Ax Rechtsanwälte

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Ausschluss wegen Schlechtleistung? Voraussetzungen und Grenzen

von Thomas Ax

Nach § 6e EU Abs. 6 Nr. 7 VOB/A dieser Vorschrift können öffentliche Auftraggeber unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme eines Vergabeverfahrens ausschließen, wenn das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat. Zunächst stellt sich diesbezüglich die Frage, welche Anforderungen an den Nachweis der Voraussetzungen des § 6e EU Abs. 6 Nr. 7 VOB/A zu stellen sind.

In der Rechtsprechung werden unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, welche Anforderungen an den Nachweis der Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB (bzw. dem wortgleichen § 6e EU Abs. 6 Nr. 7 VOB/A) zu stellen sind. Nicht erforderlich ist es, dass die Tatsachen, auf die die Ausschlussentscheidung nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB gestützt wird, unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sein müssen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Juli 2018 – Verg 7/18 m. w. N.). Dies würde dem gemäß § 167 GWB bestehenden Beschleunigungsgrundsatz widersprechen, da es im Nachprüfungsverfahren nicht möglich ist, eine ähnlich umfangreiche Beweisaufnahme wie in einem zivilrechtlichen Bauprozess vorzunehmen und dessen Ergebnis vorwegzunehmen.

Ebenfalls nicht erforderlich ist es nach Auffassung der Vergabekammer, dass der öffentliche Auftraggeber bezüglich der von der Vorschrift des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB verlangten Schlechterfüllung Gewissheit erlangt haben muss, also eine Überzeugung gewonnen haben muss, welche vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet (a. A. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Juli 2018 – Verg 7/18). Einen solchen Maßstab erachtet die Vergabekammer als zu streng.
Es ist ausreichend, wenn der öffentliche Auftraggeber Indiztatsachen vorbringt, die von einigem Gewicht sind, auf gesicherten Erkenntnissen aus seriösen Quellen basieren und die die Entscheidung des Auftraggebers zum Ausschluss des Bieters nachvollziehbar erscheinen lassen (OLG Celle, Beschluss vom 9. Januar 2017 – 13 Verg 9/16 -, m. w. N., VK Sachsen, Beschluss vom 27. Dezember 2019 – 1/SVK/037-19).

Nachvollziehbar ist der Ausschluss aber nur dann, wenn eine hohe, jedenfalls aber überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass es tatsächlich zu einer entsprechenden Pflichtverletzung gekommen ist und der Auftraggeber ein Recht zur vorzeitigen Vertragsbeendigung oder einen Anspruch auf Schadensersatz oder vergleichbare Sanktionen aufgrund der Pflichtverletzung (Kausalität) hat (Opitz in Burgi/Dreher, GWB, § 124, Rn. 94). Mithin, ob die Rechtmäßigkeit einer vorzeitigen Vertragsbeendigung, das Bestehen eines Schadensersatzanspruches oder einer vergleichbaren Rechtsfolge von den Zivilgerichten bestätigt werden wird oder würde (Opitz in Burgi/Dreher, GWB, § 124 Rn. 96). Es genügt also nicht, dass öffentliche Auftraggeber Pflichtverletzungen und die Geltendmachung von Vertragsrechten lediglich behaupten. Vielmehr müssen diese mit der beschriebenen Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Auftraggeber mit hoher, jedenfalls überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Recht zur Geltendmachung der genannten Vertragsrechte haben.

Gemäß § 124 Abs. 1 GWB bzw. § 6e EU Abs. 6 VOB/A kommt ein Ausschluss eines Bieters nur unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in Betracht. Dabei ist u. a. zu berücksichtigen, ob dem Bieter zuvor die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt wurde (VK Sachsen, Beschluss vom 17. März 2021 – 1/SVK/031-20 ). Der Auftraggeber ist verpflichtet dem Unternehmen vor seinem Ausschluss rechtliches Gehör zu verschaffen, damit dieses unter anderem die Möglichkeit erhält, die Vorwürfe zu widerlegen oder mögliche Selbstreinigungsmaßnahmen nach § 125 GWB darzulegen (OLG München, Beschluss vom 29. Januar 2021 – Verg 11/20 m. w. N.).