Ax Rechtsanwälte

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Für ein modernes Beschaffungswesen bei der Bundeswehr

von Thomas Ax

Thomas Ax hält Vorträge zu vergaberechtlichen Fragen an der Hochschule des Bundes – Fachbereich Bundeswehrverwaltung -. Der FB BWV Fachbereich Bundeswehrverwaltung bildet die Nachwuchskräfte für die Laufbahn des gehobenen nichttechnischen Dienstes in der Bundeswehrverwaltung aus.

Die Analysen sind drastisch: In den vergangenen Jahren sei die Einsatzbereitschaft von neuen Panzern, Hubschraubern und Flugzeugen oft mit unter 40 Prozent gemeldet worden. Konkretere Zahlen seien seit dem vergangenen Jahr vom Bundesverteidigungsministerium für geheim erklärt worden. Das solle auch in Zukunft so bleiben. Trotz unterschiedlicher Konzepte für eine Trendwende im Beschaffungsbereich gebe es weiterhin in vielen Bereichen große Mängel. Aufgrund von Problemen des neuen Schützenpanzers „Puma“ würden diese beispielsweise erst 2031 alle voll einsatzbereit sein, obwohl die ersten Exemplare bereits vor fünf Jahren ausgeliefert worden seien. Zu den Mängeln gehöre etwa die geforderte Ausstattung mit Panzerabwehrraketen: „Bei der Beschaffung von neuen Großgeräten fordere die Bundeswehr oft technisch aufwendige Lösungen, die weder am Markt verfügbar seien, noch bereits entwickelt wurden. Dies führe immer wieder zu Verzögerungen, sagen Experten. Auch bei der Marine sieht es nicht gut aus: Die erste neue Fregatte wurden zwar im vergangenen Jahr in Dienst gestellt, doch die Ablieferung der letzten der insgesamt vier bestellten Fregatten wird erst nächstes Jahr erfolgen. Insgesamt hat sich die Lieferung der neuen Fregatten Typ „F125“ um über fünf Jahre verspätet. Die Kosten stiegen insgesamt um rund eine Milliarde Euro. Nach Ansicht des Präsidenten des Bundesrechnungshofes mangele es der Bundeswehr nicht an Geld für Beschaffung und Ersatzteile: In den vergangenen Jahren habe die Bundeswehr das hierfür zur Verfügung stehende Steuergeld meist nicht in vollem Umfang ausgeben können. Teilweise flossen bis zu 1,5 Milliarden Euro nicht ab, kritisiert Kay Scheller, der Präsident des Bundesrechnungshofes und fordert von der Bundeswehr besseres Management bei der Beschaffung von Großgerät.“ (ZDF Zoom). „Flugzeuge, die nicht fliegen, U-Boote, die nicht tauchen, Panzer, die nicht fahren.“ Soldaten seien genervt. Die Bundeswehr habe Probleme. Die Einsatzbereitschaft gelte als gefährdet. Die Nachrichten über Mangelwirtschaft bei der Bundeswehr rissen seit Jahren nicht ab. Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Hans-Peter Bartels, bezeichne in „ZDFzoom“ das Beschaffungswesen der Bundeswehr als „organisierte Verantwortungslosigkeit“.

Daran ist eines ungerecht: verkannt werden die Sachzwänge und missachtet wird das verantwortliche und engagierte Tun der Beschaffungsverantwortlichen „an der Front.“ Die tun nämlich nach unserer Wahrnehmung, was sie können.  

Problematisch ist die schiere Menge an Vorschriften, die die Bundeswehrbeschaffung zu beachten hat – diese reicht von der Arbeitsstättenverordnung bis zu Dienstvorschriften und ‑regelungen. Weniger Organisations- und Regelungskomplexität ist mehr.

Nicht hinnehmbare Auswüchse.

Eine Fülle an gesetzlichen Vorschriften sowie penibel ausformulierte Bestimmungen für den praktischen Gebrauch sind auch dann zu beachten, wenn die Arbeitsstätte ein Kampfpanzer ist. Auch für diese Fahrzeuge, die vorwiegend für den Einsatz in ausländischen Krisenregionen bestimmt sind, gelten zum Beispiel die aktuellen Auflagen des deutschen TÜV sowie die heimische Arbeitsstättenverordnung. Im Innenraum des Schützenpanzers Puma müssen nach Maßgabe der Arbeitsstättenverordnung so gute Klimabedingungen herrschen, dass selbst für hochschwangere Soldatinnen die Beförderung bei einem Gefechtseinsatz noch möglich ist. Den dafür erforderlichen Grenzwert für die Schussgasbelastung im Fahrgastraum des Puma hatten die Prüfer der Beschaffungsbehörde in Koblenz jedenfalls entsprechend verschärft. Eine drohende „Fruchtwasserschädigung bei der weiblichen Puma-Besatzung“ ist seitdem zwar strikt ausgeschlossen. Doch solche Vorgaben erhöhten die Entwicklungskosten um einen Millionenbetrag und verzögerten die Auslieferung. Wie solche Vorgaben und Sonderwünsche der Bundeswehr die Kosten für ein Rüstungsvorhaben in die Höhe treiben, lässt sich am Beispiel des Puma eindrucksvoll belegen. Das 2004 gemeinsam von den Rüstungsherstellern Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und Rheinmetall entwickelte Projekt sollte eigentlich bereits 2014 an die Bundeswehr ausgeliefert werden und dort das seit 1971 genutzte Vorgängermodell Marder ersetzen (FAZ, 6.2.2015).

Vergabeverfahren sind zu beschleunigen und Aufwände unter Berücksichtigung des Kerninteresses der Bundesrepublik zurückzuführen. 

Das Beschaffungswesen der Bundeswehr muss dringend schlanker und wirkungsvoller und handhabbarer werden. Die Bundeswehr sollte deutlich mehr zur Direktvergabe übergehen – von Bekleidung über Hubschrauber bis zu Schnellbooten (Marie-Agnes Strack-Zimmermann). Da hat sie recht: Direktvergaben und die Zulässigkeit von Direktvergaben bis zum Erreichen bestimmter Wertgrenzen sind geübte Praxis.

Die Zulässigkeit von Direktvergaben bis zum Erreichen höherer Wertgrenzen dürfte den Beschaffungsaufwand drastisch reduzieren.   

Am Rande und in einem anderen Zusammenhang: Die Vergabekammer Bund entschied jüngst, dass das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb aufgrund besonderer Dringlichkeit gerade die Direktvergabe erlaube (BKartA Bonn, Beschluss vom 28. August 2020 – VK 2 – 57/20 –, juris). Sie ist der Auffassung, § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV beinhalte, dass in einer Situation der äußersten Dringlichkeit ein vorausgewählter Wirtschaftsteilnehmer beauftragt werden dürfe, ohne vorher auch bei anderen potentiellen Auftragsinteressenten Angebote einzuholen. Die VK erkennt den dogmatischen Unterscheid zur Interimsvergabe. Sie stützt das Ergebnis weiterhin auf die aktuelle COVID-19-Mitteilung der Europäischen Kommission.

Darum muss es auch, aber darum muss es nicht prioritär gehen. Das eine tun und das andere nicht lassen:

Vorhandene Ausnahmen sind effektiv zu nutzen.

Für nicht-militärische Güter bestehen in § 117 GWB Ausnahmen:

„Bei öffentlichen Aufträgen und Wettbewerben, die Verteidigungs- oder Sicherheitsaspekte umfassen, ohne verteidigungs- oder sicherheitsspezifische Aufträge zu sein, ist dieser Teil nicht anzuwenden, 1. soweit der Schutz wesentlicher Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen gewährleistet werden kann, zum Beispiel durch Anforderungen, die auf den Schutz der Vertraulichkeit der Informationen abzielen, die der öffentliche Auftraggeber im Rahmen eines Vergabeverfahrens zur Verfügung stellt, 2. soweit die Voraussetzungen des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union erfüllt sind, 3. wenn die Vergabe und die Ausführung des Auftrags für geheim erklärt werden oder nach den Rechts- oder Verwaltungsvorschriften besondere Sicherheitsmaßnahmen erfordern; Voraussetzung hierfür ist eine Feststellung darüber, dass die betreffenden wesentlichen Interessen nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen gewährleistet werden können, zum Beispiel durch Anforderungen, die auf den Schutz der Vertraulichkeit der Informationen abzielen, 4. wenn der öffentliche Auftraggeber verpflichtet ist, die Vergabe oder Durchführung nach anderen Vergabeverfahren vorzunehmen, die festgelegt sind durch a) eine im Einklang mit den EU-Verträgen geschlossene internationale Übereinkunft oder Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einem oder mehreren Staaten, die nicht Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, oder ihren Untereinheiten über Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen für ein von den Unterzeichnern gemeinsam zu verwirklichendes oder zu nutzendes Projekt, b) eine internationale Übereinkunft oder Vereinbarung im Zusammenhang mit der Stationierung von Truppen, die Unternehmen betrifft, die ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland oder einem Staat haben, der nicht Vertragspartei des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraums ist, oder c) eine internationale Organisation oder 5. wenn der öffentliche Auftraggeber gemäß den Vergaberegeln einer internationalen Organisation oder internationalen Finanzierungseinrichtung einen öffentlichen Auftrag vergibt oder einen Wettbewerb ausrichtet und dieser öffentliche Auftrag oder Wettbewerb vollständig durch diese Organisation oder Einrichtung finanziert wird. Im Falle einer überwiegenden Kofinanzierung durch eine internationale Organisation oder eine internationale Finanzierungseinrichtung einigen sich die Parteien auf die anwendbaren Vergabeverfahren.

§ 107 Abs. 2 GWB sieht Ausnahmen für bestimmte Aufträge für Militärausrüstung vor:

„Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden, 1. bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder 2. die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen. Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession 1. sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder 2. Leistungen betreffen, die a) für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder b) Verschlüsselung betreffen und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

Die Möglichkeiten dazu müssen auch offensiv genutzt werden. 

Das Vergaberecht bietet Möglichkeiten zur Beschleunigung oder zum Absehen von einem offenen Wettbewerb wie bei „dringlichen Gründen im Zusammenhang mit einer Krise“ in § 12 Abs. 1 Nr. 1 lit. b): „wenn die Fristen, auch die verkürzten Fristen gemäß § 20 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 Satz 2, die für das nicht offene Verfahren und das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vorgeschrieben sind, nicht eingehalten werden können, weil aa) dringliche Gründe im Zusammenhang mit einer Krise es nicht zulassen; ein dringlicher Grund liegt in der Regel vor, wenn 1. mandatierte Auslandseinsätze oder einsatzgleiche Verpflichtungen der Bundeswehr, 2. friedenssichernde Maßnahmen, 3. die Abwehr terroristischer Angriffe oder 4. eingetretene oder unmittelbar drohende Großschadenslagen kurzfristig neue Beschaffungen erfordern oder bestehende Beschaffungsbedarfe steigern; oder wenn „bb) dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die die Auftraggeber nicht voraussehen konnten, dies nicht zulassen. Umstände, die die zwingende Dringlichkeit begründen, dürfen nicht dem Verhalten der Auftraggeber zuzuschreiben sein; …“ Hier ist dann nicht nur nicht ein Teilnahmewettbewerb entbehrlich.

Es spricht viel dafür, dass nicht einmal Wettbewerb durch die Beteiligung mehrerer Unternehmen erzeugt werden muss.

Oder bei technischer Alleinstellung in § 12 Abs. 1 Nr. 1 lit. c): „wenn zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten der Auftrag wegen seiner technischen Besonderheiten oder aufgrund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten wie zum Beispiel des Patent- oder Urheberrechts nur von einem bestimmten Unternehmen durchgeführt werden kann; …“

Das ist die eigentlich interessante Betrachtungsebene. Der Wettbewerb wird in die Markterkundung vorverlagert.

Das Vergaberecht regelt nur, in welchem Verfahren und nach welchen Regeln zu beschaffen ist. Die Definition des Beschaffungsbedarfs ist der eigentlichen Vergabe vorgelagert (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Oktober 2009 – Verg 25/09; Beschluss vom 17. Februar 2010 – Verg 42/09; Beschluss vom 13. April 2016 – Verg 47/15; OLG Jena, Beschluss vom 25. Juni 2014 – 2 Verg 1/14). Das Vergaberecht regelt wie beschafft wird, grundsätzlich jedoch nicht, was beschafft wird. Als Ausfluss der Privatautonomie und der Vertragsfreiheit (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.06.2014 – Verg 47/13) ist also auch der öffentliche Auftraggeber grundsätzlich darin frei, über das „Ob“ und das „Was“ einer Beschaffung zu entscheiden (sog. Beschaffungsautonomie). OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Februar 2010 (Verg 42/09): „Die Festlegung des Beschaffungsgegenstandes (ist) der ausschließ­lichen Bestimmung durch den öffentlichen Auftraggeber unterworfen […], der genauso wie Private allein die Art der zu vergebenden Leistung und den Auftragsgegenstand bestimmt. Entschließt er sich zur Beschaffung, ist er frei in seiner Entscheidung, welchen Auftragsgegenstand er für erforderlich oder wünschenswert hält.“ Dabei geht die autonom zu treffende Beschaffungsentscheidung des öffentlichen Auftraggebers einer etwaigen Ausschreibung und Vergabe voraus.

Es gilt, Beschaffungsorganisation und Beschaffungsprozesse konsequent kompetenzorientiert aufzubauen.

Beschaffungsmärkte und Lieferanten sind im Sinne einer Beschaffungsmarktforschung zu beobachten und in der Beschaffungsstrategie zu verankern (Stichwort Zulässigkeit der Markterkundung).

Zur Absicherung ist eine Markterkundung erforderlich.

Im Rahmen der Markterkundung kann zwar nicht verlangt werden, dass der öffentliche Auftraggeber sich so umfassende Kenntnisse aneignet, die etwa vergleichbar der bei dem Hersteller vorhandenen Expertise sein müssten. Dies würde gerade bei hochkomplexen Beschaffungsgegenständen wie dem vorliegenden auf eine Überforderung des Auftraggebers hinauslaufen und die zwingende Beauftragung von Gutachtern zur Festlegung des Beschaffungsgegenstandes erforderlich machen. Regelmäßig dürfte es ausreichen, wenn sich der Auftraggeber bei anderen Nutzern vergleichbarer Produkte über die Vor- und Nachteile und die insoweit bestehenden Erfahrungen erkundigt und öffentlich verfügbare Quellen, wie hier z.B. Forschungsberichte, die Angaben zu den verwendeten […] und den diesbezüglichen Umständen beinhalten, zu Rate zieht. Vorliegend kann und wird aus unserer Sicht und nach unserem vorläufigen Eindruck die auf Basis einer solchen Markterkundung getroffene Entscheidung sein können, wahrscheinlich müssen, und dazu führen, dass grundsätzlich bestehender Wettbewerb nicht nur durch eine produktspezifische Ausschreibung eingeschränkt, sondern gänzlich ausgeschlossen wird. Das bedarf dann einer wesentlich größeren Rechtfertigungstiefe (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07. Juni 2017 – VII-Verg 53/16, juris-Rn. 34). Eine solche Rechtfertigung bedarf auch einer eingehenden Dokumentation, um sie nicht zuletzt zB für die Vergabekammer nachvollziehbar zu machen.

Zudem muss eine ausreichende Befassung mit möglichen Alternativen dokumentiert sein.

§ 14 Abs. 6 VgV verlangt, dass keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung bestehen darf und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter ist. Die technischen Besonderheiten, auf die der Auftraggeber das Fehlen von technischem Wettbewerb stützt, müssen von herausragender Bedeutung sein. Das Fehlen einer vernünftigen Ersatzlösung oder Alternative ist nicht schon dann anzunehmen, wenn das vom öffentlichen Auftraggeber favorisierte Produkt in einzelnen Merkmalen anderen am Markt erhältlichen Produkten überlegen ist (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07. Juni 2017 – VII-Verg 53/16, juris-Rn. 37). Es muss für einen anderen Wirtschaftsteilnehmer „technisch nahezu unmöglich“ sein muss, die Leistung zu erbringen.

Hier kann abgestellt werden und dürfte vorrangig abzustellen sein auf notwendige dh zwingende Funktionalitäten und Anforderungen, die im Sinne von erfüllt/ nicht erfüllt schlicht erfüllt sein müssen.

Hier ist zu erarbeiten, dh zu ermitteln und dann zu dokumentieren, welcher Anbieter mit welcher Lösung die notwendigen dh zwingenden Funktionalitäten und Anforderungen, die im Sinne von erfüllt/ nicht erfüllt schlicht erfüllt sein müssen, erfüllt bzw warum er diese nicht erfüllt.

Dazu müssen Informationen erhoben, der Vorgang der Informationserhebung dokumentiert und die erhobene Information dokumentiert werden.

Dazu müssen dann die Informationen ausgewertet und dokumentiert und die notwendigen Feststellungen getroffen, begründet und die Begründung dokumentiert werden.   

Es kann sich handeln um Anforderungen an die Funktionalität der implementierten Lösung an sich. Das ist im Einzelnen zu beschreiben.

Es kann sich handeln um Anforderungen im Hinblick auf die Implementierungsleistung an sich, dh den Vorgang der Implementierung. Das ist im Einzelnen zu beschreiben.

Die an eine Lösung zwingend zu stellenden Anforderungen müssen herausgearbeitet werden.

Dazu ist die anspruchsvolle Ausgangsaufgabe darzustellen und herauszuarbeiten, welches zwingende Gesamtanforderungsprofil sich mit Blick auf die zu beschaffende Lösung ergibt. Weiter ist herauszuarbeiten, welche aus dem zwingenden Gesamtanforderungsprofil abzuleitenden bzw abgeleiteten zwingenden Einzelanforderungen sich mit Blick auf die zu beschaffende Lösung ergeben.

Zu klären und festzulegen und zu dokumentieren ist die Gesamtfunktionalität. Zu klären und festzulegen und zu dokumentieren sind die daraus abzuleitenden bzw abgeleiteten Einzelfunktionalitäten.  

Zu erarbeiten, dh zu ermitteln und dann zu dokumentieren ist, welcher Anbieter mit welcher Lösung die notwendigen dh zwingenden Funktionalitäten und Anforderungen, die im Sinne von erfüllt/ nicht erfüllt schlicht erfüllt sein müssen, erfüllt bzw. warum er diese nicht erfüllt.

Es ist dann festzustellen, dass es aber darauf ankommt, dass die notwendigen dh zwingenden Funktionalitäten und Anforderungen erfüllt werden und dass weil sie nicht erfüllt werden, der Anbieter nicht in Frage kommt.

Nachprüfungsverfahren müssen nicht unendlich dauern: Der Auftraggeber kann immer und sollte dann auch konsequent einen Eilantrag stellen, § 169 Abs. 2:

„1Die Vergabekammer kann dem Auftraggeber auf seinen Antrag oder auf Antrag des Unternehmens, das nach § 134 vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll, gestatten, den Zuschlag nach Ablauf von zwei Wochen seit Bekanntgabe dieser Entscheidung zu erteilen, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zum Abschluss der Nachprüfung die damit verbundenen Vorteile überwiegen. 2Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen; bei verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Aufträgen im Sinne des § 104 sind zusätzlich besondere Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen zu berücksichtigen. 3Die besonderen Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen überwiegen in der Regel, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession im unmittelbaren Zusammenhang steht mit 1. einer Krise, 2. einem mandatierten Einsatz der Bundeswehr, 3. einer einsatzgleichen Verpflichtung der Bundeswehr oder 4. einer Bündnisverpflichtung. 4Die Vergabekammer berücksichtigt dabei auch die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Auftrag oder die Konzession zu erhalten. 5Die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags müssen nicht in jedem Fall Gegenstand der Abwägung sein.“

Das Vergaberecht bietet bereits viele Gestaltungsmöglichkeiten, um Beschaffungen modern dh zügig und pragmatisch durchzuführen. Daran liegt es nicht unbedingt.

Wir haben nichts von einem Beschaffungsprozess, der aufwendiger und langwieriger ist, wenn wir ein Waffensystem schnell benötigen.

Die Möglichkeiten dazu müssen auch offensiv genutzt werden.

Zu fordern ist nicht weniger als intensive Unterstützung der Beschaffungsverantwortlichen und Fortbildung. Tenor: Unsicherheiten sind zu beseitigen. Klarstellungen sind vorzunehmen. Hindernisse sind aus dem Weg zu räumen.

Das Vergaberecht muss aber auch wieder zur Beschaffungswirklichkeit passen.

In jüngerer Zeit haben sich Marktsegmente entwickelt, bei denen die Markteilnehmer feste Leistungsmodelle entwickelt haben, die von Anbieter zu Anbieter nicht mehr 1:1 verglichen werden können. Vielfach werden Leistungsgegenstände nur Online vermarktet. Hier besteht in vielen Fällen nicht das Interesse der Anbieter, individuelle Angebote zu erstellen, sich einer Eignungsprüfung zu unterziehen oder auf die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu verzichten. Dieses neue Marktgeschehen korrespondiert nicht mit den Verfahrensregeln des Vergaberechts. Soweit Vergaben auf die Nutzung elektronischer Medien gerichtet sind, stellt das die Vergabestellen vor neue Herausforderungen. Im Bereich der sog. social media, wie z.B. Facebook, Twitter oder Instagram bestehen von den Anbietern vorgegebene Leistungspakete, von denen sie nicht abzuweichen bereit sind. Typischerweise geben solche Marktteilnehmer keine Angebote in einem Vergabeverfahren ab.

Das aktuelle Vergaberecht bietet keine Handhabe, um auf bestimmte Beschaffungsgegenstände adäquat und flexibel zu reagieren.

Aufgrund aktueller Entwicklungen ist im Bereich Verteidigung und Sicherheit eine Änderung an den bestehenden Regelungen erforderlich geworden, um den Bedarf für Einsätze bzw. einsatzgleiche Verpflichtungen der Bundeswehr schneller zu decken. Die militärischen und die zivilen Sicherheitsbehörden stehen vor neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen. Die Notwendigkeit, kurzfristig und effektiv auf sicherheitsrelevante Entwicklungen sowohl im In- als auch im Ausland reagieren zu können, gewinnt immer größere Bedeutung. Dabei werden die Herausforderungen vielfältiger und reichen von internationalem Krisenmanagement über die Abwehr terroristischer Gefahren bis zu Fragen der Cybersicherheit und der asymmetrischen Kriegsführung.

Ziel muss es sein, bessere und einfachere Möglichkeiten für eine beschleunigte Beschaffung zu schaffen,

die vergaberechtlichen Regularien im Falle kurzfristiger Anforderungen an die Beschaffung noch besser zu nutzen und die vergaberechtlichen Spielräume für eine schnelle Beschaffung konsequenter zu nutzen.

Kurzum: Es besteht erheblicher Unterstützungs- und Fortbildungs- und Verbesserungsbedarf. PACKEN wir es gemeinsam AN!