Ax Rechtsanwälte

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Unsere Teams stellen sich vor – Team Durchführung von komplexen Konzeptvergaben (7)

Ax Rechtsanwälte empfehlen sich für die Durchführung von komplexen Konzeptvergaben


Mit mehr oder weniger Vergaberecht

Klärung, ob die jeweilige Konzeptvergabe dem und wenn ja welchem Vergaberecht unterworfen ist

Zunächst ist eine Klärung erforderlich, ob die jeweilige Konzeptvergabe dem und wenn ja welchem Vergaberecht unterworfen ist.

Beschränkt sich die Rolle der Gemeinde ausschließlich auf die Rolle eines Grundstücksverkäufers, wird sie jedenfalls wenn die Initiative zur Grundstücksveräußerung von ihr selbst ausgeht aufgrund ihrer Bindung an den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ein transparentes und diskriminierungsfreies Auswahl- bzw. Bieterverfahren zur Auswahl der Käufer durchführen müssen. Insbesondere müssen die Durchführung des Bieterverfahrens und die Bedingungen für die Auswahlentscheidung hinreichend publik gemacht werden. Während des Bieterverfahrens muss sich die Kommune an die von ihr selbst aufgestellten Bedingungen halten und die Gleichbehandlung der Kaufinteressenten gewährleisten.

Zwar gilt grundsätzlich, dass das GWB-Vergaberecht auf einen reinen Veräußerungsvorgang wie den Verkauf eines städtischen Grundstücks nicht anwendbar ist, weil keine Beschaffung der öffentlichen Hand vorliegt. Auch die Ausübung städtebaulicher Regelungszuständigkeiten wie der Erlass eines Bebauungsplans stellt keine Beschaffung dar.

Vergaberecht kommt aber dann ins Spiel, wenn in der Grundstücksveräußerung quasi eine eingekapselte Beschaffung von Leistungen durch die Kommune liegt. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn mit der Grundstücksveräußerung eine Bauleistung verbunden ist, die der Stadt unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt und bei der die Stadt einen entscheidenden Einfluss auf Art und Planung der Bauleistung hat (§ 103 Abs. 3 Satz 2 GWB). Von einem unmittelbaren wirtschaftlichen Interesse eines öffentlichen Auftraggebers an einer Bauleistung ist nach der Grundsatzentscheidung des EuGH in der Rechtssache Helmut Müller (Urt. v. 25.3.2010 C-451/08) dann auszugehen, wenn der öffentliche Auftraggeber

– Eigentümer der Bauleistung oder des zu errichtenden Bauwerks werden soll,

– über einen Rechtstitel verfügen soll, der ihm die Verfügbarkeit der Bauwerke, die Gegenstand des Auftrags sind, im Hinblick auf die öffentliche Zweckbestimmung sicherstellt,

– wirtschaftliche Vorteile aus der zukünftigen Nutzung oder Veräußerung des Bauwerks ziehen kann,

– an der Erstellung des Bauwerks finanziell beteiligt ist (etwa in Form eines Baukostenzuschusses) oder

– Risiken im Fall eines wirtschaftlichen Fehlschlags des Bauwerks trägt.

Beihilfenrechtlich kann die Veräußerung kommunaler Liegenschaften unter ihrem Marktwert eine rechtswidrige Beihilfe zugunsten des kaufenden Unternehmens darstellen. Ausschließen lässt sich der Beihilfetatbestand grundsätzlich durch die Durchführung eines wettbewerblichen, transparenten, diskriminierungs- und bedingungsfrei ausgestalteten Bieterverfahrens.

Bedingungsfrei in diesem Sinne ist eine Ausschreibung nach Auffassung der EU-Kommission allerdings nur dann, wenn grundsätzlich jeder potenzielle Bieter teilnehmen und den zum Verkauf stehenden Vermögenswerte für eigene Zwecke zu nutzen kann. Verknüpft die öffentliche Hand die Grundstücksveräußerungen mit bestimmten Bedingungen, kann das potenzielle Bieter abschrecken oder sich negativ auf die Höhe des Angebots auswirken.

Ein Höchstgebot in einem solchen Ausschreibungsverfahren würde dann nicht notwendigerweise den Marktpreis widerspiegeln. Allerdings kann der Marktwert eines Grundstücks u.U. auch anders nachgewiesen werden. Ein vor Abschluss des Kaufvertrags eingeholtes Wertgutachten kann dafür ein geeignetes Mittel sein.

Wenn die Veräußerung eine Binnenmarktrelevanz aufweist, kann eine Gemeinde einer Verpflichtung zur Durchführung eines transparenten Bieterverfahrens mit sachgerechten Vergabekriterien und verfahrensmäßigen Mindeststandards unterliegen. Von einer Binnenmarktrelevanz ist dann auszugehen, wenn an dem Erwerb ein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse seitens Unternehmen aus anderen EU-Staaten besteht. Dabei spielen grundsätzlich Faktoren wie der Wert oder der Ausführungsort (Grenznähe) eine Rolle. Ist danach ein Bieterverfahren erforderlich, so muss die Kommune ihre Veräußerungsabsicht ausreichend publik machen (z.B. in der überregionalen Presse, Immobilienanzeigern, u.U. auch als freiwillige Bekanntmachung im Amtsblatt der EU). Die Auswahl des Investors bzw. des Angebots hat anhand transparenter Anforderungen an die Eignung des Unternehmens und die Auswahl des Angebots (Preis, zweckmäßigerweise aber auch anhand von Konzepten, z.B. zu Aspekten der Nachhaltigkeit oder der Architektur) zu erfolgen.

Verfahrensarten bei nationaler und europaweiter Vergabe der Baukonzession

Die Erfahrungen bisheriger Konzeptvergaben zeigen, dass häufig ein Erörterungsbedarf und zumeist auch ein Anpassungsbedarf bei den jeweiligen Konzepten bestehen. Insoweit kommt national die freihändige Vergabe analog § 3 Abs. 3 VOB/A zur Anwendung. Bei einer europaweiten Vergabe ist die Kommune bei der Ausgestaltung des Verfahrens als Konzessionsgeber nach § 12 Abs. 1 Satz 1 KonzVgV frei. Danach bietet es sich an, entweder das Verfahren in Form eines Verhandlungsverfahrens in Orientierung an § 3b EU Abs. 3 VOB/A oder in Form des wettbewerblichen Dialoges nach § 3b EU Abs. 4 VOB/A durchzuführen. Andere Verfahrensarten, also das offene oder das nicht offene Verfahren nach § 3b EU Abs. 2 VOB/A, können ebenfalls herangezogen werden, sind aber nicht auf einen Konzeptwettbewerb ausgelegt.

Konzeptvergaben außerhalb des formalen Vergaberechts

Unterfällt der Grundstücksverkauf nicht dem formalen Vergaberecht, insbesondere weil mit dem Verkauf keine Bauverpflichtung verbunden ist, kann der Verkauf ohne konkrete vergaberechtliche formale Vorgaben ausgestaltet werden. Es können dann eigene, nicht den formalen Zwängen des Europäischen Vergaberechts unterliegende Verfahrensgestaltungen gewählt werden. Eine dieser Möglichkeiten, die sich in der Praxis bereits etabliert hat, ist die sog. Anhandgabe. Hierbei bewerben sich Kaufinteressierte oder eine Kaufinteressiertengruppe (dies kann auch eine Wohnprojektgruppe sein) bei der Kommune mit ihrem wohnungs- oder städtebaulichen Konzept. Bei Auftreten mehrerer Interessenten wählt die Kommune unter Beachtung sozialer, städtebaulicher oder anderer von ihr selbst entwickelter Kriterien eine interessierte Gruppe aus. Dieser wird das Grundstück in der Regel für ein Jahr „anhand“ gegeben. Während dieser Zeit kann sie ihre Planung konkretisieren, die Finanzierung klären und die Baugenehmigung beantragen. Liegt nach Ablauf des Jahres kein schlüssiges, umsetzbares Konzept mit einer soliden Finanzplanung vor oder distanziert sich die Interessengruppe von ihrer ursprünglichen Idee, endet die Anhandgabe und die Kommune kann wieder frei über ihr Grundstück verfügen. Anhandgaben können durch die Kommunen kostenlos gewährt werden oder mit der Regelung, dass ein bestimmter Prozentsatz des Kaufpreises zu zahlen ist, der dann im Falle des Grundstückserwerbs auf den Kaufpreis angerechnet wird. Auch bei der Anhandgabe erfolgt der Zuschlag an denjenigen, der das beste Konzept vorstellt, nicht aber an den, der den höchsten Preis offeriert.