Ax Rechtsanwälte

  • Uferstraße 16, 69151 Neckargemünd
  • +49 (0) 6223 868 86 13
  • mail@ax-rechtsanwaelte.de

Nachgefragt bei ... Rechtsanwalt Dr. Thomas Ax

zum Thema

Dienstleistungskonzession

Was ist eine Dienstleistungskonzession?

Nach dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b) RL 2014/23/EU geht auf den Konzessionsnehmer mit der Vergabe einer Dienstleistungskonzession das Betriebsrisiko für die Verwertung der Dienstleistungen über, wobei es sich um ein Nachfrage- und/oder ein Angebotsrisiko handeln kann. Das Betriebsrisiko gilt als vom Konzessionsnehmer getragen, wenn unter normalen Betriebsbedingungen nicht garantiert ist, dass die Investitionsaufwendungen oder die Kosten für den die Erbringung der Dienstleistungen, die Gegenstand der Konzession sind, wieder erwirtschaftet werden können. Der Teil des auf den Konzessionsnehmer übergegangenen Risikos umfasst es, den Unwägbarkeiten des Marktes tatsächlich ausgesetzt zu sein, so dass potenzielle geschätzte Verluste des Konzessionsnehmers nicht rein nominell oder vernachlässigbar sind.

§ 105 Abs. 2 GWB kodifiziert im Wesentlichen die durch den EuGH entwickelten Kriterien zum Übergang des Betriebsrisikos (Mohr in Münchener Kommentar Europäisches und Deutsches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2018, § 105, Rn. 83).

Welches Betriebsrisiko wird übernommen?

Der Konzessionsnehmer übernimmt nach § 105 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GWB das Betriebsrisiko, wenn unter normalen Betriebsbedingungen nicht gewährleistet ist, dass die Investitionsaufwendungen oder die Kosten für den Betrieb der Dienstleistung wieder erwirtschaftet werden können. Es muss ein nicht ausgeschlossenes Risiko bestehen, dass die investierten Kosten einschließlich der Betriebskosten nicht verdient werden und dadurch die Konzession auch mit Verlust abgeschlossen wird. Ein Risiko der Gewinnschmälerung oder eines Gewinnausfalls an sich ist nicht ausreichend. Genauso ist ein etwaiges Kalkulationsrisiko auf der Kostenseite nicht ausreichend, da dies bei jeder Vergabe immanent ist (Erwägungsgrund 20 RL 2014/23/EU).

Wie wird das Betriebsrisiko näher bestimmt?

Nach § 105 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 GWB wird das Betriebsrisiko näher bestimmt als das Risiko den „Unwägbarkeiten des Marktes tatsächlich ausgesetzt“ zu sein, so dass potentielle geschätzte Verluste des Konzessionsnehmers nicht vernachlässigbar sind. Den Begriff der „Unwägbarkeiten des Marktes“ verwendete der EuGH explizit in seinem Rettungsdienst-Stadler-Urteil vom 10. März 2011 (Mohr a. a. O. Rn. 86): Das wirtschaftliche Risiko sei zu verstehen als „das Risiko den Unwägbarkeiten des Marktes ausgesetzt zu sein“. Dieses Risiko liege insbesondere in „der Konkurrenz durch andere Wirtschaftsteilnehmer, dem Risiko eines Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage, dem Risiko der Zahlungsunfähigkeit derjenigen, die die Bezahlung der erbrachten Dienstleistungen schulden, dem Risiko einer nicht vollständigen Deckung der Betriebsausgaben durch die Einnahmen oder dem Risiko der Haftung für einen Schaden im Zusammenhang mit einem Fehlverhalten bei der Erbringung der Dienstleistung“ (EuGH, Urt. v. 10. März 2011, C-274/09, juris Rn. 37).

Wann ist der Konzessionär bei der Verwertung der ihm übertragenen Leistung tatsächlich den Risiken des Marktes ausgesetzt?

Ob und inwieweit der Konzessionär bei der Verwertung der ihm übertragenen Leistung tatsächlich den Risiken des Marktes ausgesetzt ist und er das Betriebsrisiko ganz oder zumindest zu einem wesentlichen Teil übernimmt, hängt nach der für die nationalen Gerichte verbindlichen Rechtsprechung des EUGH von den Umständen des Einzelfalls ab. Ist – wie hier – eine Zuzahlung vorgesehen, kann der Vertrag nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls dann nicht als Dienstleistungskonzession vom Anwendungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen werden, wenn die zusätzliche Vergütung oder (Aufwands-)Entschädigung ein solches Gewicht hat, dass ihr bei wertender Betrachtung kein bloßer Zuschusscharakter mehr beigemessen werden kann.

Wann steht eine Zuzahlung im vorgenannten Sinne im Vordergrund und überwiegt?

Wann eine Zuzahlung im vorgenannten Sinne im Vordergrund steht und überwiegt, lässt sich wegen der Unterschiedlichkeit der möglichen Fallgestaltungen ebenso wenig einheitlich durch eine rechnerische Quote festlegen, wie sich auch sonst eine schematische Lösung verbietet. Es bedarf auch insoweit stets einer alle Umstände des Einzelfalls einbeziehenden Gesamtschau (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011, X ZB 4/10, BGHZ 188, 200-233, Rn. 33 ff.). Bei der gebotenen Einzelfallbetrachtung sind die für den Vertragsgegenstand geltenden Marktbedingungen sowie die vertraglichen Vereinbarungen in ihrer Gesamtheit zu würdigen (BGH a a. O. Rn. 35; Dicks in Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, § 105 Rn. 20).