Ax Rechtsanwälte

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Neues Vergaberecht für Rheinland-Pfalz nach Verwaltungsvorschrift 2021 auf einen Blick (3)

Nachgefragt bei … Rechtsanwalt Dr. Thomas Ax

Frage: Welche Rolle spielen kleinere und mittlere Unternehmen?

Unter welchen Voraussetzungen sind Bewerber- und Bietergemeinschaften zulässig?

Unter welchen Voraussetzungen ist ein Abweichen von dem Vorrang der Fach- und Teillosvergabe möglich?

Welche Rolle spielen Nachunternehmer?

Welche Rolle spielen Unternehmereinsatzformen, GÜ, TÜ, GU, TU etc.?

Wodurch zeichnet sich das neue Vergaberecht für Rheinland-Pfalz insoweit nach der Verwaltungsvorschrift 2021 aus?

Antwort: Teilnahme am Wettbewerb

Die Teilnahme kleiner und mittlerer Unternehmen am Wettbewerb soll insbesondere dadurch sichergestellt werden, dass der Vergabe regelmäßig eine öffentliche Ausschreibung oder eine beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb vorausgeht (vgl. § 55 Abs. 1 LHO und § 22 Abs. 1 ­GemHVO). Bei beschränkter Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb und bei Verhandlungsvergabe oder freihändiger Vergabe sind regelmäßig auch kleine und mittlere Unternehmen in angemessenem Umfang zur Angebotsabgabe aufzufordern. Im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs sollen die Unternehmen, die zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden, möglichst gewechselt werden.

Beteiligung von Bewerber- und Bietergemeinschaften

Unternehmen haben die Möglichkeit, sich zu einer Bewerber- oder Bietergemeinschaft zusammenzuschließen und ein gemeinsames Angebot abzugeben. Dies kann beispielsweise dann sinnvoll sein, wenn es den jeweiligen Unternehmen aus tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht möglich ist, sich als selbstständige Anbieter dem Wettbewerb zu stellen und sie erst durch ein gemeinsames Auftreten zur Teilnahme an der Ausschreibung befähigt werden.

Die Teilnahme von Bewerber- und Bietergemeinschaften an Ausschreibungen ist unter den gleichen Bedingungen wie solche von einzelnen Bewerbern und Bietern zuzulassen.

Bestehende Arbeitsgemeinschaften mittelständischer Unternehmen sollen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Bewerber- oder Bietergemeinschaften haben im Teilnahmeantrag oder im Angebot jeweils die Mitglieder sowie eines ihrer Mitglieder als bevollmächtigte Person für den Abschluss und die Durchführung des Vertrages zu benennen.

In die Vergabeunterlagen ist folgende Regelung aufzunehmen: „In Verträgen zwischen Mitgliedern von Arbeitsgemeinschaften, die sich sowohl aus Unternehmen nach Nummer 7.1 der Verwaltungsvorschrift über das Öffentliche Auftragswesen in Rheinland-Pfalz als auch aus anderen Unternehmen zusammensetzen, dürfen kleine und mittlere Unternehmen nicht benachteiligt werden. Die Verträge sind dem öffentlichen Auftraggeber auf Verlangen vorzulegen.“

Die Bildung einer Bewerber- und Bietergemeinschaft kann im Einzelfall aus kartellrechtlichen Gründen problematisch sein. So kann eine Bewerber- und Bietergemeinschaft unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, wenn mit ihrer Bildung eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt wird (vgl. § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB).

Teil- und Fachlosvergabe

Die Ausschreibungen für Lieferungen und Leistungen sind, soweit es die zu erstellende Lieferung oder Leistung zulässt, durch Bildung von Teil- und Fachlosen so zu gestalten, dass sich kleine und mittlere Unternehmen an der Angebotsabgabe beteiligen können (§ 22 ­UVgO, § 5 Abs. 2 VOB/A).

Bauleistungen sind grundsätzlich in Lose aufzuteilen und nach Losen zu vergeben (Teillose).

Bauleistungen verschiedener Handwerks- oder Gewerbezweige sind in der Regel nach Fachgebieten oder Gewerbezweigen getrennt zu vergeben (Fachlose).

Die zusammengefasste Vergabe eines öffentlichen Auftrags, der aus mehreren Losen besteht, ist möglich, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Bei der Bestimmung der Losgröße sind die Besonderheiten der jeweiligen Branche, der die Lieferung oder die zu erbringende Leistung überwiegend zuzurechnen ist, zu berücksichtigen.

Hierzu stellt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) auf seiner Internetseite ein Onlineberechnungswerkzeug und einen dazu gehörigen Leitfaden zur Verfügung (https://www.bmwi.de/Redaktion/ DE/Artikel/Wirtschaft/vergabeverfahren.html).

Zahlung an Nachunternehmen

Unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 6 VOB/B sollen im Interesse kleiner und mittlerer Unternehmen Zahlungen unmittelbar an Nachunternehmen geleistet werden.

General- und Totalübernehmer, General- und Totalunternehmer, Hauptunternehmer, Nachunternehmer

General- und Totalübernehmer

Die Vergabe von Bauleistungen an General- und Totalübernehmer ist nicht zulässig.

Generalübernehmer sind solche Unternehmen, die mehrere oder alle Bauleistungen übernehmen, selbst aber keine Bauleistung gewerbsmäßig erbringen.

Totalübernehmer übernehmen neben den Bauleistungen auch Planungsleistungen, ohne selbst diese Leistungen zu erbringen. Baubetreuungsunternehmen dürfen mit der Planung, Koordinierung und Finanzierung nur beauftragt werden, wenn

) baufachliche, technische, personelle oder organisatorische Gründe dies erfordern,

b) dem öffentlichen Auftraggeber alle wichtigen Entscheidungen, insbesondere über Planungs- und Vergabeangelegenheiten (z. B. Wahl des Vergabeerfahrens, Auswahl der Bewerber oder Bieter, Zuschlagserteilung), vorbehalten bleiben und

c) das Unternehmen verpflichtet wird, die für den öffentlichen Auftraggeber geltenden Vorschriften zu beachten.

General- und Totalunternehmer

Die Auftragsvergabe an General- und Totalunternehmer ist nur zulässig, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe eine Gesamtlosvergabe erfordern. Dies ist durch den öffentlichen Auftraggeber im Rahmen einer einzelfallbezogenen Interessenabwägung festzustellen und entsprechend zu dokumentieren.

Generalunternehmer sind solche Hauptauftragnehmer, die sämtliche für die Herstellung eines Bauwerks erforderlichen Bauleistungen zu erbringen haben und wesentliche Teile hiervon selbst ausführen.

Totalunternehmer übernehmen neben den Bauleistungen auch Planungsleistungen. Ein General- und Totalunternehmer, der keinen wesentlichen Teil der Bauleistung selbst erbringt, steht dem General- und Totalübernehmer gleich.