Ax Rechtsanwälte

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Schwerpunkt Vergabeverstöße und ihre Wirkungen (2): Unwirksamkeit von Gebührensatzungen (1)

Von Thomas Ax

Die Kommunen gehören zu den Hauptauftraggebern im Bauwesen. Sie unterhalten oder bauen Gebäude, Freiflächen, Straßen und Brücken. Bei der Vergabe von Bauaufträgen haben Kommunen das Vergaberecht zu beachten. Dieses soll sicherstellen, dass Bauaufträge in einem fairen Wettbewerb an geeignete Unternehmen zu angemessenen Preisen erteilt werden. Weil die eigenen finanziellen Möglichkeiten begrenzt sind, beantragen die Kommunen für ihre Baumaßnahmen regelmäßig Zuwendungen vom Land, dem Bund oder der Europäischen Union. Auch zur Verwendung dieser Zuwendungen sind die Kommunen an das Vergaberecht gebunden. Andernfalls riskieren sie, bewilligte Zuwendungen zurückzahlen zu müssen.
Kommunen schreiben kleine Bauleistungen vorwiegend beschränkt aus oder vergeben freihändig. Dabei beteiligen sie vielfach immer wieder dieselben Unternehmen im Bewerberkreis der näheren Umgebung. Gleichzeitig verzichten sie darauf, die Eignung der Unternehmen zu prüfen. Sie informieren nicht über beabsichtigte Beschränkte Ausschreibungen oder über erteilte Aufträge, welche sie innerhalb Beschränkter Ausschreibungen oder Freihändiger Vergaben erteilt haben.

Der Vergabe von Aufträgen hat aber grundsätzlich eine Öffentliche Ausschreibung vorauszugehen. Davon darf nur abgewichen werden, sofern die Natur des Geschäfts oder die Umstände ein anderes Verfahren zulassen. Bei der Vergabe von Aufträgen und dem Abschluss von Verträgen sind u. a. die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) sowie die zum öffentlichen Auftragswesen ergangenen Richtlinien des jeweiligen Landes anzuwenden. Danach können Bauleistungen abweichend vom Grundsatz der Öffentlichen Ausschreibungen bis zum Erreichen bestimmter Wertgrenzen beschränkt ausgeschrieben oder freihändig vergeben werden.

Dafür müssen bspw. ab einem voraussichtlichen Auftragswert von 25.000 EUR beabsichtigte Beschränkte Ausschreibungen im Vorfeld bekannt gemacht werden. Sind die Aufträge erteilt, haben die Kommunen bspw. bei Beschränkten Ausschreibungen mit einem Auftragswert von 25.000 EUR und bei Freihändigen Vergaben mit einem Auftragswert von 15.000 EUR z.B. auf Internetportalen zu informieren (§ 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 VOB/A 2016). Die Zuwendungsgeber des Landes, des Bundes und der Europäischen Union fordern in den Bewilligungsbescheiden das Anwenden der Vergabevorschriften. Andernfalls können gewährte Zuwendungen zurückgefordert werden.

„Bekannt und bewährt“ ist riskant und verkehrt. Kommunen müssen die Einhaltung der vergaberechtlichen Vorschriften bei Beschränkten Ausschreibungen oder Freihändigen Vergaben nachweisen können. Durch bloße Nachlässigkeiten, wie z.B. eine lückenhafte Dokumentation, setzen die Kommunen damit die bewilligten Zuwendungen nachträglich aufs Spiel, da diese Vergaberechtsverstöße bei sachgemäßer Prüfung durch die Zuwendungsgeber zu einer teilweisen oder vollständigen Rückforderung führen können. Daher ist die Vergabe von Bauleistungen in Beschränkten Ausschreibungen oder Freihändigen Vergaben nach dem Motto „bekannt und bewährt“ gleich riskant und verkehrt.

Darüber hinaus führen vielfach Unkenntnis, Fehler und Versäumnisse der Kommunen in der Eignungsprüfung für Bauaufträge zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen und der Benachteiligung von Unternehmen. Die Kommunen sind aber dazu verpflichtet, die Eignung von Unternehmen festzustellen, bevor sie einen Bauauftrag erteilen.

Dazu müssen Unternehmen u. a. nachweisen, dass sie Steuern für das Unternehmen und Sozialabgaben für alle Mitarbeiter zahlen. Die Vergabevorschriften nennen einige Nachweise, mit Hilfe derer Kommunen die Eignung der bietenden Bauunternehmen prüfen können. Dazu gehören z.B. Gewerbeanmeldungen, Unbedenklichkeitsbescheinigungen z.B. von Krankenkassen oder Eintragungen in Handwerksrollen. Unternehmen können sich abweichend davon auch präqualifizieren. In diesen Fällen hat eine Zertifizierungsstelle die Eignung der Unternehmen bereits geprüft und dem Betrieb eine 9-stellige Präqualifizierungsnummer zugeteilt. Mit dieser Nummer kann die Präqualifizierung überprüft werden.

Kommunen haben Bauleistungen an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen zu angemessenen Preisen zu vergeben. Bei Öffentlichen Ausschreibungen sind in der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots die Nachweise zu bezeichnen, deren Vorlage mit dem Angebot verlangt oder deren spätere Vorlage vorbehalten wird. Zum Nachweis der Eignung sind z.B. der Jahresabschluss des Unternehmens, Referenzen, Angaben zu Arbeitskräften, der Handelsregisterauszug, die Gewerbeanmeldung, die Eintragung bei den Handwerkskammern oder Industrie- und Handelskammern, Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Sozialkassen für die Bauwirtschaft, eine Freistellungs- oder Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts und der Berufsgenossenschaft zu prüfen. Bei Beschränkter Ausschreibung und Freihändiger Vergabe ist vor der Aufforderung zur Angebotsabgabe die Eignung der Unternehmen zu prüfen.

Entgegen der Auffassung, dass der Verwaltungs- und Zeitaufwand bei Beschränkten Ausschreibungen und Freihändigen Vergaben im Vergleich zu Öffentlichen Ausschreibungen geringer sei, müssen die Kommunen bei Beschränkten Ausschreibungen und Freihändigen Vergaben von allen Unternehmen, welche sie am Wettbewerb beteiligen wollen, die Eignung zuvor geprüft und festgestellt haben. Bei einer Öffentlichen Ausschreibung reichen primär Eigenerklärungen der Bieter. Lediglich für den Bieter, dessen Angebot den Zuschlag erhalten soll, muss die Eignung vor dem Zuschlag zweifelsfrei festgestellt sein.“

Um einen öffentlichen, aus Steuergeldern finanzierten Auftrag zu erhalten, sind an die Eignung dafür infrage kommender Unternehmen hohe Anforderungen geknüpft. Die Eignung kann aus formalen, aber auch aus anderen Gründen nicht gegeben sein oder innerhalb kurzer Zeit verloren gehen. Daher ist sie grundsätzlich für jedes Verfahren für die Unternehmen neu zu prüfen.

Mit den Versäumnissen der Eignungsprüfung von Unternehmen begünstigen Kommunen Schwarzarbeit, Lohndumping und schlechtere Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter. Sie benachteiligen gleichzeitig die Unternehmen, die gesetzliche Vorschriften einhalten und ihren Mitarbeitern angemessene Arbeitsbedingungen bieten.

Das muss nicht sein.