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VK Südbayern: Anforderungen an die Formulierung von Zuschlagskriterien

von Thomas Ax

Zuschlagskriterien müssen klar und eindeutig formuliert sein, so dass alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei der Anwendung der üblichen Sorgfalt ihre genaue Bedeutung verstehen und sie in gleicher Weise auslegen können

Vergabekammer Südbayern, Beschluss v. 21.01.2019 – Z3-3-3194-1-38-11/18

Gründe

I.

1

Mit Bekanntmachung vom 1. September 2017 machte die Antragsgegnerin den „Nichtoffenen Realisierungswettbewerb …“ im Amtsblatt der EU bekannt (2017/S).

2

Nach Ziffer II.2.4 der Auslobung soll für den … ein Gesamtkonzept entwickelt werden, das die beschriebenen Anforderungen in einem überzeugenden Zusammenspiel von bestehender Bausubstanz und Neubauelementen in hoher Architekturqualität verbindet, eine städtebaulich überzeugende und planungsrechtlich genehmigungsfähige Lösung bietet und die festgelegte Baukostenobergrenze für die Kostengruppen 300-400 von max. 227.000.000 EUR einhält.

3

Die Antragsgegnerin hatte einen Realisierungswettbewerb auf Grundlage der RPW 2013 ausgelobt, um anschließend mit dem Gewinner oder mit allen Preisträgern über den Abschluss eines Vertrages zu verhandeln. Nach Ziffer 10.1.10 der Auslobung wird bei einer Verhandlung mit allen Preisträgern das Ergebnis des Wettbewerbs mit mindestens 35% gewichtet.

4

Als Kriterien für die Bewertung der Projekte in der Wettbewerbsphase waren unter Ziffer IV.1.9 der Auslobung angegeben: Städtebauliche Einbindung, Umgang mit dem Bestand, Gestaltung, Qualität der Innen- und Außenräume, innere und äußere Erschließung, Funktionalität, Wirtschaftlichkeit und Realisierbarkeit.

5

Diese Kriterien wurden dann noch einmal im Teil 3 der Auslobung aufgeführt.

6

Im Teil 2 der Auslobung definierte die Antragsgegnerin die Wettbewerbsaufgabe.

7

Unter der Ziffer 2.2 der Auslobung wurden die Anforderungen an die Nutzung dargestellt, welche dem Nutzerbedarfsprogramm teilweise gekürzt entnommen waren. Das Nutzerbedarfsprogramm „Zukunft …“, vom 24. November 2016 (in der Version vom 26. Januar 2017) lag den Auslobungsunterlagen als Anlage 11 bei und wies als Verfasser auf Seite 2 neben der Antragsgegnerin auch die Beigeladene aus.

8

In der Auslobung wurde unter Ziffer 2.5.2 die in der als Anlage 10 beigefügte und 1985 erschiene Broschüre „…“ zusammengefasst, in welcher die Idee und Gestalt des Bestandsbaus von der damaligen Architektengemeinschaft beschrieben wurde. Dort heißt es unter anderem:

„Entwickelt wurde folgende Grundkonzeption: Krönung der gesamten …-Bauanlage ist der der Stadt … zugewandte Konzertsaal, die Stadtbibliothek orientiert sich zum … Platz, …schule und … Konservatorium (heute … für Musik und Theater …#) sind Verbindungsglieder zwischen Konzertsaal und … Die … sollte zur …hangkante orientiert sein und die Hangkante durch Hinaufheben des Saales in ihrer Wirkung gesteigert werden, die Foyerzonen sollten den Blick auf … ermöglichen, die Bastion (Stützmauer) sollte erhalten bleiben und später einmal an den „…“ erinnern und die … aus dem Blickwinkel … Museum/ …brücke einen außergewöhnlichen Eindruck hinterlassen: Es sollte der Ziegel nach alter … Tradition Anwendung finden, und zwar konsequent innen wie außen. Ein wichtiger Gedanke war das Foyerband im 1. OG, das sich in Form einer S-Kurve vom Foyerbereich der … bis zur … zieht und durch die Vollverglasung den Blick auf die Stadt ermöglicht. Entlang des Foyerbands reihen sich die großen Säle der verschiedenen Institutionen wie Perlen auf einer Kette auf. Eine besondere gestalterische Ausformulierung erhalten die beiden Endpunkte des Bandes: halbversetzte Ebenen vor der … und die Glashalle, die die zum Haupteingang im EG führende Rolltreppe aufnimmt“.

9

Unter Ziffer 2.5.3 war unter der Überschrift „Umgang mit dem Bestand und Urheberrecht“ unter anderem ausgeführt:

„(…) Aufgrund der notwendigen technischen und funktionalen Anpassungen ist davon auszugehen, dass das Gebäude, mit Ausnahme des Ziegelmauerwerks, bis auf den Rohbau zurück gebaut werden muss.

(…) Die Fassade, insbesondere die verglasten Bereiche, weisen in Bezug auf den Wärmedurchgangskoeffizienten einen nach heutigem Standard unzureichenden Wert auf. Im Rahmen der Generalsanierung kann aber von den Anforderungen der EnEV abgewichen werden, da der Bestand als besonders erhaltenswerte Bausubstanz einzuordnen ist.

Die Mauerwerks-Fassade ist technisch in einem guten Zustand. Das Ziegelmauerwerk aus handgeschlagenen Ziegeln prägt das Erscheinungsbild des … innen wie außen und ist im Lauf der Jahre zu einem unverwechselbaren Identifikationsmerkmal geworden. Trotzdem sind weiterführende Anpassungen oder Zukunftsweisende Ideen wünschenswert, sofern die aus technischer Sicht sinnvoll und unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit realisierbar erscheinen.

Beim Umgang mit der Bausubstanz sind urheberrechtliche Belange zu beachten. Über die Durchführung des Wettbewerbs besteht mit der Architektengemeinschaft Einverständnis.“

10

Am 15.12.2017 beantwortete die Antragsgegnerin die bis zum 07.12.2017 gestellten Rückfragen der Wettbewerbsteilnehmer, wobei sich die Frage 70 auf die Thematik „Idee und Gestalt aus Sicht der Urheber“ und die Fragen 71 bis 76 auf die Thematik „Umgang mit dem Bestand und Urheberrecht“ bezogen.

– Die Frage 70 „Seite 62 der Auslobung steht, dass die Stützmauer aus Backstein (zwischen der … Str. und … Straße) laut dem Grundkonzept erhalten bleiben sollte. Inwiefern darf man intervenieren (z.B. Austausch / Durchbruch etc.)?“ wurde beantwortet mit „die Frage zitiert einen Abschnitt der (damaligen) Planungsidee der Urheber (2.5.2 Idee und Gestalt aus Sicht der Urheber). Dieser Abschnitt ist nicht bindend für die Bearbeitung des (heutigen) Wettbewerbs.“

– Der Fragenkomplex 73 lautete:

„Im § 2.5.3. steht: „Beim Umgang mit der Bausubstanz sind urheberrechtliche Belange zu beachten. Über die Durchführung des Wettbewerbs besteht mit der Architektengemeinschaft Einverständnis.

Welche Belange sind zu beachten und welches Einverständnis haben die Architekten, abgegeben bzw. welche Rahmenbedingungen für gestalterische Veränderungen gibt es konkret?

Aus der sehr vagen Vereinbarung zum Urheberrecht ergibt sich die Gefahr von Urheberrechtstreitigkeiten, die Zeit und Geld kosten können und damit ein weiteres Risiko in Bezug auf die Einhaltung der Kostenobergrenze darstellen.

Wie ist das Urheberrecht geregelt In der Auslobung steht nur, dass dem Wettbewerb zugestimmt wurde. Wird damit auch dem Ergebnis zugestimmt? Besteht für die Architekten … das vollumfängliche Urheberecht? D.h. darf das Werk ohne Zustimmung der Urheber in prägenden Gestaltungselementen (z.B. Fassadenmaterialität) verändert werden und wenn ja, wie stehen die Architekten zu solchen Veränderungen an ihrem Werk? Beim Umgang mit der Bausubstanz sind urheberrechtliche Belange zu beachten.

Was bedeutet dies konkret? Müssen Fassadenstrukturen/Verglasungen erhalten oder aufgenommen werden? Welche Bereiche, Bauteile, Materialien sind unbedingt zu erhalten? Muss der Entwurf im Auftragsfall mit den Urheberrechtsinhabern abgestimmt werden?

Dieser Fragenkomplex wurde beantwortet mit: „Das Urheberrecht schützt den Urheber vor der Entstellung seines Werks, es schließt Veränderungen am Werk nicht aus. Durch die Durchführung des Wettbewerbs wird eine qualitativ hochwertige Auseinandersetzung mit dem Bestand sichergestellt. Über die Durchführung des Wettbewerbs besteht mit der Architektengemeinschaft Einverständnis. Die Rahmenbedingungen für gestalterische Veränderungen sind in der Auslobung formuliert. Darüber hinaus gibt es keine zu berücksichtigenden Anforderungen. Die weitere Planung wird mit dem Urheberrechtsinhaber erörtert werden.“

Die Frage 74 „Wie frei ist das Preisgericht in der Bewertung der Gestaltung? Ist eine möglichst nah am urheberrechtlich geschützten Bestand bleibende Gestaltung gewünscht?“ wurde beantwortet mit: „Das Preisgericht ist in seiner Entscheidung frei.“

Der Fragenkomplex 76 lautete:

Wie weit darf in die Bestandsfassaden (Ziegelverkleidung) eingegriffen werden?

Um den energetischen Anforderungen gerecht zu werden, muss die Dämmschicht hinter der bestehenden Ziegelfassade ertüchtigt werden. Laut Auslobung sollen die Ziegelflächen erhalten bleiben und es darf von der EnEV abgewichen werden darf. Im Bestandsgutachten wird jedoch festgestellt, dass die Dämmschicht hinter der Ziegelfassade erneuert werden muss. Wie soll das bei Erhalt der Ziegelfassade funktionieren und welches Vorgehen wurde für die Ausgangsbasis der Kosten angenommen? Zum einen werden die Klinkerfassaden als erhaltenswert bezeichnet, zum anderen ist von Nachhaltigkeit und „Energieeffizienz die Rede: Bei einer Dämmstärke von 6cm wird man wohl keinen effizienten Umgang mit Energie attestieren können. Von Nachhaltigkeit in Bezug auf Betriebskosten wird ebenfalls keine Rede sein können. Wo liegen in diesem Zusammenhang die Prioritäten des Auslobers? Sollten die Fassadendämmstärken erhöht werden und die Klinkerfassade in diesem Zuge abgetragen werden müssen, stellt sich die Frage ob eine Neugestaltung der Fassade auch in Hinblick auf die Materialität aus Sicht der Auslober denkbar und wünschenswert wäre.

Soll die Ziegelfassade erhalten werden?“

11

Dieser Fragenkomplex wurde beantwortet mit „Es gibt keine Vorgabe zum Umgang mit der Bestandsfassade. Die Prioritäten der Ausloberin liegen neben den technischen und wirtschaftlichen Belangen auf einem überzeugenden Gesamtkonzept: Beim Erhalt der Ziegelsteinfassade ist eine Erneuerung der Wärmedämmung aus heutiger Sicht nicht denkbar, von den Anforderungen der EnEV kann in diesem Fall jedoch abgewichen werden, siehe Auslobung Seite 63. Die Ausgangsbasis der Kosten geht vom Erhalt der Ziegelfassade und der Erneuerung der kompletten Glasfassade aus.“

12

Im Wettbewerbsverfahren wurden von 17 der 27 zugelassenen Teilnehmer Wettbewerbsarbeiten eingereicht. Das Preisgericht entschied sich in seiner Sitzung am 18.05.2018 dafür drei Arbeiten, darunter die Entwürfe der Antragstellerin und der Beigeladenen, auf Rang eins zu setzen und diesen drei Arbeiten gleichrangig den ersten Preis zu verleihen.

13

Das Preisgericht empfahl der Antragstellerin einstimmig, die Preisträger mit einer Überarbeitung ihrer Arbeit zu beauftragen. Bei der weiteren Bearbeitung sollten die Beurteilungen des Preisgerichts berücksichtigt werden. Besonderer Stellenwert sollte dabei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit und der Einhaltung der Baukostenobergrenze zukommen.

14

Die Wettbewerbsarbeiten wurden mit Verfassernamen vom 25.05.2018 bis 15.08.2018 öffentlich ausgestellt.

15

Am 04.08.2018 erhielten die drei Preisträger eine E-Mail mit dem weiteren Ablauf der Überarbeitungsphase, in welcher jeweils ein Workshop mit den Vorprüfern und mit Vertretern der Nutzer des … vorgesehen war. Die Überarbeitungsphase sollte mit der Sitzung des Bewertungsgremiums, dem Fach- und Sachpreisrichter aus dem Preisgericht angehören abschließen.

16

Mit Schreiben vom 15.06.2018 konkretisierte die Antragstellerin den „weiteren Ablauf des Wettbewerbsverfahrens“ und führte aus, dass das Bewertungsgremium, dem Fach- und Sachpreisrichter aus dem Preisgericht angehören eine abschließende Bewertung der überarbeiteten Wettbewerbsarbeiten auf der Grundlage der in Teil 3 der Auslobung genannten Kriterien vornehmen würde. Die Wettbewerbsarbeit mit der höchsten Bewertung sei der Gewinner des nichtoffenen Realisierungswettbewerbs, mit welchem dann ein Verhandlungsverfahren durchgeführt werde.

17

Der Workshop mit den Vorprüfern fand am 18.05.2018, der Workshop mit den Nutzern am 25.06.2018 statt.

18

Mit Schreiben vom 10.07.2018 teilte die Antragsgegnerin mit, dass das Wettbewerbsverfahren abgeschlossen sei und die Preisträger nun zur Teilnahme am Verhandlungsverfahren aufgefordert werden. Zum weiteren Ablaut des Verhandlungsverfahrens wurde ausgeführt, dass nach Abgabe der Angebote am 10.08.2018 die Vergabestelle die Angebote anhand mit diesem Schreiben der bekannt gemachten Kriterien auswertet und parallel zur fachlichen Auswertung die Verhandlungsgespräche geführt werden. Zur fachlichen Bewertung des Gesamtergebnisses der Planung nach Überarbeitung werde sich die Vergabestelle einer sachverständigen Hilfe in Form eines Bewertungsgremiums, dem Fach- und Sachpreisrichter aus dem Preisrichter aus dem Preisgericht angehören, bedienen. Die finale Wertung durch die Vergabestelle erfolge voraussichtlich Mitte Oktober. Der Vertrag werde geschlossen unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Aufsichtsrates der … GmbH und unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Stadtratendes der … Es wurde darauf hingewiesen, dass dieses Schreiben nebst Anlagen die Verfahrensbeschreibung im Schreiben vom 15.062018 ersetzt.

19

In den Verfahrensbedingungen, die dem Schreiben vom 10.07.2018 beigefügt waren, wurden unter Punkt 4.3 die Zuschlagskriterien wie folgt angegeben:

20

Die Bewertungskommission wird anhand nachfolgend dargestellter Zuschlagskriterien das Ergebnis des Wettbewerbes, die Überarbeitung des Wettbewerbs, das Angebot und die Bieterpräsentationen bewerten:

  1. Ergebnis des Wettbewerbs, Rangfolge 40% Gewichtung, max. 200 Wertungspunkte
  2. Ergebnis der Überarbeitung des Wettbewerbs 40% Gewichtung, max. 200 Wertungspunkte
  3. Organisation, Qualifikation und Erfahrung des eingesetzten Personals 15% Gewichtung, max. 0,75 Wertungspunkte
  4. Honorar 5% Gewichtung, max. 0,25 Wertungspunkte Die Unterkriterien werden jeweils mit 0 bis 5 Punkten entsprechend der nachfolgend dargestellten Bewertungsskala bewertet und entsprechend der angegebenen Gewichtung gewichtet, so dass sich folgende Bewertungsformel ergibt:

Bewertungsformel: erreichte Punkte x Gewichtung = Wertungspunkte

21

Insgesamt kann jeder Bieter somit maximal 5,00 Wertungspunkte im Verhandlungsverfahren erhalten.

22

Zum Kriterium „Ergebnis der Überarbeitung des Wettbewerbs“ wurde in den Verfahrensbedingungen unter Punkt 4.3.2 ausgeführt:

23

Das Ergebnis der Überarbeitung des Wettbewerbs fließt mit 40% Gewichtung in die Gesamtbewertung ein. Innerhalb dieser 40% kommt aufgrund der Vorgaben des Preisgerichts dem Unterkriterium Wirtschaftlichkeit und Realisierbarkeit besondere Bedeutung zu, so dass dieses mit insgesamt 40% und die sonstigen qualitativen Unterkriterien mit 60% bewertet werden; die qualitativen Unterkriterien selbst werden gleich gewichtet.

24

Das Ergebnis der Überarbeitung wird anhand der im Auslobungstext, Teil 3, bereits benannten Kriterien (städtebauliche Einbindung, Umgang mit dem Bestand, Gestalt, Qualität der Innen- und Außenräume, innere und äußere Erschließung, Funktionalität sowie Wirtschaftlichkeit und Realisierbarkeit) bewertet.

25

Bezüglich der architektonischen Qualität wurde festgelegt, dass die Unterkriterien städtebauliche Einbindung, Umgang mit dem Bestand, Gestalt, Qualität der Innen- und Außenräume, innere und äußere Erschließung sowie Funktionalität gleich gewichtet und nach folgender Skala bewertet würden:

0 Punkte = Ergebnis der Wettbewerbsüberarbeitung überzeugt mit Bezug auf die Beurteilungskriterien nicht.

1 Punkt = Ergebnis der Wettbewerbsüberarbeitung weist große Lücken in Bezug auf die Beurteilungskriterien auf.

2 Punkte = Ergebnis der Wettbewerbsüberarbeitung passt nur teilweisein Bezug auf die Beurteilungskriterien.

3 Punkte = Ergebnis der Wettbewerbsüberarbeitung passt mit kleinen Abweichungen in Bezug auf die Beurteilungskriterien.

4 Punkte = Ergebnis der Wettbewerbsüberarbeitung passt sehr gut mit Bezug auf die Beurteilungskriterien.

5 Punkte = Ergebnis der Wettbewerbsüberarbeitung überzeugt komplett mit Bezug auf die Aufgabenstellung.

26

Mit Schreiben vom 24.08.2018 wurde die Antragstellerin zur Präsentation am 12.09.2018 eingeladen. Anhand der Bieterpräsentation wurde das Kriterium „Organisation, Qualifikation und Erfahrung des eingesetzten Personals“ bewertet.

27

Am 02.10.2018 übersandte Herr … als Mitglied der ehemaligen Architektengemeinschaft … eine von ihm und Herrn … unterzeichnete Denkschrift an mehrere Personen an der Spitze der Stadtverwaltung der … sowie an den Geschäftsführer der … GmbH. In dieser Denkschrift stellte Herr … für sich und Herrn …, als Mitglieder der ehemaligen Architektengemeinschaft klar, dass insbesondere die Beantwortung der Bieterfrage Nr. 70, in welcher der Abschnitt mit den Ausführungen der damaligen Urheber zu ihrer Planungsidee als nicht bindend erklärt wurden, von den beiden Architekten des Bestandsbaus so nicht mitgetragen werde und weist ausführlich auf die nach seiner Auffassung zu beachtenden urheberrechtlichen Belange hin. Diese seien insbesondere das Glastreppenhaus, die Erhaltung der Bastion mit dem Baumbestand, das …forum, die Glashalle als Herz des …, die Saaldecke der …, die skulpturale Großform insgesamt und die handgeschlagenen Ziegel innen und außen als besonders markante Bereiche des Bauwerks. Die Denkschrift enthält daneben eine eigene Projektstudie für die Generalsanierung, die als Denkanstoß dienen soll, „um gegebenenfalls von uns wünschenswerte Erkenntnisse oder Aussagen noch in das weitere Verfahren einfließen zu lassen, damit von uns möglicherweise erkennbare Entstellungen vermieden werden können, die dann zu Streitigkeiten führen werden“.

28

Die Antragstellerin hat nach der Vertragsverhandlung am 17.09.2018 ihr finales Angebot fristgemäß bis 04.10.2018 abgegeben.

29

Am 12.10.2018 gab das Bewertungsgremium seine Bewertung zum Punkt „architektonische Qualität“ (hinsichtlich der fünf Unterkriterien städtebauliche Einbindung, Umgang mit dem Bestand, Gestaltung und Qualität der Innen- und Außenräume, innere und äußere Erschließung sowie Funktionalität) der überarbeiteten Entwürfe sowie eine Empfehlung für deren Reihung ab. In Vorbereitung der Sitzung des Bewertungsgremiums wurden die abgegebenen überarbeiteten Wettbewerbsergebnisse einer technischen Vorprüfung unterzogen und die einzelnen Kriterien mittels einer „Ampelindikation“ und kurzen textlichen Erläuterungen gekennzeichnet. Auch die Einrichtungen, die den … nutzen sowie die Antragstellerin als Betreibergesellschaft hätten die überarbeiteten Entwürfe im Vorfeld auf ihre Belange hin überprüft und die Bewertungen waren im Vorprüfbericht mittels „Ampeln“ und kurzen textlichen Erläuterungen enthalten.

30

In der Sitzung des Aufsichtsrats vom 12.10.2018, dessen Mitglieder auch alle bei der vorhergehenden Beratung des Bewertungsgremiums anwesend gewesen waren, wurde den Angeboten in Übereinstimmung mit der Reihung auf Vorschlag des Aufsichtsratsvorsitzenden ein Punktwert zugesprochen. Eine vertiefte Diskussion über die Begründung des Punktwerts fand nicht statt, sondern es wurde auf die Begründung des Bewertungsgremiums verwiesen. Der Aufsichtsrat fasste mit einer Gegenstimme den Beschluss, der Gesellschafterin zu empfehlen, das Angebot der Beigeladenen anzunehmen und die Geschäftsführung der Antragsgegnerin anzuweisen, den Vertrag mit der Beigeladenen abzuschließen.

31

Mit Schreiben vom 17.10.2018 rügte die Antragstellerin die Einführung neuer und nicht bekannt gemachter Zuschlagskriterien auf Grund der bekannt gewordenen urheberrechtlichen Einschränkungen, dass die Wettbewerbsarbeiten beider Bewertung nicht mehr anonym gewesen seien, dass das Bewertungsgremium nicht ordnungsgemäß besetzt war, dass das im Schreiben vom 15.06.2018 bekanntgegebene Verfahren nicht eingehalten wurde sowie dass die Beigeladene als vorbefasstes Büro vom Wettbewerb auszuschließen sei.

32

Mit Schreiben vom 23.10.2018 wies die Antragsgegnerin die Rüge vom 17.10.2018 zurück.

33

Der Stadtrat der … folgte in seinem Beschluss vom 24.10.2018 der Empfehlung des Aufsichtsrats.

34

Mit Schreiben vom 24.10.2018 teilte die Antragsgegnerin gem. § 134 GWB mit, dass sie beabsichtigt, den Auftrag an die Beigeladene zu vergeben.

35

Am 29.10.2018 rügte die Antragstellerin erneut die Zusammensetzung des Bewertungsgremiums, dass die gesamte überarbeitete Wettbewerbsarbeit und nicht nur die Überarbeitung bewertet wurde, dass das Unterkriterium der Wirtschaftlichkeit fehlerhaft bewertet wurde sowie diverse Fehler bei der individuellen Bewertung ihrer überarbeiteten Wettbewerbsarbeit und des Konzeptes zur Projektabwicklung.

36

Mit Schreiben vom 30.10.2018 wies die Antragsgegnerin auch die Rüge vom 29.10.2018 zurück.

37

Am 02.11.2018 erhob die Antragstellerin Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Südbayern und beantragte,

1.

die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß § 160 Abs. 1 GWB und die Übermittlung des Antrags an die Antragsgegnerin gemäß § 163 Abs. 2 Satz 3 GWB;

2.

es der Antragsgegnerin aufzugeben, die Wertung der finalen Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen;

3.

hilfsweise, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die von der Vergabekammer festgestellten Rechtsverletzungen zu beseitigen;

4.

der Antragstellerin gemäß § 165 GWB Einsicht in die Vergabeakten zu gewähren;

5.

der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens e11, schließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen und 6 festzustellen, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin notwendig war.

38

Den Nachprüfungsantrag stützte die Antragstellerin darauf, dass dem Verfahren auf Grund der ungelösten Urheberrechtsproblematik die Vergabereife fehle, der Realisierungswettbewerb während der Überarbeitung der Wettbewerbsarbeiten willkürlich abgebrochen worden sei und das Verhandlungsverfahren vor Abschluss des Wettbewerbs eingeleitet worden sei, nicht das berufene Gremium über die Überarbeitung der Wettbewerbsbeiträge entschieden habe, die Vereinbarkeit mit den Vorstellungen von Herrn … zum wesentlichen Entscheidungskriterium erhoben worden sei, dass der Informationsvorsprung des Büros der Beigeladenen nicht ausgeglichen worden sei sowie dass die konkrete Bepunktung der Wettbewerbsüberarbeitung nicht nachvollziehbar sei und teilweise der Bewertung des Preisgerichts widerspräche:

39

Mit Schriftsatz vom 21.11.2018 erwiderte die Antragsgegnerin auf den Nachprüfungsantrag und stellte folgende Anträge:

  1. Der Vergabenachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Rechtsverfolgung der Antragsgegnerin trägt die Antragstellerin.

III. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Antragsgegnerin wird für notwendig erklärt.

40

Der Nachprüfungsantrag sei bereits mangels Antragsbefugnis der Antragstellerin als drittplatzierte Bieterin betreffend der Wertung der Angebote aber auch hinsichtlich der Geltendmachung eines wettbewerbsverzerrenden Wissensvorsprungs durch die Teilnahme der Beigeladenen sowie hinsichtlich des Abbruch des Wettbewerbs wegen Verspätung unzulässig. Dem Vorhaben fehle auch nicht die Vergabereife infolge des bestehenden Urheberrechts, da ein Verstoß jeweils nur im Einzelfall anhand der finalen Planungsergebnisse festgestellt werden könne. Die Antragsgegnerin dürfe daher bis zum jetzigen Zeitpunkt zulässig davon ausgehen, dass das bestehende Urheberrecht einer Beauftragung nicht entgegenstehe. Der Realisierungswettbewerb sei mit der Zuerkennung der Preise abgeschlossen gewesen. Auch der Prüfungs- und Wertungsprozess sei vergaberechtskonform und entspreche hinsichtlich der Beteiligung des Bewertungsgremiums dem kommunizierten Vorgehen. Dabei wurden sowohl die Mitglieder des Bewertungsgremiums und des Aufsichtsrats in den Sitzungen am 12.10.20.18 sowie die Mitglieder des Stadtrats der … in der Sitzung am 24.10.2018 explizit darauf hingewiesen, dass die Thematik des bestehenden Urheberrechts bei der Bewertung keine Rolle spielen dürfe. Auch die Bewertung des Kriteriums „Ergebnis der Überarbeitung des Wettbewerbs“ hinsichtlich der Unterkriterien zur architektonischen Qualität sei korrekt erfolgt.

41

Die ehrenamtliche Beisitzerin hat die Entscheidung über die Beiladung, den Umfang der Akteneinsicht sowie im Falle einer Verfahrenseinstellung auf den Vorsitzenden und die hauptamtliche Beisitzerin übertragen.

42

Mit Beschluss vom 19.11.2018 wurde die Beigeladene beigeladen und beantragte mit Schriftsatz vom 26.11.2018:

  1. Der Nachprüfungsantrag wird abgewiesen;
  2. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen wird für notwendig erklärt;
  3. der Antragstellerin werden die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Beigeladenen auferlegt.

43

Der Antragstellerin wurde mit Beschluss vom 23.11.2018 und 06.12.2018, der Beigeladenen mit Beschluss vom 06.12.2018 Akteneinsicht gewährt.

44

Die Beteiligten wurden durch den Austausch der jeweiligen Schriftsätze informiert. Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.

45

Am 13.12.2018 fand in den Räumen der Regierung von Oberbayern die mündliche Verhandlung statt. Alle Beteiligten hatten Gelegenheit zum Vortrag. Die Rechts- und Sachlage wurde erörtert. Die Antragstellerin beantragte in der mündlichen Verhandlung zusätzlich der Antragsgegnerin aufzugeben, das Verfahren auf den Stand nach Beendigung des Preiswettbewerbs zurückzuversetzen, neue Vergabekriterien festzulegen sowie die Antragstellerin aufzufordern, ihren Entwurf zu überarbeiten.

46

Die Antragsgegnerin hielt ihre Anträge vom 16.11.2018 aufrecht.

47

Die Beigeladene hielt ihre Anträge vom 26.11.2018 nicht mehr aufrecht und erklärte keine Anträge zu stellen.

II.

48

Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig.

49

Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern ergibt sich aus §§ 155, 156 Abs. 1, 158 Abs. 2 GWB i.V.m. §§ 1 und 2 BayNpV.

50

Gegenstand der Vergabe ist ein Dienstleistungsauftrag i.S.d. § 103 Abs. 1,4 GWB. Die Antragsgegnerin ist Auftraggeber gemäß §§ 98, 99 Nr. 2 GWB. Der geschätzte Gesamtauftragswert überschreitet den gemäß § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert in Höhe von 221.000 Euro erheblich.

51

Eine Ausnahmebestimmung der §§ 107 – 109 GWB liegt nicht vor.

52

  1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

53

Gemäß § 160 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, wenn es sein Interesse am Auftrag, eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB und zumindest einen drohenden Schaden darlegt.

54

Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe eines Angebots nachgewiesen. Es ist nicht erkennbar, dass sie mit diesem Nachprüfungsantrag einen anderen Zweck verfolgt als den, den strittigen Auftrag zu erhalten. Die Antragstellerin hat eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB insbesondere auf Grund der Beteiligung der Beigeladenen als vorbefasstes Unternehmen, der fehlenden Vergabereife, der Einbeziehung des Urheberrechts der Architekten des Bestandsgebäudes als nicht bekannt gemachtes Zuschlagskriterium, der Abweichung des Bewertungsverfahrens vom bekannt gemachten Vorgehen und der fehlerhaften Bewertung ihrer Wettbewerbsüberarbeitung geltend gemacht. Die Antragstellerin hat zudem bei einer Neubewertung ihres Angebots bei Erreichen der vollen Punktzahl im Kriterium „Ergebnis der Überarbeitung des Wettbewerbs“ die Möglichkeit den ersten Platz zu erreichen.

55

1.1. Der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags steht keine Rügepräklusion nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB entgegen, soweit angegriffen wurde, dass die Beigeladene durch die Erstellung des Nutzerbedarfsprogramms an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens beteiligt war und die Antragsgegnerin keine angemessenen Maßnahmen ergriffen habe; um den Wettbewerbsvorsprung der Beigeladenen auszugleichen.

56

Das Nutzerbedarfsprogramm wies im Impressum die Beigeladene .als Verfasserin „aus. Somit war nach der Ausstellung der Wettbewerbsarbeiten spätestens mit Bekanntmachung der Wettbewerbsergebnisse im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union am 16.06.2016 bekannt, dass die Beigeladene das Nutzerbedarfsprogramm erstellt und sich am Wettbewerb “ beteiligt hatte. Allerdings war das von. der Beigeladenen erstellte Nutzerbedarfsprogramm der Auslobung als Anläge 11 vollständig beigelegen. Die Antragstellerin. konnte somit davon ausgehen, dass die Antragsgegnerin den Wissensvorsprung der Beigeladenen gem. § 7 Abs. 2 VgV durch die Bereitstellung des vollständigen Nutzerbedarfsprogramms ausgeglichen hatte.

57

Die Antragstellerin war nicht gehalten, die Vorbefassung .der Beigeladenen trotz erkennbarer -Maßnahmen der Antragsgegnerin zum Ausgleich des Wissensvorsprungs zu rügen. Die Antragstellerin durfte sich zunächst darauf verlassen, dass die Antragsgegnerin geeignete Ausgleichsmaßnahmen ergriffen hat. Ohne konkrete Anhaltspunkte ist eine rein vorsorgliche Rüge, dass diese Maßnahmen nicht ausreichend seien, nicht geboten.

58

Erst nach dem Bericht der Süddeutschen Zeitung .vom 29.10.2018, in welchem der Aufsichtsratsvorsitzende der Antragsgegnerin damit zitiert wurde, dass die Beigeladend „in. puncto Funktionalität sehr stark überzeugt“ habe, konnte. die Antragstellerin vermuten, dass die Beigeladene durch die Erstellung des Nutzerbedarfsprogramms, also des zentralen Dokuments der Nutzeranforderungen an die Funktionalität, einen Informationsvorsprung gehabt haben könnte, der allein durch die Bereitstellung des fertigen Nutzerbedarfsprogramms nicht vollständig ausgeglichen worden ist.

59

1.2. Der Nachprüfungsantrag ist jedoch nach e 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB präkludiert, soweit die Antragstellerin den Abbruch des Realisierungswettbewerbs angegriffen hat.

60

Die Antragstellerin hat im Schriftsatz vom 30.11.2018 angeführt, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin unmittelbar im Anschluss an den Erhalt des Schreibens vom 10.07.2018 gegenüber Frau … vom Projektbüro der Antragsgegnerin telefonisch die Fortsetzung des Wettbewerbs verlangt hätte. Im Schriftsatz vom 07.12.2018 erklärte die Antragsgegnerin, dass sich Frau … lediglich daran erinnern könne, dass Herr Prof. … Anfang August eine Nachfrage gestellt hätte, wo denn die Unterlagen abzugeben wären, da hierzu in den Schreiben vom Juni unterschiedliche Angaben gemacht worden wären.

61

Die Kammer sieht daher eine Rüge des. Abbruchs des Realisierungswettbewerbs nicht als erwiesen an. Die Rüge wäre zudem unbegründet, denn das Wettbewerbsverfahren,war mit der Preisverleihung und,der Aufhebung der Anonymität durch die Ausstellung der Wettbewerbsarbeiten nach § 8 Abs. 1.RPW 2013 beendet Nach Ansicht der Kammer steht auch die Fortführung des Wettbewerbs nach Preisverleihung und Aufhebung der Anonymität nicht zur Disposition der Beteiligten, so dass die zunächst erteilte Zustimmung aller Preisträger zum im Schreiben vom 15.06.2018 aufgeführten, weiteren Vorgehen nicht dazu geführt hat, dass das Wettbewerbsverfahren zulässigerweise fortgeführt werden hätte können.

62

  1. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet.

63

Dem Vorhaben fehlt es zwar nicht an der Vergabereife (2.1.), jedoch entspricht die Angebotswertung nicht den Bestimmungen über das Vergabeverfahren (2.2.).

64

Die Angebotswertung beruht unter anderem auf dem nicht hinreichend i.S.d. § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB bestimmten Zuschlagskriterium „Umgang mit dem Bestand“ (2.2.2.), so dass ein wirksamer Wettbewerb nicht gewährleistet ist. Zudem ist die individuelle Angebotswertung der Antragsgegnerin fehlerhaft (2.2.3) da diese auf Grund der fehlenden separaten Bepunktungen der Unterkriterien nicht nachvollziehbar ist und im Bereich der Unterkriterien „Umgang mit dem Bestand“ und „Funktionalität“ Diskrepanzen im Vergleich zur Bewertung der Beigeladenen bestehen. Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin ist aufgrund der grundlegenden Mängel des Wertungsprogramms nicht auszuschließen.

65

Das Verfahren ist daher in den Zustand nach Beendigung des Wettbewerbsverfahrens zurück zu versetzen (2.2.6.), da auf Grund des Unklaren Unterkriteriums „Umgang mit dem Bestand“ eine reine Neuwertung der überarbeiteten Wettbewerbsentwürfe nicht ausreichend ist, um die Rechtsverletzung, zu beseitigen.

66

2.1. Dem ausgeschriebenen Vorhaben fehlt es nicht an der Vergabereife, da durch eine Planung für eine Generalsanierung noch keine Beeinträchtigung des Urheberrechts am Bestandsgebäude vorliegt und die Antragsgegnerin auch nach der Veröffentlichung der Denkschrift von Herrn … an ihrer Prognose festhalten durfte, dass das Urheberrecht der Architektengemeinschaft einem transparenten und diskriminierungsfreien Leistungswettbewerb nicht entgegensteht.

67

Das in § 121 Abs. l GWB und § 31. Abs. 1 VgV enthaltene Gebot der Vergabereife verlang dass ein Vergabeverfahren nur dann eingeleitet wird, wenn es nach seinem Vorbereitungsstand zu erwarten ist, dass der Zuschlag binnen der vorgesehenen Fristen in einem transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren erteilt und mit der Ausführung der Leistung begonnen werden kann vgl. Lampert in Beck’scher Vergaberechtskommentar, § 121 GWB, Rn. 119). Der Auftraggeber muss vor Ausschreibungsbeginn dafür sorgen, dass die für die Leistungserbringung erforderlichen zivil- und öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen spätestens bei Ausführungsbeginn vorliegen. Bei offenen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen besteht ein Beurteilungsspielraum des Auftraggebers dahingehend, dass er in einer Prognose beurteilungsfehlerfrei zu dem Schluss kommt, dies der Leistungsausführung keine zivil- oder öffentlich-rechtlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. Lampert in Beck’scher Vergaberechtskommentar, § 121 GWB, Rn. 123).

68

2.1.1. Da durch die reine Planung für eine Generalsanierung noch keine Beeinträchtigung des Urheberrechts am Bestandsgebäude des … vorliegt, liegt im bestehenden Urheberrecht kein zivilrechtliches Hindernis für die Leistungsausführung.

69

Bei allen urheberrechtlichen Entstellungs- und Änderungsverboten ist in drei Stufen zu prüfen, ob eine Entstellung oder Beeinträchtigung des Werkes vorliegt, ob die Interessen des Urhebers dadurch gefährdet sind und ob im Rahmen einer Interessensabwägung die Interessen des Urhebers die betroffenen Gegeninteressen überwiegen (vgl. Dietz/Peukert in: Schricker/Loewenheim UrhG, § 14, Rn. 18).

70

Eine Beeinträchtigung nach § 14 UrhG ist der Oberbegriff über Änderungen Umgestaltungen, Entstellungen und sonstige Formen, mit denen vom geistig-ästhetischen Gesamteindruck des Werkes abgewichen wird. Jede objektiv nachweisbare Änderung von diesem konkreten Gesamteindruck, den. der Urheber in der Regel durch die Veröffentlichung seines Werkes bestimmt hat, lit. eine Beeinträchtigung (Vgl. Schulze in: Dreier/Schulze, UrhG, § 14, Rn. 10). Neben direkten Eingriffen in die körperliche Substanz des Werkes kann eine Beeinträchtigung auch dann vorliegen, wenn in die geistige .Substanz des Werkes, eingegriffen wird. Für den geistigen Gehalt des Werkes ist die Wahrnehmung des Gesamteindrucks des Werkes maßgeblich, nämlich sein konkreter geistig-ästhetischer Gesamteindruck, den er auf einen Leser, Hörer oder Betrachter ausübt (vgl. Schulze in: Dreier/Schulze, UrhG, § 14, Rn. 11).

71

Allein durch die Planung eines Umbaus für ein bestehendes Gebäude, das Urheberrechtsschutz genießt, liegt noch keine Beeinträchtigung des Werks vor. Eine Umbauplanung greift weder in die körperliche- noch die geistige Substanz des Gebäudes ein, da weder das Gebäude selbst, noch sein Gesamteindruck dadurch verändert wird. Die reine Umbauplanung berührt die Integrität des Bauwerkes … damit zunächst gar nicht.

72

Dies gilt umso mehr, al nach dem Entwurf des Planervertrags über Architektenleistungen, weicher den Vergabeunterlagen als Anlage beigefügt war, die Beauftragung der Planerleistungen stufenweise erfolgen sollte. Die erste Stufe umfasst+ dabei die Leistungsphasen 1 (Grundlagenermittlung) und 2 (Vorplanung) nach. Anlage 10 der HOAI. Eine Beauftragung erfolgt zunächst nur mit der ersten Stufe, ein Rechtsanspruch auf einen Abruf weiterer Stufen besteht nicht.

73

Durch die Beauftragung“ der ersten. Stufe, die, lediglich die Arbeitsschritte bis zur Vorplanung umfasst, ist mangels faktischer Auswirkung auf das bestehende Gebäudeensemble des noch kein Eingriff in das Urheberrecht der ehemaligen Architektengemeinschaft, verbunden.

74

2.1.2. Die Prognose der Antragsgegnerin, dass trotz des. bestehenden Urheberrecht der ehemaligen Architektengemeinschaft ein transparenter und. diskriminierungsfreier Wettbewerb. durchgeführt werden kann, ist nicht zu beanstanden.

75

Ihrer Prognose durfte die Antragsgegnerin zugrunde legen, dass das nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG bestehende Urheberrecht der Architektengemeinschaft die Änderung eines Bestandsbaus nicht grundsätzlich ausschließt (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 06.10.2010 – 4 U 106/10). Dieser Konflikt aus den Belangen der Urheber und der … als Eigentümerin des … kann nur im Einzelfall durch eine Abwägung der jeweils betroffenen Interessen gelöst werden (vgl. BGH, Urteil vom 01.10.1998 – I ZR 104/96). Dabei stehen sich das Urheberrecht und das Eigentumsrecht insoweit zunächst gleichrangig, gegenüber, der Vorrang ist .im Wege der Interessensabwägung zu finden (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 06.10.2010 – 4 U 106/10).

76

Weiterhin musste die Antragsgegnerin bedenken, dass zwar grundsätzlich die Möglichkeit besteht; mit dem Urheber eine Vereinbarung. über künftige Änderungen, ans seinem Merk zu treffen, jedoch ist eine Vereinbarung über eine .künftige Veränderung nur dann wirksam möglich, wenn der Urheber konkret vorhersehen kann, in welche Änderungen er einwilligt (vgl. Dietz/Peukert, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, § 39, Rn. 14). Eine allgemeine Zustimmung des Urhebers zu jeglichen Änderungen wäre nicht wirksam, da sie eine Verfügung über das Urheberpersönlichkeitsrecht bedeuten würde, die nicht zulässig ist. Aus der Rechtsnatur des Urheberpersönlichkeitsrechts folgt, dass die Parteien über dessen unverzichtbaren Kern nicht disponieren können (Dietz/Peukert in: Schricker/Loewenheim UrhG, vor §§ 12 Rn. 12, 17). Auch ein Verzicht auf die Geltendmachung, von entstandenen Unterlassungsansprüchen ist nur hinsichtlich bereits entstandener (Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatz-). Ansprüche möglich. Nach der Rechtsprechung des OLG München kommt zwar eine Einwilligung als verfügender Vertrag über den künftigen Anspruch in Frage, wodurch im Rahmen der Einwilligung liegende Beeinträchtigungen von vornherein keine Ansprüche aus dem Recht des § 14 UrhG ausgelöst werden. Die Einwilligung muss sich jedoch auf eine hinreichend konkretisierbare, zumindest in groben Zügen erkennbare Entstellung beziehen (vgl. OLG München – Urteil vom 01.08.1985 – 29 U 2114/85).

77

Da sowohl die Feststellung einer tatsächlichen Urheberrechtsverletzung nach einer umfassenden Abwägung im Einzelfall als auch eine vertragliche Regelung über die Einwilligung in künftige Beeinträchtigungen des Urheberrechte eine hinreichend konkrete Planung voraussetzen, war es der Antragsgegnerin im Vorfeld des Vergabeverfahrens nicht möglich, eine endgültige und rechtsverbindliche Klärung der Vereinbarkeit der im Rahmen des Verhandlungsverfahrens noch zu überarbeitenden Entwürfe mit dem bestehenden Urheberrecht herbeizuführen.

78

Um jedoch dennoch eine möglichst große Planungssicherheit hinsichtlich des. bestehenden Urheberrechts zu erreichen, hatte sich die Antragsgegnerin schon im Vorfeld des Wettbewerbs mit Herrn …, der als federführender Architekt der damaligen Architektengemeinschaft auch als ihr Sprecher auftritt, zu der notwendigen Sanierung und dem geplanten Realisierungswettbewerb ausgetauscht. Der Geschäftsführer der Antragsgegnerin erklärte in der mündlichen Verhandlung, dass die Antragsgegnerin seit der Eröffnung des … einen stetigen und guten Kontakt zu Herrn … gepflegt hätte. Laut Protokoll der Aufsichtsratssitzung der Antragsgegnerin vom 10.10.2018 habe er am 20.01.2017 an die Antragsgegnerin geschrieben: „Manchmal denke ich, dass für die Zukunft des … nur radikal neue Ideen zum Tragen kommen dürfen. Also nicht kleckern, sondern klotzen“. Nach dem Vortrag der Antragsgegnerin war Herr … auch mit der Durchführung des Realisierungswettbewerbs grundsätzlich einverstanden. Er wurde von der Antragsgegnerin intensiv in die Vorbereitung der Auslobungsunterlagen eingebunden und es wurde unter anderem der Text der Auslobung zum Thema „Umgang mit dem Bestand und Urheberrecht“ vorab mit ihm abgestimmt. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin ihm den Fragenkatalog der Wettbewerbsteilnehmer mit den geplanten Antworten vorab vorgelegt und habe mit ihm gemeinsam die Ausstellung der Wettbewerbsarbeiten nach dem Realisierungswettbewerb besucht.

79

Bis die Denkschrift ani.02.10.2018 von Herrn … versandt wurde, ist, für die Kammer daher kein Anlass erkennbar, aus dem die Antragsgegnerin ihre Prognoseentscheidung, die damalige Architektengemeinschaft würde das Ergebnis des Realisierungswettbewerbs und der darauf aufbauenden, im Verhandlungsverfahren überarbeiteten Entwürfe in urheberrechtlicher Hinsicht mittragen, anzweifeln hätte müssen.

80

Nach dem Eingang der Denkschrift hat die Antragsgegnerin unverzüglich ein Rechtsgutachten beauftragt. Daneben, hat sie, mit den beiden anderen Urheberrechtsinhabern der ehemaligen Architektengemeinschaft Kontakt aufgenommen. Laut Protokoll der Aufsichtsratssitzung der Antragsgegnerin vom 10.10.2018 begrüßten die beiden anderen Urheberrechtsinhaber weiterhin die Freiheiten, die den Wettbewerbsteilnehmern eingeräumt worden sind. Herr …, der Sohn des bereits verstorbenen Architekten …, erklärte, dass von seiner Seite keine urheberrechtlichen Einwände zu befürchten seien. In der mündlichen Verhandlung erklärte der Geschäftsführer der Antragsgegnerin, dass man auch nach Eingang der Denkschrift weiterhin in engem Kontakt mit Herrn … gestanden habe. Dieser vertrete inzwischen auch die in der Denkschrift geäußerten Ansichten nicht mehr in dieser Weise.

81

Die Kammer kann daher auch nach Eingang der Denkschrift keinen Beurteilungsfehler der Antragsgegnerin in ihrer Prognose finden, dass sie – sei es durch Verhandlungen oder ein Gerichtsverfahren – mit den beiden Urheberrechtsinhabern, welche die Denkschrift unterzeichnet haben – die zivilrechtlichen Voraussetzungen für einen Baubeginn anhand der konkreten Planung schaffen kann.

82

Die Kammer weist im Übrigen darauf hin, dass die Ausführungen der Antragsgegnerin, zur Vermeidung von Konflikten mit den Urhebern müsse das erfolgreiche Architektenbüro entsprechend dem abzuschließenden Vertrag seine Planung mit den Urheberrechtsinhabern abstimmen und gegebenenfalls daran anpassen oder abändern, vergaberechtlichen Einschränkungen unterliegt.

83

Das Ergebnis des Realisierungswettbewerbs und das Ergebnis der Überarbeitung der Wettbewerbsarbeiten werden mit jeweils 40% bei der Wertung er Angebote im Verhandlungsverfahren gewichtet. Die Zuschlagsentscheidung beruht damit im weit überwiegenden Teil auf dem im Rahmen des Wettbewerbs eingereichten bewerteten und nach den Empfehlungen des Preisgerichts überarbeiteten Entwürfen. In der Präambel zum Planervertrag über die Architektenleistungen der Objektplanung Gebäude und Innenräume ist festgeschrieben, dass der Wettbewerbsentwurf die Grundlage der weiteren Planung bildet. Auch die Leistungs- und Tätigkeitsbeschreibung Objektplanung geht an mehreren Stellen davon aus, dass die Wettbewerbsarbeit als Grundlage für die weitere Planung dient und in den verschiedenen Leistungsphasen angepasst wird. Dies entspricht auch den Vorgaben, des § 8 Abs. 2 Satz, 4 RPW 2013, der für die Art und den Umfang der Beauftragung verlangt, dass sichergestellt sein muss, dass die Qualität des Wettbewerbsentwurfs umgesetzt wird.

84

Der (überarbeitete) Wettbewerbsentwurf ist damit stets zwingend die Grundlade der weiteren auszuführenden Leistung. Diese ist zwar im Laufe der weiteren und konkreteren Planung an die jeweilige Situation anzupassen, ist es jedoch nicht mehr damit getan, einen planerischen Entwurf an eine veränderte Situation anzupassen, sondern eine völlig neue planerische Konzeption im Raum steht, handelt, es sich nicht mehr um denselben Leistungsgegenstand Modifikationen sind nur solange vom Verfahren gedeckt, wie die Identität als solche gewahrt bleibt und kein „Aliud“, also etwas qualitativ anderes entsteht (vgl. OLG Gelle, Beschluss vom 15.07.2010 – 13 Verg 9/10).

85

2.2. Die Angebotsbewertung des Angebots der Antragstellerin ist zwar hinsichtlich der Besetzung des Bewertungsgremiums und der Übertragung der Bewertungsentscheidung auf den Aufsichtsrat der Antragsgegnerin und Stadtrat der … nicht zu beanstanden, verstößt aber inhaltlich gegen vergaberechtliche Vorgaben. Das Unterkriterium „Umgang mit dem Bestand“ ist nicht eindeutig und für alle Bieter gleich zu verstehen und kann daher nicht bewertet werden. Zudem ist die von der Antragsgegnerin vorgenommene Bewertung des überarbeiteten Entwurfs an mehreren Punkten fehlerhaft.

86

Die Vergabekammer weist darauf hin, dass der Verfahrensablauf vorliegend eine vergaberechtskonforme Wertung der Angebote im Verhandlungsverfahren erheblich erschwert hat. Dadurch, dass das Preisgericht drei Preisträger gekürt hat und die Wettbewerbsarbeiten anschließend deanonymisiert wurden, konnte im Realisierungswettbewerb nach der RPW 2013 keine Reihung entwickelt werden, so dass das mit 40% hoch gewichtete Zuschlagskriterium „Ergebnis des Wettbewerbs“ faktisch leer lief. Eine Überarbeitung der Wettbewerbsbeiträge nach § 6 Abs. 3 RPW 2013 war nach Deanonymisierung und Zuerkennung der Preise ausgeschlossen. Die Antragsgegnerin war dadurch gezwungen, die für Wettbewerbe optimierten und nach § 78 Abs. 2 Satz 3 VgV anwendbaren Sonderregelungen der RPW 2013 zu verlassen und sich den Regelungen der VgV zum Verhandlungsverfahren zu unterwerfen.

87

Die notwendige Differenzierung zwischen den Angeboten musste im Verhandlungsverfahren nach der VgV insbesondere im .Kriterium „Gesamtergebnis der Planung nach Überarbeitung anhand der in der Auslobung bekanntgemachten Kriterien“ hergestellt werden, was sich als praktisch schwierig umsetzbar erwies.

88

2.2.1. Das Bewertungsverfahren weicht weder auf Grund der Besetzung des Bewertungsgremium noch auf Grund der Übertragung der Bewertungsentscheidung auf den Aufsichtsrat der Antragsgegnerin und den Stadtrat der … von dem in den Vergabeunterlagen festgelegten Vorgaben ab.

89

Die Besetzung des Bewertungsgremiums wurde den Bietern im Schreiben vom 10.07.2018 mitgeteilt. Darin hieß es, dass sich die Vergabestelle zur fachlichen Bewertung des Gesamtergebnisses der Planung nach Überarbeitung einer sachverständigen Hilfe in Form eines Bewertungsgremiums bedienen wird, dem Fach- und Sachpreisrichter, aus dem Preisgericht vom 17./18.05.2018 angehören.

90

Grundsätzlich kann sich ein öffentlicher Auftraggeber auch bei der Bewertung von komplexen Beschaffungen der Hilfe eines Sachverständigen bedienen. Der Sachverständige darf aber nur zur Unterstützung des öffentlichen Auftraggebers eingesetzt werden und den der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt aufbereiten und die Wertungsentscheidung vorbereiten (vgl. OLG München, Beschluss vom 16.07.2005 – Verg 14/05).

91

Dies ist hier durch das Bewertungsgremium am 12.10.2018 erfolgt. Dieses war rein beratend IM Sinne einer sachverständigen Unterstützung tätig und sollte neben dem Büro, für die technische Vorprüfung, die verlässliche planerische Bewertung und auch die fachliche Kontinuität der. Beurteilung der Ergebnisse der Überarbeitung in Bezug auf die .Beurteilung im Wettbewerb gewährleisten. Das Bewertungsgremium hat auch keine eigene Bewertungsentscheidung getroffen, sondern anhand der in der fachlichen Diskussion protokollierten Bewertung der überarbeiteten Entwürfe einen Vorschlag für eine Rangfolge der Arbeiten gemacht. Das Verfahren, mittels einer sachverständigen Vorbereitung durch eine fachliche Diskussion der für und. gegen einen Entwurf sprechenden Funkte die komplexe fachliche Bewertung der überarbeiteten Entwürfe durchzuführen und so einen Vorschlag für die Bewertungsreihenfolge durch das Bewertungsgremium zu finden, ist vergaberechtlich im Grundsatz nicht zu beanstanden.

92

Auch die Besetzung des Bewertungsgremiums weicht nicht von den im. Schreiben vom 10.07.2018 kommunizierten Vorgaben ab. Es war explizit mitgeteilt, dass das Bewertungsgremium aus Personen zusammengesetzt sein wird, die bereits dem Preisgericht des Wettbewerbs angehört haben. Damit war klar und eindeutig angegeben, dass sich der Kreis aus welchem die Mitglieder des Bewertungsgremiums ausgewählt würden zwar auf die Mitglieder des Preisgerichts beschränkt, jedoch weder das vollständige Preisgericht tagen würde noch dass die Verteilung zwischen Fach- und Sachpreisrichtern, welche § 6 Abs. 1 RPW 2013 festlegt, eingehalten würde. Es bestand daher kein Anspruch darauf, dass im Bewertungsgremium vom 12.10.2018 alle nicht anwesenden Fachpreisrichter durch ihre Stellvertreter hätten ersetzt werden müssen, wie es die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 27.11.2018 forderte.

93

Die Tatsache, dass der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin einen Bewertungsvorschlag unterbreitet hat, den sich der Stadtrat der … zu Eigen gemacht hat, ist ebenfalls vergaberechtlich nicht zu beanstanden.

94

Im Schreiben der Antragsgegnerin vom 10.07.2018 war hierzu ausgeführt: „Die finale Wertung durch die Vergabestelle erfolgt voraussichtlich Mitte Oktober. Dieser Vertrag wird geschlossen unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Aufsichtsrates der … GmbH und dem Vorbehalt der Zustimmung des Stadtrats der … Zwar hat die Antragsgegnerin im Schreiben vom 10.07.2018 sich zwei Mal darauf bezogen, dass „die Vergabestelle“ eine Wertungsentscheidung träfe, jedoch ist dieser Begriff insoweit auslegungsfähig, als dass es sich hierbei nicht zwingend um die Einkaufsabteilung oder eine Vergabeabteilung der Antragsgegnerin handeln muss, sondern dass der Begriff der Vergabestelle hier als Synonym für den Begriff des öffentlichen Auftraggebers verwendet wird.

95

Es entspricht der gängigen Praxis, dass bei öffentlichen Auftraggebern Beschaffungsentscheidungen von unterschiedlichen Stellen getroffen werden. Je bedeutsamer oder kostenintensiver eine Beschaffung für den öffentlichen Auftraggeber ist, desto höher in der Hierarchie ist die Befugnis zur Entscheidung hierüber üblicherweise angesiedelt.

96

Auf Grund der großen politischen Bedeutung der Generalsanierung des … durfte die Antragstellerin daher nicht davon ausgehen, dass die Wertungsentscheidung von Sachbearbeitern einer Einkaufsabteilung oder Vergabestelle getroffen wird, sondern musste mit einer Entscheidung der Führungsebene rechnen. Die Zuschlagsentscheidung durch den der … als Alleingesellschafterin der Antragsgegnerin verstößt damit nicht gegen das Transparenzgebot, zumal auf Grund des in § 37 Abs. 1 GmbHG formulierten Weisungsrechts der Gesellschafter damit zu rechnen ist, dass die Alleingesellschafterin dem Geschäftsführer jederzeit konkrete Anweisungen erteilen kann, die dieser umsetzen muss.

97

Im Übrigen haben sich die Zuschlagschancen der Antragstellerin durch die Übertragung der Bewertungsentscheidung auf den Stadtrat der … als Alleingesellschafterin der Antragsgegnerin nicht verschlechtert. Durch den im Schreiben vom 10.07.2018 kommunizierten doppelten Gremienvorbehalt für den Aufsichtsrat und die Alleingesellschafterin der Antragsgegnerin, war auch transparent kommuniziert, dass diese beiden Gremien entscheidenden Einfluss auf die Vergabeentscheidung nehmen werden. Die Antragstellerin musste damit rechnen, dass ihr Angebot nicht nur von Fachleuten im Beurteilungsgremium sondern auch maßgeblich von Kommunalpolitikern bewertet würde und sie ihr Angebot auch darauf ausrichten muss.

98

Der Zustimmungsvorbehalt ermächtigt die beiden Gremien unter anderem jede von der Geschäftsführung oder der Verwaltung der Antragsgegnerin getroffene Bewertungsentscheidung abzulehnen. Sogar wenn der Antragsgegnerin ein Ermessen bei der Bewertung zusteht, können die beiden Gremien, deren Zustimmung einzuholen ist, die Ausübung dieses Ermessens durch die Verweigerung oder die Gewährung ihrer Zustimmung steuern und treffen somit durch den Zustimmungsvorbehalt letztlich auch die Bewertungs- und Zuschlagsentscheidung.

99

Da der Aufsichtsrat als Organ und der Stadtrat der … als Alleingesellschafterin der Antragsgegnerin keine Dritten sind, wird die Zuschlagsentscheidung damit auch vom öffentlichen Auftraggeber selbst getroffen: Im Ergebnis steht die Antragstellerin durch den Bewertungsvorschlag des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin und dessen Übernahme durch den Stadtrat der … nicht schlechter, als wenn beide Gremien dieselbe Entscheidung durch die (mehrfache) Verweigerung ihrer Zustimmung und die Nachbesserung der Geschäftsführung oder Verwaltung der Antragstellerin herbeigeführt hätten.

100

2.2.2. Das Unterkriterium „Umgang mit dem Bestand“ ist – insbesondere nach der Beantwortung der Bieterfragen im Wettbewerb – entgegen § 121 Abs. 1 und § 127 Abs. 4. Satz 1 GWB nicht so klar und eindeutig formuliert, dass alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei der Anwendung der üblichen Sorgfalt seine genaue Bedeutung verstehen und sie in gleicher Weise auslegen können.

101

Die Antragsgegnerin hat in den Verfahrensbedingungen, die dem Schreiben vom 10.07.2018 beigefügt waren, festgelegt, dass beim Zuschlagskriterium „Ergebnis der Überarbeitung des Wettbewerbs“ die architektonische Qualität des überarbeiteten Entwurfs innerhalb des Kriteriums mit 40% anhand der im Auslobungstext, Teil 3, bereits benannten Kriterien (städtebauliche Einbindung, Umgang mit dem Bestand, Gestalt, Qualität der Innen- und Außenräume, innere und äußere Erschließung, Funktionalität sowie Wirtschaftlichkeit und Realisierbarkeit) bewertet wird, wobei diese Unterkriterien je gleich gewichtet werden.

102

Die Antragsgegnerin erklärte im parallelen Verfahren Z3-3-31944-39-11/18, beim Unterkriterium „Umgang mit dem Bestand“ sei der Umfang- und die Intensität des durch die Planung verursachten Eingriffs in den Bestand bewertet worden. Die Anforderungen dafür seien im Auslobungstext unter Ziffer 2.5.3 hinterlegt. Jedoch erachtet die Kammer bereits den Auslobungstext unter Ziffer 2.5.3 als wenig konkret und dieser wurde zudem durch die Beantwortung der Bieterfragen Nr. 70 und Nr. 74 noch weiter geöffnet, so dass die Wettbewerbsteilnehmer und später die Bieter davon ausgehen durften, dass sie keinerlei Einschränkungen mehr unterworfen waren und die Auslobungsunterlagen auch keinerlei Anhaltspunkte zu den Vorstellungen der Antragsgegnerin als Auftraggeberin enthielten. Gerade aber, wenn durch die Bieter Lösungsvorschläge zu unterbreiten sind, die bewertet werden sollen, ist es erforderlich, dass den Bietern in einer Gesamtschau nicht nur der Wertungskriterien sondern auch unter Einbezug der sonstigen Ausschreibungsunterlagen klar gemacht werden muss, was der Auftraggeber eigentlich fordert und sich vorstellt (vgl. VK Bund, Beschluss vom 14.09.2018 – VK-2-76118).

103

Der Grundsatz der Gleichbehandlung verlangt, dass die Bieter bei der Abfassung ihrer Angebote die gleichen Chancen haben müssen, was voraussetzt, dass die Angebote aller Bieter den gleichen Bedingungen unterworfen sein müssen. Zum anderen soll das damit einhergehende Transparenzgebot die Gefahr von Günstlingswirtschaft oder von. willkürlichen Entscheidungen des Auftraggebers ausschließen. Es verlangt, dass alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens in der Bekanntmachung oder im Lastenheft klar, genau und eindeutig formuliert sind, damit alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt deren genaue Bedeutung verstehen und sie in gleicher Weise auslegen können. (vgl. EuGH, Urteil vom 02.06.2016 – Rs. C-27/15, Rn. 36).

104

Unter Erwägungsgrund 92 der RL 2014/24/EU heißt es: „Diese [qualitativen] Kriterien sollen damit eine vergleichende Beurteilung des Leistungsniveaus jedes einzelnen Angebots, gemessen am Gegenstand des Auftrags, wie in den technischen Spezifikationen festgelegt, ermöglichen.“

105

Dies setzt eindeutig bestimmbare Wertungskriterien und einen transparenten Bewertungsmaßstab voraus, der einen konsistenten Bezug zu den Leistungsanforderungen des Auftraggebers herstellt. Dabei müssen auf der Grundlage einer den vergaberechtlichen Anforderungen genügenden Leistungsbeschreibung die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung so gefasst sein, dass die Bieter in einer Gesamtschau erkennen können, was der Auftraggeber von ihnen erwartet (OLG .Düsseldorf, Beschluss vom 08.03.2017, VII-Verg 39/16). Erforderlichenfalls sind die Wertungskriterien durch geeignete Unterkriterien in hinreichendem Maße zu konkretisieren (vgl. BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.03.2017, VII Verg 39/16; Beschluss vom 22.02.2017, VII-Verg 29/16; Beschluss vom 16.12.2015, VII-Verg 25/15).

106

Dies gilt insbesondere bei funktionalen Ausschreibungen, bei denen der öffentliche Auftraggeber besondere Aufmerksamkeit auf die Formulierung der Leistungsbeschreibung und der Zuschlagskriterien verwenden muss (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.03.2017; VII-Verg 39/16). Es muss zwar nicht im Vornherein bekannt gemacht werden, welchen Erfüllungsgrad die Angebote auf der Grundlage des aufgestellten Kriterienkatalogs aufweisen müssen, sondern es genügt, wenn die Bieter vorab aufgrund einer hinreichend bestimmten Leistungsbeschreibung und der Zuschlagskriterien klar erkennen können, was von ihnen verlangt wird, hinreichende Anhaltspunkte für eine günstige oder ungünstige Benotung gegeben .sind; die Bewertungsmethode nicht nachträglich verändert wird und die individuelle Wertungsentscheidung ex post transparent und nachvollziehbar ist (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.; BGH, Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17).

107

Im vorliegenden Fall wird weder das Unterkriterium „Umgang mit dem Bestand“ allein noch in Verbindung mit dem Auslobungstext diesen Grundsätzen gerecht.

108

Die Benennung des Unterkriteriums mit „Umgang mit dem Bestand“ ohne weitere Ausführungen im Auslobungstext oder an anderen Stellen ist nicht selbsterklärend. Aus der reinen Aufzählung der Unterkriterien in den Verfahrensbedingungen und dem Auslobungstext, auf den verwiesen wird, lassen sich keine konkreten Anforderungen entnehmen. Es bleibt völlig offen, welche Anforderungen, Eigenschaften oder Funktionalitäten im Einzelnen in diesem Unterkriterium gewertet werden; was hier im Einzelnen in welcher Form positiv oder negativ bewertet wird und auf welche Weise eine vergleichende Beurteilung der Bieter im Wettbewerb erfolgen soll (vgl. VK Bund, Beschluss vom 14.09.2018 – VK 2-76/18).

109

Neben der Auslegung der Antragsgegnerin ist eine Auslegung in die Richtung, dass ein kreativer Umgang mit dem Bestand, eine Fusion von bestehenden und neuen Elementen ebenfalls naheliegend. Dies gilt umso mehr, als dass die Beantwortung der Rückfrage 74 diese Interpretation stützt genauso wie die Ausführungen des Preisgerichts zum Wettbewerbseitrag der Beigeladenen, die gerade den „integrativen Ansatz, indem neue, und bestehende Elemente zu einem neuen Ganzen verschmolzen werden“ im Umgang mit dem Bestand lobt. Die Auslegungsvariante der Antragsgegnerin dagegen hätte entweder prägnanter benennt werden müssen (z.B. „Eingriffe in die Bausubstanz“) oder mit entsprechenden Hinweisen an die Bieter versehen werden müssen, damit diese die Erwartungshaltung hinter dem Unterkriterium auch alle klar und eindeutig hätten erkennen können. Auch das Bewertungsgremium hat diesen Punkt offensichtlich weiter verstanden als die Antragsgegnerin ihn verstanden haben will, denn im Protokoll der Gremiumssitzung vom 12.10.2018 ist unter dem Unterkriterium „Umgang mit dem Bestand“ zum Entwurf der Beigeladenen einerseits wieder die verbindende Funktion des Gestaltungselements „Kulturbühne“ aufgeführt, andererseits die Kritik geäußert, dass die Ergänzungen nicht zu einer neuen gestalterischen Einheit führen.

110

Eine Konkretisierung des Unterkriteriums „Umgang mit dem Bestand“ ergibt sich auch nicht aus dem Auslobungstext oder sonstigen Unterlagen, die den Bietern zugänglich gemacht wurden. Dem Auslobungstext ist entgegen dem Vortrag der Antragsgegnerin aus dem Parallelverfahren Z3-3-3194-1-39-11/18 ebenfalls nicht zu entnehmen, dass der Entwurf umso negativer bewertet würde, desto mehr der Planungsentwurf in die Bausubstanz eingreift. Unter Ziffer 2.5.3 des Auslobungstextes ist lediglich aufgeführt, dass davon auszugehen ist, dass das Gebäude mit Ausnahme der Ziegelfassade, die technisch in einem guten Zustand ist, bis auf den Rohbau zurück gebaut werden muss. Trotz des Charakters der Ziegelfassade als unverwechselbares Identifikationsmerkmals und des guten Zustands, seien weiterführende Anpassungen oder zukunftsweisende Ideen wünschenswert, sofern diese aus technischer Sicht sinnvoll und unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit realisierbar erscheinen.

111

Da die wirtschaftliche Realisierbarkeit der Überarbeitung des Wettbewerbsentwurfs unter einem anderen Unterkriterium explizit bewertet, wurde, konnte die Antragsgegnerin damit in Übereinstimmung mit dem Text unter Ziffer 2.5.3 der Auslobung lediglich Anpassungen der Ziegelfassade, die technisch nicht sinnvoll sind, negativ bewerten, während hinsichtlich des sonstigen Rohbaus eine solche Einschränkung nicht aus dem Auslobungstext hervorgeht.

112

Mit der Beantwortung der Rückfragen im Wettbewerb hat die Antragsgegnerin das Unterkriterium zusätzlich weiter ausgehöhlt, indem sie sowohl mit der Antwort auf die Frage 70 den gesamten Abschnitt 2.5.2, der die Idee und Gestalt aus Sicht der Urheber darstellt und die prägendsten Merkmale des Bestandsbaus aufführt, für nicht bindend für die Bearbeitung des aktuellen Wettbewerbs erklärt. Im Gegensatz zu den Ausführungen der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 07.12.2018 bezog sich die Antwort nicht nur auf die Stützmauer, sondern durch die Formulierung, dass der zitierte Abschnitt nicht bindend für die Bearbeitung des heutigen Wettbewerbs sei den gesamten Abschnitt für die gesamte Bearbeitung des Wettbewerbs zur Disposition gestellt. Es wurde gerade keine Einschränkung auf die Stützmauer vorgenommen, sondern vielmehr gesagt, dass die Wettbewerbsteilnehmer gerade nicht an alle im Abschnitt 2.5.2 aufgeführten Planungsideen der Urheber gebunden seien.

113

Auf die Frage 74, ob eine möglichst nah am urheberrechtlich geschützten Bestand bleibende Gestaltung gewünscht ist, antwortete die Antragsgegnerin, dass das Preisgericht in seiner Entscheidung frei sei. Beide Antworten konnten von, einem durchschnittlich fachkundigen Bieter bei der Anwendung der üblichen Sorgfalt so verstanden werden, als dass weder der Erhalt der prägenden Merkmale noch eine nahe am Bestand bleibende Gestaltung von der Antragstellerin gewünscht sei und positiv bewertet würde.

114

Der Antragstellerin kann letztendlich nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass sie ihre Rüge und ihre Ausführungen im Nachprüfungsverfahren im Wesentlichen auf eine beurteilungsfehlerhafte individuelle Angebotswertung gestützt hat, nicht aber intransparente Zuschlagskriterien geltend gemacht hat.

115

Aufgrund des Umstands, dass im Parallelverfahren Z3-3-31944-39-11/18 die Problematik von der dortigen Antragstellerin ausreichend gerügt worden war und daher eine Rückversetzung des Vergabeverfahrens ungeachtet des Ausgangs des hiesigen Verfahrens anzuordnen war, konnte die Problematik von Amts wegen seitens der Vergabekammer aufgegriffen werden. Dies war erforderlich, weil im Rahmen der Überprüfung der individuellen Angebotswertung der Antragstellerin auch die hinreichende Bestimmtheit der Zuschlagskriterien nach den Vorgaben der Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 4. April 2017, X ZB 3/17; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. März 2017, VII-Verg 39/16) vorzunehmen ist, um auf diese Weise festzustellen, ob die Zuschlagskriterien den vergaberechtlichen Anforderungen gemäß § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB und § 97 Abs. 1 Satz 1 GWB entsprechen.

116

Die Vergabekammer ist daher im vorliegenden Zusammenhang nach dem Amtsermittlungsgrundsatz, § 163 Abs. 1 GWB, sowohl berechtigt als auch verpflichtet, die Bestimmtheit der Beurteilungskriterien unabhängig von Rüge und Vortrag .der Antragstellerin miteinzubeziehen, um eine sachgerechte Überprüfung der beanstandeten individuellen Wertung überhaupt durchführen zu können.

117

2.2.3. Die Angebotswertung der Antragsgegnerin ist beurteilungsfehlerhaft. Ursächlich dafür ist in. erster Linie, dass die Wertung auf Grund der fehlenden separaten Bepunktungen der Unterkriterien nicht nachvollziehbar ist und im Bereich der Unterkriterien „Umgang mit dem Bestand“, „Gestaltung, Qualität der Innen- und Außenräume“ und „Funktionalität“ innere Widersprüche und Diskrepanzen im Vergleich zur Bewertung der Beigeladenen bestehen.

118

Dem öffentlichen Auftraggeber steht im Rahmen der individuellen Wertung der Angebote ein Beurteilungsspielraum zu (BGH; Beschluss vom 04.04.2017, X ZB 3/17; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.03.2017, VII-Verg 39/16; OLG München, Beschluss vom 17.11.2015, Verg 3/15). Dieser ist auch von den Nachprüfungsbehörden nur dahingehend überprüfbar, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde, von einem zutreffenden und vollständig ermitteltem Sachverhalt ausgegangen wurde, keine sachwidrigen Erwägungen für die Entscheidung herangezogen wurden und nicht gegen allgemein gültige Bewertungsansätze verstoßen wurde (st. Rspr. z.B. BGH, Urteil vom 06.02.2002, X ZR 185/99; OLG München, Beschluss vom 07.04.2011, Verg 5/11; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2005, VII-Verg 108/04). Dies setzt jedoch voraus, dass die Wertungen vertretbar, in sich konsistent und in diesem Sinne nachvollziehbar sind.

119

2.2.3.1. Die Bewertung des Kriteriums „Ergebnis der Überarbeitung des Wettbewerbs“ durch die Antragsgegnerin ist nicht nachvollziehbar, da für die Antragstellerin (und für jeden der Bieter) nur eine Gesamtbewertung aller Unterkriterien zur „architektonischen Qualität“ festgehalten wurde.

120

Nach § 97 Abs. 1 GWB ist es im Rahmen des Transparenzgebotes erforderlich, dass der öffentliche Auftraggeber die wesentlichen Entscheidungen des Vergabeverfahrens und damit namentlich auch die Angebotswertung – in den Vergabeakten dokumentiert. Die Dokumentation dient dem Ziel, die Entscheidungen der Vergabestelle transparent und sowohl für die Überprüfungsinstanzen als auch für die Bieter überprüfbar zu machen. Die im Vergabevermerk enthaltenen Angaben und die in ihm mitgeteilten Gründe für getroffene Entscheidungen müssen so detailliert sein, dass sie für einen mit der Sachlage des jeweiligen Vergabeverfahrens vertrauten Leser nachvollziehbar sind. Das gilt insbesondere für die Darlegungen, mit denen die Auswahl des für den Zuschlag vorgesehenen Bieters gerechtfertigt wird. Hierzu müssen die Tatsachenumstände und Überlegungen, welche die in Aussicht genommene Zuschlagsentscheidung tragen, vollständig, wahrheitsgemäß und verständlich mitgeteilt werden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.08.2003 – Verg 46/03).

121

Werden für die Beurteilung eines weit gefassten, unbestimmten Bewertungskriteriums wie dem „Ergebnis der Überarbeitung des Wettbewerbs“ zu seiner Konkretisierung und weiteren Präzisierung Unterkriterien gebildet und deren Gewichtung festgelegt, so ist der Auftraggeber an diese gebunden und verpflichtet diese anzuwenden.

122

Aus der Vergabedokumentation der Antragsgegnerin ist jedoch nicht ersichtlich, dass die einzelnen Unterkriterien separat bewertet und ob und wie diese tatsächlich gewichtet wurden. Die Ausführungen im Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 12.10.2018, wonach die Punkte anhand der vom Bewertungsgremium vorgeschlagenen Rangfolge und der im Bewertungsgremium diskutierten Vor- und Nachteile der überarbeiteten Ergebnisse nur einheitlich festgelegt wurden, stützten die Vermutung, dass eine gesonderte Bewertung der Unterkriterien nie stattgefunden hat sondern, dass die architektonische Qualität der Überarbeitung trotz der bekannt gegebenen Unterkriterien nur in seiner Gesamtheit bewertet wurde. Zwar hat die Antragsgegnerin zu jedem Unterkriterium stichwortartig dokumentiert, welche negativen Aspekte dabei zu einem Punktabzug führen würden, wie sich diese jedoch bei welchem Unterkriterium auswirken, lässt sich der Dokumentation trotz dieser Ausführungen nicht entnehmen.

123

2.2.3.2. Inwieweit die Bewertung der Antragstellerin im Unterkriterium „städtebauliche Einbindung“ von der Antragsgegnerin ermessensfehlerfrei durchgeführt wurde, lässt sich nicht ermitteln, da keine separate Punktebewertung für das Unterkriterium dokumentiert ist.

124

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Bewertung, dass der „wehrhafte, abweisende Charakter des Bauwerks“ nicht passend für die Umgebung befunden wird, obwohl das Preisgericht des Wettbewerbs die großen Verglasungen und eingewebten Loggien und damit die Einblicksmöglichkeiten und die Öffnung zur Umgebung hin gelobt hat. Die Antragsgegnerin dagegen führt in ihrem Schriftsatz vom 21.11.2018 aus, dass die Monumentalität des Entwurfs nicht nur im Bewertungsgremium nahezu einhellig kritisiert worden sei, sondern bereits im Preisgericht Gegenstand kontroverser Diskussionen war. Zudem seien die im Preisgericht benannten Fragestellungen und formulierten Unsicherheiten in der Überarbeitung nicht aufgenommen worden.

125

Da es an einer separaten Punktvergabe für das Unterkriterium „städtebauliche Einbindung“ fehlt, kann die Einlassung der Antragsgegnerin von der Kammer nicht nachvollzogen werden. Es ist jedoch die Pflicht der Antragsgegnerin durch eine vollständige und umfassende Dokumentation ihrer Bewertung des Unterkriteriums zu belegen, dass die von ihr angeführten Kritikpunkte zu einer angemessenen Bewertung des überarbeiteten Entwurfs der Antragstellerin geführt haben. Dieser Pflicht ist die Antragsgegnerin nicht nachgekommen. Insbesondere bleibt unklar, welche Fragestellungen und Unsicherheiten mit in die Überarbeitung hätten mit aufgenommen werden sollen. Das Protokoll der Preisgerichtssitzung sind die Fragestellungen auch nicht mit konkreten Forderungen verbunden, vielmehr wird in der eigenwillig-experimentellen Aussage die große Stärke des Entwurfes, die zinnenartige Überhöhung als unverzichtbar und das markante Kopfgebäude als äußerst effizient gesehen.

126

2.2.3.3. Die Bewertung der Antragstellerin des Unterkriteriums „Umgang mit dem Bestand“ ist, neben der oben bereits ausgeführten grundsätzlichen Unklarheit des Bewertungskriteriums und der fehlenden Einzelwertung, auch im Vergleich zu der Bewertung der Beigeladenen, nicht nachvollziehbar. Damit verstößt die Wertung gegen allgemein gültige Bewertungsgrundsätze, da sie intransparent und im Quervergleich inkonsistent ist.

127

Insbesondere ist nicht dokumentiert, wie die Antragsgegnerin die Bewertung des Preisgerichts, dass es beachtlich sei, wie aus der baulichen Substanz man anscheinend wenigen Justierungen eine richtig überzeugende Antwort gefunden wird, in der Bewertung des überarbeiteten Entwurfes einfließen lässt. Es fehlt zwar eine Einzelwertung des Unterkriteriums, aber da die Gesamtbewertung mit nur einem von fünf Punkten relativ schlecht ausgefallen ist, ist davon auszugehen, dass auch in diesem Unterkriterium nicht die volle Punktzahl zugesprochen worden wäre. Da das Preisgericht im Wettbewerb ein hohes Lob für den Umgang mit der baulichen Substanz ausgesprochen hat, ist es ohne weitere Erklärung nicht nachvollziehbar, warum der überarbeitete Entwurf deutlich schlechter bewertet wird.

128

Im Unterkriterium „Umgang mit dem Bestand“ bewertet die Antragsgegnerin negativ, dass die Antragstellerin bestehende Treppenhäuser im Foyer der … abbricht und in den Türmen neu aufbaut. Hingegen wird der Entwurf der Beigeladenen hinsichtlich des Unterkriteriums „Umgang mit dem Bestand“ somit „keine Abweichungen von den Beurteilungskriterien“ bewertet, obwohl im Protokoll des Bewertungsgremiums durchaus ein Kritikpunkt aufgeführt ist. Daneben wurde vom Bewertungsgremium als positiver Punkt vermerkt, dass die bestehenden Treppenhäuser „überwiegend“ erhalten bleiben. Dies bedeutet, dass auch die Beigeladene nicht alle Treppenhäuser erhält, was aber keinen Niederschlag in der Bewertung findet. Die Antragsgegnerin hat keinen Grund dafür dokumentiert, dass sie den Abbruch von Treppenhäusern bei der Beigeladenen nicht negativ bewertet, obwohl sie den Abbruch der Treppenhäuser bei der Antragstellerin als Kritikpunkt aufgeführt hat.

129

Ein ähnliches Bild ergibt sich in Bezug auf die Kritik der Antragsgegnerinan statisch aufwändigen Maßnahmen im Bereich des Foyers der … Die Antragsgegnerin hatte diesen Punkt als negativen Aspekt im Unterkriterium „Umgang mit dem Bestand“ vermerkt. Zusammen mit einer weiteren Umbaumaßnahme wurde er auch in der Vorprüfung der überarbeiteten Wettbewerbsentwürfe angeführt, in welchem beiden ‚Punkten ein hoher Aufwand für tragwerksrelevante Änderungen bescheinigt wurde.

130

Dazu kommt, dass bei der Beigeladenen die Vorprüfung der überarbeiteten Wettbewerbsentwürfe ebenfalls an drei Stellen tragwerksrelevante Änderungen mit hohem Aufwand festgestellt hat, diese aber nicht als negative Punkte im Unterkriterium „Umgang mit dem Bestand“ aufgeführt hat, sondern der Beigeladenen hier vielmehr „keine Abweichung von den Beurteilungskriterien“ bescheinigt hat. Ein Grund für diese unterschiedliche Bewertung des Aufwands für tragwerksrelevante Änderungen ist aus der Dokumentation der Wertungsentscheidung oder aus den sonstigen Vergabeunterlagen nicht ersichtlich.

131

2.13.4. Bei der Bewertung des Unterkriteriums „Gestaltung, Qualität der Innen- und Außenräume “ hat die Antragsgegnerin unter anderem .die Belichtungssituation in der Stadtbibliothek und im …-Forum sowie die Verteilung der Kulturvernietung über mehrere Geschosse negativ bewertet.

132

Soweit die Antragsgegnerin kritisiert, dass die natürliche Belichtung in der Stadtbibliothek im Vergleich zum Bestandszustand nicht verbessert wurde, so widerspricht dies der Aussage in der Nutzerbewertung der Vorprüfung, wo für die … Stadtbibliothek beim Unterpunkt „Tageslicht“ angegeben war, dass eine „Verbesserung zum status quo“ vorliegt. Da in den Vergabeunterlagen weder dokumentiert ist, ob diese unterschiedliche Beurteilung aufgefallen ist, noch welche Abwägungen man deswegen vorgenommen hat, ist die negative Bewertung der natürlichen Belichtung in der … Stadtbibliothek nicht nachvollziehbar.

133

In der Bewertung ist auch als negativer Punkt aufgeführt, dass das …-Forum ohne Tageslicht bleibe. Im Nachprüfungsantrag vom 02.11.2018 erklärt die Antragstellerin jedoch, dass sich aus dem vorgelegten Grundriss ergäbe, dass das Forum unmittelbar an einem Lichthof liege, mehrere Blickachsen nach außen besitze und die Rückseite halbseitig verglast ist. Die Antragsgegnerin hat dieser Darstellung, nicht widersprochen, so dass die Kammer davon ausgeht, dass die Beurteilung, dass …-Forum sei ohne Tageslicht, fehlerhaft ist.

134

Auch hinsichtlich der Kultuniermittlung, bei der die Antragsgegnerin negativ gewertet hat, dass sie über mehrere Geschosse angelegt und nichtzentral ist, bestehen ungeklärte und nicht dokumentierte Widersprüche. Im Preisgericht des Wettbewerbs wurde die Kulturvermittlung als „besuchernah an der richtigen Stelle“ gelobt und auf Seite 12 des Protokolls des Nutzerworkshops wird festgestellt, dass die Anordnung der Kulturvermittlung über mehrere Geschosse möglich ist, wenn zwischen den Ebenen eine gute Verbindung besteht. Dabei wird auch die zentrale Lage im Gebäude ausdrücklich positiv hervorgehoben.

135

Es fehlt hier an einer Begründung, warum die bisher als gut positioniert gelobte Kulturvermittlung nun als nicht zentral genug beurteilt wird und weswegen die im Nutzerworkshop ausdrücklich als möglich erklärte Anordnung über mehrere Geschosse negativ bewertet wird. Ohne eine Begründung, die sich mit diesen Punkten auseinandersetzt, ist die negative Wertung der Lage der Kulturvermittlung nicht nachvollziehbar.

136

Inwieweit die angegriffene Kritik an der Belichtungssituation der … Stadtbibliothek und des …-Forums sowie an der Verteilung der Kulturvermittlung über mehrere Geschosse die Bewertung der Antragstellerin im Unterkriterium „Gestaltung, Qualität der Innen- und Außenräume“ maßgeblich beeinflusst hat oder ob die übrigen angemerkten Kritikpunkte die Bewertung des Unterkriteriums tragen würden, lässt sich nicht ermitteln, da keine separate Punktebewertung für das Unterkriterium dokumentiert ist. Die Bewertung des Unterkriteriums „Gestaltung, Qualität der Innen- und Außenräume“ kann damit von der Kammer nicht nachvollzogen werden und entspricht somit nicht den Anforderungen an eine transparente Angebotswertung.

137

2.2.3.5 Die Bewertung der Lieferzone bezüglich des Unterkriteriums „Innere und äußere Erschließung“ ist auch nach den Erklärungen der Antragsgegnerin Nachprüfungsverfahren nur bedingt nachvollziehbar. Insbesondere erscheint hier die Argumentation unklar, dass die Trambahngleise nicht überfahren werden dürfen, wenn gerade die Studie zur Ladezone, welche Teil des Nutzerbedarfsprogramms ist und auf die aus Seite 57 der Auslobung ausdrücklich verwiesen wird, dies im Planausschnitt „Verkehrsplanung“ so vorsieht. Das Überfahren der Gleise ist dort zwar noch als klärungsbedürftig mit dem Kreisverwaltungsreferat der … gekennzeichnet, jedoch sind in der Auslobung keine Hinweise darauf, dass das Überfahren der Gleise bei der Verkehrsplanung entgegen dem Vorschlag nicht möglich ist. Es ist lediglich darauf hingewiesen, dass die Rangierflächen nicht die Straßenbahngleisflächen oder entgegenlaufende Fahrstreifen in Anspruch nehmen dürfen. Eine Auseinandersetzung mit den der Tatsache, dass auch die Studie zur Ladezone das Überfahren der Gleise vorschlägt sowie eine differenzierte Abwägung von Vor- und Nachteilen, welche eine negative Beurteilung gegebenenfalls trotzdem stützen, ist in den Vergabeunterlagen nicht vorhanden.

138

Da für das Unterkriterium keine Einzelbewertung dokumentiert ist, ist es nicht möglich zu ermitteln, ob die übrigen angemerkten Kritikpunkte die Bewertung des Unterkriteriums tragen würden. Die Kammer kann daher die Bewertung des Unterkriteriums „Innere und äußere Erschließung“ nicht nachvollziehen, so dass diese nicht den Anforderungen in eine transparente Angebotswertung entspricht.

139

2.2.3.6. Die Bewertung des Unterkriteriums „Funktionalität“ durch die Antragsgegnerin ist nicht nachvollziehbar, da sich aus der Dokumentation nicht erkennen lässt, wie viele Wertungspunktein diesem Unterkriterium von der Antragstellerin erzielt wurden.

140

Mit dem hohen Stellenwert der Bewertung der Unterkriterien bei der architektonischen Qualität für die Zuschlagserteilung geht die Verpflichtung der Vergabestelle zu einer besonders sorgfältigen Bewertung der Entwürfe einher. Dabei müssen die maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentiert werden, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten Kritikpunkte mit weichem Gewicht in die Bewertung eingegangen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 04.04.2017 – X ZB 3/17).

141

Dies ist bei der vorliegenden Wertung nicht der Fall, daher ist es nicht möglich zu beurteilen, ob das Unterkriteriumbeurteilungsfehlerfrei bewertet wurde. Ein Punktabzug auf Grund der angeführten Kritikpunkte ist zwar grundsätzlich vorstellbar, müsste aber von der Antragsgegnerin ausführlich und transparent begründet werden.

142

2.2.4. Die Vergabekammer kann auf Grund der nicht nachvollziehbaren Wertungsentscheidung, nicht ausschließen, dass die Vereinbarkeit des überarbeiteten Entwurfs mit den Urheberrechten der ehemaligen Architektengemeinschaft an den Bestandsgebäuden von der Antragsgegnerin im Verhandlungsverfahren im Rahmen der Zuschlagskriterium doch unterschwellig berücksichtigt wurde.

143

Nach § 127 Abs. 1 Satz 2 GWB erfolgt die Auswahl des wirtschaftlichsten Angebots auf der Grundalge einer Bewertung des öffentlichen Auftraggebers, ob und inwieweit die Angebote die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllen. Der Auftraggeber ist damit an die von ihm selbst festgelegten Zuschlagskriterien gebunden und darf keine anderen als die bekannt gemachten Kriterien bei der Angebotswertung berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 03.06.2004 – X ZR 30/03).

144

Die Antragsgegnerin hatte die Zuschlagskriterien für das Verhandlungsverfahren in den Verfahrensbedingungen, die dem Schreiben vom 10.07.2018 beigefügt waren, angegeben. Für das Kriterium „Ergebnis der Überarbeitung des Wettbewerbs“ sollten hinsichtlich der architektonischen Qualität die Unterkriterien städtebauliche Einbindung, Umgang mit dem Bestand, Gestalt, Qualität der Innen- und Außenräume, innere und äußere Erschließung, Funktionalität sowie Wirtschaftlichkeit und Realisierbarkeit herangezogen werden. Die Vereinbarkeit des überarbeiteten Entwurfs mit den Urheberrechten der ehemaligen Architektengemeinschaft war, als Bewertungskriteriumnicht aufgeführt.

145

Aus der Vergabeakte ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass die Antragsgegnerindieses Kriterium explizit bewertet hat Es wurde vorab in den Sitzungen des Bewertungsgremiums vom 10.10.2018, des Aufsichtsrats der Antragsgegnerin vom 10.10.2018 sowie in der Stadtratssitzung vom 24.10.2018 explizit darauf hingewiesen, dass das Urheberrecht der ehemaligen Architektengemeinschaft bei der Bewertung keine Rolle spielen darf. Diese Belehrung ist für das Bewertungsgremium und den Aufsichtsrat in den entsprechenden Protokollen und für den Stadtrat in der Sitzungsvorlage dokumentiert.

146

Eine Beeinflussung der Bewertungsentscheidung durch die in der Denkschrift geäußerten urheberrechtlichen Bedenken und die darauf folgende Diskussion in den Medien, wie sie die Antragstellerin im Nachprüfungsantrag vom 02.11.2018 befürchtet, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, da Bewertungsentscheidung der Antragsgegnerin in einigen Punkten – gerade auch im Hinblick auf die Bewertung des Angebots der Beigeladenen – nicht nachvollzogen werden kann.

147

2.2.5. Die Antragstellerin ist daher vorliegend in ihren Rechten aus § 121 Abs. 1 GWB, § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB und § 97 Abs. 1 Satz 1 GWB ist aufgrund des nicht hinreichend bestimmten Unterkriteriums „Umgang mit dem Bestand“ und der Vielzahl an Beurteilungsfehlern in der individuellen Angebotswertung der Antragstellerin, insbesondere auch im Quervergleich mit der Bewertung der Beigeladenen, verletzt.

148

Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Nachprüfungsantrag im Falle eines festgestellten Verstoßes gegen Vergaberecht nur dann unbegründet, wenn auszuschließen ist, dass es durch den Verstoß gegen Vergabevorschriften zu einer Beeinträchtigung der Auftragschancen des Antragstellers gekommen ist (vgl. beispielsweise OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.01.2018 Verg-VII 39/17 m.w.N.).

149

Eine entsprechende Feststellung ist hier jedoch nicht möglich. Dass der Vergaberechtsverstoß ohne Auswirkung auf die Zuschlagsentscheidung geblieben ist, diese also auch dann noch unverändert Bestand haben kann, wenn der Vergaberechtsverstoß hinweggedacht wird, lässt sich nicht feststellen. Es steht nicht fest, welches Angebot die Bieter bei Wahrung der Transparenzanforderung auf Grund klar definierter Zuschlagskriterien abgegeben hätten und wie die Antragsgegnerin die auf dieser Grundlage. abgegebenen Angebote beurteilungsfehlerfrei gewertet hätte.

150

2.2.6. Die Zurückversetzung des Verfahrens in Phase nach Beendigung des Wettbewerbsverfahrens und vor Erstellung der Vergabeunterlagen für das Verhandlungsverfahren ist verhältnismäßig. Eine Zurückversetzung des Verfahrens in die Phase der Angebotswertung als milderes Mittel ist ausgeschlossen, weil es aufgrund der grundlegenden und schwerwiegenden Mängel des Unterkriteriums „Umgang mit dem Bestand“ ausgeschlossen ist, die Angebotswertung auf beurteilungsfehlerfreie Weise im laufenden Verfahren zu wiederholen. Eine neue Angebotswertung insbesondere eine Bewertung der überarbeiteten Wettbewerbsentwürfe – kann bei fortbestehender Beschaffungsabsicht nur nach grundlegender Überarbeitung der Vergabeunterlagen und erneuter Einholung von Angeboten vergaberechtskonform erfolgen.

151

2.3. Das Angebot der Beigeladenen ist nicht nach § 124 Abs. 1 Nr. 6 GWB auszuschließen. Zwar ist die Beigeladene als Projektantin einzustufen, doch liegen der Kammer keine Anhaltspunkte vor, die darauf schließen lassen, dass die Antragsgegnerin ihrer Verpflichtung aus § 7 Abs. 1 VgV, einen etwaigen Wissensvorsprung der Beigeladenen auszugleichen, nicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist.

152

Nach § 7 Abs. 1 VgV hat ein öffentlicher Auftraggeber sicherzustellen, dass durch die Teilnahme. eines Unternehmens, das den öffentlichen Auftraggeber, beraten hat oder in anderer Art und Weise _an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens beteiligt war, der Wettbewerb nicht verzerrt wird.

153

Im Interesse eines geordneten Wettbewerbs sind an die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 VgV keine allzu engen Maßstäbe anzulegen (OLG München, Beschluss vom 26.07.2013 – Verg 7/13). Erfasst ist jede Beratung oder sonstige Beteiligung eines Unternehmens bei der Vorbereitung des Vergabeverfahrens. Eine Beteiligung auf andere Art und Weise im Sinne des § 7 Abs. 1 VgV umfasst jede sonstige Tätigkeit im Vorfeld eines Vergabeverfahrens, etwa eine Machbarkeitsstudie, ein Vorentwurf oder eine Aufgabenbeschreibung. Im Interesse eines unverfälschten Wettbewerbs braucht der Gegenstand des Vergabeverfahrens nicht mit demjenigen der Vorbefassung identisch zu sein (vgl. Völlink in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 7 VgV Rn. 4/5).

154

Die Beigeladene hat im Vorfeld der Ausschreibung das Nutzerbedarfsprogramm erstellt, welches nach Seite 26 der Auslobung die baulichen, technischen und funktionalen Anforderungen konkretisiert und zusammenfasst. Die in der Auslobung formulierten Nutzungsanforderungen sind alle dem Nutzerbedarfsprogramm entnommen. Auch der Stadtratsbeschluss der … vom 05.04.2017 statuiert, dass der Planungswettbewerb auf Basis des – damals noch vorläufigen – Nutzerbedarfsprogramms durchgeführt werden soll. Durch die Erstellung des Nutzerbedarfsprogramms als Grundlage für den Planungswettbewerb und das nachfolgende Verhandlungsverfahren war die Beigeladene .somit mit einem wesentlichen Beitrag an der Vorbereitung des konkreten Vergabeverfahrens beteiligt.

155

Naturgemäß verfügt ein vorbefasstes Unternehmen bei einer Beteiligung an der anschließenden Ausschreibung über einen Informationsvorsprung vor den anderen Bietern. Es droht eine Wettbewerbsverzerrung, weil es sein Angebot aufgrund der besseren Information eher an die Bedürfnisse des Auftraggebers anpassen kann (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 22.5.2007 – Verg W 13/06).

156

Die Antragsgegnerin hat den Wissensvorsprung der Beigeladenen jedoch in ausreichendem Maße ausgeglichen. Sie hat nicht nur die Anforderungen an die Nutzung in der Auslobung aus den zusammengefassten Beschreibungen aus dem Nutzerbedarfsprogramm sondern als Anlage das vollständige Nutzerbedarfsprogramm den Wettbewerbsteilnehmern und späteren Bietern zur Verfügung gestellt. Die Antragstellerin hätte zudem die Möglichkeit im Nutzerworkshop etwaige Probleme und Fragen mit den Nutzern. selbst Zu. klären, und nach dem Nutzerworkshop die Möglichkeit die Sicht der Nutzer auf die Stärken und Schwächen der eigenen Planung sowie die der Konkurrenten auszuwerten und seinen überarbeiteten Entwurf dahingehend zu optimieren.

157

Diese Maßnahmen, insbesondere die Zurverfügungstellung. des vollständigen Nutzerbedarfsprogramms, waren geeignet um. den Mitbewerbern einen ähnlichen Kenntnisstand wie demjenigen zu vermitteln, über welchen auch die Beigeladene verfügte. Damit war die Antragstellerin in die Lage versetzt, zu den gleichen Wettbewerbsbedingungen wie die vorbefasste Beigeladene ihren überarbeiteten Entwurf zu erstellen. Vor allem mit Hilfe des Nutzerbedarfsprogramms waren alle Bieter in der Lage, die an die Funktionalität, die innere und äußere Erschließung sowie die Gestaltung und Qualität der Innen- und Außenräume gestellten Anforderungen hinsichtlich der Nutzung zu erkennen. Mit einer Bearbeitungszeit von sechs Monaten im Planungswettbewerb sowie weiteren vier Monaten für die Überarbeitung hatte die Antragstellerin auch ausreichend Zeit, die entsprechenden Informationen zur Kenntnis zu nehmen und umzusetzen.

158

Es ist auch aus der Vorbefassung der Beigeladenen kein Informationsvorsprung hinsichtlich der Präferenzen von Herrn …, einem der ursprünglichen Architekten des …, ersichtlich. Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung noch einmal deutlich klargestellt, dass sie im Rahmen der Erstellung des Nutzerbedarfsprogramms keinen Kontakt zu den Architekten des …, insbesondere zu Herrn …, hatte. Auch aus dem im Nutzerbedarfsprogramm auf S. 270 – 271 abgedruckten Protokoll zur Prüfung der baurechtlichen Potentiale des … ergibt sich kein Kontakt des Büros der Beigeladenen mit Herrn … D. ist zwar zur weiteren Vorgehensweise festgehalten, dass eine Abstimmung mit Herrn … zum Urheberrecht erfolgen sollte, jedoch trug die Beigeladene glaubhaft vor, dass weder der vom Büro der Beigeladenen anwesende Mitarbeiter … noch ein anderer Mitarbeiter jemals ein solches Abstimmungsgespräch geführt habe. Es sei lediglich niedergelegt worden, was auf der Besprechung von Seiten des Stadtplanungsamts geäußert wurde.

159

Bei der Beteiligung eines vorbefassten Unternehmens droht eine Verzerrung des Wettbewerbs, weshalb im Rahmen der fortlaufenden Dokumentation nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 VgV die Beteiligung des vorbefassten Unternehmens und die getroffenen Abhilfemaßnahmen als Unterfall des Interessenkonflikts zu dokumentieren sind (vgl. Mager, in Beck’scher Vergaberechtskommentar, § 7 VgV, Rn. 13). Der Dokumentation muss sich entnehmen lassen, welche Punkte der Vergabeunterlagen aufgrund der Vorbefassung eines Unternehmens für dieses von Vorteil sind. Die Dokumentation hat auch zu enthalten, ob, und wenn ja, in welchem Bereich der Beratende einen Wissensvorsprung hat und wie dieser gegebenenfalls ausgeglichen werden kann (vgl. VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.08.2011 – 1 VK 31/11).

160

Eine solche Dokumentation findet sich zwar nicht in den der Kammer vorgelegten Vergabeakten der Antragsgegnerin, jedoch ist es möglich eine unzureichende Dokumentation im Nachprüfungsverfahren nachzuholen (vgl. BGH, Beschluss vom 08.02.2011 X ZB 4/10). Dies ist lediglich insoweit einzuschränken, als dass durch die nachträgliche Dokumentation keine Manipulationsmöglichkeit des Auftraggebers zu besorgen ist.

161

Die Antragsgegnerin hat daher die Dokumentation über die .Beteiligung der vorbefassten Beigeladenen im Nachprüfungsverfahren schriftsätzlich und durch Vortrag in der mündlichen Verhandlung zulässigerweise nachgeholt. Die Antragsgegnerin hat hierzu in der Rügeerwiderung vom 21.11.2018 ausführlich vorgetragen, dass eine Wettbewerbsverzerrung nicht in Betracht kommt, da ein etwaiger Wissensvorsprung durch die vollständige Bereitstellung des vollständigen Nutzerbedarfsprogramms mit allen Anlagen, der Darstellung des Entstehungsprozesses, einem ausführlichen Raum- und Funktionsprogramm sowie Studien zur Akustik der …, dem Umbau des … und der Gestaltring der Ladezone schon als Anlage zu den Auslobungsunterlagen bereitgestellt wurde und die Bieter somit ausreichend Zeit hatten sich mit den nutzerspezifischen Anforderungen der Auslobung intensiv auseinander zu setzen.

  1. Kosten des Verfahrens

162

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat gemäß § 182 Abs. 3 GWB derjenige zu tragen, der im Verfahren vor der Vergabekammer unterlegen ist. Dies ist vorliegend die Antragsgegnerin.

163

Die Gebührenfestsetzung beruht. auf § 1.82 Abs. 2 GWB. Diese Vorschrift, bestimmt einen Gebührenrahmen zwischen 2.500 Euro und 50.000 Euro, der aus Gründen der Billigkeit auf ein Zehntel der Gebühr ermäßigt und, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag vom 100.000 Euro erhöht werden kann.

164

Die Höhe der Gebühr richtet sich nee dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Eine Minderung der Gebühr aus Billigkeitsgründen auf. Grund des parallelen Verfahrens Z3-3-3194-1-38-11/18 kam nicht in Betracht, da es sich nicht nur um eine sehr umfangreiche Prüfung sondern jeweils auch um sehr individuelle Angebote handelte, die damit auch eine jeweils individuelle Einarbeitung und eine deutlich unterschiedliche Schwerpunktsetzung bei der Nachprüfung verlangten. Der Arbeitsersparnis durch die zwei parallelen Fälle wurde dadurch Rechnung getragen, dass von einer Erhöhung der Gebühr auf Grund des hohen Aufwandes für das. sehr umfangreiche Verfahren abgesehen wurde.

165

Von der Antragstellerin wurde bei Einleitung des Verfahrens ein Kostenvorschuss in Höhe von 2.500 Euro erhoben. Dieser Kostenvorschuss wird nach Bestandskraft erstattet.

166

Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden . Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin beruht auf § 182 Abs. 4 S. 1 GWB.

167

Die Zuziehung eines anwaltlichen Vertreters wird als notwendig i.S.v. § 182 Abs. 4 S.4 GWBArt. 80 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 2 BayVwVfG angesehen. Die anwaltliche Vertretung war erforderlich, da eine umfassende Rechtskenntnis und damit eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nach dem GWB nicht erwartet werden kann. Zur Durchsetzung ihrer Rechte ist die Antragstellerin hier aufgrund der komplexen Rechtsmaterie auf anwaltliche Vertretung angewiesen.

168

Auch wenn die Beigeladene keine Anträge gestellt hat, muss die Vergabekammer von Amts wegen über die Aufwendungen der Beigeladenen entscheiden.

169

Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen folgt aus § 182 Abs. 4 S. 2 GWB. Danach sind Aufwendungen des Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn die Vergabekammer sie als billig erachtet Dabei setzt die Erstattungsfähigkeit jedenfalls voraus, dass der Beigeladene sich mit demselben Rechtsschutzziel wie der obsiegende Verfahrensbeteiligte aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat (OLG Brandenburg, Beschluss vom 09.02.2010, Az: Verg W 10/09).

170

Die Beigeladene hat sich zwar durch schriftsätzlichen und mündlichen Vortrag aktiv am Verfahren beteiligt und hierdurch auch das gegenständliche Verfahren wesentlich gefördert, jedoch auf Seiten der unterlegenen Antragsgegnerin.