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OLG Stuttgart zu der Frage, dass eine der Höhe nach unangemessene Sicherheit sich insbesondere daraus ergeben kann, dass nach dem Klauselwerk eine Sicherheit für die Vertragserfüllung, die auch nach Abnahme bestehende Mängelansprüche des Auftraggebers sichern soll, noch längere Zeit nach Abnahme nicht zurückgegeben werden muss, während zugleich eine Sicherheit für Mängelansprüche verlangt werden kann, so dass es zu einer Überschneidung der beiden Sicherheiten kommt

vorgestellt von Thomas Ax

1. Eine unangemessene Benachteiligung kann auch aus einer Gesamtwirkung mehrerer, jeweils für sich genommen nicht zu beanstandender Vertragsbestimmungen ergeben. Das ist etwa der Fall, wenn sich aus den vom Auftraggeber gestellten formularmäßigen Vertragsbestimmungen eines Bauvertrags – für sich genommen oder in ihrem Zusammenwirken – ergibt, dass der Auftragnehmer als Vertragspartner des Verwenders für einen nicht unerheblichen Zeitraum über die Abnahme hinaus wegen möglicher Mängelansprüche des Auftraggebers eine Sicherheit leisten muss, die jedenfalls nicht unwesentlich über 5 % der Auftragssumme liegt.
2. Eine solche, der Höhe nach unangemessene Sicherheit kann sich dabei insbesondere daraus ergeben, dass nach dem Klauselwerk eine Sicherheit für die Vertragserfüllung, die auch nach Abnahme bestehende Mängelansprüche des Auftraggebers sichern soll, noch längere Zeit nach Abnahme nicht zurückgegeben werden muss, während zugleich eine Sicherheit für Mängelansprüche verlangt werden kann, so dass es zu einer Überschneidung der beiden Sicherheiten kommt und dem Auftraggeber für etwaige Mängelansprüche sowohl die Sicherheit für die Vertragserfüllung als auch die Sicherheit für Mängelansprüche zur Verfügung steht.
OLG Stuttgart, Urteil vom 25.04.2024 – 13 U 97/23
vorhergehend:
LG Stuttgart, 04.04.2023 – 47 O 611/21

In dem Rechtsstreit

(…)

wegen Bürgenhaftung

hat das Oberlandesgericht Stuttgart – 13. Zivilsenat – durch die Richterin am Oberlandesgericht ###, den Richter am Landgericht Dr. ### und die Richterin am Oberlandesgericht ### aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01.02.2024

für Recht erkannt:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 04.04.2023, Az. 47 O 611/21, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Stuttgart sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen. Streitwert des Berufungsverfahrens: 406.097,00 Euro

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Bestimmungen zur Gestellung von Sicherheiten in einem Bauvertrag über die schlüsselfertige Erstellung des Bauvorhabens „###“, bestehend aus zwei Gebäuden mit insgesamt 52 Wohnungen, Freianlagen und Tiefgarage in der ###-Straße ### in ###. Die Beklagten werden hierbei als Bürgen der zwischenzeitlich insolventen Generalunternehmerin ### GmbH von der Klägerin (Bestellerin/Auftraggeberin) auf Zahlung von insgesamt 406.097,00 Euro in Anspruch genommen.

Der zwischen der Klägerin und der ### GmbH am 23.03.2016 geschlossene „Vertrag über Planungs- und Bauleistungen in einem partnerschaftlichen Baumodell“ (Anlage K 1 – nachfolgend „GU-Vertrag“, auf CD-ROM [wie alle Anlagen K 1 bis K 53]) enthält u.a. die folgenden Bestimmungen (wobei AN = Auftragnehmer/### GmbH, AG = Auftraggeber/Klägerin):

㤠2 Vertragsgrundlagen

Der AN hat seine Leistungen aufgrund folgender Vertragsgrundlagen zu erbringen:

2.1 dieser Vertrag,

(…)

2.3 Für Bauleistungen die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der bei Vertragsunterzeichnung gültigen Fassung.

(…)

2.8 lm Falle von Widersprüchen zwischen den Vertragsgrundlagen hat diejenige Angabe Gültigkeit, die zu einer höherwertigeren Ausführung des Bauvorhabens führen wird. Ist der Widerspruch hierdurch nicht aufzulösen, sind die erforderlichen Angaben dem Referenzobjekt (§ 3.8.1 dieses Vertrages) zu entnehmen. Sind aus dem Referenzobjekt keine Vorgaben ableitbar, gehen zeichnerische Angaben den textlichen vor. Soweit hierdurch der Widerspruch noch nicht gelöst wird, geht die vorstehend oder in der Auflistung in Anlage 2.2 zuerst genannte Vertragsgrundlage der später genannten Vertragsgrundlage vor.

(…)

§ 10 Zahlungen und Abrechnung

10.1 Für seine Leistungen erhält der AN zunächst Abschlagszahlungen nach Maßgabe des ggf. wegen geänderter oder zusätzlicher Leistungen anzupassenden Zahlungsplans (Anlage 2.2 ###). Die Höhe der jeweiligen Zahlung richtet sich nach dem tatsächlichen Leistungsstand, wobei jeweils 90 % des Wertes der nachgewiesenen erbrachten Leistungen zu Vertragspreisen zur Auszahlung gelangen. Der Sicherheitseinbehalt ist durch Erfüllungsbürgschaft eines deutschen Kreditinstituts oder eines deutschen Kreditversicherers gem. Muster AG ablösbar.

(…)

10.4. Alle Abschlagszahlungen sind, zuzüglich Mehrwertsteuer, 15 Werk-Tage nach Eingang einer prüffähigen Abschlagsrechnung fällig.

10.5 Die Schlusszahlungen erfolgt, ggfs. abzüglich des nachfolgend in § 13.3 dieses Vertrages bestimmten Einbehalts für Mängelansprüche in Höhe von 5 %, innerhalb von zwei Monaten nach Abnahme und Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung.

(…)

§ 11 Abnahme der Leistungen des AN

11.1 Alle Leistungen des AN nach § 3 dieses Vertrages sind förmlich abzunehmen. Eine fiktive Abnahme nach § 12 Abs. 5 VOB/B sowie eine Abnahme durch Ingebrauchnahme sind ausgeschlossen. § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB bleibt unberührt. Teilabnahmen sind ausgeschlossen.

11.2 Der AN hat die vollständige Fertigstellung der ihm nach Maßgabe dieses Vertrages übertragenen Leistungen schriftlich anzuzeigen und die Abnahme der Leistungen zu beantragen. Eine Abnahmebegehung zur Erlangung der förmlichen Abnahme der dem AN übertragenen Leistungen hat innerhalb von 20 Werktagen nach Zugang der Anzeige beim AG zu erfolgen. Mit dem Abnahmeverlangen hat der AN dem AG folgende Unterlagen zu übergeben:

(1) Nachunternehmerverzeichnis

(2) Behördliche Genehmigungen, soweit diese nicht dem AG in direktem Wege zugestellt wurden

(3) Alle Prüftestate und Abnahmebescheinigungen von staatlichen Stellen oder hierfür besonders bestimmten Stellen, insbesondere Abnahmebescheinigungen des TÜV für diejenigen technischen Anlagen, die einer solchen Abnahme bedürfen

(4) Alle vertraglich vereinbarten Nachweise über Eigenschaften von Baustoffen

(5) Alle Bedienungs-, Wartungs- und Pflegeanleitungen, Handbücher und sonstige Unterlagen für technische Anlagen, die einer solchen Abnahme bedürfen

(6) Die gültigen Bestands- und Revisionspläne der baulichen Anlagen einschließlich Kalt- und Warmwasserzuleitungen, Heizungs-, Lüftungs-, Klimaanlagen, Elektroanlagen, Abwasserleitungen, Beförderungsanlagen, Feuerlöschanlagen sowie Werkstattzeichnungen der technischen Anlagen;

(7) Sämtliche Werkstatt- und Montagepläne

(8) Einweisungsprotokolle für Nutzer

Die Übergabe der vorstehenden Unterlagen ist Abnahmevoraussetzung, soweit der AN sie nicht von Dritten, die nicht selbst von ihm beauftragt sind (z.B. Behörden), nicht erhält oder vom AG selbst zu beschaffen sind. Sofern im Vertrag weitere Unterlagen genannt sind, sind diese spätestens vier Wochen nach Abnahme zu übergeben. (…)

§ 13 Sicherheiten

13.1 Erfüllungssicherheit

Der AN hat dem AG für die Erfüllung aller Ansprüche, die dem AG aus diesem Vertragsverhältnis gegenüber dem AN zustehen oder zustehen können, insbesondere Erfüllungsansprüche, Mängelansprüche einschließlich bei der Abnahme vorbehaltener Mängel, Rückzahlungsansprüche bzgl. geleisteter Anzahlungen, Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, Schadenersatzansprüche statt der Leistung oder aus sonstigen Gründen einschließlich deliktischer Ansprüche Sicherheit in Höhe von 5 % des Brutto-Vertragspreises gemäß § 7.1 dieses Vertrages (einschließlich MwSt.) zu leisten. Die Sicherheit hat auch künftige Ansprüche aus etwaigen Änderungs-, Ergänzungs-, Erweiterungs-, Zusatz oder Nachtragsvereinbarungen mit abzusichern. Im Übrigen hat die Sicherheit ebenfalls gesetzliche und vertragliche Rückgriffs- und Schadenersatzansprüche (einschließlich Bürgenregress- und Gesamtschuldnerausgleich) des AG gegenüber dem AN für den Fall, dass der AG,

• gem. § 1 a Arbeitnehmerentsendegesetz auf Mindestentgelt,

• nach den Vorschriften des SGB oder anderen gesetzlichen Vorschriften für Sozialversicherungsbeiträge/Unfallversicherungsbeiträge und andere Beiträge, die vom AN oder dessen Subunternehmern geschuldet werden;

• im Zusammenhang mit den Steuerabzugsverpflichtungen nach den §§ 48 bis 48d EstG, in Anspruch genommen werden, abzusichern.

Die Vertragsparteien haben als Sicherheit eine Bürgschaft vereinbart. Die Bürgschaft muss selbstschuldnerisch, unbefristet, unbedingt, unter Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit sowie der Aufrechenbarkeit mit anderen als unstreitigen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen als auch auf Vorausklage sowie auf Hinterlegung ausgestellt sein. Die Bürgschaftsforderung muss deutschem Recht unterstehen; der Bürge muss seinen Geschäftssitz in Deutschland haben oder aber unwiderruflich einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland benennen. Sie muss auch ansonsten dem Muster in Anlage 10.1 entsprechen.

Die Bürgschaft ist binnen einer Frist von zwei Wochen nach Abschluss dieses Vertrages zu stellen. Solange die Bürgschaft nicht vorliegt, kann der AG den Einbehalt von Abschlagszahlungen in entsprechender Höhe vornehmen (siehe oben § 10.1.). Er kann außerdem diesen Vertrag kündigen, wenn die Bürgschaft nicht innerhalb einer angemessenen Nachfrist nachgereicht wird.

13.2 Austausch der Sicherheiten

Der AN kann vorbehaltlich der nachfolgenden Regelung die Erfüllungssicherheit nach Abnahme seiner Leistung, Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung sowie Gestellung der Sicherheit für Mängelansprüche zurückverlangen. Der AG kann nach seiner Wahl die Übergabe einer neuen Teilerfüllungssicherheit zur Absicherung folgender Ansprüche geltend machen:

(i) Anspruch auf Beseitigung der im Abnahmeprotokoll festgehaltenen Mängel in Höhe des Nacherfüllungsinteresses (bis zum zweifachen Mängelbeseitigungsaufwand) sowie

(ii) Anspruch auf Erbringung von zurückgestellten, bis zur Abnahme nicht ausgeführten Leistungen in Höhe der hierfür anfallenden Vergütung

oder die Rückgabe der Erfüllungssicherheit gemäß § 13.1 dieses Vertrages in entsprechender Höhe (teilweise) verweigern.

13.3 Bürgschaft für Mängelansprüche

Für die Dauer der Mängelhaftung hat der AN dem AG für etwaige Mängelhaftungsansprüche Sicherheiten in Höhe von 5 % der jeweiligen Brutto-Schlussrechnungssummen zu leisten (einschließlich MwSt.). Sicherheiten sind in Form von Mängelhaftungsbürgschaften gemäß Muster in Anlage 13.3 zu erbringen, für die § 13.1 entsprechend gilt. Bis zur Überreichung kann der AG 5 % der jeweiligen Brutto-Schlussrechnungssumme einbehalten. § 17 Abs. 6 VOB/B ist im Übrigen ausgeschlossen.

Nach Ablauf der jeweiligen Verjährungsfristen für die Mängelansprüche erfolgt eine entsprechende (Teil-)Freigabe. Im Hinblick auf folgende Gewerke, für die die Parteien eine zehnjährige Verjährungsfrist vereinbart haben, vereinbaren die Parteien, dass der AG die Bürgschaft für Mängelansprüche in Höhe von EUR ### (zweifacher Wert) erst nach Ablauf der zehnjährigen Gewährleistungsfrist freizugeben und dann die Urkunde zurückzugeben hat. (…)“

Die Beklagte zu 1) gab am 07.07.2016 zu dem o.g. Bauvorhaben für die ### GmbH gegenüber der Klägerin eine „Kombinierte Vertragserfüllungs- und Mängelansprüchebürgschaft“ über eine Höchstbetragssumme von 175.000,00 Euro und am 23.09.2016 eine solche über einen Höchstbetrag von 31.097,00 Euro ab (Anlage K 2).

Die Beklagte zu 2) erteilte am 11.07.2016 zu dem o.g. Bauvorhaben für die ### GmbH gegenüber der Klägerin eine „Kombinierte Vertragserfüllungs- und Mängelansprüchebürgschaft“ zum Höchstbetrag von 100.000,00 Euro und am 12.09.2016 eine weitere Bürgschaft zur Sicherstellung der „vertragsgemäßen Ausführung“ und der „vertragsgemäßen Mängelansprüche“ bis zu einem Betrag von 100.000,00 Euro (Anlage K 2).

Die ### GmbH beendete ihre Leistungen nicht vollständig. Mit Schreiben vom 02.05.2018 (Anlage K 16) erklärte die Klägerin die Kündigung des GU-Vertrags. Nach eigenem Insolvenzantrag der ### GmbH vom 02.11.2019 wurde am 01.01.2020 das Insolvenzverfahren über deren Vermögen eröffnet. Die Klägerin nahm infolgedessen die Beklagten jeweils auf der Grundlage der übernommenen Bürgschaften auf Zahlung in Anspruch (Anlage K 31).

Im Einzelnen begehrt die Klägerin Ersatz von behaupteten Fertigstellungsmehrkosten und Mängelbeseitigungskosten, Ersatz für ihren Kunden (den Erwerbern) mangelbedingt erteilte Gutschriften, Ersatz sonstiger Schäden sowie Zahlung von Vertragsstrafe wegen behaupteter verschuldeter Überschreitung des Gesamtfertigstellungstermins. Auf Seite 4 f. ihrer Replik vom 24.06.2022 (eALG Bl. 206 f.), worauf wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat die Klägerin überdies klargestellt, in welcher konkreten Reihen- und Rangfolge sie die behaupteten – jeweils nach Grund und Höhe streitigen – und in ihrer Summe die Höchstbeträge der streitgegenständlichen Bürgschaften übersteigenden Ansprüche – verteilt auf die vier Bürgschaften – geltend macht.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt:

1. Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 206.097,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.05.2020 zu bezahlen.

2. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin 200.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.05.2020 zu bezahlen.

Die Beklagten haben jeweils Klageabweisung betragt.

Sie sind den behaupteten Hauptforderungen im Einzelnen entgegengetreten und haben darüber hinaus die Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 768, 812, 821 BGB) erhoben. Die Sicherungsabreden im GU-Vertrag, bei denen es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen handele, hielten der erforderlichen Inhaltskontrolle nicht stand und seien unwirksam. Es liege eine Übersicherung vor, welche den Auftragnehmer (### GmbH) unangemessen benachteilige.

Die Beklagte zu 2) hat des Weiteren geltend gemacht, dass die Klägerin ihre am 12.09.2016 abgegebene Bürgschaft nicht akzeptiert habe und daher ohnehin keine Grundlage bestehe, aus dieser vorzugehen.

Für die weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und den übrigen landgerichtlichen Akteninhalt Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Beklagten könnten ihrer Inanspruchnahme als Bürgen aus § 765 BGB den ihnen nach §§ 768, 821 BGB im Verhältnis zur Klägerin zustehenden Einwand entgegenhalten, dass die zwischen der Klägerin und der ### GmbH zustande gekommenen Sicherungsvereinbarungen insgesamt nach §§ 305, 307 Abs. 1 BGB unwirksam seien. Die von der Klägerin gestellte vertragliche Regelung in § 13 in Kombination mit den Regelungen in § 10 des GU-Vertrags benachteilige die ### GmbH unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Bei den maßgeblichen Vertragsbestimmungen handele es sich um formularmäßig vorgedruckte Regelungen der Klägerin. Diese seien nicht gemäß § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB im Einzelnen von den Parteien ausgehandelt worden. Vielmehr habe die Klägerin sie der ### GmbH einseitig gestellt. Aus dem Inhalt und der Gestaltung der in einem Bauvertrag verwendeten Bedingungen könne sich nach der Rechtsprechung ein vom Verwender zu widerlegender Anschein ergeben, dass sie zur Mehrfachverwendung vorformuliert seien. Diesen Anschein erwecke der GU-Vertrag. Die einzelnen Reglungen bestünden aus einer Vielzahl von formelhaften Wendungen zur Regelung typischer konfliktgefährdeter Sachverhalte. Der Klägerin sei es trotz entsprechenden Hinweises nicht gelungen, diesen Anschein zu widerlegen. Das seitens der Klägerin geäußerte Bestreiten, dass es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele, sei nicht ausreichend. Tatsachen, die Anhaltspunkte zur Widerlegung des Anscheins böten, trage die Klägerin nicht vor.

Das von der Klägerin verwendete Klauselgefüge über die Stellung einer Vertragserfüllungs- und Mängelbürgschaft in Kombination mit dem unter § 10 geregelten Einbehalt stelle gemäß § 307 Abs. 1 BGB eine unangemessene Benachteiligung der ### GmbH dar. Zusammenfassend lasse sich aus der Zusammenschau der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sagen, dass eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB vorliege, wenn nach Abnahme des Werkes Ansprüche des Auftraggebers über einen nicht unerheblichen Zeitraum besichert würden, die nicht unwesentlich über 5 % der Auftragssumme lägen. Dies sei ebenso der Fall, wenn für den Zeitraum vor Abnahme Ansprüche des Auftraggebers von über 10 % der Auftragssumme gesichert würden. Möglich sei auch, dass eine Kombination beider für sich genommen wirksamen Sicherungen zu einer Unwirksamkeit der Regelungen insgesamt führen könne, wenn diese sich überlappten und beide dem Auftraggeber zur Verfügung stünden. Gerade ein solcher Fall der Überlappung mehrerer Sicherheiten liege hier vor. Hierdurch bestehe die Gefahr, dass der Klägerin über den Zeitraum der Abnahme hinaus für Mängelansprüche sowohl die Erfüllungsbürgschaft (bzw. der Sicherheitseinbehalt von 10 %) als auch die Bürgschaft der Mängelansprüche (§ 13.3) zur Befriedigung zustünden.

Zunächst sei bereits zweifelhaft, ob sich eine Unangemessenheit und damit Unwirksamkeit dieser Abreden bereits mit Blick auf das Verhältnis von § 10.1 in Zusammenschau mit § 13.1 ergebe. § 10 regele, dass die Leistungen des Auftragnehmers nach dem Leistungsstand zu bezahlen und insoweit Abschlagszahlungen fällig seien, wobei nur 90 % zur Auszahlung gelangten. Dieser Sicherungseinbehalt in Höhe von 10 % könne durch eine Erfüllungsbürgschaft abgelöst werden. § 13.1 regele weiter zur Erfüllungssicherheit, dass der Auftragnehmer eine Sicherheit zur Erfüllung aller Ansprüche, insbesondere Erfüllungs- als auch Mängelansprüche, in Höhe von 5 % des Bruttovertragspreises zu leisten habe. Diese Regelungen legten den Anschein nahe, dass der Auftragnehmer zum einen eine Bürgschaft in Höhe von 10 % zu leisten habe, um den vollen Betrag seiner Abschlagsrechnungen zu erhalten, und daneben eine weitere Bürgschaft in Höhe von 5 %, die sowohl die Erfüllungsansprüche absichere und insoweit den gleichen Inhalt habe wie die unter § 10.1 geregelte Bürgschaft, als auch mögliche Gewährleistungsansprüche. Die Gesamtbelastung durch die vom Auftragnehmer zu stellenden Sicherheiten mit sodann 15 % überschreite das Maß des Angemessenen. Dieser Auslegung stehe der letzte Absatz in § 13.1 nicht zwingend entgegen, wonach der Auftraggeber, solange die Bürgschaft nicht vorliege, den Einbehalt von Abschlagszahlungen in entsprechender Höhe nach § 10.1 vornehmen könne. Soweit die Klägerin daraus folgere, dass die Sicherheiten in § 10 und § 13.1 eindeutig nicht kumulativ bestehen sollten, sei dies gerade mit Blick darauf, dass § 10 keinerlei Bezug auf § 13.1. nehme (wohingegen für die Schlusszahlungen in § 10.5 durchaus ein Bezug zu § 13.3 hergestellt werde), weder aus dem Wortlaut noch aus der Systematik zwingend, zumal in § 10.1. vorgeschrieben werde, dass die Sicherheit durch Erfüllungsbürgschaft „gem. Muster AG“ abgelöst werden könne, wohingegen § 13.1. bereits im Vertragstext konkrete Vorgaben für die Bürgschaft mache und hier auf Anlage 10.1 als Muster verweise.

Deutlich werde die unangemessene Benachteiligung auch mit Blick auf § 13.1 sowie § 13.3, die letztlich beide zur Sicherung von Mängelansprüchen des Auftraggebers dienten. Nach dem Wortlaut in § 13.1 sichere die Erfüllungssicherheit alle Ansprüche des Auftraggebers, mithin sowohl Erfüllungs- als auch Mängelansprüche. § 13.3 regele eine zu stellende Sicherheit in Höhe von 5 % der Bruttoschlussrechnungssumme für etwaige Mängelhaftungsansprüche, bis zu deren Vorlage der Auftraggeber 5 % der Bruttoschlussrechnungssumme einbehalten könne. § 13.2 regele zum Austausch der Sicherheiten, dass die Erfüllungssicherheit nach Abnahme der Leistung, Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung und auch Gestellung der Sicherheit nach § 13.3 zurückverlangt werden könne. Der Auftraggeber könne jedoch nach seiner Wahl die Rückgabe der Erfüllungssicherheit verweigern oder eine neue Teilerfüllungssicherheit für die Ansprüche auf Beseitigung der im Abnahmeprotokoll festgehaltenen Mängel sowie auf Erbringung nicht ausgeführter Leistungen nach § 13.2 verlangen. Durch die Vertragskonstruktion könne es zu einer Konstellation kommen, wonach die Klägerin durch die Kombination dieser Sicherheiten auch nach Abnahme Sicherheiten in Höhe von deutlich über 5 % der Auftragssumme einbehalte, was unter Berücksichtigung der Interessen des Auftragnehmers unangemessen sei. Der Auftraggeber habe durch das Wahlrecht in § 13.2 die Möglichkeit, zusätzlich zu der Summe von 5 % – auch noch längere Zeit nach der Abnahme, z.B. bei Streit über noch offene Forderungen des Auftragnehmers – eine Erhöhung der Bürgschaft um das Doppelte von Mängelbeseitigungskosten zu verlangen oder eben die Erfüllungsbürgschaft einzubehalten.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klageziel vollumfänglich weiter.

Soweit das Landgericht die maßgeblichen Vertragsbestimmungen im GU-Vertrag als der AGB-Kontrolle gem. §§ 305 ff. BGB unterliegend ansehe, werde dem nach wie vor widersprochen und insoweit auf den Vortrag in erster Instanz verwiesen.

Die Auffassung des Landgerichts, dass die vertraglichen Sicherheitsabreden nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam seien, sei unzutreffend. Zunächst sei die Darstellung der Regelungen zur Erfüllungssicherheit aus dem GU-Vertrag im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils unvollständig. Zwar würden die maßgeblichen Regelungen in § 10.1 und § 13.1 zutreffend zitiert. Das Erstgericht übersehe allerdings, dass die Vertragsparteien in § 2.3 die Geltung der „Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der bei Vertragsunterzeichnung gültigen Fassung“ (seinerzeit die VOB/B 2012) vereinbart hätten. Bei der Erfüllungssicherheit hätten die Vertragsparteien – anders als explizit bei der Mängelsicherheit (§ 13.3) – die Regelung des § 17 Abs. 6 VOB/B nicht ausgeschlossen, so dass diese im Hinblick auf die vereinbarten Erfüllungssicherheiten in § 10.1 und § 13.1 vereinbart worden sei. Auch hätten die Parteien durch Einbeziehung der VOB/B 2012 ein alternatives Wahlrecht des Auftragnehmers gem. § 17 Abs. 3 VOB/B 2012 vereinbart.

Soweit das Landgericht den Regelungen in § 10.1 und § 13.1 des GU-Vertrags die (mögliche) Verpflichtung entnehme, dass der Auftragnehmer zum einen eine Bürgschaft in Höhe von 10 % (zur Ablösung des Sicherheitseinbehalts in § 10.1) zu leisten habe und daneben eine weitere Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 5 % gem. § 13.1, sei eine solche „kundenfeindlichste“ Auslegung nicht möglich und zulässig. Denn nach der vereinbarten Regelung in § 17 Abs. 6 Nr. 1 VOB/B 2012 dürfe der Auftraggeber den Sicherheitseinbehalt zwar – wie in § 10.1 des GU-Vertrags vorgesehen – bei den einzelnen Abschlagsrechnungen in Höhe von maximal 10 % vornehmen, allerdings insgesamt nur bis zur Höhe der vereinbarten Sicherheitssumme, welche in § 13.1 in Höhe von 5 % des Bruttovertragspreises vereinbart worden sei. Selbst wenn man die Gefahr einer Kumulation von Einbehalt/Ablösebürgschaft gem. § 10.1 und Vertragserfüllungsbürgschaft gem. § 13.1 annehmen wollte, so habe auch dann jedenfalls die Gefahr einer Erfüllungssicherheit von über 10 % des Bruttovertragspreises nicht bestanden, da sowohl Einbehalt/Ablösebürgschaft (§ 10.1 des GU-Vertrags i.V.m. § 17 Abs. 6 Abs. 1 Satz 1 VOB/B), als auch Bürgschaft (§ 13.1 des GU-Vertrags) auf eine Höhe von je 5 % beschränkt gewesen seien, somit zusammen allenfalls maximal 10 % des Bruttovertragspreises erreicht hätten, was nicht zu beanstanden wäre. Die Möglichkeit einer Kumulation habe aber ohnehin angesichts der Regelungen in § 13.1 des GU-Vertrags nicht bestanden, da darin einerseits die höhenmäßige Begrenzung des in § 10.1 des GU-Vertrags vereinbarten Sicherheitseinbehalts (5 % des Bruttovertragspreises) durch das Wort „entsprechender“ zum Ausdruck komme, andererseits auch, dass die Sicherheiten in Gestalt eines Werklohneinbehalts gemäß §§ 10.1, 13.1 bzw. einer Vertragserfüllungsbürgschaft gemäß § 13.1 zwei Alternativen derselben Sicherheit verkörperten, so dass jede Kumulierung insoweit ausscheide. Diese Alternativität ergebe sich zusätzlich aus den vereinbarten Regelungen der VOB/B 2012, § 17 Abs. 6 Nr. 1 bzw. Nr. 3 [gemeint wohl: Abs. 3]. Auch die „kundenfeindlichste“ Auslegung müsse sich im Rahmen der anerkannten Auslegungsgrundsätze bewegen. Wenn das Landgericht darauf abstellen wolle, dass der Konnex von § 13.1 und § 10.1 zwar durch die vorgenannten Verweise in § 13.1 aufgezeigt werde, es aber in § 10.1 an korrespondierenden Verweisen wiederum auf § 13.1 fehle, so überzeuge dies nicht. Das Gericht verkenne, dass im Rahmen von § 307 BGB zwar grundsätzlich eine einzelklauselbezogene Würdigung erfolge, bei dem zugrunde zu legenden Klauselinhalt und dessen Auslegung – auch nach § 305c Abs. 2 BGB – jedoch nicht nur der Wortlaut der jeweiligen Einzelklausel zu berücksichtigen sei, sondern auch deren erkennbarer Sinn und Zweck sowie systematische Gesichtspunkte. Eine Formularklausel sei vor dem Hintergrund des gesamten Formularvertrags zu interpretieren. Demgegenüber verstoße es gegen die Grenzen zulässiger Auslegung, wenn eine Klausel isoliert und aus dem Zusammenhang des Gesamtklauselwerks gerissen interpretiert werde. Dies müsse umso mehr gelten, wenn sich, wie es das Landgericht unzutreffend meine, eine Unwirksamkeit nach § 307 BGB ohnehin gerade erst aus einer Gesamtschau und Kumulierung der Rechtsfolgen beider Vertragsbestimmungen herleiten lassen solle.

Auch die Annahme einer unangemessenen „Überlappung“ der Sicherungen nach § 13.1 bis § 13.3 des GU-Vertrags sei unzutreffend. Aus § 13.1 ergebe sich zwar, dass die dortige Vertragserfüllungssicherheit auch Mängelansprüche einschließlich bei der Abnahme vorbehaltener Mängel sichern solle. Insofern sicherten sowohl die Vertragserfüllungssicherheit gem. § 13.1 als auch die Mängelsicherheit gem. § 13.3 Mängelansprüche, die bei Abnahme entstanden seien oder nach Abnahme entstünden. Ebenso eindeutig sei aber durch § 13.2 Satz 1 geregelt, dass der Auftragnehmer die Erfüllungssicherheit nach Abnahme seiner Leistung, Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung und Stellung der Sicherheit für Mängelansprüche zurückverlangen könne. Es sei somit ein durchsetzbarer Anspruch auf Herausgabe der Vertragserfüllungssicherheit vereinbart, sodass die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für eine Unangemessenheit sprechende Konstellation, dass die Mängelansprüche sichernde Vertragserfüllungssicherheit „längere Zeit nach Abnahme nicht zurückgegeben werden muss“ gerade nicht bestehe. Unbeachtlich sei insoweit, ob eine Mängelbürgschaft durch den Auftragnehmer gestellt werde, oder der Auftraggeber einen Einbehalt in Höhe von 5 % der Bruttoschlussrechnungssumme vornehme. Unbeachtlich sei auch, dass der Anspruch des Auftragnehmers auf Rückgabe der Vertragserfüllungssicherheit nach § 13 Abs. 2 Satz 1 des GU-Vertrags – im Vergleich zum Wortlaut des § 17 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B – zusätzlich von der Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung abhängig gemacht werde. Denn erst nach Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung sei die Berechnung der Höhe der Mängelsicherheit überhaupt möglich; der Auftragnehmer habe es zudem ab Abnahme selbst in der Hand, seine prüffähige Schlussrechnung alsbald nach Abnahme zu stellen – bzw. sei gemäß § 14 Abs. 1 und 3 VOB/B sogar ohnehin gehalten, dies kurzfristig nach Abnahme zu tun.

Demgemäß könne sich eine Unangemessenheit nur aus den weiteren Regelungen in § 13 Abs. 2 Satz 2 des GU-Vertrags ergeben. Jedoch bestehe bei keiner der dort vorgesehenen Konstellationen die Gefahr einer unangemessenen Übersicherung: Fordere der Auftraggeber nach § 13.2 Satz 2 Alt. 1 eine (neue) Teilerfüllungssicherheit (nur) zur Absicherung bestehender Ansprüche auf Beseitigung der im Abnahmeprotokoll festgehaltenen Mängel (maximal in Höhe des zweifachen Mängelbeseitigungsaufwands), so führe dies nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung. Dem Auftraggeber stehe nämlich von Gesetzes wegen ohnehin das Recht auf Zahlungseinbehalt in angemessener Höhe nach §§ 641 Abs. 3 BGB, § 632a Abs. 1 Satz 3 BGB a. F zu. Nachdem dem Auftragnehmer zudem gemäß § 17 Abs. 3 VOB/B 2012 die Wahl unter den verschiedenen Arten der Sicherheit verbleibe, könne dieser sogar auswählen, ob diese Sicherheit durch entsprechende Einbehalte an seinem Werklohn oder durch Bürgschaft geleistet werden solle. Die ihm so zustehende Ablösemöglichkeit eines Einbehalts gem. §§ 641 Abs. 3/632a Abs. 1 Satz 3 BGB a.F. stelle somit für den Auftragnehmer eine Verbesserung gegenüber der gesetzlichen Lage dar; an Stelle des gesetzlich (nur) vorgesehenen Einbehalts von Werklohnliquidität könne er gemäß § 13.2 Satz 2 des GU-Vertrags eine Bürgschaft stellen, die seine Liquidität weniger belaste und das Risiko einer Insolvenz des Auftraggebers ausblende. Mache der Auftraggeber demgegenüber von seinem Wahlrecht in § 13 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 des GU-Vertrags Gebrauch und verweigere wegen bestehender Ansprüche auf Beseitigung der im Abnahmeprotokoll festgehaltenen Mängel teilweise die Rückgabe der Erfüllungssicherheit, so stehe ihm neben der bereits übergebenen Sicherheit für Mängelansprüche nicht etwa die gesamte Vertragserfüllungssicherheit gemäß § 13.1 in voller Höhe zusätzlich zur Absicherung von Mängeln nach Abnahme zur Verfügung, sondern eben nur teilweise und nur zur Absicherung eines Anspruchs auf Beseitigung der bei Abnahme festgehaltenen Mängel. Angesichts dessen, dass dem Auftraggeber auf der Grundlage der §§ 632a Abs. 1 S. 3, 641 Abs. 3 BGB a. F. ein Recht zum Einbehalt von Werklohnzahlungen wegen des Anspruchs auf Beseitigung der Abnahmemängel zustehe, ergebe sich auch insoweit allenfalls eine verbesserte Position des Auftragnehmers gegenüber der gesetzlichen Regelung. Und der Auftraggeber habe – anders als der Auftragnehmer gemäß dem ergänzend vereinbarten § 17 Abs. 3 VOB/B 2012 – auch kein Wahl- bzw. Austauschrecht mehr dahingehend, doch stattdessen seinerseits einen Einbehalt von Werklohnliquidität wegen Abnahmemängeln vornehmen zu können. Aus dem in beiden Alternativen des § 13.2 eingeschränkten Sicherungszweck folge zudem, dass eine inhaltliche und zeitliche Parallelität und „Überlappung“ einer Sicherung gemäß § 13.2 zu einer Sicherung gemäß § 13.3 im Stadium nach Abnahme allenfalls in ausgesprochen eingeschränktem Umfang entstehen könne, der eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 BGB nicht auslösen könne. Die Überlegung des Landgerichts, dass § 13.2 des GU-Vertrags es dem Auftraggeber ermögliche, auf unangemessene Weise die Vertragserfüllungssicherheit gemäß § 13.1 (teilweise) zurückzuhalten, weil mit dem Auftragnehmer Streit über das Bestehen von Mängeln bei Abnahme entstehen könne, verkenne, dass auch § 17 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B dem Auftraggeber die Möglichkeit eröffne, Teile einer Vertragserfüllungssicherheit wegen noch offener Ansprüche zurückzubehalten, die in den Sicherungszweck dieser Sicherheit fielen. Auch über das Bestehen solcher Ansprüche könne Streit mit einem Auftragnehmer entstehen, der sich potenziell über längere Zeit hinziehen könne. Gleichwohl erkenne die Rechtsprechung eine solche Regelung ohne Weiteres an.

Schließlich führe, selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die Regelung in § 13.2. Satz 2 des GU-Vertrags zusätzlich zur Mängelsicherheit nach § 13.3. als solche eine Unangemessenheit bewirkte, dies nach den Grundsätzen der Rechtsprechung nicht zur Unwirksamkeit der Sicherheitenabreden insgesamt. Insbesondere bliebe die Wirksamkeit von § 13.1 des GU-Vertrags (samt Rückgaberegelung in § 13.2 Satz 1) als Rechtsgrund für die von der ### GmbH ursprünglich gestellten Vertragserfüllungssicherheiten, aus denen die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit ihre Klageforderungen herleite, unberührt. Eine solche Beschränkung sei auch keine unzulässige „geltungserhaltende Reduktion“.

Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren:

1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 04.04.2023, Az. 47 O 611/21 wird abgeändert und die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin Euro 206.097,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.05.2020 zu bezahlen.

2. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 04.04.2023, Az. 47 O 611/21 wird abgeändert und die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin Euro 200.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.05.2020 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen jeweils,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil als richtig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Berufungsverfahren wird auf die zwischen den Parteien in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 01.02.2024 (eAOLG Bl. 114 ff.) verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagten können der Inanspruchnahme aus den von ihnen übernommenen Bürgschaften gemäß §§ 768 Abs. 1 Satz 1, 812, 821 BGB die Einrede entgegenhalten, die ### GmbH habe die Bürgschaften ohne rechtlichen Grund gestellt.

1. Der Bürge kann gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Hat der Bürge eine Sicherung gewährt, obwohl die Sicherungsabrede zwischen Hauptschuldner und Gläubiger unwirksam ist, so kann er sich gegenüber dem Leistungsverlangen des Gläubigers auf die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede und auf die Einrede des Hauptschuldners berufen, dass der Gläubiger die Inanspruchnahme des Bürgen zu unterlassen hat. Das folgt aus dem Sinn und Zweck des Akzessorietätsgedankens, der sicherstellen soll, dass der Bürge grundsätzlich nicht mehr zu leisten hat als der Hauptschuldner (BGH, Urt. v. 22.01.2015 – VII ZR 120/14, Rn. 14; Urt. v. 01.10.2014 – VII ZR 164/12, Rn. 15; Urt. v. 12.02.2009 – VII ZR 39/08, BGHZ 179, 374, Rn. 9; Urt. v. 23.01.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, 316 m.w.N.).

2. Bei den in Rede stehenden und eingangs auszugsweise zitierten Regelungen im GU-Vertrag, namentlich dessen §§ 10, 11 und 13, handelt es sich zur Überzeugung des Senats um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die seitens der Klägerin ihrer Vertragspartnerin, der ### GmbH, im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB gestellt wurden. Das Landgericht hat diese Feststellung mit zutreffender Begründung und unter Verweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urt. v. 26.02.2004 – VII ZR 247/02 -; Urt. v. 27.11.2003 – VII ZR 53/03, BGHZ 157, 102) auf einen diesbezüglichen Anscheinsbeweis gestützt. Der mit „Vertrag über Planungs- und Bauleistungen in einem partnerschaftlichen Baumodell“ überschriebene GU-Vertrag (Anlage K 1) ist auf seiner ersten Seite mit dem Schriftzug und dem Logo der Klägerin versehen und enthält zahlreiche Regelungen, darunter auch die hier maßgeblichen Bestimmungen, die nicht auf die individuelle Vertragssituation abgestimmt sind. Des Weiteren finden sich darin Platzhalter und Verweise auf „Muster“ des Auftraggebers (so etwa in § 10.1 oder in § 13.1 und § 13.3). Die Klägerin hat den Anschein des Vorliegens von AGB nicht erschüttert, geschweige denn widerlegt. Sie hat in erster Instanz lediglich ohne jede Substantiierung bestritten, dass es sich bei den maßgeblichen Bestimmungen um von ihr gestellte AGB handeln solle. Auch in der Berufungsbegründung verweist sie insoweit nur auf ihren erstinstanzlichen Vortrag, ohne diesen zu vertiefen oder überhaupt erstmals tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorzutragen, die gegen eine Einordnung der hier maßgeblichen Bestimmungen als AGB sprechen könnten.

3. Die Sicherungsabrede in § 13.1 des GU-Vertrags ist unwirksam, weil sie in der Gesamtschau mit § 13.2, den Bestimmungen zu den Abnahmevoraussetzungen in § 11.1 und 11.2 sowie mit der Regelung in § 13.3 den Auftragnehmer im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteiligt. Letztlich offenbleiben kann damit, ob die Regelung in § 13.1 darüber hinaus – und davon unabhängig – auch wegen ihres Zusammenspiels mit § 10.1 des GU-Vertrags unwirksam ist (dazu unter 4.).

a) Das Landgericht hat – wie die Klägerin in der Berufungsbegründung konzediert – die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze dazu, wann eine formularmäßige Regelung in einem Bauvertrag über die Stellung von Vertragserfüllungs- und Mängelgewährleistungssicherheiten gegen § 307 Abs. 1 BGB verstößt, zutreffend zusammengefasst. Danach kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch aus einer Gesamtwirkung mehrerer, jeweils für sich genommen nicht zu beanstandender Vertragsbestimmungen ergeben. Das ist etwa der Fall, wenn sich aus den vom Auftraggeber gestellten formularmäßigen Vertragsbestimmungen eines Bauvertrags – für sich genommen oder in ihrem Zusammenwirken – ergibt, dass der Auftragnehmer als Vertragspartner des Verwenders für einen nicht unerheblichen Zeitraum über die Abnahme hinaus wegen möglicher Mängelansprüche des Auftraggebers eine Sicherheit leisten muss, die jedenfalls nicht unwesentlich über 5 % der Auftragssumme liegt. Eine solche, der Höhe nach unangemessene Sicherheit kann sich dabei insbesondere daraus ergeben, dass nach dem Klauselwerk eine Sicherheit für die Vertragserfüllung, die auch nach Abnahme bestehende Mängelansprüche des Auftraggebers sichern soll, noch längere Zeit nach Abnahme nicht zurückgegeben werden muss, während zugleich eine Sicherheit für Mängelansprüche verlangt werden kann, so dass es zu einer Überschneidung der beiden Sicherheiten kommt und dem Auftraggeber für etwaige Mängelansprüche sowohl die Sicherheit für die Vertragserfüllung als auch die Sicherheit für Mängelansprüche zur Verfügung steht (BGH, Urt. v. 16.07.2020 – VII ZR 159/19, Rn. 24; Urt. v. 22.01.2015 – VII ZR 120/14, Rn. 18 m.w.N.).

Als AGB sind die formularmäßigen Vertragsbestimmungen dabei gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Sind danach mehrere Auslegungen rechtlich vertretbar, gehen Zweifel bei der Auslegung gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Außer Betracht bleiben (nur solche) Verständnismöglichkeiten, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und nicht ernstlich in Erwägung zu ziehen sind. Nach diesen Grundsätzen ist auch im Individualprozess gemäß § 305c Abs. 2 BGB die „kundenfeindlichste“ (hier: „auftragnehmerfeindlichste“) bzw. „verwenderfreundlichste“ Auslegung zugrunde zu legen, wenn diese im Rahmen einer vorzunehmenden Inhaltskontrolle zur Unwirksamkeit der Klausel führt und dadurch den Vertragspartner des Verwenders begünstigt (vgl. BGH, Urt. v. 16.07.2020 – VII ZR 159/19, Rn. 27).

b) Unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze halten die Bestimmungen in den §§ 13.1, 13.2 und 13.3 GU-Vertrag in ihrer Gesamtschau der Inhaltskontrolle nicht stand. Die Unwirksamkeit ergibt sich insbesondere aus dem Zusammenspiel der Regelungen.

aa) Nach § 13.1 des GU-Vertrags hat der Auftragnehmer eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 5 % des Bruttovertragspreises zu stellen, die nicht nur Vertragserfüllungs- und Überzahlungsansprüche, sondern auch „Mängelansprüche einschließlich bei Abnahme vorbehaltener Mängel“ absichert. Des Weiteren hat der Auftragnehmer nach § 13.3 für die Dauer der Mängelhaftung Sicherheiten für etwaige Mängelhaftungsansprüche in Form von Mängelhaftungsbürgschaften in Höhe von 5 % der jeweiligen Brutto-Schlussrechnungssummen zu leisten, bis zu deren Überreichung der Auftraggeber 5 % der jeweiligen Brutto-Schlussrechnungssumme einbehalten kann, wobei § 17 Abs. 6 VOB/B im Übrigen ausgeschlossen sein soll (§ 13.2 Satz 4). Nach dem Wortlaut der Regelungen in den §§ 13.1 und 13.3 des GU-Vertrags sichern demnach beide Sicherheiten Mängelansprüche ab.

bb) Soweit § 13.2 Satz 1 ein Zurückverlangen der Vertragserfüllungsbürgschaft durch den Auftragnehmer vorsieht, ist diese Möglichkeit des Zurückverlangens an bestimmte qualifizierte Voraussetzungen geknüpft. Solange diese qualifizierten Voraussetzungen gemäß § 13.2 Satz 1 nicht erfüllt sind, kann der Auftraggeber mithin trotz Erbringung der nach § 13.3 geschuldeten Bürgschaft für Mängelansprüche (oder – bei Nichtbeibringung derselben – des Bareinbehalts in Höhe von 5 % nach § 13.3 Satz 3) die Rückgabe der Erfüllungssicherheit nach § 13.1 verweigern. Hieraus allein ergibt sich nach dem objektiven Empfängerhorizont und der maßgeblichen „kundenfeindlichsten“ Auslegung der getroffenen Regelungen bereits die Möglichkeit einer Überlappung der Sicherheiten für einen ungewissen, nicht unerheblichen Zeitraum nach Abnahmereife. Dies ist für sich genommen schon nicht unproblematisch.

So knüpft § 13.2 Satz 1 die Rückgabe der Sicherheit nach § 13.1 zum einen an die Abnahme, die ihrerseits in § 11.2 an bestimmte zusätzliche Voraussetzungen geknüpft ist, und zum anderen an die Voraussetzung der Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung an. Weitere Rückgabevoraussetzung ist die „Gestellung der Sicherheit für Mängelansprüche“, wobei sich der Regelung nicht entnehmen lässt, dass diese „Gestellung“, wie die Klägerin meint, auch bereits in dem Einbehalt des Auftraggebers in Höhe der 5 % der Bruttoschlussrechnungssumme liegen kann. Vielmehr wird – ausdrücklich abweichend von § 17 Abs. 3 VOB/B – in § 13.3 Satz 2 GU-Vertrag auf „Mängelhaftungsbürgschaften gemäß Muster“ abgestellt und dem Auftragnehmer insoweit gerade kein Wahlrecht belassen.

(1) Problematisch hieran ist insbesondere schon, dass bereits die „Abnahme“ selbst in § 11.2 des GU-Vertrags an qualifizierte Voraussetzungen geknüpft wird, die über die gesetzlichen Voraussetzungen der Abnahmereife hinausgehen, nämlich an die Übergabe der dort genannten Unterlagen, ohne danach zu differenzieren, ob es sich dabei um wesentliche oder unwesentliche Restleistungen handelt. Außerdem nimmt § 11.2 Satz 3 (8) mit der Pflicht des Auftragnehmers zur Übergabe der „Einweisungsprotokolle für Nutzer“ an den Auftraggeber letztlich auf § 3.6.6 des GU-Vertrags Bezug, worin es heißt: „Der AN weist das Bedienungspersonal des AG, und/oder der Käufer und/oder der künftigen Verwalter, insbesondere die Hausmeister nach deren Bestellung, in die Bedienung der technischen Anlagen im erforderlichen Umfang, auch nach Fertigstellung und ggfs. mehrmals (max.2), ein.“ Hiernach bleibt weitgehend unklar, welche Einweisungen erfolgt und durch Einweisungsprotokolle belegt werden müssen, um die Abnahmevoraussetzungen zu schaffen. Schon dies birgt die Gefahr in sich, dass die Abnahme seitens des Auftraggebers (der Klägerin) trotz vorhandener Abnahmereife wegen des Fehlens (nicht ausschließbar) unwesentlicher Unterlagen oder Einweisungen hinausgezögert wird, und dass deshalb die Vertragserfüllungssicherheit nach § 13.1 trotz bereits von der Auftragnehmerin (### GmbH) erbrachter Mängelgewährleistungsbürgschaft oder – in Ermangelung dessen – vorhandenen weiteren 5 %-Einbehalts (§ 13.3 Satz 3 des GU-Vertrags) für einen ungewissen, nicht unerheblichen Zeitraum nicht zurückgegeben werden muss.

(2) Soweit § 13.2 Satz 1 die Rückgabe der Vertragserfüllungssicherheit darüber hinaus an die Voraussetzung der Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung knüpft, trifft zwar das Argument der Klägerin zu, dass der Auftragnehmer ohnehin nach § 14 Abs. 3 VOB/B verpflichtet ist, zeitnah nach Fertigstellung eine prüffähige Schlussrechnung einzureichen, und dass ohne eine solche die Höhe der Gewährleistungsbürgschaft (5 % der Schlussrechnungssumme) schon nicht bestimmt werden kann. Allerdings dürfte eine Schlussrechnung – selbst wenn sie nicht prüfbar sein sollte – eher selten zum Nachteil des Auftragnehmers einen zu niedrigen Betrag aufweisen, so dass mit der Vorlage der Schlussrechnung (auch ohne die Voraussetzungen ihrer Prüfbarkeit) und der Gestellung der sich hieraus errechnenden Mängelgewährleistungssicherheit zumindest in der Regel den Interessen des Auftraggebers hinreichend Genüge getan wird, wohingegen sich Streitigkeiten über die Prüfbarkeit der Schlussrechnung durchaus länger hinziehen können.

Der Gesichtspunkt, dass die Vertragserfüllungsbürgschaft (zugunsten des Auftraggebers) auch Rückzahlungsansprüche wegen Überzahlungen sichert, die ggf. erst nach Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung festgestellt werden können, trägt ebenfalls nicht. Denn der Auftraggeber wird insoweit bereits dadurch geschützt, dass er nach § 10.1 des GU-Vertrags nur Abschlagszahlungen im Umfang des „Wertes der nachgewiesenen erbrachten Leistungen zu Vertragspreisen“ leisten muss, und zwar auch hier nur unter der weiteren Voraussetzung des Eingangs einer „prüffähigen Abschlagsrechnung“ (§ 10.4). Überdies bleibt die Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung Voraussetzung für die Fälligkeit der Schlusszahlung (§ 10.5).

cc) Eine unangemessene Benachteiligung der ### GmbH als Auftragnehmerin folgt jedenfalls aus dem Zusammenspiel der vorgenannten Regelungen in Verbindung mit der – ihrerseits schon für sich genommen die ### GmbH unangemessen benachteiligenden – Regelung in § 13.2 Satz 2 des GU-Vertrags:

(1) Die Klägerin stellt nicht in Frage, dass (zumindest nach der „auftragnehmerfeindlichsten“ bzw. „auftraggeberfreundlichsten“ Auslegung) sowohl die Erfüllungsbürgschaft nach § 13.1 als auch die „Bürgschaft für Mängelansprüche“ nach § 13.3 Mängelansprüche nach Abnahme einschließlich bei Abnahme vorbehaltener Mängel sichern. Dann kann aber die dem Auftraggeber (also nicht etwa dem Auftragnehmer, wie § 17 Abs. 3 VOB/B es ansonsten vorsähe) in § 13.2 Satz 2 des GU-Vertrags eingeräumte Wahlmöglichkeit, nach der dieser – wahlweise zur Geltendmachung der Übergabe einer Teilerfüllungssicherheit – die Rückgabe der Erfüllungssicherheit in Höhe des zweifachen Mängelbeseitigungsaufwands für sog. Protokollmängel sowie in Höhe der anfallenden Vergütung für bis zur Abnahme noch nicht ausgeführte Leistungen verweigern kann, dazu führen, dass der Auftragnehmer für einen nicht unerheblichen Zeitraum über die Abnahme hinaus wegen möglicher Mängelansprüche eine Sicherheit leisten muss, die jedenfalls nicht unwesentlich über 5 % der Auftragssumme liegt. Dies gilt nicht nur für den Fall, dass der Auftraggeber zu Unrecht Protokollmängel erhebt und hierüber Streit entsteht. Auch bei berechtigten Ansprüchen auf Beseitigung von bei Abnahme festgestellten Mängeln oder Vornahme von Restarbeiten kann sich deren Erledigung über einen nicht unerheblichen Zeitraum nach Abnahme hinziehen. Dabei kann der zweifache Beseitigungsaufwand je nach Sachlage durchaus eine Größenordnung erreichen, bei der zusammen mit der Sicherheit nach § 13.3 des GU-Vertrags die Schwelle von 5 % der Vertragssumme nicht nur unwesentlich überschritten wird (vgl. auch OLG Frankfurt, Urt. v. 12.05.2016 – 22 U 34/15, juris Rn. 45 ff.).

(2) Nach Auffassung des Senats lässt sich auch nicht argumentieren, dass die nach § 13.2 Satz 2, 2. Alt. (teilweise) zurückbehaltene Erfüllungssicherheit nur noch die Ansprüche wegen Protokollmängeln und Restarbeiten und die zusätzliche Mängelhaftungssicherheit nur Ansprüche wegen bei Abnahme noch nicht entdeckter Mängel sichere, sich die Sicherungszwecke also gar nicht überschnitten. Ein solches Verständnis gibt jedenfalls die „auftragnehmerfeindlichste“ Auslegung nicht her. Zwar dürfte dann, wenn der Auftraggeber sein Wahlrecht nach § 13.2 Satz 2, 1. Alt. dahin ausübt, dass er eine neue Teilerfüllungssicherheit verlangt, hinreichend klar sein, dass diese dann nur noch die vorbehaltenen Ansprüche wegen Protokollmängeln und Restarbeiten sichert. Wählt er aber die teilweise Verweigerung der Rückgabe der Erfüllungssicherheit „in entsprechender Höhe“, dann ergibt sich aus der Klausel gerade nicht eindeutig, dass dann (neben der höhenmäßigen Begrenzung auf den zweifachen Mängelbeseitigungsaufwand) auch der ursprüngliche Sicherungszweck der Erfüllungsbürgschaft auf Protokollmängel und Restarbeiten beschränkt sein soll. Daher erscheint ein Klauselverständnis jedenfalls nicht fernliegend, wonach der einbehaltene Teil der Erfüllungsbürgschaft auch weiterhin Mängelansprüche generell sichert, also auch solche wegen bislang unbekannter Mängel, etwa auch solcher, die in dem Zeitraum, in dem der Auftragnehmer Protokollmängel und Restarbeiten erledigt, erst zu Tage treten. Demgemäß fehlt auch eine eindeutige Regelung, dass die teilweise einbehaltene Erfüllungsbürgschaft schon vor Ablauf der Gewährleistungsfrist zurückzugeben ist, sobald die Protokollmängel und vorbehaltenen Restarbeiten erledigt sind.

Ebenso wenig lässt sich – umgekehrt – den Regelungen in den §§ 13.1 bis 13.3 entnehmen, dass die Mängelsicherheit in § 13.3. nicht auch Ansprüche wegen sog. Protokollmängel erfassen soll. Selbst wenn man also eine Einschränkung des Sicherungszwecks der nach § 13.2 Satz 2, 2. Alt. (teilweise) einbehaltenen Sicherheit auf Protokollmängel und Restleistungen annehmen wollte, dann bliebe immer noch die Möglichkeit einer Überlappung mit § 13.3, weil auch dort Mängelansprüche abgesichert sind und hierunter auch Protokollmängel zu verstehen sind.

(3) Soweit die Klägerin weiter damit argumentiert, dass der Auftragnehmer durch die Klausel in § 13.2 Satz 2 des GU-Vertrags sogar bessergestellt sei als bei Ausübung des Zurückbehaltungsrechts nach § 641 Abs. 3 BGB, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Denn eine solche Besserstellung würde ein Klauselverständnis voraussetzen, dass der Auftraggeber neben seinem Wahlrecht nach § 13.2 Satz 2 nicht auch noch kumulativ ein Zurückbehaltungsrecht nach § 641 Abs. 3 BGB ausüben können soll. Ein solches Verständnis ist aber wiederum nicht zwingend und jedenfalls nicht eindeutig im GU-Vertrag geregelt. Nach der von der Klägerin selbst zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 08.07.1982 – VII ZR 96/81) hindert ein vereinbarter Sicherheitseinbehalt den Auftraggeber auch nach Abnahme der Werkleistung grundsätzlich nicht, die Zahlung fälligen Werklohnes wegen mangelhafter Ausführung des Werkes zu verweigern. Gleiches dürfte dann aber auch für eine anstelle eines Sicherheitseinbehalts vereinbarte Bürgschaft gelten. Der Bundesgerichtshof hat in der zitierten Entscheidung ausgeführt, dass die Leistungsverweigerung gemäß § 320 BGB (das erst später eingefügte Zurückbehaltungsrecht nach § 641 Abs. 3 BGB ist nichts anderes als eine Ausprägung des § 320 BGB) über die Sicherung des Anspruchs hinaus auf den Auftragnehmer Druck auszuüben solle, damit er die ihm obliegende Leistung umgehend erbringt. Daher könne die Einrede des § 320 BGB auch nicht durch Sicherheitsleistung abgewendet werden (§ 320 Abs. 1 Satz 3 BGB). Solange der Nachbesserungsanspruch bestehe, stehe dem Auftraggeber daher grundsätzlich neben dem Sicherheitseinbehalt ein Leistungsverweigerungsrecht wegen Werkmängeln zu (BGH, aaO.). Auch wenn eine beträchtliche Sicherheit nicht ohne Belang für die Höhe einer berechtigten Leistungsverweigerung sein möge, brauche sich der Auftraggeber doch nicht wegen Werkmängeln, deren Beseitigungskosten vom Sicherheitsbetrag gedeckt seien, allein auf diesen verweisen zu lassen. Er dürfe vielmehr einen weiteren erheblichen Betrag zurückbehalten, welcher erforderlich erscheine, den Auftragnehmer zur schleunigen Nachbesserung anzuhalten. Die Höhe des Betrags, den der Auftraggeber gemäß § 320 BGB zurückbehalten dürfe, hänge von den jeweiligen Umständen mit Rücksicht auf Treu und Glauben ab (BGH, aaO.).

Nach alledem geht der Bundesgerichtshof allenfalls von einer Reduzierung des Druckzuschlags, aber nicht von einem Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts aus. Solange also in § 13.2 Satz 2 des GU-Vertrags nicht eindeutig geregelt ist, dass – entgegen der gesetzlichen Wertung in § 320 Abs. 1 Satz 3 BGB – die neue Teilerfüllungssicherheit oder – nach Wahl des Auftraggebers – die teilweise Einbehaltung der Erfüllungssicherheit wegen Protokollmängeln und Restleistungen an die Stelle des Zurückbehaltungsrechts nach § 641 Abs. 3 BGB treten soll, stellt sich die Regelung nicht als vorteilhaft für den Auftragnehmer dar, der im Übrigen auch nicht danach gefragt werden muss, ob er im konkreten Fall die teilweise Zurückbehaltung der Erfüllungsbürgschaft einem Mängeleinbehalt nach § 641 Abs. 3 BGB vorzieht. Eine angebliche Abwendungsmöglichkeit dieses Einbehalts durch den Auftragnehmer folgt auch nicht aus § 17 Abs. 3 VOB/B, wonach dieser die Wahl unter verschiedenen Sicherheiten hat und eine Sicherheit durch eine andere ersetzen kann. Bei dem Leistungsverweigerungsrecht nach § 641 Abs. 3 BGB handelt es sich schon nicht um eine „Sicherheit“ im Sinne des § 17 VOB/B, da es nach der vorzitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur der Sicherung von Ansprüchen des Auftraggebers dient, sondern Ausdruck des vertraglichen Synallagmas ist und überdies auf den Auftragnehmer Druck auszuüben soll, damit er die ihm obliegende Leistung umgehend erbringt.

(4) Vor diesem Hintergrund stellt es sich überdies als unangemessen dar, dass § 13.2 Satz 2 des GU-Vertrags das Verlangen einer Teilerfüllungssicherheit oder – wahlweise für den Auftraggeber – die Einbehaltung der Erfüllungsbürgschaft (zusätzlich zur Mängelbürgschaft nach § 13.3) bis zur Höhe des zweifachen Mängelbeseitigungsaufwands ermöglicht. Eine Bürgschaft sichert nämlich letztlich immer nur Zahlungsansprüche und nicht unmittelbar den Anspruch auf Mängelbeseitigung. Daher ist auch ein „Druckzuschlag“ regelmäßig nicht vom Sicherungszweck einer Bürgschaft erfasst (so auch BGH, Urt. v. 26.03.2015 – VII ZR 92/14).

c) Die aus der Gesamtschau der Bestimmungen in § 13 des GU-Vertrags (auch in Verbindung mit den qualifizierten Abnahmevoraussetzungen des § 11 Abs. 2) folgende unangemessene Benachteiligung der ### GmbH führt wegen der Unteilbarkeit der Regelungen (vgl. BGH, Urt. v. 16.07.2020 – VII ZR 159/19, Rn. 36) zur Gesamtunwirksamkeit der Sicherungsabrede.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die belastende Wirkung einer für sich allein gesehen noch hinnehmbaren Klausel durch eine oder mehrere weitere Vertragsbestimmungen derart verstärkt werden, dass der Vertragspartner des Verwenders im Ergebnis unangemessen benachteiligt wird. Ergibt sich die unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers erst aus der Gesamtwirkung zweier, jeweils für sich genommen nicht zu beanstandender Klauseln, sind beide Klauseln unwirksam. Denn es ist nicht Sache des Gerichts auszusuchen, welche der beiden Klauseln bestehen bleiben soll (BGH, Urt. v. 01.10.2014 – VII ZR 164/12, Rn. 27; Urt. v. 05.05.2011 – VII ZR 179/10, Rn. 29; Urt. v. 17.01.1989 – XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259, 263 m.w.N.). Gleiches gilt unter den genannten Voraussetzungen auch für den Fall, dass eine der beiden Klauseln bereits für sich genommen unwirksam ist (BGH, Urt. v. 05.05.2011 – VII ZR 179/10, Rn. 29 m.w.N.).

bb) Dies zugrunde gelegt kann vorliegend § 13.1 GU-Vertrag, da die dort geregelte Bürgschaft auch Mängelansprüche nach Abnahme sichert und somit eine Überschneidung mit der Bürgschaft nach § 13.3 droht, ohne die Rückgaberegelung in § 13.2 keinen Bestand haben. § 13.2 kann aber wiederum nicht ohne Weiteres in einen unzulässigen und einen zulässigen Teil aufgespalten werden. Innerhalb von § 13.2 stößt, wie ausgeführt, bereits die Regelung in § 13.2 Satz 1 für sich genommen mit Blick auf die qualifizierten Voraussetzungen der Abnahme in § 11.2 sowie das weitere Erfordernis der Vorlage einer prüffähigen Schlussrechnung zumindest auf Bedenken. Jedenfalls in Verbindung mit der Regelung in § 13.2 Satz 2 BGB wird die Schwelle einer unangemessenen Benachteiligung des Auftragnehmers überschritten. Dann ist es aber nicht Sache des Gerichts, hier durch Streichung einzelner Klauseln oder Klauselteile – etwa des gesamten § 13.2 Satz 2 und in § 13.2 Satz 1 der Wörter „vorbehaltlich der nachfolgenden Regelung“, des Worts „prüffähigen“ und/oder einzelner Regelungen in § 11.2 – eine noch hinnehmbare Regelung zu generieren. Überdies erhielte die Klausel dadurch einen von ihrem ursprünglichen Inhalt grundsätzlich abweichenden Regelungsgehalt, der letztlich zu einer der Intention des Klauselverwenders entgegenstehenden abweichenden Vertragsgestaltung führen würde (vgl. BGH, Urt. v. 01.10.2014 – VII ZR 164/12, Rn. 28).

cc) Die Rückgaberegelung in § 13.2 GU-Vertrag lässt sich auch nicht insgesamt durch Rückgriff auf § 17 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B ersetzen (sodass § 13.1 für sich genommen bestehen bleiben könnte), nachdem die Parteien mit § 13.2 gerade eine von § 17 Abs. 8 VOB/B abweichende Regelung vereinbart haben, die bei „Widersprüchen“ vorgehen sollte (vgl. § 2.8 GU-Vertrag). Dass im Fall der Unwirksamkeit der vorgehenden Klausel dann doch auch insoweit die VOB/B gelten sollte, lässt sich dem GU-Vertrag gerade nicht entnehmen (vgl. auch BGH, Urt. v. 25.03.2015 – VII ZR 92/14, Rn. 43). Im Gegenteil sieht § 20.4 des Vertrags vor, dass in diesem Fall eine „angemessene“ Regelung gelten soll, die der unwirksamen Regelung am nächsten kommt. Allerdings sind Klauseln, nach denen eine Regelung gelten soll, die einer nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksamen Klausel soweit wie möglich entspricht, wegen Verstoßes gegen § 306 Abs. 2 ebenfalls nach § 307 BGB unwirksam (vgl. BGH, aaO., Rn. 45 m.w.N).

4. Nach alledem kann offenbleiben, ob sich die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede auch daraus ergibt, dass bei „auftragnehmerfeindlichster“ Auslegung die Regelungen in § 10.1, 13.1 und 13.3 Satz 3 GU-Vertrags im Zusammenspiel dazu führen können, dass der Auftragnehmer während des Erfüllungsstadiums (vor Abnahme) Sicherheiten von mehr als 10 % der Auftragssumme stellen muss, oder ob das Verständnis und Verhältnis dieser Regelungen zueinander insoweit in einem Maße unklar ist, dass sie schon deswegen wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) unwirksam sind.

III.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

2. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe, die die Zulassung gem. § 543 Abs. 2 ZPO gebieten, nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und es werden auch keine Rechtsfragen aufgeworfen, die eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Rechtsfortbildung erforderlich machen. Eine Divergenz zu anderen obergerichtlichen Entscheidungen ist nicht erkennbar. Die allgemeinen Grundsätze zur Inhaltskontrolle formularmäßiger Sicherheitsabreden in Bauverträgen einschließlich Fragen der Gesamt- oder Teilunwirksamkeit sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwischenzeitlich im Wesentlichen geklärt. Die Entscheidung beruht auf der Anwendung dieser allgemeinen Grundsätze auf das vorliegende Klauselwerk.

3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.