Ax Rechtsanwälte

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Spruchpraxis der Vergabekammern und Vergabesenate und sonstigen Gerichte kurz belichtet

vorgestellt von Thomas Ax

Bereits die verbindliche Bestellung ist förderschädlich

1. Sind die Fördervoraussetzungen zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig, im Einklang mit dem öffentlichen Haushaltsrecht, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt.

2. Ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn bedarf der staatlichen Zustimmung, damit der Staat auf die Ausgestaltung des Vorhabens noch Einfluss nehmen und das Erreichen des staatlicherseits erwünschten Zwecks sicherstellen kann. Bei einem Maßnahmenbeginn vor der Prüfung der Maßnahme ist ein solcher Einfluss nicht mehr möglich.

3. Ein vorzeitiger förderschädlicher Maßnahmenbeginn ist nicht nur und erst der Abschluss eines entsprechenden Vertrags über eine förderfähige Maßnahme (i.d.R. ein Kauf- oder Werkvertrag mit einer Liefer- oder Baufirma), sondern auch ein bindendes Angebot des Fördermittelempfängers. Nur wenn ausnahmsweise das Vertragsangebot nicht bindend ist, ist dies förderunschädlich.

VG Augsburg, Urteil vom 24.10.2023 – 8 K 22.2258

Preisaufklärung geht auch ohne Bieterbefragung

1. Es ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich der öffentliche Auftraggeber zur Auswertung der Angebote externer sachverständiger Hilfe bedient. Das gilt jedenfalls dann, wenn die technische Übereinstimmung der Angebote mit dem der Ausschreibung zu Grunde gelegten Leistungsverzeichnis neben einem erheblichen Arbeitsaufwand auch fachliches Spezialwissen erfordert, über das die Mitarbeiter behördlicher Vergabestellen nicht immer verfügen.

2. Der öffentliche Auftraggeber muss den sachverständigen Vorschlag aber überprüfen und die Vergabeentscheidung in eigener Verantwortung treffen. Dies kann auch dadurch erfolgen, dass er sich die vorgeschlagene sachverständige Wertung zu eigen macht.

3. Erscheinen der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, verlangt der öffentliche Auftraggeber vom Bieter Aufklärung. Die Pflicht des öffentlichen Auftraggebers, in eine Preisprüfung einzutreten, kann sich aus dem Preis- und Kostenabstand zu den Konkurrenzangeboten aber auch aus Erfahrungswerten, insbesondere aus Erkenntnissen aus vorangegangenen vergleichbaren Ausschreibungen oder aus einem Vergleich mit der eigenen Auftragswertschätzung des Auftraggebers ergeben.

1. Der öffentliche Auftraggeber hat dem betreffenden Bieter grundsätzlich die Möglichkeit zu geben, den Eindruck eines ungewöhnlich niedrigen Angebots zu entkräften oder beachtliche Gründe aufzuzeigen, dass sein Angebot annahmefähig ist. Dafür hat er an den Bieter eine eindeutig formulierte Anforderung zu richten, mit der er Erläuterungen zu den angebotenen Preisen verlangt und Gelegenheit gibt, die „Seriosität“ des Angebots nachzuweisen.

2. Sofern der öffentliche Auftraggeber aufgrund anderweitiger gesicherter Erkenntnisse zu der beanstandungsfreien Feststellung gelangt, das Angebot eines Bieters sei nicht ungewöhnlich oder unangemessen niedrig, darf er auf eine Aufklärung durch den betroffenen Bieter verzichten.

3. Der Anspruch auf Akteneinsicht hat im Vergabenachprüfungsverfahren eine rein dienende, zum zulässigen Verfahrensgegenstand akzessorische Funktion. Das Akteneinsichtsrecht besteht nur in dem Umfang, wie es zur Durchsetzung der subjektiven Rechte des Antragstellers erforderlich ist.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.10.2022 – Verg 18/22