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Aktuelle Entscheidungen der Vergabekammern und Vergabesenate im Volltext (1) - VK Bund zu der Frage, dass eine unklare Auftraggebereigenschaft der Referenzstelle zu überprüfen ist

von Thomas Ax

1. Muss eine der drei geforderten Referenzen eine Leistungserbringung gegenüber einem öffentlichen Auftraggeber betreffen und benennt der Bieter keine Referenz, die auf den ersten Blick und zweifelsfrei keine Referenz eines öffentlichen Auftraggebers darstellt, muss die Vergabestelle die Auftraggebereigenschaft der als Referenz benannten Stelle prüfen und dies dokumentieren.
2. Bei der Wertung der Angebote nach „Schulnoten“ ist der Wertungsprozess eingehend und angemessen zu dokumentieren.
VK Bund, Beschluss vom 02.02.2024 – VK 2-98/23

Gründe:

I.

1. Die Antragsgegnerin (Ag) machte am […] die Vergabe eines Rahmenvertrags über „Dienstleistungen für die Maßnahme […]“ im Rahmen eines offenen Verfahrens im Supplement zum Amtsblatt der EU unionsweit bekannt ([…]).

Ausschreibungsgegenstand waren IT-Beratungs- und Unterstützungsleistungen […].

Der ausgeschriebene Auftrag hat eine Laufzeit von 24 Monaten, die zwei Mal um jeweils ein Jahr verlängert werden kann, sofern die Ag nicht einer Verlängerung drei Monate vor dem jeweiligen Vertragsende widersprechen sollte.

Aus der Bekanntmachung ergeben sich diverse Anforderungen an die wirtschaftliche, finanzielle und technische Leistungsfähigkeit der Bieter:

„Zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit der Bieter war das Formular „Unternehmenszahlen“ einzureichen (Bekanntmachung, III.1.2).“

Darin war insbesondere die Höhe des Gesamtumsatzes in den letzten drei Geschäftsjahren anzugeben; der Mindestumsatz musste jeweils 13 Mio. Euro netto pro Geschäftsjahr erreicht haben.

Zum Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit war eine Liste mit mindestens drei geeigneten Referenzen mit Bezug zur ausgeschriebenen Leistung vorzulegen (Bekanntmachung, III.1.3-1). Diesbezüglich waren Angaben zu machen u.a. zum Wert des Auftrags (mind. 1 Mio. Euro) sowie zum Zeitraum der Leistungserbringung (nicht älter als drei Jahre seit der letzten Leistungserbringung). Darüber hinaus musste es sich bei mind. einer Referenz um einen Auftrag für einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB gehandelt haben.

Zum anderen waren zum Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit Angaben zur durchschnittlichen Gesamtmitarbeiteranzahl des Unternehmens pro Jahr in den letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahren zu machen (Bekanntmachung, III.1.3-2); Voraussetzung waren mindestens 60 Mitarbeitende pro Jahr im Jahresdurchschnitt. Ferner war die Anzahl der Mitarbeitenden im relevanten Tätigkeitsbereich „Entwicklung eines […]“ anzugeben; die Mindestanzahl sollte bei 30 Mitarbeitenden pro Jahr im Jahresdurchschnitt liegen.

Die Leistungskriterien waren im „Kriterienkatalog Leistung“ als Fragen und Forderungen in tabellarischer Form aufgeführt. Zweck der insgesamt fünf Fragen, zu denen die Bieter Konzepte einzureichen hatten, war es aus Sicht der Ag, eine Prognose für die künftige Auftragsausführung durch den Auftragnehmer abgeben zu können.

Leistungskriterium B1 fragte danach, welche nicht-funktionalen Anforderungen an ein […] speziell im Kontext von Bundesbehörden zu erwarten sind. Die Bieter sollten drei zentrale nicht-funktionale Anforderungen nennen und skizzieren, wie sie in der IT-Entwicklung deren Umsetzung sicherstellen würden.

Leistungskriterium B2 forderte die Bieter auf zu erläutern, welche Art von Tests im Hinblick auf die Funktion und nicht-funktionale Anforderungen bei der Entwicklung eines […] für die öffentliche Verwaltung durchzuführen sind. Die bei den Tests einzubeziehenden Stakeholder sollten benannt werden.

Leistungskriterium B3 verwies auf die Vorgabe in der Leistungsbeschreibung, der zufolge spätestens 3 Monate nach Leistungsbeginn sämtliche zum Einsatz kommenden Mitarbeitenden ein […]-Zertifikat der Community vorweisen müssen.

Leistungskriterium B 4 sah vor, dass ein Profil für die Rolle des Software-Architekten einzureichen war, welches den Mindestkriterien gem. Leistungsbeschreibung genügen musste.

Leistungskriterium 5 sah vor, dass ein Profil für die Rolle des Senior-Developer einzureichen war, welches den Mindestkriterien gem. Leistungsbeschreibung genügen musste.

Die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots erfolgte auf Basis der erweiterten Richtwertmethode. Die Leistungskennzahl wurde auf Basis der von den Bietern eingereichten Konzepte und Erklärungen zu den vorstehend genannten Kriterien ermittelt. Die Kriterien waren gewichtet (Kriterien B1, B2 und B5 haben jeweils 10 Gewichtungspunkte, Kriterium B3 5 Gewichtungspunkte, Kriterium 4 15 Gewichtungspunkte) und wurden jeweils in einer Skala von 0 bis 5 Punkten bewertet. Die Leistungskennzahl (max. 250 Punkte) dividiert durch den Preis ergab die Kennzahl für die Wirtschaftlichkeit. Ausgehend von der besten Kennzahl wurde ein Schwankungsbereich von 6 v.H. ermittelt. Angebote jenseits des Schwankungsbereichs konnten für eine Zuschlagserteilung nicht in Betracht kommen.

Die Antragstellerin (ASt) gab ihr Angebot fristgerecht am 20. September 2023 ab.

Der vorliegenden Angebotswertung zufolge erreichten die ASt und die Beigeladene (Bg) jeweils die maximale Leistungskennzahl. Der preisliche Abstand zwischen dem Angebot der erstplatzierten Bg und der zweitplatzierte ASt liegt bei
Mit Schreiben vom 27. November 2023 informierte die Ag die ASt gem. § 134 GWB, dass der Zuschlag auf das Angebot der Bg erteilt werden solle. Das Angebot der ASt komme für eine Zuschlagserteilung nicht in Betracht, weil es außerhalb des Schwankungsbereichs liege. Die Wirtschaftlichkeit des Angebots sei selbst bei voller Punktzahl zu niedrig.

Hiergegen wandte die ASt sich mit Rügeschreiben vom 30. November 2023. Darin beanstandete sie den unzulänglichen Inhalt des Informationsschreibens. Die ASt machte ferner geltend, die Bg erfülle nicht die Eignungsanforderungen im Hinblick auf […]. Ferner äußerte sie die Vermutung, das Angebot der Bg sei unangemessen niedrig (§ 60 VgV).

Die Ag lehnte es in einem Antwortschreiben von 5. Dezember 2023 ab, dem Rügevorbringen abzuhelfen.

2. Mit einem bei der Vergabekammer des Bundes am 7. Dezember 2023 eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag stellte die ASt durch ihre Verfahrensbevollmächtigten einen Nachprüfungsantrag. Die Vergabekammer übermittelte den Nachprüfungsantrag der Ag noch am 7. Dezember 2023.

a) Die ASt meint, der Nachprüfungsantrag sei zulässig. Sie tritt der Ansicht der Ag und der Bg entgegen, der Nachprüfungsantrag sei nach § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB präkludiert und damit unzulässig.

Grundlage für das Rügevorbringen der ASt sei das Informationsschreiben der Ag nach § 134 GWB gewesen. Dieses habe den gesetzlichen Mindestanforderungen an dessen Inhalt nicht genügt. So sei die Erläuterung, dass die Wirtschaftlichkeit des Angebots der ASt trotz voller Punktzahl in der Leistungsbewertung nicht wirtschaftlich genug sei, unergiebig. Aufgrund der unzureichenden Informationen habe die ASt daher die Ag um nähere Informationen zu ihrer Zuschlagsentscheidung bitten und ihr Rügevorbringen zu diesem Zeitpunkt auf Annahmen stützen müssen. In ihrer Rüge habe sie das Verlangen klar zum Ausdruck gebracht, die Vergabeentscheidung einer nochmaligen Überprüfung zu unterziehen.

Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet.

Die Bg erfülle nicht die bekanntgemachten Anforderungen an die Bietereignung. Die ASt selbst sei aktives Mitglied der […]. Aufgrund ihrer Marktkenntnisse erachte sie es als ausgeschlossen, dass die Bg in der Lage sei, drei vergleichbare Referenzen im Bereich Entwicklung eines […] beizubringen, die nicht älter als 3 Jahre sind (Bekanntmachung, III.1.3- 1). Die Akteneinsicht habe gezeigt, dass die Ag im Vergabevermerk lediglich die pauschale Feststellung dokumentiert habe, alle Bieter seien geeignet. Eine unternehmensindividuelle Prüfung der zahlreichen Eignungsanforderungen sei in der Vergabeakte nicht dokumentiert. Eine Heilung des Dokumentationsmangels einer kompletten Wertungsstufe im Verlauf des Nachprüfungsverfahrens sei auch aufgrund des dem öffentlichen Auftraggeber zur Verfügung stehenden Beurteilungsspielraums nicht möglich.

Nach Kenntnis der ASt könne die Bg nicht die erforderliche durchschnittliche Anzahl an Gesamtmitarbeitenden von mind. 60 Mitarbeitenden nachweisen, darüber hinaus auch nicht die Anzahl an mind. 30 Mitarbeitenden pro Jahr im Jahresdurchschnitt in dem Bereich, der im vorliegenden Vergabeverfahren relevant sei (Bekanntmachung, III.1.3-2).

Selbst wenn die Bg, wie von der Ag im Rügeantwortschreiben angedeutet, von der Möglichkeit der Eignungsleihe Gebrauch gemacht haben sollte, sei der ASt in der […] kein Unternehmen bekannt, das der Bg seine Eignung geliehen habe. Im Übrigen belegten die im Schriftsatz der Bg vom 21. Dezember 2023 dargelegten Referenzen deren Eignung nicht. Das von der Bg angegebene Projekt „2012ff., Suchtechnologie Anpassung für […]“ werde von der ASt seit 2019 betreut, sei daher keine max. drei Jahre alte Referenz der Bg. Sollte die Bg diesen Auftrag als Referenz angegeben haben, liege eine Falschangabe vor, die zum Angebotsausschluss nach § 124 Abs. 2 Nr. 9 GWB führen könne.

Ferner sei zu vermuten, dass die Ag den sich aus § 60 VgV ergebenden Aufklärungspflichten nicht hinreichend nachgekommen sei. Die Ausführungen der Ag im Nachprüfungsverfahren ließen den Schluss zu, dass der Preisabstand zwischen dem preisgünstigsten Angebot und dem des nächstfolgenden Bieters bei
Die Angebotswertung der Ag sei schon deshalb defizitär, weil die Ag diese nicht dokumentiert habe. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wie die Bg und – nach Erkenntnissen der ASt aus dem Markt – möglicherweise ein weiterer Bieter die volle Punktzahl habe erhalten können. Zu den einzelnen Kriterien merkt die ASt inbesondere an:

B1 (Nicht-funktionale Anforderungen)

Die Akteneinsicht habe gezeigt, dass die Ag sich bei der von ihr vorgenommenen Wertung des Angebots der ASt auf wenige Argumente beschränkt habe, die – aufgrund ihrer Pauschalität – einen direkten Bezug zum eigenen Angebot nicht erkennen ließen. Ein Vergleich mit dem Inhalt der Angebote der anderen Bieter habe offensichtlich nicht stattgefunden. Unklar sei, warum die Bg und – möglicherweise auch ein anderer Bieter – die gleiche Punktzahl wie die ASt erhalten haben könnten. Die Bg könne schon deshalb nicht die volle Punktzahl erhalten, da sie die Wartung der Software (Updates, Upgrades) nicht umsetzen könne.

Dem Vortrag der Bg im Nachprüfungsverfahren sei zu entnehmen, dass diese „abstrakte“ Lösungsvorschläge vorgelegt habe. Gefordert gewesen seien aber konkrete Lösungsvorschläge.

Auch aus diesem Grund habe das Angebot der Bg nicht die volle Punktzahl erhalten dürfen.

B2 (Tests)

Die Akteneinsicht habe ergeben, dass die Ag eine inhaltliche Wertung nicht vorgenommen habe. Auch hier fehle ein Quervergleich zu den Angeboten der Wettbewerber. Die Bg sei nach Kenntnis der ASt nicht in der Lage, automatisierte Tests durchzuführen.

B3 ([…])

Eine inhaltliche Wertung und ein Quervergleich zu den Angeboten der Wettbewerber habe nicht stattgefunden. Die Ag habe sich mit der Feststellung begnügt, dass alle zum Einsatz kommenden Mitarbeiter über ein […]-Zertifikat verfügen, ohne allerdings zu dokumentieren, welcher Art diese Zertifikate sind und ob diese gültig sind.

Es sei auszuschließen, dass die Bg die bekanntgemachte Vorgabe von mind. 15 Mitarbeitenden erfüllen könne, die spätestens zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe (20. September 2023) über ein gültiges […]-Zertifikat verfügen könnten.

Soweit Ag und Bg sich darauf beriefen, dass im Wege einer Eignungsleihe evtl. vorhandene Defizite ausgeglichen werden könnten, sei unklar, ob die Bg sich tatsächlich der von ihr benannten Nachunternehmen bedienen könne. Nach Ansicht der ASt sei die Ag verpflichtet gewesen, bei der […] nachzufragen, ob die von den Bietern behaupteten Zertifikate gültig sind.

4. (Software-Architekt)

Die Angebotswertung beschränke sich im Vergabevermerk auf die Feststellung, dass die Anforderungen „voll erfüllt“ seien. Da vier unterschiedliche Kategorien von Profilen vorzulegen waren, sei eine solche Feststellung unergiebig.

Die Bg könne nach Kenntnis der ASt keine „zum Leistungsgegenstand vergleichbare Projekterfahrung“ bei agilen Projekten vorweisen. Fraglich sei, ob der Bg die behaupteten Unterauftragnehmer tatsächlich zur Verfügung stünden. Dies gelte v.a. für den von der Bg im Nachprüfungsverfahren erwähnten Herrn […], einen von der ASt so bezeichneten „Freelancer“. Hinzu komme, dass der von der Bg angeführten Referenz nicht zu entnehmen sei, ob sie den Erwartungshorizont der Ag in vollem Umfang erfülle und damit die Höchstpunktzahl für dieses Kriterium gerechtfertigt sei.

B5 (Senior Developer)

Im Vergabevermerk werde zur Begründung der vollen Punktzahl für das Angebot der ASt lediglich festgestellt, dass der Erwartungshorizont „voll erfüllt“ sei. Eine inhaltliche Aussage zu dem geforderten komplexen Profil sei bei dieser Feststellung nicht erkennbar.

Es sei die ASt gewesen, die das […] realisiert habe und damit über Projekterfahrung verfüge. Daher könne bei diesem Kriterium kein anderer Bieter die volle Punktzahl erhalten haben. Bei dem von der Bg im Nachprüfungsverfahren erwähnten Herrn […], bei dem es sich nach Angaben der ASt ebenfalls um einen sog. Freelancer handele, sei auszuschließen, dass dieser zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe über ein gültiges Zertifikat verfüge.

Die ASt beantragt,

1. die Ag zu verpflichten, die Angebote in dem Vergabeverfahren […] unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut zu prüfen und zu werten,

2. Akteneinsicht,

3. der Ag die Kosten des Nachprüfungsverfahrens aufzuerlegen und

4. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten durch die ASt zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung für notwendig zu erklären.

b) Die Ag beantragt,

1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,

2. der ASt die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Hierzu trägt die Ag vor, der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

Unzulässig sei der Nachprüfungsantrag schon deshalb, weil die ASt ihren Rügeobliegenheiten nicht genügt habe. Eine wirksame Rügeerhebung setze ein Mindestmaß an Substantiierung voraus. In dem Schreiben der ASt vom 30. November 2023 zum Informationsschreiben nach § 134 GWB habe diese sich jedoch lediglich danach erkundigt, ob die Ag eine Prüfung nach § 60 VgV ordnungsgemäß vorgenommen habe. Eine nicht näher begründete Vermutung, diese Prüfung sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, reiche nicht aus.

Die Zweifel der ASt an der Eignung der Bg seien ebenfalls „ins Blaue hinein“ geäußert. Die ASt habe in dem vermeintlichen Rügeschreiben selbst zum Ausdruck gebracht, dass ihr die Bg als Wettbewerber auf dem Markt unbekannt sei. Dann aber sei fraglich, wie die ASt habe zu dem Schluss kommen können, die Bg erfülle die Eignungsanforderungen nicht.

Das vermeintliche Rügeschreiben habe auch kein Abhilfeverlangen zum Inhalt gehabt.

Jedenfalls sei der Nachprüfungsantrag als unbegründet zurückzuweisen.

Die Bg habe die im Rahmen der Eignungsprüfung erforderlichen Nachweise erbracht. Die ASt versuche den Eindruck zu erwecken, bei der […] handele es sich um einen kleinen, exklusiven Kreis von IT-Entwicklern und Unternehmen. Das sei unzutreffend. […], an dem schätzungsweise 80.000 Entwickler und über 1.600 Berater aktiv beteiligt seien. In Deutschland nutzten ca. 85.000 Unternehmen […].

Die Annahme der ASt, die Bg erfülle nicht die bekanntgemachten Eignungsanforderungen, sei unzutreffend. Die Bg habe die technische und berufliche Leistungsfähigkeit im erforderlichen Umfang nachgewiesen.

Die Bg habe in den letzten 3 Geschäftsjahren den geforderten Mindestumsatz in Höhe von 13 Mio. Euro erzielt (Bekanntmachung, III.1.2).

Die Bg habe auch die geforderte Mindestanzahl an Gesamtmitarbeitenden für die letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre sowie der im relevanten Tätigkeitsbereich „Entwicklung eines […]“ aktiven Mitarbeitenden nachgewiesen (Bekanntmachung, III.1.3-2). Im Übrigen habe der Bg die Möglichkeit der Eignungsleihe offen gestanden, um evtl. vorhandene Defizite auszugleichen.

Ferner habe die Bg die erforderliche Anzahl geeigneter Referenzen beigebracht (Bekanntmachung, III.1.3-1).

Entgegen der Annahme der ASt habe die Ag die Prüfung nach § 60 VgV ordnungsgemäß durchgeführt. Von der Rechtsprechung werde regelmäßig angenommen, dass eine Aufgreifschwelle bei einem Preisabstand des billigsten Angebots zum nächstfolgenden Angebot in Höhe von ca. 15 bis 20 % anzusetzen sei. Vorliegend liege der Preisabstand bei
Die Angebotswertung auf der vierten Stufe sei nicht zu beanstanden. Insoweit weist die Ag zunächst darauf hin, dass sie in Absprache mit dem Bedarfsträger keine allzu hohen Anforderungen gestellt habe, um auf diese Weise möglichst vielen Bietern eine Teilnahme an der Ausschreibung zu ermöglichen. Dieser Umstand könne mit dazu beigetragen haben, dass mehrere Bieter die volle Punktzahl erhalten hätten. Zu den einzelnen Wertungskriterien führt die Ag aus:

B1 (Nicht-funktionale Anforderungen)

Die Bg habe den Erwartungshorizont der Ag erfüllt, indem sie drei nicht-funktionale Anforderungen genannt habe, die für Bundesbehörden große Bedeutung haben. Diesbezüglich habe die Bg auch nachvollziehbar erläutert, wie sie diese umzusetzen beabsichtige.

B2 (Tests)

Die Annahme der ASt, dass hochautomatisierte Tests der Software erforderlich seien, zu denen die Bg nicht in der Lage sei, sei spekulativ und nicht durch Tatsachen untermauert. Im Übrigen würden Tests durch […] begleitet und gesteuert.

B3 ([…]-Zertifikat)

Auch für die Behauptung der ASt, die Bg könne nicht über die erforderliche Anzahl an […]zertifizierten Mitarbeitenden verfügen, habe die ASt keine belastbaren Anhaltspunkte beigebracht. Im Übrigen habe dem bekanntgemachten Erwartungshorizont entnommen werden können, dass die volle Punktzahl durch den Nachweis erbracht werden konnte, dass die zum Einsatz kommenden Mitarbeitenden über ein […] verfügen; eine inhaltliche Bewertung der Qualität der Referenz sei nicht vorgesehen gewesen. Die bekanntgemachten Voraussetzungen habe die Bg erfüllt. Ob der von der ASt als sog. Freelancer bezeichnete Herr […] über ein gültiges Zertifikat verfügen könne, könne dahingestellt bleiben, weil die Bg – auch ohne Berücksichtigung von Herrn […] – eine ausreichende Anzahl an Zertifikaten nachgewiesen habe.

B4 (Software-Architekt)

Die Bg habe die an das Profil des Software-Architekten gestellten Anforderungen erfüllt. Die von der ASt geäußerten Zweifel, ob Herr […] den bekanntgemachten Anforderungen genüge, seien unbegründet.

B5 (Senior-Developer)

Die Bg habe das geforderte Profil eines Senior Developer nachgewiesen. Für die Behauptung der ASt, dass nur mit […] verbundene Projekterfahrungen vergleichbar seien, lasse sich dem bekanntgemachten Erwartungshorizont nichts entnehmen. Entgegen der Annahme der ASt komme es im Übrigen nicht darauf an, dass bereits bei Angebotsabgabe ein gültiges […] vorliege; vielmehr sei es ausreichend, wenn das Zertifikat spätestens 3 Monate nach Beauftragung des Einzelabrufs eingereicht werde.

c) Die mit Beschluss vom 11. Dezember 2023 zum Verfahren hinzugezogene Bg beantragt,

1. den Antrag der ASt vom 07.Dezember 2023 zurückzuweisen,

2. der ASt die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Hierzu trägt sie insbesondere vor, der Nachprüfungsantrag sei unzulässig. Das Rügevorbringen beruhe, soweit es sich gegen die Bg richte, auf bloßen Behauptungen „ins Blaue hinein“. Das gelte bzgl. der Ausführungen der ASt hinsichtlich der – angeblich – fehlenden Auskömmlichkeit des Angebots der Bg (§ 60 VgV), gelte aber auch hinsichtlich der von der ASt behaupteten Zweifel an ihrer Eignung. Die Ausführungen der ASt zur sog. […] seien teilweise irreführend, teilweise unzutreffend. Anders, als es der Vortrag der ASt suggeriere, handele es sich bei der […] nicht um einen kleinen Zirkel von Unternehmen und IT-Entwicklern. Die […]führe mehr als 1.000 Mitglieder, darunter eine Vielzahl an Unternehmen, die entsprechende Dienstleistungen anböten. Die Behauptung der ASt, sie, die Bg, sei nicht in diesem Bereich aktiv, sei unzutreffend.

Tatsächlich gehöre die Bg schon seit 15 Jahren […] und habe schon eine Vielzahl an Projekten realisiert, darunter auch solche für die öffentliche Hand.

Der Nachprüfungsantrag sei unbegründet. Die Bg habe ihr Angebot zusammen mit drei Unternehmen abgegeben, die als Unterauftragnehmerinnen fungierten. Die erforderlichen Verpflichtungserklärungen lägen der Ag vor. Die Bg könne, in Zusammenarbeit mit ihren Unterauftragnehmern, auf mehr als 100 erfahrene […] zurückgreifen. Mit den Herren […] als Software-Architekt und […] als Senior-Developer stünden zwei erfahrene […] zur Verfügung.

Hinsichtlich der gegen die Wertungsentscheidung gerichteten Angriffe schließt die Bg sich den Ausführungen der Ag an. In Ergänzung hierzu trägt sie vor:

B1 (Nicht-funktionale Anforderungen)

Anders, als von der ASt dargestellt, habe sich die Bewertung alleine auf die Herangehensweise bezogen, nicht aber auf eine bereits vorhandene Umsetzung.

B2 (Tests)

Der Vortrag der ASt sei nicht nachvollziehbar. Diesbezüglich gebe es etablierte Branchenstandards, die von allen Anbietern angewandt würden, und ohne die größere IT-Projekte nicht realisiert werden könnten.

B3 ([…])

Entgegen der Behauptung der ASt seien alle erforderlichen Nachweise erbracht worden.

B4 (Software-Architekt)

Die geforderte Qualifikation sei nachgewiesen worden. Die anderslautende Behauptung der ASt sei ebenso unzutreffend wie deren Annahme, die Bg verfüge nicht über Erfahrungen bei agilen IT-Projekten. Die Bg habe bereits mehr als 30 agile IT-Projekte umgesetzt.

B5 (Senior Developer)

Die Qualifikation sei im Angebot nachgewiesen worden. Im Übrigen sei nach Erfahrungen mit ähnlichen Anwendungsfällen gefragt worden, nicht – wie von der ASt dargestellt – nach Erfahrungen mit dem […].

3. Die Vergabekammer hat der ASt und der Bg nach Anhörung der Ag Einsicht in die Vergabeakte gewährt, soweit Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht betroffen waren. Da alle Verfahrensbeteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet hatten, erteilte die Vergabekammer mit Schreiben vom 3. Januar 2024 den Verfahrensbeteiligten einen rechtlichen Hinweis, wonach der Nachprüfungsantrag – nach vorläufiger Einschätzung der Vergabekammer – wegen Defiziten bei der Dokumentation der Eignungsprüfung, der Überlegungen zur Preisprüfung und der Angebotswertung auf der vierten Stufe, die eine Überprüfung nicht erlaubten, begründet sei. Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit, zu diesem Hinweis Stellung zu nehmen. Auf die Ausführungen in diesem Schreiben sowie auf die ausgetauschten Schriftsätze im Übrigen, die Vergabeakte, soweit sie der Vergabekammer vorgelegen hat, sowie auf die Verfahrensakte der Vergabekammer wird verwiesen. Der nicht nachgelassene Schriftsatz der ASt vom 30. Januar 2024 blieb bei der Entscheidungsfindung unberücksichtigt.

Mit Zustimmung aller Verfahrensbeteiligten hat die Vergabekammer nach Lage der Akten entschieden (§ 166 Abs. 1 Satz 3 GWB). Die gesetzlich vorgesehene Frist für die Entscheidung wurde insgesamt zwei Mal, zuletzt mit Schreiben vom 17. Januar 2024, bis zum 14. Februar 2024 verlängert.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Der Ag wird untersagt, den Zuschlag auf das Angebot der Bg zu erteilten. Bei fortbestehender Beschaffungsabsicht hat die Ag die Prüfung der Bietereignung und die Wertung der Angebote auf der vierten Stufe unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

a) Die streitgegenständliche Vergabeentscheidung betrifft einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag eines dem Bund zuzurechnenden öffentlichen Auftraggebers, § 103 Abs. 4, §§ 98, 99 Nr. 2 GWB, oberhalb des maßgeblichen Schwellenwertes. Das Nachprüfungsverfahren ist daher nach § 155 GWB statthaft und die Vergabekammer des Bundes nach § 159 Nr. 2 GWB für die Entscheidung zuständig.

b) Die ASt ist antragsbefugt im Sinne des § 160 Abs. 2 GWB. Das nach § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB erforderliche Interesse am öffentlichen Auftrag ergibt sich bereits aus der Abgabe eines Angebots sowie aus dem gegen die Vergabeentscheidung gerichteten Rügevorbringen. Die ASt hat auch geltend gemacht, durch die Vergabeentscheidung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB verletzt zu sein. So macht die ASt geltend, die Bg erfülle nicht die bekanntgemachten Eignungsanforderungen, darüber hinaus habe die Bg ein unangemessen niedriges Angebot eingereicht; außerdem sei die Angebotswertung defizitär. Sollte das Angebot der Bg, diesen Vortrag der ASt als richtig unterstellt, aus einem der genannten Gründe aus der Wertung auszuschließen sein, käme das Angebot der ASt für einen Zuschlag in Betracht. Daher droht der ASt durch die angefochtene Vergabeentscheidung die Entstehung eines Schadens.

c) Die ASt hat ihrer Rügeobliegenheit nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB genügt. Die Rüge erfolgte nach Erhalt der § 134 GWB-Information, die vom 27. November 203 datierte, am 30. November 2023 und damit fristgerecht.

Was den Inhalt der Rüge anbelangt, so ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen. Da ein Bieter nur begrenzten Einblick in den Ablauf des Vergabeverfahrens hat, darf er im Vergabenachprüfungsverfahren behaupten, was er auf der Grundlage seines Kenntnisstands redlicherweise für wahrscheinlich oder möglich halten darf, etwa wenn es um Vergaberechtsverstöße geht, die sich ausschließlich in der Sphäre der Vergabestelle abspielen oder das Angebot eines Mitbewerbers betreffen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. März 2021 – Verg 9/21, unter Hinweis auf OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. April 2011 – Verg 58/10).

Der Antragsteller muss aber – wenn sich der Vergaberechtsverstoß nicht vollständig seiner Einsichtsmöglichkeit entzieht – zumindest Anknüpfungstatsachen oder Indizien vortragen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen. Ein Mindestmaß an Substantiierung ist einzuhalten; reine Vermutungen zu eventuellen Vergaberechtsverstößen reichen nicht aus. Da die Rüge den öffentlichen Auftraggeber in die Lage versetzen soll, einen etwaigen Vergaberechtsverstoß zeitnah zu korrigieren, ist es unabdingbar, dass der Antragsteller – um unnötige Verzögerungen des Vergabeverfahrens zu vermeiden und einem Missbrauch des Nachprüfungsverfahrens vorzubeugen – bereits frühzeitig diejenigen Umstände benennt, aufgrund derer er vom Vorliegen eines Vergaberechtsverstoßes ausgeht (vgl. zum Vorstehenden, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. März 2021 – Verg 9/21 m.W.N.). Daher ist der Antragsteller gehalten, schon bei Prüfung der Frage, ob ein Vergaberechtsverstoß zu rügen ist, Erkenntnisquellen auszuschöpfen, die ihm ohne großen Aufwand zur Verfügung stehen. Formulierungen wie „nach unserer Kenntnis“ oder „nach unserer Informationslage“ genügen in der Regel nicht (vgl. zum Vorstehenden OLG Düsseldorf, a.a.O., mit zahlreichen Nachweisen).

Soweit sich die ASt mit ihrem Vorbringen in der Rüge darauf bezieht, sie könne „nur vermuten“, dass die Bg einen unangemessen niedrigen Preis angeboten habe, ist zwar nicht ganz selbsterklärend, ob dieses Rügevorbringen den dargelegten Voraussetzungen an einen Rügeinhalt entspricht. Zur Begründung für ihre Vermutung beschränkte die ASt sich auf den Hinweis, dass

„wir (Anm.: die ASt) branchenbekannt für hohe Qualität stehen“.

Die Darlegung alleine, dass die ASt für hohe Qualität steht, lässt indes nicht erkennen, warum die Bg ein unauskömmliches Angebot abgegeben haben könnte. Allerdings stellt die ASt diese Aussage in den Kontext der Beanstandung, wonach die Information nach § 134 GWB defizitär sein solle. Daraus wird indirekt gerade noch nachvollziehbar, dass die ASt meint, die höchste Qualitätspunktzahl haben zu müssen, so dass der Vorsprung des Angebots der Bg sich aus dem Preis ableiten müsse, der dann ungewöhnlich niedrig sein müsse. Dieses Vorbringen genügt gerade noch den Anforderungen an eine substantiierte Rüge.

Zweifelsfrei genügt hat die ASt hingegen ihrer Rügeobliegenheit, soweit sie die fehlende Eignung der Bg thematisiert. Aus der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen ging hinreichend deutlich hervor, dass die Ag Erfahrungen und entsprechende Referenzprojekte im Bereich […]voraussetzte. Die ASt machte geltend, aktives Mitglied der […] zu sein, einem begrenzten Kreis an aktiv tätigen Unternehmen und IT-Entwicklern. Aufgrund dieser Kenntnisse habe sie Zweifel, dass die Bg dort relevante Aktivitäten entfaltet habe. Die ASt hat damit deutlich gemacht, Zweifel an der Eignung der Bg zu haben, und hat dabei der Ag gegenüber zu erkennen gegeben, auf welcher Informationsgrundlage sie zu der Bewertung gekommen ist.

Genügt hat die ASt ihren Rügeobliegenheiten auch hinsichtlich der gegen die Wertungsentscheidung gerichteten Angriffe. Die ASt hat im Rügeschreiben geltend gemacht, dass es ihr aufgrund der wenigen Informationen im Schreiben nach § 134 GWB nicht möglich gewesen sei, die Wertungsentscheidung nachzuvollziehen. Deshalb erbat die ASt von der Ag die Vorlage der Bewertungsmatrix nebst Begründung. Aus diesem Vortrag war für die Ag erkennbar, dass die ASt, nach Erhalt dieser Informationen, die Wertungsentscheidung kritisch überprüfen und ggf. zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens machen würde.

d) Die Frist für die Einreichung des Nachprüfungsantrags, die am 7. Dezember 2023 erfolgte, nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB ist gewahrt (ablehnende Rügeantwort datiert vom 5. Dezember 2023).

2. Der Nachprüfungsantrag ist begründet. Die Prüfung der Bietereignung sowie die Wertung der Angebote auf der vierten Stufe durch die Ag erweisen sich als vergaberechtswidrig. Das Unterlassen einer Preisprüfung nach § 60 VgV hat die Ag indes auf den Hinweis der Vergabekammer vom 3. Januar 2024 plausibel erklärt und es stellt sich nicht als ermessensfehlerhaft dar, nicht von der Überschreitung der sog. „Aufgreifschwelle“ auszugehen.

Die Vergabekammer hat den Verfahrensbeteiligten in einem rechtlichen Hinweis vom 3. Januar 2024 zu bedenken gegeben, dass, nach ihrer vorläufigen Einschätzung, das Vergabeverfahren insoweit an einem grundlegenden Mangel leidet, als die Ag ausweislich der Vergabedokumentation keine ausreichende Prüfung der Eignung bzw. Bewertung der Angebote in preislicher sowie inhaltlicher Hinsicht vorgenommen hat. Zwar sei es zulässig, dass eine vorhandene Dokumentation des Vergabeverfahrens durch Schriftsätze im Nachprüfungsverfahren ergänzt werde. Dies setze aber voraus, dass die wesentlichen Überlegungen des Auftraggebers sich bereits in der Dokumentation finden (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10. Februar 2021 – Verg 23/20 m.w.N.). Sinn der Möglichkeit, vorhandene Dokumentation durch schriftsätzlichen Vortrag zu ergänzen, sei jedoch nicht, ganz wesentliche Teile der Dokumentation bzw. – weitergehend – sogar der materiellen Prüfung in den schriftsätzlichen Vortrag zu verlagern. Denn wenn die Vergabedokumentation keine Aussage zu erforderlichen Prüfungsschritten enthalte, sei davon auszugehen, dass diese im Sinne einer „negativen Beweiskraft“ des Vergabevermerks auch tatsächlich nicht durchgeführt worden sei.

a) Ausgehend hiervon ist festzustellen, dass die vorliegende Dokumentation nicht erkennen lässt, inwieweit die Ag die Prüfung der bekanntgemachten Eignungskriterien ordnungsgemäß durchgeführt hat.

Die Ag hat in der Auftragsbekanntmachung diverse Anforderungen an die finanzielle, technische und berufliche Leistungsfähigkeit der Bieter gestellt. Von besonderer Relevanz waren die bekanntgemachten Anforderungen an die Referenzen (Bekanntmachung, III.1.3-1). Hiernach waren die Bieter aufgefordert, eine Liste mit mind. 3 geeigneten Referenzen in Bezug auf die gegenständliche Leistung,

„Beratungs- und Unterstützungsleistungen im Rahmen einer Entwicklung eines […]“

nachzuweisen. Die Referenzen mussten diverse Mindestanforderungen erfüllen, u.a. einen Auftragswert von mind. 1 Mio. Euro, und sie durften nicht älter als 3 Jahre seit der letzten Leistungserbringung sein. Außerdem musste es sich bei einer der eingereichten Referenzen um einen „Auftrag der öffentlichen Verwaltung öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB)“ handeln.

In der der Vergabekammer vorliegenden Dokumentation („Auswertung Angebote“) wurden hinsichtlich des Prüfschritts „Referenzen“ von der Ag zu den Angeboten der ASt und der Bg lediglich festgehalten:

„Mindestens 3 Referenzen, die die Mindestanforderungen erfüllen“: „Ja.“

Weitere, eingehendere Erläuterungen hierzu finden sich in der Dokumentation nicht. Eine eingehendere Prüfung und Bewertung wäre aber geboten gewesen, wie etwa die Referenz 1 der Bg zeigt.

Wie bereits ausgeführt, kamen als geeignete Referenzen nur solche in Betracht, die einen Bezug zum streitgegenständlichen Auftrag aufwiesen. Aus den Ausführungen in der von der Ag mit Schreiben vom 14. Dezember 2023 zu den Akten gereichten Referenz 1 (vgl. Anlage Ag 2) lässt sich allerdings der geforderte Bezug zu […] nicht unmittelbar erkennen. In den schriftlichen Ausführungen zu dieser Referenz findet […] keine explizite Erwähnung. Eine eingehendere Aufklärung durch die Ag hätte schon deshalb nahegelegen, weil der Bezug zu […] bei den anderen von der Bg vorgelegten Referenzen deutlich hergestellt wurde.

Wie ebenfalls dargelegt, musste eine der insgesamt drei verlangten Referenzen eine Leistungserbringung gegenüber einem öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB betreffen. Ob ein Auftraggeber die Eigenschaft eines Auftraggebers im Sinne des § 99 GWB erfüllt, setzt eine juristische Bewertung voraus. Eine solche Bewertung hat die Ag nicht vorgenommen, was hier aber erforderlich gewesen wäre, denn die Bg hat keine Referenz benannt, die auf den ersten Blick und zweifelsfrei eine Referenz von einem öffentlichen Auftraggeber darstellt. Zwar ist durchaus denkbar, dass zumindest eine der drei Referenzen – was ausreichend wäre – von einem öffentlichen Auftraggeber stammt, denn nach dem funktionalen Auftraggeberbegriff des § 99 Nr. 2 GWB kann auch juristischen Personen die Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber zukommen. Soweit für die Vergabekammer anhand öffentlich zugänglicher Quellen im Internet erkennbar, gibt es aber jedenfalls für eine der als Referenz benannten Stelle keine explizite Rechtsgrundlage, auf Grund derer sich das Vorliegen der Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB zweifelsfrei ableiten ließe. Die als Referenz benannte Stelle unterliegt keiner Fachaufsicht, und ist lediglich aus organisatorischen Gründen bei einem Ministerium angesiedelt. Ob die Stelle gleichwohl die Voraussetzungen des § 99 GWB erfüllt, hätte die Ag prüfen und dokumentieren müssen. Gleiches gilt für eine weitere Referenz, die nicht unmittelbar erkennbar einem öffentlichen Auftraggeber zuzuordnen ist. Diese Prüfungen hat die Ag unterlassen.

Ausweislich der Bekanntmachung durften die Referenzen max. 3 Jahre alt sein (maßgeblicher Zeitraum: letzte Leistungserbringung bis zum Ende der Angebotsfrist), und mussten einen Auftragswert von mind. 1 Mio. Euro aufgewiesen haben. Insbesondere bei Verträgen mit langer Laufzeit (10 Jahre und mehr) hätte seitens der Ag geprüft und dokumentiert werden müssen, worauf sich der von den Bietern angegebene Auftragswert bezieht, auf die gesamte Vertragslaufzeit, oder etwa auf den Zeitraum seit dem letzten Relaunch. Eine solche Prüfung hätte insbesondere bei einem anderen Zertifikat der Bg nahegelegen.

Dahingestellt bleiben kann hingegen, ob die von der ASt im Schriftsatz vom 15. Januar 2024 geäußerten Zweifel zutreffen, dass das von der Bg im Schriftsatz vom 21. Dezember 2023 erwähnte Projekt „2012ff., Suchtechnologie Anpassung für […]“ die bekanntgemachten Anforderungen zu erfüllen geeignet war. Eine entsprechende Referenz hat die Bg tatsächlich nicht eingereicht.

Entgegen der Annahme der ASt ist die Feststellung der Ag, dass die Bg den Nachweis für das Vorliegen der erforderlichen Mindestanzahlen an Gesamtmitarbeitenden (60 Gesamtmitarbeitende) und der im einschlägigen Geschäftsbereich […] tätigenMitarbeitenden (30 Mitarbeitende) pro Jahr während der letzten drei Geschäftsjahre im Jahresdurchschnitt, nicht zu beanstanden. Die Bg hat die entsprechenden Nachweise beigebracht.

b) Die Angebotswertung auf der vierten Stufe weist ebenfalls Mängel auf.

Die Vergabekammer hat in ihrem rechtlichen Hinweis vom 3. Januar 2024 ausgeführt, dass schon fraglich sei, ob die vorliegende Dokumentation ausreichend sei, um den Anforderungen an die Dokumentation der Wertung bei „Schulnotenbewertung“ zu entsprechen (BGH, Beschluss vom 4. April 2017, X ZB 3/17). Der Begründung, warum ein Angebot im Sinne der vorgegebenen Notenstufen die Anforderungen des Auftraggebers z.B. voll erfüllt, so wie dies hier durch die Ag bei allen Angeboten vollumfänglich bejaht wurde, komme bei Schulnotenbewertung zwecks Vermeidung von Willkürentscheidungen generell eine besondere Bedeutung zu. Entscheidend aber sei, dass die Ag keinen Quervergleich der Angebote untereinander vorgenommen habe. Dies sei aber Sinn und Zweck der vierten Wertungsstufe, in der das wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln ist. Die Ag habe sich bei Konzeption des Vergabeverfahrens entschieden, dass nicht nur der Preis Zuschlagskriterium sein solle, sondern qualitative Aspekte die Wirtschaftlichkeit der Angebote mitbestimmten. Dies erfordere aber, dass die Angebote miteinander verglichen werden. Die Bewertung habe auch im Quervergleich stimmig zu sein, was erfordere, sich mit der Prüfung zu beschäftigen, ob Angebote im Quervergleich bei einzelnen Wertungsvorgaben die Anforderungen des Auftraggebers besser oder schlechter als andere Angebote erfüllen. Die Ag habe ihren Beurteilungsspielraum bei der Wertung möglicherweise auf einer falschen Prämisse ausgeübt, denn sie spreche in diesem Zusammenhang den Aspekt der optimalen Marktöffnung an. Dieser Aspekt spiele hier jedoch keine Rolle. Unterbleibe indes ein Quervergleich bei der Angebotswertung und alle Angebote erhielten die maximale Punktzahl, so entstehe dadurch keine Marktöffnung, sondern der Effekt bestehe darin, dass die qualitativen Zuschlagskriterien im Endeffekt an Bedeutung verlören; faktisch zähle dann ausschließlich der Preis. Es sei aber nicht Sinn von qualitativen Wertungskriterien, diese nivellierend anzuwenden, denn der Auftraggeber hat ja gerade nicht nur den Preis als Kriterium für die Bemessung der Wirtschaftlichkeit vorgegeben.

Die Ag hat hiergegen mit Schriftsatz vom 15. Januar 2024 eingewandt, sich bewusst gegen einen Quervergleich der Angebote entschieden zu haben, sondern die Wertung alleine auf der Grundlage der von den Bietern bei den Kriterien B1 bis B5 jeweils erreichten Punktzahlen vorgenommen zu haben. Hierzu sei sie auch nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, a.a.O.) berechtigt gewesen. Mehrere B-Kriterien, wie z.B. die Kriterien B3, B4 und B5, ließen gar keine Wertung zu.

Ausgehend hiervon ist auf Basis der rechtlichen Anforderungen zur Dokumentationstiefe der materiellen Bewertungsentscheidung bei offenem Beurteilungsmaßstab (vgl. hierzu grundlegend OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. März 2022 – Verg 24/22, sowie Beschluss vom 27. April 2022 – Verg 47/21) festzustellen:

aa) Kriterium B3 ([…])

Der Ag ist darin beizupflichten, dass das Kriterium B3 einen Quervergleich nicht zuließ.

Bei diesem Kriterium hing die zu erreichende Punktzahl lediglich davon ab, inwiefern der Bieter bestätigte, dass bis spätestens drei Monate nach Leistungsbeginn alle zum Einsatz kommenden Mitarbeitenden ein […] vorweisen könnten. 5 Punkte waren zu erlangen, wenn der Nachweis mit dem Angebot vorgelegt wurde; 3 bzw. 1 Punkt, wenn der Nachweis zum Leistungsbeginn oder später vorgelegt wurde. Einen Quervergleich oder einen Beurteilungsspielraum sieht dieses Kriterium nicht vor.

bb) Kriterien B4 und B5 (Software Architekt; Senior Developer)

Bei den Kriterien B4 und B5 verhielt es sich zwar im Ausgangspunkt ähnlich wie bei dem Kriterium B3.

So sah das Kriterium B4 vor, dass der Bieter ein Profil für die Rolle des Software-Architekten einreichen sollte, aus dem sich ergeben musste, inwiefern die Anforderungen der Leistungsbeschreibung erfüllt waren. Den Ausführungen im „Erwartungshorizont“, die in mehrere Unterpunkte untergliedert sind, ist zu entnehmen:

„1 BP: Das eingereichte Profil hat zum Leistungsgegenstand vergleichbare erkennbare Projekterfahrungen aus mindestens einem Referenzprojekt aus der öffentlichen Verwaltung.

2 BP: Das eingereichte Profil hat zum Leistungsgegenstand vergleichbare erkennbare Projekterfahrungen aus zwei oder mehr agilen Projekten.

1 BP: Das eingereichte Profil hat Projekterfahrungen aus mindestens drei Referenzprojekten in der Konzeption und Umsetzung von skalierten Docker Umgebungen im Kontext von […] aus mindestens einem Projekt.

1 BP: Das eingereichte Profil hat Projekterfahrungen aus mindestens einem Referenzprojekt in der Rückführung von Quellcode in die […]“.

Das Kriterium B5 betrifft den Senior-Developer. Die Ausführungen zum Erwartungshorizont decken sich der Sache nach mit denjenigen zum Kriterium B4.

Im Unterschied zum Kriterium B3 wurden allerdings in den Ausführungen zum Erwartungshorizont bei den Kriterien B4 und B5 Begrifflichkeiten verwendet, die der Vergabestelle einen Beurteilungsspielraum einräumten, wie z.B. „vergleichbare erkennbare Projekterfahrungen“, „zwei oder mehr agile Projekte“, „[…]“.

Die Bewertungen der einzelnen Prüfer der Ag, die ausweislich von deren Vortrag auf den rechtlichen Hinweis der Vergabekammer handschriftlich vorlagen, haben in der Vergabedokumentation unstreitig keinen Niederschlag gefunden. Festgehalten wurde dort lediglich die erreichte Gesamtpunktzahl. Um die Wertungsentscheidung nachvollziehen und auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen zu können, wäre eine Dokumentation der Wertungsentscheidung erforderlich gewesen. Die eingehende Begründung für die Wertung hat die Ag auch nicht im Nachprüfungsverfahren nachgereicht, so dass es keiner Entscheidung bedarf, inwieweit ein Nachschieben von Gründen im Nachprüfungsverfahren zulässig ist. Ein Quervergleich, der sich bei Unterkriterien wie etwa „vergleichbare erkennbare Projekterfahrungen“ oder „[…]“ geradezu aufdrängen musste, unterblieb.

cc) Kriterium B1 (nicht-funktionale Anforderungen)

Die Gründe für die Wertung von Kriterium B1 sind nicht dokumentiert. Darüber hinaus fehlt ein Quervergleich.

Die Frage zum Kriterium B1 lautet:

„Welche nicht-funktionalen Anforderungen an ein […] sind speziell im Kontext von Bundesbehörden zu erwarten. Nennen Sie drei zentrale nicht-funktionale Anforderungen und skizzieren Sie jeweils, wie Sie in der Entwicklung deren Umsetzung sicherstellen würden.“

Zum Erwartungshorizont wird ausgeführt:

„Der Bieter nennt drei nicht-funktionale Anforderungen, die für Bundesbehörden große Priorität haben und skizziert logisch nachvollziehbar und sinnvoll strukturiert, wie er sie umsetzen würde. Die dargelegten Strategien sind geeignet (Passung) und effektiv (Wirkung) sowie effizient (Aufwand-Nutzen-Relation)“.

Die vorliegende Angebotswertung lässt nicht erkennen, ob die Ag sich mit der Zielerreichung der gestellten Anforderungen auseinandergesetzt hat. Die Ausführungen beschränken sich im Wesentlichen auf eine verbale Wiederholung der Darlegungen zum Empfängerhorizont. So fehlen etwa Ausführungen dazu, ob die genannten nicht-funktionalen Anforderungen gerade für Bundesbehörden eine große Priorität haben. Hierzu hätte es nahegelegen, dass die Ag sich bei der Konzeptbewertung mit der Frage befasst, ob nicht-funktionale Anforderungen, wie z.B. Barrierefreiheit, Datenschutz, IT-Sicherheit oder Wartbarkeit der Software, für Bundesbehörden dieselbe Priorität genießen, oder ob es insoweit Abstufungen hinsichtlich der Priorität geben könnte. Solche Überlegungen der Ag sind nicht dokumentiert. Nicht dokumentiert ist auch, ob die Ag die von den einzelnen Bietern angegebenen nicht-funktionalen Anforderungen zueinander in Beziehung gesetzt hat. Es versteht sich von selbst, dass ein Bieter, der drei oder mehr hochprioritäre Anforderungen benannt hat, eine andere Bewertung verdient als ein Bieter, der drei geringer zu priorisierende Anforderungen benannt hat.

dd) Kriterium B2 (Tests)

Die Frage zum Kriterium B2 lautet:

„Erläutern Sie, welche Art von Tests im Hinblick auf die Funktion und nicht-funktionale Anforderungen bei der Entwicklung eines […] für die öffentliche Verwaltung durchzuführen sind. Benennen Sie die Stakeholder, die bei den Tests miteinzubeziehen sind.“

Den Ausführungen zum Erwartungshorizont ist zu entnehmen:

„Der Bieter liefert eine umfassende und logisch geordnete Aufzählung mit gut verständlicher Ausführung bzgl. Mehrwerte der anfallenden Tests und nennt jeweils die zentralen einzubeziehenden Stakeholder.“

Die Ausführungen in der Wertungsdokumentation beschränken sich auf eine Wiederholung des Erwartungshorizonts. Die Wertungsentscheidung ist somit nicht hinreichend dokumentiert. Auch hier hätte die Ag einen Quervergleich dazu anstellen können, ob die vorgeschlagenen Tests als geeignet erscheinen.

c) Soweit die ASt geltend macht, der Preis des Angebots sei aufklärungsbedürftig nach § 60 VgV, so hat die Ag in ihrer Stellungnahme auf den rechtlichen Hinweis der Vergabekammer überzeugend dargelegt, dass kein Anhaltspunkt für einen besonders niedrigen Preis vorliegt. Der Preisabstand zum nächsthöheren Angebot liegt unter 15 %. Zwar liegt der Schwerpunkt der nachgefragten Leistung bei der Dienstleistung und damit bei den Personalkosten. Es liegen aber keine vereinheitlichenden Tarifverträge, erst recht keine allgemeinverbindlichen Tarifverträge vor, die ein Abweichen in einer relativ geringen Größenordnung als auffällig niedrig erscheinen lassen würden. Wie bereits im rechtlichen Hinweis ausgeführt, sind abweichende Preise Ausdruck von Wettbewerb. Der Schwellenwert für die Aufgreifschwelle zur Preisprüfung soll nicht zu niedrig angesetzt werden,

„weil dem Verdikt eines ungewöhnlich oder unangemessen niedrigen Preisangebots (früher war ausdrücklich sogar ein Missverhältnis zwischen Preis und Leistung gefordert) immer auch das Überschreiten einer gewissen Erheblichkeitsgrenze innewohnt“ (so OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. Dezember 2017 – Verg 8/17).

Nach alledem hat die Ag die Eignungsprüfung sowie die Angebotsbewertung auf der vierten Wertungsstufe zu wiederholen und angemessen zu dokumentieren.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 Abs. 3 S. 1 und 2, Abs. 4 S. 1 und 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 VwVfG. Zwar ist die ASt nicht erfolgreich, soweit sie eine Preisprüfung durch die Ag einfordert. Dennoch hat die ASt ihr Rechtsschutzziel voll erreicht, denn es wird wie beantragt eine Neuwertung angeordnet. Auf die Frage, ob eine Antragstellerin, hier die ASt, mit allen ihren Rügen durchgedrungen ist, oder ob nur eine einzelne Rüge zum Verbot der Zuschlagserteilung geführt hat, kommt es für die Frage des Obsiegens oder Unterliegens nicht an (so ausdrücklich OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. April 2022 – Verg 5/22).

Die Kosten des Verfahrens sind der Ag und der Bg gesamtschuldnerisch aufzuerlegen, da sie im Nachprüfungsverfahren unterliegen. Dabei ist hinsichtlich der Bg zu berücksichtigen, dass sie Sachanträge gestellt hat und sich schriftsätzlich zu den relevanten Fragen der Eignungsprüfung sowie der Angebotswertung eingelassen und sich dabei auf die Seite der Ag gestellt hat. Damit ist auch die Bg als in der Sache unterliegend anzusehen.

Da Ag und Bg im Nachprüfungsverfahren unterliegen, haben sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der ASt zu tragen.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die ASt war notwendig, da das Nachprüfungsverfahren Rechtsfragen aufgeworfen hat, die ein durchschnittlicher Antragsteller ohne eigene Rechtsabteilung nicht sachgerecht beurteilen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2006 – X ZB 14/06 -). Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Bieterunternehmen das Vergaberecht nicht vertieft beherrschen muss, da dieses sich in erster Linie an öffentliche Auftraggeber richtet.

IV.

(…)