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OLG Oldenburg zu der Frage, dass sich ein zur Fälligkeit der Werklohnforderung führendes Abrechnungsverhältnis nicht allein daraus ergibt, dass der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Bauvertrags gem. § 103 InsO abgelehnt hat

vorgestellt von Thomas Ax

Ein zur Fälligkeit der Werklohnforderung führendes Abrechnungsverhältnis ergibt sich nicht allein daraus, dass der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Bauvertrags gem. § 103 InsO abgelehnt hat.
OLG Oldenburg, Urteil vom 23.04.2024 – 2 U 128/23
vorhergehend:
LG Oldenburg, 24.11.2023 – 5 O 1825/21

 
Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 24.11.2023 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer Landgerichts Oldenburg (5 O 1825/21) wird mit der Maßgabe auf seine Kosten zurückgewiesen, dass die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen wird.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

3. Die Revision des Klägers wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen des ### (Schuldner) restlichen Werklohn von der Beklagten.

Gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil einschließlich der Anträge Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die vom Kläger weiterverfolgte Werklohnforderung des Schuldners nicht fällig sei. Es fehle an einer nach der Beweisaufnahme nicht feststellbaren Abnahme durch die Beklagte, welche diese wegen wesentlicher Mängel sowie ausstehender Restleistungen auch zu Recht verweigere. Es lägen nach den zuletzt nicht mehr angegriffenen Ausführungen des beauftragten Sachverständigen Mängel vor. Ein Teil dieser Mängel zöge bezifferbare Beseitigungskosten in Höhe von 6.104,70 € brutto nach sich. Ferner bestünden erhebliche Mängel, für die neben dem Schuldner auch die Beklagte wegen einer unzureichenden Planung und Ausschreibung verantwortlich sei, was teilweise deren Beteiligung unter dem Gesichtspunkt von Sowiesokosten rechtfertige. Der Kostenaufwand für die Beseitigung dieser Mängel stünde nicht fest, was unerheblich sei. Sie seien funktionaler Natur und führten gemeinsam mit denjenigen Mängeln, deren Beseitigungsaufwand feststehe, sowie den ausstehenden Restleistungen dazu, dass die Abnahmereife nicht gegeben sei. Der Umstand, dass der Kläger gem. § 103 InsO die Nichterfüllung des Vertrages gewählt habe, begründe kein unabhängig von der Abnahme die Fälligkeit des Werklohnanspruchs nach sich ziehendes Abrechnungsverhältnis. Die Klage sei indes als endgültig unbegründet abzuweisen, weil der Kläger die Fälligkeit durch die Wahl der Nichterfüllung i.S.d. § 103 InsO nicht mehr herbeiführen könne.

Gegen dieses Urteil wendet der Kläger sich mit seiner Berufung. Er meint, die Wahl der Nichterfüllung des Bauvertrages durch ihn gem. § 103 InsO führe für sich genommen und unabhängig von der Abnahme oder Abnahmereife zu einem die Fälligkeit der Vergütungsforderung auslösenden Abrechnungsverhältnis. Das ergäbe sich aus grundsätzlichen Erwägungen zu § 103 InsO und den Besonderheiten des vorliegenden Streitfalls wie der Bereitschaft des Schuldners zur Leistungserbringung sowie einem Annahmeverzug der Beklagten vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Darüber hinaus meint der Kläger, das seitens des Schuldners hergestellte Werk weise lediglich unwesentliche Mängel auf, die einer Abnahme nicht entgegenstünden, woraus die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs folge. Die durch den Sachverständigen festgestellten Mängel, die mit einem Aufwand von 6.104,70 € brutto zu beseitigen seien, stünden dem nicht entgegen. Die weiteren durch das Landgericht angenommenen Mängel, für die ein Beseitigungsaufwand nicht feststünde, könnten der Abnahmereife nicht entgegenstehen, weil die ihnen zugrundeliegenden Arbeiten vom Schuldner angesichts der vorgefundenen Bausubstanz gar nicht anders hätten ausgeführt werden können, sondern eine andere, nicht vorgegebene Planung vorausgesetzt hätten, deren Umsetzung mit erheblichen Eingriffen in die Bausubstanz verbunden gewesen wäre. Deswegen sei es dem Kläger nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt, die Abnahme wegen dieser Mängel zu verweigern.


Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 24.11.2023 zum AZ 5 O 1825/21 aufzuheben und die Beklagte entsprechend der erstinstanzlichen Anträge zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt sowie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen des weitergehenden Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist im Wesentlichen unbegründet und führt allein zu der aus dem Tenor ersichtlichen Änderung, dass die Klage mangels Fälligkeit als derzeit unbegründet abgewiesen wird.

Dem aufgrund des § 80 Abs. 1 InsO prozessführungsbefugten Kläger steht ein fälliger Anspruch auf den geltend gemachten Werklohn des Schuldners gem. §§ 631 Abs. 1, 650a BGB nicht zu. Die Werkleistung ist weder abgenommen noch abnahmereif. Ferner kommt weder die Fälligkeit gem. § 641 Abs. 2 BGB (Durchgriffsfälligkeit) noch die Fälligkeit auf Grundlage eines Abrechnungsverhältnisses in Betracht.

1. Die Werkleistung des Schuldners ist weder ausdrücklich noch konkludent durch die Beklagte abgenommen worden. Gegen diese durch das Landgericht nach Beweisaufnahme getroffene Feststellung bringt die Berufung nichts vor. Auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils wird insoweit verwiesen.

2. Die Fälligkeit der Werklohnforderung ergibt sich auch nicht über die Abnahmereife der Werkleistung.

Zwar kann im Falle des Zusammentreffens einer unberechtigten Abnahmeverweigerung des Bestellers mit der Abnahmereife des Werks der Unternehmer unmittelbar auf Zahlung des Werklohns klagen. In seinem Zahlungsantrag liegt ein konkludentes Abnahmeverlangen (vgl. OLG Nürnberg, NZBau 2021, 539 Rn. 9 ff. m.w.N.). Allerdings ist die Leistung des Schuldners, deren Erfüllung der Kläger i.S.d. § 103 InsO abgelehnt hat, nicht abnahmereif. Sie weist nicht nur unwesentliche Mängel auf.

a) Der Kläger trägt als Prozessstandschafter des Auftragnehmers die Beweislast dafür, dass die Mängel der Werkleistung des Schuldners unwesentlich sind. Diesen Beweis hat er nicht erbracht. Vielmehr steht auf Grundlage der Gutachten des Sachverständigen EE fest, dass die Mängel der Werkleistung der Klägerin nicht unwesentlich sind und die Beklagte deswegen berechtigen, die Abnahme zu verweigern.

Die Frage, wann ein Mangel unwesentlich ist, ist einer generalisierenden Betrachtung nicht zugänglich, sondern immer am Einzelfall zu entscheiden (vgl. BGH NJW 1981, 1448, 1449 zu § 12 Abs. 3 VOB/B). Es bedarf der Abwägung der beiderseitigen Interessen dahin, ob es für den Auftraggeber zumutbar ist, sich auf eine zügige Abwicklung des gesamten Vertragsverhältnisses einzulassen und so auf die vor der vollzogenen Abnahme bestehenden Vorteile zu verzichten (vgl. Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeilt/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., Teil 3 Rn.6). In die Bewertung sind der Umfang der Mängelbeseitigungsmaßnahmen, insbesondere die Höhe der Mängelbeseitigungskosten (BGH a.a.O.; BauR 2000, 1482), aber auch die Auswirkungen des Mangels auf die Funktionsfähigkeit des Gesamtwerks und das Maß der Beeinträchtigung einzustellen (vgl. Werner/Pastor, 17. Auflage, Rn. 1787; OLG München Urteil vom 15. Januar 2008 – 13 U 4378/07 -). Eine fühlbare Beeinträchtigung der Funktionalität bzw. Gebrauchsfähigkeit eines Bauwerks, zieht regelmäßig die Einstufung des Mangels als wesentlich nach sich (vgl. Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., Teil 3 Rn.6). Liegen mehrere Mängel vor, ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich.

b) Diese Kriterien berücksichtigend geht der Senat vorliegend von wesentlichen Mängeln im Gewerk des Schuldners aus.

aa) Zunächst steht fest, dass die vom Landgericht mit insgesamt 6.104,70 € bezifferten Mängelpunkte vorliegen. Auf die insoweit durch die Berufung nicht angegriffenen Ausführungen des Landgerichts (S. 9 – 11 LGU) wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

bb) Damit hat es indes nicht sein Bewenden. Denn überdies bestehen erhebliche Mängel in Bezug auf die Entwässerung:

(…)

Es steht mithin angesichts der insoweit vom Kläger nicht in Abrede genommenen tatsächlichen Feststellungen fest, dass die Entwässerung des Daches und der Balkone nicht ordnungsgemäß hergestellt, sondern erheblich mangelbehaftet ist.

Der Annahme der Mangelhaftigkeit steht nicht entgegen, dass die Mängel weitgehend auch darauf beruhen, dass die Entwässerung der Flächen und Balkone unzureichend geplant und ausgeschrieben war. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes weist ein Werk nicht die vereinbarte Beschaffenheit auf und ist damit mangelbehaftet, soweit es nicht die vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktionstauglichkeit erreicht (vgl. BGH NZBau 2008, 109, 110). Das wiederum gilt unabhängig von der Frage, ob die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben oder die anerkannten Regeln der Technik eingehalten wurden (vgl. BGH a.a.O.). Ist die Funktionstauglichkeit für den vertraglich vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch vereinbart und ist dieser Erfolg mit der vertraglich vereinbarten Leistung respektive Ausführungsart oder den anerkannten Regeln der Technik nicht zu erreichen, schuldet der Auftragnehmer dennoch die vereinbarte Funktionstauglichkeit (vgl. BGH a.a.O.). Reicht mit anderen Worten die Umsetzung der Leistungsbeschreibung (Leistungssoll) nicht aus, um ein funktionstaugliches Werk herzustellen, liegt ein Mangel trotz Erfüllung der Leistungsbeschreibung vor, soweit das Werk nicht funktionstauglich ist (Erfolgssoll verfehlt). Das gilt selbst dann, wenn die Funktionsuntauglichkeit auf vom Besteller bindend vorgegebener Leistungsbeschreibung, auf fehlerhafter Planung des Bestellers bzw. seines Architekten oder einer fehlerhaften Vorunternehmerleistung beruht. Der Werkunternehmer kann sich in diesen Fällen seiner Verantwortung für den Mangel seines Werks nur durch die Erfüllung seiner Prüfungs- und Hinweispflichten entlasten (vgl. BGH a.a.O.). Der Unternehmer wird mithin von der Mängelhaftung frei, wenn er bei gebotener Prüfung die Fehlerhaftigkeit der Leistungsbeschreibung, der Planung des Bestellers bzw. seines Architekten oder einer Vorunternehmerleistung nicht erkennen konnte, er im Falle der Erkennbarkeit ordnungsgemäß auf seine Bedenken hingewiesen hat oder die Verletzung der Prüfungs- und Hinweispflicht nicht ursächlich dafür war, dass die fehlerhaften Vorleistungen nicht korrigiert wurden (vgl. Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., Teil 5 Rn.70 ff).

Dem ist der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger (vgl. Jurgeleit, a.a.O.; BGH a.a.O.) nicht nachgekommen. Es steht nach den Ausführungen des Sachverständigen fest, dass der Schuldner die unzureichende Ausschreibung/Planung als Fachunternehmer hätte erkennen können und müssen. Unstreitig sind Bedenkenhinweise durch ihn nicht erteilt worden. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass es eines Bedenkenhinweises nicht bedurft hätte. Ein allgemeiner Grundsatz, dass der Unternehmer auf die Fachkenntnisse des Hauptunternehmers vertrauen darf, ist grundsätzlich nicht anzuerkennen (vgl. Jurgeleit, a.a.O., Teil 5 Rn.65). Eine solche Annahme ist auch vorliegend nicht angezeigt.

Ferner trifft die rechtliche Sichtweise der Berufung nicht zu, dass das Landgericht die Mangelhaftigkeit der Leistung des Schuldners auf eine „Hilfskonstruktion“ wegen einer angeblichen Verletzung der Aufklärungspflicht gestützt hat. Es hat vielmehr die Grundlagen des BGH zum funktionalen Mangelbegriff zutreffend angewendet. Ferner geht der Einwand der Berufung ins Leere, der Sachverständige habe erklärt, die Arbeiten hätten durch den Schuldner gar nicht anders ausgeführt werden können. Das hat der Sachverständige in Bezug auf die Entwässerung nicht angegeben und das trifft auch nicht zu.

Die Funktionsbeeinträchtigungen bei der Entwässerung von Dachflächen und Balkonen sind wesentlich. Sie beeinträchtigen die Nutzbarkeit und Funktionalität des durch den Schuldner hergestellten Bauwerks insgesamt. Das zieht die Wesentlichkeit des Mangels nach sich (vgl. Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., Teil 3 Rn.6). Angesichts der Funktionsbeeinträchtigung bedarf es auch nicht der Feststellung des konkreten Mängelbeseitigungsaufwands. Die Feststellung der Wesentlichkeit dieser Mängel im Zusammenhang mit der Entwässerung lässt sich unabhängig davon treffen. Auch die Frage, inwieweit sich die Beklagte an den Kosten für die mangelfreie Herstellung in Form der Vergabe zusätzlicher vergütungspflichtiger Aufträge bzw. Sowieso-Kosten zu beteiligen hätte, kann auf sich beruhen. Sie ist von derjenigen der gegebenen Mangelhaftigkeit getrennt zu betrachten und spielt für die Einordnung, ob wesentliche oder unwesentliche Mängel vorliegen, keine Rolle.

cc) Hinzu tritt, dass im Bereich B 470/Küche (Mangelpunkt 37 GA) ein Gesimsblech nicht erneuert worden ist. Außerdem ist im Bereich B 533 (Mangelpunkt 40 und 45 GA) die Attikaabdeckung nicht umlaufend ausgeführt und es fehlt der Handlauf der Bodeneinschubtreppe als Absturzsicherung im Spitzbodenbereich (Mangelpunkt 49 GA), was unabhängig von der nicht erfolgten Ausschreibung dieser Leistungen einen Mangel darstellt. Die Abdeckung ist zum Schutz der Attika funktional erforderlich; der Einbau des Handlaufs aus Sicherheitsgründen. Auch insoweit steht die denkbare Zuschusspflicht der Beklagten im Rahmen einer Mängelbeseitigung der Annahme eines Mangels nicht entgegen.

dd) Die Gesamtheit der unter aa) bis cc) beschriebenen Mängel führt zu der Bewertung, dass diese wesentlich sind und das Werk nicht abnahmereif ist. Dasselbe Ergebnis zieht bereits die separate und eigenständige Betrachtung der Mängel aus dem Bereich der Entwässerung nach sich.

Vor diesem Hintergrund lässt der Senat es auf sich beruhen, ob tatsächlich von einer Mangelhaftigkeit ausgegangen werden kann, weil

– die Gehwegplatten auf der Dachterrasse im Bereich B533 (Mangelpunkt 42 GA) nicht plan verlegt sind

– der Laufweg vor dem Spitzboden nicht komplett hergestellt worden ist, weil sonst die Brandschutztür nicht geschlossen werden könnte bzw. die Brandschutzluken wegen der Dämmung nicht schließbar sind (Mangelpunkte 48, 50 – 52)

– die Abdichtung im Bereich der Balkone B250, B 436 und B 439a jeweils an die Türschwelle und nicht unter die Fenster geführt worden ist (Mangelpunkte 3, 4, 5, 18, 27 GA).

Insoweit hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 24.3.2023 (Protokoll S. 3 f.; Bl. 60 f. Bd. II d.A.) ausgeführt, dass die Einhaltung der verletzten allgemein anerkannten Regeln der Technik im Rahmen der vorgenommenen Altbausanierung dazu geführt hätte, dass andere verletzt worden wären bzw. die Einhaltung aller Fachregeln erhebliche Umbaumaßnahmen wie den Abbruch und Neubau der Balkone nach sich gezogen hätte. Vor diesem Hintergrund käme möglicherweise in Betracht, dass die Beklagte trotz der an sich notwendigen Hinweise auf eine Durchführung der aus der Sicht des Unternehmers bedenklichen Leistungen bestanden hätte (vgl. Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., Teil 5 Rn. 74), was indes keiner abschließenden Entscheidung bedarf.

3. Für eine Durchgriffsfälligkeit gem. § 641 Abs. 2 BGB hat der Kläger keinerlei Tatsachen vorgetragen. Vielmehr ergibt sich aus dem Streitverkündungsschriftsatz der Beklagten vom 27.6.2023 (Bl. 117 Bd. II d.A.), dass im Verhältnis zu ihrem Auftraggeber weder ausreichende Zahlungen vorgenommen wurden, noch eine Abnahme der Leistungen erfolgt ist.

4. Die Abnahme als Voraussetzung der Vergütungsfälligkeit ist auch nicht aus anderen Umständen entbehrlich. Ein die Fälligkeit der Werklohnforderung begründendes Abrechnungsverhältnis liegt nicht vor. Insbesondere ergibt sich ein solches nicht daraus, dass der Kläger die Erfüllung des Bauvertrages, auf den das Erfüllungswahlrecht des § 103 InsO grundsätzlich Anwendung findet (vgl. BGH NZI 2002, 375, 376), mit Schriftsatz vom 24.4.2023 (Bl. 70 Bd. II d.A.) abgelehnt hat.

a) Der Senat verkennt nicht, dass dies in der Literatur teilweise abweichend beurteilt wird. Es wird vertreten, dass der die Erfüllung ablehnende Insolvenzverwalter unabhängig von einer Abnahme und wesentlichen Mängeln des teilweise erbrachten Werkes einen Anspruch auf den fiktiven Wert des mangelfreien Werkes abzüglich der Mangelbeseitigungskosten habe (vgl. Huber ZInsO 2005, 449, 551). Andernorts wird unter Bezugnahme auf die Vorschrift des § 645 BGB sowie die missliche Lage des Insolvenzverwalters, der zur Erfüllung des Bauvertrages in Gestalt eines abnahmereifen Werks außerstande ist und damit die Werklohnforderung nicht zur Masse ziehen kann, das Abnahmeerfordernis suspendiert und auf § 271 BGB zurückgegriffen (vgl. Bopp, Der Bauvertrag in der Insolvenz, S. 241f) bzw. unter Annahme einer Vertragsspaltung in einen erfüllten und einen nicht erfüllten Teil des Bauvertrages, die auf der analogen Anwendung des § 105 InsO auch auf die Vorleistung des Schuldners beruht, eine Abrechnung der Vergütungsforderung unter Minderung von Mangelbeseitigungskosten angenommen (vgl. Bopp, a.a.O., S. 284ff). Ferner wird vertreten, dass ein zur Fälligkeit führendes Abrechnungsverhältnis dadurch entsteht, dass der die Vertragserfüllung ablehnende Insolvenzverwalter für das mangelhafte Werk Vergütung verlangt und der Auftraggeber diese verweigert, weil er damit seine Gegenansprüche geltend mache oder jedenfalls die Abnahme des mangelhaften Teilgewerks endgültig verweigere (vgl. Matthies, BauR 2012, 1005, 1011). Demgegenüber vertreten andere Stimmen die Auffassung, dass die Erfüllungsablehnung i.S.d. § 103 InsO kein eigenes Abrechnungsverhältnis begründet, sondern vielmehr die Vergütungsforderung für den Insolvenzverwalter undurchsetzbar bleibt, wenn wesentliche Mängel vorliegen, keine Abnahme erfolgt ist und die Abnahme auch nicht aus anderen Gründen ausnahmsweise entbehrlich erscheint (vgl. Schmitz, Der Bauvertrag in der Insolvenz, ibr-online, Stand 30.8.2021, Rn. 53f; ders. in Grziwotz/Koeble, Handbuch Bauträgerrecht, 2. Aufl., Kap. 9 Rn. 91, 94 ff; Thode ZfBR 2006, 638, 640; wohl auch Matthies in BeckOK Insolvenzrecht, 34. Edition, Stand: 15.01.2024, Bau- und Architektenrecht in der Insolvenz Rn. 337).

b) Die letztgenannte Auffassung verdient den Vorzug. Ein Abrechnungsverhältnis allein dadurch, dass der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Bauvertrages gem. § 103 InsO ablehnt, ist nicht anzuerkennen.

aa) Ein die Fälligkeit der Werklohnforderung unabhängig von einer Abnahme und trotz fehlender Abnahmepflicht herbeiführendes Abrechnungsverhältnis ist gegeben, wenn der Besteller nicht mehr die Erfüllung des Vertrages, sondern Minderung oder Schadensersatz verlangt oder die Abnahme des Werks oder weitere Arbeiten des Unternehmers ernsthaft und endgültig ablehnt (vgl. BGH NJW 2006, 2475 Rn. 26 m.w.N.; BGH NJW 2017, 1607 Rn. 44, 47) oder die Erfüllung unmöglich geworden ist (vgl. Kniffka in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., Teil 4 Rn. 490 m.w.N.). Es sind mithin Fälle betroffen, in denen dem Unternehmer eine Werklohnforderung zusteht und der Besteller allein auf Geldzahlung gerichtete Ansprüche wegen der unvollständigen oder mangelhaften Fertigstellung des Werks beanspruchen kann (BGH NJW 2005, 2771). Das entscheidende Kriterium für die Annahme eines solchen Abrechnungsverhältnisses liegt darin, dass es dem Unternehmer rechtlich und/oder tatsächlich unmöglich ist, den Anspruch des Bestellers im Wesentlichen mangelfrei zu erfüllen und er damit selbst die Voraussetzungen für eine Pflicht des Bestellers zur Abnahme und damit letztlich die Fälligkeit seines Werklohnanspruchs nicht herbeiführen kann (vgl. BGH NJW 2020, 2270 Rn. 21).

bb) Gemessen daran begründet die Wahl der Nichterfüllung des Bauvertrages durch den klagenden Insolvenzverwalter gem. § 103 InsO kein unabhängig von der Abnahme und Abnahmereife die Fälligkeit der Werklohnforderung begründendes Abrechnungsverhältnis.

Nach gefestigter Rechtsprechung hat die Wahl der Nichterfüllung des Vertrages durch den Insolvenzverwalter keine materiell-rechtliche Wirkung, sondern bestätigt nur die durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens gesetzlich eingetretene Suspendierung der Hauptleistungspflichten (vgl. BGH NZI 2002, 375). Diese wirkt nur für die Dauer des Insolvenzverfahrens und schafft ein auf dessen Zeitraum begrenztes Leistungsverweigerungsrecht (vgl. Huber in MüKo InsO, 4. Aufl., § 103 Rn. 18, 43). Macht nun der Vertragspartner von der ihm in § 103 Abs. 2 S. 1 InsO eröffneten Möglichkeit, seinen Anspruch wegen Nichterfüllung zur Insolvenztabelle anzumelden, keinen Gebrauch, bleibt ihm sein (werkvertraglicher) Erfüllungsanspruch erhalten (vgl. BGH NZI 2013, 296 Rn. 8), sofern dem nicht eine anderweitige Regelung in einem Insolvenzplan oder eine Restschuldbefreiung des Schuldners entgegenstehen. Dieser Anspruch ist während des Insolvenzverfahrens undurchsetzbar, kann aber nach Aufhebung des Insolvenzverfahren geltend gemacht werden (vgl. BGH a.a.O.). Genauso kann der Schuldner in diesem Fall, soweit er nicht als juristische Person liquidiert und beendet wird, nach der (abnahmereifen) Erfüllung die ausstehende Vergütung verlangen.

Auch wenn das Wiederaufleben der Forderungen nach Beendigung eines Insolvenzverfahrens nicht der Regelfall sein wird, entsteht angesichts der dargestellten Rechtslage gerade keine Sachlage, in der es dem Schuldner rechtlich und/oder tatsächlich unmöglich wäre, die Voraussetzungen der Abnahmepflicht des Bestellers herbeizuführen, wenn sich der Insolvenzverwalter i.S.d. § 103 InsO dafür entscheidet, den Bauvertrag nicht zu erfüllen, solange der Besteller seinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nicht gem. § 103 Abs. 2 S. 1 InsO zur Insolvenztabelle anmeldet. Soweit eine Werklohnforderung lediglich undurchsetzbar ist, begründet dies kein Abrechnungsverhältnis (vgl. BGH NJW 2020, 2270 Rn. 19 ff., 21 für den Fall der Verjährung); wird dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt oder wird er als juristische Person liquidiert und beendet, erlöschen die Forderungen.

Auch bezogen auf den Insolvenzverwalter lässt sich kein anderes Ergebnis rechtfertigen. Er hat zwar nach der grundsätzlich bindenden sowie rechtsgestaltenden Ablehnung der Erfüllung des Bauvertrages oder dem Schweigen auf eine Aufforderung des Bestellers, sein Wahlrecht auszuüben (§ 103 Abs. 2 S. 2, 3 InsO), keine Möglichkeit mehr, die Abnahmereife herzustellen. Allerdings handelt es sich unter dem maßgeblichen Blickwinkel des bestehenden Bauvertrages und nicht der persönlichen Möglichkeiten des Insolvenzverwalters lediglich um einen temporären Zustand, der mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens endet. Zudem erscheint es verfehlt, für die Bestimmung des Abrechnungsverhältnisses allein auf den Zeitpunkt der Erfüllungsablehnung gem. § 103 InsO abzustellen. Vielmehr ist maßgeblich, dass der Insolvenzverwalter bis zur Ausübung seines Wahlrechts die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit hatte, den Anspruch des Bestellers im Wesentlichen mangelfrei zu erfüllen und damit selbst die Voraussetzungen für eine Pflicht des Bestellers zur Abnahme und damit letztlich die Fälligkeit seines Werklohnanspruchs herbeizuführen. Mit seiner Entscheidung, den Bauvertrag nicht zu erfüllen, verhält sich der Insolvenzverwalter wie ein Unternehmer, der die Mängelbeseitigung verweigert und als Kompensation für die Mängel einen Abzug von der Rechnung vornimmt. Genauso wie dem Unternehmer dieser Weg, ein Abrechnungsverhältnis dergestalt eigenmächtig herbeizuführen, verschlossen bleibt (vgl. Kniffka in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., Teil 4 Rn. 492), gilt dies für den Insolvenzverwalter.

Damit ist der Insolvenzverwalter auch nicht über die Maßen benachteiligt. Es entspricht seinen Pflichten, abzuschätzen, ob die Erfüllung des Bauvertrages und der damit zur Masse zu ziehende (Rest-) Werklohn es rechtfertigt, das Bauwerk mangelfrei fertig zu stellen. Danach hat er die Entscheidung zu treffen, ob es lohnt, den Betrieb des Schuldners aufrecht zu erhalten, oder, wenn dies unwirtschaftlich oder unmöglich erscheint, gegebenenfalls einen Drittunternehmer mit der Mängelbeseitigung zu beauftragen. In diesem Fall werden die (Nach-)Erfüllungsansprüche des Bestellers gem. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 InsO sowie die Werklohnansprüche eines beauftragten Drittunternehmers nach § 4 Abs. 1 S. 3 InsVV, § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO Masseverbindlichkeiten und es entsteht ein Haftungsrisiko des Insolvenzverwalters nach § 61 Abs. 1 S. 2 InsO. Auch wenn entsprechende Entscheidungen im Einzelfall schwierig zu treffen sein mögen, weil der Bautenstand und die Mängel für den Insolvenzverwalter schwer zu beurteilen sein können, liegen sie in seinem ihm gesetzlich übertragenen Pflichtenkreis. Damit verbundene Risiken können mithin nicht als unzumutbar angesehen werden. Insbesondere stellen sie keinen sachlich gerechtfertigten Grund dar, dem Insolvenzverwalter wider die werkvertraglichen Grundsätze den für ihn deutlich einfacheren und haftungsrechtlich risikoärmeren Weg zu eröffnen, die Vertragserfüllung gem. § 103 InsO abzulehnen und im Anschluss dem Besteller die Vergütung zu berechnen, um diese im Streitfall gerichtlich geltend zu machen, im Zuge dessen die Mängel aufzuklären und die Kosten für deren Beseitigung bestimmen sowie diese durch Urteil von der Werklohnforderung in Abzug bringen zu lassen. Anders ausgedrückt: Kommt der Insolvenzverwalter den ihm gesetzlich übertragenen Pflichten nach, wird er sich für eine Vertragserfüllung entscheiden, wenn der ausstehende Werklohnanspruch die Kosten der mangelfreien Fertigstellung übersteigt. Er wird indes davon absehen, sofern die Kosten der Mängelbeseitigung die unbezahlte Vergütung erreichen oder übersteigen.

Schon aus diesem Grund lässt sich nicht einwenden, dass der Besteller mit seiner Entscheidung, keinen Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen und damit den Bauvertrag unbeendet zu belassen, wirtschaftliche Zwecke verfolgt. Zum einen wäre er dazu allein auf Grund einer vorangehenden, wirtschaftlichen Entscheidung des Insolvenzverwalters in der Lage. Überdies gilt Folgendes: Sobald feststeht, dass der Besteller das Werk dauerhaft mit den darin verkörperten Mängeln behält, die Mangelbeseitigung dauerhaft unmöglich wird oder der Besteller das Werk selbst bzw. durch einen Drittunternehmer fertigstellen lässt, entsteht ein die Fälligkeit der Werklohnforderung unabhängig von der Abnahme auslösendes Abrechnungsverhältnis (vgl. Kniffka in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., Teil 4 Rn. 490ff). Gleiches gilt, sobald der Besteller einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung zur Insolvenztabelle anmeldet. Vorliegend steht allerdings entgegen der Andeutungen der Berufung gerade nicht fest, dass die Beklagte die Arbeiten so belassen möchte. Sie befindet sich ausweislich ihres unwidersprochen gebliebenen Vortrags aus dem Streitverkündungsschriftsatz im Streit mit ihrem Auftraggeber.

Auch der Umstand, dass der Besteller im Falle des Schadensersatzverlangens wegen Nichterfüllung mit diesen Kosten gegenüber dem durch den Insolvenzverwalter geltend gemachten Werklohnanspruch aufrechnen kann (vgl. BGH NZBau 2005, 685, 686f), rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Dies mag es für den Besteller attraktiver machen, den Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend zu machen. Solange er dies indes nicht tut, entsteht kein Abrechnungsverhältnis.

Die von der Berufung darüber hinaus geltend gemachten Umstände vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners, wie ein Verzug der Beklagten mit der Annahme von Mängelbeseitigungsarbeiten oder eine nicht bzw. zu niedrig geleisteten Sicherheit gem. § 650f BGB, lässt der Senat dahinstehen. Denn sie rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Insbesondere kommt eine Fälligkeit der Forderung unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben aus den durch den Kläger dargestellten Gründen nicht in Betracht.

5. Allerdings war die Klage nicht als endgültig, sondern nur mangels Fälligkeit als derzeit unbegründet abzuweisen. Sollte die Beklagte oder ihre Auftraggeberin die Mängel beseitigen oder sie doch noch ihre Ansprüche auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend machen, träte ein Abrechnungsverhältnis ein.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die beschränkte Zulassung der Revision zugunsten des Klägers beruht darauf, dass die Frage, ob die Wahl der Nichterfüllung eines Werkvertrages durch den Insolvenzverwalter gem. § 103 InsO unabhängig von der der Abnahme oder eines anderen Abnahmesurrogats ein die Fälligkeit der Werklohnforderung begründendes Abrechnungsverhältnis herbeiführt, höchstrichterlich nicht geklärt und in der Literatur umstritten ist.