Ax Rechtsanwälte

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Erkannter Vergabeverstoß ist zu rügen

von Thomas Ax

Nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB ist der Antrag unzulässig, soweit der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat. So liegt der Fall hier nicht. Erforderlich ist insoweit die positive Kenntnis des Vergaberechtsverstoßes. Dies setzt voraus, dass das vertretungsberechtigte Organ des Antragstellers bzw. für das Vergabeverfahren vertretungsbefugte Mitarbeiter die den Vergaberechtsverstoß begründenden Tatsachen kennen und hieraus auf einen Vergaberechtsverstoß schließen (Wiese, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 4. Aufl. 2016, § 160 GWB Rn.140 ff; Horn/Hofmann, in: Burgi/Dreher, Beck´scher Vergaberechtskommentar, GWB 4. Teil, 3. Auflage 2017, § 160 Rn. 43 ff). Letzteres erfordert die laienhafte rechtliche Wertung, dass das Handeln des Auftraggebers vergaberechtlich zu beanstanden ist (Wiese, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 4. Aufl. 2016, § 160 GWB Rn.140; Horn/Hofmann, in: Burgi/Dreher, Beck´scher Vergaberechtskommentar, GWB 4. Teil, 3. Auflage 2017, § 160 Rn. 44). Lediglich für möglich gehaltene oder vermutete Rechtsverstöße lösen keine Rügeobliegenheit aus (Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 08.12.2008, Verg 55/08). Ein Bieter ist auch grundsätzlich nicht gehalten, sich Kenntnis durch Einholung rechtlichen Rates zu verschaffen. Eine Kenntnis von der Vergaberechtswidrigkeit ist jedoch regelmäßig dann anzunehmen, wenn der Kenntnisstand des Bieters einen solchen Grad erreicht hat, dass seine Unkenntnis nur als ein mutwilliges Sich-Verschließen vor der Erkenntnis des Vergaberechtsverstoßes zu verstehen ist (Dicks, in: Ziekow/Völlink, Vergabrecht, 3. Auflage 2018, § 160 GWB Rn. 44; Horn/Hofmann, in: Burgi/Dreher, Beck´scher Vergaberechtskommentar, GWB 4. Teil, 3. Auflage 2017, § 160 Rn.44). Dies kommt nur dann in Betracht, wenn das Sichberufen auf die Unkenntnis als bloßer Vorwand erscheint, weil jeder andere in der Lage des Unternehmens unter denselben konkreten Umständen Kenntnis gehabt hätte (Wiese, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 4. Aufl. 2016, § 160 GWB Rn. 145). Der Antragsgegner trägt insoweit die Darlegungs- und Beweislast (Wiese, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 4. Aufl. 2016, § 160 GWB Rn. 144). VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.09.2019 – 1 VK 51/19