Ax Rechtsanwälte

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Neu 2024: VergMan ®: Einführung in das Vergaberecht in BaWÜ Lesbare und praxisgerechte Informationen über die rechtlichen Grundlagen, den Ablauf und Inhalt eines Vergabeverfahrens in BaWü

Gliederung

I. Rechtsgrundlagen

EU-Recht
Bundesrecht
Landesrecht

II. Vorarbeiten

Erfassen des Beschaffungsbedarfs

Öffentlicher Auftrag

a) Abgrenzung Bau- (§ 103 Abs. 3 GWB) und Lieferaufträge (§ 103 Abs. 2 GWB)
b) Abgrenzung Bau- (§ 103 Abs. 3 GWB) und Dienstleistungsaufträge (§ 103 Abs. 4 GWB)
c) Abgrenzung zur Konzession

III. Vergabeverfahren

Schätzung des Auftragswertes

a) EU-Verfahren
b) Nationale Verfahren

Losbildung (Vergabe an mehreren Unternehmen)

a) Grundsatz: Losvergabe
b) Ausnahme: Gesamtvergabe

Vorbemerkungen für die Leistungsbeschreibung (Was darf rein, was nicht?)

a)Anforderungen an die Vorbemerkungen
b) Rechtwirkungen der Vorbemerkungen
c) Standort der Vorbemerkungen

Ortstermine

a) Gründe für einen Ortstermin
b) Ankündigung von Ortsterminen

Leistungsbeschreibung

a) Leistungsverzeichnis
b) Vertragliche Vereinbarungen
c) Umweltbezogene Aspekte

„Der öffentliche Vertrag“

a) Vertragsbedingungen (die AGB der öffentlichen Hand)
b) Inhaltskontrolle

Bewerbungsbedingungen (Wie muss man sich bewerben?)

Zulässigkeit von Nebenangeboten (Abweichungen von der Leistungsbeschreibung)

a) EU Verfahren
b) Nationale Verfahren
c) Verknüpfung der Abgabe eines Nebenangebots mit der Abgabe eines Hauptangebots
d) Folgen der Zulassung von Nebenangeboten

Eignungskriterien

Teilnahmewettbewerb: Auswahl von Wettbewerbern

a) Eignungsprüfung
b) Aufforderung zur Angebotsabgabe

(1) Bauverfahren

(2) Verfahren über Liefer- und Dienstleistungen

Zuschlagskriterien

a) EU-Verfahren
b) Nationale Verfahren

IV. Verfahrensarten

Wichtiger Unterschied zwischen EU- und nationalen Vergabeverfahren

Offenes Verfahren/ Öffentliche Ausschreibung

Nicht offenes Verfahren/ Beschränkte Ausschreibung

Verhandlungsverfahren/ Freihändige Vergabe/ Verhandlungsvergabe

Verfahren ohne Vergleichsangebote (Direktauftrag)

Wettbewerblicher Dialog

Innovationspartnerschaft

V. Verfahrensplanung – Fristen

EU-Verfahren

a) Offenes Verfahren
b) Nicht offenes Verfahren
c) Verhandlungsverfahren
d) Wettbewerblicher Dialog / Innovationspartnerschaft

Nationale Verfahren

Frist für Bieterfragen

VI. Verfahrensdurchführung – vor Öffnung der Angebote

Nutzung von Formularen

Bekanntmachung, Teilnahmewettbewerb, Aufforderung zur Angebotsabgabe

a) EU-Verfahren
b) Nationale Verfahren

Kommunikation mit den Bietern/Bewerbern

Änderung der Vergabeunterlagen

a) Änderungen durch den öffentlichen Auftraggeber
b) Änderungen durch den Bieter

VII. Verfahrensdurchführung – nach Öffnung der Angebote

Öffnungstermin, Submissionstermin

a) EU-Verfahren
b) Nationale Bauvergaben

Eignungsprüfung

a) Bindung an Mindestanforderungen
b) Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit Dritter

(1) Bietergemeinschaften

(2) Eignungsleihe

c) Sonstige Erkenntnisse des Auftraggebers
d) Nachweise, Präqualifikation

(1) EU-Verfahren

(2) Nationale Verfahren

(3) Präqualifizierung

Angebotsaufklärung, Urkalkulation

a) Grundsatz: Abgabe eines eindeutigen Angebots
b) Angebotsaufklärung

(1) Unangemessener Angebotspreis

c) Urkalkulation

(1) Besteht eine Pflicht zur Vorlage?

(2) Welchem Zweck dient die Urkalkulation?

Nachreichen von Erklärungen und Nachweisen

a) Kein zwingender Ausschluss des Angebots
b) Zwingender Ausschluss des Angebots

Nachunternehmer: Benennung, Eignung

a) Zulässigkeit der Vergabe an einen Nachunternehmer
b) Eignungsprüfung bzgl. des Nachunternehmers

Verhandlung

a) Grundsätzlich unzulässig
b) Besondere Verfahrensarten

Angebotswertung – Maßstab für die Wertung

a) EU-Verfahren
b) Nationale Verfahren

VIII. Registerabfragen

Gewerbezentralregister

Wettbewerbsregister

Hauptzollamt

Korruptionsregister

Tariftreueregister

IX. Auftragserteilung – Zuschlag

Zeitpunkt der Zuschlagserteilung

a) Zuschlag innerhalb der Bindefrist
b) Zuschlag nach Ablauf der Bindefrist

Informationspflichten gegenüber unterlegenen Bietern

a) Verfahren mit Teilnahmewettbewerb
b) Verfahren ohne Teilnahmewettbewerb
c) Wartefrist

X. Aufhebung des Vergabeverfahrens

Gründe für eine Aufhebung

Aufhebung ohne Vorliegen von anerkannten Gründen Informationspflicht

XI. Vergabedokumentation

Minimalanforderungen an die Dokumentation

Rechtsfolgen eines Dokumentationsmangels

a) EU-Verfahren
b) Nationale Verfahren

XII. Veröffentlichungspflichten

Nationale Verfahren
EU-Verfahren

XIII. Nachträge

Was sind Nachträge?
Gibt es Nachträge nur bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen?
Wann besteht ein Anspruch auf Nachtragsvergütung?
Wann besteht kein Anspruch auf Nachtragsvergütung?

XIV. Nachprüfungsstelle
EU-Verfahren
Nationale Verfahren

I. Rechtsgrundlagen

Für die Vergabeverfahren gelten abhängig vom Auftragswert und der Art der zu beschaffenden Leistung unterschiedliche Verfahrensregeln. Diese unterschiedlichen Verfahrensregeln sind in und durch abweichende Rechtsgrundlagen normiert. Hinsichtlich des Auftragswerts ist zu unterscheiden zwischen EU-Verfahren (EU-Recht, umgesetzt durch Bundesrecht und gegebenenfalls ergänzt durch Landesrecht) und nationalen Verfahren (Landesrecht), hinsichtlich der Art der zu beschaffenden Leistung zwischen Bauleistungen, Liefer- und (gewerblichen) Dienstleistungen und freiberuflichen Leistungen.

EU-Recht

  • Konzessionsrichtlinie (2014/23/EU) vom 26.02.2014
  • Richtlinie über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit 2009/81/EG vom 13. Juli 2009
  • Richtlinie zur Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge 2007/66/EG vom 11. Dezember 2007
  • Richtlinie über die Vergabe öffentlicher Aufträge (2014/24/EU) vom 26.02.2014
  • Sektorenrichtlinie (2014/25/EU) vom 26.02.2014
  • Verordnung über das gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge (2008/213/EG) vom 28. November 2007

Bundesrecht

  • Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), Vierter Teil (§§ 97 ff.)
  • Verordnung über die Vergabe von Konzessionen (KonzVgV)
  • Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen (PreisV 30/53)
  • Verordnung über die Vergabe von Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung (Sektorenverordnung – SektVO)
  • Verordnung zur Statistik über die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen (VergStatVO)
  • Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV)
  • Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil Abschnitt 2 und 3 (VOB/A)
  • Vergabeverordnung für die Bereiche Verteidigung und Sicherheit zur Umsetzung der Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit und zur Änderung der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG (Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit – VSVgV)
  • § 141 SGB IX
  • §§ 21 MiLoG, SchwarzArbG, AEntG


Landesrecht

Die Ausschreibung, Vergabe und Abwicklung von Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen unterhalb der Schwellenwerte richtet sich im Wesentlichen nach den Haushaltsordnungen der jeweiligen öffentlichen Auftraggeber und den auf ihrer Grundlage eingeführten weiteren Vergabevorschriften.

Die Haushaltsordnungen des Landes und der Kommunen verpflichten öffentliche Auftraggeber, bei ihren Beschaffungen grundsätzlich die Öffentliche Ausschreibung oder eine Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb zu wählen, sofern nicht die Natur des Geschäfts oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen.

Landesgesetze zur Tariftreue und zum Mindestlohn

Am 1. Juli 2013 ist das Landestariftreue- und Mindestlohngesetz in Kraft getreten. Mit dem Gesetz werden Wettbewerbsverzerrungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge durch den Einsatz von Billigarbeitskräften unterbunden. Durch die Festlegung auf die Zahlung eines Mindestentgelts von derzeit 12,41 Euro (brutto) als Zugangsvoraussetzung zu öffentlichen Aufträgen gilt für alle Unternehmen, die sich um einen öffentlichen Auftrag bewerben, die gleiche Ausgangslage. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit zwingt öffentliche Auftraggeber, dem wirtschaftlich günstigsten Angebot den Zuschlag zu erteilen. Wird dieses Angebot dadurch erzielt, dass untertariflich entlohnte Beschäftigte eingesetzt werden, führt dies zu einer Wettbewerbsverzerrung. Sie schadet Unternehmen, die ihren Mitarbeitern Tariflöhne bezahlen und ebenfalls um den Auftrag konkurrieren. Dadurch werden tarifgebundene Arbeitsplätze in tariftreuen Unternehmen gefährdet.

Eine Servicestelle beim Regierungspräsidium Stuttgart informiert Unternehmen und Arbeitnehmer zum Tariftreuegesetz und stellt Entgeltregelungen aus den relevanten Tarifverträgen zur Verfügung. Über die Servicestelle sind auch Muster für die Abgabe der Tariftreue- und Mindestentgelterklärungen erhältlich, mit denen Auftragnehmer die Einhaltung des LTMG gegenüber dem Auftraggeber dokumentieren.

Logistikzentrum Baden-Württemberg

Die Verwaltungsvorschrift der Landesregierung über die Vergabe öffentlicher Aufträge regelt die gemeinsame Beschaffung von Bedarfsgegenständen (z.B. Geschäftsbedarf, Kraftfahrzeuge, Büromöbel, Multifunktionsgeräte, Bürogeräte, Druckaufträge, Kraftfahrzeugersatzteile und -zubehör, Standardgeräte der IuK-Technik) durch die Dienststellen des Landes. Einzige gemeinsame Beschaffungsstelle des Landes ist das Logistikzentrum Baden-Württemberg (LZBW).

Landesrechtliche Vorschriften berücksichtigen wirtschaftliche, ökologische und soziale Aspekte der Beschaffung

Es existieren ergänzende landesrechtliche Vorschriften, die bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu beachten sind.

Insbesondere soll sichergestellt werden,

dass kleine und mittelständische Unternehmen besonders berücksichtigt werden,

die Landesverwaltung weitgehend klimaneutral arbeitet,

die zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht auf Kosten kommender Generationen verbraucht werden,

die Entwicklungspolitischen Leitlinien für Baden-Württemberg, insbesondere von fair gehandelten Produkten, berücksichtigt werden,

die Leitsätze der Ernährungsstrategie des Landes berücksichtigt werden,

gute und sicher Arbeit für alle Beschäftigten, Chancengleichheit und Gleichstellung von Männern und Frauen im Beruf sowie die soziale Integration von benachteiligten Personen berücksichtigt werden,

insbesondere auch anerkannte Werkstätten für behinderte Menschen, Blindenwerkstätten und Justizvollzugsanstalten am Beschaffungswesen des Landes teilhaben und

Korruption verhindert und bekämpft wird.

Um die Belange des Mittelstandes angemessen zu berücksichtigen, bestehen insbesondere folgende Möglichkeiten:

die Berücksichtigung von kleineren Büroorganisationen und Berufsanfängern bei der Vergabe von Dienstleistungen,

die Aufforderung von kleinen und mittleren Unternehmen zur Angebotsabgabe, soweit die Wahl des Vergabeverfahrens und die Art der zu vergebenden Leistung es zulässt,

bei geeigneten öffentlichen Aufträgen der Abschluss von Rahmenvereinbarungen mit einem oder mehreren Unternehmen,

die Verwendung von funktionalen Leistungsbeschreibungen, um insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen die Möglichkeit zu geben, neue innovative Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und anzubieten,

die Vergabe von öffentlichen Aufträgen in Form von Losen,

die Schaffung von Spielraum für innovative kleine und mittlere Unternehmen durch das Zulassen von Nebenangeboten,

ein Hinweis in der Bekanntmachung auf die Möglichkeit, dass kleine und mittlere Unternehmen Gemeinschaften bei der Bewerbung und beim Bieten sowie auftragnehmende Arbeitsgemeinschaften bilden können,

die Anerkennung von Präqualifizierungszertifikaten zur Verringerung des Bürokratieaufwandes,

der Nachweis der Eignung vornehmlich durch Eigenerklärungen oder die Eintragung in ein amtliches Verzeichnis zur Verringerung des Bürokratieaufwandes,

eine sorgfältige Überprüfung von Angeboten hinsichtlich einer realistisch und auskömmlichen Kalkulation, um den Bestand von kleinen und mittleren Unternehmen nicht durch Dumpingangebote zu gefährden,

die Verbesserung der Zahlungsmodalitäten, zum Beispiel durch Vereinbarung von kürzeren Zahlungsfristen,

die Festlegung von Eignungs- und Zuschlagskriterien, die kleinen und mittleren Unternehmen nicht benachteiligen beziehungsweise überfordern, wie zum Beispiel zu hohe Anforderungen an die finanzielle Leistungsfähigkeit,

die Gewährung von ausreichenden Fristen für die Bearbeitung und Abgabe der Angebote.

In der Verwaltungsvorschrift der Landesregierung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VwV Beschaffung) wurde die Berücksichtigung sozialer (z.B. ILO-Kernarbeitsnormen) und umweltbezogener  Aspekte im Rahmen der Vergabeverfahren stärker verankert. Mit der novellierten VwV Beschaffung soll der nachhaltigen Beschaffung ein (noch) größeres Gewicht gegeben werden. Dabei heißt Nachhaltigkeit qualitative, innovative, soziale, umweltbezogene und wirtschaftliche Aspekte gleichberechtigt zu berücksichtigen. Bei der Erstellung der Leistungsbeschreibung unterhalb der EU-Schwellenwerte sind nachhaltige Aspekte zu berücksichtigen soweit mit verhältnismäßigem Aufwand möglich und sachgerecht und sofern ein sachlicher Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand besteht. Sonderregelungen für die Beschaffung von Papier, Lebensmitteln, für den Lärmschutz und die Luftreinhaltung bei der Beschaffung von mobilen Maschinen und Geräten und für IT Beschaffungen (Open-Source-Produkte) sind zu beachten, ebenso wie EU-rechtliche Vorgaben hinsichtlich der Verwendung von Gütezeichen (Label, Siegel, Zertifizierungen).

Koordinierungsgruppe Korruptionsbekämpfung

Servicestelle Landestariftreue- und Mindestlohngesetz, Regierungspräsidium Stuttgart

Vorschriften für Landeseinrichtungen

Gesetz zur Mittelstandsförderung (Landesrecht-BW)

Landeshaushaltsordnung (Landesrecht-BW)

Landestariftreue- und Mindestlohngesetz (Landesrecht-BW)

Verwaltungsvorschrift der Landesregierung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VwV Beschaffung)

Verhütung und Bekämpfung von Korruption (Landesrecht-BW)

II. Vorarbeiten

Bevor der öffentliche Auftraggeber eine Auftragsvergabe ausschreiben kann, muss er zunächst seinen Beschaffungsbedarf definieren. Dieser hat maßgeblichen Einfluss auf das sich anschließende Vergabeverfahren.

Erfassen des Beschaffungsbedarfs

Ausgangspunkt jedes Vergabeverfahrens ist die Definition des Beschaffungsbedarfs durch den öffentlichen Auftraggeber. Der Beschaffungsbedarf ist diejenige Leistung, welche der öffentliche Auftraggeber erhalten will. Die Leistung ist nach ihrer Art (Bau-/Liefer-/Dienstleistung) zu unterscheiden. Außerdem ist zu bestimmen, welche Mengen und Qualitäten die zu beschaffende Leistung haben soll.

Öffentlicher Auftrag

Öffentliche Aufträge sind Aufträge, die von öffentlichen Auftraggebern im Bereich von Bauleistungen, Liefer- und/oder Dienstleistungen vergeben werden (§ 103 Abs. 1 GWB). Öffentliche Auftraggeber sind Behörden des Bundes, der Länder oder Gemeinden sowie deren Sondervermögen sonstige Körperschaften und Einrichtungen des öffentlichen Rechts, aber auch privatrechtlich organisierte Unternehmen, wenn sie unter dem Einfluss der öffentlichen Hand stehen (§ 99 Nr. 2 GWB). Zudem können Unternehmen und Einrichtungen, aber auch Privatpersonen zur Anwendung von Vergaberecht verpflichtet sein, wenn sie Zuwendungen aus dem öffentlichen Haushalt erhalten (§ 99 Nr. 2 GWB). Durch das große Auftragsvolumen, welches öffentliche Aufträge generieren, kommt öffentlichen Auftraggebern eine erhebliche Nachfragemacht zu. Um diese Nachfragemacht entsprechend der politischen und rechtlichen Zielsetzung zu steuern, ist die öffentliche Auftragsvergabe gesetzlich normiert.

Die durch diese Reglementierung verfolgten Ziele sind insbesondere die Gewährleistung von

– formalisierten, ungehinderten, transparenten und nichtdiskriminierenden wettbewerblichen Vergabeverfahren, welche einen möglichst großen Wettbewerb ermöglichen (Wettbewerbsgrundsatz, Gebot der Transparenz, Gleichbehandlungsgebot),

– Beachtung des Prinzips der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei öffentlichen Beschaffungen, wonach dem wirtschaftlichsten Angebot der Zuschlag zu erteilen ist (wobei Wirtschaftlichkeit nicht notwendig mit dem günstigsten Angebot gleichzusetzen ist.),

 – besondere Berücksichtigung mittelständischer Wirtschaftsinteressen, indem die Auftragsvergabe grundsätzlich in Teil- und Fachlose aufzuteilen sind.

a) Abgrenzung Bau- (§ 103 Abs. 3 GWB) und Lieferaufträge (§ 103 Abs. 2 GWB)

Ein Bauauftrag ist ein Vertrag zur Ausführung -ggf. verbunden mit der gleichzeitigen Planung- einer Bauleistung. Ziel ist es, eine bauliche Anlage (ein Bauwerk) zu errichten oder zu ändern. Bauliche Anlagen (Bauwerke) sind mit dem Erdboden verbundene oder auf ihm ruhende, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen. Dabei muss es sich nicht notwendig um Gebäude handeln. Bauleistungen sind Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt, instand gehalten, geändert oder beseitigt wird.

Lieferaufträge sind hingegen Verträge zur Beschaffung von Waren, die insbesondere Kauf-, Leasing-, Miet- oder Pachtverhältnisse mit oder ohne Kaufoption betreffen. Viele öffentliche Aufträge umfassen Elemente beider Auftragsarten. Die Einordnung des Vertrages in ein Regelungsregime, entweder Bauleistungen oder Lieferleistungen, erfolgt anhand des Schwerpunktes der zu erbringenden Leistung. Dabei bestimmt sich der Hauptgegenstand nicht maßgeblich nach den anteiligen Wertverhältnissen, sondern nach der Bedeutung der einzelnen Leistungen für den Vertrag.

b) Abgrenzung Bau- (§ 103 Abs. 3 GWB) und Dienstleistungsaufträge (§ 103 Abs. 4 GWB)

Bei der Abgrenzung von Bau- und Dienstleistungen ist die Intensität des Substanzeingriffs von entscheidender Bedeutung:

Ausgehend von der Definition des Bauauftrags, dessen Ziel es ist, eine bauliche Anlage zu errichten oder zu ändern muss bei „instandhaltungsmaßnahmen“ zwischen Maßnahmen zur Erhaltung des zum bestimmungsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustands (Sollzustands) und der Wiederherstellung des Sollzustands unterschieden werden.

Wird lediglich die Erhaltung des Sollzustands beabsichtigt (Reinigung, Pflege, Wartung, Beseitigung von Verschleißerscheinungen bzw. kleinerer Schäden) liegt ein zu vernachlässigender Substanzeingriff vor. Die Leistung ist als Dienstleistung zu qualifizieren.

Beispiele hierfür sind:

– Die Wartung einer Brandmeldeanlage wie auch die Auswechslung einzelner Brandmelder.

– Untergeordnete Arbeiten zur Ausbesserung.

– Pflege einer vorhandenen Gartenanlage, ohne Neuanpflanzungen und ohne umfangreichere Erdbewegungsarbeiten.

c) Abgrenzung zur Konzession

Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und einem Dritten über die Beschaffung von Leistungen (§ 103 Abs. 1 GWB). In Abgrenzung zum Auftrag besteht die Gegenleistung des öffentlichen Auftraggebers bei der Konzession nicht vorrangig in der Zahlung eines Entgelts, sondern in der befristeten Überlassung zur Nutzung der baulichen Anlagen oder dem Recht zur Verwertung der zu erbringenden Dienstleistungen, gegebenenfalls zuzüglich der Zahlung eines Entgelts (§ 105 Abs. 1 GWB).

III. Vergabeverfahren

Sind die Vorarbeiten abgeschlossen, kann das ‚eigentliche‘ Vergabeverfahren beginnen.

Schätzung des Auftragswertes

Anhand des vom öffentlichen Auftraggeber definierten Bedarfs ist der Auftragswert zu schätzen. Dieser und die Art der zu beschaffenden Leistung bestimmen das sich anschließend zu beachtende Verfahren.

Der Auftragswert hat Relevanz für

– die Einordnung als EU- oder nationales Verfahren (EU-Schwellenwert),

– darüber hinaus jedoch auch auf die konkrete Art der Ausschreibungsmodalitäten, z.B. als öffentliche oder beschränkte Ausschreibung, bzw. § 5-Verfahren (nationale Wertgrenze).

Bei EU-Verfahren sind bei der Schätzung des Auftragswertes die Werte aller Bau-, Liefer- und Dienstleistungen als auch die Werte der einzelnen Lose zu addieren (§ 3 Abs. 6, 7 VgV). Dies gilt grundsätzlich auch für nationale Verfahren.

a) EU-Verfahren

Erreicht der geschätzte Auftragswert den sogenannten Schwellenwert, welcher sich aus den jeweils einschlägigen EU-Verordnungen ergibt (derzeit: Verordnung (EU) 2019/1828 (klassische Vergaben), Verordnung (EU) 2019/1827 (Konzessionen, Verordnung (EU) 2019/1829 (Sektoren) und Verordnung (EU) 2019/1830 (Verteidigung und Sicherheit)), handelt es sich um ein EU-Verfahren (auch oberschwelliges Verfahren genannt). In diesem Fall findet der 4. Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) i.V.m. entweder der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV), der VOB/A – EU oder der Sektorenverordnung (SektVO), bzw. in einschlägigen Fällen der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich (VSVgV, bzw. VOB/A -VS) Anwendung. Für die Vergabe von Konzessionen ist die Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV) anzuwenden.

b) Nationale Verfahren

Wird der Schwellenwert nicht erreicht, handelt es sich um nationale Verfahren (auch unterschwellige Verfahren genannt). In diesem Fall gelten die jeweils landesrechtlichen Vergabegesetze. In den landesrechtlichen Regelungen wird teilweise auf Vorschriften der Bundesebene verwiesen, wodurch auch diese verbindlich für nationale Verfahren werden. Die Regelungen zur Auftragswertschätzung auf der nationalen Ebene treffen dabei keine explizite Aussage zur Addition von Losvolumina.

Der Auftragswert hat für nationale Verfahren Relevanz dafür, ob statt der öffentlichen Ausschreibung eine beschränkte Ausschreibung etc. zulässig ist.

Losbildung (Vergabe an mehreren Unternehmen)

Eine Vergabe kann im Wege der Losvergabe oder unter bestimmten Umständen ausnahmsweise als Gesamtvergabe erfolgen.

a) Grundsatz: Losvergabe

Unabhängig vom Über- bzw. Unterschreiten des europäischen Schwellenwertes hat die Vergabe grundsätzlich nach Losen (Teil- und Fachlos) aufgeteilt zu erfolgen. Dies ergibt sich für EU-Verfahren aus § 97 Abs. 4 Satz 2 und 3 GWB.

– Werden Leistungen mengenmäßig oder räumlich aufgeteilt handelt es sich um Teillose (§ 97 Abs. 4 GWB, vgl. für Bauleistungen § 5 Abs. 2 Satz 1, 1. Alt. VOB/A, vgl. für Liefer- und Dienstleistungen § 22 Abs. 1 UVgO).

– Wird die Leistung getrennt nach Art oder Fachgebiet vergeben, handelt es sich um Fachlose (§ 97 Abs. 4 GWB, vgl. für Bauleistungen § 5 Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. VOB/A, vgl. für Liefer- und Dienstleistungen § 22 Abs. 1 UVgO).

– Findet keine Aufteilung nach Losen statt, liegt eine Gesamtvergabe vor.

b) Ausnahme: Gesamtvergabe

Von dem Grundsatz der Losvergabe kann der öffentliche Auftraggeber abweichen, wenn besondere wirtschaftliche oder technische Gründe eine Abweichung „erfordern“. Eine Abweichung ist erforderlich, wenn eine Abwägung der unterschiedlichen zu beachtenden Interessen zeigt, dass die für eine Gesamtvergabe sprechenden Gründe überwiegen.

– Wirtschaftliche Gründe für eine Gesamtvergabe liegen beispielsweise vor, wenn anderenfalls unverhältnismäßige Kostennachteile oder starke Verzögerungen drohen.

– Technische Gründe können vorliegen, wenn eine Abgrenzung der Verantwortungsbereiche sehr schwierig ist, es dem Bauunternehmer aufgrund der Komplexität des Materials nicht zugemutet werden kann, für selbiges zu haften oder es aufgrund technischer Umstände gerade auf die Ausführung durch einen Unternehmer ankommt.

Vorbemerkungen für die Leistungsbeschreibung (Was darf rein, was nicht?)

Die Vorbemerkungen zur Leistungsbeschreibung dienen, wie auch die Leistungsbeschreibung selbst, dem Ziel, die zu erbringende Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben (§§ 31 Abs. 1 VgV, 7 Abs. 1 VOB/A, VOB/A EU, § 23 Abs. 1 UVgO). Wie die Vorbemerkungen auszusehen haben, ist nicht gesondert geregelt.

a) Anforderungen an die Vorbemerkungen

Einziger Anhaltspunkt ist die ATV DIN 18299. Sie gibt eine nicht abschließende Aufzählung an Kriterien, welche für die Preiskalkulation relevant sein können und daher vom Auftraggeber einzelfallabhängig spezifiziert werden sollten.

Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis dürfen nur Regelungen technischen Inhalts enthalten, die einheitlich für alle beschriebenen Leistungen – im Baubereich: für alle Titel des Leistungsverzeichnisses – gelten und von Bedeutung sind (Ziff. 4.3.3 VHB). Wiederholungen oder Abweichungen von allgemeinen und zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen sind zu vermeiden.

Beispielhaft sei angeführt:

Verkehrsanbindung der Baustelle, zentraler Ansprechpartner für den Auftragnehmer und allgemeine Verhaltenspflichten. Sofern diese Angaben für alle beschriebenen Leistungen gelten, sind sie in die Vorbemerkungen aufzunehmen (Ziff. 4.3.4 VHB).

Gelten die Besonderheiten nur für einzelne Positionen, sind sie dort zu benennen.

b) Rechtswirkungen der Vorbemerkungen

Vorbemerkungen werden grundsätzlich nicht Vertragsbestandteil. Daher sind in die Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis keine Vertragsbedingungen, Auslegungsregeln für Vertragsbedingungen oder preiswirksamen Umstände (Umstände, welche bei der Kalkulation durch den Bieter zu berücksichtigen sind) aufzunehmen.

c) Standort der Vorbemerkungen

Wo genau die Vorbemerkungen im Leistungsverzeichnis zu verorten sind ist nicht normiert. Es kommt sowohl eine Platzierung am Anfang des Leistungsverzeichnisses oder jeweils als titelbezogene Vorbemerkung im Leistungsverzeichnis in Betracht. Beides ist zulässig und kann im Einzelfall sinnvoll sein. Möglich ist auch Vorbemerkungen für alle zu erbringende Leistungen quasi ‚vor die Klammer zu ziehen‘ und am Anfang des Leistungsverzeichnisses anzuführen und im Weiteren titelbezogen weitere Vorbemerkungen anzufügen.

Ortstermine

Unter Ortsterminen ist die Besichtigung der örtlichen Gegebenheiten des von der Ausschreibung betroffenen Areals zu verstehen. Die Ortsbesichtigung ist grundsätzlich zulässig.

a) Gründe für einen Ortstermin

Die Ortsbesichtigung kann aus Gründen der Komplexität der ausgeschriebenen Leistung oder besonderen Umstände, die bei der Leistungserbringung zu beachten sind (z. B. Arbeiten in sensiblen Bereichen, besondere Materialeinflüsse, enge Zufahrten/enges Arbeitsfeld, schwieriger Baugrund, Bauen/Abbruch im Bestand) sinnvoll sein. Im Einzelfall kann eine Ortsbesichtigung sogar erforderlich sein, um dem Bieter die Abgabe eines wertbaren Angebotes zu ermöglichen.

b) Ankündigung von Ortsterminen

Ortstermine werden allen Bietern schriftlich angekündigt und werden so durchgeführt, dass der Wettbewerbsschutz unter den Bietern gewährt bleibt (getrennte Termine, Sicherstellung der Beantwortung von Bieterfragen bei einem Ortstermin gleichermaßen an alle Bieter, Beachtung von Korruptionspräventionsvorschriften).

Leistungsbeschreibung

Die Leistung ist eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, so dass alle Unternehmen die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnen können (§ 121 Abs. 1 GWB, § 1 Abs. 1 VgV, § 7 VOB/A, VOB/A EU und § 23 Abs. 1 UVgO). Diesem Ziel soll mit der Leistungsbeschreibung nachgekommen werden.

a) Leistungsverzeichnis

Das Leistungsverzeichnis dient ausschließlich dazu, Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen sowie alle die Ausführung der Leistung beeinflussende Umstände zu beschreiben. Hierzu hat der öffentliche Auftraggeber grundsätzlich ein nach Aufgabe und Teilleistung gegliedertes Leistungsverzeichnis zu erstellen. Abweichend hat der öffentliche Auftraggeber auch die Möglichkeit, eine Leistungsbeschreibung durch Beschreibung der gewünschten Funktion zu formulieren (z. B. Bau eines Hauses mit vorgegebenen Eigenschaften, Lieferung einer Ware mit vorgegebener Eigenschaft).

b) Vertragliche Vereinbarungen

Vertragliche Vereinbarungen sind in den allgemeinen und weiteren besonderen, bzw. zusätzlichen Vertragsbedingungen aufzuführen, nicht jedoch in der Leistungsbeschreibung oder in den Vorbemerkungen dazu.

c) Umweltbezogene Aspekte

In die Leistungsbeschreibung dürfen qualitative, innovative sowie auch soziale und umweltbezogene Aspekte aufgenommen werden (§ 31 Abs. 3 VgV, § 7a Abs. 5 VOB/A, § 7 Abs. 6 VOB/A EU, § 43 Abs. 2 UVgO). Insbesondere zu den umweltbezogenen Aspekten gibt es Handlungshilfen, wie man diese korrekt als Anforderungen im Leistungsverzeichnis abbildet.

„Der öffentliche Vertrag“

Allgemeine Regelungen zum Vertragsrecht sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Das BGB unterscheidet eine Reihe von unterschiedlichen Vertragsarten, z.B. Kaufvertrag, Dienstvertrag, Werkvertrag. Auch öffentliche Aufträge fallen unter diese Vertragsarten.

a) Vertragsbedingungen (die AGB der öffentlichen Hand)

Grundsätzlich werden bei öffentlichen Bauverträgen die Vertragsbedingungen der VOB/B und bei öffentlichen Liefer- oder Dienstleistungen die Vertragsbedingungen der VOL/B in den Vertrag einbezogen. Ist dies der Fall, handelt es sich hierbei um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) nach § 305 BGB. Die Vergabe öffentlicher Aufträge fügt sich mithin in das bestehende Regelungsregime des BGB ein und ergänzt dieses um spezifische Regelungen.

Der öffentliche Auftraggeber hat neben der Bezugnahme auf die Vertragsordnungen die Möglichkeit eigene Vertragsbedingungen zu benennen und diese somit zur Bedingung für die Abgabe eines zulässigen Angebotes zu machen.

b) Inhaltskontrolle

AGB unterliegen grundsätzlich der sogenannten Inhaltskontrolle (§ 307 ff. BGB). Hiernach werden die AGB im Streitfall grundsätzlich einzelfallabhängig überprüft. Benachteiligen sie den Vertragspartner desjenigen, welcher die AGB in den Vertrag eingeführt hat, unangemessen, sind AGB unwirksam. Werden die jeweils geltenden Regelungen der VOB/B vollumfänglich und ohne Änderung zum Gegenstand des Vertrages gemacht, findet ausnahmsweise keine Inhaltskontrolle statt (§ 310 Abs. 2 Satz 3 BGB).

Bewerbungsbedingungen (Wie muss man sich bewerben?)

Bewerbungsbedingungen dienen der Verobjektivierung und Transparenz der Aufstellung und Prüfung von Vergabeunterlagen; sie ermöglichen es, ständig verwendete Standardvorgaben statt ins Anschreiben in allgemeine Bedingungen aufzunehmen. Es ist allein Sache des Auftraggebers zu entscheiden, welche Bestimmungen er in diesen Bedingungen zusammenfasst. Bei den Bewerbungsbedingungen, welche nicht mit den „Vertragsbedingungen“ zu verwechseln sind, handelt es sich mithin um vorformulierte Anforderungen, die Erfordernisse, die Bewerber bei der Angebotsbearbeitung beachten müssen, regeln (z.B. Termine, Benennung der Nachunternehmer). Bewerbungsbedingungen bestimmen das Verhalten der Bieter bei Angebotsabgabe. Sie werden nicht Vertragsgegenstand.

Zulässigkeit von Nebenangeboten (Abweichungen von der Leistungsbeschreibung)

Sinn und Zweck eines Nebenangebots ist es, eine Variante anzubieten, die von der Leistungsbeschreibung des öffentlichen Auftraggebers abweicht. Eine solche inhaltliche Abweichung kann z.B. in technischer oder in kaufmännischer Hinsicht bestehen, indem der Bieter Vertragsbedingungen des Auftraggebers abändert (z.B. anderes Verfahren, andere Materialien, geänderte Ausführungsfristen oder abweichende Haftungsregelungen).

a) EU Verfahren

Grundsätzlich ist die Abgabe von Nebenangeboten ausgeschlossen, sie kann jedoch ausnahmsweise zugelassen und mit der Abgabe eines Hauptangebots verknüpft werden (§§ 35 Abs. 1 VgV, 8 Abs. 2 Nr. 3 VOB/A EU).

b) Nationale Verfahren

Nebenangebote sind

– bei Liefer- und Dienstleistungen ebenfalls grundsätzlich ausgeschlossen (§ 25 UVgO);

– bei Bauleistungen hingegen grundsätzlich zugelassen, sie können jedoch ausnahmsweise ausgeschlossen oder mit der Abgabe eines Hauptangebots verknüpft werden (§§ 8 Abs. 2 Nr. 3 a), b) VOB/A).

c) Verknüpfung der Abgabe eines Nebenangebots mit der Abgabe eines Hauptangebots

Die Möglichkeit der Verknüpfung dient der Sicherstellung, dass überhaupt der Leistungsbeschreibung entsprechende Angebote eingehen. Ob ausnahmsweise eine Zulassung, bzw. ein Ausschluss erfolgt, liegt im Ermessen des öffentlichen Auftraggebers. Ermessen bedeutet in diesem Zusammenhang, dass er sich im Einzelfall überlegen kann, ob die Zulassung von Nebenangeboten für die konkrete Ausschreibung Sinn macht oder nicht.

d) Folgen der Zulassung von Nebenangeboten

Sind Nebenangebote zugelassen, muss der öffentliche Auftraggeber bei EU-Verfahren und kann bei nationalen Verfahren Mindestbedingungen festlegen, anhand welcher beurteilt wird, ob ein Nebenangebot für die Wertung zuzulassen, bzw. auszuschließen ist. Erfüllt das Nebenangebot die Mindestbedingungen, ist das Nebenangebot zu werten.

Werden in nationalen Verfahren keine Mindestbedingungen aufgestellt, ist zu prüfen, ob das Nebenangebot mit der eigentlich geforderten Leistung gleichwertig ist. Gleichwertigkeit liegt vor, wenn mit dem Nebenangebot der Zweck, den der Auftraggeber mittels der nachgefragten Leistung erreichen will, erreicht werden kann.

Im Rahmen der allgemeinen Angebotswertung ist das Nebenangebot mit den weiteren Haupt- und/oder zugelassenen Nebenangeboten auf seine Wirtschaftlichkeit hin zu vergleichen. Das wirtschaftlichste Angebot erhält den Zuschlag.

Eignungskriterien

Öffentliche Aufträge sind an fachkundige und leistungsfähige Bieter zu vergeben (§ 122 Abs. 1 GWB).

Bei den vorgenannten Kriterien handelt es sich um sogenannte Eignungskriterien. Zum Nachweis ihrer Eignung können die Aspekte der Befähigung zur Berufsausübung sowie der wirtschaftlichen, finanziellen, technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit der Bewerber oder Bieter durch den öffentlichen Auftraggeber geprüft werden. Die Eignungskriterien müssen immer auf den zu vergebenden Auftrag bezogen sein.

Zudem darf kein Ausschlussgrund vorliegen. Das GWB (§§ 123, 124 GWB), bzw. die jeweils anzuwendenden Verfahrensordnungen, geben die Gründe vor, die zwingend oder fakultativ zum Ausschluss eines Bewerbers/Bieters führen.

Die Eignungsprüfung gliedert sich in einen formellen und einen materiellen Teil.

– Zunächst wird formal geprüft, ob die Bieter alle geforderten Nachweise und Erklärungen vorgelegt haben. Fehlen geforderte Unterlagen gilt für den VOB-Bereich, dass sie unter Fristsetzung vom Bieter nachzufordern (§ 16a VOB/A) sind, für den VOL-Bereich können nachgefordert werden (§ 41 Abs. 2 UVgO). Werden die Unterlagen trotz Nachforderung nicht vorgelegt, sind die betreffenden Bieter vom weiteren Vergabeverfahren auszuschließen.

– In einem zweiten Schritt sind die beigebrachten Nachweise inhaltlich zu prüfen.

Teilnahmewettbewerb: Auswahl von Wettbewerbern

Sowohl in nationalen als auch in europaweiten Verfahren können Teilnahmewettbewerbe durchgeführt werden.

– Sie sind bei europaweiten Vergabeverfahren wie dem nicht offenen-Verfahren, dem Wettbewerblichen Dialog, im Rahmen einer Innovationspartnerschaft und in der Regel beim Verhandlungsverfahren zwingender Verfahrensbestandteil (§§ 119 GWB, § 16 Abs. 1, 4 VgV, § 3EU Nr. 2 VOB/A.

– In nationalen Verfahren kann bei beschränkten Ausschreibungen ein Teilnahmewettbewerb erforderlich sein. Hierbei ist zwischen Verfahren über Bau und solchen über Liefer- und Dienstleistungen zu differenzieren:

o Im VOB-Bereich ist ein vorheriger Teilnahmewettbewerb bei einer beschränkten Ausschreibung nach § 3a Abs. 3 VOB/A notwendig.

o Im Bereich der UVgO-Vergaben ist ebenfalls danach zu differenzieren, unter welchen Voraussetzungen eine beschränkte Ausschreibung mit oder ohne Teilnahmewettbewerb zulässig ist (§§ 10, 11 UVgO).

Der Teilnahmewettbewerb untergliedert sich in zwei Stufen:

a) Eignungsprüfung

In einem ersten Schritt wird der Auftrag öffentlich bekannt gemacht und die Bieter im Rahmen des folgenden Teilnahmewettbewerbs zunächst nur auf ihre Eignung überprüft. Es werden nur die Bieter zur Angebotsabgabe aufgefordert, die ihre Eignung nachgewiesen haben (vgl. § 42 Abs. 2 VgV, § 16bEU Abs. 3 VOB/A; § 10 Abs. 2 UVgO).

Auch bei einstufigen Verfahren wird grundsätzlich zunächst die Eignung geprüft und dann das Angebot (§ 16b VOB/A, § 31 Abs. 4 UVgO). Bei offenen Verfahren kann der öffentliche Auftraggeber entscheiden, ob er die Eignungsprüfung vor oder nach der Angebotsprüfung durchführt (42 Abs. 3 VgV, § 16bEU Abs. 2 VOB/A).

b) Aufforderung zur Angebotsabgabe

In einem zweiten Schritt wird eine zuvor festgelegte Anzahl an Bietern zur Angebotsabgabe ausgewählt. Diese Auswahl erfolgt anhand einer Bewertung der Eignung der Bieter, soweit diese über die im Rahmen der Eignungsprüfung (a.) zu prüfenden Mindestanforderungen hinausgeht.

Entscheidend ist, welche Bieter die erfolgreiche Durchführung der Leistung aus der ex ante Perspektive in besonders hohem Maß gewährleisten.

(1) Bauverfahren

– Für nationale Verfahren soll die Anzahl der zugelassenen Bieter nicht unter drei liegen (§ 3b Abs. 2 VOB/A).

– Bei EU-Verfahren kann der öffentliche Auftraggeber die Zahl der Bieter im nicht offenen Verfahren auf minimal fünf (§ 3bEU Abs. 2 Nr. 3 VOB/A) und im Verhandlungsverfahren auf minimal drei (§ 3bEU Abs. 3 Nr. 3 VOB/A), beschränken.

(2) Verfahren über Liefer- und Dienstleistungen

– Für EU-Verfahren eine Begrenzung auf minimal fünf Bieter beim nicht offenen Verfahren und minimal drei Bieter bei den sonstigen Verfahren vorgesehen (§ 51 Abs. 2 VgV).

– Bei nationalen Verfahren darf die Mindestzahl der zu beteiligen Unternehmen grundsätzlich nicht niedriger als drei sein (§ 36 Abs. 2 Satz 1 UVgO).

Zuschlagskriterien

Das wirtschaftlichste Angebot erhält den Zuschlag. Dies gilt sowohl für EU-, als auch für nationale Verfahren. Die Wirtschaftlichkeit wird anhand von Zuschlagskriterien bewertet. Die vom öffentlichen Auftraggeber ausgewählten Zuschlagskriterien müssen auf den konkreten Auftrag bezogen sein. Zulässige Zuschlagskriterien können neben dem Preis auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte sein (§ 127 Abs. 1 GWB). Zur möglichen Berücksichtigung von umweltbezogenen Kriterien bestehen unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten.

a) EU-Verfahren

Bei EU-weiten Vergabeverfahren müssen die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung zwingend bereits in der Auftragsbekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen aufgeführt werden. Zur Präzisierung der Wertung können Unterkriterien gebildet und ebenfalls gewichtet werden.

b) Nationale Verfahren

Für nationale Verfahren ist die Benennung der Zuschlagskriterien ebenfalls ausdrücklich vorgesehen (§ 43 Abs. 6 Satz 1 UVgO; § 16d Abs. 1 Nr. 5, Nr. 7 VOB/A). Bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen muss zudem die Gewichtung angegeben werden.

IV. Verfahrensarten

Je nachdem, ob es sich um ein EU-Verfahren bzw. nationales Verfahren handelt, sind verschiedene Verfahrensarten zu differenzieren. Teilweise kommt es bei den existierenden Verfahrensarten jedoch zu Überschneidungen. Das offene Verfahren bei EU-Vergaben entspricht der öffentlichen Ausschreibung nationaler Verfahren, das nicht offene Verfahren in etwa der beschränkten Ausschreibung, das Verhandlungsverfahren in etwa der freihändigen Vergabe/ Verhandlungsvergabe. Lediglich der bei EU-Verfahren zulässige wettbewerbliche Dialog und die Innovationspartnerschaft haben keine Entsprechung bei nationalen Verfahrensarten.

Wichtiger Unterschied zwischen EU- und nationalen Vergabeverfahren

Die öffentliche Ausschreibung und die beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb stehen gleichberechtigt nebeneinander (§ 8 Abs. 2 UVgO, § 3a Abs. 1 VOB/A).

Andere Verfahrensarten stehen nur in gesetzlich definierten Ausnahmefällen zur Verfügung (§ 8 Abs. 3 und 4 UVgO). Bei EU-Verfahren stehen das offene und das nicht offene Verfahren ebenfalls nach Wahl des Auftraggebers gleichrangig nebeneinander (§ 119 Abs. 2 Satz 1GWB). Die übrigen Verfahren sind nur in gesetzlich definierten Ausnahmefällen zulässig (§ 119 Abs. 2 Satz 2 GWB).

Offenes Verfahren/ Öffentliche Ausschreibung

Bei dem offenen Verfahren/der öffentlichen Ausschreibung fordert der öffentliche Auftraggeber eine unbestimmte Anzahl von Bietern zur Angebotsabgabe auf. Der Bieterkreis wird im Vorhinein mithin nicht begrenzt.

Nicht offenes Verfahren/ Beschränkte Ausschreibung

Das nicht offene Verfahren/die beschränkte Ausschreibung unterscheidet sich vom offenen Verfahren/der öffentlichen Ausschreibung dadurch, dass das Verfahren zweistufig abläuft.

– Zunächst ist für EU-Verfahren stets und für nationale Verfahren unter bestimmten Bedingungen zwingend ein Teilnahmewettbewerb durchzuführen. Hierzu fordert der öffentliche Auftraggeber durch öffentliche Bekanntmachung eine unbestimmte Anzahl an Unternehmen dazu auf, einen Antrag zur Teilnahme am nicht offenen Verfahren/an der beschränkten Ausschreibung zu stellen.

– Im Anschluss an diesen Teilnahmewettbewerb fordert der öffentliche Auftraggeber die im vorangegangenen Teilnahmewettbewerb als geeignet festgestellten Bewerber zur Abgabe eines Angebots auf; ggf. kann der öffentliche Auftraggeber bei Start des Teilnahmewettbewerbs Bedingungen/Verfahren zur Begrenzung des Bieterkreises mit veröffentlichen.

Wird eine beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb durchgeführt, sind grundsätzlich nur präqualifizierte und ein nicht präqualifiziertes Unternehmen zur Angebotsabgabe aufzufordern. Gleiches gilt für § 5 Verfahren mit Vergleichsangeboten, sowie freihändige Vergaben/Verhandlungsvergaben.

Das nicht offene Verfahren erfolgt immer mit Teilnahmewettbewerb.

Verhandlungsverfahren/ Freihändige Vergabe/ Verhandlungsvergabe

Unter bestimmten, in den Verfahrensordnungen vorgegebenen Bedingungen kann die Vergabe im Wege des Verhandlungsverfahrens oder der freihändigen Vergabe/ Verhandlungsvergabe, erfolgen. Gründe, die für eine solche Vergabe sprechen, sind insbesondere, wenn die zu erbringende Leistung nicht abschließend durch den öffentlichen Auftraggeber beschrieben werden kann, so dass kein hinreichender Wettbewerb zustande kommen kann oder wenn ein offenes Verfahren/öffentliche Ausschreibung bzw. nicht offenes Verfahren/beschränkte Ausschreibung aufgehoben wurde, da keine wertungsfähigen oder keine wirtschaftlichen Angebote eingereicht wurden oder die Leistung aufgrund ihrer Spezifika oder aufgrund rechtlicher Anforderungen (z. B. Patentinhaber) nur einem sehr begrenzten Kreis von Unternehmen überhaupt zugänglich wären. Dem Verhandlungsverfahren hat in der Regel ebenfalls ein Teilnahmewettbewerb vorauszugehen.

Verfahren ohne Vergleichsangebote (Direktauftrag)

Bis zu einer definierten Wertgrenze für Liefer- und Dienstleistungen bzw. für Bau-, bzw. freiberufliche Dienstleistungen kann ein Auftrag ohne das Einholen von Vergleichsangeboten vergeben werden.

Darüber hinaus ist das Einholen von vergleichsangeboten auch dann entbehrlich, wenn

– eine freihändige Vergabe nach Abschnitt 1 § 3a Absatz 4 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 des Teils A der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen zugelassen ist;

– eine Verhandlungsvergabe mit nur einem Unternehmen nach § 12 Absatz 3 in Verbindung mit § 8 Absatz 4 Nummer 9 bis 14 der Unterschwellenvergabeordnung zugelassen ist;

– die Leistung des beabsichtigten Auftrages im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit oder im Wettbewerb mit freiberuflich Tätigen erbracht wird (freiberufliche Leistung) und die Vergütung für diese freiberufliche Leistung in ihren wesentlichen Bestandteilen nach Festbeträgen oder unter Einhaltung der Mindestsätze nach einer verbindlichen Gebühren- oder Honorarordnung abgerechnet wird;

– die zu vergebende freiberufliche Leistung nach Art und Umfang, insbesondere ihre technischen Anforderungen, vor der Vergabe nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann, die Einholung von Vergleichsangeboten einen Aufwand für den Auftraggeber oder die Bewerber oder Bieter verursachen würde, der zu dem erreichten Vorteil oder dem Wert der Leistung im Missverhältnis stehen würde und ein relevanter Auftragswert (von z.B. 50 000 Euro nicht überschritten wird.

– Im Übrigen können in Fällen besonderer Eilbedürftigkeit Interimsverträge über einen Zeitraum, der für die vernünftige Vergabe eines öffentlichen Auftrages vonnöten ist geschlossen werden.

Wettbewerblicher Dialog

Handelt es sich um ein EU-Verfahren und ist der öffentliche Auftraggeber objektiv nicht in der Lage, die technischen Mittel anzugeben, mit denen seine Bedürfnisse und seine Ziele erfüllt werden können und/oder die rechtlichen und/oder finanziellen Konditionen eines Vorhabens anzugeben, hat er die Möglichkeit, das Verfahren des wettbewerblichen Dialogs zu wählen. Dem wettbewerblichen Dialog geht ein Teilnahmewettbewerb voraus. Der öffentliche Auftraggeber formuliert seine Bedürfnisse und Anforderungen in der Bekanntmachung und/oder in einer Beschreibung und tritt mit den ausgewählten Bewerbern in einen Dialog, dessen Ziel es ist, die Mittel, mit denen seine Bedürfnisse am besten erfüllt werden können, zu ermitteln und festzulegen.

Innovationspartnerschaft

Schließlich kann im Rahmen von EU-Verfahren die Innovationspartnerschaft als Vergabeverfahren gewählt werden, wenn der Bedarf an einer innovativen Leistung und dem anschließenden Erwerb dieser Leistung nicht durch bereits auf dem Markt verfügbare Lösungen befriedigt werden kann. Die Innovationspartnerschaft soll dem öffentlichen Auftraggeber ermöglichen, eine langfristige Partnerschaft für die Entwicklung und den anschließenden Kauf neuer, innovativer Leistungen zu begründen, ohne dass ein getrenntes Vergabeverfahren für den Kauf erforderlich ist.

Auch diesem Verfahren geht ein Teilnahmewettbewerb voraus. Der öffentliche Auftraggeber beschreibt in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen die Nachfrage nach der innovativen Leistung. Dabei ist anzugeben, welche Elemente dieser Beschreibung Mindestanforderungen darstellen. Die bereitgestellten Informationen müssen so genau sein, dass die Unternehmen Art und Umfang der geforderten Lösung erkennen und entscheiden können, ob sie eine Teilnahme an dem Verfahren beantragen.

V. Verfahrensplanung – Fristen

Hinsichtlich jeder Vergabe sind bestimmte Fristen zu beachten, die im Einzelnen von der gewählten Verfahrensart abhängen.

Hinsichtlich der bei einem Vergabeverfahren zu beachtenden Fristen ist zum einen zwischen EU- und nationalen Verfahren, den unterschiedlichen Verfahrensarten, als auch zwischen unterschiedlichen Arten von Fristen (Teilnahmefrist, Angebotsfrist, Mindestfrist und regelmäßige Frist zu differenzieren).

– Innerhalb der Teilnahmefrist muss der Teilnahmeantrag eingereicht werden.

– Die Angebotsfrist ist der Zeitraum der dem Bieter zur Erstellung und Einreichung des Angebotes zur Verfügung steht.

 Für beide Fristen gibt es Vorgaben, wie diese regelmäßig, bzw. als Mindestfristen im Ablauf des Vergabeverfahrens zu gewähren sind.

– Die Bindefrist umfasst den Zeitraum, in dem der Bieter an sein Angebot gebunden ist (§ 145 BGB), der Auftraggeber also das Angebot zu den verbindlichen Konditionen bezuschlagen kann. Binde- und Zuschlagsfrist sind daher identisch. Sie beginnen mit Ablauf der Angebotsfrist. Die Bindefrist kann mit Zustimmung der Bieter verlängert werden, wenn entgegen der ursprünglichen Planung keine Zuschlagsentscheidung innerhalb der Frist getroffen werden konnte.

– Die Frist für Bieterfragen bezeichnet den Zeitpunkt, bis zu welchem die Bieter ihre Fragen vorgebracht haben müssen, um hieraus einen Anspruch auf Beantwortung herleiten zu können.

EU-Verfahren

a) Offenes Verfahren

Im offenen Verfahren gilt grundsätzlich eine Angebotsfrist von mindestens 35 Tagen, gerechnet vom Tag nach Absendung der Auftragsbekanntmachung. Die Angebotsfrist von 35 Tagen kann um 5 Tage verkürzt werden, wenn die elektronische Abgabe von Angeboten akzeptiert wird. Erfolgt eine Vorabinformation (§ 38 Abs. 3 VgV) oder liegt besondere Dringlichkeit vor (beschleunigtes Verfahren), kann die Angebotsfrist auf 15 Tage verkürzt werden. Der öffentliche Auftraggeber hat außerdem eine angemessene Bindefrist zu bestimmen. Diese beträgt regelmäßig 60 Tage. Die Bindefrist beginnt mit Ablauf der Angebotsfrist.

b) Nicht offenes Verfahren

Bei dem nicht offenen Verfahren kommt aufgrund der Zweistufigkeit des Verfahrens im Vergleich zum offenen Verfahren noch die Teilnahmefrist hinzu. Der Bewerber hat innerhalb von 30 Tagen gerechnet vom Tag nach Absendung der Auftragsbekanntmachung oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung seine Teilnahme an der Ausschreibung kundzutun. Hieran schließt sich eine Angebotsfrist von 30 Tagen, gerechnet vom Tag nach Absendung der Aufforderung zur Angebotsabgabe, an. Die Angebotsfrist von 30 Tagen kann um 5 Tage verkürzt werden, wenn die elektronische Abgabe von Angeboten akzeptiert wird. Die Angebotsfrist Frist kann bei Vorabinformation (§ 38 Abs. 3 VgV) außerdem auf 10 Tage verkürzt werden. Bei besonderer Dringlichkeit kann die Teilnahmefrist auf 15 Tage, die Angebotsfrist auf 10 Tage reduziert werden.

Der öffentliche Auftraggeber bestimmt eine angemessene Bindefrist, regelmäßig 60 Tage.

c) Verhandlungsverfahren

Für das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb gelten grundsätzlich die gleichen Fristen, wie für das nicht offene Verfahren. Für das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb gelten im Übrigen keine gesetzlichen Angebots- oder Bindungsfristen.

d) Wettbewerblicher Dialog / Innovationspartnerschaft

Für den wettbewerblichen Dialog und die Innovationspartnerschaft beträgt die Teilnahmefrist mindestens 30 Tage. Es gelten keine gesetzlichen Angebots- oder Bindungsfristen.

Nationale Verfahren

Anders als für EU-Verfahren, gibt es für die nationalen Verfahren grundsätzlich keine festen Teilnahme- und Angebotsfristen. Die Fristen müssen lediglich ausreichend, bzw. angemessen sein.

Die Bewertung über die Angemessenheit der Fristen obliegt dem öffentlichen Auftraggeber. Einzige Vorgabe im Bereich der Bauvergaben ist, dass die  Angebotsfrist auch bei beschleunigten Verfahren nicht unter 10 Tage liegen soll (§ 10 Abs. 1 Satz 1 VOB/A). Die Bindefrist für nationale Bauvergaben soll 30 Tage in der Regel nicht überschreiten (§ 10 Abs. 4 Satz 3 VOB/A).

Frist für Bieterfragen

Erbitten Unternehmen zusätzliche sachdienliche Auskünfte über die Vergabeunterlagen und deren Auslegung, so sind diese Auskünfte allen Unternehmen in gleicher Weise zu erteilen. Ausnahmsweise kann der Auftraggeber eine Frist für Bieterfragen zu bestimmen. Sofern die Frage eine tatsächlich bestehende Unklarheit in den Vergabeunterlagen betrifft, ist die Klärung für die Erstellung aller Angebote erheblich und sollte daher unabhängig von dem Zeitpunkt der Fragestellung geklärt werden. Auf die Möglichkeit der Fristsetzung sollte daher in der Regel verzichtet werden oder von ihr nur bei Vorliegen sachlicher Gründe Gebrauch gemacht werden.

VI. Verfahrensdurchführung – vor Öffnung der Angebote

Nutzung von Formularen

Dem formalisierten Ablauf eines Vergabeverfahrens entspricht es, die Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers in Formblätter zu fassen.

Bekanntmachung, Teilnahmewettbewerb, Aufforderung zur Angebotsabgabe

Sowohl beim offenen Verfahren/ bei öffentlicher Ausschreibung, als auch bei Verfahren mit vorangehendem Teilnahmewettbewerb erfolgt zunächst eine öffentliche Bekanntmachung. Die Bekanntmachung hat alle relevanten Daten des Auftraggebers, sowie Informationen über Art und Umfang der Leistungen zu enthalten.

a) EU-Verfahren

Für EU-Verfahren besteht darüber hinaus die Möglichkeit, eine Vorinformation über eine in gewisser Zeit beabsichtigte Beschaffung durchzuführen. Wird eine Vorinformation veröffentlicht, kann dies Einfluss auf die einzuhaltenden Fristen haben. Für die in ihr anzugebenden Informationen gelten geringere Anforderungen, als bei der Bekanntmachung.

Die Veröffentlichung von EU-Verfahren erfolgt in den vom EU-Gesetzgeber festgelegten Standardformularen und ist dem Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union elektronisch zu übermitteln. Hier werden die Bekanntmachungen dann auch veröffentlicht. Die Übermittlung der Daten zur Veröffentlichung auf der Vergabeplattform erfolgt bei Nutzung des Vergabemanagers automatisch.

b) Nationale Verfahren

Für nationale Verfahren erfolgt die öffentliche Bekanntmachung in Tageszeitungen, amtlichen Veröffentlichungsblättern und auf Internetportalen.

Kommunikation mit den Bietern/Bewerbern

Die Kommunikation mit den Bewerbern/Bietern in EU-Verfahren erfolgt grundsätzlich elektronisch. Sie kann mündlich erfolgen, wenn sie nicht die Vergabeunterlagen, die Teilnahmeanträge, Interessensbestätigungen oder Angebote betrifft und der Inhalt der Kommunikation dokumentiert wird (§ 9 VgV, § 11 EU VOB/A).

Die Kommunikation mit Bewerbern/Bietern in nationalen Verfahren erfolgt nach Festlegung des öffentlichen Auftraggebers, in Textform (§ 126b BGB) mithilfe elektronischer Mittel, auf dem Postweg, durch Telefax oder durch einen anderen geeigneten Weg (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A; § 38 Abs. 1 UVgO).

Bis zum 18. Oktober 2018 waren bei nationalen Verfahren über Bauleistungen schriftliche Angebote zu akzeptieren (§ § 13 Abs. 1 Nummer 1 Satz 1 VOB/A).

In Verfahren über Liefer- und Dienstleistungen akzeptiert der Auftraggeber seit dem 1. Januar 2019 die Einreichung von Teilnahmeanträgen und Angeboten in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 38 Abs. 2 UVgO). Seit dem 1. Januar 2020 sind ausschließlich elektronische Teilnahmeanträge und Angebote in Textform nach § 126b BGB zulässig (§ 38 Abs. 3 Satz 1 UVgO). Änderung der Vergabeunterlagen

a) Änderungen durch den öffentlichen Auftraggeber

Der öffentliche Auftraggeber kann die von ihm herausgegebenen Vergabeunterlagen grundsätzlich im Laufe des Vergabeverfahrens abändern, wenn hierfür ein Bedürfnis besteht. Er muss diese Änderungen jedoch deutlich kenntlich machen und in der Weise bekannt geben, wie er auch die ursprünglichen Vergabeunterlagen bekannt gegeben hat. Wesentlich ist, dass solche Änderungen allen an dem betreffenden Vergabeverfahren beteiligten Bietern gleichermaßen zugänglich gemacht werden. Außerdem ist, soweit die Änderung der Vergabeunterlagen Einfluss auf die Erstellung der Angebotsunterlagen hat, eine Fristverlängerung für die Angebotsabgabe zu gewähren. Geht eine Änderung so weit, dass die Änderung der Vergabeunterlagen dazu führen könnte, dass sich auch andere, bisher nicht am Verfahren beteiligte Unternehmen für die Vergabe interessieren könnten, ist das Vergabeverfahren mit einer erneuten Bekanntmachung erneut zu beginnen.

b) Änderungen durch den Bieter

Änderungen an den Vergabeunterlagen durch den Bieter sind unzulässig und führen zum Ausschluss des Angebotes (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A sowie VOB/A-EU, § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV, § 42 Abs.1 Nr. 4 UVgO). Eine Änderung liegt bereits dann vor, wenn einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses im Angebot nicht berücksichtigt wurden. Dies gilt jedoch nur für Hauptangebote. Sogenannte Nebenangebote können von den Vergabeunterlagen abweichen, ohne diese unzulässig abzuändern. Ein Nebenangebot ist jedoch als solches deutlich zu kennzeichnen.

VII. Verfahrensdurchführung – nach Öffnung der Angebote

Öffnungstermin, Submissionstermin

Die eingegangenen Angebote sind bis zum Öffnungstermin, welcher nach Ablauf der Angebotsfrist stattfindet verschlossen zu verwahren.

a) EU-Verfahren

Alle Angebote in EU-Verfahren, welche bis zum Ablauf der Angebotsfrist zugegangen sind, sind in einem Öffnungstermin durch zumindest zwei Mitarbeiter des öffentlichen Auftraggebers zu öffnen (§ 55 Abs. 2 VgV, bzw. § 14EU Abs. 1 VOB/A). Dies gilt auch für elektronisch abgegebene Angebote. Außerdem hat die Öffnung der Angebote unverzüglich nach Ablauf der Angebotsfrist zu erfolgen. Das heißt, die Öffnung muss nicht notwendig unmittelbar nach Ablauf, aber doch sehr zeitnah und ohne vermeidbare Verzögerungen erfolgen.

b) Nationale Bauvergaben

Sind bei nationalen Bauvergaben schriftliche Angebote zugelassen, besteht die Besonderheit, dass ein sogenannter Submissionstermin durchgeführt wird, bei dem die Namen der Bieter und deren Angebotsendsummen verlesen werden § 14a Abs. 1 VOB/A. Bei diesem Termin dürfen nur die Bieter und ihre Bevollmächtigten zugegen sein.

Sind nur elektronische Angebote zugelassen, wird die Öffnung der Angebote von mindestens zwei Vertretern des Auftraggebers gemeinsam an einem Termin (Öffnungstermin) unverzüglich nach Ablauf der Angebotsfrist durchgeführt (§ 14 Abs. 1 Satz 1 VOB/A). Bieter und ihre Bevollmächtigten sind zu diesem Öffnungstermin nicht zugelassen.

Die Öffnung von Angeboten über Liefer- und Dienstleistungen wird von mindestens zwei Vertretern des Auftraggebers gemeinsam durchgeführt und dokumentiert. Bieter sind hierbei nicht zugelassen (§ 40 Abs. 2 UVgO).

Eignungsprüfung

Im Rahmen des Vergabeverfahrens überprüft der öffentliche Auftraggeber die Eignung der Bieter im Hinblick auf deren Fachkunde Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit.

– In EU-Verfahren und nationalen Verfahren über Liefer- und Dienstleistungen wird die Zuverlässigkeit durch das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen geprüft: § 123 ff. GWB; § 31 Abs. 1, § 35 UVgO).

– In nationalen Verfahren über Bauleistungen ist die Zuverlässigkeit positiv festzustellen (§ 16b Abs. 1 VOB/A). Im Ergebnis unterscheiden sich die Prüfungen jedoch nicht. Bei der Eignungsprüfung kommt dem öffentlichen Auftraggeber ein weiter Beurteilungsspielraum zu.

Diesen Beurteilungsspielraum überschreitet er erst, wenn er das vorgeschriebene Verfahren nicht einhält, von einem unzutreffenden oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, sachwidrige Erwägungen in seine Entscheidung einbezieht oder wenn er willkürlich handelt; kommt es zu einer Überprüfung der Entscheidung durch die Vergabekammer oder ein Gericht, kann dieses nur überprüfen, ob der öffentliche Auftraggeber diesen Beurteilungsspielraum überschritten hat.

a) Bindung an Mindestanforderungen

Bei der Beurteilung ist der öffentliche Auftraggeber zudem grundsätzlich an die benannten Mindestanforderungen gebunden. Diese kann der Bieter durch Einzelnachweis oder durch Eintragung im Präqualifikationsverzeichnis erbringen.

b) Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit Dritter

Der Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit Dritter sind einige Grenzen gesetzt. Bei nationalen Bauvergabeverfahren gilt grundsätzlich das Gebot der Selbstausführung, weswegen es grundsätzlich auf die eigene Leistungsfähigkeit ankommt; bei EU-Vergabeverfahren kann der Auftraggeber vorschreiben, dass bestimmte kritische Leistungsteile vom Bieter selbst erbracht werden müssen.

(1) Bietergemeinschaften

Tritt eine Bietergemeinschaft auf, muss jedes Mitglied dieser Bietergemeinschaft die Zuverlässigkeitsvoraussetzungen erfüllen.

(2) Eignungsleihe

Ein Bieter kann sich im Wege der „Eignungsleihe“ der Eignung eines anderen Unternehmers bedienen (mit Ausnahme der Zuverlässigkeit/des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen), wenn der Bieter durch eine Verpflichtungserklärung nachweist, dass er auf die angegebenen Kapazitäten des anderen Unternehmers zurückgreifen kann.

c) Sonstige Erkenntnisse des Auftraggebers

Erhält der öffentliche Auftraggeber im weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens Erkenntnisse über eine eingetretene Ungeeignetheit von Bietern kann er diese Bieter auch noch zu diesem Zeitpunkt vom weiteren Vergabeverfahren ausschließen.

d) Nachweise, Präqualifikation

Die Bieter belegen ihre Eignung durch entsprechende Nachweise und Erklärungen.

(1) EU-Verfahren

Im Bereich der EU-Vergabeverfahren für Liefer- und Dienstleistungen kann der Bieter durch die Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE) seine Eignung belegen; der öffentliche Auftraggeber fordert dann in der Regel nur noch von dem Bieter, der den Zuschlag erhalten soll, die entsprechenden Unterlagen, auf die sich die Erklärung bezieht, an. Die Nutzung der EEE stellt lediglich eine Möglichkeit für den Bieter dar, seine Eignung zu belegen. Andere Nachweismöglichkeiten, wie sie auch in nationalen Verfahren bestehen, bleiben parallel/alternativ möglich.

(2) Nationale Verfahren

In nationalen Vergabeverfahren werden Einzelnachweise gefordert (§§ 16b VOB/A, bzw. 16bEU VOB/A).

(3) Präqualifizierung

Die Bieter haben die Möglichkeit, einzelne Nachweise durch ein Testat über eine Präqualifizierung zu ersetzen. Bei dem Nachweis der Eignung durch Eintragung in das Präqualifikationsverzeichnis handelt es sich um eine auftragsunabhängige Leistungsprüfung. Das Vorliegen einer Präqualifikation hindert den öffentlichen Auftraggeber jedoch nicht daran, ihm bekanntgewordene negative Erkenntnisse bei der Eignungsprüfung zu berücksichtigen. Grundsätzlich nimmt die Präqualifikation die Prüfung der Eignung vorweg. Die Prüfung hierfür erfolgt jedoch auftragsunabhängig. Im Einzelfall können je nach Auftrag zusätzliche auftragsbezogene Einzelnachweise verlangt werden. Des Weiteren soll sich der öffentliche Auftraggeber bei negativen Verdachtsmomenten nicht auf die Präqualifikation verlassen müssen. Dem Bieter ist jedoch auch bei Eintragung im Präqualifikationsverzeichnis der Eignungsnachweis per Einzelnachweis möglich.

Angebotsaufklärung, Urkalkulation

a) Grundsatz: Abgabe eines eindeutigen Angebots

Es gilt: ein Angebot ist vom Bieter inhaltlich so auszugestalten, dass der öffentliche Auftraggeber dieses ohne weiteres prüfen und werten kann. Das Angebot muss unzweideutig und abschließend sein; dies gilt ebenso für Nebenangebote. Hinsichtlich der Darlegungstiefe sollte sich der Bieter an der Leistungsbeschreibung des öffentlichen Auftraggebers orientieren und deren Niveau zumindest nicht unterschreiten.

b) Angebotsaufklärung

Der öffentliche Auftraggeber darf vom Bieter die sachliche Aufklärung des Angebotsinhalts (Eignung, Ausführungsarten, Bezugsquellen von Stoffen, eingesetzte Materialien) fordern. Dies ist jedoch nur ausnahmsweise in Einzelfällen zulässig, wenn das konkrete Angebot Anlass zur Aufklärung gibt. Die Angebotsaufklärung darf jedoch nicht dazu führen, dass der Bieter hiermit die Möglichkeit erhält, sein Angebot „nachzubessern“ oder in sonstiger Weise zu ändern. Eine Angebotsaufklärung ist auch dann ausgeschlossen, wenn dem Bieter dadurch lediglich die Möglichkeit eingeräumt wird, sich eine von mehreren Möglichkeiten zur Auslegung seines Angebotes auszusuchen.

Grundsätzlich besteht kein Anspruch des Bieters auf Aufklärung des Angebotsinhalts. Allerdings stellt es regelmäßig im Vergleich zum Ausschluss des Angebotes das mildere Mittel dar. Im Einzelfall kann, z.B. wenn dasselbe Problem bei mehreren Bietern besteht, die Pflicht des öffentlichen Auftraggebers entstehen mit allen und nicht nur einem der Bieter Aufklärungsgespräche zu führen.

(1) Unangemessener Angebotspreis

Für den Fall, dass dem öffentlichen Auftraggeber ein Angebotspreis unangemessen niedrig erscheint oder die Angemessenheit sich anhand vorliegender Unterlagen über die Preisermittlung nicht abschließend beurteilen lässt, kann der öffentliche Auftraggeber den Bieter unter Setzung einer angemessenen Frist und unter Benennung konkreter Anhaltspunkte zur Aufklärung der Zweifel auffordern (§ 16d Abs. 1 VOB/A sowie VOB/A EU, § 44 Abs. 1 UVgO, § 60 Abs. 1 VgV). Der Bieter ist hieraufhin verpflichtet, sein Angebot, soweit gefordert (Preise für die Gesamtleistung oder für Teilleistungen) zu erläutern.

Der öffentliche Auftraggeber hat bei der Beurteilung der Angemessenheit die Wirtschaftlichkeit des Fertigungsverfahrens, die gewählten technischen Lösungen oder sonstige besondere Ausführungsbedingungen zu berücksichtigen. Angemessenheit liegt dann nicht vor, wenn die begründete Vermutung besteht, dass der Bieter nicht in der Lage sein wird, seine Leistung vertragsgerecht zu erbringen. Die Vermutung besteht, wenn beispielsweise die Zeitansätze der Lohnkosten pro Leistungseinheit bzw. die Gesamtstundenzahl nicht den bautechnisch erforderlichen Ansätzen entsprechen. Die Vermutung kann nur dadurch widerlegt werden, dass der Bieter nachweist, dass er aus objektbezogenen, sachlich gerechtfertigten Gründen die Ansätze günstiger als die übrigen Bieter kalkulieren konnte.

c) Urkalkulation

Die Urkalkulation bezeichnet die Darlegung der Preisgrundlagen, welche aufgrund der (ursprünglichen) Ausschreibungsunterlagen erstellt wurde.

(1) Besteht eine Pflicht zur Vorlage?

Eine Pflicht zur Vorlage einer Urkalkulation ist in den Verfahrensordnungen nicht ausdrücklich vorgegeben. Erfordert die Aufklärung des Angebotsinhalts hinsichtlich einer möglichen Unangemessenheit der Preise aber die Vorlage der Urkalkulation (zur Nachvollziehbarkeit der Preisansätze), ist diese vom Bieter vorzulegen.

(2) Welchem Zweck dient die Urkalkulation?

Die Urkalkulation gewinnt besondere Bedeutung, wenn durch den Auftragnehmer Vergütungen als Nachträge geltend gemacht werden. Ohne eine nachvollziehbare Darlegung der Preisgrundlagen aufgrund der vorzulegenden Urkalkulation bzw. einer plausiblen (Nach-)Kalkulation ist ein geltend gemachter Mehrvergütungsanspruch bei Nachträgen i.S.v. § 2 Abs. 5 VOB/B bzw. § 2 Abs. 6 VOB/B und ebenso § 2 Nr. 3 VOL/B (Leistungsänderungen und zusätzlichen Leistungen) unschlüssig und eine vom Auftragnehmer angestrengte Klage wird keinen Erfolg haben. Ein Rückgriff auf den ortsüblichen Preis ist dem Auftragnehmer verwehrt.

Nachreichen von Erklärungen und Nachweisen

Stellt der Auftraggeber im Rahmen der Eignungs- oder der Angebotsprüfung fest, dass geforderte Erklärungen oder Nachweise fehlen, hat er zu prüfen, ob diese nachzufordern sind.

a) Kein zwingender Ausschluss des Angebots

– Für Bauvergaben gilt: Sofern kein Grund vorliegt, bei dem eine Nachforderung ausgeschlossen ist, weil das Angebot zwingend auszuschließen ist, verlangt der Auftraggeber die fehlenden Unterlagen grundsätzlich nach. Hierzu setzt er dem Bieter eine Frist, diese soll sechs Kalendertagen nicht überschreiten. Diese Frist beginnt mit dem auf die Absendung der Nachforderung durch den Auftraggeber folgenden Tag. Verstreicht die Frist fruchtlos, ist das unvollständige Angebot zwingend auszuschließen (§ 16a VOB/A sowie VOB/A EU). – Für Liefer- und Dienstleistungen gilt: Erklärungen und Nachweise, die auf Anforderung der Auftraggeber bis zum Ablauf der Angebotsfrist nicht vorgelegt wurden, können bis zum Ablauf einer zu bestimmenden Nachfrist nachgefordert werden (§ 41 Abs. 4 UVgO).

b) Zwingender Ausschluss des Angebots

Unvollständige Angebote sind auszuschließen. Allerdings können Unterlagen im Vergabeverfahren teilweise nachgefordert werden.

– Dies ist allerdings unzulässig, wenn es sich bei den fehlenden Angaben um wertungsrelevante Angaben handelt.

– Außerdem darf auch dann nicht nachgefordert werden, wenn zwar Nachweise vorgelegt wurden, diese jedoch unzureichend sind (z.B. nicht ausgefüllte Formblätter). Dies gilt, da die Nachforderungspflicht des Auftraggebers lediglich dazu dient, fehlende Unterlagen zu erhalten, nicht jedoch dazu dem Bieter die Möglichkeit einzuräumen erfolgte Ausführungen durch bessere zu ersetzen.

Nachunternehmer: Benennung, Eignung

Wenn der Bieter -unter Beachtung der Reichweite des Selbstausführungsgebots die zu vergebenden Leistungen nicht selbst erbringen kann oder wenn der öffentliche Auftraggeber seine Zustimmung erteilt, kann der Bieter als späterer Auftragnehmer auch einen Nachunternehmer mit der Durchführung der Leistungen beauftragen.

a) Zulässigkeit der Vergabe an einen Nachunternehmer

Die Zustimmung des öffentlichen Auftraggebers zum Einsatz eines Nachunternehmers ist jedenfalls dann zu erteilen, wenn eine Verweigerung unbillig und treuwidrig wäre, beispielsweise dann, wenn der Hauptauftragnehmer einen geeigneten Bewerber vorschlägt (es liegen keine konkreten Gründe vor, die gegen den vorgeschlagenen Nachunternehmer sprechen) und er Gründe anzuführen in der Lage ist, die ihn an einer eigenen Ausführung des Auftrags hindern. Werden Leistungen entgegen vorbenannter Voraussetzungen an Nachunternehmer vergeben, kann der öffentliche Auftraggeber dem Auftragnehmer die Leistungen nach Fristsetzung wieder entziehen. Der Auftragnehmer hat an den Nachunternehmer die Verpflichtungen aus dem vergebenen Vertrag weiterzugeben, die er auch selbst einhalten muss (insb. Tariftreue).

b) Eignungsprüfung bzgl. des Nachunternehmers

Die Eignungsprüfung betrifft unmittelbar nur den Bieter, der das Angebot eingereicht hat und der im Falle der Zuschlagserteilung gegenüber dem Auftraggeber vertraglich zur Ausführung des Auftrags verpflichtet wird. Der Auftraggeber kann die Eignungsprüfung jedoch auf die vom Bieter vorgesehenen Nachunternehmer erstrecken, um sicherzustellen, dass diese die erforderliche Eignung mitbringen.

Verhandlung

a) Grundsätzlich unzulässig

Verhandlungen über eingereichte (Neben-) Angebote sind grundsätzlich unzulässig. Denn mit der Abgabe der Angebote sind die Bieter an ihre Angebote gebunden, eine nachträgliche Änderung würde gegen die Gleichbehandlung der Bieter und die Transparenz des Wettbewerbs verstoßen. Auch fehlerbehaftete Angebote dürfen nicht nachträglich korrigiert werden, da sie hierdurch nachträglich, zum Nachteil der anderen Bieter, in den Auswahlprozess einzubeziehen wären.

b) Besondere Verfahrensarten

Wird hingegen ein Verhandlungsverfahren, bzw. ein wettbewerblicher Dialog oder eine Vergabe im Rahmen einer Innovationspartnerschaft durchgeführt, bei welchen sich der Auftraggeber nach, bzw. im Ausnahmefall bei Verhandlungsverfahren auch ohne vorherigen Teilnahmewettbewerb an ausgewählte Unternehmen wendet, um mit einem oder mehreren Unternehmen über die Auftragsbedingungen zu verhandeln, wird auch nach Angebotsabgabe über das Angebot der Bieter verhandelt. Das Verfahren läuft dabei häufig mehrphasig ab, das bedeutet, es werden zunächst indikative Erst-Angebote eingereicht, die dann nach einer oder ggf. auch mehreren Verhandlungsrunden mit den Bietern in eine letzte Angebotsphase münden. Auf das wirtschaftlichste Angebot von diesen Schluss-Angeboten wird dann der Zuschlag erteilt. Es besteht die Möglichkeit, dass der Auftraggeber sich vorbehält, auch bereits auf die eingehenden indikativen Erst-Angebote ohne weitere Verhandlungsrunden den Zuschlag zu erteilen.

Angebotswertung – Maßstab für die Wertung

Ziel der Angebotswertung ist die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots.

Der Begriff der Wirtschaftlichkeit ist ein sogenannter unbestimmter Rechtsbegriff. Der Auftraggeber hat diesbezüglich einen Beurteilungsspielraum. Kommt der Auftraggeber im Rahmen seiner Wertung zu dem Schluss, dass ein (Neben-) Angebot das wirtschaftlichste ist, ist auf dieses Angebot der Zuschlag zu erteilen (§§ 16dEU Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 VOB/A, 16d Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 VOB/A, § 58 Abs. 1 VgV, § 43 Abs. 1 und 2 UVgO).

Der Maßstab, anhand dessen der Auftraggeber das wirtschaftlichste Angebot ermittelt, unterscheidet sich danach, ob es sich um ein EU- oder nationales Verfahren handelt:

a) EU-Verfahren

Die Wertung von Angeboten in EU-Verfahren erfolgt anhand der ‚Zuschlagskriterien‘ (§ 58 Abs. 3 VgV, § 16dEU Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 VOB/A), welche bereits bei der Bekanntmachung, bzw. spätestens mit den Vergabeunterlagen mitsamt ihrer Gewichtung anzugeben sind. Deshalb ist es wesentlich, aussagekräftige Zuschlagskriterien bei der Erstellung der Vergabeunterlagen zu benennen. Die Bildung von Unterkriterien zur Ermöglichung einer spezifischeren Wertung kann sinnvoll sein, auch diese sind den Bietern transparent zu machen, ebenso das Wertungssystem. Die Zuschlagskriterien dienen dazu das Qualitätsniveau von Angeboten und ihren technischen-funktionellen und sonstigen sachlichen Wert nachvollziehbar und überprüfbar zu vergleichen. Auf dieser Basis soll das wirtschaftlichste Angebot ermittelt und dabei gegebenenfalls auch eingeschätzt werden, ob ein preislich günstigeres Angebot mit einem solchen Abstand hinter der Qualität eines anderen Angebots zurückbleibt, dass es nicht als das wirtschaftlichste Angebot bewertet werden kann. Die Wertungsentscheidung ist unbedingt nachvollziehbar zu dokumentieren (§§ 20 EU VOB/A, § 8 VgV).

b) Nationale Verfahren

Bei der Wertung der Angebote berücksichtigt der Auftraggeber ausschließlich Kriterien, die in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen genannt sind (§ 43 Abs. 5 und 6 UVgO; § 16d Abs. 1 Nr. 5 VOB/A). Berücksichtigungsfähig sind z. B. Qualität, Preis, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Betriebskosten, Lebenszykluskosten, Rentabilität, Kundendienst und technische Hilfe, Lieferzeitpunkt und Lieferungs- oder Ausführungsfrist (§ 43 Abs. 2 UVgO, § 16d Abs. 5 lit. 1-c VOB/A).

VIII. Registerabfragen

Unmittelbar vor der Zuschlagsentscheidung sind diverse Registerabfragen durchzuführen:

Hinweis: Das beim Bundeskartellamt neu errichtete bundesweite Wettbewerbsregister löst die Korruptionsregister der Länder und das Gewerbezentralregister ab. Die Abfrage des Wettbewerbsregisters ersetzt damit die Abfragen des bremischen Korruptionsregisters und des Gewerbezentralregisters.

Gewerbezentralregister

Mit der Abfragepflicht beim Wettbewerbsregister seit dem 01.06.2022 entfällt die Pflicht zur Abfrage des Gewerbezentralregisters. Eine Überführung von Daten aus diesem Register in das Wettbewerbsregister ist nicht vorgesehen. Um eine Informationslücke für Auftraggeber zu verhindern, besteht die Möglichkeit, das Gewerbezentralregister auf freiwilliger Basis für drei Jahre bis zum 31.05.2025 abzufragen.

Wettbewerbsregister

Seit dem 01.06.2022 ist von öffentlichen Auftraggebern vor der Vergabe eines Auftrags, dessen Auftragswert EUR 30.000,- erreicht, von Sektorenauftraggebern und Konzessionsgebern ab Erreichen der EU-Schwellenwerte, eine Abfrage beim Wettbewerbsregister durchzuführen (§ 6 WRegG). Das Wettbewerbsregister stellt Auftraggebern Informationen zur Verfügung, die es ihnen ermöglichen, zu prüfen, ob ein Unternehmen wegen bestimmter Wirtschaftsdelikte von dem Vergabeverfahren auszuschließen ist.

Hauptzollamt

Der öffentliche Auftraggeber hat die Möglichkeit, sich vor einer Zuschlagsentscheidung über Ermittlungen gegen Bieter/Bewerber wegen des Verdachts der Verletzung verschiedener arbeitsrechtlicher Bestimmungen zu informieren (§ 21 Abs. 1 Satz 5 SchwarzArbG bzw. § 21 Absatz 4 des AentG). Der öffentliche Auftraggeber kann auf diesem Wege aktuelle Informationen erhalten, die im Wettbewerbsregisterauszug noch nicht zu finden sind. Diese Informationen müssen in Bremen vor der Vergabe von Bauaufträgen, ab einem Auftragswert von 30.000,- €, standardmäßig beim Hauptzollamt abgerufen werden. Für alle übrigen Auftragsarten erfolgt die Abfrage nur bei Vorliegen eines begründeten Verdachts.

IX. Auftragserteilung – Zuschlag

Zeitpunkt der Zuschlagserteilung

Das Angebot, welches sich im Rahmen der Wertung als wirtschaftlichstes darstellt, erhält den Zuschlag.

a) Zuschlag innerhalb der Bindefrist

Mit dem Zuschlag kommt der Vertrag zwischen Auftraggeber und Bieter (nunmehr Auftragnehmer) zustande, wenn der Zuschlag innerhalb der Bindefrist erteilt wird. Mit Angebotsabgabe hat der Bieter sich zuvor für einen vom Auftraggeber festgelegten Zeitraum als an sein Angebot gebunden zu erklären (Bindefrist) (§ 18 Abs. 1 VOB/A und VOB/A-EU, § 13 Abs. 1Satz 1 UVgO).

b) Zuschlag nach Ablauf der Bindefrist

Erteilt der Auftraggeber den Zuschlag nicht während dieser Bindefrist oder nimmt der Auftraggeber Modifikationen am Angebot vor, ist der Bieter aufzufordern, sich über die Annahme des Zuschlags zu erklären (§ 18 Abs. 2 VOB/A sowie VOB/A-EU). Er wird also zunächst nicht unmittelbar durch den Zuschlag gebunden.

Eines gesonderten Vertragswerkes zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer bedarf es nicht mehr, der Vertrag kommt mit dem Zuschlag zu den in den Vergabeunterlagen genannten Bedingungen zustande.

Informationspflichten gegenüber unterlegenen Bietern

a) Verfahren mit Teilnahmewettbewerb

Bei Verfahren mit Teilnahmewettbewerb sind Bewerber, deren Bewerbung abgelehnt wurde unverzüglich (§ 19EU VOB/A bzw. nach Antrag/Verlangen (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 VgV, § 19 VOB/A, § 46 Abs. 1 Satz 3 UVgO) zu unterrichten.

b) Verfahren ohne Teilnahmewettbewerb

Außerdem sind Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren (§ 97 Abs. 1 GWB, § 19EU Abs. 2 VOB/A, § 62 VgV, § 19 Abs. 2 VOB/A). Dies gilt auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist.

c. Wartefrist

In EU-Verfahren darf ein Vertrag grundsätzlich erst 15 Kalendertage nach Absendung dieser Information geschlossen werden (§ 97 Abs. 2 GWB). Wird die Information auf elektronischem Weg oder per Fax versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber. Die Informationspflicht entfällt in Fällen, in denen das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen besonderer Dringlichkeit gerechtfertigt ist (§ 97 Abs. 3 Satz 1 GWB)

X. Aufhebung des Vergabeverfahrens

Das Vergabeverfahren kann nicht nur durch Zuschlag, sondern auch durch Aufhebung beendet werden. Durch eine dieser Möglichkeiten muss das Verfahren jedoch beendet werden. Der Auftraggeber kann nicht einfach untätig bleiben.

Gründe für eine Aufhebung

Die Ausschreibung kann aufgehoben werden, wenn:

  1. kein Angebot eingegangen ist, das den Ausschreibungsbedingungen entspricht,
  2. sich die Grundlage des Vergabeverfahrens wesentlich geändert hat und dem entsprechend die

Vergabeunterlagen grundlegend geändert werden müssen,

  1. kein wirtschaftliches Ergebnis erzielt wurde
  2. andere vergleichbare schwerwiegende Gründe bestehen (§ 17 VOB/A sowie VOB/A-EU, § 48 Abs. 1

UVgO, § 63 VgV).

Das unter Nr. 3 genannte ‚unwirtschaftliche Ergebnis‘ wird in der VOB/A nicht ausdrücklich genannt, lässt sich hier jedoch unter den Tatbestand der „vergleichbaren schwerwiegenden Gründe“ subsumieren.

Aufhebung ohne Vorliegen von anerkannten Gründen

Der Auftraggeber hat jederzeit das Recht, das Verfahren aufzuheben; in der Konsequenz kommt es allerdings darauf an, ob der Auftraggeber hierfür vergaberechtlich anerkannte Gründe für diese Aufhebung geltend machen kann. Wenn dies nicht der Fall ist, kann den Bietern ein Anspruch auf Schadensersatz zustehen.

Informationspflicht

Erfolgt eine Aufhebung des Vergabeverfahrens muss der Auftraggeber dies den Bietern unter Angabe der Gründe unverzüglich in Textform mitteilen.

XI. Vergabedokumentation

Die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen, die maßgebenden Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen sind in Textform zu dokumentieren. Hierdurch soll die Vergabeentscheidung dem Bieter nachvollziehbar und kontrollierbar gemacht werden. Diese sogenannte ex-post-Transparenz erfordert, dass die Dokumentation laufend fortgeschrieben wird.

Minimalanforderungen an die Dokumentation

Es bestehen Anforderungen an das Minimum der Dokumentation (§ 8 VgV, §§ 20EU VOB/A, 20 Abs. 1 VOB/A, § 6 UVgO):

1. Daten des Auftraggebers,

2. Art und Umfang der Leistung,

3. Wert des Auftrags,

4. Namen der berücksichtigten Bewerber oder Bieter und Gründe für ihre Auswahl,

5. Namen der nicht berücksichtigten Bewerber oder Bieter und die Gründe für die Ablehnung,

6. Gründe für die Ablehnung von ungewöhnlich niedrigen Angeboten,

7. Name des Auftragnehmers und Gründe für die Erteilung des Zuschlags auf sein Angebot,

8. Anteil der beabsichtigten Weitergabe an Nachunternehmen, soweit bekannt,

9. bei Beschränkter Ausschreibung, Freihändiger Vergabe/ Verhandlungsvergabe Gründe für die Wahl des jeweiligen Verfahrens,

10. Angaben zur losweisen Vergabe,

11. Angaben zu potenziellen Interessenkonflikten

12. gegebenenfalls die Gründe, aus denen der Auftraggeber auf die Vergabe eines Auftrags verzichtet hat.

Der Auftraggeber trifft geeignete Maßnahmen, um den Ablauf der mit elektronischen Mitteln durchgeführten Vergabeverfahren zu dokumentieren.

Rechtsfolgen eines Dokumentationsmangels

a) EU-Verfahren

Besteht bei EU-Vergabeverfahren ein Dokumentationsmangel verletzt dies die Rechtsstellung des Bieters in seinem subjektiven Recht auf Einhaltung der Vergabebestimmungen (§ 97 Abs. 6 GWB), so dass dieser erfolgreich das Vergabenachprüfungsverfahren betreiben kann. Es ist in aller Regel nicht zulässig, Dokumentationsmängel durch einen nachträglichen Vergabevermerk oder dadurch zu beheben, dass der öffentliche Auftraggeber die entsprechenden Angaben schriftsätzlich oder durch mündlichen Sachvortrag im Vergabenachprüfungsverfahren nachholt.

b) Nationale Verfahren

Für die Überprüfung, ob öffentliche Auftraggeber bei der Beschaffung von Waren-, Bau- oder Dienstleistungen gegen das dabei einzuhaltende Vergaberecht verstoßen haben und dadurch Unternehmen, die ein Interesse am Auftrag haben, in ihren Rechten verletzt wurden, kann bei Nichterreichen der Schwellenwerte die Rechtsaufsichtsbehörde des jeweiligen öffentlichen Auftraggebers angerufen werden.

Die Regierungspräsidien sind hierbei zuständige Rechtsaufsichtsbehörde für Stadt- und Landkreise und die Großen Kreisstädte; in dieser Eigenschaft werden die Referate 14 der Regierungspräsidien tätig, soweit für diese Kommunen nicht die jeweilige Fachaufsicht in den Regierungspräsidien zuständig ist. Dort wird die Rechtmäßigkeit in einem formlosen Verfahren geprüft.

XII. Veröffentlichungspflichten

Den Auftraggeber treffen bestimmte ex-ante und ex-post Veröffentlichungspflichten.

Nationale Verfahren

EU-Verfahren

Für alle EU-Verfahren existiert eine ex-post-Veröffentlichungspflicht. Der öffentliche Auftraggeber übermittelt spätestens 30 Tage nach der Vergabe eines öffentlichen Auftrags eine Vergabebekanntmachung mit den Ergebnissen des Vergabeverfahrens an das Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union (§ 39 Abs. 1 VgV, 18 EU Abs. 4 VOB/A).

XIII. Nachträge

Was sind Nachträge?

Während der Vertragsdurchführung kann sich herausstellen, dass bestimmte Leistungen erforderlich sind, um die beauftragte Leistung/ den beauftragten Erfolg erbringen zu können. Häufig ergibt sich, dass eine der beiden Vertragsparteien diese Umstände im Vergabeverfahren nicht berücksichtigt hat.

Vor allem in der Baupraxis kommt es daher bei vielen Vorhaben zu sogenannten Nachträgen. Ein Nachtrag lässt sich mit folgenden Merkmalen charakterisieren:

– Abweichung der tatsächlich zu erbringenden Leistung vom geforderten Soll, welche

– erst nach Vertragsabschluss gefordert bzw. erkennbar wird und

– eine Forderung des Auftragnehmers auf Vergütung für diese Abweichung beinhaltet.

Gibt es Nachträge nur bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen?

Hintergrund für diese Nachträge bei öffentlichen Aufträgen ist: Der Auftragnehmer ist grundsätzlich, unabhängig von den vertraglichen Vereinbarungen, verpflichtet, zusätzliche Arbeiten mitauszuführen, wenn die Arbeiten erforderlich sind, um den vertraglich vereinbarten Erfolg zu erreichen (§ 2 Abs. 6 VOB/B, § 2 Abs. 1 VOL/B).

Wann besteht ein Anspruch auf Nachtragsvergütung?

Ein Anspruch auf eine mit einem Nachtrag verbundene Anpassung der Vergütung besteht grundsätzlich, wenn die Änderung aus dem vertraglichen Verantwortungsbereich des Auftraggebers stammt (§ 2 Abs. 6 Nr.1 Satz 1 VOB/B, § 2 Abs. 1 VOL/B). Die Gründe, welche zu einem Nachtrag führen, können unterschiedlich sein, z.B.:

– eine fehlerhafte oder lückenhafte Leistungsbeschreibung. Hat der Auftraggeber die Leistungsbeschreibung erstellt, gehen Unvollständigkeiten oder Fehler grundsätzlich zu seinen Lasten,

– Anordnungen bzw. Eingriffe des Auftraggebers (z.B. Kündigung von Teilleistungen, Forderung nach zusätzlichen Leistungen, Fristenänderungen oder Forderung nach geänderte Leistungen gegenüber der geplanten Ausführung)

– unzureichende Mitwirkung des Auftraggebers (z.B. bei Bereitstellungspflichten von Ausführungsunterlagen)

Wann besteht kein Anspruch auf Nachtragsvergütung?

Resultiert die Nachtragsforderung hingegen aus einem Umstand, welcher aus dem Risikobereich des Auftragnehmers stammt, besteht seinerseits grundsätzlich kein Anspruch auf eine Anpassung der Vergütung (z. B. hat sich der Auftragnehmer bei seiner Kalkulation hinsichtlich Kosten wie Material, Arbeitskraft oder von der Länge der Bauzeit abhängige Kosten (Miete für Gerüst oder Maschinen) geirrt.

XIV. Nachprüfungsstelle

EU-Verfahren

Nachprüfende Stelle, bei EU-Verfahren ist die Vergabekammer bzw. der Vergabesenat des zuständigen OLG. Hinsichtlich der Angebotswertung ist die Entscheidung des AG nur dahingehend zu überprüfen, ob er

– seinen Beurteilungsspielraum erkannt hat (weiß der AG, dass er nicht nur eine bestimmte Entscheidung treffen kann?),

– die Grenzen des Beurteilungsspielraumes eingehalten (hält sich der AG innerhalb der durch die Ausschreibungsunterlagen vorgegebenen Rahmenbedingungen (Mindestanforderungen, Zuschlagskriterien, LV) und

– ist er nicht von sachfremden Erwägungen ausgegangen (hat der AG eine willkürliche Entscheidung getroffen, welche sich nicht sachlich begründen lässt?).

Nationale Verfahren

Eine Überprüfung nationaler Verfahren durch die Vergabekammer/ das Oberlandesgericht findet nicht statt.