Ax Rechtsanwälte

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OLG Zweibrücken ua zu der Frage, dass eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauunternehmens, wonach "beide Parteien (...) ab Vertragsunterzeichnung bis Ablauf eines Jahres an den vereinbarten Preis gebunden (sind), vorausgesetzt, die Bauarbeiten werden innerhalb von drei Monaten nach Vertragsabschluss begonnen. Ist dies nicht möglich, gilt der neue Listenpreis.", den Besteller unangemessen benachteiligt und unwirksam ist

vorgestellt von Thomas Ax

1. Ein Pauschalpreis ist ein grundsätzlich unveränderlicher Festpreis. Etwas anderes gilt, wenn eine Preisgleitklausel wirksam vereinbart wurde.
2. Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauunternehmens, wonach „beide Parteien (…) ab Vertragsunterzeichnung bis Ablauf eines Jahres an den vereinbarten Preis gebunden (sind), vorausgesetzt, die Bauarbeiten werden innerhalb von drei Monaten nach Vertragsabschluss begonnen. Ist dies nicht möglich, gilt der neue Listenpreis.“, benachteiligt den Besteller unangemessen und ist unwirksam.
3. Weigert sich der Unternehmer, den Vertrag zum vereinbarten Festpreis zu erfüllen, ist der Besteller zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt und kann vom Unternehmer diejenigen Mehrkosten ersetzt verlangen, die ihm durch Beauftragung eines Drittunternehmers mit der Herstellung des ursprünglich vom Unternehmer zu errichtenden Hauses entstehen.
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 13.07.2023 – 5 U 188/22
vorhergehend:
LG Kaiserslautern, 14.12.2022 – 2 O 274/22


Tenor

1. Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gegen das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 14.12.2022, Az. 2 O 274/22, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme für die Beklagte bis zum 09.08.2023.

Gründe

I.

Die Parteien schlossen am 16.12.2020 einen Vertrag, in dem sich die Beklagte gegenüber den Klägern dazu verpflichtete, zu einem Pauschalpreis in Höhe von 301.358,00 Euro ein Massivhaus auf einem bestimmten Baugrundstück zu errichten. Hierzu verwendeten die Parteien ein Vertragsmuster der Beklagten, in dem es unter § 3 Abs. 3 auszugsweise heißt:

„Beide Parteien sind ab Vertragsunterzeichnung bis Ablauf eines Jahres an den oben vereinbarten Preis gebunden, vorausgesetzt, die Bauarbeiten werden innerhalb von 3 Monaten nach Vertragsabschluss begonnen. Ist dies nicht möglich, gilt der neue Listenpreis. (…)“

Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarung wird auf die zur Akte gereichten Vertragsunterlagen (Anlagen K1-K3, eA I 7 ff.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 24.06.2021 teilte die Beklagte den Klägern unter Berufung auf die vorbezeichnete Vertragsklausel eine Preiserhöhung auf 350.315,75 Euro mit. Mit Schreiben vom 10.09.2021 widersprachen die Kläger der Preiserhöhung und forderten die Beklagte auf, binnen zwei Wochen ab Zugang des Schreibens mit den Bauarbeiten zu beginnen. Hierauf teilte die Beklagte den Klägern mit Schreiben vom 28.09.2021 unter anderem mit, dass es für sie unzumutbar und existenzgefährdend sei, am vereinbarten Festpreis festzuhalten, woraufhin die Kläger mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 29.10.2021 erklärten, den Vertrag zu kündigen.

Die Kläger beauftragten sodann ein anderes Unternehmen ebenfalls zu einem Festpreis mit der Errichtung eines Massivhauses auf ihrem Baugrundstück. Sie begehren vorliegend die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für hierdurch entstehende Kostensteigerungen.

Die Kammer hat der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die Klageabweisung beantragt.

II.

1. Die zulässige Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Zu Recht hat das Landgericht die von den Klägern verlangte Feststellung ausgesprochen. Der Senat macht sich die Ausführungen des Erstrichters auf den Seiten 4 bis 9 des angegriffenen Urteils mit den nachfolgenden Einschränkungen und Ergänzungen zu eigen. Auch die übrigen Voraussetzungen einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss (vgl. § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 ZPO) liegen vor.

a) Mit ihrer Feststellungsklage erstreben die Kläger bei sachgerechter Auslegung ihres Klageantrags anhand des von ihnen verfolgten Rechtsschutzziels (Klageschrift, Seite 3 Mitte / unten = eA I 3 Mitte / unten) die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für Schäden, die darauf zurückzuführen sind, dass die Beklagte es endgültig abgelehnt hat, den Vertrag über die Errichtung des im Ausspruch beschriebenen Massivhauses auf dem dort bezeichneten Grundstück zu der vereinbarten Vergütung zu erfüllen.

b) Die Feststellungsklage ist zulässig.

Entgegen der Auffassung der Berufung fehlt es nicht am dafür notwendigen Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO). Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht der Klagepartei eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Bei einer positiven Feststellungsklage liegt eine solche Gefährdung in der Regel schon darin, dass der Beklagte das Recht des Klägers ernstlich bestreitet (BGH, Urteil vom 7. Februar 1986 – V ZR 201/84, m.w.N.). So liegt es hier, weil die Beklagte einen Schadensersatzanspruch der Kläger mit der Verteidigung ihrer Weigerung, das Haus zum vertraglich vereinbarten Pauschalpreis von 301.358,00 Euro zu errichten, schon dem Grunde nach in Abrede stellt.

Der Annahme eines rechtlichen Interesses i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO steht auch nicht entgegen, dass die Feststellungsklage auf den Ausgleich eines Vermögensschadens gerichtet ist. Die Zulässigkeit eines solchen Feststellungsantrags setzt die Darlegung von Tatsachen voraus, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens ergibt (bspw. BGH, Urteil vom 26.07.2018 – I ZR 274/16 und vom 04.03.2015 – IV ZR 36/14, jeweils m.w.N.). Das ist den Klägern gelungen. Sie haben – jedenfalls insoweit von der Beklagten unbestritten (Replik, Seite 10 oben/Mitte = eA I 133 oben / Mitte: („das zwischenzeitlich beauftragte Unternehmen“) – vorgetragen, mittlerweile ein anderes Bauunternehmen mit der Errichtung eines Massivhauses auf dem in Rede stehenden Baugrundstück beauftragt zu haben. Dass die Beklagte den von den Klägern behaupteten – den zwischen den Parteien vereinbarten Pauschalpreis übersteigenden – Angebotspreis bestritten hat (Klageerwiderung, Seite 12 Mitte / unten = eA I 69 Mitte / unten), ist ohne Belang. Denn wie sie selbst – zutreffend – vorträgt, steigen die Kosten für Baumaterial seit dem Jahr 2020 kontinuierlich an, so dass alleine der Umstand einer zeitlich nachfolgenden Beauftragung der S… G… eine vergleichsweise hohe Preisabrede und damit den Eintritt eines Schadens als hinreichend wahrscheinlich erscheinen lässt.

Da – wie die Kläger auf Seite 4 Mitte der Klageschrift (eA I 4 Mitte) unbestritten vorgetragen haben – auch der Angebotspreis der S… G… auf dem die spätere Beauftragung basiert, Preisanpassungen unterworfen sein kann, steht es den Klägern auch frei, die Feststellung der Ersatzpflicht in vollem Umfang zu verlangen (unabgegrenzte Schadensentwicklung, vgl. bspw. BGH, Urteil vom 19.04.2016 – VI ZR 506/14, m.w.N.).

Der Klageantrag bezeichnet das festzustellende Rechtsverhältnis noch hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Anders als die Beklagte meint, umreißt er die der Beklagten zur Last gelegte Pflichtverletzung durch Benennung des Vertragsdatums, der Spezifikationen des zu errichtenden Hauses und der vereinbarten Vergütung (noch) ausreichend präzise. Mit seinen am Klageantrag ausgerichteten Ausspruch ist das angefochtene Urteil auch der Rechtskraft fähig. Die Reichweite der Bindungswirkung des Feststellungsurteils könnte von zur Entscheidung im Betragsverfahren berufenen Gerichten hinreichend präzise ermittelt werden. Reichen Urteilsformel, Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht aus, um den Rechtskraftgehalt (§ 322 Abs. 1 ZPO) zu ermitteln, ist erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen ergänzend heranzuziehen (BGH, Urteil vom 14.02.2008 – I ZR 135/05, m.w.N.). Zugunsten der Beklagten kann rechtlich unterstellt werden, dass der Rechtskraftgehalt des Feststellungsausspruchs aus den Bestandteilen der angefochtenen Entscheidung allein nicht hinreichend genau ermittelt werden kann. Denn dann müsste der Klagevortrag in den Blick genommen werden, aus dem sich eindeutig ergibt, dass die Kläger der Beklagten zur Last legen, das in Rede stehende Haus nicht am vertraglich festgehaltenen Baugrundstück errichtet zu haben (Klageschrift, Seite 3 Mitte = eA I 3 Mitte).

c) Die Feststellungsklage ist auch begründet.

Den Klägern steht gegen die Beklagte dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz derjenigen Mehrkosten zu, die ihnen durch die Vornahme eines Deckungsgeschäfts (Beauftragung eines anderen Unternehmens mit der Herstellung des ursprünglich von der Beklagten zu errichtenden Massivhauses) entstehen (§ 280 Abs. 1 BGB).

Die Parteien haben einen Verbraucherbauvertrag (§§ 631, 650a Abs. 1 Satz 1, 650i Abs. 1 BGB) geschlossen, der bis zur Kündigung durch die Kläger auch Rechtswirkung entfaltet hat. Denn anders als die Beklagte offenbar meint (zuletzt BB 4 = eA II 4), wurde der Vertrag – ersichtlich – nicht unter der aufschiebenden Bedingung des Baubeginns innerhalb von 3 Monaten nach Vertragsabschluss geschlossen. Insoweit nimmt der Senat vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen bei LGU 8 Abs. 1 Bezug. Soweit die Berufung den Erwägungen des Landgerichts unter Verweis auf die Bestimmung des § 10 Abs. 6 VOB/A entgegentritt (BB 4 Abs. 3 = eA II 25 Abs. 3), erschließt sich dem Senat der zugrundeliegende Gedankengang schon im Ausgangspunkt nicht. Indessen zielt der Einwand bereits deshalb ins Leere, weil die Parteien die Geltung der VOB/A nicht vereinbart haben.

Indem die Beklagte die Herstellung des Massivhauses von einer Mehrvergütung, die ihr nicht zustand (dazu sogleich), abhängig gemacht hat, hat sie – von ihr zu vertreten (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) – eine Pflicht aus dem mit den Klägern geschlossenen Vertrag verletzt.

Die Beklagte war nicht berechtigt, die Herstellung des Werks zum ursprünglich vereinbarten Pauschalpreis unter Verweis auf ein ihr zustehendes Recht (§ 3 Abs. 3 des Vertrages) bzw. einen Anspruch auf Anpassung der Preisabrede (§ 313 Abs. 1 BGB) zu verweigern.

§ 3 Abs. 3 des Vertrages ist unwirksam.

Ob dies bereits ohne Weiteres aus § 309 Nr. 1 BGB folgt, oder ob das Klauselverbot im Streitfall nicht einschlägig ist, da die Parteien gegebenenfalls deshalb keine Leistungserbringung innerhalb von 4 Monaten nach Vertragsschluss vereinbart haben, weil schon die zeitliche Festlegung des Baubeginns erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen sollte (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Vertrag = eA I 10), kann offenbleiben. Denn wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich die Unwirksamkeit der Klausel jedenfalls aus § 307 BGB.

Der Erstrichter hat sich zu Recht auf den Standpunkt gestellt, dass die vorbezeichnete, von der Beklagten gestellte (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB) Formularklausel (§ 3 Abs. 3 des Vertrages) sich an § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB messen lassen muss. Die Berufung irrt, wenn sie (sinngemäß) meint, bei der Vergütungsregelung gemäß § 3 Abs. 1, 3 und 4 des Vertrages handle es sich insgesamt um eine nicht kontrollfähige Preishauptabrede über einen variablen Werklohn. Denn eine Vergütungsregelung unterliegt, dann, wenn sie – wie hier § 3 Abs. 3 des Vertrages – künftige Veränderungen des bei Vertragsschluss vereinbarten Werklohns zum Gegenstand hat einer über das Transparenzgebot hinausgehenden Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 BGB, weil es sich um eine Preisnebenabrede handelt. Diese hat zwar mittelbare Auswirkungen auf den Preis, bestimmt aber anders als die Hauptabrede – hier die Vereinbarung eines Festpreises (§ 3 Abs. 1 des Vertrages) – nicht Grund und Umfang der Vergütung. Sie regelt dessen mögliche Änderung im Laufe der Vertragsdurchführung. Eine Preisnebenabrede wie § 3 Abs. 3 des Vertrages weicht damit von dem das dispositive Recht beherrschenden Grundsatz, nach dem die Preisvereinbarung der Parteien bei Vertragsschluss für die gesamte Vertragsdauer bindend ist, ab. Sie ist daher der Inhaltskontrolle unterworfen (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB; vgl. bspw. BGH, Urteil vom 14.05.2014 – VIII ZR 114/13, m.w.N.)

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht auch angenommen, dass die in Rede stehende Klausel den Vertragspartner der Beklagten als Verwenderin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Denn sie ermöglicht es der Verwenderin, den vereinbarten Werklohn – durch die Festlegung ihrer Listenpreise – über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen (etwa der Lohn- und Materialkosten) hinaus ohne Begrenzung einseitig anzuheben. Das benachteiligt ihre Vertragspartner – die Besteller eines Hauses zu einem Festpreis – deshalb unangemessen, weil sie der Formulierung der Klausel nicht bereits bei Vertragsschluss entnehmen können, in welchem Umfang Preiserhöhungen auf sie zukommen könnten. Gerade der Besteller eines Neubaus ist hierauf aber in besonderem Maße angewiesen, weil oft die ganze Finanzierung auf den Festpreis ausgerichtet ist, sich aber durch die Größenordnung der jeweils vereinbarten Vergütung schon prozentual vermeintlich geringfügige Änderungen erheblich zu seinem Nachteil auswirken und an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit bringen können (vgl. zu einer im Wesentlichen identischen Klausel BGH, Urteil vom 20.05.1985 – VII ZR 198/84, zu § 9 Abs. 1 AGBGB).

Ob eine Preisanpassungsklausel wie die vorliegende dann einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhalten würde, wenn der Vertrag dem Besteller für den Fall der Preiserhöhung eine folgenlose Lösungsmöglichkeit einräumt, bedarf keiner Entscheidung. Denn ein solches Lösungsrecht sieht der vorliegende Vertrag nicht vor. (Auch) bei dem von der Berufung angeführten Recht zu freien Kündigung handelt es sich, wie sie selbst erkennt (BB 6 Abs. 3 = eA II 27 Abs. 3), gerade nicht um solch eine Lösungsmöglichkeit.

Da eine Aufrechterhaltung der Klausel mit dem Inhalt, dass sie ausschließlich auf Material- und Lohnpreissteigerungen Anwendung findet, ausscheidet (Verbot der geltungserhaltenden Reduktion) und der Vertrag im Übrigen wirksam geblieben ist (§ 306 Abs. 1 BGB), ist es im Streitfall bis zur Kündigung beim vereinbarten Festpreis verblieben.

Ein Anspruch auf Preisanpassung, der die Beklagte dazu berechtigt hätte, die Herstellung zum vereinbarten Pauschalpreis zu verweigern, stand ihr auch unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) nicht zu. Auch dies hat der Erstrichter zutreffend erkannt. Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage ist dann kein Raum, wenn es um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen – wie hier infolge der Vereinbarung eines Festpreises das Kostenrisiko für die Beschaffung von Baumaterial – in den Risikobereich alleine einer der Parteien, hier der Beklagten, fallen sollen. Eine solche vertragliche Regelung schließt für den Betroffenen regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (bspw. BGH, Urteil vom 09.03.2010 – VI ZR 52/09 m.w.N.). Ob die hier gegenständliche Materialpreissteigerung von – wie die Beklagte vorträgt – ca. 17 % (BB 6 unten = eA II 27 unten) noch eine „normale“ Preisschwankung darstellt, mit der sie bei Vertragsschluss ohne Weiteres hätte rechnen müssen, oder ob diese Steigerung bereits so außerordentlich ist, dass trotz Festpreisvereinbarung nicht ohne Weiteres von einer so weitgehenden einseitigen Risikoübernahme ausgegangen werden könnte, kann dahingestellt bleiben. Letzteres kann rechtlich zugunsten der Beklagten unterstellt werden. Denn selbst dann, wenn man zu ihren Gunsten weiterhin ein „erhebliches Verlustgeschäft“ (BB aaO = eA II aaO) unterstellt, war ihr die Herstellung des Hauses zum ursprünglich vereinbarten Festpreis nicht unzumutbar (§ 313 Abs. 1 BGB). Angesichts der überragenden Bedeutung, die dem Grundsatz der Vertragstreue zukommt, ist die Berufung auf eine Störung der Geschäftsgrundlage nur dann zulässig, wenn dies zur Vermeidung eines „untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nicht zumutbaren Ergebnisses unabweislich erscheint. Dies kann jedoch dann nicht angenommen werden, wenn die betroffene Partei die Möglichkeit gehabt hätte, ein für sie untragbares und unzumutbares Ergebnis zu vermeiden“ (BGH, Urteil vom 08.02.1978 – VIII ZR 221/76, m.w.N.). Diese Möglichkeit hatte die Beklagte hier. Sie hat sie nicht genutzt. Insbesondere zur Absicherung der Gefahr von Materialpreissteigerungen hat sie eine Formularklausel gestellt, die ihr ein Preisanpassungsrecht einräumen sollte. Wäre die Bestimmung wirksam, hätte die Beklagten eine Vergütungsanpassung auch bei exorbitanten Kostensteigerungen erwirken können. Dass sie die Risikoabsicherung mithilfe einer unwirksamen Vertragsbestimmung verfolgt hat, die ihre Kunden treuwidrig unangemessen benachteiligt, kann sie nicht entlasten. Denn hierdurch hat sich nur ein weiteres Risiko verwirklicht, das sie selbst durch die Verwendung dieser AGB in Verbraucherverträgen eingegangen ist.

Die Weigerung der Beklagten, den Vertrag zum vereinbarten Festpreis zu erfüllen, ist auch ursächlich für ihre Kündigung und die Entscheidung der Kläger gewesen, das Massivhaus durch ein anderes Unternehmen errichten zu lassen.

Ihre Vertragskündigung hindert die Kläger nicht daran, Ersatz der Mehrkosten des Deckungsgeschäfts zu verlangen. Es kann dahinstehen, ob ihre Kündigung den Vertrag als außerordentliche oder freie Kündigung (§ 140 BGB) beendet hat: Für eine Kündigung aus wichtigem Grund stellt § 648a Abs. 6 BGB klar, dass die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, durch die Kündigung nicht ausgeschlossen wird. Nach einer freien Kündigung kann der Besteller dann Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn er auch berechtigt war, den Vertrag außerordentlich zu kündigen (bspw. BGH, Urteil vom 15.12.1998 – X ZR 90/96). So liegt es hier. Den Klägern stand aufgrund der unberechtigten Weigerung der Beklagten, zum vereinbarten Festpreis zu erfüllen, die sie auch nach dem zutreffenden Hinweis der Kläger auf die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel (Schreiben der Kläger vom 10.09.2021 = eA I 41) und nach Inanspruchnahme rechtlicher Beratung beharrlich aufrechterhaltenen hat (Schreiben der Beklagten vom 28.09.2021, Seite 1 = eA I 43), das Recht zur außerordentlichen Vertragskündigung zu (vgl. bspw. BGH, Urteil vom 29.06.1989 – VII ZR 330/87, m.w.N.).

Weil die Kläger demnach so zu stellen sind, wie sie stünden, wäre die vorbezeichnete Vertragsverletzung der Beklagten nicht erfolgt und es nicht zur Kündigung gekommen, hat die Beklagte den Klägern diejenigen Mehrkosten zu ersetzen, die ihnen durch die Beauftragung eines anderen Unternehmers mit der Errichtung des Massivhauses auf ihrem Baugrundstück entstehen (Kündigungsfolgeschaden).

Ob und falls ja inwieweit das von der ### gebaute Haus am Ende von der ursprünglichen Planung und Ausstattung des ursprünglichen Gebäudes abweicht, und ob auf solchen Abweichungen beruhende Mehrkosten ersatzfähig sind, ist für den vorliegenden Feststellungsprozess ohne Bedeutung. Es handelt sich um Fragen der äquivalenten und adäquaten Schadenskausalität, die im Betragsverfahren zu klären sind.

d) Auch wenn der Feststellungsausspruch des Landgerichts bereits als Grundlage für die Durchführung des Betragsverfahrens taugt (siehe oben a und b), der Beklagten also auch bei einer Rücknahme des Rechtsmittels keine Nachteile entstünden, beabsichtigt der Senat, ihn im Fall der Beschlusszurückweisung der Berufung klarstellend dahin neu zu fassen, dass festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern denjenigen Schaden zu ersetzen, der auf die Weigerung der Beklagten, den am 16.12.2020 geschlossenen Vertrag zur Errichtung eines ### mit dem im Tenor des Landgerichts ausgeführten Spezifikationen auf dem Baugrundstück ### zum Pauschalpreis von 301.358,00 Euro zu erfüllen, zurückzuführen ist.

2. Da die Berufung nach alledem keine Aussicht auf Erfolg hat, legt der Senat der Beklagten aus Kostengründen die Rücknahme des Rechtsmittels nahe. Im Fall der Rücknahme ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).