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OLG Hamm zu der Frage, dass wenn ein Zivilgericht aufgrund von Indizien davon überzeugt ist, dass die Parteien eine sog. Ohne-Rechnung-Abrede getroffen haben, es die daraus folgende Nichtigkeit gem. § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG auch dann von Amts wegen zu berücksichtigen hat, wenn die Parteien übereinstimmend vortragen, eine solche Abrede habe es nicht gegeben

vorgestellt von Thomas Ax

1. Ist ein Zivilgericht aufgrund von Indizien davon überzeugt, dass die Parteien eine sog. Ohne-Rechnung-Abrede getroffen haben, hat es die daraus folgende Nichtigkeit gem. § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG auch dann von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn die Parteien übereinstimmend vortragen, eine solche Abrede habe es nicht gegeben.
2. Die Dispositionsmaxime des Zivilrechts findet in den Fällen ihre Grenze, in denen die Parteien gemeinsam vorsätzlich gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen. Die Folgen dieses Verstoßes können nicht durch übereinstimmenden wahrheitswidrigen Parteivortrag umgangen werden.
3. Es ist den Parteien nicht möglich, die Folgen des Gesetzes mit Hilfe zivilprozessualer Vorschriften nachträglich zu umgehen, wenn ein Zivilgericht von den Tatsachen überzeugt ist, die einen Verstoß gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG begründen.
OLG Hamm, Urteil vom 06.03.2024 – 12 U 127/22
vorhergehend:
LG Bochum, 07.09.2022 – 2 O 213/21


Tenor:

Die Berufungen des Klägers und des Beklagten gegen das am 07.09.2022 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum (Az. 2 O 213/21) werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 69 % und dem Beklagten zu 31 % auferlegt.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um wechselseitige Ansprüche aus einem vorzeitig beendeten Vertrag über die Erbringung von Gartenbauarbeiten auf dem Grundstück des Beklagten im ###-Straße ### in ###.

Der Kläger, der unter der Firma ### einen Garten- und Landschaftsbaubetrieb betreibt, begehrt von dem Beklagten die Zahlung von Werklohn. Der Beklagte verlangt widerklagend die Rückzahlung von nach seinem Vortrag geleisteten Abschlagszahlungen.

Der Kläger beabsichtigte, den Garten seines Grundbesitzes umzugestalten. Durch einen gemeinsamen Bekannten, Herrn ###, wurde der Kontakt zum Beklagten hergestellt. Die Parteien trafen sich Ende Mai 2020 am Grundstück des Beklagten und besprachen, welche Arbeiten durchgeführt werden sollten. Der Kläger erstellte daraufhin unter dem 05.06.2020 einen Kostenvorschlag über 16.645,00 Euro, der keine Mehrwertsteuer ausweist, und übermittelte diesen per E-Mail dem Beklagten. Wegen der Einzelheiten dieses Kostenvoranschlags wird auf die Anlage K1 zur Klageschrift Bezug genommen. Der Beklagte erklärte sich per WhatsApp am 26.07.2020 mit diesem Angebot einverstanden. Am 18.09.2020 nahm der Beklagte die Arbeiten auf; wegen winterlicher Witterung wurden sie am 15.12.2020 unterbrochen.

Die Arbeiten des Klägers wurden letztlich nicht fertiggestellt, die Zusammenarbeit der Parteien beendet. Sie trafen sich zu einem klärenden Gespräch. Der Beklagte hatte zuvor die aus seiner Sicht erbrachten Leistungen ermittelt und hierüber die Anlage K3 (Bl. 193 d. eA. II) zum Schriftsatz vom 07.03.2022 erstellt, auf die Bezug genommen wird. Danach errechnete er unter Berücksichtigung von behaupteten Abschlagszahlungen einen offenen Betrag von noch rund 1.700,00 Euro.

Am 20.04.2021 erteilte der Kläger eine Schlussrechnung über 21.843,96 Euro inklusive 16 % Umsatzsteuer, die der Beklagte nicht beglich. Stattdessen erklärte er mit Schreiben vom 07.06.2021 den Widerruf vom Vertrag und bot an, den von ihm selbst ermittelten noch offenen Betrag von 1.700,00 Euro zu zahlen.

Mit der Klage verfolgt der Kläger den Anspruch auf Zahlung des Rechnungsbetrags in Höhe von 21.843,96 Euro weiter. Der Beklagte verlangt widerklagend die Rückzahlung von seinem Vorbringen nach geleisteten Barzahlungen in Höhe von 10.000,00 Euro.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ein Widerrufsrecht des Beklagten bestehe nicht. Er hat behauptet, die in der Schlussrechnung abgerechneten Arbeiten mangelfrei erbracht zu haben. Er habe die durch Aufmaß ermittelten Mengen zutreffend in Ansatz gebracht.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 21.843,96 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2021 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, er sei gemäß §§ 312g Abs. 1, 355 BGB zum Widerruf des Vertrages berechtigt, weil der Vertrag ausschließlich über Fernkommunikationsmittel im Sinne des § 312c BGB zustande gekommen und er nicht über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei.

Hilfsweise hat der Beklagte behauptet, er habe an den Kläger bereits Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt 10.000,00 Euro in bar geleistet, und zwar am 02.10.2020 einen Betrag in Höhe von 5.000,00 Euro, am 30.10.2020 einen Betrag in Höhe von 3.000,00 Euro und am 04.12.2020 einen weiteren Betrag in Höhe von 2.000,00 Euro.

Weiter hilfsweise hat sich der Beklagte darauf berufen, der Kläger habe nicht sämtliche Arbeiten gemäß Angebot durchgeführt und ersparte Aufwendungen nicht in Abzug gebracht. Der Kläger sei trotz mehrfacher Bitte, weiterzuarbeiten, nicht mehr erschienen. Der Beklagte hat außerdem mit näheren Ausführungen vorgetragen, die Arbeiten seien nicht sach- und fachgerecht durchgeführt worden. Er hat den Umfang der abgerechneten Mengen und Leistungen bestritten.

Der Beklagte hat widerklagend beantragt,

den Kläger zu verurteilen, an ihn 10.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit der Zustellung der Widerklage zu zahlen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle vom 26.01. und 17.08.2022 Bezug genommen.

Das Landgericht hat sowohl die Klage als auch die Widerklage nach persönlicher Anhörung der Parteien sowie Vernehmung der Zeugen ### und ### abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Vergütungsanspruch des Klägers bestehe nicht, weil die Parteien nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine sog. Ohne-Rechnung-Abrede getroffen hätten, die nach § 134 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG die Nichtigkeit des gesamten Vertrages zur Folge habe. Der Kläger habe verbotene Schwarzarbeit geleistet, indem er insgesamt 10.000,00 Euro in bar und ohne Rechnungsstellung verlangt und entgegengenommen habe. Dies habe der Beklagte erkannt und bewusst zu seinem eigenen Vorteil ausgenutzt. Auch wenn die Ohne-Rechnung-Abrede nachträglich getroffen worden sei und sich nur auf einen Teil der vereinbarten Vergütung beziehe, sei der gesamte Vertrag nichtig. Aus diesem Grund könne auch der Beklagte die von ihm gezahlten 10.000,00 Euro nicht erstattet verlangen. Ein solcher Anspruch sei gemäß § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Hiergegen wenden sich die Parteien mit ihren Berufungen, mit denen sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihre erstinstanzlichen Klage- bzw. Widerklageziele weiterverfolgen. Sie tragen übereinstimmend vor, eine „Schwarzgeldabrede“ habe es nicht gegeben.

Der Kläger beanstandet unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen, das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Ohne-Rechnung-Abrede getroffen worden sei. Er sei der deutschen Sprache nur teilweise mächtig und habe geglaubt, dass Bauunternehmen in Deutschland, wenn sie die Mehrwertsteuer offen auswiesen, diese auch sofort an das Finanzamt abzuführen hätten. Dabei sei ihm der Unterschied zwischen Kostenvoranschlag und Rechnung nicht bewusst gewesen, so dass er davon ausgegangen sei, dass bereits ein Kostenvoranschlag die Zahlungspflicht an das Finanzamt auslöse. Aus diesem Grund habe er die Mehrwertsteuer in seinem Angebot nicht aufgeführt.

Der Kläger meint unter näheren Ausführungen zudem, das Landgericht sei zu Unrecht zu dem Beweisergebnis gelangt, der Beklagte habe an ihn 10.000,00 Euro in bar gezahlt.

Der Kläger beantragt,

das am 07.09.2022 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum teilweise abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 21.843,96 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2021 zu zahlen sowie

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

den Kläger unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn 10.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit der Zustellung der Widerklage zu zahlen sowiedie Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte beanstandet ebenfalls unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen, das Landgericht sei zu Unrecht von einer Ohne-Rechnung-Abrede ausgegangen. Er habe sich über die Steuerpflichtigkeit des Klägers keine Gedanken gemacht und sei davon ausgegangen, dieser werde sich um seine etwaigen Pflichten bezüglich steuerlicher Abgaben selbst kümmern.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die Terminsprotokolle vom 08.11.2023 und 06.03.2024 nebst dem zugehörigen Berichterstattervermerk Bezug genommen.

Der Senat hat die Parteien ergänzend persönlich zur Sache angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird ebenfalls Bezug genommen auf die Terminsprotokolle vom 08.11.2023 und 06.03.2024 nebst dem zugehörigen Berichterstattervermerk.

II.

Die zulässigen Berufungen haben in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage und die Widerklage zu Recht abgewiesen.

Wechselseitige Ansprüche der Parteien aus dem streitgegenständlichen Vertrag bestehen nicht, weil dieser nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig ist.

1. Diese Vorschrift enthält das Verbot zum Abschluss eines Werkvertrages, wenn dieser Regelungen enthält, die dazu dienen, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich aufgrund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. Das Verbot führt jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrages, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt (BGH, Urteil vom 01.08.2013 – VII ZR 6/13, Rn. 13; Urteil vom 11.06.2015 – VII ZR 216/14, Rn. 10; Urteil vom 16.03.2017 – VII ZR 197/16, Rn. 15).

Diese Voraussetzungen liegen hier zur Überzeugung des Senats vor. Der Kläger hat gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen, indem er bereits bei Vertragsschluss beabsichtigte, für die vereinbarte Vergütung keine Umsatzsteuer zu verlangen und abzuführen. Der Beklagte hat dies von Anfang an erkannt und bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt, indem er mit dem Beklagten ein um den Umsatzsteueranteil verringertes Entgelt vereinbart hat. Dies ist ausreichend, um einen zur Nichtigkeit des Vertrages führenden Verstoß gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG anzunehmen (BGH, Urteil vom 10.04.2014 – VII ZR 241/13, Rn. 13; Urteil vom 01.08.2013 – VII ZR 6/13, Rn. 23; Urteil vom 11.06.2015 – VII ZR 216/14, Rn. 10).

a) Das Landgericht hat es nach Beweisaufnahme für erwiesen angesehen, dass der Beklagte insgesamt 10.000,00 Euro in bar an den Kläger als Abschlagszahlungen auf den vereinbarten Werklohn übergeben hat.

aa) Nach § 529 Abs. 1 ZPO ist das Berufungsgericht an die vom erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.

Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinn ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte wollte der Gesetzgeber ausschließen (BGH, Urteil vom 08.06.2004 – VI ZR 230/03; Urteil vom 18.10.2005 – VI ZR 270/04, jeweils m.w.N.). Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen schon dann vor, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (BGH, Urteil vom 08.06.2004 – VI ZR 199/03; BGH, Urteil vom 18.10.2005 – VI ZR 270/04, jeweils m.w.N.). Konkrete Anhaltspunkte können sich aus gerichtsbekannten Tatsachen, aus dem Vortrag der Parteien oder aus dem angefochtenen Urteil selbst ergeben, aber auch aus Fehlern, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (BGH, Urteil vom 08.06.2004 – VI ZR 230/03 m.w.N.).

bb) Gemessen an diesen Grundsätzen bestehen vorliegend keine konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellung des Landgerichts begründen, wonach der Beklagte insgesamt 10.000,00 Euro in bar als Abschlagszahlungen auf die vereinbarte Vergütung an den Kläger übergeben hat. Die Beweiswürdigung des Landgerichts entspricht den von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelten Grundsätzen und Anforderungen. Auch sieht der Senat keinen Anlass, das Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme anders zu würdigen als das Gericht der Vorinstanz. Es spricht nichts dafür, dass im Fall einer erneuten Beweiserhebung durch den Senat die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt. Da der Senat die Aussagen der Zeugen nicht anders würdigt als das Landgericht, ist eine erneute Vernehmung der Zeugen nicht angezeigt. Der Senat folgt vollumfänglich der umfangreich und überzeugend begründeten Beweiswürdigung des Landgerichts, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird. Mit seinen hiergegen gerichteten Berufungsangriffen dringt der Kläger nicht durch. Er bringt insoweit keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Beweiswürdigung vor. Auch kann er in Bezug auf seinen Vortrag im Schriftsatz vom 31.08.2022 zur Widersprüchlichkeit der Zeugenaussagen keinen Gehörsverstoß geltend machen.

(1) Ohne Erfolg wendet der Kläger zunächst ein, die von den Zeugen bzw. dem Beklagten geschilderten Standorte zum Zeitpunkt der der Geldübergabe seien „nicht kompatibel“ und widersprüchlich. Das Landgericht hat sich im Rahmen der Beweiswürdigung argumentativ damit auseinandergesetzt, dass die Zeugen unter Bezugnahme auf das auf Bl. 64 d. eA. I befindliche Lichtbild leicht unterschiedliche Positionen der Parteien bei der Geldübergabe beschrieben haben. Dies hat das Landgericht – zutreffend – nicht als Umstand angesehen, welcher die Glaubhaftigkeit der Aussagen zu erschüttern vermag, weil die Zeugen einerseits erklärt hätten, dass sie sich nicht ganz sicher seien und sich die Parteien (jedenfalls) in der Nähe vor dem Esszimmerfenster befunden hätten. Dies ist nicht zu beanstanden.

(2) Vor diesem Hintergrund verfängt auch die – erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 31.08.2022 vorgebrachte – Behauptung des Klägers nicht, der Zeuge ### habe von seinem geschilderten Standort die Geldübergabe nicht sehen können. Es ist nicht eindeutig festgestellt, an welcher genauen Position das Geld übergeben wurde. Insbesondere hat auch der Zeuge ### unter Vorhalt des Lichtbilds angegeben, er könne nicht genau sagen, wo die Parteien bei der Geldübergabe gestanden hätten. Er hat lediglich geschätzt, dass dies etwas unterhalb des Bildausschnitts gewesen sei. Unstimmigkeiten in Bezug auf den exakten Ort der Geldübergabe sind aber rechtsfehlerfrei ohne Einfluss auf die Überzeugungsbildung geblieben, dass die Geldbeträge wie festgestellt tatsächlich übergeben wurden. Hinzu kommt, dass die Zeugen auch nur anlässlich einer von drei Geldübergaben ausgesagt haben, diese selbst gesehen zu haben. Entsprechend musste auch kein Ortstermin stattfinden.

(3) Es spricht ferner nicht gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen ### betreffend die getätigten Barzahlungen, dass dieser zunächst angegeben hatte, er habe den Bargeldanteil, welchen er dem Beklagten zur Verfügung gestellt habe, jeweils zeitnah „abgehoben“, was er später dahingehend korrigiert hat, dass er das Bargeld nicht abgehoben, sondern im Safe gehabt habe. Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich aus dieser Korrektur nicht ohne Weiteres der Schluss ziehen, dass die Angaben des Zeugen ### zu den Bargeldübergaben des Beklagten an den Kläger unwahr sind. Vielmehr bezog sich dieser Teil seiner Aussage allein auf die Frage der Herkunft des von ihm zur Verfügung gestellten Betrages, wobei er seine Aussage insoweit zeitnah berichtigt hat.

(4) Schließlich wird auch vom Kläger kein „objektiv unmöglicher Negativbeweis“ verlangt. Er ist „den Personen, die dem Beklagten nahestehen“, nicht „schutzlos ausgeliefert“. Vielmehr oblag es zunächst dem Beklagten nachzuweisen, dass er die behaupteten Bargeldzahlungen geleistet hat. Diesen Beweis hat er geführt, wobei die Beweiswürdigung ureigenste Aufgabe des Tatgerichts ist und eine richterliche Kontrolle der Aussagen stattgefunden hat.

cc) Ungeachtet dessen hat der Senat die Parteien – zu anderen noch offenen Fragen – ergänzend persönlich angehört.

(1) Die Angaben des Beklagten zu den Geldübergaben sind glaubhaft. Er hat anschaulich erläutert, dass der Kläger Vorschusszahlungen verlangt habe, weil dieser den Materialeinkauf nicht habe „stemmen“ können. Er, der Beklagte, habe jedes Mal eine Quittung verlangt, sei aber vertröstet worden. Er erinnere sich noch genau, dass sie das Geld durchgezählt hätten, weil man so viel üblicherweise nicht zu Hause habe. Dies ist nachvollziehbar, und der Beklagte wirkte bei der Darstellung dieser Ereignisse auch relativ frei und unbefangen. Lediglich bei der Befragung zur im Raume stehenden „Schwarzgeldabrede“ wurde er jedes Mal verlegen, zeigte körperliche Reaktionen und konnte nicht spontan antworten. Umso glaubhafter wirkten jedoch damit seine relativ unbefangenen Angaben zu den Zahlungen, bei denen er derartige Reaktionen nicht zeigte.

(2) Demgegenüber glaubt der Senat dem Kläger – insbesondere auch vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen – nicht, dass die behaupteten Zahlungen nicht geflossen sind. Er hat selbst geschildert, dass ihm nicht ausreichend Geld zur Verfügung gestanden und er sich deshalb Geld bei seinem Cousin geliehen habe. Die von ihm gestellten Frage, warum der Beklagte nur vor Ort und nicht auch per WhatsApp oder auf anderem Weg nach einer Quittung gefragt habe, lässt sich ohne Weiteres damit beantworten, dass hier eine Steuerhinterziehung beabsichtigt war (vgl. dazu nachstehend unter lit. b)), der Beklagte ihm seinerzeit vertraute und der Kläger nach den Angaben der Zeugen damit gedroht hatte, ohne weitere Vorschussleistungen die Arbeiten nicht fortzusetzen.

b) Der Senat ist (auch) aufgrund der persönlichen Anhörung der Parteien mit der hierfür erforderlichen Sicherheit (§ 286 Abs. 1 ZPO) davon überzeugt, dass der Kläger bereits bei Vertragsschluss – und nicht erst wie vom Landgericht angenommen bei Zahlung der Barbeträge – beabsichtigte, für die vereinbarte Vergütung keine Umsatzsteuer zu verlangen und abzuführen, und dass der Beklagte dies von Anfang an erkannte und bewusst zu seinem Vorteil ausnutzte, indem er mit dem Beklagten ein Entgelt vereinbarte, das keinen Umsatzsteueranteil enthielt, um so selbst von der Steuerersparnis zu profitieren.

Dies ergibt sich aus der Würdigung der Gesamtumstände.

aa) Der Senat ist überzeugt, dass der Kläger bereits bei Vertragsschluss beabsichtigte, für den vereinbarten Werklohn keine Umsatzsteuer zu verlangen und abzuführen, weil im – von ihm selbst erstellten – Kostenvoranschlag eine Spalte „Steuerpflichtig?“ enthalten und dort in der ersten Zeile das Wort „Nein“ vermerkt ist. Im Folgenden ist dann auch ausdrücklich keine Mehrwertsteuer ausgewiesen, sondern vielmehr in der dafür vorgesehenen Zeile lediglich ein „- Euro“ vermerkt. Zusätzlich haben die Parteien keinen schriftlichen Vertrag geschlossen, sondern sich lediglich mündlich geeinigt. Es wurden – wie vorstehend unter lit. a) bb)) näher begründet – insgesamt 10.000,00 Euro in bar geleistet. Dabei hatte der Kläger weder vor noch nach diesen Zahlungen eine Abschlagsrechnung erstellt. Auch hat er selbst auf mehrmalige Nachfragen seitens des Beklagten keine Quittungen erteilt. All dies diente der Verheimlichung verbotener Schwarzarbeit im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG. Hinzu tritt, dass die Parteien unstreitig über einen gemeinsamen Bekannten in Kontakt kamen, die Geschäftsbeziehung also ihren Ursprung im privaten Bereich hatte.

bb) Auch die diesbezüglichen Erläuterungen des Klägers in der Berufungsinstanz vermögen diese Überzeugung des Senats nicht zu erschüttern.

(1) Der Kläger hat ausführen lassen, er sei Türke, halte sich zwar seit einigen Jahren in Deutschland auf, sei des Deutschen aber nur teilweise mächtig. Bei Beginn seiner Tätigkeit sei ihm in steuerlicher Hinsicht erläutert worden, dass Bauunternehmen in Deutschland, wenn sie eine Mehrwertsteuer offen auswiesen, diese auch sofort an das Finanzamt abzuführen hätten. Dabei sei ihm der Unterschied zwischen Kostenvoranschlag und Rechnung nicht bewusst gewesen. Er sei also davon ausgegangen, dass bereits ein Kostenvoranschlag eine Zahlungspflicht an das Finanzamt auslöse und habe aus diesem Grunde die Mehrwertsteuer in seinem Angebot nicht aufgeführt. Nach Erbringung seiner Leistungen habe er dann ordnungsgemäß in seiner Rechnung die Mehrwertsteuer offen ausgewiesen. Der Grund für dieses eigenartige Verhalten liege also eindeutig darin, dass ihm aufgrund seiner türkischen Herkunft und seiner geringen Deutschkenntnisse bei Erteilung des Angebots die Modalitäten des hiesigen Steuerrechts nicht hinreichend deutlich bekannt gewesen seien.

(2) Dies überzeugt nicht. Im Gegenteil ist die Angabe, ihm sei der Unterschied zwischen Kostenvoranschlag und Rechnung nicht bewusst gewesen, nicht glaubhaft. Auch wenn er seinerzeit noch nicht lange als Unternehmer tätig gewesen sein sollte, ist jedem, der am Geschäftsleben teilnimmt, bewusst, dass ein Kostenvoranschlag lediglich dazu dient, Verhandlungen zu führen, einen Vertragsschluss vorzubereiten, und für sich allein noch keine Rechtsfolgen auslöst, insbesondere auch nicht im Sinne einer Umsatzsteuerpflicht. Auch durch sprachliche Barrieren, die der Senat im Rahmen der Anhörung des Klägers überdies nicht hat feststellen können, lässt sich dies nicht erklären.

cc) Es ist ferner nicht davon auszugehen, dass der Kläger nach § 19 Abs. 1 UStG von der Verpflichtung zur Abführung von Umsatzsteuer befreit war. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung durch den Senat hat der Kläger zwar angegeben, er habe ein „Kleinunternehmen“. Der streitgegenständliche Auftrag sei sein erster Auftrag gewesen. Er habe in den vergangenen Jahren einen Umsatz von insgesamt nur „so 25.000,00 Euro“ gemacht. Dies ist jedoch nicht glaubhaft. Denn allein der hier in Rede stehende Kostenvoranschlag erreichte eine Nettosumme von 19.807,55 Euro, sodass es schon fernliegend erscheint, dass der Kläger als Kleinunternehmer tätig war.

Entscheidend steht die Behauptung des Klägers, er sei Kleinunternehmer gewesen, jedoch im Widerspruch zum Inhalt der streitgegenständlichen Schlussrechnung. Denn dort werden 16 % Umsatzsteuer in Rechnung gestellt und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Klägers angegeben. Für Kleinunternehmer gilt aber nach § 19 Abs. 1 Satz 4 UStG das „Verbot“ des gesonderten Ausweises der Steuer in einer Rechnung; da der Kleinunternehmer keine Umsatzsteuer schuldet, ist er im Gegenzug auch nicht zum Ausweis von Umsatzsteuer in der von ihm ausgestellten Rechnung berechtigt (Mrosek in Wäger, UStG, 2. Aufl. 2022, § 19 UStG, Rn. 23). Überdies muss eine Rechnung gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG den Hinweis auf den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf enthalten, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt. Letzteres war weder im Kostenvoranschlag noch in der Rechnung der Fall, geschweige denn, dass eine Abschlagsrechnung mit diesem Hinweis erteilt worden wäre. Wenn eine Umsatzsteuerbefreiung vorgelegen hätte, hätte es dazu nahegelegen, eine entsprechende Bescheinigung zu den Akten zu reichen. Dies ist aber nicht geschehen. Schließlich ist der Kläger auf den Vorhalt, dass das Angebot bereits am 05.06.2020 erstellt worden sei, die Gewerbeanmeldung aber erst im September 2020 erfolgt sein soll, zunächst ausgewichen, und er hat erklärt, er gebe keine Stellungnahme ab. Dann hat er ausgeführt, sein Steuerberater habe ihm gesagt, er könne das Angebot schreiben. Auch diese Umstände sprechen für die Absicht des Klägers, Steuern zu hinterziehen.

dd) Der Beklagte hat die Absicht des Klägers, für den vereinbarten Werklohn keine Umsatzsteuer zu verlangen und abzuführen, zur Überzeugung des Senats bereits bei Vertragsschluss erkannt und bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt.

(1) Zwar mag der Beklagte, wie er hat ausführen lassen, davon ausgegangen sein, um etwaige Pflichten des Klägers bezüglich steuerlicher Abgaben werde sich dieser selbst kümmern. Es ist jedoch nicht glaubhaft, dass er sich über die Steuerpflichtigkeit des Klägers keine Gedanken gemacht haben will. Denn im Angebot des Klägers war die Steuerpflichtigkeit ausdrücklich erwähnt und verneint bzw. das Feld für die Mehrwertsteuer mit „- Euro“ ausgefüllt. Dass er dieses gedankenlos hingenommen haben will, wenn er einen ihm bis dahin unbekannten Unternehmer beauftragt hat, ist lebensfremd.

(2) Wenn er dann noch zusätzlich ausschließlich Barzahlungen tätigte, ohne dass hierfür eine Abschlagsrechnung erstellt worden war, sprechen diese Umstände für ein einvernehmliches Zusammenwirken der Parteien, um zu Lasten des Finanzamtes Steuern, sprich Geld, zu sparen.

(3) Dies entsprach auch durchaus der Lebenslage der Parteien. Beide haben erklärt, wenig Geld zur Verfügung zu haben. Der Kläger hat erklärt, er werde von seinem Neffen unterstützt, mit dem er zusammenlebe. Dem Beklagte wurden wesentliche Barmittel für die Haussanierung von seinem Vater zur Verfügung gestellt. Der Beklagte hat im Rahmen seiner Anhörung vor dem Senat selbst erklärt, die Kosten hätten möglichst gering gehalten werden sollen. Erschwerend kommt hinzu, dass das Geld – so die Aussage des Zeugen ### – wohl auch zu Hause bereits bar vorgehalten wurde.

(4) Hinzu kommt, dass der Beklagte selbst ein Aufmaß erstellt hat, auf dessen Grundlage er die aus seiner Sicht dem Kläger zustehende Vergütung ermittelt und ihm ein Vergleichsangebot unterbreitet hat. Dabei berücksichtigen dieses „Aufmaß“, die hierauf beruhende Berechnung sowie das Vergleichsangebot die Umsatzsteuer wiederum nicht. Auch ein „geschäftsunerfahrener Verbraucher“ weiß aber, dass grundsätzlich auf Waren und Dienstleistungen Umsatzsteuern gezahlt werden müssen. Dies gilt für den Beklagten erst recht, weil er – wie er selbst im Rahmen seiner persönlichen Anhörung durch den Senat dargestellt hat – im Rahmen der umfangreichen Sanierung der Immobilie sowohl bestreffend die hier in Rede stehenden Arbeiten als auch betreffend andere Gewerke jeweils Angebote von mehreren Handwerksunternehmen eingeholt hat, die er mit seinem Vater durchging. Damit kann ihm die Pflicht zur Zahlung von Umsatzsteuer nicht entgangen sein.

(5) Der Beklagte hat zudem eingeräumt, dass von ihm beauftragte andere Unternehmen Abschlagszahlungen verlangt hätten, diese aber „großteils als Abschlagszahlung über Rechnung“ gefordert hätten. Bei den Angeboten der anderen Garten- und Landschaftsbauer sei die Steuerpflicht ausgewiesen gewesen. Seine Angabe, dass er nicht darauf geachtet habe, dass hier die Steuer nicht ausgewiesen gewesen sei, ist deshalb nicht glaubhaft. Denn er hat auch ausgeführt, dass er auf den Endpreis geachtet, zugleich aber keine schlechte Qualität gewollt habe. Es liegt deshalb nahe, dass die Angebote auch auf inhaltliche Unterschiede abgeglichen wurden und damit das Fehlen der Umsatzsteuer schon deshalb offensichtlich war, weil sie im Angebot ausdrücklich erwähnt ist. Darüber hinaus ist der Kläger nach seinen Angaben als Angestellter im kaufmännischen Bereich in der Lagerlogistik tätig. Auch wenn er eher im Lager als im Büro arbeitet, ist ihm damit aber die grundsätzliche Umsatzsteuerpflicht bekannt.

(6) Schließlich war bei seiner Anhörung besonders auffällig, dass er in der Lage gewesen ist, Fragen grundsätzlich spontan und offen zu beantworten, bei Fragen nach der Steuerpflicht jedoch jedes Mal mit einer Antwort gezögert, unsicher gewirkt und körperlich reagiert hat. So errötete er sichtlich bei dem Thema, dass die Steuer im Angebot nicht ausgewiesen sei, und er hat verlegen seine Hände gerieben.

2. Die Schaffung des Schwarzarbeitstatbestandes des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG führt dazu, dass die Verstöße gegen steuerrechtliche Pflichten bereits ohne Weiteres zur Nichtigkeit des gesamten zugrundeliegenden Werkvertrages führen; eine isolierte Prüfung nur der Ohne-Rechnung-Abrede erfolgt nicht (BGH, Urteil vom 01.08.2013 – VII ZR 6/13, Rn. 29). Die Nichtigkeit des Vertrages ist grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen (Kniffka in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, Teil 4, Rn. 30a m.w.N.). Ein Verstoß gegen das SchwarzArbG muss nicht immer ausdrücklich vorgetragen werden (KG, Urteil vom 08.08.2017 – 21 U 34/15). Eine Häufung von Indizien kann dazu Anlass geben, einen Verstoß gegen das Schwarzarbeitsverbot auch dann anzunehmen, wenn sich – wie hier – keine Partei auf eine solche Abrede beruft (OLG Schleswig, Beschluss vom 20.12.2016 – 7 U 49/16; OLG Brandenburg, Urteil vom 31.08.2023 – 10 U 207/22 m.w.N.).

Vorliegend haben die Parteien jedoch übereinstimmend vorgetragen, sie hätten keine Ohne-Rechnung-Abrede getroffen, womit die Voraussetzungen einer Nichtigkeit gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nicht mehr vorlägen. Die Frage, ob ein Zivilgericht an eine solche unstreitige Behauptung gebunden ist, selbst wenn Indizien gegen ihre Richtigkeit sprechen, ist streitig.

a) Nach einer Auffassung ist ein Zivilgericht unter der Geltung des Beibringungsgrundsatzes an die Behauptung der Parteien gebunden (KG, Urteil vom 08.08.2017 – 21 U 34/15; Kniffka in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, a.a.O., Teil 4, Rn. 30a; Voit, NJW 2017, 3795; Eimler, NZBau 2018, 155; Rehbein, IBR 2017, 717; Selle, IBR 2022, 301). Die vom SchwarzArbG zu Recht erwünschte Sanktionierung von Schwarzarbeit erfordere es nicht, hier von den Grundsätzen des Zivilprozesses abzurücken. Denn das Zivilgericht sei verpflichtet, die Anhaltspunkte für den Verstoß gegen das SchwarzArbG den Steuerbehörden oder der Staatsanwaltschaft mitzuteilen. Eine zivilrechtliche Sanktionierung durch die Nichtigkeitsfolge gemäß § 134 BGB sei aber weder möglich noch erforderlich, wenn sich die hiervon ggf. profitierende Partei nicht darauf berufe. Denn auch im Geltungsbereich von § 134 BGB werde im Zivilprozess nicht die Amtsermittlung eingeführt, sondern bleibe es bei der Geltung des Beibringungsgrundsatzes (KG Berlin, a.a.O., Rn. 53).

b) Nach anderer Auffassung ist ein Zivilgericht trotz des übereinstimmenden gegenteiligen Vorbringens der Parteien, es sei keine Absprache zum Zweck der Steuerverkürzung getroffen worden, nicht an dermaßen „unstreitiges“ Vorbringen gebunden (OLG Oldenburg, Urteil vom 30.10.1996 – 2 U 151/96; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 138, Rn. 7). Es seien vornehmlich Ausnahmen zu machen für betrügerisches Zusammenwirken der Parteien und für das Geständnis solcher Tatsachen, die das Gericht als offenkundig unwahr erkenne (OLG Oldenburg, a.a.O. unter Berufung auf BGH, Urteil vom 24.05.1962 – VII ZR 46/61). Die Parteien könnten nicht allein durch übereinstimmendes einfaches Leugnen einer Schwarzgeldabrede diese Überzeugungsbildung aufgrund von Anknüpfungstatsachen unterbinden, vielmehr müssten Umstände, Beweggründe und Herkunft der Gelder plausibel erklärt werden (LG Wuppertal, Urteil vom 04.04.2019 – 7 O 258/18). Mit dem durch das Gesetz verfolgten Zweck der Bekämpfung der Schwarzarbeit sei es unvereinbar, wenn die Parteien nichtige Verträge gleichwohl durchführen und vertragliche Streitigkeiten von den Gerichten entscheiden lassen könnten, wenn sie es nur verstünden, die Schwarzarbeit zu verheimlichen. Deshalb könne es in dem Fall, dass Indizien für Schwarzarbeit sprächen, nicht genügen, dass beide Parteien die Vereinbarung von Schwarzarbeit schlicht leugneten (LG Potsdam, Urteil vom 16.05.2023 – 6 O 341/21).

c) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an.

Ist ein Zivilgericht aufgrund von Indizien davon überzeugt, dass die Parteien eine sog. Ohne-Rechnung-Abrede getroffen haben, hat es die daraus folgende Nichtigkeit gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG auch dann von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn die Parteien übereinstimmend vortragen, eine solche Abrede habe es nicht gegeben.

Gemäß § 138 Abs. 1 ZPO haben die Parteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. Zwar sind nach § 138 Abs. 3 ZPO Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht. Diese Dispositionsmaxime des Zivilrechts findet jedoch in den Fällen ihre Grenze, in denen die Parteien – wie hier – gemeinsam vorsätzlich gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen. Die Folgen dieses Verstoßes können nicht durch übereinstimmenden wahrheitswidrigen Parteivortrag umgangen werden.

Ziel des Gesetzes ist es, die Schwarzarbeit schlechthin zu verbieten und den Leistungsaustausch zwischen den „Vertragspartnern“ zu verhindern. Es will nicht nur den tatsächlichen Vorgang der Schwarzarbeit eindämmen, sondern im Interesse der wirtschaftlichen Ordnung den zugrundeliegenden Rechtsgeschäften die rechtliche Wirkung nehmen (BGH, Urteil vom 16.03.2017 – VII ZR 197/16, Rn. 18 m.w.N.). Durch das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz soll nicht allein der Steuerhinterziehung begegnet und damit ein fiskalischer Zweck verfolgt werden; mit der gesetzlichen Regelung soll vielmehr auch die mit der Schwarzarbeit einhergehende Wettbewerbsverzerrung verhindert oder zumindest eingeschränkt werden. Sie dient damit auch dem Schutz gesetzestreuer Unternehmer und Arbeitnehmer. Diesem Ziel ist nicht dadurch gedient, Parteien, die sich – nachträglich – für die Durchführung eines verbotenen Geschäfts entschieden haben, dieses Vorhaben mit Rechtswirkungen im Rahmen des Erlaubten zu ermöglichen (BGH, a.a.O., Rn. 21 m.w.N.).

Das gilt nach Auffassung des Senats auch dann, wenn die Parteien sich – wie hier – zunächst auf die Durchführung eines verbotenen Geschäfts geeinigt haben, dies dann aber nachträglich durch bloße prozessuale Behauptungen bzw. schlichtes Leugnen quasi zu einem legalen Geschäft erklären wollen. Entgegen der vorstehend unter II. 2. a) dargestellten Auffassung geht es nicht darum, den Amtsermittlungsgrundsatz auch im Zivilrecht anzuwenden und vom Beibringungsgrundsatz abzuweichen. Vielmehr soll es den Parteien nicht ermöglicht werden, die Folgen des Gesetzes mit Hilfe zivilprozessualer Vorschriften nachträglich zu umgehen, wenn ein Zivilgericht von den Tatsachen überzeugt ist, die einen Verstoß gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG begründen. Wer bewusst das im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz enthaltene Verbot missachtet, soll nämlich nach der Intention des Gesetzgebers schutzlos bleiben und veranlasst werden, das verbotene Geschäft nicht abzuschließen (BGH, Urteil vom 11.06.2015 – VII ZR 216/14, Rn. 17 m.w.N.). Dieses Ziel würde nicht ausreichend erreicht, wenn es in der Hand der Parteien läge, nachträglich durch offensichtlich wahrheitswidrigen Prozessvortrag die Nichtigkeitsfolgen ihres Vertrages zu umgehen.

3. Da der Vertrag nichtig ist, hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Vergütung aus § 631 Abs. 1 BGB.

Auch ein Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag besteht nicht, weil der Kläger seine Aufwendungen im Hinblick auf den mit der Ausführung des Geschäfts verbundenen Verstoß gegen das Verbotsgesetz des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nicht für erforderlich halten durfte (vgl. BGH, Urteil vom 10.04.2014 – VII ZR 241/13, Rn. 14 m.w.N.).

Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch ist gemäß § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen (BGH, a.a.O., Rn. 17 ff. m.w.N.).

Schließlich ist auch ein Anspruch aus § 951 Abs. 1, § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB jedenfalls nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen (BGH, a.a.O., Rn. 30).

4. Schließlich steht dem Beklagten der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Barbeträge aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht zu. Denn auch bereicherungsrechtliche Ansprüche des Bestellers, der sich auf den Abschluss eines gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßenden Werkvertrags eingelassen hat, sind nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015 – VII ZR 216/14, Rn. 14-17).

Da sein Widerruf wegen Nichtigkeit des Vertrags ins Leere ging, bestehen auch keine Ansprüche aus §§ 355 Abs. 3 Satz 1, 357 Abs. 1, 312g Abs. 1 BGB, unabhängig von der Frage, ob der Beklagte überhaupt zum Widerruf berechtigt war.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 ZPO.