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VergabeManagement - VergMan ® Bau: Entscheidungen im Volltext

Sofern für einzelne Leistungsbestandteile ein eigener funktionierender Markt existiert und die Leistungserbringung nicht aus einer Hand erfolgen muss, erfolgt die Beschaffung losweise.
Die Beantwortung der Frage, ob technische oder wirtschaftliche Gründe es im Sinne des Gesetzes „erfordern“, von einer Losbildung abzusehen, setzt eine Bewertung voraus. Dabei steht dem Auftraggeber wegen der dabei anzustellenden prognostischen Überlegungen eine Einschätzungsprärogative zu.
Die Frage, ob gemäß § 97 Abs. 4 GWB Fachlose zu bilden sind, ist für jede in Betracht kommende Leistung getrennt zu beantworten. Das bedeutet zum einen, dass die „wirtschaftlichen oder technischen Gründe“, die die Norm verlangt, sich auf die jeweilige Leistung beziehen müssen, die für eine getrennte Losvergabe in Betracht kommt. Globale, also das gesamte Vorhaben betreffende Überlegungen können nur dann berücksichtigt werden, wenn sie auch und gerade die jeweilige Leistung erfassen. Andererseits ist damit auch klar, dass die Entscheidung über die Bildung eines Fachloses für eine bestimmte Leistung keine Aussage darüber trifft, ob auch für andere Leistungen Fachlose zu bilden sind, oder ob der „Rest“ des geplanten Projekts einheitlich vergeben werden kann.
Gründe, die im Verantwortungsbereich des Auftraggebers liegen, können grundsätzlich keine Gesamtvergabe rechtfertigen. Die Sicherstellung ausreichender Personalkapazitäten liegt im Verantwortungsbereich des Antragsgegners. Steigende Personalkosten auf Grund von notwendigen Neueinstellungen können daher grundsätzlich keine Gesamtlosvergabe begründen.
Das Vergaberecht sieht grundsätzlich keine „Flucht ins vergabefreie Privatrecht“ vor, indem viele Leistungen „gesamt“ an einen Auftragnehmer vergeben werden, damit dieser dann, ohne dem Vergaberecht unterworfen zu sein, die einzelnen Leistungsbestandteile an Nachunternehmer vergibt.
VK Westfalen, Beschluss vom 13.08.2021 – VK 3-26/21 (nicht bestandskräftig)

Gründe

I.

Der Antragsgegner schrieb im offenen Verfahren durch Bekanntmachung vom 23.04.2021 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union unter der Nummer 2021/… Betreuungsdienstleistungen in den Zentralen Unterbringungseinrichtungen (nachfolgend „ZUE“) und Erstaufnahmeeinrichtungen (nachfolgend „EAE“) des Landes Nordrhein-Westfalen aus. Insgesamt umfasst die Ausschreibung zehn Lose, wobei streitgegenständlich nur drei Lose Nr. 7 „ZUE N…“, Nr. 8 „ZUE W…“ und Nr. 10 „S…“ sind.

Ausweislich der Auftragsbekanntmachung sollen Dienstleistungen für die Organisation und Betreuung vergeben werden. Die Leistungen, die als Gesamtlos vergeben werden sollen, umfassen insbesondere folgende Bereiche:

– Organisation der ZUE/EAE,

– Soziale Betreuung,

– Sanitätsstation,

– Freizeitgestaltung,

– Kinderbetreuung,

– Mobiliar und Ausstattung,

– Körperpflegeartikel,

– Wascheinrichtungen,

– Kleiderkammer,

– Verpflegung,

– Reinigung,

– Hausmeister,

– Winterdienst und Grünpflege, – Auszahlung des Taschengeldes.

Die Antragstellerin ist ein Catering-Unternehmen. Sie ist derzeit – u.a. auch als Nachunternehmerin – für die Verpflegung in einigen Flüchtlingsunterkünften im Land Nordrhein-Westfalen tätig.

Aktuell wird der Betrieb der Betrieb der ZUE und EAE des Landes Nordrhein-Westfalens von jeweils einem Betreuungsdienstleister pro Einrichtung organisiert und koordiniert. Die Betreuungsdienstleister erbringen darüber hinaus teilweise auch Leistungen des vorstehend genannten Leistungskatalogs selbst. Für andere Bereiche setzen sie Nachunternehmer ein. Die Betreuungsdienstleister fungieren dabei auch als zentrale Ansprechpartner für den Antragsgegner und die Flüchtlinge. Außerdem sind in den ZUE und EAE dezentrale Beschwerdestellen für die Flüchtlinge installiert, die nicht in den Verantwortungsbereich der Betreuungsdienstleister fallen und von Dritten geführt werden. Die Beschwerdestellen sind für die Entgegennahme, Zusammenstellung und ggf. Aufbereitung von Beschwerden der Geflüchteten verantwortlich, nicht aber für die Lösung der Beschwerde selbst.

Mit Schreiben vom 26.04.2021 rügte die Antragstellerin ein aus ihrer Sicht bestehenden Verstoß gegen das vergaberechtliche Gebot der Bildung von Fachlosen gemäß § 97 Absatz 4 GWB durch den Antragsgegner.

Mit Schreiben vom 12.05.2021 wies der Antragsgegner die Rüge als unbegründet zurück und begründete dies mit umfangreichem Vortrag:

Der Auftraggeber genieße ein Leistungsbestimmungsrecht, wonach er grundsätzlich die auszuschreibende Leistung frei bestimmen könne. Zwar müsse er gemäß § 97 Absatz 4 GWB mittelständische Interessen vornehmlich durch Losvergabe berücksichtigen. Allerdings gelte dies nicht, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe eine Gesamtvergabe erforderten. Insbesondere müsse der Auftraggeber nicht solche eigenen Interessen opfern, die er nur in der Gestalt einer Gesamtvergabe zu erreichen vermöge – insoweit greife sein Leistungsbestimmungsrecht.

Vorliegend sei auf Grund von technischen und wirtschaftlichen Gründen für die gegenständliche Ausschreibung die Gesamtvergabe gewählt worden.

So führe die Gesamtlosvergabe zum Entfall eines zusätzlichen erheblichen Koordinierungsaufwandes für den Antragsgegner, der bei einer Fachlosvergabe auf Grund der Komplexität und Vielzahl der zu erbringenden Leistungen entstünde. Die Abstimmungsaufgaben könnten am ehesten erfolgreich erbracht werden, wenn hierfür nur ein Auftragnehmer verantwortlich sei. Dieser habe wegen seiner generellen und leistungsübergreifenden Verantwortung nicht nur ein erhöhtes Interesse an einem reibungslosen Ablauf, sondern könne auf den Betrieb der Einrichtung effektiv einwirken. Dass der Entfall von zusätzlichen Koordinierungsaufwänden bereits ausreiche, um von der Fachlosvergabe abzusehen, sei – unter Hinweis auf den Beschluss des OLG München vom 09.04.2015 (Verg 1/15) – auch anerkannt.

Zudem stünde dem Ziel der Integration von Flüchtlingen in die Arbeitsabläufe der Einrichtung die Beauftragung einer Vielzahl von Auftragnehmern entgegen. Nur der Betreuungsdienstleister könne auf Grund seiner leistungsübergreifenden Zuständigkeit sinnvoll bewerten, in welchen Arbeitsbereichen Flüchtlinge sinnvoll integriert werden könnten.

Weiterhin würde eine Vielzahl von Auftragnehmern – und selbst schon eine formale Trennung zwischen Betreuungsdienstleister und Verpflegungsdienstleister – zu einer erheblichen Erschwerung bei der flexiblen Leistungserbringung führen, die insbesondere vor dem Hintergrund stark schwankender Flüchtlingszahlen notwendig sei. So sei es im Bereich Kantine in der Vergangenheit zu diversen unerwartet und nicht planbaren Ausfällen gekommen, denen mit kurzfristigen alternativen Lösungswegen begegnet werden musste.

Außerdem könnten Schwierigkeiten bei der Auftragsabwicklung besser begegnet werden, wenn der Betreuungsdienstleister dies unmittelbar mit seinen Nachunternehmen regele, als wenn der Antragsgegner versuchen würde, eine für alle Konstellationen passende Vorgabe zu treffen.

Auch seien Verpflegung und Sozialbetreuung untrennbar miteinander verbunden. Insbesondere hätten die Verpflegungsleistungen eine besondere Bedeutung für die soziale Betreuung. Wichtige Kontaktmöglichkeiten zu den Flüchtlingen entstünden im Rahmen der Verpflegung. Dem Betreuungsdienstleister sei die Atmosphäre und Zufriedenheit ein großes Anliegen, so dass er grundsätzlich für Anregungen, die von den Flüchtlingen über die Sozialbetreuung an ihn herangetragen würden, offen stünde und versuchen würde, diese umzusetzen, da er den Mehrwert auch für andere Bereiche wahrnehmen und schätzen würde.

Im Übrigen müssten im Bereich der Verpflegung eine Vielzahl von Leistungen erbracht werden (Ausstattung der Küche, Verwendung und Erneuerung von Betriebsmitteln, Schädlingsbekämpfung Hygienemaßnahmen, Reinigung). Eine weitere Schnittstelle, die durch die Fachlosvergabe entstehen würde, sei die Regelung zur einheitlichen Müllentsorgung. Eine Abtrennung des Bereichs Verpflegung sei auf Grund von Platz und der Berücksichtigung verschiedener Verantwortungsbereiche bei der Mülltrennung nicht möglich. Konsequenz dessen sei, dass der Auseinanderfall dieses Bereichs zu erheblichen vertraglichen Ausgestaltungsproblemen führen würde. Alle diese Gründe stritten für eine Gesamtlosvergabe.

Darüber hinaus sprächen wirtschaftliche Gründe für eine Gesamtlosvergabe. So führe eine Fachlosvergabe auf Grund des erhöhten Abstimmungsaufwands etwa zu kostenintensiven Besprechungsterminen. Darüber hinaus müsste der Auftraggeber weiteres Personal einstellen, um die Vertragsabwicklung sicherstellen zu können. Die Vertragsgemäßheit könnte nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand sichergestellt werden. Dies belaste den Steuerzahler und sei daher auch als wirtschaftlicher Grund zu werten.

Nachdem der Rüge der Antragstellerin nicht abgeholfen wurde, stellte sie mit Schreiben vom 27.05.2021 einen Nachprüfungsantrag. Daraufhin leitete die Kammer am selben Tag das Nachprüfungsverfahren ein.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass es sich bei den abgefragten Leistungen, jedenfalls aber bei dem Leistungsteil Verpflegung um ein Fachlos handele, dass auf Grund der Vorgabe des § 97 Absatz 4 GWB separat ausgeschrieben werden müsste.

Da der Antragsgegner wiederholt Ausschreibungen wie die gegenständliche durchführe, bestreitet die Antragstellerin, dass vor der Einleitung der Ausschreibung eine im Einzelfall und die Umstände für und gegen die eine Los- oder Gesamtvergabe würdigende Abwägung stattgefunden habe.

Darüber hinaus trägt die Antragstellerin vor, dass ein Verzicht auf die Bildung von Fachlosen unter Berufung auf das Leistungsbestimmungsrecht nur dann in Betracht käme, wenn die benötigte Leistung in Form einer Losvergabe objektiv nicht erbracht werden könne.

Auch sei der Anwendungsbereich des § 97 Absatz 4 GWB nicht eröffnet. Gemäß § 97 Absatz 4 GWB müssten technische oder wirtschaftliche Gründe es ausnahmsweise erfordern, dass die Verpflegung von Flüchtlingen mit den weiteren Betreiberleistungen zusammen vergeben werden müssten. Derlei Gründe lägen aber nicht vor.

So sei die Vermeidung von Schnittstellen, zusätzlichem Koordinierungsaufwand und das Risiko von Informationsverlusten, die bei der Vergabe mehrere Leistungen im Rahmen eines Projekts entstünden, kein ausreichender Grund für das Absehen einer Fachlosvergabe. Das KG Berlin habe mit Beschluss vom 26.03.2019 (Verg 16/16) für eine ähnliche Ausschreibung zutreffend entschieden, dass die vermeintliche Vermeidung von Schnittstellen eine Gesamtlosvergabe nicht rechtfertige. Darüber hinaus ließe sich das Schnittstellenmanagement durch eine entsprechende Vertragsgestaltung ohne Weiteres auf den Betreuungsdienstleister übertragen.

Ferne könnten auch bei einer Gesamtlosvergabe nur die einzelnen Dienstleister für ihre Leistungsbereiche beurteilen, inwieweit Flüchtlinge mitarbeiten könnten. Das von dem Antragsgegner angestrebte Einbindungskonzept könne sich auch bei einer Fachlosvergabe erreichen lassen, indem die Dienstleister vertraglich verpflichtet würden, bestehende Einsatzmöglichkeiten in ihren Leistungsbereichen dem Betreuungsdienstleister zu melden.

Auch bei einer Gesamtlosvergabe bestünde die Gefahr von Rollenunklarheiten, da auch hier eine Vielzahl von Unternehmen für den Betreuungsdienstleister tätig würden. Diesen Gefahren könne durch eine entsprechende Vertragsgestaltung und namentlich einem Schnittstellenkatalog begegnet werden, eine Gesamtlosvergabe sei nicht zwingend erforderlich.

Es sei im Übrigen nicht ersichtlich, warum nur bei einer Gesamtlosvergabe die untrennbare Verbundenheit zwischen Verpflegung und sozialer Betreuung gewahrt würde. Auch bei einer Fachlosvergabe könnten soziale Betreuer bei Themen der Verpflegung eingebunden werden. Insbesondere lasse sich der Zugriff auf Essenvorräte durch das Betreuungspersonal vertraglich regeln.

Auch lasse sich vertraglich regeln, dass jeder Dienstleister für die Beschaffung, Verwendung und Erneuerung der Betriebsmittel verantwortlich sei. Ein zusätzliches Abstimmungserfordernis erschließe sich nicht. Speisereste müssten – unabhängig von Gesamt- oder Fachlosvergabe – getrennt entsorgt werden. Das Problem der ordnungsgemäßen Mülltrennung bestünde unabhängig von der Los- oder Gesamtvergabe.

Auch sprächen keine wirtschaftlichen Gründe für eine Gesamtvergabe. Der Koordinierungsaufwand liege bei einer Fachlosvergabe in der Natur der Sache und sei vom Auftraggeber – und hier nimmt die Antragstellerin Bezug auf den Beschluss des OLG Düsseldorf vom 08.09.2004 (Verg 38/04) – hinzunehmen. An der Dauer der Besprechungstermine – und den damit verbundenen Kosten – ändere sich auch bei einer Gesamtlosvergabe nichts, da auch in diesem Fall unterschiedliche Unternehmen tätig würden. Außerdem müsse der Antragsgegner den notwendigen Koordinierungsaufwand nicht zwingend selbst übernehmen und hierfür Personal stellen – auch diese Aufgabe ließe sich vertraglich auf den Betreiber übertragen.

Im Übrigen würden bei einer „Generalunternehmerausschreibung“ regelmäßig entsprechende Generalunternehmeraufschläge kalkuliert, so dass die Gesamtvergabe im Regelfall für den Auftraggeber nachteilig sei.

Die Antragstellerin beantragt:

1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, die in den aufgeführten Aufträgen Los Nr. 7 „ZUE N…“, Los Nr. 8 „ZUE W…“ und Los 10 „ZUE S…“ erhaltene Teilleistung Verpflegung als Fachlos in einem gesonderten Auftrag auszuschreiben.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin wird für notwendig erklärt.

Der Antragsgegner beantragt,

1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,

2. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten des Antragsgegners notwendig gewesen ist,

3. der Antragstellerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners aufzuerlegen.

Der Antragsgegner hält den Nachprüfungsantrag für unbegründet. Ergänzend zu den Ausführungen in dem Antwortschreiben auf die Rüge vom 12.05.2021 trägt er Folgendes vor:

Der Antragsgegner sei seiner Pflicht zur Interessensabwägung nachgekommen und habe diese ausreichend dokumentiert. Anlässlich der Rüge habe er seine Interessenabwägung noch einmal kritisch hinterfragt, letztlich sein bisheriges Ergebnis aber bestätigt.

Für die Gesamtlosvergabe spreche ein Bündel von Gründen. Für eine optimale Qualität der Leistungserbringung müssten sämtliche Leistungen aus „einer Hand“ erbracht werden. Nur der Betreuungsdienstleister könne optimal auf die an der Leistungserbringung beteiligten Unternehmen einwirken. Darüber hinaus habe es sich der Antragsgegner zum Ziel gesetzt, nur einen Ansprechpartner in den jeweiligen Einrichtungen zu haben. Dies sei sowohl für den Antragsgegner als auch für die Flüchtlinge von Vorteil. Bei dieser Vorgabe handele es sich im weitesten Sinne auch um einen „technischen Grund“ im Sinne von § 97 Absatz 4 GWB.

Die Organisation von Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge sei komplexer, als die Antragstellerin darstelle. Insbesondere müsste die Einarbeitung, Überwachung und Abrechnung der Tätigkeiten organisiert werden. Hierfür müssten unzählige Schnittstellen geregelt werden. Konsequenz einer Fachlosvergabe sei zudem, dass etwa im Bereich Verpflegungsleistungen unzählige Fachlose wie etwa die Belieferung mit Backwaren gebildet werden müssten.

Außerdem gewährleiste nur die Gesamtvergabe ein ausreichendes Maß an Flexibilität. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund der Bedeutung der Verpflegungsleistungen für die soziale Betreuung. Gerade im Bereich der Verpflegung komme es immer wieder zu unvorhergesehen und nicht planbaren Ereignissen, die Auswirkungen auf das Zusammenleben der Flüchtlinge hätten.

Darüber hinaus seien die Verpflegungsleistungen von erheblicher Bedeutung für die soziale Betreuung, so dass diese in der Hand des Betreuungsdienstleisters liegen müssten.

Ferner ergäben sich auch für den Fall einer nicht konfliktfreien Zusammenarbeit zwischen Betreuungsdienstleister und den weiteren Unternehmen erhebliche Vorteile. Denn dem Betreuungsdienstleister stünde – im Gegensatz zum öffentlichen Auftraggeber – ein breiteres Instrumentarium an Werkzeugen zur Konfliktlösung zur Verfügung. Insbesondere könne vertraglich nicht jeder Schwierigkeit vorgebeugt werden. Im Übrigen sei es bis zu einer außerordentlichen Kündigung durch einen öffentlichen Auftraggeber „ein weiter Weg“, der eine Neuausschreibung als Konsequenz nach sich ziehen würde. Infolge dessen könnte sich das gekündigte Unternehmen neuerlich um den Auftrag bemühen. Ein etwaiger Ausschluss – etwa gemäß § 124 Absatz 1 Nummer 7 GWB – führe dann gegebenenfalls zu einer neuen Nachprüfung. Auf Grund der aktuellen Auslastung des zuständigen Vergabesenats sei eine schnelle Klärung – jedenfalls in der zweiten Instanz – ausgeschlossen.

Im Übrigen irre die Antragstellerin mit der Behauptung, dass eine Gesamtvergabe stets zu Generalunternehmeraufschlägen führe. So habe das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 29.09.2018 (Verg 14/17) festgehalten, dass „kein genereller Erfahrungsschatz“ bestehe, „dass sich Baukosten durch den Einsatz eines GU erhöhen“.

Der Antragsgegner trägt zudem vor, dass er nach Abwägung aller Interessen zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Gründe für die Gesamtvergabe vorlägen. Insbesondere müsse er kein zusätzliches Wagnis und keine unnötigen Risiken eingehen, sondern sei nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 13.03.2020 – Verg 10/20) berechtigt, einen sicheren Weg zu wählen. Es handele sich bei den Nachteilen nicht um solche, die typische Konsequenz einer Fachlosvergabe seien. Auch könne nicht jede Frage – anders als die Antragstellerin meint – im Vorfeld vertraglich geregelt werden. Auch stehe der getroffenen Entscheidung nicht entgegen, dass die Sicherheitsdienstleistungen als weiteres Fachlos ausgeschrieben würden. In diesem speziellen Bereich sei es in der Vergangenheit auf Grund von Gesamtvergaben zu Problemen gekommen, so dass hierfür nur branchenspezifische Unternehmen in Frage kämen.

Weiterhin stelle die Gesamtvergabe keinen gravierenden Nachteil für die Antragstellerin dar, da sie zwar zur Kooperation mit einem Betreuungsdienstleister gezwungen sei, aber auf Grund ihrer Marktstellung sicherlich eine gute Chance auf eine Nachunternehmerstellung habe. Im Übrigen könne das von der Antragstellerin verfolgte Geschäftsmodell nicht in allen Einrichtungen dieser Vergabestaffel vollständig umgesetzt werden.

Die Vorsitzende hat die Frist für die Entscheidung der Vergabekammer gemäß § 167 Abs. 1 GWB bis zum 30.09.2021 verlängert. Am 06.08.2021 hat eine mündliche Verhandlung im Einvernehmen mit den Verfahrensbeteiligten in der Form einer Videokonferenz stattgefunden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vergabeunterlagen und die Niederschrift aus der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II.

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

Die Zuständigkeit der Vergabekammer Westfalen ergibt sich aus § 156 Absatz 1 GWB und § 159 Absatz 3 GWB i.V.m. § 1 Absatz 2 und § 2 Absatz 2 VK ZuStV NRW. Der Auftragswert übersteigt den Schwellenwert nach § 106 GWB und die Antragsgegnerin als öffentliche Auftraggeberin hat ihren Sitz im Zuständigkeitsbereich der Vergabekammer Westfalen.

Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Die Antragsbefugnis erfüllt lediglich die Funktion eines groben Filters, um von vorneherein eindeutige Fälle auszusondern (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.2.2016, Verg 37/14). Deshalb sind an das Vorliegen der Antragsbefugnis auch keine allzu großen Anforderungen zu stellen.

Das Interesse an der Teilnahme an der gegenständlichen Ausschreibung hat die Antragstellerin mit Rüge vom 12.05.2021 dokumentiert und mit ihrem Nachprüfungsantrag vom 27.05.2021 bestätigt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. September 2004 – Verg 38/04). Die Antragstellerin musste sich für die Antragsbefugnis nicht am Vergabeverfahren durch die Abgabe eines – für sie nutzlosen – Angebots beteiligen. Sie macht geltend, durch den gerügten Vergaberechtsverstoß in Form der unterbliebenen Losaufteilung – an der Abgabe eines Angebots gehindert gewesen zu sein. In einer solchen Situation wäre es nutz- und sinnlos, ein Angebot einzureichen und damit der Antragstellerin auch nicht zuzumuten (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.11.2009 – Verg 27/09).

2. Der Nachprüfungsantrag ist begründet.

Der Antragsgegner hat gegen das Gebot der Fachlosvergabe gemäß § 97 Absatz 4 GWB verstoßen. Gründe, die diesen Verstoß rechtfertigen, liegen nicht vor. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen gemäß § 97 Absatz 4 Satz 3 GWB nur zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Auch die dazu ergangene Rechtsprechung fordert regelmäßig die Losbildung (vgl. statt vieler OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 13.03.2020 – Verg 9/20 und Verg 10/20 (nicht veröffentlicht).

Gemäß § 97 Absatz 4 Satz 2 GWB sind Leistungen in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art und Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Dieser Grundsatz dient der Mittelstandsförderung (vgl. BT-Drs. 18/6281, S. 68; OLG München, Beschluss vom 25.03.2019, Verg 10/18). Deshalb darf vom Gebot der Losvergabe nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden (vgl. BT-Drs. 16/10117, S. 15; OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.05.2018, 11 Verg 4/18; OLG München, Beschluss vom 25.03.2019, Verg 10/18).

Insoweit schränkt dieses Gebot das Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers ein (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 26.03.2019; Verg 16/16; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.04.2011, 15 Verg 3/11). Zwar bestimmt der Auftraggeber weithin selbst, welche konkrete Leistung seinem Beschaffungsbedarf am ehesten entspricht (vgl. BTDrs. 18/6281, S. 68; OLG Celle, Beschluss vom 02.02.2021, 13 Verg 8/20). Die vergaberechtlichen Grundsätze sind grundsätzlich gewahrt, wenn die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist und dafür nachvollziehbare, objektive und auftragsbezogene Gründe vorliegen, wobei die Festlegung willkür- und diskriminierungsfrei sein muss (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.05.2018, 11 Verg 4/18 m.w.N.). Allerdings ist eine Fachlosbildung grundsätzlich geboten, wenn sich für eine Einzelleistung ein eigener abgegrenzter Markt etabliert hat (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 31.05.2012, 1 Verg 2/11; grundlegend hierzu: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2012 – Verg 52/11; Vergabekammer Niedersachsen, Beschluss vom 25.05.2018, VgK-07/2018). Freilich kann das Erfordernis der Losvergabe nur greifen, wo eine getrennte Beschaffung der ausgeschriebenen Leistung aufgeteilt nach Art oder Fachgebiet überhaupt sinnvoll ist, woran es fehlen kann, wenn die nachgefragte Leistung nach ihrem Gegenstand voraussetzt, dass sie nur aus einer Hand erbracht werden kann (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 26.04.2010, 13 Verg 4/10).

Sofern für einzelne Leistungsbestandteile ein eigener funktionierender Markt existiert und die Leistungserbringung nicht aus einer Hand erfolgen muss, erfolgt die Beschaffung losweise. Das Losaufteilungsgebot stellt – wie sich unzweifelhaft aus der gesetzlichen Systematik und Teleologie des § 97 Absatz 4 Sätze 2, 3 GWB i.V.m. dem dieser Vorschrift zugrunde liegenden Art. 46 Absatz 1 der Richtlinie 2014/24/EU vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe ergibt – den gesetzlichen Regelfall dar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 13.03.2020 – Verg 9/20 und Verg 10/20 (nicht veröffentlicht)). Es steht somit nicht per se zur Disposition eines öffentlichen Auftraggebers (VK Bund, Beschluss vom 08.06.2020, VK 2-41/20).

Nach § 97 Absatz 4 Satz 3 GWB dürfen mehrere Teil- oder Fachlose ausnahmsweise dann zu einer Gesamtvergabe zusammengefasst werden, wenn (i.) wirtschaftliche oder technische Gründe vorliegen und (ii.) diese Gründe eine Gesamtvergabe erforderlich machen. Die Norm statuiert insoweit ein Regel-Ausnahmeverhältnis (vgl. statt vieler: OLG München, Beschluss vom 25.03.2019, Verg 10/18). Nicht notwendig ist allerdings, dass eine Losvergabe objektiv unmöglich ist. Technische oder wirtschaftliche Gründe, die eine Gesamtlosvergabe erfordern, reichen aus.

Dabei sind technische Gründe, die den Verzicht auf eine Losaufteilung gestatten, dann gegeben, wenn bei einer losweisen Ausschreibung das – nicht durch die inhaltliche Gestaltung der Vergabeunterlagen vermeidbare – Risiko besteht, dass der Auftraggeber Teilleistungen erhält, die zwar jeweils ausschreibungskonform sind, aber letztlich nicht zusammenpassen und deshalb in ihrer Gesamtheit nicht geeignet sind, den Beschaffungsbedarf in der angestrebten Qualität zu befriedigen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 04.04.2012, 1 Verg 2/11; VK Bund, Beschluss vom 06.12.2016, VK 1-118/16). Auch das besondere Interesse an der Einheitlichkeit der Leistungserbringung, die beispielsweise in einem Erfordernis nach der Kompatibilität verschiedener Systeme und baulicher Anlagen zurückzuführen ist, mag als technischer Grund im Sinne des § 97 Absatz 4 Satz 3 GWB verstanden werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.11.2009 – Verg 43/09).

Auf der anderen Seite liegen wirtschaftliche Gründe etwa dann vor, wenn die alternative Fachlosvergabe zu einer unverhältnismäßigen Verteuerung der Gesamtleistung führt (vgl. schon OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.09.2004 – Verg 38/04). So kann etwa die Verteuerung einer Ausschreibung um 50 % bereits einen wirtschaftlichen Grund im Sinne des § 97 Absatz 4 Satz 3 GWB darstellen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.09.2011, VII Verg 48/11). Zwar besitzt der Auftraggeber bei der Prüfung, ob eine bestimmte Losaufteilung unwirtschaftlich ist einen Einschätzungsspielraum mit prognostischen Elementen. Seine Entscheidung muss aber insgesamt tatsachengestützt und plausibel sein (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 04.04.2012, 1 Verg 2/11). Auf Grund des restriktiven Charakters des § 97 Absatz 4 Satz 3 GWB darf der Auftraggeber nur solche Mehrkosten berücksichtigen, die unmittelbar die Auftragsdurchführung verteuern. Die Mehrkosten, die durch die Losvergabe entstehen und im Verantwortungs- und Aufgabebereich des Antragstellers liegen, sind grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig. Andernfalls hätte es der öffentliche Auftraggeber in der Hand, die Voraussetzungen für eine Gesamtvergabe zu schaffen.

Nach dem Wortlaut des § 97 Absatz 4 Satz 3 GWB müssen die technischen oder wirtschaftlichen Gründe zudem eine Gesamtvergabe „erfordern“. Die Beantwortung der Frage, ob technische oder wirtschaftliche Gründe es im Sinne des Gesetzes „erfordern“, von einer Losbildung abzusehen, setzt eine Bewertung voraus. Dabei steht dem Auftraggeber wegen der dabei anzustellenden prognostischen Überlegungen eine Einschätzungsprärogative zu. Der Maßstab der rechtlichen Kontrolle ist dabei beschränkt. Die Entscheidung des Auftraggebers, eine Gesamtlosvergabe beim Vorliegen von technischen oder wirtschaftlichen Gründen für erforderlich zu halten, ist von den Vergabenachprüfungsinstanzen darauf zu prüfen, ob sie beurteilungsfrei ergangen ist. Ist der entsprechende Sachverhalt vollständig ermittelt und beruht die Entscheidung nicht auf einer Fehlbeurteilung, namentlich auf Willkür, ist der dem Auftraggeber zustehende Beurteilungsspielraum gewahrt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 13.03.2020 – Verg 9/20 und Verg 10/20 (nicht veröffentlicht); OLG München, Beschluss vom 25.03.2019, Verg 10/19 m.w.N., OLG Frankfurt, Beschluss vom 15.05.2018, 11 Verg 4/18; a. A. KG Berlin, Beschluss vom 23.06.2019, Verg 16/16, das mit guten Gründen eine vollständige Überprüfbarkeit der Entscheidung nach Satz 3 des § 97 Absatz 4 GWB durch die Vergabenachprüfungsinstanzen annimmt sowie Antweiler in: Burgi/Dreher (Hrsg.), Beck´scher Vergaberechtskommentar, § 97 Abs. 4 Rn. 38).

Nicht ausreichend ist insoweit, dass der Auftraggeber nur anerkennenswerte Gründe für seine Beurteilung vorbringen kann. Aus der klaren Wertung des Gesetzgebers folgt, dass sich der Auftraggeber im Einzelnen mit dem grundsätzlichen Gebot der Fachlosvergabe einerseits und den im konkreten Fall dagegen sprechenden Gründen auseinandersetzt (vgl. OLG München, Beschluss vom 25.03.2019, Verg 10/19). Kommt der Auftraggeber nach umfassender Abwägung der widerstreitenden Belange zu dem Ergebnis, dass die technischen und wirtschaftlichen Gründe überwiegen, ist die Gesamtvergabe zulässig (vgl. OLG München, Beschluss vom 25.03.2019, Verg 10/19; OLG Frankfurt, 14.05.2018, 11 Verg 4/18.).

Allerdings vermag ein erhöhter Koordinierungsaufwand durch die Vermeidung von „Gewährleistungsschnittstellen“ für sich allein ein Absehen von einer Losaufgabe ebenso wenig zu rechtfertigen, wie Probleme bei der Mängelbeseitigung, die typischerweise mit einer Losvergabe verbundenen Mehraufgaben oder der etwa mit der Aufsicht verbundene Mehraufwand (vgl. OLG München, Beschluss vom 25.03.2019, Verg 10/19; OLG Frankfurt, 14.05.2018, 11 Verg 4/18; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.06.2016, VII-Verg 6/16 – zur Vorschrift des § 97 Abs. 3 S.2 und 3 GWB a.F., die denen des § 97 Absatz 4 Satz 2 und 3 gleich lautend waren). Auch der Vorzug, nur einen Vertragspartner zu haben oder Gewährleistungsansprüche einfacher durchzusetzen, sind nicht geeignet, eine Rechtfertigung für die Gesamtvergabe zu begründen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2007 – Verg 10/07). Dieser Abwägungsprozess ist freilich ausführlich zu dokumentieren.

Dabei ist die Frage, ob gemäß § 97 Absatz 4 GWB Fachlose zu bilden sind, für jede in Betracht kommende Leistung getrennt zu beantworten. Das bedeutet zum einen, dass die „wirtschaftlichen oder technischen Gründe“, welche die Norm verlangt, sich auf die jeweilige Leistung beziehen müssen, welche für eine getrennte Losvergabe in Betracht kommt. Globale, also das gesamte Vorhaben betreffende Überlegungen können nur dann berücksichtigt werden, wenn sie auch und gerade die jeweilige Leistung erfassen. Andererseits ist damit auch klar, dass die Entscheidung über die Bildung eines Fachloses für eine bestimmte Leistung keine Aussage darüber trifft, ob auch für andere Leistungen Fachlose zu bilden sind, oder ob der „Rest“ des geplanten Projekts einheitlich vergeben werden kann. (vgl. zur Fachlosbildung bei Fachgewerken: OLG München, Beschluss vom 09.04.2015, Verg 1/15, VK Südbayern, Beschluss vom 12.08.2016, Z3-3/3194/1/27/07/16). Ausgehend von diesen Grundsätzen rückt daher die Frage in den Mittelpunkt, ob die Verpflegungsdienstleistungen als einzelnes Fachlos ausgeschrieben werden müssen.

Die Ausführungen des Antraggegners bleiben inhaltlich hinter den dargestellten Anforderungen an das Vorliegen technischer oder wirtschaftlicher Gründe zurück. Dem Antragsgegner gelingt es nicht, nachvollziehbar und plausibel einen technischen oder wirtschaftlichen Grund für sein Vorgehen – Absehen von einer Fachlosbildung – darzustellen. Denn die vom Antragsgegner angeführten Gründe sind weder technischer noch wirtschaftlicher Natur.

Zunächst ist festzuhalten, dass sich der Antragsgegner formal vorbildlich mit den Anforderungen der Fachlosvergabe auseinandergesetzt hat. Die im Vergabevermerk enthaltenen Angaben und Ausführungen sowie die in ihm mitgeteilten Gründe für die getroffene Entscheidung sind sehr detailliert und können von einem mit der Sachlage vertrauten Bieter ohne Weiteres nachvollzogen werden. Der Antragsgegner hat die Gründe, die für eine Gesamtvergabe streiten, dargelegt und gegen die aus seiner Sicht dagegensprechenden Argumente abgewogen. Der Antragsgegner hat sich somit mit der Thematik entsprechend den Anforderungen des Gesetzes ausführlich und gut nachvollziehbar auseinandergesetzt. Allerdings ist die erfolgte Abwägung teilweise unzutreffend, weil die gesetzlichen Anforderungen nicht hinreichend berücksichtigt wurden.

Denn die vom Antragsgegner angeführten Gründe sind weder technischer noch wirtschaftlicher Natur.

a) Der Antragsgegner beruft sich darauf, nur einen Vertragspartner, nämlich den Betreuungsdienstleister, haben zu wollen, um auf diese Weise eine qualitativ hochwertige Versorgung der Flüchtlinge zu gewährleisten. Auch habe es sich das Land Nordrhein-Westfalen zum Ziel gesetzt, nur einen Ansprechpartner in den Einrichtungen zu haben. Außerdem sollten sämtliche Leistungen „aus einer Hand“ erbracht werden. Der Antragsgegner führt aus, dass der Betreuungsdienstleister durch die Übernahme der leistungsübergreifenden Gesamtverantwortung ein „erhöhtes Interesse am reibungslosen Betrieb“ der jeweiligen Einrichtung habe. Durch die Übernahme würden Schnittstellen entfallen, die mit einer Fachlosvergabe zwangsläufig entstünden. Dadurch entfalle der Koordinierungsaufwand auf Seiten des Antragsgegners. Im Übrigen verfüge der Betreuungsdienstleister über die notwendigen Informationen wie etwa Neu- und Abgänge sowie Krankheitsfälle und geplante Abschiebungen, um die Essenspläne anzupassen. Bei einem separaten Verpflegungsdienstleister müssten diese Informationen weitergegeben werden. Dies erfolgte meist nur „mit zeitlicher Verzögerung und dem Risiko von Informationsverlusten“.

Der Vortrag der Antragsteller vermag keinen technischen Grund im Sinne des § 97 Absatz 4 Satz 3 GWB zu belegen, die eine Gesamtlosvergabe erfordern. Vielmehr handelt es sich bei der Abstimmung der verschiedenen Leistungsbereiche um Koordinierungsaufwände, die sich bei einer losweisen Vergabe typischerweise ergeben und deswegen gerade keine anerkennenswerten Gründe sind. Insbesondere reduziert sich durch die Einrichtung eines Betreuungsdienstleisters, wie sie die gegenständliche Ausschreibung vorsieht, nicht die Zahl der Schnittstellen in einem erheblichen Umfang. Zwar kann – allerdings nur in wenigen Ausnahmefällen – auch die Reduzierung des Koordinierungsaufwands ausreichen, um eine Gesamtvergabe zu rechtfertigen (vgl. OLG München, Beschluss vom 09.04.2015, Verg 1/15). Allerdings führt das OLG München insoweit aus, dass es „aber nicht [heißt], dass immer schon bei Wegfall einer Koordinierungsebene relevante wirtschaftliche Gründe gegeben sind, weil sonst das gesetzgeberische Gebot – welches den Schutz mittelständischer Unternehmen bezweckt – ausgehöhlt werden würde. Es müssen also Gründe vorliegen, welche über solche Schwierigkeiten hinausgehen, die typischerweise mit jeder losweisen Ausschreibung verbunden sind.“

Derlei Gründe sind nicht gegeben. Inwieweit es sich hierbei um technische oder wirtschaftliche Gründe handelt, muss nicht entschieden werden. Ausweislich der Ausschreibungsunterlagen soll der Betreuungsdienstleister den Betrieb in den Unterkünften organisieren und betreuen. Nach dem Verständnis der Kammer und unter Berücksichtigung der Vergabeunterlagen sowie dem Vortrag der Parteien werden wesentliche Leistungen – so auch die Verpflegung – vom Betreuungsdienstleister an Nachunternehmer „vergeben“. Der Betreuungsdienstleister muss dann die Arbeit „seiner“ Nachunternehmer koordinieren und entsprechende Informationen weiterleiten. Insoweit verringert sich nicht der Koordinationsaufwand im Vergleich zur Fachlosvergabe, bei der der Auftraggeber den Koordinationsaufwand trägt. Vielmehr ändert sich die Schnittstelle, an der die Koordination stattfindet. Das Risiko einer zeitlichen Verzögerung sowie von Informationsverlusten bleibt damit unverändert bestehen. Der Antragsgegner stellt sein Licht unter den Scheffel, wenn er vorträgt, dass derlei Risiken nur dann bestünden, wenn er die Koordinierungsaufgaben wahrnehme. Die Kammer hegt keine Zweifel daran, dass der Antragsgegner in der Lage ist, die Leistungserbringung einer Vielzahl von Unternehmen zu koordinieren und zu überwachen.

Auch stellt der Vorzug, nur einen Vertragspartner zu haben, gerade keinen Grund für eine Gesamtlosvergabe dar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2007 – Verg 10/07). Andererseits besteht das Risiko eines „unzuverlässigen“ und „unkooperativen“ Auftragnehmers in der Form eines Nachunternehmers auch bei einer Gesamtlosvergabe, wenn der Zuschnitt einer Vergabe – wie hier – darauf ausgelegt ist, dass der Auftragnehmer für diverse Leistungen Nachunternehmer einsetzt und sie nicht „aus einer Hand“ erbringt. Insoweit gereicht der Vortrag des Antragsgegners, die abgefragten Leistungen und besonders die Verpflegungsleistungen müssten aus einer Hand kommen, nicht zu seinem Vorteil. Bereits der Zuschnitt der Ausschreibung sowie die Möglichkeit, umfassend Nachunternehmer einzusetzen, widerspricht diesem angestrebtem Grundsatz. Letztlich geht es dem Auftraggeber darum, durch die Gesamtlosvergabe seine Verantwortungsbereiche erheblich zu konzentrieren und die Gesamtverantwortung auf einen Betreuungsdienstleister zu übertragen. Derlei Erwägungen, die als solche nachvollziehbar sind, reichen jedoch angesichts des klaren Gesetzeswortlauts nicht aus, eine Gesamtlosvergabe zu rechtfertigen.

Vor diesem Hintergrund vermag auch der Vortrag, die Zielsetzung des Landes Nordrhein-Westfalens, nur einen Ansprechpartner haben zu wollen, rechtfertige eine Gesamtvergabe, ebenfalls nicht zu seinem Vorteil gereichen. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Beschluss der Vergabekammer des Bundes vom 01.02.2001 (VK 1-1/01). Zwar hat die Vergabekammer des Bundes zur Begründung einer Gesamtvergabe ausgeführt, dass „ein einheitlicher Ansprechpartner (…) zweckmäßig sei“. Allerdings hat die Vergabekammer des Bundes vorab wirtschaftliche und technische Vorteile, die eine Gesamtvergabe begründen, anerkannt. Darüber hinaus betraf die Entscheidung „komplexe Einrichtungen“ im „sicherheitsrelevanten Bereich eines Flughafens“ und ist deswegen auch aus diesem Grund für dieses Nachprüfungsverfahren ohne weitere Bedeutung. Zudem erging die Entscheidung zu § 97 Absatz 3 GWB a. F. der lediglich eine Interessenabwägung vorsah, aber kein Regel-Ausnahmeverhältnis statuierte, wie es der § 97 Absatz 4 GWB in seiner aktuellen Fassung enthält (vgl. Knauff, in Säcker, Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrechts, § 97 Rn. 251 ff).

Sofern der Antragsgegner vorträgt, für einen reibungslosen Betrieb der Einrichtungen sei es erforderlich, dass die Flüchtlinge nur einen Ansprechpartner hätten, verfängt dieses Argument nicht. So ist bereits jetzt schon neben den derzeit eingesetzten Betreuungsdienstleistern eine weitere Beschwerdestelle in den jeweiligen Einrichtungen installiert, die (i.) nicht im Verantwortungsbereich der eingesetzten Betreuungsdienstleister liegt und (ii.) von unabhängigen Dritten geführt wird. Im Ergebnis stehen für Flüchtlinge bereits jetzt schon zwei Ansprechpartner zur Verfügung. Auch ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, warum mehrere Ansprechpartner die Flüchtlinge „überlasten“ würden.

Auch kann der Ansicht des Antragsgegners, die Schnittstelle im Bereich Entsorgung erfordere eine Gesamtlosvergabe, nicht gefolgt werden. Zunächst ist erneut festzustellen, dass die Reduzierung von Schnittstellen, wie sie bei einer Losvergabe regelmäßig gegeben sind, eine Gesamtlosvergabe nicht zu rechtfertigen vermag. Sofern der Antragsgegner vorträgt, es sei bei einer Losvergabe etwa unklar, wer für den Geschirreinsatz verantwortlich sei, begründet dies gerade keine Gesamtvergabe. Diese ist vielmehr in technischer Hinsicht nur dann zulässig, wenn sämtliche Auftragnehmer ihre Leistung ordnungsgemäß erbringen, das „Gesamtwerk“ aber dennoch nicht dem Beschaffungsbedarf entspricht. Antizipierte Unklarheiten und das damit verbundene Risiko von Schlechtleistungen muss der Auftraggeber im Vorfeld durch eine entsprechende Anpassung der Vergabeunterlagen in den Griff bekommen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 04.04.2012, 1 Verg 2/11). Die Gesamtvergabe als Ausnahmemöglichkeit soll es dem Auftraggeber nicht ermöglichen, sich von – vielleicht auch komplexen – Regelungen im Hinblick auf die Auftragsdurchführung freizustellen.

Ebenso wenig vermag die Beschaffung, Verwendung und Erneuerung der Küchenbetriebsmittel eine Gesamtvergabe zu rechtfertigen. Es liegt gerade in der Natur der Sache, das bei einer Fachlosvergabe – speziell bei der gleichzeitigen Beschaffung mehrerer Dienstleistungen – derlei Gesichtspunkte vertragsrechtlich zu regeln und deren Einhaltung grundsätzlich durch den Auftraggeber als Vertragspartner zu überwachen sind. Die Kammer hegt keine Zweifel daran, dass der Antragsgegner in der Lage ist, die Leistungserbringung einer Vielzahl von Unternehmen zu koordinieren und zu überwachen.

Im Übrigen gilt: Gründe, die im Verantwortungsbereich des Auftraggebers liegen, können grundsätzlich keine Gesamtvergabe rechtfertigen. Denn es wäre systemwidrig und würde den Schutzzweck des § 97 Absatz 4 GWB aushöhlen, da es der Auftraggeber selbst in der Hand hätte, sich etwa durch die Verringerung seiner Personalmittel in die Lage zu versetzen, den Ausnahmefall einer Gesamtlosvergabe regelmäßig begründen zu können.

Ebenfalls nicht zu überzeugen vermag der Vortrag des Antragsgegners, die Vermeidung von rechtlichen Schwierigkeiten bei der Auftragsabwicklung würde vorliegend eine Gesamtvergabe rechtfertigen. Zwar kann es zutreffen, dass eine außerordentliche Kündigung eines Auftragnehmers durch den Auftraggeber zeitintensiv ist und mit einer gerichtlichen Kontrolle einhergeht. Dieses Risiko besteht insoweit aber auch für den Betreuungsdienstleister. Insoweit vermag die Kammer nicht zu erkennen, inwieweit die Gesamtvergabe Vorteile bietet. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass ein gekündigtes Unternehmen sich neuerlich an der entsprechenden Ausschreibung beteiligt, die notwendig ist, weil der öffentliche Auftraggeber der Ausschreibungspflicht unterliegt. In einem solchen Fall mag dann ein getroffener Ausschluss gemäß § 124 Absatz 7 GWB – sofern möglich – durch die Vergabenachprüfungsinstanzen überprüft werden, wobei die Dauer der Prüfung nicht abschließend einschätzbar ist. Allerdings rechtfertigt weder die Vermeidung von vergaberechtlichen Vorgaben – wie etwa die Ausschreibungspflicht – noch eine mögliche und länger dauernde Nachprüfung das Absehen von der Fachlosvergabe. Andernfalls würde die gesetzlich vorgesehene regelmäßige Anwendung der Fachlosvergabe gerade dazu führen, dass dadurch (i.) die Gesamtlosvergabe gerechtfertigt wäre und (ii.) die betreffende Gesamtvergabe dem Vergaberecht jedenfalls zum Teil entzögen würde. Dies widerspricht dem Sinn und Zweck der Fachlosvergabe. So ist § 97 Absatz 4 GWB auch im Kontext der Ziele des Vergaberechts auszulegen und die Grundsätze des Vergaberechts im Blick zu behalten (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.05.2018, 11 Verg 4/18). Das Vergaberecht sieht grundsätzlich keine „Flucht ins vergabefreie Privatrecht“ vor, indem viele Leistungen „gesamt“ an einen Auftraggeber vergeben werden, damit dieser dann, ohne dem Vergaberecht unterworfen zu sein, die einzelnen Leistungsbestandteile an Nachunternehmer vergibt (vgl. hierzu etwa auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.07.2015 – Verg 11/15). Erst Recht vermögen derlei Überlegungen keine Gesamtvergabe zu rechtfertigen.

b) Soweit der Auftraggeber argumentiert, die Integration von Flüchtlingen in die Arbeitsabläufe der Einrichtungen könne nur bei einer Gesamtvergabe erfolgen, führen auch diese Erwägungen nicht weiter. Insbesondere begründen derlei Überlegungen keinen technischen Grund im Sinne des § 97 Absatz 4 Satz 3 GWB. Inwieweit die in § 5 Absatz 1 Satz 1 Asylbewerberleistungsgesetz festgelegte Zielsetzung nicht eine originäre – und damit nicht zu delegierende – Aufgabe des Antragstellers ist, vermag die Kammer nicht abschließend einzuschätzen und ist auch nicht entscheidungserheblich. Maßgeblich ist, ob bei einer losweisen Vergabe das angestrebte Ziel, Flüchtlinge in die Arbeitsabläufe zu integrieren, nicht erreicht werden kann. Die Kammer zweifelt nicht daran, dass bei einer losweisen Vergabe die einzelnen Leistungserbringer in der Lage sind, etwaige Arbeitsgelegenheiten zu identifizieren und dem Auftraggeber zu melden, der dann die entsprechende Zuteilung durchführt. Die angestrebte Einbindung ist somit gewährleistet. Insbesondere besteht gerade auch in diesem Fall keine „Konkurrenz“ oder „Wettbewerb“ zwischen den Auftragnehmern. Selbst wenn der Auftraggeber sich für die Organisation und Koordination der Unterkünfte eines Dienstleisters bedienen sollte – dies ist ihm im vergaberechtlichen Rahmen freilich unbenommen -, der dann die Einbindung der Flüchtlinge in die Arbeitsabläufe organisiert, ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründe dies nicht funktionieren sollte. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum nur bei einer Gesamtlosvergabe Betreuungs- und Verpflegungsdienstleister „an einem Strang“ ziehen.

Ebenfalls nicht zu überzeugen vermag der Vortrag des Antragsgegners, dass nur eine Gesamtlosvergabe die notwendige Flexibilität der Leistungserbringung ermögliche. So trägt der Antragsgegner vor, dass eine Vielzahl von Auftragnehmern und selbst schon eine formale Trennung von Betreuungsdienstleister zu Verpflegungsdienstleister die erforderlichen Anpassungen im täglichen Kantinenbetrieb erschwere. Im Bereich Kantine könne es immer zu unerwarteten Ereignissen kommen, die eine schnelle Reaktion erforderten. Der Betreuungsdienstleister könne auf Grund seiner Gesamtverantwortung „nicht mit dem Finger auf den anderen Dienstleister“ zeigen. Vielmehr bedürfe es weniger Beteiligter in verantwortlicher Position, die sich ihrer Verantwortung bewusst seien, in der Gesamtverantwortung stünden und dieser gerecht würden. Diese – in der Sache sicherlich vertretbaren Argumente – stellen jedoch keinen technischen Grund dar, der eine Gesamtlosvergabe rechtfertigt. Ein solcher liegt – wie vorstehend bereits dargestellt – vor, wenn die Gefahr besteht, dass der Auftragnehmer zwar eine Vielzahl von ausschreibungskonformen Einzelleistungen erhält, die aber in ihrer Gesamtheit nicht dem Beschaffungsbedarf entsprechen. Vorliegend zeichnet der Antragsgegner ein Bild, wonach bei einer Fachlosvergabe die einzelnen Auftragnehmer zwar „vertragstreu“, nicht aber ordnungsgemäß miteinander arbeiten und der Auftraggeber keine Möglichkeiten hat, einzugreifen. Einerseits vermag die Kammer dem Bild des „unzuverlässigen“ und „unkooperativen“ einzelnen Auftragnehmers nicht zu folgen. Insbesondere besteht kein genereller Erfahrungssatz, dass bei Fachlosvergaben der Auftraggeber regelmäßig regulierend und sanktionierend auf die einzelnen Auftragnehmer einwirken muss. Vielmehr zeichnet sich die Beauftragung einzelner Auftragnehmer dadurch aus, dass diese sich intensiver für ihre eigenen Leistungen verantwortlich fühlen, als dies im Falle eines Nachunternehmers in der Regel der Fall ist.

c) Auch die vom Antragsgegner vorgetragene untrennbare Verbundenheit zwischen Verpflegungsleistungen und Sozialbetreuung vermag eine Gesamtlosvergabe nicht zu rechtfertigen. Zwar hat die Kammer keine Zweifel daran, dass die Flüchtlinge in bestimmten Fällen ihre Verpflegungswünsche über die Sozialbetreuer adressieren. Allerdings ist für die Kammer nicht ersichtlich, warum diese Informationen nur im Rahmen einer Gesamtlosvergabe und nicht bei einer Fachlosvergabe berücksichtigt werden sollen. In beiden Fällen müssen die entsprechenden Informationen über eine weitere Stelle – sei es über den Betreuungsdienstleister oder den Antragsgegner selbst – weitergespielt werden. Die Kammer vermag auch dem Vortrag nicht zu folgen, nur der Betreuungsdienstleister hätte ein Interesse an einer guten Atmosphäre und Zufriedenheit der Flüchtlinge. Auch der Vortrag, es bestünde die Notwendigkeit, dass Ablauf und Organisation der Verpflegung in einer Hand mit der Betreuungsdienstleistung liegen müssten, überzeugt nicht. Wenn der Antragsgegner diesem Prinzip eine solche Bedeutung beimisst, erschließt sich für die Kammer nicht, warum der Zuschnitt der Ausschreibung darauf ausgelegt ist, dass – jedenfalls einige – der Betreuungsdienstleister für die Verpflegung Nachunternehmer einsetzen werden. So führt der Antragsgegner selbst in seinem Schreiben vom 18.06.2021 aus, dass die Antragstellerin „zwar (…) zur Kooperation mit einem Betreuungsdienstleister gezwungen [sei].“ Jedoch habe sie bei diesen „sicherlich eine gute Chance auf eine Nachunternehmerstellung.“ Wollte der Antragsgegner tatsächlich die Verpflegung und Betreuung zusammen erbracht wissen, müsste er stattdessen einen Nachunternehmereinsatz bei der Sozialbetreuung und Verpflegung ausschließen, damit beide Leistungen – wie gewünscht – „aus einer Hand“ erfolgen.

d) Weiterhin stellen die von dem Antragsgegner vorgebrachten wirtschaftlichen Gesichtspunkte keine wirtschaftlichen Gründe im Sinne des § 97 Absatz 4 Satz 3 GWB dar, die eine Gesamtvergabe rechtfertigen. Selbst bei einem unterstellt erhöhten Abstimmungsaufwand auf Grund mehrerer Auftragnehmer ist es für die Kammer nicht ersichtlich, inwieweit sich die Kosten für die eingekauften Dienstleistungen jedenfalls so erheblich erhöhen, dass die von der Literatur und Rechtsprechung entwickelten Schwellen erreicht werden. Maßgeblich sind insoweit nur unmittelbar mit der Beschaffung verbundene Kosten. Ebenso wenig kann der Aufwand, mit dem die Vertragsgemäßheit sichergestellt werden, vorliegend einen wirtschaftlichen Grund darstellen. Dies mag dann gegeben sein, wenn statt einer Gesamtlosvergabe die Vergabe einer Vielzahl von „Kleinstlosen“ (sog. Splitterlose) im Raum steht (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2012 – Verg 51/11). Bei der Vergabe der Verpflegungsdienstleistungen handelt es sich aber schon dem Umfang nach nicht um ein Splitterlos. Im Übrigen ist der Antragsgegner auch nicht gezwungen, den Bereich Verpflegungsdienstleistungen in weitere kleinere Fachlose „aufzusplitten“. Auch ist die Sicherstellung der Vertragsgemäßheit der Fachlosvergabe immanent und stellt einen damit typischerweise verbundenen Mehraufwand dar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2012 – Verg 51/11). Im Übrigen kann auch der Vortrag des Antragsgegners, er müsse zur Vertragsüberwachung weiteres Personal einstellen, nicht zu seinem Vorteil gereichen. Die Sicherstellung ausreichender Personalkapazitäten liegt im Verantwortungsbereich des Antragsgegners. Steigende Personalkosten auf Grund von notwendigen Neueinstellungen können daher grundsätzlich keine Gesamtlosvergabe begründen.

Inwieweit eine Gesamtvergabe auf Grund eines „Generalunternehmeraufschlags“ teurer ist als eine Fachlosvergabe, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich.

Im Ergebnis kann sich der Antragsgegner folglich nicht auf die Gesamtvergabe diverser Leistungen, insbesondere nicht auf die Einbeziehung von Verpflegungsdienstleistungen in die Gesamtvergabe, berufen, weil dies vorliegend nach § 97 Absatz 4 GWB nicht gerechtfertigt ist.

3. Die Antragstellerin ist gemäß § 168 Absatz 1 GWB in ihren Rechten verletzt, weil sie ein am Markt „Verpflegungsdienstleistungen“ tätiges Unternehmen ist und sie unmittelbar durch die Vorgehensweise des Antragsgegners betroffen ist. Dies lässt sich auch aus den vorhandenen Teilnehmeranträgen herleiten, weil es sich überwiegend um Bieter handelt, die schwerpunktmäßig im Bereich der sozialen Betreuung tätig sind. Bieter, die andere besondere Dienstleistungen erbringen, wie Reinigungsdienstleistungen oder Verpflegungsdienstleistungen, haben sich bislang überhaupt nicht beworben. Die Antragstellerin trägt zu Recht vor, dass ihr durch die Art der Ausschreibung der Zugang zur Vergabe verwehrt wird.

Unbeachtlich und in der Sache unzutreffend ist insoweit der Vortrag des Antragsgegners, dass die Gesamtvergabe keine gravierenden Nachteile für die Antragstellerin darstelle und sie ihr verfolgtes Geschäftsmodell nicht in allen Einrichtungen vollständig umsetzen könne. Vielmehr ist es für ein Unternehmen in der Regel immer von Nachteil, wenn es in die Position eines Nachunternehmers gedrängt wird. Im Übrigen kann der Antragsgegner aufgrund seines Leistungsbestimmungsrecht entsprechende Vorgaben in seiner Ausschreibung machen, die dann von den Bietern zu akzeptieren sind. Er muss somit nicht das Geschäftsmodell der Antragstellerin wählen, sondern kann je nach Einrichtung – beispielsweise vor Ort kochen oder liefern lassen- seine Vorstellungen umsetzen.

Da der Nachprüfungsantrag sich lediglich auf 3 Lose bezieht, bezieht sich auch die Entscheidung der Vergabekammer nur auf die im Tenor genannten Lose Nr. 7, Nr. 8 und Nr. 10.

Der Antragsgegner wird somit verpflichtet – soweit weiterhin Beschaffungsbedarf bestehen sollte – in Bezug auf die vorstehend genannten Lose die Ausschreibung mit der Bekanntmachung neu zu beginnen und dabei die Rechtsauffassung der Vergabekammer zu § 97 Absatz 4 GWB zu beachten.

III.

Gemäß § 182 Abs. 1 GWB werden für Amtshandlungen der Vergabekammer Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Das Verwaltungskostengesetz vom 23. Juni 1970 (BGBl. I. S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung ist anzuwenden.

Die Gebühr beträgt gemäß § 182 Absatz 2 GWB mindestens 2.500 Euro; dieser Betrag kann aus Gründen der Billigkeit bis auf ein Zehntel ermäßigt werden. Die Gebühr soll den Betrag von 50.000 Euro nicht überschreiten; sie kann im Einzelfall, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch ist, bis zu einem Betrag von 100.000 Euro erhöht werden. Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er gemäß § 182 Absatz 3 GWB die Kosten zu tragen.

Die Kammer setzt vorliegend eine Gebühr in Höhe von … Euro fest. Für die Berechnung der Verfahrensgebühr zieht die Kammer die Gebührentabelle der Vergabekammern des Bundes und der Länder heran (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.01.2005 – Verg 30/05). Maßgeblich für die Berechnung der Gebühr ist grundsätzliche die streitbefangene Auftragssumme (vgl. BGH, Beschluss vom 25.10.2011, X ZB 5/10).

Vorliegend war die Antragstellerin gehindert, ein eigenes Angebot abzugeben. Die Kammer schätzt daher – nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten – den Wert der Verpflegungsleistungen für die drei streitgegenständlichen Lose jährlich auf … Euro brutto. Maßgeblich sind insoweit die von den Verfahrensparteien übermittelten Einschätzungen, wobei die Kammer bei ihrer Ermittlung einerseits eine Preissteigerung im Vergleich zur 4. Staffel berücksichtigt hat, andererseits aber auch die laut den Referenzangaben der Antragstellerin bisher erzielten Umsätze. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte hat die Kammer einen Mittelwert gebildet.

Diese Gebühr ist dem Antragsgegner aufzuerlegen, der aber als juristische Person des öffentlichen Rechts gemäß § 182 Absatz 1 GWB in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 2 Verwaltungskostengesetz des Bundes von den Gebühren befreit ist.

Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er gemäß § 182 Absatz 4 GWB die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu tragen. Die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung war notwendig, da die Verfahrensführung in einem Nachprüfungsverfahren für rechtliche Laien häufig unübersichtlich ist und schnell zu Fehlentscheidungen führt. Insbesondere waren vorliegend schwierige und komplexe vergaberechtliche Fragen streitentscheidend. Insbesondere die Zulässigkeit einer Gesamtlosvergabe ist auch vor dem Hintergrund einer nicht immer ganz einheitlichen Rechtsprechung nur schwer zu bewerten und erfordert vergaberechtliche Expertise. Daneben ist das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich konzipiert, so dass auch prozessuale Kenntnisse erforderlich sind, um eigene Rechte wirksam wahren zu können. Die notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung der Antragstellerin werden dem Antragsgegner auferlegt.

Rechtsmittelbelehrung

(…)