Ax Rechtsanwälte

  • Uferstraße 16, 69151 Neckargemünd
  • +49 (0) 6223 868 86 13
  • mail@ax-rechtsanwaelte.de

Schwerpunktthema Flüchtlingsunterkünfte (6):

VG Augsburg: Erfolgreiche Nachbarklage – Fehlende Bestimmtheit einer Baugenehmigung zur Nutzungsänderung eines Sozialgebäudes in eine Flüchtlingsunterkunft und einen Jugendtreffpunkt

VG Augsburg:  Urteil vom 26.10.2017 – Au 5 K 16.1303

Tatbestand


Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung und Umbau eines Sozialgebäudes zu einer Gemeinschaftsunterkunft (GU) für Asylbewerber sowie für einen Sozialdienst im Erdgeschoss (EG) und Kellergeschoss (KG).

Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft des nordwestlich an das beabsichtigte Baugrundstück angrenzenden Grundstücks Fl.Nr. * der Gemarkung … (…). Die Wohnungseigentümergemeinschaft besteht laut einem Auszug aus dem Liegenschaftskataster vom 18. November 2015 aus 65 Wohnungseigentümern. Auf dem Grundstück Fl.Nr. * der Gemarkung … befinden sich die Wohnanlagen der Klägerin, die aus zwei Gebäuden bestehen, die ohne seitliche Abstände unmittelbar aneinandergebaut sind.

Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. * der Gemarkung … (…), welches südlich an das Grundstück der Klägerin angrenzt. Auf diesem Grundstück befindet sich ein ca. 25 m bis 30 m langes und 10 m breites Sozialgebäude, das derzeit leer steht, sowie ein deutlich kleineres Nebengebäude (ca. 2 m x 6 m) am nördlichen Rand des Baugrundstücks.

Für die streitgegenständlichen Grundstücke bestehen keine planungsrechtlichen Festsetzungen. Sie liegen innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles der Beklagten. Östlich der Baugrundstücke verläuft die … Auf der den vorbezeichneten Grundstücken gegenüberliegenden Seite befinden sich nahezu ausschließlich Ein- bzw. bis zu achtstöckige Mehrfamilienhäuser.

Südlich des Baugrundstücks befinden sich die Grundstücke des … Beim … handelt es sich um ein ehemaliges Bahnbetriebswerk, welches nicht mehr als solches betrieben wird. Es befinden sich vereinzelte weitere Gebäude, die ehemals als Werkstätten, Verwaltungsgebäude und Unterkünfte für das Eisenbahnpersonal dienten. Der … wird derzeit als … genutzt und befindet sich noch weitgehend im Aufbau.

Die südlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücke mit den Fl.Nrn., … und … unterfallen sämtlich dem eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsvorbehalt. Auch das streitgegenständliche Baugrundstück unterfiel ursprünglich dem eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsvorbehalt. Mit Freistellungsbescheid des Eisenbahn-Bundesamtes vom 10. Februar 2015 wurde es von Bahnbetriebszwecken freigestellt.

Mit Formblatt vom 18. Dezember 2015 beantragte der Beigeladene bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung und Umbau eines Sozialgebäudes zu einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber sowie Räumen für einen Sozialdienst im EG und KG auf dem Grundstück Fl.Nr. * der Gemarkung … In einer Nutzungs- und Betriebsbeschreibung vom 10. Februar 2016 ist ausgeführt, dass das konkrete Vorhaben im Erdgeschoss und in beiden Obergeschossen die Eröffnung einer Gemeinschaftsunterkunft für bis zu 68 Asylbewerber, aufgeteilt auf 30 Zimmer, umfassen solle. Zudem sei im Erdgeschoss sowie im Kellergeschoss ein zugehöriger Sozialdienst samt zweier Büros geplant. Weiter wurde angegeben, dass in den Räumen des Sozialdienstes neben Verwaltungstätigkeiten persönliche Beratungsgespräche mit den Bewohnern stattfinden sollten, um diese zu unterstützen.

Mit Stellungnahme vom 17. März 2016 führte das Amt für Kinder, Jugend und Familie der Beklagten ergänzend aus, dass im streitgegenständlichen Gebäude ein Jugendtreffpunkt eingerichtet werden solle. Die Öffnungszeiten seien täglich von 16.00 Uhr bis 21.00 Uhr. Gewünscht sei auch eine Öffnung an Samstagen und Sonntagen. Weiter seien gelegentliche Veranstaltungen geplant, die auch bis 23.00 Uhr dauern könnten. Die Anzahl der Nutzer liege täglich bei ca. 50, bei Veranstaltungen bis 150. Mit Schreiben vom 19. Mai 2016 ergänzte das Amt für Kinder, Jugend und Familie das Vorbringen dahingehend, dass maximal acht Abendveranstaltungen im Jahr geplant seien. Die Art der Veranstaltung könne noch nicht näher bezeichnet werden. Aus Erfahrung mit anderen Jugendhäusern sei aber davon auszugehen, dass es sich um Poetry Slams oder Lesungen handeln werde. Kommerzielle Veranstaltungen seien ausgeschlossen.

Das im Baugenehmigungsverfahren angehörte Umweltamt Immissionsschutz der Beklagten führte mit Stellungnahme vom 3. Februar 2016 aus, dass keine Einwände gegen die Nutzungsänderung bestünden.

Die Klägerin hat die Baupläne des Beigeladenen nicht unterzeichnet.

Mit Bescheid der Beklagten vom 11. August 2016 (Gz.: …) wurde das Bauvorhaben des Beigeladenen nach Maßgabe des Bescheides und der beiliegenden geprüften Bauvorlagen genehmigt.

In den Gründen des Bescheids ist ausgeführt, dass das Vorhaben gemäß Art. 55 Bayerische Bauordnung (BayBO) genehmigungspflichtig sei. Es handle sich um einen Sonderbau. Unter Nr. IV „Hinweise“ ist unter A.3 ausgeführt, dass entsprechend der Antragsunterlagen in der Jugendbegegnungsstätte maximal acht Abendveranstaltungen (Veranstaltungen bis 23.00 Uhr) im Jahr geplant seien. Es würden keine kommerziellen Veranstaltungen stattfinden. Die Räumlichkeiten würden nicht im Sinne einer Vergnügungsstätte genutzt.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides der Beklagten vom 11. August 2016 wird ergänzend verwiesen.

Der Bescheid wurde öffentlich bekanntgemacht; der Klägerin wurde eine Ausfertigung zugestellt.

Die Klägerin hat gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 12. September 2016 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt,

Die Baugenehmigung der Beklagten vom 11. August 2016 (Az.: …) für die Nutzungsänderung und Umbau eines Sozialgebäudes zu einer Gemeinschaftsunterkunft (GU) für Asylbewerber sowie für einen Sozialdienst im EG und KG in der, Fl.Nr., Gemarkung, wird aufgehoben.

Zur Begründung der Klage ist mit Schriftsatz vom 16. November 2016 vorgetragen, dass die erteilte Baugenehmigung zu unbestimmt sei, da auf ihrer Grundlage nicht beurteilt werden könne, ob vom Vorhaben ausgehende Emissionen zu unzumutbaren (Lärm-)Immissionen in der Nachbarschaft, insbesondere auf den Grundstücken der Klägerin führen könnten. Die Baugenehmigungsbehörde sei verpflichtet, betroffene Nachbarn vor unzumutbaren Immissionen ausreichend zu schützen. Dem werde die Baugenehmigung nicht gerecht, da diese nicht die verschiedenen Nutzungs- und Betriebsbeschreibungen in Bezug nehme. Es sei bereits fraglich, ob das Schreiben des Amts für Kinder, Jugend und Familie der Beklagten den Bauantrag des Beigeladenen wirksam konkretisieren könne. Jedenfalls seien die geplanten Nutzungen nicht hinreichend konkretisiert worden. Der im Rahmen des angegriffenen Bescheids erteilte Hinweis unter Ziffer IV.A.3. bewirke keine wirksame Beschränkung der Baugenehmigung. Weiter sei das Bauvorhaben nicht gebietsverträglich. Aufgrund der dominierenden Wohnnutzung in der Umgebung sei von einem faktischen allgemeinen Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB), § 4 Baunutzungsverordnung (BauNVO) auszugehen. Das Vorhaben des Beigeladenen sei nicht gebietsverträglich, da die geplante Mischnutzung als Gemeinschaftsunterkunft einerseits und als Jugendzentrum andererseits unzumutbar sei. Auch sei das Gebot der Rücksichtnahme dadurch verletzt, dass ein absehbarer Schallschutzkonflikt weder ermittelt noch bewältigt worden sei. Die Stellungnahme des Umweltamtes im Baugenehmigungsverfahren sei noch vor der Nutzungs- und Betriebsbeschreibung des Beigeladenen sowie der ergänzenden Beschreibung des Amts für Kinder, Jugend und Familie, erfolgt. Deshalb sei die Tatsachengrundlage nicht hinreichend ermittelt worden. Darüber hinaus sei die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig, weil die Eingabeplanung auch Grundstücke umfasse, die nicht förmlich von Eisenbahnbetriebszwecken freigestellt worden seien. Die Eingabeplanung umfasse Außenanlagen auf dem Grundstück mit der Fl.Nr. * sowie die wegemäßige Erschließung über die Grundstücke mit den Fl.Nrn. * und … jeweils der Gemarkung … Bahnfremde bauliche Anlagen seien auf diesen Grundstücken ausgeschlossen.

Auf den weiteren Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 16. November 2016 wird ergänzend verwiesen.

Die Beklagte ist der Klage mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2017 entgegengetreten und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Drittanfechtungsklage habe keine Aussicht auf Erfolg. Der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren nachbarschützenden Rechten. Die Baugenehmigung sei inhaltlich hinreichend bestimmt. Der Nachbar könne die unzureichende inhaltliche Bestimmtheit der Baugenehmigung nur dann geltend machen, soweit hierdurch nicht sichergestellt sei, dass das genehmigte Vorhaben allen dem Nachbarschutz dienenden Vorschriften entspreche. Nach der im Verfahren vorliegenden Nutzungs- und Betriebsbeschreibung ergebe sich inhaltlich hinreichend bestimmt, in welchem Umfang die Sozialräume im EG und KG genutzt werden könnten. Nicht beantragt sei die Nutzung als Jugendbegegnungsstätte, wenn auch eine Beschreibung mit Datum vom 17. März 2016 hierfür vorliegen möge. Da eine Jugendbegegnungsstätte nicht beantragt und auch nicht genehmigt worden sei, sei unter Ziffer IV.A.3. der Baugenehmigung nur ein Hinweis aufgenommen worden. Auch sei das Bauvorhaben als gebietsverträglich zu beurteilen. Die genehmigten Nutzungen würden in jedem Fall dem vorhandenen Störpotenzial der umgebenden Nutzungen, insbesondere des angrenzenden Wohnens in Form von bis zu 8-geschossigem Geschosswohnungsbau in Form von Zeilen- und Blockrandbebauung sowie des Bahnparks entsprechen. Hierbei nicht mit einzubeziehen sei die beantragte und nicht genehmigte Nutzung als Jugendtreff, der als sozialadäquat zu beurteilen sei. Das Vorhaben füge sich hinsichtlich Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise sowie der überbaubaren Grundstückfläche gemäß § 34 Abs. 1 BauGB in die nähere Umgebung ein. Das Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt. Der Beurteilung des Umweltamtes/Abteilung Immissionsschutz liege nur die beantragte Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft und hier zugehörigem Sozialdienst zugrunde. Das Grundstück der Beigeladenen mit der Fl.Nr. * sei mit Bescheid vom 10. Februar 2015 zum Zeitpunkt 16. März 2015 von Bahnbetriebszwecken freigestellt worden. Damit sei das Fachplanungsprivileg des § 38 BauGB entfallen und es bestünde somit wieder die Planungshoheit der Beklagten. Ein Drittschutz sei hier nicht zu erkennen. Damit sei die Baugenehmigung auch nicht objektiv rechtswidrig.

Auf den weiteren Vortrag im Klageerwiderungsschriftsatz vom 4. Oktober 2017 wird ergänzend Bezug genommen.

Die Klägerin hat auf den Schriftsatz der Beklagten mit Schreiben vom 19. Oktober 2017 repliziert und ihr Vorbringen ergänzt und vertieft. Auf den Schriftsatz der Klägerin vom 19. Oktober 2017 wird ergänzend Bezug genommen.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 13. September 2016 wurde der Bauherr zum Verfahren notwendig beigeladen. Der Beigeladene hat sich im Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Am 26. Oktober 2017 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf die von der Beklagten vorgelegten Verfahrensakten verwiesen.

Gründe

Das Gericht konnte über die Klage der Klägerin verhandeln und entscheiden, ohne dass der Beigeladene an der mündlichen Verhandlung vom 26. Oktober 2017 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Der Beigeladene ist zur mündlichen Verhandlung form- und fristgerecht geladen worden.

Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.

1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die Klägerin klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO. Sie kann geltend machen, möglicherweise in eigenen Rechten verletzt zu sein. Die Klägerin grenzt mit dem Grundstück Fl.Nr. * der Gemarkung … unmittelbar im Nordwesten an das vom Beigeladenen in Aussicht genommene Baugrundstück an. Eine Nachbareigenschaft der Klägerin ist zweifelsfrei gegeben.

Die Klägerin ist als Wohnungseigentümergemeinschaft auch befugt, Rechte im Klageverfahren geltend zu machen (OVG NW, U.v. 20.11.2013 – 7 A 2341/11 – BauR 2014, 225; U.v. 6.7.2012 – 2 D 27/11ZfBR 2012, 684; OVG Berlin-Bbg, B.v. 7.8.2009 – 10 A 6.07 – juris Rn. 20). Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Als solche ist sie gemäß § 61 Nr. 2 VwGO im Klageverfahren beteiligungsfähig, da § 10 Abs. 6 Satz 1 und 2 WEG einer solchen Gemeinschaft die Rechtsfähigkeit verleiht.

Die Klägerin ist auch klagebefugt. § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG weist der Gemeinschaft nicht nur die Befugnis zur Wahrung eigener Rechte am Gemeinschaftseigentum zu, sondern auch die Ausübungsbefugnis für fremde Rechte im eigenen Namen der Gemeinschaft. Bei diesen geht es um bestimmte Rechte der einzelnen Wohnungseigentümer als Sondereigentümer. Das Gesetz geht damit über die Anerkennung der Rechtsfähigkeit hinaus und statuiert eine Ausübungsermächtigung und Prozessstandschaft des Verbands auch für individuelle Eigentümerrechte. Die Wahrnehmungskompetenz der Gemeinschaft erfasst die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer (§ 10 Abs. 6 Satz 3 Alt. 1 WEG) sowie die sonstigen Rechte der Wohnungseigentümer, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können (§ 10 Abs. 6 Satz 3 Alt. 2 WEG). Im letzteren Fall genügt es, wenn eine Ausübung durch die jeweilige Gemeinschaft für die Anspruchsdurchsetzung förderlich ist. Der Gegenstand des Anspruchs muss noch innerhalb der gemeinschaftlichen Verwaltung liegen und einen Bezug zum Verbandszweck aufweisen. Es handelt sich insoweit um Individualansprüche mit „Gemeinschaftsbezug“ (Beck OGK/Falkner, WEG, Kommentar, § 10 Rn. 466, zitiert nach beck-online).

Die Geltendmachung von Abwehransprüchen, die – wie hier – gegen ein durch eine Baugenehmigung ermöglichtes Vorhaben ausgelöst werden, können zur Ausübungsbefugnis der WEG-Gemeinschaft nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Alt. 2 WEG gehören (vgl. BayVGH, B.v. 24.7.2014 – 15 CS 14.949 – juris Rn. 19). Dies ist dann der Fall, wenn die befürchteten Beeinträchtigungen der Gemeinschaft nicht nur ein einzelnes Sondereigentum betreffen und daher die Ausübung des Rechts durch die Gemeinschaft der Anspruchsdurchsetzung förderlich, wenn vielleicht auch nicht zwingend ist. Dies ist vorliegend hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten, nicht abschätzbaren Lärmbetroffenheit der genehmigten Asylbewerberunterkunft mit angeschlossenem Sozialraum der Fall. Diesbezüglich kann sich die Klägerin möglicherweise auf einen Verstoß gegen das Gebot des Einfügens nach Art der Nutzung (§ 34 Abs. 2 BauGB) bzw. auf eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme berufen (§ 34 Abs. 1 BauGB bzw. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 BauNVO). Diesbezüglich bestehen keine Zweifel am Vorliegen einer Klagebefugnis für die Klägerin für das von ihr angestrengte Klageverfahren.

2. Die Klage ist auch begründet.

Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 11. August 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin besitzt daher einen Anspruch auf Aufhebung der dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung.

Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Die Beklagte ist bei der Erteilung der Baugenehmigung vom Vorliegen eines Sonderbaus nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 11 BayBO ausgegangen (vgl. hierzu für Asylbewerberunterkünfte Dirnberger in Simon/Busse/Dirnberger, BayBO, Stand Mai 2017, Art. 2 Rn. 455). Bei einem Sonderbau ergibt sich der Prüfungsumfang der Bauaufsichtsbehörde aus Art. 60 BayBO.

Die Klägerin kann die Baugenehmigung mit dem Ziel ihrer Aufhebung nur dann erfolgreich angreifen, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die auch dem nachbarlichen Schutz dienen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Ein Rechtsanspruch auf Aufhebung einer erteilten Baugenehmigung bzw. eines Vorbescheides steht einem Nachbar nicht schon dann zu, wenn der Bauvorbescheid bzw. die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr müssen durch den Rechtsverstoß zugleich nachbarliche Rechte verletzt werden. Das ist dann der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt ist, ihr mithin drittschützende Wirkung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris).

Für einen Erfolg der Klage genügt es daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke dienen. Eine Nachbarklage kann allerdings auch dann Erfolg haben, wenn ein Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – IV C 22.75BVerwGE 52, 122 ff.). Demnach beschränkt sich der verwaltungsgerichtliche Prüfungsumfang auf die Frage, ob die Klägerin in nachbarschützenden Rechten verletzt ist (vgl. BVerwG, U.v. 28.10.1993 – 4 C 5/93NVwZ 1994, 686; OVG RHPf, B.v. 8.2.2012 – 8 B 1001/12. OVG – BauR 2012, 931 f.).

3. Durch die streitgegenständliche Baugenehmigung wird die Klägerin in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, da diese hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Fragen zu unbestimmt ist und daher eine Verletzung von Nachbarrechten nicht auszuschließen ist, wenn das Bauvorhaben des Beigeladenen wie genehmigt umgesetzt wird.

Hinsichtlich der Verletzung in eigenen Rechten der Klägerin bedarf es vorliegend keiner Entscheidung darüber, ob das vom Beigeladenen beabsichtigte Bauvorhaben sich innerhalb eines faktischen allgemeinen Wohngebietes gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO befindet oder ob die maßgebliche nähere Umgebung einer bloßen Gemengelage mit einem nicht der Typisierung der BauNVO entsprechendem Nebeneinander von Wohnnutzung und westlich an die Grundstücke von Klägerin und Beigeladenem angrenzender Eisenbahnnutzung entspricht.

Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung im unbeplanten Innenbereich einem Baugebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 1 Abs. 2, §§ 2 ff. BauNVO, so hat der mit seinem Grundstück im selben Baugebiet gelegene Nachbar einen Schutzanspruch auf Wahrung der Gebietsart, der über das Rücksichtnahmegebot hinausgeht (vgl. BVerwG, B.v. 11.4.1996 – 4 B 51/96NVwZ-RR 1997, 463). Gemäß § 34 Abs. 2 BauGB beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem jeweiligen Baugebiet allgemein oder ausnahmsweise zulässig wäre. Bei der Bestimmung der „näheren Umgebung“ im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB ist darauf abzustellen, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die Umgebung und andererseits die Umgebung auf das Baugrundstück prägend auswirken kann. Als nähere Umgebung ist der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann, und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch zumindest beeinflusst.

Hingegen bleibt bei Annahme einer bloßen Gemengelage bereits begrifflich kein Raum für einen der Klägerin Drittschutz vermittelnden Gebietserhaltungs- bzw. Gebietsprägungserhaltungsanspruch.

Es bedarf aber auch keiner Entscheidung darüber, ob es sich bei der näheren Umgebung vorliegend um ein faktisches allgemeines Wohngebiet, wie von der Klägerin vorgetragen, handelt. In einem solchen wäre die vom Beigeladenen beabsichtigte zentrale Nutzung als Asylbewerberunterkunft allgemein zulässig. Eine Nutzung zur Unterbringung von Asylbewerbern ist, selbst wenn sie nicht als Wohnnutzung eingestuft werden sollte, in einem allgemeinen Wohngebiet als Anlage für soziale Zwecke gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO regelmäßig zulässig (vgl. BVerwG, B.v. 4.6.1997 – 4 C 2/96NVwZ 1998, 173). Eine Asylbewerberunterkunft ist somit auch in einem allgemeinen Wohngebiet grundsätzlich mit der umgebenden Wohnbebauung verträglich.

4. Ungeachtet der Einstufung der näheren Umgebung als Gemengelage bzw. als faktisches allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO ist die streitgegenständliche Baugenehmigung in nachbarrechtlicher Hinsicht zu unbestimmt und verstößt daher gegen das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme.

a) Nach Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein; eine hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Umstände unbestimmte Baugenehmigung, in deren Folge die Verletzung von Nachbarrechten bei der Ausführung des Vorhabens nicht auszuschließen ist, begründet regelmäßig ein nachbarliches Abwehrrecht (vgl. OVG NRW, U.v. 15.5.2013 – 2 A 3010/11 – juris; OVG RhPf, B.v. 26.9.2013 – 8 A 10587/13.OVG – juris). In nachbarrechtlicher Hinsicht verlangt das Bestimmtheitsgebot, dass der Baugenehmigung und den mit ihr genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit zu entnehmen ist, dass nur solche Nutzungen erlaubt sind, die Nachbarrechte nicht beeinträchtigen können. Hinsichtlich des von dem Vorhaben ausgehenden und von der Klägerin gerügten Lärmgeschehens ist erforderlich, dass mit der Baugenehmigung durch hinreichend konkrete Festlegungen sichergestellt ist, dass durch die genehmigte Nutzung keine unzumutbaren Lärmbelästigungen auf das klägerische Grundstück ausgehen.

Die Baugenehmigungsbehörde ist demnach verpflichtet sicherzustellen, dass betroffene Nachbarn vor unzumutbaren Immissionen ausreichend geschützt werden. Erforderlichenfalls ist dies durch Auflagen sicherzustellen, auf die der Nachbar einen Anspruch besitzt (BayVGH, U.v.16.11.2006 – 26 B 03.2486 – juris). Diesem Anspruch kann eine Baugenehmigung nur gerecht werden, wenn sie Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lässt, damit einerseits der Bauherr die Bandbreite der für ihn legalen Nutzungen zweifelsfrei feststellen kann und andererseits für Drittbetroffene das Maß der für sie aus der Baugenehmigung erwachsenden Betroffenheit deutlich wird.

Eine dem Bestimmtheitsgebot genügende Aussage muss aus der Baugenehmigung selbst – gegebenenfalls durch Auslegung – ersichtlich sein, wobei die mit Zugehörigkeitsvermerk versehenen Bauvorlagen bei der Ermittlung des objektiven Erklärungsinhalts von Bauvorbescheid und Baugenehmigung herangezogen werden können (OVG NRW, U.v. 25.8.2011 – 2 A 38/10 –, NVwZ – RR 2012, 132). Wenn der Bauvorbescheid bzw. die nachfolgende Baugenehmigung und die genehmigten Bauvorlagen hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Baumaßnahmen so unbestimmt sind, dass bei der Ausführung des Bauvorhabens eine Verletzung von Nachbarrechten nicht auszuschließen ist, so sind Bauvorbescheid und Baugenehmigung als nachbarrechtswidrig aufzuheben (vgl. OVG RhPf, U.v. 2.5.2013 – 1 A 11021/12.OVG –, NVwZ – RR 2013, 794). Verbleiben Abgrenzungsunschärfen im Hinblick auf die Reichweite und die Art der zugelassenen Nutzung, ist im Zweifel ein nachbarlicher Abwehranspruch gegeben (vgl. BayVGH, B.v. 28.10.2015 – 9 CS 15.1633 –, juris).

b) An dieser Stelle ist zwischen der Nutzung als bloße Asylbewerberunterkunft und der beabsichtigten Nutzung als Sozialraum für die „Jugendsozialarbeit“ zu differenzieren.

Bezüglich der beabsichtigten Nutzung als Asylbewerberunterkunft mit bis zu 68 Asylbewerbern (30 Räume) sind die streitgegenständliche Baugenehmigung und die mit ihr genehmigten Bauvorlagen hinreichend bestimmt und nicht geeignet, eine Verletzung von drittschützenden Rechten der Klägerin zu begründen. Zwar fehlt auch hier eine entsprechend mit Genehmigungsvermerk der Beklagten versehene Betriebsbeschreibung. Einer solchen bedarf es jedoch nach Auffassung der Kammer für die insoweit beabsichtigte Nutzung als bloße Asylbewerberunterkunft nicht, weil die geplante Nutzung nach dem vorliegenden Bauantrag und den eingereichten Bauvorlagen der typischen Nutzung einer Asylbewerberunterkunft entspricht (vgl. BayVGH, B.v. 28.8.2017 – 9 ZB 14.1283 – juris Rn. 6 für ein Feuerwehrgerätehaus). Mit der zum Baugesuch beigefügten Erklärung des Beigeladenen vom 10. Februar 2016 und den mit Genehmigungsvermerk versehenen Planunterlagen ist für die Klägerin insoweit hinreichend abschätzbar, mit welchen Folgen sie aufgrund der beabsichtigten künftigen Nutzung als Asylbewerberunterkunft zu rechnen hat. Da das grundstücksbezogene Baurecht darüber hinaus keinen Raum für einen irgendwie gearteten Milieuschutz gibt, entspricht die Baugenehmigung für die Nutzungsart „Asylbewerberunterkunft“ der inhaltlichen Bestimmtheit. Dies gilt auch im Hinblick auf eine Nutzung der sich im Erdgeschoss und Untergeschoss befindlichen größeren Räume (82 bzw. 55 qm), wenn sich diese im Umfang der ursprünglichen Nutzungs- bzw. Betriebsbeschreibung vom 10. Februar 2016 halten würde. In dieser ist ausgeführt, dass in den Räumen Gespräche mit den Bewohnern (Asylbewerbern) stattfinden sollen, um diese zu unterstützen. In den geplanten Büros würden Verwaltungstätigkeiten sowie persönliche Beratungsgespräche durchgeführt. Bei einer Nutzung in diesem beschränkten Umfang der sich im EG und UG befindlichen großen Räume würde es sich noch um eine typischerweise mit der genehmigten Nutzung als Asylbewerberunterkunft verbundene Nutzung handeln, die hinsichtlich der hiermit verbundenen nachbarlichen Folgen rechtlich unbedenklich wäre. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass insoweit keine Nutzungsöffnung für Externe stattfinden würde und sich der Benutzerkreis auf die Bewohner des Hauses und das angestellte Betreuungspersonal beschränken würde. Auch wäre mit einer solchen beschränkten Nutzung voraussichtlich keine Inanspruchnahme der Räumlichkeiten zur Nachtzeit verbunden.

c) Anders verhält sich dies jedoch mit der beabsichtigten weitergehenden Nutzung der großen Räume im EG und UG für die Nutzungsart „Jugendtreff – Jugendbegegnungshaus“. Hierbei handelt es sich nach Auffassung der Kammer um eine zur geplanten Nutzung als Asylbewerberunterkunft hinzutretende gesonderte spezifische Nutzungsart, da diesbezüglich insbesondere nach den Stellungnahmen des Amtes für Kinder, Jugend und Familie vom 17. März 2016 bzw. 9. Mai 2016 eine Nutzung der Einrichtung auch durch externe Personen in beträchtlichem Umfang angestrebt ist. Die vom Amt für Kinder, Jugend und Familie beabsichtigte zusätzliche Nutzung des Bauvorhabens wird im Genehmigungsbescheid in der Vorbemerkung Ziffer I Nr.2 („Sozialdienst für Jugendsozialarbeit“), den Hinweisen (Ziffer IV.A.3 „Jugendbegegnungsstätte“) und im Eingabeplan („Räume für Jugendsozialarbeit“) jedenfalls teilweise aufgenommen. In welchem konkreten Umfang die Vorstellungen des Amts für Kinder, Jugend und Familie jedoch mit dem Bescheid vom 11. August 2016 genehmigt werden sollten, lässt dieser völlig offen.

Zur beabsichtigten Nutzung ist ausgeführt, dass eine tägliche Öffnung von 16.00 Uhr bis 21.00 Uhr auch an Wochenenden beabsichtigt ist und darüber hinaus Veranstaltungen von mit bis zu 150 Besuchern, die im Einzelfall auch bis 23.00 Uhr dauern können, angedacht seien. Mit Schreiben vom 9. Mai 2016 hat das Amt für Kinder, Jugend und Familie der Beklagten weiter ausgeführt, dass in den Räumlichkeiten im EG und UG maximal acht Abendveranstaltungen im Jahr geplant seien, für die jedoch noch kein Nutzungskonzept vorliege. In dem zum Gegenstand der Baugenehmigung erklärten Eingabeplan sind die südlich an das Gebäude der Klägerin unmittelbar angrenzenden größeren Räume im Umfang von insgesamt 137 qm als Räume für die „Jugendsozialarbeit“ mit flexibler Raumeinteilung erklärt. Auch insoweit bleibt in den genehmigten Plänen die konkrete Nutzung der jeweiligen Räume offen.

d) Im vorliegenden Fall ist eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu Lasten der Klägerin hinsichtlich der Lärmbelastung durch die beabsichtigte Nutzung als Räume für die Jugendsozialarbeit nicht auszuschließen, denn durch die streitgegenständliche, mit der Klage angegriffene Baugenehmigung wird nicht hinreichend sichergestellt, dass die Klägerin als betroffene Nachbarin vor unzumutbaren Immissionen ausreichend geschützt wird. Insbesondere finden sich in der Baugenehmigung selbst keine entsprechenden Regelungen zur Vorsorge gegen das Entstehen entsprechender Immissionsbelastungen. Auch finden sich keine vollziehbaren Auflagen mit entsprechendem Inhalt.

Zwar könnte das Bestimmtheitsgebot insofern gewahrt werden, als eine hinreichende Betriebs- und Nutzungsbeschreibung von der zuständigen Bauordnungsbehörde zum Gegenstand der Baugenehmigung selbst oder ihrer Nebenbestimmungen gemacht wird (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 15 ZB 16.398 – juris Rn. 22; B.v. 17.6.2016 – 15 ZB 15.644 – juris Rn. 6). Zwar findet sich in den Hinweisen (Ziffer IV der Baugenehmigung) unter Allgemeines (A.), dass entsprechend der Antragsunterlagen in der Jugendbegegnungsstätte maximal acht Abendveranstaltungen (Veranstaltungen bis 23.00 Uhr) im Jahr geplant sind, dass keine kommerziellen Veranstaltungen stattfinden sollen und dass die Räumlichkeiten nicht im Sinne einer Vergnügungsstätte genutzt werden (Nr. 3.).

Dieser bloße Hinweis stellt keine vollziehbare Nebenbestimmung zur Baugenehmigung im Sinne von Art. 36 BayVwVfG dar, da er selbst keinen Regelungscharakter aufweist (vgl. Lechner in Simon/Busse, BayBO, Stand: Mai 2017, Art. 68 Rn. 422). Der der streitgegenständlichen Baugenehmigung beigefügte Hinweis wiederholt vom Wortlaut her die Stellungnahme des Amts für Kinder, Jugend und Familie vom 9. Mai 2016. Auch diesbezüglich fehlt es am erforderlichen Regelungscharakter und mangelt es an einem Verweis auf eine Nutzungs- oder Betriebsbeschreibung für die Räume der geplanten Jugendsozialarbeit. Ungeachtet der offensichtlich ins Auge gefassten zusätzlichen Nutzung der beiden größeren Räume im EG bzw. UG für die Jugendsozialarbeit und einer angedachten zumindest temporären Nutzung für eine größere Zahl von Veranstaltungen auch zur Nachtzeit nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) bzw. der Richtlinie des LAI zur Beurteilung der von Freizeitanlagen verursachten Geräusche (Freizeitlärm-Richtlinie) hat die Beklagte es versäumt, Regelungen hinsichtlich des Schutzes der Nachbarn vor unzumutbaren Immissionen zu treffen. Gerade die geplante Zahl von Veranstaltungen, deren Dauer bis in die Stunden der Nachtzeit (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) bzw. in den Ruhezeiten nach der Freizeitlärm-Richtlinie (20.00 Uhr bis 22.00), der für Externe geöffnete Nutzerkreis und eine Besucherzahl von zeitweise bis zu 150 Personen hätte es für die Beklagte nahe legen müssen, durch die Aufnahme von Nebenbestimmungen hinreichend Vorsorge bezüglich der im Norden angrenzenden Wohnnutzung der Klägerin zu treffen. Dies gilt umso mehr, als sich die in Aussicht genommenen Räume im EG bzw. UG an der unmittelbar dem Wohngebäude der Klägerin zugewandten Seite befinden.

Der von der Beklagten vorgelegten Bauakte ist zu entnehmen, dass bezüglich der mit Stellungnahmen vom 17. März 2016 bzw. 9. Mai 2016 gegenüber der ursprünglichen Nutzungsplanung erweiterten Nutzung als Jugendtreff bzw. Jugendbegegnungsstätte keine immissionsschutzfachliche Beurteilung (mehr) stattgefunden hat. Es liegt lediglich eine Stellungnahme des zuständigen Umweltamtes/Immissionsschutz vom 3. Februar 2016 vor, wonach gegen das Bauvorhaben keine Einwände bestünden. Diese fachliche Einschätzung bezog sich aber offensichtlich auf die ursprüngliche Betriebskonzeption als Asylbewerberheim mit Sozialdiensträumen, wie sie in der nachfolgenden Betriebsbeschreibung vom 10. Februar 2016 vom Beigeladenen konkretisiert wurde. Eine fachtechnische Würdigung der nachfolgend insbesondere mit Stellungnahmen des Amtes für Kinder, Jugend und Familie vom 17. März 2016 bzw. 9. Mai 2016 beabsichtigten Nutzungserweiterung um einen „Jugendtreff – Jugendbegegnungsstätte“ hat, soweit ersichtlich, vor Erlass der Baugenehmigung nicht mehr stattgefunden.

e) Für die Bewältigung der zutage getretenen Konfliktlage zwischen der Wohnnutzung der Klägerin einerseits und der beabsichtigten teilweisen Nutzung als „Jugendtreff – Jugendbegegnungsstätte“ andererseits ist der in die Baugenehmigung aufgenommene Hinweis ohne verbindlichen Regelungscharakter völlig unzureichend.

Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass sich die beabsichtigte Nutzung der großen Räume im EG bzw. UG als Jugendtreff bzw. Jugendbegegnungsstätte noch innerhalb der beantragten und genehmigten Nutzungsänderung für einen Sozialdienst bewege. Der im Baugenehmigungsbescheid gewählte Vorhabenszweck rekurriert auf die ursprünglich vorgelegenen Pläne, wie sie Gegenstand der Bau- und Betriebsbeschreibung vom 10. Februar 2016 waren. Mit den im Verfahren später erfolgten Erweiterungen der Nutzungskonzeption um einen Jugendtreff/eine Jugendbegegnungsstätte und der damit verbundenen Erweiterung des Benutzerkreises auf externe Personen und die Durchführung von Veranstaltungen auch in der Nachtzeit nach TA Lärm bzw. der Freizeitlärm-Richtlinie handelt es sich um eine von der ursprünglichen Betriebskonzeption (10.2.2016) abweichende neue Nutzungsqualität, die im Hinblick auf die unmittelbar angrenzende Wohnnutzung der Klägerin einer entsprechenden Regelung bedurft hätte, um unzumutbare Lärmimmissionen auszuschließen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die geplante Zahl der Nutzer (bis zu 150) und die im Genehmigungsbescheid letztlich offen gebliebene Zahl der geplanten Veranstaltungen und deren Dauer. Im Hinblick auf die beabsichtigte Nutzungserweiterung auch auf externes Publikum wird auch die Stellplatzfrage in anderer Qualität berührt bzw. neu aufgeworfen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Zufahrt unmittelbar zwischen den Gebäuden von Klägerin und Beigeladenem vorgesehen ist. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass auch eine Jugendbegegnungsstätte isoliert betrachtet eine Anlage für soziale Zwecke darstellt, die auch in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO i.V.m. § 34 Abs. 2 BauGB allgemein zulässig sein kann. Ungeachtet dessen bedarf es jedoch stets einer Einzelfallbetrachtung anhand der gesetzlichen Bestimmung des § 15 Abs. 1 BauNVO, ob das genehmigte Bauvorhaben nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt bzw. zumindest verstoßen kann. Um einen derartigen Verstoß sicher auszuschließen, bedarf es gegebenenfalls der Festsetzung erforderlich werdender vollziehbarer Nebenbestimmungen (Art. 36 BayVwVfG). In diesem Punkt ist der mit der Klage angegriffene Bescheid der Beklagten defizitär.

f) Nicht geeignet, einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme durch fehlende inhaltliche Bestimmtheit des Bescheids auszuschließen, ist auch der von der Beklagten erfolgte Hinweis auf die Bestimmung in Nr. 7.2 der TA Lärm, wonach Lärmwertüberschreitungen wegen voraussehbarer Besonderheiten beim Betrieb einer Anlage an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres unbeachtlich und hinzunehmen sind (Seltene Ereignisse). Zum einen bestehen bereits erhebliche Bedenken an der Anwendbarkeit der TA Lärm im vorliegenden Fall. Nach Nr. 1.b, h TA Lärm ist diese auf nicht genehmigungsbedürftige Freizeitanlagen bzw. Anlagen für soziale Zwecke bereits nicht anwendbar. Sie erfasst auch nur Geräusche, die durch technische Anlagen hervorgerufen werden (Landmann/Rohmer, Umweltrecht, TA Lärm Nr. 1 Rn. 23). Darüber hinaus bedürfte es insoweit voraussehbarer Besonderheiten beim Betrieb der jeweiligen Anlage. Dies setzt aber zunächst ein irgendwie geartetes, festgeschriebenes Nutzungskonzept für die Einrichtung selbst voraus, auf dessen Grundlage dann beurteilt werden kann, ob es sich um voraussehbare Besonderheiten handelt, die eine Einhaltung der grundsätzlich geltenden Lärmrichtwerte im Einzelfall ausschließt. An dieser grundsätzlichen Betriebskonzeption, die eine Einhaltung geltender Lärmrichtwerte grundsätzlich garantiert, fehlt es vorliegend bereits. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Freizeitlärm-Richtlinie bezüglich der dort eröffneten Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz (Nr. 4.4).

4. Zusammenfassend erweist sich die Baugenehmigung wegen fehlender inhaltlicher Bestimmtheit des genehmigten Nutzungsumfanges und der daraus resultierenden fehlenden Möglichkeit einer Überprüfung und Beurteilung möglicher unzumutbarer Auswirkungen auf die Klägerin als rechtswidrig. Wie aufgezeigt, lässt sich dieser Bestimmtheitsmangel auch nicht im Wege der Auslegung der Baugenehmigung beheben.

Auf die Frage, ob das Vorhaben gegen weitere drittschützende Vorschriften verstößt, kommt es für die Entscheidung nicht mehr an. Dies gilt insbesondere für den von der Klägerin erfolgten Hinweis auf einen bestehenden eisenbahnrechtlichen Planvorbehalt. Dies bedarf keiner vertiefenden Betrachtung, da selbst bei Bestehen eines solchen, der Umstand nicht geeignet wäre, der Klägerin Drittschutz zu vermitteln.

5. Nachdem die Baugenehmigung keine ausreichenden Vorkehrungen gegen eine Lärmbetroffenheit der Klägerin im Rahmen der beabsichtigten Nutzung jedenfalls für Zwecke der Jugendsozialarbeit trifft, kann die Verletzung des Rücksichtnahmegebots der Klägerin gegenüber nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 11. August 2016 war daher antragsgemäß aufzuheben. Eine bestandserhaltende Teilung der Baugenehmigung hinsichtlich des Gegenstandes der Genehmigung als bloße Asylbewerberunterkunft war dem Gericht verwehrt, da es sich um einen einheitlichen Antragsgegenstand der Nutzungsänderung in eine Asylbewerberunterkunft mit angeschlossener Nutzung zweier Räume im EG und UG für einen Sozialdienst bzw. für Zwecke der Jugendsozialarbeit handelt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen. Nachdem der Beigeladene sich ohne Antragstellung keinem Prozesskostenrisiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Aufwendungen selbst zu tragen hat.

Die Entscheidung über die vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).