Ax Rechtsanwälte

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Fehlende Amtsbezeichnung führt zur Unwirksamkeit des Vertrags

von Thomas Ax

Nach § 49 Abs. 1 S. 1 und 2 der Gemeindeordnung des Landes Rheinland-Pfalz (im Folgenden: GemO) bedürfen Erklärungen, durch die die Gemeinde verpflichtet werden soll, der Schriftform. Sie sind nur rechtsverbindlich, wenn sie vom Bürgermeister oder dem zur allgemeinen Vertretung berufenen Beigeordneten oder einem ständigen Vertreter unter Beifügung der Amtsbezeichnung handschriftlich unterzeichnet sind.

Wenn die Amtsbezeichnung nicht beigefügt ist, gilt Folgendes: Diese ist von entscheidender Bedeutung, weil das nach früherem Rechtsstand weiter erforderliche Formerfordernis, die Verpflichtungserklärung mit einem Dienstsiegel zu versehen, durch Artikel 1 Nr. 9 des Landesgesetzes zur Einführung der kommunalen Doppik vom 2. März 2006 (GVBl. S. 57) aufgehoben worden ist. Nur durch die Beifügung der Amtsbezeichnung lässt sich deshalb noch erkennen, dass der Bürgermeister mit seiner Unterschrift die von ihm vertretene Gemeinde verpflichten will.

Dabei handelt es sich nicht um eine unwesentliche Förmlichkeit. Nur durch den Zusatz der Amtsbezeichnung kann eindeutig dokumentiert werden, dass der Bürgermeister den Vertrag als gesetzlicher Vertreter der Gemeinde schließt. Der Ausnahmefall des § 49 Abs. 3 GemO liegt nur selten vor. Die Frage, welche Geschäfte zur laufenden Verwaltung gehören, ist insbesondere zur Abgrenzung der Aufgaben des Gemeinderats zu denen des Bürgermeisters von Bedeutung. § 32 Abs. 1 S. 2 GemO bestimmt den Gemeinderat als das im Allgemeinen zuständige Organ für die Beschlüsse über Selbstverwaltungsangelegenheiten.

Davon ausgenommen sind die Angelegenheiten, für die der Bürgermeister kraft Gesetzes oder infolge einer ausdrücklichen Übertragung durch den Gemeinderat zuständig ist. Gem. § 47 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 GemO ist der Bürgermeister originär zuständig für die laufende Verwaltung. Zu den Geschäften der laufenden Verwaltung gehören nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Urteil vom 13.09.1983 – 6 A 66/82 -, AS 18 S. 236) solche, die mehr oder weniger regelmäßig anfallen, nicht von allgemeiner (kommunalpolitischer) Bedeutung sind, finanziell nicht ins Gewicht fallen und keinen erheblichen Entscheidungsspielraum aufweisen, insbesondere wenn nach feststehenden Grundsätzen verfahren werden soll.

Demgegenüber liegt kein Geschäft der laufenden Verwaltung vor, wenn die Entscheidung einen eigenständigen Abwägungsvorgang nach lokal-, wirtschafts-, sozial-, kultur- oder finanzpolitischen Gesichtspunkten erfordert. Die Rechtsfolge der fehlenden Amtsbezeichnung liegt zwar nicht in einer Formnichtigkeit im Sinne des § 125 BGB. Dem steht Art. 55 EGBGB entgegen. Den Bundesländern fehlt die gesetzgeberische Kompetenz, für rechtsgeschäftliche Erklärungen der Gemeinden auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts ein besonderes Formerfordernis einzuführen.

Bestimmungen über die Art und Weise der Abgabe von privatrechtlichen Verpflichtungserklärungen sind aber als in der landesrechtlichen Gesetzgebungskompetenz liegende Beschränkungen der Vertretungsmacht anzusehen (BGH NJW 1980, 117 für einen Fall, in dem ebenfalls die Gemeindeordnung des Landes Rheinland-Pfalz gegenständlich war; PdK RhPf-Stubenrauch B-1, GemO § 49, beck-online).

LG Trier, Urteil vom 09.05.2018 – 5 O 209/17