Ax Rechtsanwälte

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Aktuelle Entscheidungen im Volltext (4) - OLG Schleswig zu der Frage, dass eine Änderung der Vergabeunterlagen vorliegt, wenn der Bieter manipulativ in die Vergabeunterlagen eingreift, indem er ein von den Vorgaben abweichendes Angebot macht, das bei einem Wegdenken der Abweichungen unvollständig bleibt

vorgestellt von Thomas Ax

Der Bieter muss sich festlegen, welches Angebot er abgeben will. Die Zulassung von Alternativangeboten oder Angeboten, die unter eine Bedingung gestellt werden, ist vergaberechtswidrig.
Die Abgabe eines nicht zugelassenen Nebenangebots führt nur zum Ausschluss des Nebenangebots.
Eine Änderung der Vergabeunterlagen ist unzulässig. Eine solche Änderung liegt vor, wenn der Bieter manipulativ in die Vergabeunterlagen eingreift, indem er ein von den Vorgaben abweichendes Angebot macht, das bei einem Wegdenken der Abweichungen unvollständig bleibt.
Ein Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt nicht in Betracht. Etwaige Unklarheiten sind im Wege der Aufklärung zu beseitigen.
Ein manipulativer Eingriff in die Vergabeunterlagen durch den Bieter liegt vor, wenn er sein Angebot nicht auf die anzubietende Typenanzahl (hier: von Fahrzeugen) beschränkt, sondern unter Erweiterung des Kalkulationsblatts bzw. unter Hinzufügung einer zweiten Seite eine höhere Typenanzahl als gefordert anbietet.
Das Verfahren über die Nachforderung von Unterlagen ist, wie das gesamte Vergabeverfahren, zu dokumentieren. Verstöße gegen die Dokumentationspflicht kann ein Bieter als Rechtsverstöße rügen, wenn er durch sie benachteiligt wird.
Eine unterlassene Dokumentation kann geheilt werden. Das gilt allerdings nicht, wenn die Gefahr einer Manipulation der nachgereichten Dokumentation nicht ausgeschlossen werden kann.
Um sicherzustellen, dass die Aufhebung der Ausschreibung nicht zur Diskriminierung einzelner Bieter missbraucht werden kann, ist eine Aufhebung nur in engen Grenzen zulässig. Die Annahme eines Aufhebungsgrunds setzt voraus, dass ein Umstand nachträglich eingetreten ist oder dem Auftraggeber anfänglich nicht bekannt sein konnte und der Auftraggeber diesen Umstand nicht zu vertreten hat.
OLG Schleswig, Beschluss vom 28.03.2024 – 54 Verg 2/23

Gründe

I.

Der Antragsgegner schrieb mit Bekanntmachung vom 04.10.2022 Leistungen zur Schülerbeförderung im Kreis ### aus. Die Vertragslaufzeit soll von August 2023 bis August 2029 dauern. Sie soll einmalig um 24 Monate verlängerbar sein. Ausgeschrieben wurden drei Lose für die drei anzufahrenden Schulen.

In Ziff. 1 der Aufforderung zur Angebotsabgabe wird darauf hingewiesen, dass einige Kinder wegen Anfallsleiden oder unberechenbaren Verhaltensweisen eine individuelle Begleitung auch während der Busfahrt benötigten. Die Bieter konnten nach Ziff. 2 Angebote für eines oder mehrere Lose abgeben. Gaben sie Angebote für alle drei Lose ab, konnten sie daneben auch ein Gesamtangebot abgeben. Nach Ziff. 4 war der anliegende Verkehrsvertrag als Vertragsgrundlage anzuerkennen. Der Zuschlag sollte nach Ziff. 3.6 auf das wirtschaftlichste Angebot erfolgen. Dazu sollte eine Wertungssumme in einem anliegenden Kalkulationsblatt errechnet werden. Nach Ziff. 4.2 waren im Kalkulationsblatt die Fahrzeugtypen, deren Anzahl und deren Kapazität anzugeben. Änderungen an dem Kalkulationsblatt waren nicht zulässig. Tourenpläne waren nicht einzureichen, jedoch behielt sich der Antragsgegner die Nachforderung vor. Den Zuschlag sollte das günstigste abgegebene Gesamtangebot erhalten, wenn nicht die Summe der günstigsten Einzelangebote darunter lag.

Nach Ziff. 2.1.1 des Verkehrsvertrages ist sicherzustellen, dass für von Sorgeberechtigten oder anderen Institutionen zu stellendes Begleitpersonal in unmittelbarer Nähe zu dem zu befördernden Schüler ein Sitzplatz zur Verfügung gestellt wird. Da bei einem Eintreffen des Transports früher als 15 Minuten vor Unterrichtsbeginn eine Betreuung der Schüler durch die Bediensteten der Schulen nicht gewährleistet ist, hat der Auftragnehmer die Betreuung zu übernehmen, bis das Schulpersonal eintrifft.

Auf die Bieterfrage ID 4 nach dem Begleitpersonal antwortete der Antragsgegner, dass für jedes entsprechend markierte Kind eine Person mitfahre, für jedes Kind jeweils eine Begleitperson vorgesehen sei und diese mit dem Kind ein- und aussteige.

Unter anderem die Antragstellerin und die Beigeladene gaben Angebote jeweils auf alle drei Lose und ein Gesamtangebot ab. Mit Schreiben vom 05.01.2023 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass der Zuschlag auf das Gesamtangebot der Beigeladenen erfolgen solle. Das Angebot der Antragstellerin sei nicht das wirtschaftlichste gewesen.

Die Antragstellerin rügte, der Antragsgegner habe das Angebot der Beigeladenen nicht auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Deren Angebot müsse ausgeschlossen werden, weil es inhaltlich von den Vergabeunterlagen abweiche. Nach Zurückweisung der Rüge stellte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag. Die Vergabekammer (VK-SH 01/23) untersagte dem Antragsgegner mit Beschluss vom 20.02.2023, den Auftrag auf der Grundlage der bisherigen Wertung zu erteilen, setzte das Vergabeverfahren in den Stand vor der Angebotswertung zurück und gab dem Antragsgegner auf, das Verfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer fortzusetzen. Sie begründete das im Wesentlichen damit, dass der Antragsgegner bei der Angebotsprüfung nach § 60 VgV den von ihm ermittelten Erwartungswert als Maßstab zugrunde gelegt habe. Diesem fehle ein Bezug zur ausgeschriebenen Leistung, insbesondere sei die Preisentwicklung nicht berücksichtigt. Der Antragsgegner sollte würdigen, dass die Beigeladene im Kalkulationsblatt nicht alle geforderten Angaben, jedenfalls nicht in der geforderten Form, gemacht habe, und prüfen, ob nach den Angeboten die ausgeschriebene Leistung, insbesondere hinsichtlich der Schulbegleitung, erbracht werden könne.

Der Antragsgegner stellte – teils noch vor dem Beschluss der Vergabekammer – an die Beigeladene per E-Mail und telefonisch Nachfragen wegen der angebotenen Fahrzeugtypen und der Kapazitäten, die die Beigeladene beantwortete. Er forderte die Kalkulation der Beigeladenen an, die er einer Prüfung unterzog.

Mit Schreiben vom 14.03.2023, hinsichtlich der Wartefrist geändert mit Schreiben vom 23.03.2023, teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, er beabsichtige, den Zuschlag auf das Gesamtangebot der Beigeladenen zu erteilen, da dieses die günstigste Wertungssumme aufweise. Mit E-Mail vom 23.03.2023 rügte die Antragstellerin, die Prüfung des Angebots der Beigeladenen sei nicht nach den Vorgaben der Vergabekammer erfolgt. Deren Angebot sei auszuschließen, weil das Kalkulationsblatt nicht alle geforderten Angaben enthalten habe. Es entspreche nicht den Anforderungen der Leistungsbeschreibung, da keine Rollstuhlplätze angeboten worden seien. Nach den Vorgaben hätten für die einzelnen Fahrzeugtypen getrennte Angaben gemacht werden sollen. Ohne solche Angaben sei die Berechnung der Vergütung für Mehr- oder Minderleistungen anhand der verschiedenen Fahrzeugtypen nicht möglich. Unter dem 24.03.2023 stellte die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag. Nachfolgend am 24.03.2023 rügte sie, die Angebotsprüfung sei hinsichtlich des Preises und der Einhaltung der Anforderungen aus der Ausschreibung im Vergleich mit ihrer eigenen Kalkulation nicht ordnungsgemäß gewesen.

Zur Begründung ihres Nachprüfungsantrags hat die Antragstellerin im Wesentlichen ausgeführt, das Angebot der Beigeladenen sei unvollständig. Sie habe nicht die im Kalkulationsblatt geforderten Angaben gemacht. Eine Trennung zwischen den Fahrzeugtypen sei nicht erfolgt. Rollstuhlplätze seien nicht gesondert ausgewiesen. Da die Besetzt-Kilometer nicht eindeutig zugeordnet seien, könne später nicht vertragskonform abgerechnet werden. Das gelte insbesondere bei einer Änderung der Anzahl der zu befördernden Personen.

Die Beigeladene habe kein Angebot abgegeben, das der Leistungsbeschreibung entspreche. Sie habe eine Kapazität von 342 Plätzen angegeben, zu befördern seien jedoch 343 Personen. Die Schulbegleitung könne nicht gleichzeitig fahren, weil sie dann ihrer Betreuungsaufgabe nicht nachkommen könne. Zudem sei damit zu kalkulieren gewesen, dass gleichzeitig mehrere Kinder mit Begleitung zu transportieren seien. Die Kosten für die als Fahrer eingesetzten Begleiter habe die Beigeladene nicht berücksichtigt.

Die Beigeladene habe verschiedene Kalkulationsblätter eingereicht. Sie habe darin widersprüchliche Angaben gemacht, was zu einem Ausschluss des Angebots führe. Eine Änderung der Fahrzeugtypen oder der Anzahl der zu transportierenden Personen führe zu einer Änderung der Kalkulation.

Es sei festzustellen, dass der Preis erheblich abweiche. Der Antragsgegner habe die Fahrpläne anfordern müssen, um festzustellen, dass die Anforderungen aus der Leistungsbeschreibung und den Schülerlisten nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Sie habe die Kalkulation überprüfen müssen, um festzustellen, ob alle relevanten Umstände berücksichtigt seien, insbesondere Kosten für rollstuhlgerechte Fahrzeuge.

An die Beigeladene seien unzulässig mehrfache Nachfragen gestellt worden. Sie habe Unterlagen nachgebessert. Die Beigeladene habe ihre angeforderte Kalkulation erst am 02.03.2023 und damit nach Ablauf der bis zum 01.03.2023 gesetzten Frist eingereicht. Die behauptete Fristverlängerung sei nicht dokumentiert.

Der Zuschlag dürfe nicht erteilt werden, weil die Wartefrist nicht zutreffend mitgeteilt worden sei.

Die Antragstellerin hat beantragt,

dem Antragsgegner aufzugeben, den Zuschlag im Ausschreibungsverfahren Vergabe vom freigestellten Schülerverkehr nicht der Beigeladenen zu erteilen;

dem Antragsgegner aufzugeben, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die von der Vergabekammer festgestellten Rechtsverletzung zu beseitigen;

hilfsweise für den Fall der Erledigung des Nachprüfungsverfahrens durch Erteilung des Zuschlages durch Aufhebung oder in sonstiger Weise festzustellen, dass eine Rechtsgutverletzung vorgelegen hat;

dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen;

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch ihn für notwendig zu erklären;

der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Der Antragsgegner hat im Wesentlichen ausgeführt, er sei den Vorgaben der Vergabekammer aus dem Beschluss vom 20.02.2023 nachgekommen. Er habe hinsichtlich der Fahrzeugtypen und der ausreichenden Fahrzeugkapazität nachgefragt. Die Beigeladene habe mitgeteilt, dass insgesamt 342 Plätze vorhanden seien. Er habe die Kalkulation angefordert, erhalten, geprüft und sie für auskömmlich angesehen.

Es sei zwar richtig, dass insgesamt 343 Personen zu befördern seien. Aus den Vergabeunterlagen ergebe sich aber nicht, dass die Zahl der Plätze dem entsprechen müsse. Nach den Vorgaben sei das Angebot der Beigeladenen umsetzbar. Es sei nach den Vergabeunterlagen nicht ausgeschlossen, ein Fahrzeug für mehrere Transporte zu nutzen. Ein Transport könne die Schüler absetzen und sodann die in der Nähe der Schule wohnenden Schüler abholen. Für den Fall, dass die zunächst ankommenden Schüler früher als 15 Minuten vor Schulbeginn abgesetzt werden müssten, könne die Beaufsichtigung aufgrund der Vielzahl ankommender Fahrzeuge durch andere Fahrer übernommen werden. Nach Schulschluss könnten die in der Nähe wohnenden Schüler zunächst nach Hause gefahren werden und könnten die Fahrzeuge sodann zurückkehren, um die übrigen Schüler aufzunehmen.

Die Beigeladene habe am 30.11.2022 mitgeteilt, dass sie ein Kalkulationsblatt mit einer Begrenzung auf sechs Fahrzeugtypen sowie zwei weitere, zusammengehörige Kalkulationsblätter mit sechs und zwei Zeilen, insgesamt acht Fahrzeugtypen, eingereicht habe. Er, der Antragsgegner, habe die Zulässigkeit dieses Vorgehens bestätigt. In dem auf sechs Fahrzeugtypen begrenzten Kalkulationsblatt seien Fahrzeugtypen zusammengefasst worden. Es sei möglich, die Fahrzeuge mit einem Sitz mehr auszustatten, sodass tatsächlich die ausgewiesenen 342 Plätze zur Verfügung stünden. Gehe man von dem Angebot mit acht Fahrzeugtypen aus, ergäben sich zwar nur 329 Plätze. Das sei aber ausreichend, weil die Beigeladene damit kalkuliert habe, dass ein wesentlicher Teil der Schulbegleitungen als Fahrer eingesetzt werde. Das werde durch die Vergabeunterlagen nicht ausgeschlossen und sei für die Begleitpersonen wirtschaftlich attraktiv.

Die Beigeladene habe am 15.02.2023 kein neues Preisblatt eingereicht, sondern es handele sich um das am 30.11.2022 alternativ eingereichte Preisblatt, das für die Vergabe nicht maßgeblich sei. Änderungen des Fahrzeugtyps führten nicht zu Änderungen des Preises je Besetzt-Kilometer.

Die geprüfte Kalkulation der Beigeladenen lasse erwarten, dass sie die angebotene Leistung erbringen werde. Insbesondere reichten die kalkulierten Personalkosten, um den Mindestlohn abzudecken.

Die für die Erläuterung der Kalkulation auf den 02.03.2023 gesetzte Frist sei auf telefonische Bitte der Beigeladenen bis zum 02.03.2023 verlängert worden. Das habe der zuständige Mitarbeiter auf der E-Mail vom 24.02.2023 handschriftlich vermerkt.

Die Beigeladene hat an der Verhandlung bei der Vergabekammer teilgenommen und die Kalkulation ihres Angebots erläutert. Sie hat keinen Antrag gestellt.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag sei nur teilweise zulässig. Mit der Rüge vom 24.03.2023, die Beigeladene habe mit ihrem Preis die umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Anforderungen nicht eingehalten, sei die Antragstellerin präkludiert. Sie kenne ihre eigene Kalkulation als Indiz für die Rüge mindestens seit der Angebotsabgabe, habe aber die Rüge erst am Tag der Stellung des Nachprüfungsantrags zeitlich nachfolgend erhoben. Die Behauptung, die Beigeladene habe nicht mit rollstuhlgerechten Fahrzeugen angeboten, habe keine erkennbare Grundlage.

Der Antrag sei unbegründet. Zwar sei die Dokumentation unzureichend, jedoch sei auf der Grundlage der Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung, insbesondere durch die Ergänzungen der Beigeladenen, kein Vergaberechtsverstoß feststellbar, der sich zu Lasten der Antragstellerin ausgewirkt habe.

Die Beigeladene sei nicht aufgrund eines widersprüchlichen Angebots oder einer Veränderung der Vergabeunterlagen auszuschließen. Das hilfsweise eingereichte Kalkulationsblatt, das der Vergabeakte nicht beigefügt sei, sei weder als Alternativ- noch als zweites Hauptangebot zu berücksichtigen. Zwar sei die Frage der Gestaltung des Kalkulationsblatts von der Beigeladenen rechtzeitig vor Angebotsabgabe zu klären gewesen. Aus ihrer E-Mail vom 30.11.2023 ergebe sich aber, dass sie das auf zwei Blätter verteilte Angebot habe abgeben wollen. In der Verwendung von zwei Kalkulationsblättern liege keine inhaltliche manipulative Änderung der Vergabeunterlagen. Jedenfalls entstehe der Antragstellerin durch einen unterlassenen Ausschluss des Gesamtangebots der Beigeladenen kein Schaden, da bei einem Ausschluss des Gesamtangebots der Zuschlag auf die jeweils preislich günstigsten Einzelangebote der Beigeladenen zu erteilen wäre.

Die Bewertung des Antragsgegners, dass die Beigeladene den Auftrag ausschreibungskonform umsetzen könne, sei im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner habe nicht die Tourenpläne anfordern müssen. Zwar sei ohne die Pläne nur eingeschränkt prüfbar, ob die Beigeladene mit der angegebenen Kilometerleistung und der angegebenen Kapazität den Auftrag umsetzen könne. Jedoch habe die Antragstellerin früher rügen müssen, dass in den Vergabeunterlagen offengeblieben sei, wann eine Anforderung der Tourenpläne erfolgen solle.

Es sei nachvollziehbar, dass die von der Beigeladenen angebotenen Kapazitäten unter Berücksichtigung von im Rahmen der angegebenen Kilometerzahl möglichen Doppelfahrten ausreichend sei. Zwar bleibe das mit der E-Mail vom 15.02.2023 eingereichte Kalkulationsblatt unberücksichtigt, weil die Beigeladene mit konkreten Platzzahlen angeboten habe und eine Änderung der Platzzahlen eine Änderung des Preises zur Folge habe. Auch könnten die Schulbegleiter nicht als Fahrer eingesetzt werden, weil das im Widerspruch zu den Vergabeunterlagen stehe. Darin werde von einer unmittelbaren, lückenlosen und individuellen Schulbegleitung ausgegangen. Ließe man zu, dass Schulbegleiter als Fahrer eingesetzt würden, liege darin eine Änderung der Vergabeunterlagen. Es seien jedoch Doppelfahrten möglich, die durch die Vergabeunterlagen nicht ausgeschlossen würden. Der Abgleich der Besetzt-Kilometer aus den verschiedenen Angeboten lasse diese Möglichkeit plausibel erscheinen. Die Beigeladene habe in der mündlichen Verhandlung erklärt, die Besetzt-Kilometer in ihrem Angebot seien so kalkuliert, dass die erforderlichen Doppelfahrten möglich seien.

Das Angebot der Beigeladenen habe nicht wegen fehlender Angaben zum Fahrzeugtyp ausgeschlossen werden müssen. Zwar seien die Angaben unvollständig gewesen, denn der Fahrzeugtyp sei neben der von der Beigeladenen ausschließlich aufgeführten Sitzplatzanzahl anzugeben gewesen. Der Fahrzeugtyp sei jedoch nicht relevant für den Zuschlag, denn es hätten alle Bieter die Vergabeunterlagen so verstanden, dass auch Fahrzeuge gleichen Typs mit unterschiedlichen Preisen angeboten werden könnten. Der Antragsgegner habe deswegen die Angaben nachfordern können. Die Beigeladene habe den Fahrzeugtyp auf Nachforderung mitgeteilt.

Die Frist für die Beantwortung der Aufklärungsfrage vom 24.02.2023 sei verlängert worden, was sich aus einer Notiz in der Vergabeakte ergebe.

Hinsichtlich der Zweifel, ob das Angebot der Beigeladenen umsetzbar sei, sei die Dokumentation nicht ausreichend, um die Vergabeentscheidung nachvollziehbar zu machen. Die Antragstellerin habe allerdings keinen Anspruch darauf, dass der Antragsgegner die Fahrpläne von der Beigeladenen anfordere. Er müsse nur zu der Überzeugung gelangen können, dass der Auftrag entsprechend der Vorgaben ausgeführt werden könne. Er könne sich zwar auf die Angaben der Beigeladenen verlassen, die Entscheidung müsse aber nachprüfbar sein. An sich sei nur unter Heranziehung der konkreten Umsetzung nachvollziehbar, ob die Beigeladene mit der angebotenen Fahrgastkapazität und den angebotenen Besetztkilometern den Auftrag erfüllen könne. Ohne weitere Erläuterungen sei etwa der Umfang etwaiger Doppelfahrten nicht nachvollziehbar. Anhand der Angaben in der mündlichen Verhandlung sei die Umsetzbarkeit aber nachvollziehbar geworden.

Nachdem der Senat mit Beschluss vom 06.07.2023 die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über sie angeordnet hatte, und vor dem auf den 02.11.2023 anberaumten Verhandlungstermin hob der Antragsgegner das Vergabeverfahren mit Schreiben an die Beigeladene und die Antragstellerin vom 30.10.2023 (Anlage zum Schriftsatz des Antragstellervertreters vom 30.10.2023, Bl. 174 f. d. A.) auf. Die Grundlage des Vergabeverfahrens sei wesentlich verändert, weil aufgrund der Dauer des Nachprüfungsverfahrens die Vergabe für sechs Schuljahre ab 2023/24 nicht mehr möglich sei und ein neuer Zeitraum festgelegt werden müsse. Es lägen andere schwerwiegende Gründe vor, weil die Sach- und Personalkosten während des Nachprüfungsverfahrens gestiegen seien und sie dadurch die Kalkulationsgrundlagen massiv geändert hätten. Ein Festhalten an den Preisen aus den Angeboten aus November 2022 sei nicht möglich. Er beabsichtige eine Neuausschreibung.

Eine Rüge der Antragstellerin vom 03.11.2023 gegen die Aufhebung des Vergabeverfahrens wies der Antragsgegner mit Schreiben vom 17.11.2023 (Bl. 195 ff. d. A.) zurück. Neben den im Schreiben vom 30.10.2023 genannten Gründen führte er aus, er habe keine Begrenzung der Angebote auf sechs Fahrzeugtypen vornehmen wollen. Das habe seinem Interesse an wirtschaftlichen Angeboten widersprochen. Ebenso wenig habe er den Einsatz von Begleitpersonen als Fahrer ausschließen wollen. Dieser Einsatz stelle ein Einsparpotential dar. Das durch den Beschluss des Senats vom 06.07.2023 zur Kenntnis gekommene Verständnis der Vergabeunterlagen entspreche nicht seiner Vergabeabsicht.

Zur Begründung ihrer frist- und formgerecht eingelegten und begründeten sofortigen Beschwerde führt die Antragstellerin im Wesentlichen aus, ihr Antrag sei insgesamt zulässig. Grundlage für die Rüge, die Beigeladene habe keine rollstuhlgerechten Fahrzeuge angeboten, sei die Angabe der Beigeladenen, es handele sich um „8-Sitzer“. Die Rüge vom 24.03.2023 sei nicht präkludiert. Die Frist des § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB dürfe ausgenutzt werden.

Die Entscheidung der Vergabekammer sei widersprüchlich, soweit sie einen Dokumentationsmangel feststelle, aber zu dem Ergebnis komme, die Vergabeentscheidung sei aufgrund des Vortrags in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar. Die Heilung von Dokumentationsmängeln sei ausgeschlossen, wenn durch sie keine wettbewerbskonforme Auftragserteilung mehr möglich sei. Wenn die Vergabekammer die Ausführungen des Antragsgegners für unzureichend halte, jedoch eine Plausibilität aufgrund der Erläuterungen der Beigeladenen annehme, setze sie ihre Entscheidung an die Stelle der Entscheidung des Antragsgegners.

Die Beigeladene habe zwei Angebote mit abweichenden Angaben hinsichtlich der Fahrzeugkapazität abgegeben. Es lägen zwei Kalkulationen mit unterschiedlichen Fahrplänen und Angebotsinhalten vor. Der Antragsgegner habe jedoch suggeriert, es gebe nur ein Angebot. Aus diesen Feststellungen habe die Vergabekammer nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen. Alternativ- oder Nebenangebote seien nicht zulässig gewesen. Ein widersprüchliches und mit Bedingungen versehenes Angebot dürfe nicht den Zuschlag erhalten. Das Vorgehen der Beigeladenen sei manipulativ, denn es gehe darum, die Zahl der Sitzplätze offen zu lassen, um auf den Preis einwirken zu können. Die Annahme der Vergabekammer, sie sei durch das widersprüchliche Gesamtangebot nicht beeinträchtigt, sei unverständlich, denn die Beigeladene habe ein Gesamtangebot abgeben wollen. Dieses könne nicht in ein unzulässiges Gesamtangebot und zulässige Einzelangebote aufgespalten werden. Im Preisblatt hätten die Angaben zum Fahrzeugtyp gefehlt. Zudem sei die Kalkulation der Einzelangebote keiner Prüfung nach § 60 VgV unterzogen worden. Die Rüge der Beigeladenen vom 30.11.2022 hinsichtlich der Gestaltung des Kalkulationsblatts sei verspätet gewesen. Das Preisblatt sei der Beigeladenen lange bekannt gewesen. Die Abgabe von zwei Angeboten unterstreiche ihre manipulative Absicht. Die Bestätigung der Zulässigkeit durch den Antragsgegner habe gegen das Gleichbehandlungsprinzip verstoßen.

Das Angebot der Beigeladenen müsse ausgeschlossen werden, weil es immer noch unvollständig und uneindeutig sei und nicht alle geforderten oder nachgeforderten Unterlagen enthalte. Die Dokumentation der Aufklärung sei unvollständig. Es fehle die Anfrage, auf die die Beigeladene mit E-Mails vom 14. und 15.02.2023 geantwortet habe. Zur E-Mail vom 15.02.2023 seien nicht alle Anlagen vorhanden. Die E-Mails der Beigeladenen vom 08.02. und vom 15.02.2023 beträfen verschiedene Angebotsalternativen. Auf die Anfrage des Antragsgegners deswegen hinsichtlich der Fahrzeugtypen „S7“ und „S8“ vom 24.02.2023 habe die Beigeladene geantwortet, dass in die Fahrzeuge „S7“ ein weiterer Sitz eingebaut werden könne, und sich damit erneut nicht festgelegt. Die Anzahl der Sitzplätze sei aber Kalkulationsgrundlage.

Das Angebot der Beigeladenen müsse ausgeschlossen werden, weil die Kalkulation nicht alle Kostenbestandteile berücksichtige und daher untertariflich sei. Es sei wegen einer Änderung der Vergabeunterlagen auszuschließen, weil es entgegen den Vorgaben in den Vergabeunterlagen mit Schulbegleitern als Fahrern kalkuliert habe. Die Vergleichbarkeit der Angebote sei nicht mehr gewährleistet. Die Vergabekammer habe daraus keine Konsequenz gezogen. Ob die Beigeladene auch vergabekonform erfüllen könne, sei unerheblich. Nach den Vergabeunterlagen sei es zudem nicht zulässig, fehlende Sitzplätze durch Besetztkilometer zu kompensieren. Diese fehlten auch in den Fahrplänen und den Kalkulationen.

Die Beigeladene habe die mit E-Mail vom 24.02.2023 gesetzte Erklärungsfrist versäumt. Eine Verlängerung der Frist sei nicht ordnungsgemäß dokumentiert. Sie ergebe sich nicht aus der ihr gewährten beschränkten Akteneinsicht. Eine begründungslose Fristverlängerung verstoße gegen das Gleichbehandlungsprinzip. Ihre Kalkulation sei der Beigeladenen seit langem bekannt gewesen.

Eine ordnungsgemäße Preisaufklärung nach § 60 VgV sei unterblieben. Entgegen der Ansicht der Vergabekammer habe der Antragsgegner die Fahrpläne anfordern müssen.

Die Aufhebung des Vergabeverfahrens sei als Scheinaufhebung unwirksam. Sie erfolge ohne rechtlichen Grund, willkürlich und allein zu dem Zweck, einen Ausschluss der Beigeladenen zu vermeiden.

Eine wesentliche Änderung der Grundlage des Vergabeverfahrens sei nicht eingetreten. Der Zweck, die Beförderung von Schulkindern, sei noch erreichbar. Es gebe keine nachträglich eingetretenen, nicht von dem Antragsgegner zu vertretenden Umstände, die einen Zuschlag sinnlos oder unzumutbar machten. Insbesondere hätten die Preise sich nicht geändert. Sie, die Antragstellerin, habe einer Verlängerung der Bindefrist zugestimmt.

Es liege kein schwerwiegender Grund für die Aufhebung vor. Der Antragsgegner habe die Vergabefehler erkennen und darauf reagieren können.

Die Aufhebung des Vergabeverfahrens diene nur dem Zweck, den Ausschluss der Beigeladenen zu vermeiden. Der Antragsgegner wolle seine rechtswidrige Praxis fortsetzen. Er habe bereits gerichtlich zur Ausschreibung gezwungen werden müssen. Er beabsichtige wiederum eine Auftragserteilung an die Beigeladene, obwohl die Fehler deren Angebots in den Nachprüfungsverfahren deutlich zu Tage getreten seien. Im Eilverfahren sei nicht angedeutet worden, dass die Vergabe eilbedürftig sei. Im Aufhebungsschreiben werde nicht mitgeteilt, wie die Bieter aktuell zu ihren Angeboten stünden. Sie, die Antragstellerin, sei noch nicht einmal angehört worden. Der vorgesehene Vertrag enthalte eine Preisanpassungsklausel, die der Preisentwicklung Rechnung trage. Die Aufhebung führe nur dazu, dass die Beigeladene die Fahrten weiter durchführe, was als rechtswidrig erkannt worden sei.

Die Neuausschreibung solle ohne wesentliche Änderung der Leistungsbeschreibung erfolgen, was willkürlich erscheine.


Die Antragstellerin beantragt,

die Entscheidung der Vergabekammer Schleswig-Holstein vom 12.05.2023 Az. VK-SH 05/23 aufzuheben;

festzustellen, dass sie in ihren Rechten verletzt ist;

dem Antragsgegner aufzugeben, den Zuschlag nicht an die Beigeladene zu erteilen;

geeignete Maßnahmen zu treffen, um die festgestellte Rechtsverletzung zu beseitigen;

hilfsweise für den Fall der Erledigung des Nachprüfungsverfahren durch Erteilung des Zuschlages, durch Aufhebung oder in sonstiger Weise, festzustellen, dass eine Rechtsverletzung vorgelegen hat;

dem Antragsgegner aufzugeben, das Vergabeverfahren fortzuführen;

hilfsweise, festzustellen, dass sie durch die Aufhebung des Vergabeverfahrens in ihren Rechten verletzt ist;

dem Antragsgegner die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie des Verfahrens vor der Vergabekammer Schleswig-Holstein einschließlich ihrer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen aufzuerlegen und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären.


Der Antragsgegner beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.


Der Antragsgegner führt im Wesentlichen aus, die Beigeladene habe nicht zwei verschiedene Angebote abgegeben. Sie habe ein Angebot mit acht Fahrzeugtypen abgeben wollen und das auf zwei Kalkulationsblätter verteilt, da der Platz sonst nicht gereicht habe. Nur zur Verdeutlichung habe sie ein Hilfsblatt mit acht Zeilen eingereicht. Das Kalkulationsblatt mit sechs Fahrzeugtypen sei nur hilfsweise eingereicht worden für den Fall, dass das Angebot mit acht Typen nicht für zulässig gehalten werde. Er habe bestätigt, dass das zulässig gewesen sei. Die Mitteilung der Beigeladenen vom 30.11.2022 sei keine Rüge gewesen, sondern ein Hinweis. Jedenfalls sei sie nicht präkludiert, weil sie vor Ende der Angebotsfrist eingegangen sei. Zudem könnten Bieterrechte der Antragstellerin nicht betroffen sein.

Das Angebot der Beigeladenen sei nicht widersprüchlich. Die Fahrzeugtypen seien bereits im Angebot nachvollziehbar bezeichnet gewesen. Die Anforderung an die Benennung des Fahrzeugtyps sei nicht abschließend gewesen. Die angebotenen Platzkapazitäten seien ausreichend, weil Doppelfahrten möglich seien. Das führe zu einer Kostensenkung und keiner nennenswerten Steigerung der Besetzt-Kilometer, weil jeweils nur wenige hundert Meter zurückzulegen seien.

Die Beigeladene habe auf Nachfrage die wesentlichen Kostenpositionen mitgeteilt. Die mitgeteilten Kosten seien plausibel gewesen. Es sei erkennbar gewesen, dass die Personalkosten geeignet seien, den Mindestlohn abzudecken. Es bestünden keine Zweifel, dass die Beigeladene die angebotene Leistung zu dem angebotenen Preis erbringen könne. Es sei nicht erkennbar, welche Kostenbestandteile nicht berücksichtigt sein sollten. Die Angebotsprüfung nach § 60 VgV sei damit erfolgt.

Die Mittelung der Beigeladenen sei innerhalb der verlängerten Frist erfolgt. Die Fristverlängerung aufgrund telefonischer Bitte sei in der Vergabeakte eindeutig vermerkt.

Die Aufhebung des Vergabeverfahrens sei rechtmäßig. Wegen des Zeitablaufs sei eine wesentliche Änderung der Grundlagen des Vergabeverfahrens eingetreten. Der Auftrag habe für sechs Jahre ab dem Schuljahr 2023/24 erteilt werden sollen. Das sei nicht mehr möglich. Die ausgeschriebene Dienstleistung habe einen Fixschuldcharakter gehabt. Es sei ausgeschlossen, das Ziel des Vertrages, die Erbringung der Dienstleistung in einem bestimmten Zeitraum, zu realisieren. Die partielle Nichterfüllbarkeit lasse sich nicht durch eine Vertragsanpassung beheben. Es sei unklar, welches Datum statt des 28.08.2023 als Beginn festgelegt werden solle. Erst recht gelte das für die vor Betriebsaufnahme liegenden Verpflichtungen. Die Vertragsstraferegelungen verlören ihre Grundlage. Es sei unklar, wie sich die Verzögerung auf die Vertragsdauer auswirken solle. So habe etwa ein Hinausschieben des Vertragsendes über das Ende des Schuljahrs 2028/29 hinaus ebenso wie eine Verkürzung der Laufzeit Auswirkungen auf die Kalkulationsgrundlagen. Die Angebote seien bis November 2022 abzugeben gewesen. Die Bindefrist bis zum 31.01.2023 sei überschritten. Angesichts der Erhöhungen der Sach- und Personalkosten entsprächen die Angebote nicht mehr dem aktuellen Stand. Der vorgesehene Vertrag enthalte zwar eine Preisanpassungsklausel, diese greife aber erst für die Zeit nach Vertragsschluss ein. Für die Antragstellerin entstehe kein Nachteil, weil sie sich an der neuen Ausschreibung beteiligen könne.

Es lägen andere schwerwiegende Gründe vor, die es ihm, dem Antragsgegner, unzumutbar machen, das Vergabeverfahren fortzuführen. So gehe der Senat davon aus, aus den Vergabeunterlagen ergebe sich eine Beschränkung auf sechs Fahrzeugtypen. Das widerspreche seiner Absicht. Er habe kein erkennbares Interesse daran gehabt. Er habe ein Interesse daran gehabt, die Bedingungen so weit zu fassen, dass er möglichst wirtschaftliche Angebote erhalte. Es sei ihm nicht zuzumuten, an einer Ausschreibung festgehalten zu werden, die Vorgaben enthalte, die er nicht habe regeln wollen und nicht geregelt habe und durch die sein Interesse an einer wirtschaftlichen Vergabe verletzt werden könne. Die angebliche Beschränkung sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen. Sie sei den Vergabeunterlagen nicht zu entnehmen gewesen, was sich daraus ergebe, dass die Beigeladene mehr Fahrzeugtypen angeboten und er dies akzeptiert habe. Es habe nur eine formale Ausgestaltung eines Formblatts vorgelegen.

Es liege keine Scheinaufhebung vor. Wenn der Senat an seiner Auffassung festhalte, könne das Angebot der Beigeladenen dennoch nicht ausgeschlossen werden. Das Vergabeverfahren sei auf den Stand vor Angebotsabgabe zurückzuversetzen, um allen Bietern die Möglichkeit zu geben, mit mehr als sechs Fahrzugtypen anzubieten. Das komme faktisch einer Neuausschreibung gleich. Zumindest müsse eine Aufklärung der Angebote der Beigeladenen hinsichtlich der Besetzt-Kilometer erfolgen. Doppelfahrten führten nicht zwingend zu einer Erhöhung. Angesichts des erheblich über dem Angebot der Beigeladenen liegenden Angebotspreises der Antragstellerin sei auch bei einem Ausschluss des Angebots der Beigeladenen eine Aufhebung des Verfahrens mangels wirtschaftlichen Angebots zu prüfen.


Die Beigeladene hat beantragt,

den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde abzulehnen.


Die Beigeladene hat im Wesentlichen ausgeführt, ein Dokumentationsmangel liege nicht vor. Jedenfalls sei er durch die Erläuterungen vor der Vergabekammer geheilt worden.

Ein Ausschluss ihres Angebots mit acht Fahrzeugtypen komme nicht infrage, weil sie keine andere Leistung angeboten habe als ausgeschrieben. Der Antragsgegner habe ihre Vorgehensweise akzeptiert. Dass sie hilfsweise ein zweites Angebot abgegeben habe, das von dem ersten abweiche, führe nicht zum Ausschluss, da sie deutlich gemacht habe, welches Angebot gewollt sei.

Zweifel an der Erfüllbarkeit der Leistungszugsage habe es nicht gegeben. Jedenfalls habe sie klargestellt, dass sie die erforderliche Anzahl von Personen durch Doppelfahrten befördern könne. So seien die Besetzt-Kilometer kalkuliert. Sie habe erläutert, dass als spätere Optimierung der Einsatz von Begleitpersonen als Fahrer oder der Einbau weiterer Sitze möglich sei. Die Fahrzeugtypen seien hinreichend bezeichnet gewesen, jedenfalls sei die Bezeichnung auf Nachfrage erfolgt.

Der Antragsgegner habe ihre Kalkulation geprüft. Sie habe diese rechtzeitig übersandt, da die Frist vor deren Ablauf verlängert worden sei.

In der mündlichen Verhandlung hat die Beigeladene keinen Antrag gestellt und keine Ausführungen gemacht.


II.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache teilweise Erfolg. Auf die Beschwerde hin wäre das Vergabeverfahren mit einer erneuten Angebotswertung unter Ausschluss des Gesamtangebots der Beigeladenen fortzusetzen gewesen. Das Vergabeverfahren ist jedoch nicht fortzusetzen, nachdem der Antragsgegner es aufgehoben hat. Denn die Aufhebung war zwar rechtswidrig, aber wirksam.

1. Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hätte Erfolg gehabt. Denn der Nachprüfungsantrag war zulässig und begründet.

a) Der Nachprüfungsantrag war überwiegend zulässig. Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss der Vergabekammer Bezug genommen. Sie treffen allerdings nur zum Teil zu, soweit die Vergabekammer den Antrag als unzulässig angesehen hat.

aa) Der Behauptung, die Beigeladene habe keine rollstuhlgerechten Fahrzeuge angeboten, entbehrt der Grundlage. Die Antragstellerin kann sich als Anhaltspunkt nicht darauf stützen, dass die Beigeladene hinsichtlich des Fahrzeugtyps nur Angaben zu der Anzahl von Sitzplätzen gemacht habe. Zum einen ist auch aus der Bezeichnung des Fahrzeugs als Pkw oder Kleinbus nicht erkennbar, ob es Rollstuhlplätze bietet. Zum anderen betrifft das nur einen Teil der Fahrzeuge. Andere Fahrzeuge hat die Beigeladene ausdrücklich mit Rollstuhlplätzen angeboten. Deswegen ist die Rüge jedenfalls unbegründet.

bb) Die Rüge, dass der von der Beigeladenen angebotene Preis nicht alle umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Anforderungen einhalte, ist nicht nach § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB präkludiert.

Es führt nicht zur Präklusion, dass die Rüge erst nach der Stellung des Nachprüfungsantrags erhoben worden ist. Das ist unschädlich, auch wenn die Rüge an sich dem Auftraggeber die Möglichkeit geben soll, von sich aus Vergaberechtsverstöße zu korrigieren. Indes kann das zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht gelten, wenn die Wartefrist nach § 134 Abs. 2 GWB abzulaufen droht (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.01.2021, 15 Verg 11/20).

Der Antragsgegner hat der Antragstellerin mit Schreiben vom 14.03.2023 mitgeteilt, dass der Zuschlag nicht vor dem 24.03.2023 erfolgen werde. Erst mit Schreiben vom 23.03.2023 hat er das dahin korrigiert, dass der Zuschlag nicht vor dem 26.03.2023 erfolgen werde. Danach hätte die Antragstellerin zwar bis zum 25.03.2023 mit der Stellung des Nachprüfungsantrags warten können. Es war allerdings nicht zu erwarten, dass der Antragsgegner die Rüge innerhalb eines Tages bescheiden werde.

Die Zehntagesfrist ist eingehalten. Das gilt im Übrigen auch für die Rüge, das Angebot der Beigeladenen sei unvollständig, weil keine Fahrzeugtypen angegeben seien. Denn die Antragstellerin wusste zwar seit dem Beschluss der Vergabekammer vom 20.02.2023, dass der Preis der Beigeladenen um mindestens 20 % unterhalb ihres Preises lag und in dem Angebot keine Fahrzeugtypen angegeben waren. Dass der Antragsgegner aber dennoch den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilen wollte, wusste sie erst seit dem Informationsschreiben vom 14.03.2023.

cc) Im Übrigen stellt sich die Frage der Präklusion nicht, weil die Antragstellerin wesentliche Einzelheiten des Angebots der Beigeladenen erst durch die Akteneinsicht und den Vortrag des Antragsgegners im Nachprüfungsverfahren erfahren hat. Die Rügeobliegenheit des § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB bezieht sich ausdrücklich nur auf vor Einreichung des Nachprüfungsantrags erkannte Verstöße. Zudem kann dann der Zweck der Rügeobliegenheit, ein Nachprüfungsverfahren zu vermeiden, nicht mehr erreicht werden (Gabriel/Rameil in: BeckOK Vergaberecht, 28. Ed., § 160 GWB, Rn. 213).

b) Der Nachprüfungsantrag wäre begründet gewesen. Er hätte zu einer Zurückversetzung des Vergabeverfahrens vor die Angebotswertung geführt. Das Gesamtangebot der Beigeladenen wäre dabei auszuschließen gewesen.

aa) Auf ein Angebot, das auszuschließen ist, darf der Zuschlag nicht erteilt werden. Ein Bieter kann das mit seinem Nachprüfungsantrag geltend machen. Denn nach § 97 Abs. 6 GWB haben Bieter Anspruch darauf, dass die Vorschriften über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

Das Gesamtangebot der Beigeladenen wäre auszuschließen gewesen.

(1) Ein Ausschluss wäre allerdings nicht nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 VgV vorzunehmen gewesen. Danach sind Angebote auszuschließen, die nicht die geforderten oder nachgeforderten Unterlagen enthalten. Der Begriff der Unterlage ist im Sinne von § 56 Abs. 2 VgV weit zu verstehen, sodass auch Angaben darunter fallen (von Wietersheim in: BeckOK Vergaberecht, 28. Ed., § 57 VgV, Rn. 34). Ein Ausschluss kommt nur in Betracht, wenn die Unterlagen wirksam gefordert wurden. Dazu muss die Forderung deutlich und widerspruchsfrei sein. Das ist nach dem Empfängerhorizont eines abstrakt bestimmten Interessentenkreises zu beurteilen (BGH, Beschluss vom 03.04.2012, X ZR 130/10).

Das Angebot der Beigeladenen war unvollständig, weil sie im Kalkulationsblatt nur Sitzplatzzahlen, nicht auch Fahrzeugtypen angegeben hat. Nach der Vorgabe in den Vergabeunterlagen sollten beide Angaben gemacht werden. Die Vorgabe war auch für einen unbefangenen Leser eindeutig, da zwar für die Angabe des Fahrzeugtyps nur eine beispielhafte, nicht abgeschlossene Auflistung gegeben wurde, jedoch danach eindeutig gefordert wurde, daneben die Fahrgastkapazität anzugeben.

Die Beigeladene hat den Fahrzeugtyp jedoch auf Nachfrage angegeben. Die Vergabekammer hat zutreffend ausgeführt, dass der Antragsgegner die Angabe nach § 56 Abs. 2 VgV nachfordern durfte. Gegen die Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung verstieß das nicht, weil der Fahrzeugtyp nicht entscheidend für die Preisbildung war. Dafür war die Anzahl der Sitzplätze entscheidend. Das ergibt sich gerade aus dem Angebot der Antragstellerin, die für gleiche Fahrzeugtypen mit verschiedenen Sitzplatzzahlen verschiedene Preise angeboten hat.

(2) Ein Ausschluss wäre nicht deswegen vorzunehmen gewesen, weil die Beigeladene zwei einander widersprechende Angebote eingereicht hat. Nach ihren Angaben in der E-Mail vom 30.11.2022 und dem Vortrag des Antragsgegners im Nachprüfungsverfahren hat sie zum einen ein Angebot mit acht Fahrzeugtypen abgegeben. Da das Kalkulationsblatt nur sechs Zeilen vorsah, hat sie das Angebot auf zwei Blätter verteilt und zur besseren Übersicht ein Hilfsblatt mit acht Zeilen beigefügt. Zum anderen hat sie ein Kalkulationsblatt mit sechs Fahrzeugtypen eingereicht, in dem sie in zwei Fällen jeweils zwei Fahrzeugtypen zusammengefasst hatte, was zu abweichenden Fahrzeugkapazitäten und Preisen führte. Dieses Angebot soll dem entsprechen, das die Beigeladene mit ihrer E-Mail vom15.02.2023 (Teil des fortgeschriebenen Vergabevermerks) eingereicht hat.

Einen Grund für einen Ausschluss des gewollten Angebots wegen der Abgabe eines weiteren Angebots gibt es nicht. Zwar waren nach der Auftragsbekanntmachung Nebenangebote nicht zugelassen. Die Abgabe nicht zugelassener Nebenangebote würde indes nach § 57 Abs. 1 Nr. 6 VgV nur zum Ausschluss des Nebenangebots führen.

Das Angebot der Beigeladenen ist durch die Einreichung des weiteren Kalkulationsblatts auch nicht widersprüchlich oder formwidrig geworden. Denn die Beigeladene hat deutlich gemacht, welches Angebot sie abgeben wollte, nämlich das mit acht Fahrzeugtypen. Das andere Angebot sollte nur für den Fall abgegeben werden, dass das eigentliche Angebot für unzulässig angesehen würde.

Festzuhalten ist, dass das weitere Angebot nicht zu berücksichtigen ist. Die Zulassung von Alternativangeboten oder Angeboten, die unter eine Bedingung gestellt werden, würde gegen den Gleichbehandlungs- und den Transparenzgrundsatz verstoßen. Der Bieter muss sich festlegen, welches Angebot er abgeben will. Es kann nicht der Entscheidung des Auftraggebers überlassen werden, welches Angebot gewertet wird. Sonst würden Bieter, die sich auf das geforderte eine Angebot beschränken, benachteiligt.

Nebenbei ist zu bemerken, dass die Dokumentation des Vergabeverfahrens fehlerhaft ist, weil das Alternativangebot der Beigeladenen nicht zur Vergabeakte genommen wurde. Es wurde so der Vergabekammer und der Antragstellerin zunächst nicht bekannt. Nach § 8 VgV sind alle wesentlichen Teile des Ausschreibungsverfahrens zu dokumentieren. Dazu gehört, dass Angebote so, wie sie abgegeben werden, zur Vergabeakte genommen werden. Das folgt aus dem Grundsatz der Transparenz, weil sonst in Nachprüfungsverfahren die Angebote nicht umfassend gewürdigt werden können. Auswirkungen hat der Verstoß allerdings nicht.

(3) Das Gesamtangebot der Beigeladenen wäre wegen einer Änderung der Vergabeunterlagen nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV auszuschließen gewesen. Die Änderung der Vergabeunterlagen ist nach § 53 Abs. 7 VgV unzulässig. Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt vor, wenn der Bieter manipulativ in sie eingreift, indem er ein von den Vorgaben abweichendes Angebot macht, das bei einem Wegdenken der Abweichungen unvollständig bleibt (BGH NZBau 2019, 661, 663, Rn. 26). Dazu ist keine körperliche Veränderung im Sinne einer Änderung der vorgegebenen Leistungsmengen oder -beschreibungen notwendig. Es reicht, dass der Bieter bei der Ausfüllung von Berechnungsschemata von den Vorgaben abweicht (OLG Schleswig, Beschluss vom 21.12.2018, 54 Verg 1/18). Eine Änderung der Vergabeunterlagen liegt auch vor, wenn das Angebot von den Leistungsvorgaben in der Ausschreibung abweicht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.11.2000, Verg 21/00; Koch in: Beck’scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl., § 53 VgV, Rn. 45).

Ein Ausschluss eines Angebots unter rein formalen Gesichtspunkten kommt indes nicht in Betracht. Vielmehr sind etwaige Unklarheiten im Wege der Aufklärung zu beseitigen (BGH, Urteil vom 18.06.2019, X ZR 86/17; BGH, Urteil vom 19.06.2018, X ZR 100/16; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.04.2020, Verg 30/19; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.08.2017, Verg 17/17). Sanktioniert werden soll nur ein manipulativer Eingriff in die Vergabeunterlagen.

(a) Ein manipulativer Eingriff in die Vergabeunterlagen durch die Beigeladene lag darin, dass sie ihr Angebot nicht auf sechs Fahrzeugtypen beschränkt hat, sondern unter Erweiterung des Kalkulationsblatts bzw. unter Hinzufügung einer zweiten Seite acht Fahrzeugtypen angeboten hat. Es handelt sich nicht um eine bloße Formalie.

Das von dem Antragsgegner vorgegebene Kalkulationsblatt sah sechs Zeilen vor, sodass maximal sechs Fahrzeugtypen angeboten werden konnten. Die Vergabeunterlagen sahen weder eine Erweiterung vor noch, dass zwei Kalkulationsblätter verwendet werden konnten. Im Gegenteil hatte der Antragsgegner unter Ziff. 4.2. der Aufforderung zur Angebotsabgabe Änderungen des Kalkulationsblatts ausdrücklich ausgeschlossen. Diese Vorgabe hat die Beigeladene erkannt, wie sich aus ihre Rüge vom 30.11.2022 ergibt. Ob die Vorgabe sinnvoll war, ist unerheblich. Es handelte sich jedenfalls um eine Vorgabe der Angebotserstellung, die für die Bieter bindend war.

Das Vorgehen des Antragsgegners, nach Ablauf der Angebotsfrist und nur gegenüber der Beigeladenen eine Erweiterung des Kalkulationsblatts für zulässig zu erklären, verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch andere Bieter mehr Fahrzeugtypen angeboten hätten, wenn sie gewusst hätten, dass das zulässig ist. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie dann ein individuelleres Angebot mit einer angepassten Sitzplatzkombination angeboten hätten. Das hätte zu einem günstigeren Preis führen können, weil der Preis sich nach der Anzahl der Sitzplätze richtet. Das räumt der Antragsgegner jetzt ein, da er unter anderem auf das Argument der größeren Wirtschaftlichkeit eines Angebots mit mehr Fahrzeugtypen die Aufhebung des Vergabeverfahrens stützt.

Die Beigeladene hätte sich nicht auf einen Vertrauensschutz deswegen berufen können, weil der Antragsgegner ihr Vorgehen für zulässig erklärt hat. Sie hätte rechtzeitig vor Ablauf der Angebotsfrist klären müssen, ob das Angebot auf mehr als sechs Fahrzeugtypen erweitert werden darf. Stattdessen hat sie erst mit Einreichung des Angebots um Klärung nachgesucht und gleichzeitig ein unzulässiges Alternativangebot eingereicht. Dabei handelte sie auf eigenes Risiko.

(b) Das Angebot der Beigeladenen wich von den Vorgaben in den Ausschreibungsunterlagen ab, weil sie nicht die erforderliche Anzahl von Sitzplätzen angeboten hat. Zu transportieren waren nach den Schülerlisten in der Ausschreibung 343 Schüler und Begleitpersonen. Die Beigeladene hat in ihrem Angebot demgegenüber nur 329 Sitzplätze vorgesehen. Das Alternativangebot, das die Beigeladene mit ihrer E-Mail vom 15.02.2023 wiederum in Bezug nahm, bleibt unberücksichtigt. Im übrigen ergeben sich danach zwar dadurch, dass vier Fahrzeugtypen zu jeweils zwei zusammengefasst werden und sich dadurch je Fahrzeug ein Sitzplatz mehr ergibt, 342 Sitzplätze. Das ist indes immer noch einer weniger als die Anzahl der zu transportierenden Personen.

Doppelfahrten zum Ausgleich der fehlenden Sitzplatzkapazität sind nach den Vergabeunterlagen nicht ausgeschlossen. Die Beigeladene trägt vor, sie habe solche Doppelfahrten vorgesehen und die Anzahl der Besetzt-Kilometer entsprechend kalkuliert. Das steht allerdings in Widerspruch zu dem Vortrag des Antragsgegners, wonach die Beigeladene erklärtermaßen damit kalkuliert hat, dass sie Schulbegleiter als Fahrer einsetzen wollte. Dafür spricht auch die E-Mail der Beigeladenen vom 15.02.2023. Darin hat sie für die unzulässige Angebotsalternative mit dreizehn Sitzplätzen mehr als nach ihrem Angebot ausgeführt, dass dann ohne den möglichen Doppeleinsatz von Fahrzeugen und ohne den wesentlichen Einsatz von Schulbegleitern als Fahrer die Kapazitäten ausreichten. Das bedeutet aber, dass auch bei dieser Variante mit einem Sitzplatz weniger als zu befördernde Personen Schulbegleiter als Fahrer eingesetzt werden sollten, nur eben nicht in einem wesentlichen Umfang. Sind allerdings nach dem Angebot der Beigeladenen 14 Sitzplätze weniger vorhanden als zu befördernde Personen, muss das in einem größeren – wesentlichen – Umfang der Fall sein.

Daneben ist auffällig, dass sich die Anzahl der Besetzt-Kilometer zwischen dem Angebot der Beigeladenen und dem Alternativangebot nicht unterscheiden soll. Es wäre dagegen zu erwarten, dass bei einer Kapazitätsdifferenz von 14 Sitzplätzen in höherem Maße Doppelfahrten notwendig werden als bei einer Kapazitätsdifferenz von nur einem Sitzplatz.

Wie die Vergabekammer zutreffend ausgeführt hat, widerspricht der Einsatz von Schulbegleitern als Fahrer den Vergabeunterlagen. Die Vergabekammer hat allerdings nicht die notwendige Konsequenz daraus gezogen.

Nach Ziff. 2.1.1 des Verkehrsvertrages war sicherzustellen, dass die Begleitpersonen einen Platz in unmittelbarer Nähe zu dem zu begleitenden Schüler erhalten. Aus Ziff. 1 der Aufforderung zur Angebotsabgabe ergab sich, dass einige Kinder wegen Anfallsleiden oder unberechenbarer Verhaltensweisen eine individuelle Begleitung auch während der Busfahrt benötigten. Auf Bieterfrage ID 4 teilte der Antragsgegner mit, dass jedes markierte Kind jeweils eine eigene Begleitperson habe, die mit dem Kind ein- und aussteige.

Diese Vorgaben schließen es eindeutig aus, dass eine Begleitperson auch als Fahrer eingesetzt wird. Ein Fahrer, der sich auf den Verkehr konzentrieren muss, kann nicht gleichzeitig eingreifen, wenn ein Kind einen Anfall erleidet oder einen unvorhersehbaren Ausbruch hat.

Hat die Beigeladene aber diesen unzulässigen Einsatz der Begleitpersonen als Fahrer vorgesehen, so muss das zum Ausschluss des Angebots führen.

(c) Die Beigeladene kann sich, nachdem sie mit dem Einsatz von Begleitpersonen als Fahrer kalkuliert hat, nicht darauf berufen, dass sie die angebotene Leistung mit der angebotenen Sitzplatzkapazität auch anders erbringen könnte, nämlich mit Doppelfahrten. Dann darin läge eine Änderung des Angebots.

Nach § 15 Abs. 5 VgV darf der Auftraggeber Aufklärung über das Angebot verlangen, wenn er Zweifel an dessen Inhalt hat. Die Aufklärung darf aber nicht zu einer Änderung des Angebots führen, weil darin ein unzulässiges Nachverhandeln läge.

Eine Abweichung von dem abgegebenen Angebot liegt bereits darin, dass die Beigeladene sich in der E-Mail vom 15.02.2023 auf Frage des Antragsgegners nach der Sitzplatzkapazität auf ihr unzulässiges Alternativangebot bezogen hat. Dieses weicht in der Anzahl der angebotenen Sitzplätze und dadurch in dem Preis je Besetzt-Kilometer für einzelne Fahrzeugkategorien von ihrem Angebot ab.

Zudem dürfte sich die Kalkulation der Personalkosten ändern. Eine Begleitperson, die entgeltlich oder unentgeltlich die Schulfahrten ohnehin durchführen muss, dürfte bereit sein, zu einer niedrigen Entlohnung als Fahrer tätig zu sein als eine eigens als Fahrer eingestellte Person. Einzelne Fahrer müssen zudem für die Zeit entlohnt werden, in der sie bereits in der Schule angekommene oder noch sich dort aufhaltende Kinder betreuen, während andere, ebenfalls für diesen Zeitaufwand zu entlohnende, Fahrer Doppelfahrten durchführen, um verbleibende Kinder abzuholen oder nach Hause zu bringen.

Auch die Kalkulation der Besetzt-Kilometer dürfte sich ändern. Werden mehr Sitzplätze benötigt als vorgesehen, wird sich dadurch der Bedarf an Doppelfahrten erhöhen. Dadurch müssen die Besetzt-Kilometer gegenüber dem Angebot steigen.

(d) Das Angebot der Beigeladenen wäre auszuschließen gewesen, weil sie ihre Kalkulation entgegen der Fristsetzung bis zum 01.03.2023 in der E-Mail vom 24.02.2023 erst am 02.03.2023 eingereicht hat. Eine Fristverlängerung ist nicht ausreichend dokumentiert.

Wird eine nachgeforderte Unterlage erst nach Ablauf einer nach § 56 Abs. 4 VgV gesetzten Frist vorgelegt, ist das Angebot nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV auszuschließen (Pauka/Krüger in: MK-VergabeR I, 4. Aufl., § 56 VgV, Rn. 38). Das Verfahren über die Nachforderung von Unterlagen ist, wie das gesamte Vergabeverfahren, nach § 8 VgV zu dokumentieren. Verstöße gegen die Dokumentationspflicht kann ein Bieter als Rechtsverstöße nach § 97 Abs. 6 GWB rügen, wenn er durch sie benachteiligt wird (Müller in: MK-VergabeR I, 4. Aufl., § 8 VgV, Rn. 48). Ob eine nach § 56 Abs. 4 VgV gesetzte Frist verlängert worden ist, ist ein wesentlicher, zu dokumentierender Umstand, weil davon der Ausschluss des Angebots abhängt.

In dem ergänzten Vergabevermerk findet sich keine ausreichende Dokumentation. Dort ist nur handschriftlich auf der E-Mail vom 24.02.2023 vermerkt, die Frist sei telefonisch verlängert worden. Dieser Vermerk war übrigens auch für die Antragstellerin in der teilweise geschwärzten Version sichtbar. Der Vermerk ist bereits für sich unzureichend, weil sich aus ihm nicht ergibt, wer, wann, auf wessen Veranlassung und mit welchem Grund die Frist verlängert haben soll.

Es handelt sich zudem um einen nachträglich angebrachten Vermerk. Das ergibt sich daraus, dass er sich auf dem Ausdruck der E-Mail vom 24.02.2023 befindet, auf dem sich auch die Antwort der Beigeladenen vom 02.03.2023 findet. In der Sache handelt es sich damit um eine nachgeholte Dokumentation.

Eine unterlassene Dokumentation kann geheilt werden. Ein vollständiger Ausschluss mit Vorbringen, das nicht dokumentiert ist, aber die Vergabeentscheidung rechtfertigen soll, würde dem Gebot der Beschleunigung des Vergabeverfahrens widersprechen und wäre eine bloße Förmelei (BGH, Beschluss vom 08.02.2011, X ZB 4/10; OLG Celle, Beschluss vom 29.06.2017, 13 Verg 1/17; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.10.2015, Verg 28/14). Die Transparenz des Verfahrens kann gewährleistet und der Gefahr von Manipulationen begegnet werden, indem die nachgereichten Unterlagen einer kritischen Würdigung unterzogen werden.

Eine solche kritische Würdigung führt hier nicht dazu, dass der Dokumentationsmangel geheilt ist. Der Gefahr einer Manipulation kann nicht begegnet werden. Denn es ist nicht erkennbar, wer wann und aus welchem Grund den Vermerk über die Verlängerung angebracht hat.

bb) Der Ausschluss des Gesamtangebots der Beigeladenen wäre nicht deswegen unbeachtlich gewesen, weil dann der Zuschlag auf ihre Angebote auf die einzelnen Lose zu erteilen gewesen wäre und die Antragsstellerin deswegen entgegen § 160 Abs. 2 S. 2 GWB keinen drohenden eigenen Schaden geltend machen könnte. Das würde nur gelten, wenn feststünde, dass die Einzelangebote nicht ebenfalls auszuschließen sind.

(1) Es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass auch die Einzelangebote auszuschließen sein können. Der Senat geht davon aus, dass die Beigeladene auch insoweit keine ausreichende Sitzplatzkapazität angeboten hat. Das ergibt sich daraus, dass die im Gesamtangebot aufgeführten Fahrzeuge die Summe der in den Einzelangeboten aufgeführten Fahrzeuge darstellt. Auch die Einzelangebote können danach wegen einer Änderung der Vergabeunterlagen nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV auszuschließen sein. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.

(2) Der Antragsgegner hätte das bei einer erneuten Angebotswertung aufklären müssen. Er hatte vor Bekanntgabe seiner Zuschlagsentscheidung nicht hinreichend aufgeklärt, ob die Beigeladene mit ihrem Angebot die Leistungsvorgaben hätte erfüllen können oder ob sie ihr Angebot geändert hat.

Der Auftraggeber kann sich zwar grundsätzlich auf die Leistungszusage eines Bieters verlassen. Bestehen aber Anhaltspunkte dafür, dass das Versprechen nicht plausibel ist, muss er aus Gründen der Gleichbehandlung und der Transparenz das Angebot prüfen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.01.2020, Verg 20/19).

Der Antragsgegner hat eine solche Prüfung nicht einmal bezogen auf das Gesamtangebot der Beigeladenen durchgeführt. Anlass dazu hätte es gegeben, weil die von der Beigeladenen angebotene Sitzplatzanzahl die Zahl der zu befördernden Personen unterschreitet.

Es mag eine telefonische Anfrage vonseiten des Antragsgegners deswegen gegeben haben, die allerdings nicht dokumentiert ist. Indes ist auch die Antwort der Beigeladenen darauf vom 14. und 15.02.2023 nicht plausibel. Sie bezog sich dabei auf ein geändertes Angebot, das zum Teil den Einsatz von Fahrzeugen mit einer höheren Anzahl an Sitzplätzen zu geänderten Preisen vorsah. Zudem war die Anzahl der Sitzplätze immer noch geringer als diejenige der zu befördernden Personen. Auffällig ist, wie ausgeführt, dass sich die Summe der Besetzt-Kilometer nicht ändern soll. Daneben deutete die Beigeladene an, durch den unzulässigen Einsatz von Begleitpersonen als Fahrern die notwendige Kapazität erbringen zu können.

Wie genau die Lösung durch Doppelfahrten aussehen soll und vor allem, ob darin eine Änderung des ursprünglichen Angebots liegt, hat der Antragsgegner nicht geprüft. Er hätte dazu die Kalkulation der Beigeladenen einer genaueren Analyse unterziehen müssen. Er hätte die Kalkulation der Personalkosten darauf prüfen müssen, ob der Zeitaufwand für Doppelfahrten und für die Betreuung der bereits in der Schule angekommenen Kinder währenddessen berücksichtigt ist und ob der Einsatz von hauptberuflich tätigen Fahrern einkalkuliert ist. Er hätte sich die Tourenpläne vorlegen lassen müssen, da er nur so hätte prüfen können, ob die von der Beigeladenen ursprünglich vorgesehene Anzahl der Besetztkilometer die Doppelfahrten ermöglicht und ob diese von vornherein vorgesehen waren.

Ob die Antragstellerin einen Anspruch darauf gehabt hätte, dass sich der Antragsgegner die Tourenpläne vorlegen lässt, und ob sie es eher hätte rügen müssen, dass die Tourenpläne nicht mit dem Angebot vorzulegen waren und offen gelassen wurde, unter welchen Voraussetzungen der Antragsgegner sie anfordern würde, ist unerheblich. Der Auftraggeber muss, wenn er das Angebot aufklären muss, sich alle relevanten Unterlagen vorlegen lassen.

(3) Eine Prüfung ist zumindest nicht dokumentiert. Nach § 8 Abs. 1 VgV ist das Vergabeverfahren zu dokumentieren. Sinn der Dokumentation ist es, die Entscheidungen des Auftraggebers transparent und – auch noch nach geraumer Zeit – überprüfbar zu machen (Fett in: BeckOK Vergaberecht, 28. Ed., § 8 VgV, Rn. 4).

Ob der Antragsgegner das Angebot der Beigeladenen darauf überprüft hat, ob sie die nachgefragte Leistung in Übereinstimmung mit den Vergabeunterlagen erbringen kann, ergibt sich nicht aus dem fortgeschriebenen Vergabevermerk. Bereits die offenbar mündlich erfolgte Anfrage wegen der Sitzplatzkapazität ist nicht dokumentiert. Dokumentiert sind nur die Anfrage vom 24.02.2023 unter anderem wegen der Sitzplatzanzahl und die abändernden Antworten der Beigeladenen vom 14. und 15.02.2023 sowie 02.03.2023, die von höheren Sitzplatzzahlen ausgingen. Auch insoweit ist die Dokumentation unvollständig, weil die E-Mail vom 15.02.2023 eine Anlage „Check_RD_Kapazität.pdf“ enthalten haben soll, die sich nicht in dem fortgeschriebenen Vergabevermerk findet. Eine Prüfung der Frage, ob die Beigeladene mit der ursprünglich angebotenen Kapazität und den ursprünglich angebotenen Besetzt-Kilometern die Leistung erbringen kann, ist nicht dokumentiert.

Eine mündliche Erläuterung während der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer kann eine Dokumentation nicht ersetzen. Sie führt nicht zu eine Nachvollziehbarkeit der Vergabeentscheidung bei einer späteren Nachprüfung.

2. Die Aufhebung des Vergabeverfahrens ist rechtswidrig, aber wirksam.

a) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Vergabeverfahrens ist in diesem Verfahren zu entscheiden. Die Antragstellerin muss nicht ein neues Nachprüfungsverfahren einleiten.

Das Nachprüfungsverfahren dient der Beseitigung der Beschwer des Antragstellers. Er kann im Laufe des Verfahrens neue Vergaberechtsverstöße nachschieben. Ihn zu zwingen, ihretwegen ein neues Nachprüfungsverfahren einzuleiten, würde gegen das Beschleunigungsprinzip verstoßen (MK Wettbewerbsrecht/Gröning, 4. Aufl., § 178 GWB, Rn. 6).

In diesem Verfahren kommt hinzu, dass über die von der Antragstellerin vorgebrachten Vergaberechtsverstöße mit der möglichen Folge der Zurückversetzung des Vergabeverfahrens nur sinnvoll entschieden werden kann, wenn das Vergabeverfahren fortzusetzen ist. Daher ist zwingend über die Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit der Aufhebung zu entscheiden.

b) Der im Hinblick auf die Aufhebung des Vergabeverfahrens erweiterte Antrag ist auch ohne Nachprüfungsverfahren zulässig. Die Rüge, die ihm vorauszugehen hat, hat die Antragsgegnerin sogar erhoben.

Wird dem Antragsteller ein Vergaberechtsverstoß erst während des Nachprüfungsverfahrens bekannt, muss er die Rügeobliegenheit nach § 160 Abs. 3 GWB nicht mehr erfüllen. Denn die Rügeobliegenheit dient der Selbstkontrolle des Auftraggebers, der erkannte Verstöße beseitigen kann. Sie dient so der Vermeidung eines Nachprüfungsverfahrens. Dieses Ziel kann nicht mehr erreicht werden, wenn das Nachprüfungsverfahren bereits läuft (MK Wettbewerbsrecht/Gröning, 4. Aufl., § 178 GWB, Rn. 7).

c) Die Aufhebung des Vergabeverfahrens ist rechtswidrig. Es fehlt an Gründen nach § 63 Abs. 1 VgV.

aa) Um sicherzustellen, dass die Aufhebung der Ausschreibung nicht zur Diskriminierung einzelner Bieter missbraucht werden kann, ist eine Aufhebung nur in engen Grenzen zulässig (BeckOK Vergaberecht/Queisner, Stand 31.01.2023, § 63 VgV, Rn. 15). Die Annahme eines Aufhebungsgrunds setzt voraus, dass ein Umstand nachträglich eingetreten ist oder dem Auftraggeber anfänglich nicht bekannt sein konnte und der Auftraggeber diesen Umstand nicht zu vertreten hat (BGH, Urteil vom 08.09.1998, X ZR 48/97; OLG München, Beschluss vom 04.04.2013, Verg 4/13; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.11.2010, Verg 50/10; MK Wettbewerbsrecht/Pauka/Krüger, 4. Aufl., § 63 VgV, Rn. 18 f.). Diese Voraussetzungen liegen für die von dem Antragsgegner geltend gemachten Gründe nicht vor.

(1) Die Verzögerung des Vergabeverfahrens ist zwar erst nach dessen Beginn eingetreten. Der Antragsgegner hat sie indes zu vertreten. Denn die Verzögerung ist aufgrund seiner Vergaberechtsverstöße eingetreten.

Nachdem der Antragsgegner erstmals seine Absicht bekannt gegeben hatte, den Zuschlag an die Beigeladene zu erteilen, hat die Antragstellerin erfolgreich ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet. Die Vergabekammer hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 20.02.2023 (VK-SH 01/23; Bl. 81 ff. d. A.) verpflichtet, die Angebotsprüfung erneut durchzuführen und dabei eine Preisprüfung nach § 60 VgV durchzuführen. Die Vergabekammer hat dabei auf Fehler des Angebots der Beigeladenen hingewiesen, weil keine Fahrzeugtypen genannt waren. Sie hat dem Antragsgegner aufgegeben, zu prüfen, ob die Beigeladene die ausgeschriebene Leistung überhaupt erbringen könne, weil diese bei der Anzahl der angebotenen Plätze offenbar nur die Schüler, nicht die Begleitpersonen berücksichtigt hatte.

Nachdem der Antragsgegner erneut seine Absicht kundgetan hat, den Auftrag der Beigeladenen zu erteilen, hat die Antragstellerin erneut ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet, das sich bis heute hinzieht. Der Senat hat im Beschluss vom 06.07.2023 die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde verlängert und dabei ausgeführt, dass dem Antragsgegner nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage Vergaberechtsverstöße zur Last fallen dürften.

Eine weitere Verzögerung ist dadurch eingetreten, dass der Antragsgegner die Aufhebung des Vergabeverfahrens erst kurz vor dem nach zwei Verlegungen auf den 02.11.2023 anberaumten Verhandlungstermin und mehr als drei Monaten nach dem Beschluss vom 06.07.2023 erklärt hat. Es war seinerzeit bereits seit langem bekannt, dass der in der Ausschreibung vorgesehene Vertragsbeginn nicht mehr zu halten war.

Der Antragsgegner hätte bereits unmittelbar nach der Einreichung des Angebots der Beigeladenen im November 2022 das tun müssen, was er jetzt beabsichtigt. Er hätte sofort allen Bietern die Möglichkeit geben müssen, ein neues Angebot mit mehr als sechs Fahrzeugtypen einzureichen, um eine Diskriminierung zu vermeiden. Hätte er die sodann eingereichten Angebote ordnungsgemäß darauf geprüft, ob sie die Leistungserbringung im Einklang mit den Vergabeunterlagen ermöglichen, wäre der beabsichtigte Vertragsbeginn zu halten gewesen.

(2) Die von dem Antragsgegner gewählte Gestaltung der Vergabeunterlagen ist ebenfalls von ihm zu vertreten. Er kann sich nicht darauf berufen, dass er den vom Senat angenommenen Inhalt nicht habe erklären wollen.

Der Antragsteller hat den Bietern bewusst ein Wertungsblatt mit sechs Zeilen zur Verfügung gestellt. Er hat in den Vergabeunterlagen Änderungen an diesem Wertungsblatt ausgeschlossen. Die Angebote konnten daher zwangsläufig mit höchstens sechs Fahrzeugtypen eingereicht werden.

Der Antragsgegner hat ebenfalls in den Vergabeunterlagen bewusst Vorgaben gemacht, die den Einsatz von Begleitpersonen als Fahrer ausschlossen. Das erfolgte zuletzt durch die Antwort auf eine Bieterfrage, dass die Begleitpersonen mit den Kindern ein- und ausstiegen.

bb) Der Antragsgegner kann sich nicht auf eine wesentliche Änderung der Grundlage des Vergabeverfahrens im Sinne von § 63 Abs. 1 Nr. 2 VgV berufen. Das setzt voraus, dass eine Auftragsvergabe auf der Grundlage der bisherigen Vergabebedingungen für den Auftraggeber oder die Bieter wegen eines im Nachhinein aufgetretenen und vom Auftraggeber nicht zu vertretenen Umstandes objektiv sinnlos oder unzumutbar geworden ist oder die Auftragsdurchführung nicht mehr möglich ist (OLG München, Beschluss vom 04.04.2013, Verg 4/13; BeckOK Vergaberecht/Queisner, Stand 31.01.2023, § 63 VgV, Rn. 24; MK Wettbewerbsrecht/Pauka/Krüger, 4. Aufl., § 63 VgV, Rn. 17). Der Umstand muss so erheblich sein, dass eine Anpassung der Angebote nicht in Betracht kommt, wobei auch zeitliche Schwierigkeiten Ursache sein können (BeckOK Vergaberecht/Queisner, Stand 31.01.2023, § 63 VgV, Rn. 24).

(1) Hier ist eine Leistungserbringung in Form des Transports der Schüler weiter hin möglich. Der Fixgeschäftcharakter durch den vorgegebenen Leistungszeitraum wirkt sich nur auf die Vergangenheit aus. In Zukunft ist die Leistungserbringung noch ohne weiteres möglich.

Der Verschiebung des Zeitpunkts der Vergabe lässt sich durch geringfügige Änderungen der Vergabeunterlagen Rechnung tragen. Die einfachste Lösung wäre, den Auftrag ab dem Schuljahr 2024/25 beginnen und das vorgesehene Vertragsende unverändert zu lassen. Das würde dem Auftragnehmer ausreichend Zeit geben, seinen Pflichten vor Vertragsbeginn nachzukommen. Diese bestehen nach Ziff. 3.6 des Verkehrsvertrages im Wesentlichen in der Rekrutierung von Personal und der Beschaffung von Fahrzeugen. Eine Verlängerung des Vertragszeitraums könnte bereits durch die Ausübung der vorgesehenen Verlängerungsoption erfolgen. Die Vertragsstraferegelungen in Ziff. 3.6 Abs. 4, 3.7 des Verkehrsvertrages könnten unverändert bleiben. Sie können ohnehin erst ab Vertragsbeginn eingreifen.

(2) Zutreffend ist, dass sich die Kalkulationsgrundlagen durch den Zeitablauf geändert haben dürften und die Preisanpassungsklausel in Ziff. 4.5 des Verkehrsvertrages erst nach Vertragsbeginn greift. Die Vertragsdurchführung wird dadurch indes nicht unzumutbar.

Für den Antragsgegner liegt keine Unzumutbarkeit vor. Er müsste im Gegenteil ein Interesse an der Vertragsdurchführung zu den bisher angebotenen Preisen haben, weil er bei einer Neuausschreibung aufgrund des gestiegenen Preisniveaus mit höheren Angebotspreisen rechnen müsste.

Auf eine Unzumutbarkeit für die Bieter kann sich der Antragsgegner nicht berufen. Den es gibt keine Hinweise darauf, dass diese nicht an den angebotenen Preisen festhalten. Die Antragstellerin erklärt vielmehr ausdrücklich, sich weiterhin an ihr Angebot zu binden. Eine Äußerung der Beigeladenen fehlt.

cc) Es besteht auch kein anderer schwerwiegender Grund im Sinne von § 63 Abs. 1 Nr. 4 VgV. Ein anderer schwerwiegender Grund muss ein ähnliches Gewicht wie die anderen geregelten Aufhebungsgründe haben (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.12.2013, 15 Verg 9/13, BeckRS 2014 7327). Als schwerwiegender Grund kommt auch ein Vergaberechtsverstoß durch den Auftraggeber in Betracht, aber nur dann, wenn er die Durchführung des Vergabeverfahrens oder den Zuschlag ausschließt. Das ist im Wege der Interessenabwägung festzustellen (BGH, Beschluss vom 20.03.2014, X ZB 18/13; MK Wettbewerbsrecht/Pauka/Krüger, 4. Aufl., § 63 VgV, Rn. 23). Der Fehler muss von so großem Gewicht sein, dass ein Festhalten des öffentlichen Auftraggebers an dem fehlerhaften Verfahren mit Gesetz und Recht schlechterdings nicht zu vereinbaren wäre und von den Bietern, insbesondere mit Blick auf die Schwere des Fehlers, erwartet werden kann, dass sie auf die Bindung des Ausschreibenden an Recht und Gesetz Rücksicht nehmen (BeckOK Vergaberecht/Queisner, Stand 31.01.2023, § 63 VgV, Rn. 36).

Die von dem Antragsgegner zu verantwortenden Vergaberechtsverstöße sind nicht von einem solchen Gewicht, dass sie das Festhalten an dem Verfahren unzumutbar machten. Sie ermöglichen es vielmehr, das Verfahren vergaberechtskonform jedenfalls mit dem verbliebenen Bieter fortzusetzen.

dd) Soweit der Antragsteller andeutet, eine Aufhebung des Vergabeverfahrens komme in Betracht, weil kein wirtschaftliches Ergebnis erzielt worden sei (§ 63 Abs. 1 Nr. 3 VgV), ist das zweifelhaft. Ob kein wirtschaftliches Angebot erzielt worden ist, ist nach den Grundsätzen des § 127 Abs. 1 GWB zu beurteilen. Es ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, ob kein Angebot ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis aufweist (BeckOK Vergaberecht/ Queisner, Stand 31.01.2023, § 63 VgV, Rn. 28 f.).

Es wäre danach die Angemessenheit des von der Antragstellerin angebotenen Preises für die angebotene Leistung zu prüfen. Es reicht nicht aus, dass der Angebotspreis der Antragstellerin über dem der Beigeladenen liegt. Da gilt um so mehr, als zumindest der Verdacht besteht, dass die Beigeladene den niedrigeren Preis nur durch Abweichungen von den Ausschreibungsbedingungen was die Anzahl der Fahrzeugtypen und die Anzahl der angebotenen Plätze angeht erreichen konnte.

d) Die Aufhebung des Vergabeverfahrens ist wirksam. Eine rechtswidrige Aufhebung der Ausschreibung führt nicht in jedem Fall zu deren Unwirksamkeit. Die Aufhebung kann bei fortbestehendem Vergabewillen wirksam sein, wenn ein anerkennenswerter sachlicher Grund vorliegt. Unwirksam ist eine Scheinaufhebung.

aa) Eine rechtswidrige Aufhebung des Vergabeverfahrens ist wirksam, wenn der Auftraggeber einen sachlichen Grund hat, so dass eine Diskriminierung einzelner Bieter ausgeschlossen und die Entscheidung nicht willkürlich ist oder nur zum Schein erfolgt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.01.2015, Verg 29/14). Ein sachlicher Grund kann in der Korrektur eines Fehlers liegen, der nur durch ein neues Vergabeverfahren geheilt werden kann (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.07.2009, Verg 13/09; BeckOK Vergaberecht/Queisner, Stand 31.01.2023, § 63 VgV, Rn. 56; Ziekow/Völlink/Herrmann, Vergaberecht, 4. Aufl., § 63 VgV, Rn. 12).

Ein sachlicher Grund für eine Aufhebung liegt darin, dass der Antragsgegner nunmehr endlich beabsichtigt, allen Bietern diskriminierungsfrei ein Angebot mit mehr als sechs Fahrzeugtypen oder dem Einsatz von Begleitpersonen als Fahrern zu ermöglichen. Das ermöglicht eine haushälterisch gebotene wirtschaftliche Beschaffung. Diese wäre diskriminierungsfrei bei der Bezuschlagung des Angebots der Beigeladenen nicht möglich gewesen.

bb) Hinreichende Anhaltspunkte für eine Diskriminierung der Antragstellerin oder eine Scheinaufhebung zugunsten der Beigeladenen sind nicht vorhanden. Eine Scheinaufhebung liegt vor, wenn der Auftraggeber unter Missbrauch seiner Gestaltungsmöglichkeiten nur den Schein einer Aufhebung gesetzt hat, mit dessen Hilfe er dem ihm genehmen Bieter den Auftrag zuschieben will, obwohl dieser nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hatte (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.11.2003, Verg 59/03).

Es steht nicht fest, dass die Aufhebung des Vergabeverfahrens einseitig die Beigeladene begünstigt, weil nur auf diese Weise ein Ausschluss ihrer Angebote vermieden werden könnte. Denn es steht nicht fest, dass die Angebote auf die einzelnen Lose ebenfalls auszuschließen gewesen wären. Der Antragsgegner hätte zunächst prüfen müssen, ob sie eine Auftragserfüllung im Einklang mit den Vergabeunterlagen ermöglicht hätten.

Zudem steht nicht fest, dass der Antragsgegner den Auftrag gerade der Beigeladenen zuschieben will. Er mag sie zwar in dem aufgehobenen Vergabeverfahren bevorzugt haben, indem er eine Bezuschlagung ihres nicht ausschreibungskonformen Angebots beabsichtigte. Indes bietet die Neuausschreibung allen Bietern die Möglichkeit, neue Angebote einzureichen. Die Angebote werden neu zu bewerten sein. Es steht nicht fest, dass die neue Wertung zu einem Auftrag an die Beigeladene führt.

3. Nach § 182 Abs. 3 S. 5, Abs. 4 S. 3 GWB sind die Verfahrenskosten und die zur Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten nach billigem Ermessen zu verteilen, wenn sich das Nachprüfungsverfahren vor einer Entscheidung erledigt hat. Maßgebend ist dabei in der Regel der prognostizierbare Verfahrensausgang, wobei die Sach- und Rechtslage summarisch zu prüfen ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.01.2019, Verg 30/18; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.02.2018, Verg 55/17). Dieselben Regeln gelten für die Verteilung der Kosten des Beschwerdeverfahrens nach §§ 175 Abs. 2, 71 S. 1 GWB (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.01.2019, Verg 30/18; Krohn in: Beck’scher Vergaberechtskommentar, 4. Aufl., § 182 GWB, Rn. 107; Frister in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl., § 175 GWB, Rn. 29).

Die außergerichtlichen Kosten einer Beigeladenen können anderen Beteiligten auferlegt werden, wenn das der Billigkeit entspricht. Die Beigeladene kann an den Kosten beteiligt werden, soweit sie unterliegt. Beides ist danach zu beurteilen, ob sie durch Anträge oder Sachvortrag versucht hat, das Verfahrensergebnis zu beeinflussen (Krohn in: Beck’scher Vergaberechtskommentar, 4. Aufl., § 182 GWB, Rn. 48 ff.).

Es entspricht der Billigkeit, die Kosten des Nachprüfungsverfahrens und die Kosten des Verfahrens nach § 173 Abs. 1 S. 3 GWB sowie die jeweils zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin in diesen Verfahren notwendigen Auslagen dem Antragsgegner und der Beigeladenen aufzuerlegen. Denn sie wären in diesen Verfahren unterlegen. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin war, wie dargelegt, zulässig und begründet. Die Beigeladene ist an den Kosten zu beteiligen, weil sie durch die Erläuterung ihrer Kalkulation im Termin bei der Vergabekammer und ihre Antragstellung im Verfahren nach § 173 Abs. 1 S. 3 GWB versucht hat, auf den Verfahrensausgang Einfluss zu nehmen. Nach § 182 Abs. 3 S. 2 GWB haften der Antragsgegner und die Beigeladene für die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer als Gesamtschuldner.

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigen durch die Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer war notwendig. Es ist nicht zu erwarten, dass auch erfahrene Bieter ein Nachprüfungsverfahren ohne rechtlichen Beistand durchführt, da es sich bei dem Vergaberecht um eine Spezialmaterie handelt.

Es entspricht der Billigkeit, die Kosten des weiteren Beschwerdeverfahrens und die ihnen entstandenen außergerichtlichen Kosten zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner aufzuteilen. Die Antragstellerin ist mit ihrem Antrag, den Antragsgegner zur Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens zu verpflichten, unterlegen. Sie ist jedoch deutlich überwiegend erfolgreich, indem die Rechtswidrigkeit der Aufhebung des Vergabeverfahrens und die Verletzung ihrer Rechte festgestellt werden. Ein Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen von 80 % zu 20 % erscheint angemessen.

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigen durch den Antragsgegner war notwendig. Es ist nicht zu erwarten, dass ein öffentlicher Auftraggeber, auch soweit er eine eigene Rechtsabteilung hat, ein Beschwerdeverfahren ohne rechtlichen Beistand durchführt, da es sich bei dem Vergaberecht um eine Spezialmaterie handelt. Für die Antragstellerin ergibt sich die Notwendigkeit der Beiziehung eines Rechtsanwalts bereits aus § 175 Abs. 1 S. 1 GWB, sodass es dazu keines weiteren Ausspruchs bedarf.

Es entspricht der Billigkeit, die Beigeladene weder an den Kosten des weiteren Beschwerdeverfahrens zu beteiligen noch ihr eine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten zuzusprechen. Denn sie hat sich an dem weiteren Verfahren weder durch einen Antrag noch durch Sachvortrag beteiligt.