Ax Rechtsanwälte

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Referenzen von Leistungen für öffentliche Auftraggeber dürfen gefordert werden (VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.07.2021, 1 VK 26/21)

von Thomas Ax

1. Bei der Berechnung des Auftragswerts sind die Leistungsphasen 1 bis 9 und die Preisgelder zu Grunde zu legen.

2. Es ist zulässig, Referenzen von Leistungen für öffentliche Auftraggeber zu fordern.

3. Der Wettbewerb kann auf Planungsleistungen nur für das Gebäude unmittelbar (KG 300 und 400) beschränkt werden. Die Planung der Außenanlagen kann unbeachtet bleiben, die Vergabestelle bestimmt den Beschaffungsgegenstand.

Gründe

I.

Mit EU-weiter Bekanntmachung vom 31.03.2021 hat die Vergabestelle Dienstleistungen von Architekturbüros bei Gebäuden (XXX) als Realisierungswettbewerb für den Neubau eines Kindergartens ausgeschrieben. Der Wettbewerb wird auf der Grundlage des GWB, der VgV und der RPW 2013 durchgeführt.

In der Bekanntmachung wurde folgendes veröffentlicht:

„III.1.10) Kriterien für die Auswahl der Teilnehmer:

1. Zulassung:

Bewerber, die zur Auswahl zugelassen werden wollen, müssen den folgenden Zulassungskriterien: Ausnahmslos genügen:

[…]

– Nachweis der geforderten Referenzprojekte (Projektblätter sind hochzuladen),

[…]

2. Auswahl:

Den Nachweis der fachlichen Eignung und Kompetenz erbringen die Bewerber durch Nachweise in Form Projektblättern, auf denen die Bewerber darlegen, inwieweit sie den nachfolgend aufgeführten Auswahlkriterien genügen.

Zusätzlich zu den 4 bereits ausgewählten Teilnehmern werden weitere etwa 11 Teilnehmer ausgewählt. Qualifizieren sich mehr als etwa 11 Teilnehmer, entscheidet das Los.

3. Auswahlkriterien:

Kategorie A Referenzprojekt „Neubau oder Umbau/Sanierung Kindergarten → unmittelbar vergleichbares Projekt, 40 Punkte, (max. 1 Projekt:

– Selbst erbrachte Leistungsphasen nach § 34 HOAI 1 bis 8, mindestens 5 aufeinanderfolgende Leistungsphasen,

– Einordnung mindestens Honorarzone III n. HOAI,

– Baukosten KG 300 und KG 400: mindestens 1,0 Mio. netto,

– Angabe BGF (mindestens 400 m²),

– Übergabe an den Nutzer vom 1.1.2011 bis 28.2.2021.

Kategorie B1

Referenzprojekt „Neubau oder Umbau/Sanierung allgemein mit öffentlichem Auftraggeber“, 30 Punkte (max. 1 Projekt):

– Selbst erbrachte Leistungsphasen nach § 34 HOAI 1 bis 8, mindestens 5 aufeinanderfolgende Leistungsphasen,

– Einordnung mindestens Honorarzone III n. HOAI,

– Baukosten KG 300 und KG 300: mindestens 1,0 Mio. netto,

– Angabe BGF (mindestens 400 m²),

– Übergabe an den Nutzer vom 1.1.2011 bis 28.2.2021.

Kategorie B2 Referenzprojekt „Neubau oder Umbau/Sanierung allgemein“, 20 Punkte, (max. 1 Projekt):

– Selbst erbrachte Leistungsphasen nach § 34 HOAI 1 bis 8, mindestens 5 aufeinanderfolgende Leistungsphasen,

– Einordnung mindestens Honorarzone III n. HOAI,

– Baukosten KG 300 und KG 300: mindestens 1,0 Mio. netto,

– Angabe BGF (mindestens 400 m²),

– Übergabe an den Nutzer vom 1.1.2011 bis 28.2.2021.

Kategorie C1 Referenzprojekt „Holzbau: Kindergarten/Bildungsbau“, 40 Punkte, (max. 1 Projekt):

– Holzbau mit hohem Vorfertigungsgrad, z.B. Holzmodul- oder Hybridbauweise als wertstabile, wirtschaftliche und gebäudeflexible Konstruktion; Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten (energetische Standards, regenerative Energiekonzepte, Recyclingfähigkeit); Tragwerk mit direktem Lastabtrag, klarer Rasterung und ohne kostenintensive Abfangungen,

– Selbst erbrachte Leistungsphasen nach § 34 HOAI 1 bis 8, mindestens 5 aufeinanderfolgende Leistungsphasen,

– Einordnung mindestens Honorarzone III n. HOAI,

– Baukosten KG 300 und KG 300: mindestens 500 TEUR netto,

– Angabe BGF (mindestens 300 m²),

– Übergabe an den Nutzer vom 1.1.2011 bis 28.2.2021.

Kategorie C2 Referenzprojekt „Holzbau: Neubau allgemein:“, 20 Punkte, (max. 1 Projekt)

– Holzbau mit hohem Vorfertigungsgrad, z.B. Holzmodul- oder Hybridbauweise als wertstabile, wirtschaftliche und gebäudeflexible Konstruktion; Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten (energetische Standards, regenerative Energiekonzepte, Recyclingfähigkeit); Tragwerk mit direktem Lastabtrag, klarer Rasterung und ohne kostenintensive Abfangungen,

– Selbst erbrachte Leistungsphasen nach § 34 HOAI 1 bis 8, mindestens 5 aufeinander-folgende Leistungsphasen,

– Einordnung mindestens Honorarzone III n. HOAI,

– Baukosten KG 300 und KG 300: mindestens 500 TEUR netto,

– Angabe BGF (mindestens 300 m²),

– Übergabe an den Nutzer vom 1.1.2011 bis 28.2.2021.

Fortführung Auswahlkriterien siehe Pkt. VI.3.1).

[…]

VI.3) Zusätzliche Angaben:

VI.3.1) Fortführung von Punkt III.1.10) Kriterien für die Auswahl der Teilnehmer:

Kategorie D1 Referenzprojekt „Wettbewerbserfolg“, 10 Punkte, (max. 1 Projekt)

– allgemeines Projekt,

– möglich ist die Nennung der Referenzprojekte A bis C,

– Zeitraum Wettbewerbserfolg: 1.1.2011 bis 28.2.2021.

Kategorie D2 Referenzprojekt „ausgezeichnetes, realisiertes Projekt“, 20 Punkte, (max. 1 Projekt):

– allgemeines Projekt,

– möglich ist die Nennung der Referenzprojekte A bis C,

– Zeitraum Wettbewerbserfolg: 1.1.2011 bis 28.2.2021.

Bei den Referenzprojekten der Kategorien A, B und C ist keine Mehrfachnennung möglich. Zur Anerkennung als Referenzprojekt muss das Projekt alle geforderten Kriterien erfüllen. Wird ein Kriterium nicht erfüllt, kann das Projekt nicht als Referenzprojekt anerkannt werden.

[…]

Die Auswahlkriterien sind erfüllt, wenn die Referenz Nr. A1 oder Nr. C1 oder insgesamt mindestens 60 Punkte aus einer Kombination der übrigen Referenzen nachgewiesen werden können.

Qualifizieren sich zusätzlich zu den 4 vorab benannten Teilnehmer’innen mehr als etwa 11 Bewerber*innen, entscheidet das Los.“

Mit Schriftsatz vom 23.04.2021 rügte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin, die Teilnahmekriterien seien in weiten Teilen unverhältnismäßig, teils sachfremd, und sie beschränkten den Wettbewerb in rechtlich unstatthafter Weise. Damit seien diverse Verstöße v.a. gegen die Bestimmungen der §§ 97121122 GWB und §§ 4275 Abs. 4 VgV zu reklamieren. Eine Planungsaufgabe – wie hier ein 2-zügiger Kindergarten – könne von jedem Architekten, der seinen Master oder sein Diplom an einer Hochschule abgelegt habe, bewältigt werden. Praktisch sei jeder Bewerber zulassungsfähig. Demgegenüber würden bei den Auswahlkriterien in den Kategorien A, B und C rechtswidrigerweise teils sehr dezidierte, unverhältnismäßige Anforderungen gestellt.

So werde unter B1 ein Referenzprojekt „Neubau oder Umbau/Sanierung allgemein mit öffentlichem Auftraggeber“ verlangt. Es sei nicht ersichtlich, weshalb als Referenz ein Planungsauftrag ausgerechnet für einen öffentlichen Auftraggeber erforderlich sei.

Es sei nicht sachgerecht, dass eine Referenz-Mindestanforderung in einer Größenordnung mit einem Auftragswert von mind. 1 Mio. Euro netto, bezogen nur auf die Kostengruppen (KGR) 300 und 400, also Baukonstruktion und Technische Anlagen,

gestellt werde, nicht aber auch unter Einbeziehung der Außenanlagen (KGR 500) und der festen Ausstattung (KGR 600).

Es erscheine nicht sinnfällig, auch weil zeitlich zu kurz, dass nur abgeschlossene Planungsaufträge im Zeitraum mit Übergabe an den Nutzer vom 01.01.2011 bis 28.02.2021 angeführt werden dürften. Diese Eingrenzung erscheine willkürlich und rechtswidrig kurz im Sinne der Bewerbungschancen kleinerer Büros, die auch ein gewisses Erfahrungsspektrum abdecken wollten und durchaus auch über Jahre an ein Projekt gebunden seien. Dies sei mittelstandsunfreundlich.

Des Weiteren sei zu monieren, dass aus nicht erfindlichen Gründen keine Mehrfachbenennungen bei den Referenzen möglich seien. Auch dies sei wettbewerbseinengend, mittelstandsunfreundlich und daher rechtswidrig.

Es stelle sich unter dem Aspekt des vergaberechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips (§ 97 Abs. 1 S. 2 GWB) die Frage, wofür dieser Aufwand betrieben werde, wenn am Ende doch im Prinzip jedes Büro, das einigermaßen am Markt etabliert sei, diese Anforderungen erfülle.

Die Antragstellerin sehe sich durch die Nichtangabe der Kosten in ihren Kalkulationsmöglichkeiten, auch im Hinblick auf ihre Bewerbung und die daraus zu generierenden Auftragschancen, beeinträchtigt. Darüber hinaus gehöre die feste Ausstattung (KGR 600) zu den vom Architekten zu planenden Inhalten Ganz ursächlich sei diesbezüglich das Transparenzgebot (§ 97 Abs. 1 S. 1 GWB) verletzt.

Die benannten, in diesem Verfahren schon gemäß EU-weiter Bekanntmachung „gesetzten Architekturbüros“, die sich rechtswidrigerweise, weil im Rückschluss offensichtlich unter Bevorzugung von Ortsansässigkeit, ausschließlich direkt aus XXX rekrutierten, verfügten nach Marktkenntnis der Antragstellerin zumindest teilweise nicht über eine ausreichende Qualifikation – so wie sie aber Grundlage dieses Wettbewerbes sei. So habe eines der gesetzten Büros laut Webseite noch keine Kindergärten geplant, nur Großprojekte, Industriebauten, XXX etc. Das Büro scheine bislang, jedenfalls im Zeitraum 2011 bis 2021, nichts Entsprechendes geplant zu haben.

Es erschließe sich nicht, weshalb bei dieser Art von Projekt in der Einbettung in die beschriebene Umgebung die Planung der Außenanlage ausgeklammert worden sei. Sie müsse aus der fachlichen Sicht der Antragstellerin integraler Bestandteil der Entwurfs- und Genehmigungsplanung (Leistungsphase 1-5 der HOAI) sein. Der öffentliche Auftraggeber besitze nicht das Recht, aus welchen Gründen auch immer, bestimmte Leistungsteile, die zwingend zu anderen dazugehörten, auszuklammern – hier also den zu beplanenden Außenbereich.

Der Realisierungswettbewerb unterliege dem Verdacht, dass die Auftraggeberin rechtswidrigerweise dem Versuch unterliege, wesentliche Bestandteile der späteren Planungsleistung im Wege eines Realisierungswettbewerbes zu absorbieren, also quasi über ein öffentliches Ausschreibungsverfahren „umsonst“ einzukaufen. Dies stelle einen Verstoß gegen das Prinzip des fairen Wettbewerbs dar.

Das Preisgeld von insgesamt nur XXX Euro sei als zu niedrig einzustufen, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des zuvor genannten, rügehalber vorgebrachten Gesichtspunktes, dass eine gewisse Absorption von planerischen Leistungen bereits durch den Wettbewerb selbst bewirkt werde.

Schließlich erhebe sich die Frage, nicht zuletzt im Zusammenhang mit der wenig sinnfälligen und auch rechtswidrigen Herausnahme der Planungsleistungen für den Außenbereich, weshalb nicht eine Kooperation/Bewerbergemeinschaft mit einem Büro für Landschafts- und Gartenplanung zwingend vorgegeben worden sei. Auch dies würde die Bewerberchancen der Antragstellerin erhöhen. Diese seien spiegelbildlich bei der von der Auftraggeberin gewählten Herangehensweise auch genau deswegen reduziert.

Die Antragstellerin bat um Abhilfe mit Fristsetzung bis Dienstag, den 27.04.2021, 12 Uhr.

Nachdem den Rügen der Antragstellerin nicht abgeholfen wurde, stellte sie mit Schriftsatz vom 03.05.2021 Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Baden-Württemberg. Die Antragstellerin wiederholte im Nachprüfungsantrag die gegenüber der Auftraggeberin erhobenen Rügen.

Mit Nachprüfungsantrag vom 03.05.2021 hat die Antragstellerin beantragt:

1. ein Vergabenachprüfungsverfahren einzuleiten und der Antragsgegnerin aufzugeben, das bezeichnete Vergabeverfahren in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen,

2. der Antragstellerin Akteneinsicht in die Vergabeakten der Antragsgegnerin zu gewähren,

3. der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen aufzuerlegen,

4. festzustellen, dass die Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Antragstellerin notwendig war.

Mit der Antragserwiderung vom 11.05.2021 hat die Antragsgegnerin beantragt:

1. Der Antrag auf Durchführung eines Vergabenachprüfungsverfahren wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Es wird festgestellt, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Antragsgegnerin notwendig ist.

Wie die Antragstellerin richtig ausführe, richte sich vorliegende Auslobung u.a. nach der RPW 2013. Hierauf sei in den Auslobungsbedingungen unter Ziffer 1 hingewiesen worden. Nach Ziffer 5 der Auslobungsbedingungen handele es sich um einen nicht offenen Realisierungswettbewerb. Dort sei auch darauf hingewiesen worden, dass die Teilnehmerzahl auf etwa 15 beschränkt sei und ein Losverfahren durchgeführt werde. Dies ergebe sich auch aus § 3 Abs. 3 S. 1 RPW 2013. Bis zum Ende der Bewerbungsfrist seien insgesamt 45 Teilnahmeanträge eingegangen, sodass ein Losentscheid erforderlich gewesen sei. Die Antragstellerin sei nicht unter den erfolgreich ausgelosten Bewerbern gewesen, sodass es zur Entscheidung dieses Verfahrens auf die weiteren Verfahrensrügen der Antragstellerin nicht mehr ankomme. Das Nachprüfungsverfahren habe sich durch Losentscheidung erledigt.

Zu den Einwendungen der Antragstellerin nahm die Antragsgegnerin hilfsweise wie folgt Stellung:

Die Antragstellerin lege den in Ziffer 6.2.4 der Auslobungsbedingungen genannten „öffentlichen Auftraggeber“ in vergaberechtlichem Sinn aus und bemerke, dass damit Kirchen als Auftraggeber nicht in Betracht kämen, weil es sich dabei nicht um einen öffentlichen Auftraggeber handele. Diese Unterscheidung möge unter Zugrundelegung des § 99 GWB richtig sein. Die Antragstellerin übersehe in diesem Zusammenhang aber, dass die Definition des öffentlichen Auftraggebers in § 99 GWB eine ganz eigene sei, welche ausschließlich auf die Bedürfnisse des Vergaberechts zugeschnitten sei. Daher sei es gerade nicht so, dass unter „öffentlicher Auftraggeber“ in Ziffer 6.2.4 der Auslobungsbedingungen nur die Definition des § 99 GWB heranzuziehen sei. Vielmehr sei dieser Begriff allgemein auszulegen. Daher sei unter einem „öffentlichen Auftraggeber“ jeder Auftraggeber zu verstehen, welcher eine ähnliche Organisationsstruktur wie staatliche Stellen aufweise und dessen Motivation für die „Vergabe“ von Aufträgen ähnlich sei wie bei einer staatlichen Stelle. Daher seien Kirchen sehr wohl – nach diesem Verständnis – als öffentlicher Auftraggeber zu sehen. Eben da sie einen Auftrag hätten, dem sie nachkommen (identisch mit dem staatlicher Stellen) und über eine ähnliche Organisationsstruktur verfügten. Es sei daher zu eng, allein an der Definition des öffentlichen Auftraggebers nach § 99 zu haften.

Die Antragstellerin bemängele sodann, bei den Referenzen-Mindestanforderungen sei nur auf die KGR 300 und 400 abgestellt worden. Sie meine, ein Referenzobjekt sei aber erst dann als solches tauglich, wenn auch die KGR 500 und 600 hinzugerechnet würden. Es stehe dem Auftraggeber aber frei, die Eignungskriterien festzulegen. Vorliegend habe die Antragsgegnerin durchaus Gründe, weshalb sie nur die KGR 300 und KGR 400 abfrage. Denn in Ziffer 6.1 der Auslobungsbedingungen habe die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass eine Zusammenarbeit mit einem Landschaftsarchitekten nicht vorgesehen sei, weil die Planungsleistungen zur Außen- und Freianlagenplanung von der Stadt selbst erbracht würden. Für die KGR 600 gelte, dass diese nur dann zu den anrechenbaren Kosten nach § 4 HOAI gehörten, wenn der Architekt an der Ausstattung auch aktiv mitwirke (vgl. § 33 Abs. 3 HOAI). Derartige Planungsaufgaben seien mit der hier vorliegenden Auslobung nicht vorgesehen, weshalb auch kein Bedarf bestehe, diese in die Eignungskriterien einfließen zu lassen.

Im Weiteren meine die Antragstellerin, der Zeitraum von gut 10 Jahren für das Zurückliegen von Referenzobjekten sei willkürlich und rechtswidrig. Die Antragstellerin irre. Der hier gewählte Zeitraum sei rechtmäßig. Noch (Vergaberecht kompakt, 8. Auflage), nenne in Rdnr. 2280 einen Zeitraum von 5-8 Jahren und zitiere den Beschluss der Vergabekammer Thüringen (23.01.2017 – 250-4002-866/2017-N-001-EF), wonach ein Zeitraum von 15 Jahren ungeeignet sei, weil ein Verblassungseffekt eintrete.

Schließlich meine die Antragstellerin, bei den Referenzobjekten sei keine Mehrfachnennung möglich, was wettbewerbseinengend sei. Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine Auslobung handele und daher im Interesse einer Beschleunigung der Beurteilung eine Beschränkung zulässig sei.

Nicht recht nachvollzogen werden könne, was die Antragstellerin genau als Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip rügen wolle. Scheinbar meine sie, die Durchführung eines Planungswettbewerbs sei vor dem Hintergrund, dass es am Ende „nur“ um einen Kindergarten gehe, zu „aufgeblasen“. Es sei jedoch allein Sache des Auftraggebers zu entscheiden, welches Verfahren er wähle.

Die Antragstellerin meine, das Transparenzgebot sei verletzt, weil keine Kostendaten genannt worden seien. Nachdem die Auslobung EU-weit erfolgt sei, bedürfe es der Nennung von Kosten zur Berechnung des Schwellenwertes nicht. Was die Kalkulation anbelange, werde es vornehmlich der Entwurf der Antragstellerin sein, der die späteren Kosten bestimme.

Die Antragstellerin widerspreche mit ihrer Auffassung, es sei gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen worden, weil keine ausreichend qualifizierten Büros gesetzt worden seien, ihrer eigenen Auffassung, wonach der Bau eines Kindergartens „prinzipiell von jedem Architekten, der seinen Master oder sein Diplom an einer Hochschule abgelegt hat, bewältigt werden“ könne.

Auf die Auffassung der Antragstellerin, wonach die Ausklammerung der Außenanlagen rechtswidrig sei, sei zu erwidern, dass der Auftraggeber das alleinige Recht habe zu bestimmen, was beschafft werden solle.

Die Antragstellerin führe nicht aus, weshalb die Vermutung, die Auftraggeberin versuche über ein öffentliches Ausschreibungsverfahren „umsonst einzukaufen“ berechtigt wäre. Die Vermutung sei durch nichts belegt.

Die Sichtweise der Antragstellerin, wonach es sich um eine kleinere Planungsaufgabe handele, weshalb das Preisgeld zu verdoppeln sei und außerdem von den anrechenbaren Kosten von XXX Mio. Euro netto unter Einschluss der KGR 500 ausgegangen werden müsse, sei unzutreffend. Es sei von der Antragstellerin nicht begründet worden, weshalb es sich bei einer (von ihr) angenommenen Bausumme von XXX Mio. Euro um eine kleine Planungsaufgabe handele. Das Preisgeld sei zutreffend ermittelt worden.

Mit Schreiben vom 11.05.2021 forderte die Vergabekammer die Antragsgegnerin auf mitzuteilen, ob die sog. „gesetzten Bewerber“ die Eignungsanforderungen erfüllen, die an die anderen Bewerber gestellt worden sind bzw. ob hier überhaupt eine Eignungsprüfung stattgefunden habe. Der Kammer lag zu diesem Zeitpunkt die Vergabeakte der Antragsgegnerin noch nicht vor.

Zur Eignungsprüfung führte der Verfahrensbevollmächtigte im Schriftsatz vom 12.05.2021 aus und legte den insoweit erfolgten EMailverkehr vor.

Mit Schriftsatz vom 19.05.2021 teilte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin mit, dass die Antragstellerin unter dem Datum des 18.05.2021 vom Betreuer des Vergabeverfahrens der Antragsgegnerin die Nachricht erhalten habe, dass sie nicht zu den ausgelosten Teilnehmern zähle. Unbeschadet der rechtlich herrschenden Ansicht, dass im laufenden Vergabenachprüfungsverfahren keine Rüge erforderlich sei, werde diese Benachrichtigung i.S.d. § 160 Abs. 3 GWB der guten Ordnung halber hinsichtlich Form und Inhalt gerügt. Das Schreiben sei intransparent, da es weder die Zahl der Teilnehmer noch die Zahl der ausgeschiedenen Büros enthalten habe. In der Sache verhalte es sich dergestalt, dass die Antragstellerin gar nicht zu dem Losverfahren habe zugelassen werden dürfen. Dies sei schließlich auch der Grund, weswegen sie das Vergabenachprüfungsverfahren angestrengt habe. Offensichtlich sei in fehlerhafter Anwendung der Teilnahmekriterien eine Berücksichtigung der Antragstellerin im Losverfahren erfolgt, was hier beanstandungshalber in das laufende Vergabenachprüfungsverfahren eingeführt werde. Die Antragstellerin habe im Rahmen der von ihr eingereichten Referenzprojekte bei einer Referenz ein Übergabedatum angegeben, das nicht mehr dem vorgegebenen Referenzzeitraum entspreche. Die Antragstellerin habe daher die Mindestpunktzahl von 60 nicht erreichen können. Sie sei dadurch beschwert, weil das Verfahren in unzutreffender Weise durchgeführt worden sei. Es müsse zwingend zurückversetzt werden, inklusive Losverfahren.

Mit Schreiben vom 19.05.2021 forderte die Vergabekammer die Antragstellerin auf zur Substantiierung der Antragsbefugnis nach § 160 Abs. 2 GWB darzulegen, worin der ihr entstandene oder drohende Schaden durch die Teilnahme am Losverfahren bestehe.

Mit Schriftsatz vom 21.05.2021 führte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hierzu folgendes aus: Jedem Bieter und Bewerber stehe gemäß § 97 Abs. 6 GWB das Recht zu, so behandelt zu werden, wie es die Vergabevorschriften und die individuellen Bedingungen des Vergabeverfahrens vorschrieben. Die Antragsbefugnis erfülle anerkanntermaßen nur die Funktion eines groben Filters, dem lediglich die Aufgabe zukomme, eindeutige Fälle, in denen eine Auftragsvergabe an den Antragsteller von vornherein aussichtslos sei, auszusondern (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.04.2015 – VII-Verg 35/14). Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Aussicht auf eine erfolgreiche, reguläre Beteiligung in einem korrekt durchgeführten Wettbewerbsverfahren sei hier der Inbegriff der subjektiven Bieterrechte.

Die Antragstellerin habe ein Interesse am Auftrag, was sich bereits aus dem Umstand ihrer Bewerbung ergebe. Sie habe sich zuvor ergebnislos darum bemüht, im Vorfeld der Anrufung der erkennenden Kammer eine Änderung der Teilnahmekriterien herbeizuführen, was, wie bekannt sei, nicht möglich gewesen sei. Die Antragstellerin habe, da sie ein nicht wertbares Referenzprojekt angegeben habe, damit gerechnet, aus formalen Gründen zum Losverfahren nicht zugelassen zu werden. Gerade auch wegen des zu berücksichtigenden Zeitraums, den sie gemäß ihrer vorgebrachten Begründung für zu kurz erachte, habe sie Rüge erhoben und Nachprüfungsantrag gestellt.

Die Antragstellerin habe demnach ein Interesse an dem Planungsauftrag und ihr drohe durch Fortsetzung dieses rechtswidrigen Wettbewerbsverfahrens ein Schaden. Dieser bestehe darin, dass sie nicht weiter am Wettbewerbsverfahren beteiligt werde und keine Chance besitze, den Planungsauftrag oder zumindest eines der Preisgelder zu erhalten. Dieses Interesse entfalle auch nicht dadurch, dass man sich auf den Standpunkt stellen könne, dass sie doch sogar zum Losverfahren zugelassen worden sei und halt kein „Losglück“ gehabt habe. Eine solche Begründung funktioniere deshalb nicht, weil das Losverfahren von Grund auf rechtsfehlerbehaftet sei, gerade auch weil es unter Teilnehmenden veranstaltet wurde, deren Zusammensetzung falsch gewesen sei. Dies sei nicht mehr zu korrigieren, außer durch eine Rückversetzung inklusive Neustart des Auswahl und Losverfahrens auf Basis abgesenkter „k.o.-Kriterien“ bzgl. der Teilnahmeberechtigung.

Diese Rechtsverletzungen der Vergabevorschriften im Rahmen des von Grund auf rechtsfehlerbehafteten formalen Auswahl- und Losverfahrens führten kausal zu einem (drohenden) Schaden, der darin bestehe, dass die Antragstellerin keine ordnungsgemäße Chance gehabt habe, in einem regulären wettbewerblichen, von den Teilnahmekriterien her korrigierten, Verfahren mit anderen qualifizierten Bietern in die Schlussauswahl zu gelangen und im Ergebnis Preisgelder oder gar den Architektenauftrag zu erhalten.

Mit Schriftsatz vom 08.06.2021 nimmt die Antragstellerin zu den Inhalten des Schreibens der Antragsgegnerin vom 21.05.2021 Stellung. Sie vertritt u.a. weiterhin die Auffassung, dass die Antragsgegnerin nach wie vor jede substantiierte Einlassung schuldig bleibe, nach welchen Kriterien die „gesetzten Büros“ ausgewählt worden seien und ob diese speziell den Auswahlkriterien dieses Wettbewerbs auch gleichwertig seien – was sie zwar sein müssten, aber mutmaßlich nicht seien. Falls die Auswahlkriterien für diese „gesetzten Büros“ nicht gleichwertig seien, würde dies einen schweren Verstoß gegen den Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatz des § 97 GWB bedeuten.

Die Antragsgegnerin überrasche mit einer Auslegung des „öffentlichen Auftraggebers“ dahingehend, dass im Falle einer vergebenden Institution lediglich ähnliche Organisationstrukturen vorhanden sein müssten, die denjenigen staatlicher Stellen nahekämen. Wettbewerbsanforderungen seien, wenn sie, wie in diesem Fall, nicht eindeutig seien bzw. wenn der öffentliche Auftraggeber etwas andere darunter verstanden wissen wolle, als das, was er bekannt gemacht habe, auszulegen. Die Auslege ergebe aber hier, im Kontext einer förmlichen EU-weiten Bekanntmachung, dass der Begriff „öffentlicher Auftraggeber“ ausschließlich belegt sei durch das Verständnis eines staatlichen oder staatsähnlichen (staatsfunktionalen) Auftraggebers, wenn also letzterer durch staatliche Stellen beherrscht werde. Dies sei dann der sog. „funktionale öffentliche Auftraggeberbegriff“, der den EU-Vergaberichtlinien seit 1993 zugrundeliege. Dass nun nach dem Verständnis der Antragsgegnerin auch kirchliche Stellen als „öffentliche Auftraggeber“ rangieren sollten, sei völlig überraschend und sicher auch von vielen anderen Bewerbern – ebenso wie von der Antragstellerin – nicht so verstanden worden. Unter dem Gesichtspunkt dieses völlig unüblichen Verständnisses, was ein öffentlicher Auftraggeber sei, hätte auch die Antragstellerin andere Referenzprojekte angeführt.

Zum vorgegebenen Alter der Referenzen führt der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin weiter aus: Die anzuwendende Bestimmung des § 75 Abs. 4 S. 2 VgV erweitere diese ohnehin im Vergaberecht geltende, allgemein anerkannte Verhältnismäßigkeitsprüfung, die sich bereits aus § 97 Abs. 1 S. 2 GWB ergebe, um die weitere Facette der Pflicht des öffentlichen Auftraggebers, die Eignungskriterien so festzulegen, dass auch kleinere Büros sich beteiligten könnten.

Mit Schriftsatz vom 09.06.2021 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin mitgeteilt, dass diese die Eignungsprüfung der bereits ausgewählten Teilnehmer wiederholt und die entsprechenden Projektblätter der Referenzobjekte der gesetzten Bewerber vorgelegt habe. Die Antragsgegnerin sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die ausgewählten Teilnehmer für eine Teilnahme am Planungswettbewerb geeignet seien.

Darüber hinaus sei auszuführen, dass die Antragstellerin in der Tat die Eignungskriterien nicht erfülle. Aus § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV ergebe sich ein Referenzzeitraum von drei Jahren. Hinsichtlich der Reichweite dieses Nachprüfungsverfahrens treffe die Vergabekammer nur innerhalb des Verfahrensverhältnisses zwischen den Parteien eine Entscheidung. Eine darüberhinausgehende allgemeine Rechtsmäßigkeitskontrolle finde nicht statt, was sich aus § 163 Abs. 1 S. 3 GWB ergebe. Somit sei der Antrag des Antragstellers nach § 57 Abs. 1 VgV auszuschließen.

Mit Schriftsatz vom 15.06.2021 trug der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin ergänzend vor: Der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens sei, was erst jetzt festgestellt worden sei, unzulässig. Der Planungswettbewerb erreiche den Schwellenwert von 214.000,- Euro nicht. Ausweislich des Abstimmungsprotokolls (dort Ziffer 4) seien die vorläufigen Baukosten im Jahr 2019 noch mit XXX Euro netto angesetzt worden. Im Rahmen einer Überprüfung am 07.10.2020 seien die Baukosten mit XXX Euro netto angegeben worden. Im Weiteren heiße es dort, dass sich unter Eingruppierung der Arbeiten in die Honorarzone III und Ansatz des Mittelsatzes ein Honorar von XXX Euro netto ergebe. Dies sei zutreffend, lege man die Leistungsphasen 1-9 zugrunde. Allerdings sehe Ziffer 14.1 der Auslobung vor, dass nur die Leistungsphasen 1-5 nach § 34 HOAI vergeben werden würden. Dies ergebe ein Nettohonorar von XXX Euro. Eine stufenweise Beauftragung weiterer Leistungsphasen sei nicht vorgesehen. Nach § 3 Abs. 12 VgV seien zum Honorar noch die Preisgelder zu addieren. Somit ergäbe sich eine Gesamtauftragssumme von XXX Euro. Hinzu komme noch, dass das Preisgeld im Auftragsfall mit dem Honorar verrechnet werde. Gehe man davon aus, dass der Gewinner den Auftrag erhalte, wirke sich dessen Preisgeld nicht auftragswertsteigernd aus. Der Schwellenwert könne unter keinem Gesichtspunkt erreicht werden. Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig.

Mit Schreiben vom 15.06.2021 forderte die Vergabekammer die Antragstellerin auf, zur Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags im Hinblick auf die Erreichung des Schwellenwertes Stellung zu nehmen.

Die Antragstellerin führt im Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 17.06.2021 im Wesentlichen aus, dass der Betreuer des Vergabeverfahrens der Antragsgegnerin selbst angegeben habe, dass ein „vergaberechtlich sauberes Verfahren nach VgV“ durchgeführt werde. Er habe nicht geschrieben, dass man dieses Wettbewerbsverfahren „analog“, „entsprechend“ oder „in Anlehnung an die VgV“ (o.ä.) durchführe. Der Betreuer des Vergabeverfahrens habe auch gegenüber dem Oberbürgermeister der Antragsgegnerin davon gesprochen, dass der Antragstellerin die Anforderungen, die sich aus der VgV ergäben, offensichtlich nicht klar seien. Dies könne nur bedeuten, dass die VgV unmittelbar angewendet werde und zwar offensichtlich dem antragsgegnerseitigen Rückschluss folgend, dass der EU-Schwellenwert erreicht sei. Zudem gelte der Gesamtbetrachtungsgrundsatz auch insofern, als dieser im Rahmen einer vergaberechtskonformen Rechtsanwendung zwingend zu einer Einbeziehung der weiteren Leistungsphasen 6 bis 9 betreffend die Gebäudeplanung führen müsse. Der Vorbehalt aus der Wettbewerbsunterlage dieses Realisierungswettbewerbes, namentlich, dass die über die Ausarbeitung der Leistungsphasen 1 bis 5 hinausgehenden Leistungsphasen 6 bis 9 noch vom Gemeinderat abhängig seien, stehe dem Gesamtbetrachtungsgrundsatz in keiner Weise entgegen. Hierbei handele es sich lediglich um einen politischen/haushälterischen Vorbehalt.

Mit Schreiben vom 17.06.2021 erteilte die Vergabekammer den Verfahrensbeteiligten rechtliche Hinweise.

Die Antragstellerin nahm zu den rechtlichen Hinweisen mit Schriftsatz vom 22.06.2021 Stellung. Sie teilte mit, dass sie die rechtliche Einschätzung der Kammer nicht teilen könne und trug hierzu umfassend vor.

Die Antragsgegnerin legte mit Schreiben vom 23.06.2021 zur Berechnung des Auftragswertes eines Honorarrechnung vor, die zu dem Ergebnis kam, dass sich ein Honorar für alle Leistungsphasen (1-9) von gerade einmal rund XXX Euro netto ergebe.

Die Vergabekammer hat der Antragstellerin antragsgemäß – beschränkt auf den Verfahrensgegenstand – Einsicht in die Vergabeakten gewährt, soweit keine geheimhaltungsbedürftigen Aktenbestandteile betroffen waren. In der mündlichen Verhandlung am 25.06.2021 hatten die Beteiligten die Gelegenheit, ihre Standpunkte darzulegen und mit der Vergabekammer umfassend zu erörtern. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze samt Anlagen und die Vergabeunterlagen der Antragsgegnerin, die der Vergabekammer vorlagen, sowie auf die Vergabeakte verwiesen.

Die 5-Wochenfrist des § 167 Abs. 1 Satz 1 GWB wurde durch Verfügung der Vorsitzenden vom 07.06.2021 bis zum 05.07.2021 verlängert.

II.

A. Zulässigkeit

Der Nachprüfungsantrag ist teilweise zulässig.

1.) Das Vergabenachprüfungsverfahren ist statthaft. Gemäß §§ 155156 Abs. 2 GWB unterliegt die Vergabe öffentlicher Aufträge der Nachprüfung durch die Vergabekammern. Die Antragsgegnerin ist öffentlicher Auftraggeber nach §§ 9899 Nr. 1 GWB.

2.) Der Schwellenwert nach §§ 106 Abs. 1, 2 Nr. 1 GWB ist erreicht.

Zur Beurteilung, ob der Schwellenwert erreicht ist, ist gemäß § 3 VgV eine Schätzung des Auftragswerts vorzunehmen. Bei einem Planungswettbewerb, der zu einem Dienstleistungsauftrag führen soll, ist der Wert des Dienstleistungsauftrags zu schätzen zuzüglich etwaiger Preisgelder und Zahlungen an die Teilnehmer, § 3 Abs. 12 S. 1 VgV (siehe hierzu auch § 9 Abs. 1 RPW 2013).

Die Antragsgegnerin bestreitet zwar, dass der Schwellenwert erreicht wird. Ihr Verfahrensbevollmächtigter hat diesbezüglich mit Schreiben vom 23.06.2021 auch eine Kostenberechnung vorgelegt, wonach sich unter Zugrundelegung anrechenbarer Kosten von XXX Euro, der Honorarzone III und dem Mittelsatz ein Honorar für alle Leistungsphasen (1-9) von rund XXX Euro netto ergeben solle.

Ausweislich der Kostenschätzung der Antragsgegnerin vom 22.05.2019, welche Bestandteil der der Vergabekammer vorgelegten Vergabeakte war, sollten die anrechenbaren Kosten zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits XXX Euro betragen. Unter Zugrundelegung der Honorarzone III und des Mittelsatzes für alle Leistungsphasen (1-9), beliefe sich das Honorar demnach auf 199.159,12 Euro netto. Hinzuzurechnen sind nach § 3 Abs. 12 S. 1 VgV (und § 9 Abs. 1 RPW) die Preisgelder in Höhe von insgesamt XXX Euro netto. Der Gesamtauftragswert liegt damit bei XXX Euro (ohne Einbeziehung der üblicherweise bei Planungsleistungen auch vereinbarten Nebenkosten in Höhe von 5 % des Netto-Honorars). Selbst wenn man davon ausginge, dass der Auftrag an den Erstplatzierten erteilt werden würde und das Preisgeld von XXX Euro auf das Honorar anzurechnen wäre, wäre der Schwellenwert von XXX Euro überschritten.

Die Vergabekammer ist zudem der Auffassung, dass vorliegend zur Schwellenwertberechnung auch alle Leistungsphasen (1-9) herangezogen werden müssen. Zwar ist in den Auslobungsunterlagen zunächst nur von der Beauftragung der Leistungsphasen 1-5 die Rede. Eine solche ist auch Voraussetzung für die Auslobung als solche. Üblicherweise werden in der Folge dann aber auch die Leistungsphasen 6-9 beauftragt. Eine spätere Beauftragung der Leistungsphasen 6-9 hat die Antragsgegnerin auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen, sondern unter den Vorbehalt einer entsprechenden Entscheidung des Gemeinderates gesetzt.

Der Sache nach handelt es sich bei § 3 Abs. 12 VgV um eine Konkretisierung der Grundregel des § 3 Abs. 1 VgV, (vgl. Dieckmann/Scharf/Wagner-Cardenal/Dieckmann, 2. Aufl. 2019, VgV § 3 Rn. 49). Nach § 3 Abs. 1 S. 2 VgV sind etwaige Optionen oder Vertragsverlängerungen bei der Schätzung des Auftragswerts ebenfalls zu berücksichtigen. Nachdem die Auftraggeberin die weitere Beauftragung der Leistungsphasen 6-9 nicht von vornherein ausgeschlossen hat, ist diese als Option in die Auftragswertschätzung miteinzubeziehen.

Die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Vergabekammer Baden-Württemberg ergibt sich aus § 159 Abs. 3 GWB, § 1 VNPVO.

3.) Die Antragstellerin ist auch ihren Rügeobliegenheiten nach § 160 Abs. 3 Nr. 2 GWB nachgekommen. Sie hat die Rügen vor Ablauf der Frist zur Abgabe der Teilnahmeanträge abgegeben.

4.) Die Antragstellerin ist nach § 160 Abs. 2 GWB als Unternehmen auch teilweise antragsbefugt. Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. An die Darlegung sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen, vielmehr genügt, dass ein Schadenseintritt nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (Beck VergabeR/Horn/Hofmann, 3. Aufl. 2017, GWB § 160 Rn. 33). Die Antragstellerin ist grundsätzlich antragsbefugt.

Ihr fehlt jedoch die Antragsbefugnis hinsichtlich ihres Vortrags, durch die Teilnahme am Losverfahren in ihren Rechten verletzt worden zu sein. Zwar hat der Verfahrensbevollmächtigte schriftsätzlich sehr ausführlich zur Darlegung des Schadens auf Seiten der Antragstellerin vorgetragen. Jedoch konnte die Kammer diesen Ausführungen nicht folgen. Die Antragstellerin ist mit ihrem Teilnahmeantrag, obwohl sie die Voraussetzungen unstreitig nicht erfüllt, im Lostopf gelandet. Sie wurde also „besser gestellt“, als es richtig gewesen wäre. Damit dürfte zwar ein Vergaberechtsverstoß vorliegen, der die Antragstellerin aber nicht schlechter gestellt hat, sondern der sich im Gegenteil zugunsten der Antragstellerin ausgewirkt hat. Ein Bieter hat keinen Anspruch auf die rechtmäßige Durchführung des Vergabeverfahrens, wenn er durch die potentiellen Vergaberechtsverstöße nicht einen Schaden erleidet oder ihm ein Schaden zu entstehen droht. Da die Antragstellerin durch ihre Besserstellung offensichtlich keinen Schaden erleiden kann, fehlt ihr hier auch die Antragsbefugnis.

B. Begründetheit

Der Nachprüfungsantrag ist, soweit er zulässig ist, im Ergebnis unbegründet. Die Antragstellerin ist nicht in ihren Rechten aus § 97 Abs. VI GWB verletzt. Damit hat der Nachprüfungsantrag keinen Erfolg.

1.) Die von der Antragsgegnerin aufgestellten Eignungsanforderungen sind nicht zu beanstanden.

a) Dass die Antragsgegnerin als ein mögliches anzugebendes Referenzprojekt ein Projekt eines öffentlichen Auftraggebers festgelegt hat, verstößt nicht gegen das Vergaberecht. Die Antragsgegnerin hat in ihren Vergabeunterlagen festgelegt, dass die Auswahlkriterien erfüllt sind, wenn die Referenz Nr. A1 oder Referenz Nr. C1 oder insgesamt mindestens 60 Punkte aus einer Kombination der übrigen Referenzen nachgewiesen werden können. Über die Vorlage der Referenzen konnten maximal 180 Punkte erreicht werden.

Über die Vorlage eines Referenzprojekts „Neubau oder Umbau/Sanierung allgemein mit öffentlichem Auftraggeber“ konnten 30 Punkte erzielt werden. Alle anderen möglichen Referenzprojekte hatten keinen Bezug zu einem öffentlichen Auftraggeber. Die Auftraggeberin hat einen „bunten Blumenstrauß“ an möglichen Referenzprojekten zugelassen. Die Anforderungen waren insgesamt nicht zu hoch. Unter diesen Umständen war die Festlegung, dass (nur) eines der Referenzobjekte eines sein musste, dass für einen öffentlichen Auftraggeber realisiert wurde, auch nicht willkürlich. Die Realisierung des Projektes für einen öffentlichen Auftraggeber setzt Kenntnisse der VOB/A voraus, auf die es auch bei Umsetzung der ausgeschriebenen Planungsleistung ankommt. Zwar werden private Träger, wenn sie Maßnahmen mit öffentlichen Mitteln finanzieren, üblicherweise in den Nebenbestimmungen der Zuschussbescheide ebenfalls zur Anwendung der VOB/A verpflichtet. Allerdings unterliegen private Träger regelmäßig einer weniger strengen internen Vergabe- und Rechnungskontrolle wie öffentliche Auftraggeber durch die Rechnungshöfe bzw. die Rechnungsprüfungsämter und die Gemeindeprüfungsanstalt. Auch unterscheiden sich interne Abstimmungen mit öffentlichen Auftraggebern von Abstimmungen mit privaten Institutionen, da hier regelmäßig politische Gremien wie der Gemeinderat miteinzubinden sind.

Für die Zulassung zum Wettbewerb war die Vorlage eines Referenzprojekts eines öffentlichen Auftraggebers keine Mindestvoraussetzung, sondern eine von mehreren möglichen Anforderungen, um die Anzahl der Wettbewerbsteilnehmer insgesamt zu begrenzen. Es war auch zweckdienlich, dass die Auftraggeberin Kriterien aufgestellt hat, um den Wettbewerb ein wenig zu begrenzen. Die Antragsgegnerin hat die maximale Teilnehmerzahl des Wettbewerbs auf 15 festgelegt. Die von ihr aufgestellten Anforderungen waren jedenfalls noch immer so niedrig, dass die neben den vier bereits gesetzten Bewerbern weitere elf Bewerber mittels Losentscheid bestimmt werden mussten, weil deutlich mehr Bewerber die Teilnahmevoraussetzungen erfüllt haben.

Der Vortrag der Antragsgegnerin, wonach der Begriff „öffentlicher Auftraggeber“ nicht im Sinne des § 99 GWB sondern weiter zu verstehen sei, mutet als reine „Schutzbehauptung“ gegenüber der Antragstellerin an. Die Antragsgegnerin dürfte mit ihrem überraschenden Verständnis von öffentlichem Auftraggeber hier ziemlich allein sein. Im Kontext einer europaweiten Ausschreibung konnte der Begriff „öffentlicher Auftraggeber“ nur so verstanden werden, wie ihn die Antragstellerin verstanden hat. Dieses Verständnis hatten auch alle ausgelosten Teilnehmer, die als Referenzprojekt B1 allesamt Projekte öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB angegeben hatten.

Darüber hinaus hat die Antragstellerin zwar vorgetragen, dass sie in der Lage gewesen wäre, als Referenzprojekt B1 ein Projekt eines kirchlichen Trägers vorzulegen und damit die Teilnahmeanforderungen insgesamt zu erfüllen. Zur Untermauerung ihres Vortrags hat sie jedoch kein entsprechendes Projekt vorgelegt.

b) Bei der Referenzmindestanforderung bei den Baukosten nur die KGR 300 und KGR 400 zu berücksichtigen, erscheint sachgerecht. Dies entspricht den üblichen Planungsaufträgen nach HOAI, Teil 3, Abschnitt 1, Leistungsbild Gebäude. Zur Gebäudeplanung gehören nach § 33 Abs. 1 und Abs. 2 HOAI die Kosten der Baukonstruktion (KGR 300 nach DIN 276-1) und der Technischen Ausrüstung (KGR 400 nach DIN 276-1), nach § 33 Abs. 3 HOAI aber explizit nicht die Kosten der Außenanlagen (KGR 500 nach DIN 276-1) und der Ausstattung (KGR 600 nach DIN 276-1). Die vorgenommene Abgrenzung entspricht damit den Regelungen der HOAI und ist sachgerecht. Die Antragsgegnerin hat im Übrigen vorgetragen, die Außenanlagen würden von ihr selbst geplant. Eine solche Schnittstelle zwischen eigenen Leistungen und Leistungen, die an Dritte vergeben werden, ist in Anbetracht der Regelungen der HOAI nicht sachwidrig. Das Leistungsbestimmungsrecht obliegt der Auftraggeberin.

Durch das Ausklammern der KGR 500 und 600 sind die Anforderungen an die einzelne Referenz auch nicht zu hoch. Das Aufstellen von Eignungsanforderungen dient gerade dem Zweck, die Anzahl der Wettbewerbsteilnehmer einzugrenzen. Eine Eingrenzung des Wettbewerbs in unzulässiger Weise ist auch in Anbetracht der vielen Bewerber, welche die Anforderungen erfüllt haben, gerade nicht ersichtlich.

c) Der von der Antragsgegnerin vorgegebene Referenzzeitraum für die wertbaren Referenzprojekte vom 01.01.2011 bis 28.02.2021 ist nicht zu beanstanden. Er ist bereits deutlich länger als der in § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV vorgesehene Zeitraum vom höchstens drei Jahren. Im Bereich der Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren ist die Retrospektive auf drei Jahre häufig zu kurz für aussagekräftige Referenzen (Ziekow/Völlink/Goldbrunner, 4. Aufl. 2020, VgV § 46 Rn. 17). Der vorliegend gewählte Zeitraum von gut zehn Jahren ist aber geeignet, um einen ausreichenden Wettbewerb im Sinne des § 46 Abs. 3 Nr. 1 2. HS VgV sicherzustellen. Die Annahme, dass bei länger zurückliegenden Referenzprojekten diese nicht mehr ausreichend dokumentieren, dass der Bewerber über die aktuell erforderlichen Projektkenntnisse verfügt und die Aussagekraft dieser Projekte daher zu stark verwässert ist, ist sachgerecht und nicht willkürlich.

d) Bei den Referenzprojekten der Kategorien A, B und C hat die Antragsgegnerin keine Mehrfachnennung erlaubt. Bei den Referenzprojekten der Kategorie D „Wettbewerbserfolg“ und „ausgezeichnetes, realisiertes Projekt“ war hingegen die Nennung eines der Referenzprojekte der Kategorie A bis C möglich. Diese Festlegung ist nicht zu beanstanden. Insgesamt war es ausreichend 60 vom maximal 180 möglichen Punkten zu erreichen, um die Anforderungen zu erfüllen. 60 Punkte konnten die Bewerber mit der Vorlage von nur wenigen Referenzprojekten erreichen, sodass der Wettbewerb durch das Verbot der Mehrfachnennung in den Kategorien A bis C den Wettbewerb nicht unzulässig eingeschränkt hat.

2.) Nachdem die aufgestellten Eignungsanforderungen nicht zu beanstanden sind, ist der Nachprüfungsantrag insgesamt unbegründet. Die Antragstellerin erfüllt die Eignungsanforderungen unbestritten nicht, sodass eine weitere Teilnahme am Wettbewerbsfahren für sie nicht möglich ist.

Auf das Vorliegen etwaiger Vergaberechtsverstöße, welche von der Antragstellerin weiterhin vorgetragen wurden, kommt es daher nicht mehr an. Die Antragstellerin hat, nachdem die Eignungsanforderungen nicht zu beanstanden sind und sie diese nicht erfüllt, keine Chance auf den Zuschlag. Eine Rückversetzung des Verfahrens beispielsweise in den Stand vor Durchführung Losverfahrens, in das die Antragstellerin rechtswidrigerweise einbezogen wurde, würde sich auf die Position der Antragstellerin nicht auswirken.

Eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle durch die Vergabekammer findet jedoch nicht statt. Das Nachprüfungsverfahren ist ein subjektives Rechtsschutzverfahren, sodass die Antragsteller nur die Verletzung in eigenen Rechten geltend machen können und hier auch einen kausalen eigenen Schaden darlegen müssen. Ein solcher ist nicht ersichtlich.

Der Nachprüfungsantrag war daher zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 Abs. 3 und 4 GWB.

Die Kammer stellt bei der Verfahrenskostenfestsetzung nach § 182 Abs. 1 GWB in Verbindung mit §§ 3, 9 VwKostG maßgeblich auf ihren personellen und sachlichen Aufwand ab, der einschließlich der mündlichen Verhandlung durchschnittlich war. Unter Zugrundlegung der wirtschaftlichen Bedeutung des Auftrags und unter Berücksichtigung der Gebührentabelle des Bundes, die auch die Vergabekammer Baden-Württemberg aus Gründen der einheitlichen Handhabung der Gebührenberechnung zugrunde legt, wird eine Gebühr von XXX Euro als angemessen festgesetzt.

Nachdem die Antragstellerin mit ihrem Antrag unterliegt, hat sie die Kosten der Vergabekammer sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin zu tragen.

Gemäß § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG sind die Kosten eines Rechtsanwalts erstattungsfähig, wenn die Hinzuziehung notwendig war. Die Frage, ob es für einen öffentlichen Auftraggeber notwendig war, einen Rechtsanwalt zuzuziehen, ist auf der Grundlage einer differenzierenden Betrachtung nach den Umständen des Einzelfalles aufgrund einer ex-ante-Prognose zu entscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 26.9.2006 – X ZB 14/06, OLG Karlsruhe vom 11.7.2011 – 15 Verg 5/11).

Maßgeblich ist, ob ein verständiger Beteiligter unter Beachtung seiner Pflicht, die Kosten so gering wie möglich zu halten, die Beauftragung eines Bevollmächtigten für notwendig erachten durfte. Zu fragen ist also, ob der Beteiligte unter den Umständen des Falles auch selbst in der Lage gewesen wäre, aufgrund der bekannten oder erkennbaren Tatsachen den Sachverhalt zu erfassen, der im Hinblick der Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren von Bedeutung ist, hieraus die für eine sinnvolle Rechtswahrung oder -verteidigung nötigen Schlüsse zu ziehen und das danach Gebotene gegenüber der Vergabekammer vorzubringen. Hierfür können neben Gesichtspunkten wie der Einfachheit oder Komplexität des Sachverhalts, die Überschaubarkeit oder Schwierigkeit der zu beurteilenden Rechtsfragen, auch rein persönliche Umstände bestimmend sein, wie etwa die sachliche und personellen Ausstattung, also beispielsweise ob er über eine Rechtsabteilung verfügt oder über andere Beschäftigte, von denen erwartet werden kann, dass sie auch Fragen des Vergaberechts sachgerecht bearbeiten können (OLG Karlsruhe vom 16.6.2010, 15 Verg 4/10).

Zu berücksichtigen ist, dass der Auftraggeber sich in seinem originären Aufgabenbereich die für ein Nachprüfungsverfahren notwendigen Sach- und Rechtskenntnisse grundsätzlich selbst zu beschaffen hat, während er sich für nicht einfach gelagerte Rechtsfragen, die zu den auftragsbezogenen Rechtsfragen hinzukommen, insbesondere, wenn sie Bezüge zu höherrangigem Recht und Europarecht aufweisen, ggf. externen Rechtsrat einholen darf (OLG Karlsruhe vom 11.7. 2011 – 15 Verg 5/11; OLG Karlsruhe vom 10.3.2015 – 15 Verg 11/14; OLG Düsseldorf vom 10.7.2013 – Verg 40/12).

Legt man diesen Maßstab an, war es nicht angebracht, dass die Antragsgegnerin einen Rechtsbeistand für das Vergabenachprüfungsverfahren hinzuzog. Von ihren Beschäftigten kann erwartet werden, dass ihnen die maßgeblichen Rechtsvorschriften bekannt sind, die mit einer Auftragsvergabe jenseits der Schwellenwerte verbunden sind. Dazu gehört auch, dass sie in der Lage sind, ihren bereits vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens eingenommenen Standpunkt zu verteidigen. Die Beschäftigten hätten das Verfahren vor der Vergabekammer bei dem vorliegenden und vergleichsweise einfachen Sachverhalt selbständig führen können. Besondere Verfahrenspflichten oder -Obliegenheiten waren nicht zu beachten. Von ihnen wurde die Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung und eine Verfahrensförderung verlangt (§ 167 Abs. 2 GWB). Sie mussten ihre eigene Tätigkeit darstellen und rechtfertigen. Zur Stellungnahme auf das Vorbringen der Antragstellerin bedurfte es nicht der Beantwortung schwieriger rechtlicher Fragen aus Rechtsgebieten, mit denen sie sich nicht schon hatten auseinandersetzen müssen. Insbesondere bestanden auch keine Bezüge zu höherrangigem Recht und Europarecht.

Gem. § 182 Abs. 4 Satz 5 GWB findet ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren nicht statt.

IV.

Rechtsmittelbelehrung