bei der Wirksamkeit des Zuschlags.

Die unter Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften zu Stande gekommenen Verträge sind jedoch wegen eines kollusiven Zusammenwirkens bei der Vergabe gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig.

Ein ohne Durchführung eines rechtlich gebotenen Vergabeverfahrens erteilter Auftrag (defacto-Vergabe) verstößt dann gegen § 138 Absatz 1 BGB, wenn der öffentliche Auftraggeber in bewusster Missachtung des Vergaberechts handelt und er überdies mit dem Auftragnehmer kollusiv zusammenwirkt (Wagner/Steinkemper, BB 2004, 1577, 1583; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03. Dezember 2003 – VII-Verg 37/03 -, juris Rn. 37). Da sich § 138 BGB jedoch in erster Linie auf das – hier nicht zu beanstandende – Rechtsgeschäft und nicht auf das Handeln der Beteiligten oder die Umstände beim Abschluss des Rechtsgeschäfts bezieht, können die Umstände nur dann zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führen, wenn sie diesem trotz indifferenten Inhalts ein sittenwidriges Gesamtgepräge geben (BGH, Urteil vom 17. 10. 2003 – V ZR 429/02 – NJW 2003, 3692, 3693).

Der Anwendbarkeit des § 138 BGB steht auch nicht entgegen, dass mit der am 24. April 2009 in Kraft getretenen Vorschrift des § 101 b GWB eine Regelung getroffen wurde, die lediglich eine relative Unwirksamkeit einer de-facto-Vergabe für den Fall vorsieht, dass sie innerhalb einer bestimmten Frist, längstens 6 Monate nach Vertragsschluss, in einem Nachprüfungsverfahren geltend gemacht wird (§ 101 b Abs. 2 GWB), der Vertrag nach Fristablauf aber wirksam ist. Denn die Wertung eines auf einer de-facto-Vergabe beruhenden Vertrages als sittenwidrig setzt das Vorliegen weiterer besonderer Umstände voraus, die von der Regelung in § 101 b GWB nicht erfasst werden (Dreher in Dreher/Motzke, Beckscher VergRKommentar, 2. Aufl. 2013 § 101b GWB Rn. 64; Willenbruch/Wieddekind, VergR, 3. Aufl. 2014, § 101b GWB Rn. 19 ff.; Glahs in Reidt/Stickler/Glahs, VergabeR, 3. Aufl. 2011, § 101b GWB Rn. 23; Dreher in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2014, § 101 b GWB Rn. 78).

Ein Rechtsgeschäft ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist. Hierbei ist weder das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit noch eine Schädigungsabsicht erforderlich, es genügt vielmehr, wenn der Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen die Sittenwidrigkeit folgt; dem steht es gleich, wenn sich jemand bewusst oder grob fahrlässig der Kenntnis erheblicher Tatsachen verschließt. Zu berücksichtigen ist nicht nur der objektive Gehalt des Geschäftes, sondern es sind auch die Umstände, die zu seiner Vornahme geführt haben, sowie die Absicht und die Motive der Parteien in die Würdigung einzubeziehen (BGH, Urteil vom 29. Juni 2005 – VIII ZR 299/04 – NJW 2005, 2991 ff., juris Rn. 19 m. w. N.). Dabei können sittenwidrig auch Geschäfte sein, durch die Dritte gefährdet oder geschädigt werden oder die im krassen Widerspruch zum Gemeinwohl stehen. Voraussetzung dafür ist dann aber, dass alle an dem Geschäft Beteiligten sittenwidrig handeln, also die Tatsachen, die die Sittenwidrigkeit begründen, kennen oder sich zumindest ihrer Kenntnis grob fahrlässig verschließen. Die Sittenwidrigkeit kann sich auch aus den Begleitumständen des Geschäfts, insbesondere den zu Grunde liegenden Motiven und den verfolgten Zwecken ergeben (BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 – VIII ZR 129/04 – NJW 2005, 1490 f., juris Rn. 7 m. w. N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist ein unter Außerachtlassung von Vergabevorschriften zum Nachteil potentieller anderer Bieter, die deshalb keine Möglichkeit haben, sich im Rahmen eines fairen Wettbewerbs um den Zuschlag zu bemühen, geschlossener Vertrag nach § 138 Absatz 1 BGB nichtig, wenn der öffentliche Auftraggeber in bewusster Missachtung des Vergaberechts handelt und der Vertragspartner hiervon Kenntnis hat (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. 12. 2003 – Verg 37/03 – NJW 2004, 1331, 1334; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22. April 2010 – Verg W 5/10 -, juris Rn. 46; OLG Celle, Beschluss vom 25. August 2005 – 13 Verg 8/05 – ZfBR 2005, 719 f., juris Rn. 21; KG Berlin, Beschluss vom 11. November 2004 – 2 Verg 16/04 – NZBau 2005, 538 ff., juris Rn. 39; OLG Karlsruhe, Urteil vom 06. Februar 2007 – 17 Verg 7/06 – NZBau 2007, 395 ff., juris Rn. 90). Die Frage, ob der Inhalt der Verträge den Rahmen des Üblichen verlassen hat und daher sittenwidrig ist, spielt daneben keine Rolle, weil die Umstände ihres Zustandekommens, das bewusste und gewollte Hinwegsetzen über vergaberechtliche gesetzliche Regelungen zum Nachteil potentieller Bieter und der Allgemeinheit, die ein Interesse an einem fairen Wettbewerb hat, das Urteil der Sittenwidrigkeit rechtfertigen.

Das Vergaberecht zielt nämlich nicht nur darauf ab, der öffentlichen Hand einen möglichst kostengünstigen Einkauf zu sichern. Es schützt auch – und nicht von minderer Bedeutung – die allgemeine Rechts- und Werteordnung im Sinne von Korruptionsprävention, Öffnung bzw. Erhalt eines freien Marktzugangs und Wettbewerbsschutz durch Herstellung und Bewahrung einer wettbewerblichen Beschaffungsordnung sowie die damit verbundenen subjektiven Rechte Dritter, insbesondere anderer Marktteilnehmer. Der mit der Herstellung eines Marktes durch die öffentliche Bekanntmachung bewirkte Interessenausgleich besitzt in einer marktwirtschaftlichen Ordnung eine wesentliche Allgemeinwohlfunktion und genießt damit als objektives Rechtsgut den Schutz der demokratischen Rechtsordnung (rechtsstaatliche Funktion). Indem die gesetzlichen Beschaffungsregeln für den Einzelnen auch justitiabel sind, haben sie zudem freiheits- und grundrechtssichernde Funktion. Flankiert werden diese Regelungszwecke durch umfassende Transparenzanforderungen im Sinne von Informations-, Dokumentations- und Mitteilungspflichten (OLG Brandenburg, Urt. v. 16.12.2015 – 4 U 77/14 – NZBau 2016, 184, 188 Tz. 48 m. w. N.).

OLG Saarbrücken, Urteil vom 17.08.2016, 1 U 159 / 14

II

Wenn Ausschreibungen pflichtwidrig unterbleiben ergeben sich auch strafrechtliche Folgen:

Zu erwähnen ist zunächst § 298 Strafgesetzbuch (StGB), der wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen unter Strafe stellt (Ziffer 1.1). Auch weitere Strafnormen, wie Betrug oder Untreue (Ziffer 1.2), können relevant werden.

1.1. Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen

In Betracht kommt zunächst eine Strafbarkeit wegen wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen gemäß § 298 Abs. 1 StGB. Diese Strafrechtsnorm hat folgenden Wortlaut: „(1) Wer bei einer Ausschreibung über Waren oder Dienstleistungen ein Angebot abgibt, das auf einer rechtswidrigen Absprache beruht, die darauf abzielt, den Veranstalter zur Annahme eines bestimmten Angebots zu veranlassen, wird mit Freiheitstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Ausschreibung im Sinne des Absatzes 1 steht die freihändige Vergabe eines Auftrages nach vorausgegangenem Teilnahmewettbewerb gleich. (3) Nach Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 2, wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, dass der Veranstalter das Angebot annimmt oder dieser seine Leistung erbringt. Wird ohne Zutun des Täters das Angebot nicht angenommen oder die Leistung des Veranstalters nicht erbracht, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Annahme des Angebots oder das Erbringen der Leistung zu verhindern.“ Strafrechtlich relevant können auch solche Absprachen sein, die gegen das Kartellrecht verstoßen. Darunter fallen insbesondere Absprachen, die gegen das Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und die kartellrechtlichen Normen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verstoßen. Erfasst werden sowohl horizontale Absprachen (Absprachen zwischen den Bietern) als auch vertikale Absprachen (Absprachen zwischen dem Veranstalter und den Bietern). Der Bundesgerichtshof (BGH) geht davon aus, dass eine täterschaftliche Verwirklichung des § 298 Abs. 1 StGB auch für den Veranstalter einer Ausschreibung in Betracht kommt: „Täter kann daher nicht nur derjenige sein, der selbst ein Angebot abgibt. Da seit der Neufassung des § 1 GWB auch vertikale Absprachen den Tatbestand des § 298 Abs. 1 StGB erfüllen, müssen sich vielmehr auch Veranstalter als Täter strafbar machen können, sofern ihnen nach den allgemeinen Regeln der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme die Abgabe des Submissionsangebots im Sinne des § 25 StGB zurechenbar ist; ansonsten würde der mit der kartellrechtskonformen Ausgestaltung von § 298 StGB verfolgte Zweck – Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen Kartellrecht und Strafrecht – unterlaufen.“ Der § 298 Abs. 1 StGB schützt als Rechtsgut den Wettbewerb bei öffentlichen Ausschreibungen, beschränkten Ausschreibungen und nicht offenen Verfahren; das Vermögen des Veranstalters wird nur mittelbar geschützt. Für eine Strafbarkeit nach § 298 Abs. 1 StGB kommt es demnach nicht auf den Eintritt eines Vermögensschadens beim Veranstalter an. Erfasste Vergabeverfahren sind – die Öffentliche Ausschreibung oder das Offene Verfahren, – die Beschränkte Ausschreibung oder das Nichtoffene Verfahren und – das Verhandlungsverfahren oder die Freihändige Vergabe.

1.2. Untreue

In Betracht kommt weiter eine täterschaftliche Verwirklichung der Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB. Wegen Untreue wird bestraft, „wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt“. In der Praxis kommt eine Strafbarkeit wegen Untreue bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen insbesondere dann in Betracht, wenn vergaberechtswidrig die Durchführung einer Ausschreibung unterlassen wurde (sogenannte „Direktvergabe“).

Der Tatbestand der Untreue differenziert zwischen dem Missbrauchstatbestand (vgl. hierzu Ziffer 1.2.1) und dem Treuebruchtatbestand (vgl. Ziffer 1.2.2).

1.2.1. Missbrauchstatbestand

Der Missbrauchstatbestand verlangt den Missbrauch einer dem Täter eingeräumten Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten. Dies setzt zunächst voraus, dass der Täter eine Verfügungs- oder Verpflichtungsbefugnis über fremdes Vermögen innehat. Eine solche Befugnis bezeichnet die rechtliche Möglichkeit des Täters, Vermögensrechte eines anderen wirksam zu übertragen, aufzuheben, zu belasten oder zu ändern oder ihn Dritten gegenüber wirksam zu solchen Verfügungen zu verpflichten. Die Strafbarkeit setzt weiter voraus, dass die eingeräumte rechtliche Befugnis missbraucht wird. Von einem solchen Missbrauch ist auszugehen, wenn der Täter ein im Außenverhältnis zu Dritten rechtlich wirksames Verfügungs- oder Verpflichtungsgeschäft vornimmt, das jedoch im Widerspruch zu seinen Pflichten aus dem Innenverhältnis zu dem Geschädigten steht.  Dies erfordert zunächst die Bestimmung des jeweiligen Pflichtenkreises des Innenverhältnisses zwischen Täter und Geschädigtem. Schließlich setzt der Missbrauchstatbestand in objektiver Hinsicht zwingend den Eintritt eines kausalen Vermögensnachteils beim Geschädigten voraus. Dies bedeutet, dass dem vertretenen Hoheitsträger durch die vergaberechtswidrige Vergabe des öffentlichen Auftrags ein Vermögensnachteil entstanden sein muss. Hierfür ist ein Vergleich des Vermögens vor und nach der vergaberechtswidrigen Vergabe anzustellen, wobei nachgewiesen werden muss, dass durch den Verstoß gegen das Vergaberecht ein Schaden eingetreten ist, bloße Vermutungen reichen nicht aus. Die Strafgerichte müssen im Einzelfall „den von ihnen angenommenen Nachteil der Höhe nach beziffern und dessen Ermittlung in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise in den Urteilsgründen darlegen“. In subjektiver Hinsicht setzt eine Strafbarkeit wegen des Missbrauchstatbestands der Untreue voraus, dass der Täter vorsätzlich in Bezug auf die Pflichtwidrigkeit seines Tuns und den Eintritt eines Vermögensnachteils beim Geschädigten gehandelt hat. Dies entscheidet sich nach den Umständen des Einzelfalles.

1.2.2. Treuebruchtatbestand

Der Treuebruchtatbestand ist erfüllt, wenn der Täter eine beliebige vermögensrelevante Handlung vornimmt, die die ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt. Wiederum ist die Pflichtverletzung akzessorisch zum Vergaberecht festzustellen, sodass eine Strafbarkeit davon abhängt, ob die Vergabe des öffentlichen Auftrags gegen Vergaberecht verstößt. Auch der Treuebruchtatbestand setzt den Eintritt eines Vermögensschadens und ein vorsätzliches Handeln des Täters bezüglich der Pflichtwidrigkeit seines Handelns und dem Eintritt eines Schadens beim Geschädigten voraus.17 Auch dies entscheidet sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles.

1.3. Korruptionsstraftaten

Je nach den Umständen des Einzelfalls können die Korruptionsstraftaten der §§ 331 ff. StGB verwirklicht sein. Nach § 331 Abs. 1 StGB macht sich ein Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. StGB), ein europäischer Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. 2a StGB) oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB) strafbar, „der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen lässt oder annimmt“. Weiter macht sich nach § 332 Abs. 1 ein Amtsträger, ein europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter strafbar, „der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde“. Spiegelbildlich werden nach §§ 333, 334 StGB diejenigen bestraft, die den genannten Personen einen Vorteil für diesen oder Dritten anbieten, versprechen oder gewähren. Soweit sich Angestellte des öffentlichen Dienstes, die an der Vergabe öffentlicher Aufträge beteiligt sind, während des Verfahrens Vorteile für sich oder Dritte fordern, versprechen lassen oder annehmen, kommt die Anwendung der jeweiligen Korruptionsstraftaten für Amtsträger in Betracht.

2. Ordnungswidrigkeiten

Von besonderer Bedeutung ist daneben das Ordnungswidrigkeitenrecht des GWB und hier insbesondere § 81 GWB und §§ 30, 130 OWiG mit der Möglichkeit von hohen Geldbußen und Ausschluss von öffentlicher Auftragsvergabe. Danach handelt unter anderem ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig dem § 1 GWB zuwiderhandelt. Nach § 1 GWB sind „Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken“ verboten. Erfasst werden hiervor sowohl horizontale als auch vertikale Wettbewerbsbeschränkungen. Bei der Vergabe öffentliche Aufträge kommt eine Ordnungswidrigkeit nach § 81 Abs. 2 Nr. 1 GWB wegen vertikaler Wettbewerbsbeschränkungen in Betracht. Das Kartellverbot des § 1 GWB, auf dessen Verstoß die Ordnungswidrigkeit des § 81 Abs. 2 Nr. 1 GWB fußt, richtet sich nach seinem Wortlaut allein an Unternehmen und Unternehmensvereinigungen. Im Rahmen ihrer Beschaffungstätigkeit handelt die öffentliche Hand regelmäßig als Unternehmen im Sinne des § 1 GWB und muss gleichermaßen wie andere Marktteilnehmer die rechtlichen Grenzen des Wettbewerbsrechts achten. Für das grundsätzliche Auftreten der öffentlichen Hand im Rahmen der Vergabe eines öffentlichen Auftrags hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) festgestellt: „Der Staat wird als Nachfrager am Markt tätig, um seinen Bedarf an bestimmten Gütern oder Leistungen zu decken. In dieser Rolle als Nachfrager unterscheidet er sich nicht grundlegend von anderen Marktteilnehmern. Auf seine übergeordnete öffentliche Rechtsmacht greift er bei einer Vergabeentscheidung nicht zurück, so dass kein Anlass besteht, seine Maßnahme als Ausübung öffentlicher Gewalt im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG einzuordnen.“ Die Vergabe eines öffentlichen Auftrags erfolgt mithin nicht als hoheitliches Handeln. Entsprechend muss die öffentliche Hand die Vorgaben des § 1 GWB achten; bei einem Verstoß durch einen Angestellten des öffentlichen Dienstes kommt daher eine Ordnungswidrigkeit nach § 81 Abs. 2 Nr. 1 GWB in Betracht. Soweit durch rechtswidrige Absprachen zwischen öffentlicher Hand und Bieter auf einen öffentlichen Auftrag zwischenstaatliche Wettbewerbsbeschränkungen innerhalb der Europäischen Union verursacht werden, kommt eine Ordnungswidrigkeit nach § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB i.V.m. Art. 101 Abs.1 AEUV in Betracht.