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VG Hannover: Verkauf eines Baugrundstücks durch die öffentliche Hand unterliegt dem Privatrecht

vorgestellt von Thomas Ax

 

Die von der öffentlichen Hand abgeschlossenen Grundstückskaufverträge gehören in aller Regel ausschließlich dem Privatrecht an. Ebenfalls privatrechtlich ist grundsätzlich ein dem Abschluss des Vertrags ggf. vorausgehendes Verfahren, das der Auswahl der öffentlichen Hand zwischen mehreren Kaufinteressenten dient. Ausnahmen von dem Grundsatz einer rein privatrechtlichen Streitigkeit kommen nur dann in Betracht, wenn die öffentliche Hand eine gesetzliche öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur bevorzugten Berücksichtigung eines bestimmten Personenkreises zu beachten hat bzw. die Zuordnung des Rechtsgeschäfts oder einzelner seiner Teile zum Kreis des öffentlichen Rechts aus einer rechtlichen bzw. gesetzlichen Regelung folgt. Abgesehen davon lässt sich eine öffentlich-rechtliche Einordnung der Veräußerungsentscheidung nicht durch Heranziehung der so genannten Zweistufentheorie begründen, sofern die Gemeinde für die Vergabe der Baugrundstücke nicht der Form nach ein Verwaltungsverfahren gewählt hat. Für die Bestimmung des Rechtswegs ist es unerheblich, dass die öffentliche Hand bei ihrem Handeln möglicherweise auch öffentliche Aufgaben wahrnimmt bzw. öffentliche Ziele verfolgt.
VG Hannover, Urteil vom 15.01.2021 – 12 B 6417/20

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um den Verkauf eines Baugrundstücks.

Der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin beschloss am 21. Mai 2019 für die 38 in dem Gebiet des Bebauungsplans Nr. 48 „Wohngebiet F.“ gelegenen gemeindeeigenen Baugrundstücke eine Beschlussempfehlung für „Verkaufsbedingungen“, wonach die Käufer einen Kaufpreis in Höhe von 12 EUR/m² und eine Ablösezahlung für die Erschließungskosten in Höhe von 39 EUR/m² entrichten und die Baugrundstücke innerhalb von zwei Jahren nach Vertragsabschluss mit einem bezugsfertigen Wohnhaus bebauen sollen. Der Rat der Antragsgegnerin folgte dieser Beschlussempfehlung. Die Kaufinteressenten waren über diese Bedingungen im Juni 2019 schriftlich informiert worden.

Der Antragsteller zu 2) bat mit Schreiben vom 11. Oktober 2019 um Mitteilung, ob in dem Wohngebiet „F.“ noch zwei Baugrundstücke frei seien.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2019 übersandte die Antragsgegnerin dem Antragsteller zu 2) eine Übersicht über die bereits reservierten Grundstücke und teilte mit, dass die Baugrundstücke in der Reihenfolge vergeben würden, in der sich die Interessenten meldeten. Vor ihm gebe es noch drei Interessenten, die sich noch nicht für ein Grundstück entschieden hätten, so dass es schön wäre, wenn er noch einen Zweit- oder Drittwunsch angeben könne für den Fall, dass seine Wunschgrundstücke an einen vorherigen Interessenten vergeben würden. Weiter teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller zu 2) folgende Verkaufsbedingungen mit:

– „Kaufpreis und Erschließungsbeitrag

Der Kaufpreis für die Baugrundstücke beträgt 51 EUR/m². Darin enthalten ist der Kaufpreis von 11,76 EUR/m² sowie der Erschließungsbeitrag für den Straßenbau in Höhe von 39,24 EUR/m². Hinzu kommen die Kosten für den Anschluss an die Ver- und Entsorgungsanlagen wie Trinkwasserleitung, Schmutzwasserkanal, Strom, Gas usw. Der Erschließungsbeitrag wird in Form einer Ablösungszahlung fällig. Somit entfällt eine spätere Abrechnung nach endgültigem Ausbau der Straßen.

– Bebauungsverpflichtung

Die Baugrundstücke sind innerhalb von zwei Jahren nach Vertragsabschluss mit einem bezugsfertigen Wohnhaus zu bebauen.

Bei einem Verstoß hiergegen steht der Gemeinde ein Wiederkaufsrecht zu. Der Wiederkaufspreis beträgt 90 % des Verkaufspreises.

– Grundstücksaufteilung und Vermessung

Nach derzeitigem Stand der Planung können in dem Baugebiet 38 Baugrundstücke angeboten werden. Die angegebenen Grundstücksgrößen sind vorläufig und können sich gegebenenfalls noch geringfügig ändern. Die Grundstücke werden nach Vertragsabschluss vermessen.

– Erschließung

Bevor die Grundstücke verkauft und bebaut werden können, müssen sie erschlossen werden. Zur Erschließung gehört der Straßenbau (zunächst als Baustraße), der Bau der Schmutzwasserkanalisation sowie der Bau der sonstigen Ver- und Entsorgungsanlagen (Wasser, Gas, Strom Telekommunikation usw.). Die Erschließungsarbeiten sollen voraussichtlich Ende November 2019 abgeschlossen werden.“

Am 15. Oktober 2019 teilte der Antragsteller zu 2) der Antragsgegnerin mit, dass er die Baugrundstücke Nr. 24 (714 m²) und Nr. 25 (703 m²) reservieren, zusammenlegen und mit einem Einfamilienhaus zu eigenen Wohnzwecken bebauen wolle. Das Wohnhaus solle auf beiden Grundstücken stehen. Er habe vier Kinder im Alter von 1, 5, 9 und 14 Jahren, daher reiche ihm die Größe nur eines Bauplatzes nicht aus. Die Antragsgegnerin hielt in einem Vermerk am 15. Oktober 2019 fest, dass pro Interessent nur ein Baugrundstück verkauft werden solle, eine Ausnahme hiervon einen Präzedenzfall schaffen könne und andere Interessenten dann ebenfalls einen Anspruch auf den Kauf zweier Grundstücke haben könnten.

Der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin beschloss in seiner Sitzung am 13. Januar 2020 folgende Beschlussempfehlung:

„Die Verkaufsbedingungen werden dahingehend geändert, dass die Baugrundstücke ausschließlich zur Eigenheimbebauung verkauft werden, dies durch eine Vereinbarung im Kaufvertrag abgesichert wird und das zu errichtende Haus für 10 Jahre von den Käufern selbst oder von nahen Familienangehörigen bewohnt werden soll.“

Weiterhin beschloss der Verwaltungsausschuss die Beschlussempfehlung, unter Berücksichtigung dieser geänderten Verkaufsbedingungen dem Verkauf von 18 Grundstücken an die jeweiligen Interessenten zuzustimmen. Ferner sprach sich der Verwaltungsausschuss „aus grundsätzlichen Erwägungen“ gegen einen Verkauf von zwei Grundstücken an den Antragsteller zu 2) aus.

Der Rat der Antragsgegnerin traf in seiner Sitzung am 18. Februar 2020 folgenden Beschluss:

„Die Verkaufsbedingungen werden geändert.

Die Grundstücke müssen innerhalb von drei Jahren nach Vertragsabschluss mit einem bezugsfertigen Wohnhaus bebaut werden.

Die Käufer haben sich im abzuschließenden Kaufvertrag wie folgt zu verpflichten:

Bei Errichtung eines Wohnhauses mit mehreren Wohneinheiten ist eine Wohneinheit durch die Käufer für die Dauer von fünf Jahren selbst zu bewohnen. Bei Wohngebäuden mit einer Wohneinheit ist ein Bewohnen der Wohneinheit einschließlich Vermietung durch einen nahen Familienangehörigen zulässig. Nach Familienangehörige sind Verwandte bis zum 2. Grad.

Die vorgenannten Bedingungen werden durch eine Rückauflassungsvormerkung abgesichert.“

Ausweislich der Sitzungsprotokolle des Verwaltungsausschusses und des Rates der Antragsgegnerin beruht die Festlegung einer Verpflichtung, das zu errichtende Wohnhaus selbst zu bewohnen, auf der Erfahrung der Gemeinde, dass die Bauweise bei Mietshäusern eher einfach und gestalterisch nicht so ansprechend ist.

Unter Beachtung dieser geänderten Verkaufsbedingungen stimmte der Rat 16 Verkäufen zu und lehnte zwei Verkäufe ab mit der Begründung, dass eine Fremdvermietung beabsichtigt sei. Weiter bestätigte der Rat die Entscheidung des Verwaltungsausschusses, aus grundsätzlichen Erwägungen den Verkauf von zwei Grundstücken an den Antragsteller zu 2) abzulehnen.

Mit E-Mail vom 30. März 2020 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller zu 2) die geänderten Verkaufsbedingungen mit, neben dem Wiederkaufsrecht, der Bauverpflichtung und der Wohnverpflichtung auch folgenden Passus:

„Der Käufer hat sich wie folgt zu verpflichten:

Auf die Anlegung von Schotterflächen oder Ähnliches zur Gartengestaltung wird verzichtet. An der Grundstücksseite zu öffentlichen Verkehrsflächen sind Sichtschutzelemente aus Kunststoff oder ähnlichen Materialien nicht zulässig. Dies gilt auch für die Anbringung von Sichtschutzelementen an Einfriedungen.“

Weiter heißt es in der E-Mail:

„Wie gesagt, wurde dem Verkauf beider Grundstücke (Nr. 24 und Nr. 25) für die Errichtung eines Hauses nicht zugestimmt. Grundsätzlich wird pro Interessent nur ein Baugrundstück verkauft. Ob einem Verkauf beider Grundstücke an Sie mit jeweils einer eigenständigen Bebauung zugestimmt werden würde, ist daher fraglich.“

Mit E-Mail vom 12. April 2020 teilte der Antragsteller zu 2) mit, dass er daran interessiert sei, auf beiden Grundstücken ein Einfamilienhaus zu bauen. Da die Antragsgegnerin „lächerliche“ „Hausgesetze“ mache, sei er im Übrigen nicht mehr interessiert.

Mit Schreiben vom 23. April 2020 bat die Antragsgegnerin den Antragsteller zu 2) um Mitteilung, ob er eines der beiden Baugrundstücke Nr. 24 und Nr. 25 erwerben wolle.

Daraufhin bat der Antragsteller zu 2) darum, das Grundstück Nr. 24 um 100 m² zu vergrößern und den Bauplatz Nr. 25 entsprechend zu verkleinern. Dieses Ansinnen lehnte der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin am 19. Mai 2020 ab mit der Begründung, dass das Grundstück Nr. 25 dann zu klein wäre.

Daraufhin erklärte der Antragsteller zu 2), dass dann das Grundstück Nr. 34 (745 m²) für ihn interessant wäre.

Am 15. Juli 2020 erklärte der Antragsteller zu 2), dass er an den Grundstücken Nr. 24 und Nr. 25 nun doch noch interessiert sei. Ein Grundstück wolle er erwerben und ein Grundstück seine Frau, die Antragstellerin zu 1). Auf beiden Grundstücken solle ein Einfamilienhaus errichtet werden; er würde in einem Haus seinen Erstwohnsitz anmelden und seine Frau in dem anderen Haus.

Am 11. August 2020 bekundete der Antragsteller zu 2) erneut sein Interesse an dem Grundstück Nr. 34, das nach Rückfrage der Antragsgegnerin von dem dort vorgemerkten Interessenten freigegeben wurde.

Am 25. August 2020 forderte die Antragsgegnerin daraufhin folgende Informationen von dem Antragsteller zu 2) an:

1. Name, Adresse, Geburtsdatum, Beruf des Käufers / der Käufer

2. Geplantes Bauvorhaben (Einfamilienhaus, Mehrfamilienhaus, Doppelhaus)

3. Welche Personen werden in das Haus einziehen (Angabe des Verwandtschaftsgrades)?

4. Gewünschter Baubeginn

Der Antragsteller zu 2) antwortete wie folgt:

1. G., H., Hausfrau

2. Einfamilienhaus

3. Wir ziehen selbst ein

4. Sofort – 1 Jahr

Die Antragstellerin zu 1) unterschrieb zudem – wie von der Antragsgegnerin gewünscht – eine Einverständniserklärung zur unverschlüsselten Übermittlung von Kaufvertragsentwürfen durch das Notariat.

Der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin lehnte in seiner Sitzung am 22. September 2020 einen Verkauf des Grundstücks Nr. 34 an die Antragstellerin zu 1) ab mit der Begründung, dass sie bereits Eigentümerin von sechs Grundstücken (fünf Mietgrundstücken und einem eigengenutzten Grundstück) im Gemeindegebiet sei. Die Antragsgegnerin teilte der Antragstellerin zu 1) dies mit Schreiben vom 28. September 2020 mit und wies darauf hin, dass es Ziel der Gemeinde sei, Familien die Möglichkeit des Eigenheimbaus zu geben.

Die Antragstellerin zu 1) machte mit Schreiben vom 16. Oktober 2020 geltend, dass die Gemeinde bereits Grundstücke an Familien veräußert habe, die ebenfalls Eigentümer anderer Grundstücke im Gemeindegebiet seien.

Mit Schreiben vom 29. Oktober 2020 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin zu 1) mit, dass andere Käufer Eigentümer maximal eines weiteren Grundstückes seien, so dass hinsichtlich der Vergabe der Baugrundstücke durchaus unterschiedliche Verhältnisse vorgelegen hätten, die bei der Entscheidung berücksichtigt worden seien.

Am 15. Dezember 2020 haben die Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Sie halten den Verwaltungsrechtsweg für eröffnet, da die Verkaufsentscheidung der Antragsgegnerin von Zielen öffentlich-rechtlicher Natur geprägt sei. Auch die Möglichkeit, im Verwaltungsausschuss darüber zu entscheiden, wer ein Grundstück erwerben könne, sei nur einem Träger öffentlicher Gewalt möglich.

Sie beantragen,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihnen das Wohnbaugrundstück Nr. 34 im Wohngebiet „F.“ in I. zu veräußern,

hilfsweise, ihnen ein anderes Grundstück im Wohngebiet „F.“ in I. zu veräußern,

höchst hilfsweise, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, die Veräußerung von Wohnbaugrundstücken im Wohngebiet „F.“ in I. mit dem jetzigen Vergabesystem zu unterlassen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den beschrittenen Rechtsweg für unzulässig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Landgericht Verden zu verweisen.

In der Sache beantragt die Antragsgegnerin,

den Antrag zu 1) insoweit zurückzuweisen, als alle über das Wohnbaugrundstück Nr. 34 hinausgehenden Grundstücke im Wohngebiet „F.“ in I. betroffen sind,

und den Hilfsantrag zu 2) zurückzuweisen.

Sie macht geltend, es handele sich offensichtlich um ein einstufiges Verfahren. Bezüglich der Verkäufe würden keinerlei Bescheide versandt bzw. Verwaltungsakte erlassen. Die Verkäufe seien daher ein rein zivilrechtlicher Vorgang.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Der Verwaltungsrechtsweg ist nicht eröffnet. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn – wie hier – eine ausdrückliche gesetzliche Rechtswegzuweisung fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird. Der Charakter des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses bemisst sich nach dem erkennbaren Ziel des Rechtsschutzbegehrens und des zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalts. Maßgeblich ist allein die tatsächliche Natur des Rechtsverhältnisses, nicht dagegen die rechtliche Einordnung des geltend gemachten Anspruchs durch die Beteiligten (VGH BW, Beschluss vom 24. April 2018 – 1 S 2403/17 -).

Die von den Antragstellern gestellten und den Abschluss privatrechtlicher Verträge betreffenden Anträge sind nicht dem öffentlichen Recht zuzuordnen.

Die Natur eines durch Vertrag begründeten Rechtsverhältnisses bestimmt sich danach, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzuordnen ist. Für die Zuordnung ist maßgeblich, ob die Vereinbarungen mit ihrem Schwerpunkt öffentlich- oder privatrechtlich ausgestaltet sind und welcher Teil dem Vertrag das entscheidende Gepräge gibt. Nach diesen Maßgaben gehören die von der öffentlichen Hand abgeschlossenen Grundstückskaufverträge in aller Regel ausschließlich dem Privatrecht an (vgl. BGH, Beschluss vom 19. September 2012 – V ZB 86/12 -m.w.N.; zur zivilrechtlichen Natur eines städtebaulichen Vertrags des sog. Weilheimer Modells: BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1993 – 4 C 18/91 -). Denn die öffentliche Hand bewegt sich beim Verkauf kommunaler Grundstücke in aller Regel auf dem Boden des Privatrechts (vgl. unter anderem §§ 433 ff. BGB) und beteiligt sich wie jeder andere am privaten Rechts- und Wirtschaftsverkehr. Dass der abzuschließende Grundstückskaufvertrag Regelungen mit öffentlich-rechtlichem Bezug (Bebauungsverpflichtung; Eigenwohnverpflichtung; Gestaltungsvorgaben; Wiederkaufsrecht; Abgeltung der Erschließungskosten) beinhalten soll, verleiht dem Vertrag kein derartiges Gepräge, dass er unbeschadet seiner sonstigen Regelungen als öffentlich-rechtlicher Vertrag anzusehen ist. So werden beispielsweise auch Vertragsbedingungen mit öffentlich-rechtlichem Bezug wie die auf § 11 Abs. 1 Nr. 2 BauGB gestützten befristeten Veräußerungsverbote von den Zivilgerichten auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gebot angemessener Vertragsgestaltung nach § 11 Abs. 2 BauGB überprüft (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 15. Februar 2019 – V ZR 77/18, Rn .6 ff. zur Ausübungsfrist für ein Wiederkaufsrecht von 30 Jahren in einem städtebaulichen Vertrag).

Ebenfalls privatrechtlich ist ein dem Abschluss des Vertrags ggf. vorausgehendes Verfahren, das der Auswahl der öffentlichen Hand zwischen eventuell mehreren Kaufinteressenten dient. Die öffentliche Hand trifft in diesem Verfahren eine Entscheidung über die Abgabe einer privatrechtlichen Willenserklärung, die die Rechtsnatur des beabsichtigten bürgerlich-rechtlichen Rechtsgeschäfts teilt (VGH BW, Beschluss vom 24. April 2018 – 1 S 2403/17 -; OVG NRW, Beschluss vom 9. April 2018 – 15 E 219/18 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Oktober 2019 – 11 K 5949/19 -; VG Aachen, Beschluss vom 23. Februar 2018 – 4 L 198/18 -; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. Februar 2008 – V ZR 56/07 -, und BGH, Urteil vom 12. Juni 2001 – X ZR 150/99 -). Die Vergabe und der Verkauf eines Grundstücks an bestimmte Käufer ist als einheitlicher Vorgang insgesamt dem Privatrecht zuzuordnen (vgl. ebenso zur Vergabe öffentlicher Aufträge unterhalb der in der Vergabeverordnung genannten Schwellenwerte: BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2007 – 6 B 10/07 – m.w.N.).

Ausnahmen von dem Grundsatz einer rein privatrechtlichen Streitigkeit kommen nur dann in Betracht, wenn die öffentliche Hand eine gesetzliche öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur bevorzugten Berücksichtigung eines bestimmten Personenkreises zu beachten hat bzw. die Zuordnung des Rechtsgeschäfts oder einzelner seiner Teile zum Kreis des öffentlichen Rechts aus einer rechtlichen bzw. gesetzlichen Regelung folgt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2007 – 6 B 10/07 -; BVerwG, Urteil vom 26. August 1971 – VIII C 25.69 -; VG Hannover, Urteil vom 13. Mai 2015 – 1 A 6549/13 -). Dies ist hier jedoch nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin ist nicht durch öffentlich-rechtliche Gesetzesvorschriften in ihrer Auswahlentscheidung gebunden, insbesondere nicht durch § 11 Abs. 1 BauGB. § 11 Abs. 1 BauGB besagt lediglich, dass die Gemeinde städtebauliche Verträge schließen kann und Gegenstand eines städtebaulichen Vertrags unter anderem die Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele, insbesondere die Grundstücksnutzung, die Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen sowie der Erwerb angemessenen Wohnraums durch einkommensschwächere und weniger begüterte Personen der örtlichen Bevölkerung (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 2 BauGB) sein können. Eine von vornherein bzw. grundsätzlich bestehende Bindung der Gemeinde hinsichtlich der Auswahl von Grundstückskäufern folgt aus dieser Vorschrift jedoch nicht.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass den Grundstücksverkäufen eine nach öffentlichem Recht zu beurteilende Entscheidungsstufe vorgeschaltet ist. Die Gemeinde hat für die Vergabe der Baugrundstücke nicht der Form nach ein Verwaltungsverfahren gewählt, insbesondere die Entscheidungen über Grundstücksverkäufe nicht in Form eines Verwaltungsakts bzw. Bescheides getroffen (vgl. zu solchen Fällen VGH Bayern, Beschlüsse vom 2. März 2017 – 4 ZB 16.1852 -, vom 23. Februar 2009 – 4 ZB 07.3484 -, und vom 26. April 2007 – 4 CE 07.266 -; VG Saarland, Beschluss vom 19. September 2018 – 3 L 768/18 -; VG Stuttgart, Beschluss vom 19. September 2013 – 3 K 2686/13 -).

Eine öffentlich-rechtliche Einordnung der Beziehungen zwischen der Antragsgegnerin und den Kaufinteressenten lässt sich insoweit insbesondere auch nicht durch Heranziehung der so genannten Zweistufentheorie erreichen. Die Zweistufentheorie ist nur dann zur rechtlichen Bewertung eines Vorgangs angemessen, wenn dieser durch eine Mehrphasigkeit der Aufgabenwahrnehmung gekennzeichnet ist. Das ist typischerweise dann der Fall, wenn die Entscheidung über das „Ob“ einer öffentlichen Leistung – etwa die Gewährung einer Subvention – durch Verwaltungsakt erfolgt, während deren Abwicklung – das „Wie“ – mittels eines privatrechtlichen Vertrages durchgeführt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2007 – 6 B 10/07 -; BVerwG, Urteil vom 26. August 1971 – VIII C 25.69 -; VGH Bayern, Beschluss vom 23. August 2004 – 4 CE 04.1778 -). Der Verkauf der Grundstücke durch die Antragsgegnerin unterscheidet sich hiervon jedoch wesentlich und ist seiner Struktur nach gerade nicht zweistufig; vielmehr erfolgt die Entscheidung unmittelbar durch den Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages mit einem der Interessenten. Insbesondere stellen die Beschlüsse durch Gemeinderat oder Verwaltungsausschuss keine selbständige erste Stufe, sondern zunächst nur einen Akt interner Willensbildung dar. Außenwirkung erfährt ein solcher Beschluss erst durch einen Umsetzungsakt nach den § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 86 Abs. 1 Satz 2 NKomVG. Ein solcher mit unmittelbarer Außenwirkung versehener Umsetzungsakt kann zwar im Erlass eines – auf dem Verwaltungsrechtsweg anfechtbaren – Verwaltungsaktes, aber auch lediglich im Abschluss eines zivilrechtlichen Kaufvertrages bestehen (vgl. Pietzcker/Marsch, in: Schoch/Schneider, VwGO, 39. EL Juli 2020, § 42 Abs. 1 Rn. 60; Mehde, in: BeckOK KommunalR Nds., 15. Ed. 1.10.2020, NKomVG § 58 Rn. 24; VG Ansbach, Urteil vom 21. Juni 2017 – AN 4 K 16.02256 -). Dass die Antragsgegnerin hinsichtlich des Verkaufs vor Vertragsschluss noch eine nach außen wirkende Einzelfallregelung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts gegenüber den jeweiligen Käufern trifft, ist nicht ersichtlich. Vielmehr erfolgen sowohl bei Entscheidungen für als auch bei Entscheidungen gegen einen Verkauf lediglich formlose Mitteilungen über die getroffenen Beschlüsse an die Kaufinteressenten. Hiernach fehlt es an einem Anknüpfungspunkt für eine „erste Stufe“, auf der eine – nach öffentlichem Recht zu beurteilende – selbstständige Auswahlentscheidung fällt, zumal man dann konsequenterweise auch von zwei – kaum voneinander abgrenzbaren und parallel durchzuführenden – Stufen der Rückabwicklung, beispielsweise im Falle von Verstößen der Käufer gegen die Verkaufsbedingungen (öffentlich-rechtlich: Aufhebung der Verkaufsentscheidung; zivilrechtlich: Geltendmachung des Wiederkaufsrechts), ausgehen müsste. Durch die Anwendung der Zweistufentheorie auf den Verkauf von Grundstücken, wie ihn die Antragsgegnerin praktiziert, würde damit ein einheitlicher Vorgang künstlich in zwei Teile aufgespalten.

Soweit vertreten wird, dass eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit auch dann vorliegt, wenn die Auswahl unter den Kaufinteressenten nach Vergabekriterien getroffen wird, die im öffentlichen Interesse die Förderung eines bestimmten Personenkreises bezwecken, wenn die Vergabeentscheidung darauf abzielt, im Rahmen der Daseinsvorsorge eine bestimmte Nutzung des Grundstücks zu erreichen, oder wenn der Träger öffentlicher Verwaltung mit ihr hoheitliche Zwecke verfolgt (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Juni 2000 – 21 E 472/00 -; OVG RP, Beschluss vom 1. September 1992 – 7 E 11459/92 -; VG Sigmaringen, Beschluss vom 17. Juni 2019 – 3 K 7459/18 -; VG München, Beschluss vom 24. Juli 2015 – M 11 E 15.1923 -; VG Münster, Beschluss vom 19. Januar 2009 – 1 L 673/08 -; VG Minden, Beschluss vom 8. November 2010 – 2 L 451/10 -), folgt das Gericht dieser Auffassung – unabhängig von der Frage, ob und inwieweit eine solche Konstellation vorliegend überhaupt gegeben ist – nicht. Für die Bestimmung des Rechtswegs ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unerheblich, dass die öffentliche Hand bei ihrem Handeln möglicherweise auch – zumindest mittelbar – öffentliche Aufgaben wahrnimmt. Aus der Tatsache, dass staatliche Maßnahmen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen, kann nicht ohne Weiteres der Schluss gezogen werden, dass die öffentliche Hand sich auch öffentlich-rechtlicher Mittel zur Erreichung dieser Ziele bedient. Die öffentliche Verwaltung kann die ihr anvertrauten öffentlichen Aufgaben, wenn und soweit keine öffentlich-rechtlichen Normen oder Rechtsgrundsätze entgegenstehen, auch in der Form und mit den Mitteln des Privatrechts erfüllen. Maßgeblich für die Zuordnung eines Rechtsverhältnisses zum öffentlichen Recht oder zum Privatrecht ist nicht das Ziel, sondern die Rechtsform staatlichen Handelns; ist diese privatrechtlich, so ist es grundsätzlich auch die betreffende Streitigkeit (BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2007 – 6 B 10/07, m.w.N.). Abgesehen davon führt die Auffassung, eine Auswahlentscheidung sei bei ihr zugrundeliegenden öffentlich-rechtlichen Zielen öffentlich-rechtlich, zu (weiteren) Abgrenzungsproblemen, z.B. in Fällen, in denen die Verfolgung eines öffentlichen Zwecks nur eines von mehreren Entscheidungskriterien darstellt (vgl. VG Karlsruhe, Beschluss vom 10. Oktober 2019 – 11 K 5949/19 -) oder eine (begehrte) Verkaufsentscheidung im Falle des Fehlens von abstrakten Vergaberichtlinien auf öffentlich-rechtlichen Zielsetzungen beruhen kann, aber nicht muss (vgl. VG München, Beschluss vom 14. Oktober 2014 – M 11 E 14.3905 -). Allein aus dem Umstand, dass für die Entscheidung einer Behörde möglicherweise auch öffentlich-rechtliche Zielsetzungen mitbestimmend sind, lässt sich daher keine öffentlich-rechtliche erste Stufe konstruieren, die im tatsächlichen Ablauf keinen Niederschlag findet (vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 40 Rn. 15a; Ehlers/Schneider, in: Schoch/Schneider, VwGO, 39. EL Juli 2020, § 40 Rn. 261).

Für den Rechtsweg ebenfalls nicht entscheidend ist der Umstand, dass die öffentliche Hand bei dem Auswahlverfahren öffentlich-rechtlichen Bindungen, insbesondere im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG, unterliegt, die für Privatpersonen nicht in entsprechender Weise gelten. Ob und in welchem Umfang bei der Auswahl eines Vertragspartners durch die öffentliche Hand eine derartige Bindung besteht, ist keine Frage des Rechtswegs, sondern der zu treffenden Sachentscheidung. Das Zivilrecht wird insoweit als „Basisrecht“ von den einschlägigen öffentlich-rechtlichen Bindungen überlagert. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofs wird dort, wo sich der Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben privater Gestaltungsformen bedient, die Privatrechtsordnung lediglich in einzelnen Punkten durch öffentlich-rechtliche Bindungen ergänzt, modifiziert und überlagert, ohne dass darum das Verwaltungshandeln selbst dem öffentlichen Recht zuzuordnen wäre (sog. Verwaltungsprivatrecht). Infolgedessen haben über derartige öffentlich-rechtliche Bindungen des privatrechtlichen Verwaltungshandelns die ordentlichen Gerichte im Rahmen ihrer Zuständigkeit mit zu entscheiden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2007 – 6 B 10/07 -).

Schließlich ist es für die Abgrenzung von öffentlichem Recht und Privatrecht unerheblich, dass wegen der einschlägigen kommunalrechtlichen Organisationsvorschriften bei der Entscheidung über die Grundstücksverkäufe besondere kommunale Beschlussgremien eingeschaltet sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 1971 – VIII C 25.69 -; OVG NRW, Beschluss vom 30. Juni 2000 – 21 E 472/00 -; OVG RP, Beschluss vom 1. September 1992 – 7 E 11459/92 -).