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VK Bund: Anforderungen an den Detaillierungsgrad des Vergabevermerks besonders hoch, wenn die qualitative Bewertung im Wesentlichen auf einer mündlichen Vorstellung der zur Verhandlungsrunde zugelassenen Büros beruht

vorgestellt von Thomas Ax

Der öffentliche Auftraggeber hat das Vergabeverfahren fortlaufend in Textform zu dokumentieren, soweit dies für die Begründung von Entscheidungen auf jeder Stufe des Vergabeverfahrens erforderlich ist. Die im Vergabevermerk enthaltenen Angaben und die mitgeteilten Gründe für getroffene Entscheidungen müssen so detailliert sein, dass sie für einen mit der Sachlage des jeweiligen Vergabeverfahrens vertrauten Leser nachvollziehbar sind. Dabei sind die Anforderungen an den Detaillierungsgrad aus Gründen der Nachvollziehbarkeit größer, wenn es um die Dokumentation von Entscheidungen geht, die die Ausübung von Ermessen oder die Ausfüllung eines Beurteilungsspielraums enthalten. Für den Bereich der Ingenieur- und Architektenleistungen stellt die mündliche Präsentation von Planung und Team ein übliches Verfahren bei der Auswahl des am besten erscheinenden Bieters dar. Dabei sind die Anforderungen an den Detaillierungsgrad des Vergabevermerks aus Gründen der Nachvollziehbarkeit besonders hoch, wenn die qualitative Bewertung im Wesentlichen auf einer mündlichen Vorstellung der zur Verhandlungsrunde zugelassenen Büros beruht. Der öffentliche Auftraggeber nimmt die Angebotswertung selbst vor. Die Wertungsentscheidung ist nicht delegierbar. Allerdings ist die Hinzuziehung externen Sachverstands bei der Wertung zulässig, solange die Vergabeentscheidung vom Auftraggeber selbst getragen wird.
VK Bund, Beschluss vom 13.04.2022 – VK 1-31/22

Gründe:

I.

1. Die Antragsgegnerin führt derzeit nach EU-Bekanntmachung […]vom 18. Oktober 2021 ein europaweites Verhandlungsverfahren mit vorherigem Teilnahmewettbewerb zur Vergabe „Objektplanung Sanierung der […]“ durch. Das Projekt wird nach Angaben der Antragsgegnerin im Verhältnis zu den Gesamt-Investitionskosten mit einer Quote von 50,21% aus einem Fördermittelprogramm der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert.

Zuschlagskriterien sind nach der EU-Bekanntmachung:

– Qualitätskriterium – Projektteam /Gewichtung: 20

– Qualitätskriterium – Projektanalyse /Gewichtung: 30

– Qualitätskriterium – Angaben zur Qualitätssicherung /Gewichtung:15

– Qualitätskriterium – Gesamtbild Präsentation /Gewichtung: 10

– Kostenkriterium – Vergütung/Honorar /Gewichtung: 25.

In den über einen Link zugänglichen Auftragsunterlagen war eine Bewertungsmatrix für die spätere Verhandlungsphase enthalten. Die Bewertungsmatrix enthält eine weitere Untergliederung der Qualitätskriterien sowie stichwortartig aufgelistete Angaben zu deren Bewertung und jeweils maximal erreichbare Punktzahlen. Einige Unterkriterien des Qualitätskriteriums 1 (Projektteam) enthalten als Beschreibung der Bewertung den Hinweis „ja/nein“. Die Unterkriterien addieren sich je Qualitätskriterium auf insgesamt 100 Punkte und werden im Anschluss gewichtet.

Die Antragstellerin wurde nach erfolgreicher Bewerbung zur Vorstellung des Büros im Rahmen einer Präsentation und Abgabe eines Honorarangebots eingeladen. Bei dem Termin wurde Gelegenheit zu einer Präsentation von etwa 45 Minuten sowie einem 20minütigen Block „Fragen“ vor der Wertungskommission der Antragsgegnerin gegeben. Danach erfolgte eine Auswertung durch die Kommission. Das Wertungsgremium bestand aus Vertretern der Antragsgegnerin, Gesellschafter-Vertretern und einer kommunalen Vertreterin. Anwesend waren zudem Vertreter des die Ausschreibung betreuenden Architekturbüros. Die Bewertung der einzelnen Qualitätskriterien wurde von der Kommission teilweise direkt in die Matrix (so bei Kriterium 1 – Projektteam und Kriterium 3 – Projektabwicklung und Qualitätssicherung) mit kurzen Ausführungen eingetragen, teilweise wurde das Ergebnis handschriftlich zur Vergabeakte (Kriterium 2 – Projektanalyse und Kriterium 5 – Gesamtbild der Präsentation) genommen und lediglich ein Punktwert in der Matrix eingetragen. Das Kriterium 5 wurde von der Wertungskommission in dem handschriftlichen Vermerk mit Schulnoten (einschließlich Plus/Minus-Abstufungen) bewertet. Die Präsentation der Antragstellerin wurde mit „2+“ bewertet und mit „75“, gewichtet 7,5 Punkte, in die Matrix eingetragen. Die Präsentation der Beigeladenen wurde mit „3-“ bewertet und mit „50“, gewichtet 5 Punkte, in die Matrix eingetragen. Die Vergabeakte enthielt für jeden Bieter außerdem eine „Niederschrift des Vergabegesprächs“. Bei der Antragstellerin wurde in dieser Niederschrift eine Abfolge des Termins mit Uhrzeitangaben in kurzen Stichpunkten (u.a. Vortrag des Büros der Antragstellerin, Vorstellung der vorgesehenen leitenden Mitarbeiter, Rückfragen zur Terminsaufstellung, Fragen/ Anmerkungen zum Vertrag, Begründung des Honorarangebots) auf eineinhalb Seiten aufgelistet. Ein inhaltlicher Bezug zur Bewertungsmatrix wurde nicht herstellt. Fragen der Antragsgegnerin an die Antragstellerin einschließlich Antworten wurden nicht protokolliert.

Die Antragstellerin lag nach der ersten Verhandlungsrunde auf dem ersten Rang. Nach Abgabe eines zweiten, finalen Honorarangebots schob sich das Angebot der Beigeladenen knapp vor die Antragstellerin.

Am 15. Februar 2022 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Informationsschreiben gemäß § 134 GWB mit, dass geplant sei, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Das Angebot der Antragstellerin sei mit 57,5 von 100 Punkten bewertet, der erstplatzierte Mitbewerber habe demgegenüber 58,31 Punkte erreicht.

Die Antragstellerin rügte die Entscheidung mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 22. Februar 2022 als vergaberechtswidrig. Eine nähere Begründung der Wertung sei nicht mitgeteilt worden. Es sei nicht erkennbar, dass die Wertung den bekanntgemachten Zuschlagskriterien entspreche. Auf ein weiteres Schreiben vom 24. Februar 2022 erhielt sie keine Antwort.

2. Mit Schreiben vom 24. Februar 2022 beantragte die Antragstellerin bei der in der EUBekanntmachung genannten Vergabekammer Niedersachsen die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Die Vergabekammer Niedersachsen hat den Nachprüfungsantrag an die Antragsgegnerin übermittelt. Mit Beschluss vom 10. März 2022 hat sie das Nachprüfungsverfahren aufgrund übereinstimmender Verweisungsanträge der Verfahrensbeteiligten an die Vergabekammer des Bundes verwiesen.

a) Der Nachprüfungsantrag ist nach Auffassung der Antragstellerin begründet. Der Vergabevermerk trage das Datum 1. März 2022, während der Nachprüfungsantrag vom 24. Februar 2022 stamme. Es handele sich dabei um eine nachträglich erstellte Unterlage, die im Verfahren unbeachtlich sei. Eine Heilung durch Nachholung komme nicht in Betracht. Es fehle ferner im Vergabevermerk der Name des erfolgreichen Bieters gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 VgV. Die Bewertung der Vergabeentscheidung sei gemäß § 8 Abs. 2 VgV unzureichend begründet und dokumentiert. Bewertungsentscheidungen des Auftraggebers müssten insbesondere daraufhin nachprüfbar sein, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung plausibel vergeben worden seien. Die Antragsgegnerin sei verpflichtet, die Bewertung und Punktevergabe zu den vorgenannten Kriterien transparent und nachvollziehbar in Textform zu begründen. So sei auch zu dokumentieren, welche Antworten die Bieter in auf die in einem Fachgespräch gestellten Fragen gegeben haben. Seien die Antworten unbekannt, könne nicht überprüft werden, ob die Bewertung der Antworten nachvollziehbar war. Die handschriftlichen Notizen der Antragsgegnerin seien ferner nicht unterschrieben, so dass schon aus diesem Grund ein ordnungsgemäßer Vergabevermerk fehle. Darüber hinaus sei nicht erkennbar, dass die Vergabeentscheidung letztverantwortlich durch die Vergabestelle getroffen worden sei. Die Funktionen des genannten Wertungsgremiums seien nicht nachvollziehbar.

Im Kriterium 1.1.4 habe die Antragsgegnerin als Begründung für die Bewertung lediglich ausgeführt, dass eine Verfügbarkeit für das Projekt bzw. die Art der Einbindung in andere Projekte unzureichend dargestellt und/oder ausreichende Leistungsfähigkeit für das Projekt nicht erkennbar sei. Die Antragsgegnerin gehe insoweit von einem falschen Sachverhalt aus. In der Präsentation, Folie 18, sei die Einbindung in andere Projekte ausdrücklich angesprochen. Die Bewertung mit 0 Punkten entspreche dem nicht. Im Vergabegespräch sei nicht nach der Sicherstellung der Verfügbarkeit gefragt worden. Die Antragsgegnerin habe an der ausreichenden Leistungsfähigkeit der vorgestellten Personen keine Zweifel gehabt.

Die Ausführungen der Antragsgegnerin zur Wertung im Kriterium 2.1 seien uneingeschränkt positiv. Eine Vergabe von 25 von 30 Punkten sei nicht nachvollziehbar.

Die Bewertung des Kriteriums 2.2 mit lediglich 25 Punkten werde damit begründet, dass das Verwaltungsgebäude nicht angesprochen sei und eine Verwechslung mit den […]hallen vorliege. Die Vergabestelle sei insoweit von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. Es gebe keine Verwechslung mit den […]hallen. Zudem liege nach der Begründung der Bepunktung eine unzulässige Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien vor, wenn sie ausführe „Expertise bezüglich Denkmalschutz ist aber von außen erforderlich“. Die Antragstellerin habe in der Präsentation gerade den Zusammenhang mit der historischen und mitverwendeten Bausubstanz erläutert.

Auch bei der Wertung des Gesamtbilds der Präsentation (Kriterium 5) gehe die Antragsgegnerin von unzulässigen Maßstäben und falschen Sachverhalten aus. Der von der Antragstellerin in der Präsentation vorgenommen Hinweis / Empfehlung einer Untersuchung der Bausubstanz des Bestandes dürfe nicht zu ihren Lasten gewertet werden. Er habe nur dazu gedient, (kostspielige) Überraschungen während der Bauausführung zu vermeiden. Der Einbindung eines Nachunternehmers habe die Antragsgegnerin bereits zugestimmt. Ferner sei die Umrechnung der Schulnote in eine Punktzahl intransparent und nicht nachvollziehbar begründet. Eine Umrechnungsformel von Note auf Punkte sei weder mitgeteilt noch nachvollziehbar. Eine 2+ sei mehr als eine 7,5 von 10. Dass die Schulnote – wie die Antragsgegnerin vortrage – nur ein „Korridor“ gewesen sei, auf dessen Grundlage man sich abschließend verständigt habe, sei nicht nachvollziehbar. Es sei weder klar, wann dies durch wen geschehen sei, noch werde begründet, auf welcher Grundlage die weitere Abwertung gegenüber der Schulnote erfolgt sei.

Die Antragstellerin beantragt zuletzt,

1. das Vergabeverfahren in den Stand vor der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots zurückzuversetzen, hilfsweise, die Wertung unter Berücksichtigung der Auffassung der Vergabekammer zu wiederholen.

2. der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, 3. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären.

Ferner beantragt sie Akteneinsicht.

b) Die Antragsgegnerin beantragt

1. der Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,

2. der Antragstellerin Akteneinsicht nur in dem für ihren Nachprüfungsantrag erforderlichen Umfang und unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der übrigen Bieter zu gewähren,

3. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen,

4. die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Antragsgegnerin für notwendig zu erklären.

Der Nachprüfungsantrag sei unbegründet. Der Vergabeverfahren sowie der Vergabevermerk seien in Textform (sowohl in Papierform also auch digital geführt) fortlaufend, einschließlich Rüge und Nachprüfungsverfahren, dokumentiert und ausreichend begründet. Punktevergabe und Punktbegründung erfüllten die Anforderungen des § 126b BGB. So werde in der Bewertungsmatrix auf die handschriftlichen Notizen verwiesen. Die Dokumente seien zu einer Gesamturkunde zusammengefügt. Der Gesamtvergabevermerk sei von dem von der Antragsgegnerin beauftragten Architekturbüro erstellt und von der Antragsgegnerin unterschrieben. Durch die Unterzeichnung am 1. März 2022 habe sich die Antragsgegnerin den Vergabevermerk zu Eigen gemacht. Die Anforderungen des § 58 Abs. 5 VgV an die Mitwirkung des Auftragsgebers seien eingehalten. Bei der Wertung habe man sich streng an die bereits mit der Bekanntmachung verschickte Wertungsmatrix gehalten. Der der Auftraggeberin zustehende Ermessenspielraum sei eingehalten, insbesondere sei kein falscher Sachverhalt zugrunde gelegt worden.

Bei den Kriterien 1 und 3 sei die Bewertung der Angebote nacheinander und relativ schematisch anhand der genannten Unterkriterien und der jeweiligen Punkte durchgeführt worden. Die Bepunktung sei vorwiegend danach erfolgt, ob und in welchem Umfang zu den genannten und abgefragten Aspekten von den Bietern vorgetragen worden sei und ob und inwieweit die Vorstellungen nachvollziehbar und überzeugend waren. Es sei zwar eine gemeinsame Bewertung durch die Vergabekommission erfolgt, man habe sich jedoch auch hier auf die jeweilige Punktzahl unter Benennung der Gründe geeinigt und die Punkte und Gründe direkt in die Wertungsmatrix eingetragen. Bei den Kriterien 2 und 5 sei hingegen eine mehr inhaltlich wertende Bewertung der Angebote erfolgt. In der Kommission seien die Vor- und Nachteile der Vorstellungen sowie der bieterindividuellen Herangehensweisen herausgearbeitet und die Präsentationen miteinander verglichen worden. Im Anschluss habe man sich auf eine gemeinsame Punktzahl geeinigt. Das Ergebnis sei von Herrn […] als eine Art Vorsitzender der Vergabekommission handschriftlich als Begründung für die Punktevergabe dokumentiert worden. Die Antragsgegnerin habe sich an die Zuschlagskriterien gehalten und die Bewertung jedes Unterpunktes hinreichend im Sinne des § 8 VgV begründet. Der Auftraggeber sei vergaberechtlich verpflichtet, so eingehend zu dokumentieren, dass die Nachprüfungsinstanzen nachvollziehen könnten, welcher Umstand konkret mit welchem Gewicht in die Wertung eingegangen sei. Er sei hingegen nicht verpflichtet, jeden Punktabzug zu begründen oder die volle Punktzahl zu vergeben.

Die Antragsgegnerin habe keine sachfremden Erwägungen in die Bewertung einfließen lassen und den ihr zustehenden Ermessenspielraum eingehalten. Sie sei nicht verpflichtet, fehlende oder unzureichende Ausführungen in der Präsentation durch Nachfragen aufzuklären. Es sei Aufgabe der Bieter, sämtliche Fragen aus der übersandten Bewertungsmatrix im Rahmen der Bürovorstellung zu beantworten. Fehlende oder unzureichende Ausführungen wirkten sich insoweit negativ auf die Bewertung des Angebots aus. Bei der Punktevergabe anhand von Schulnoten habe man sich zunächst nur auf einen Bereich bzw. Punktekorridor geeinigt. Eine Zuordnung und Festlegung der genauen Punktezahlen auf der Skala von 1-100 sei dann in einem zweiten Schritt erfolgt und unmittelbar in die Bewertungsskala aufgenommen worden.

In den Unterkriterien 1.1.4, 1.2.4 und 1.3 4 hätte die Verfügbarkeit der jeweiligen Projektverantwortlichen (Einbindung in andere Projekte) ausgeführt werden müssen.

Dies habe in der Präsentation der Antragstellerin gefehlt. Auch der ergänzende Verweis in der schriftlichen Präsentation auf 3.1 und 3.2 habe nicht weitergeführt, auch hier hätten Ausführungen gefehlt. Die Einbindung der Projektverantwortlichen in andere Projekte (sowie Art der Projekte) habe nichts mit der Vertretung der Personen zu tun; die Vertretung werde unter dem Aspekt „Ersatzlösung bei Krankheit o.ä.“ abgefragt. Vielmehr gehe es hier um die Auslastung und die Verfügbarkeit für das Projekt.

Insbesondere im Kriterium 2 habe der konkrete Bezug zum vorliegenden Projekt gefehlt. Die Ausführungen seien eher allgemein und abstrakt gehalten. Beim Unterkriterium 2.1 seien die Ausführungen der Antragstellerin fast durchweg gut und nachvollziehbar, ohne jedoch die Erwartungen der Antragsgegnerin vollumfänglich zu erfüllen. Im Kriterium 2.2 habe die Antragstellerin nur 25 von 40 Punkten erhalten, weil im Rahmen der Erläuterung der funktionalen Zusammenhänge vorwiegend nur der Brandschutz angesprochen worden sei. Das Verwaltungsgebäude sei bis auf den Treppenturm nicht angesprochen worden. Es habe eine konkrete Auseinandersetzung mit dem vorliegenden Projekt gefehlt. Positiv seien die Erfahrungen und Ausführungen im Bereich des Denkmalschutzes gewesen. Die Referenzen der Bieter seien an dieser Stelle selbstverständlich vergaberechtlich außer Betracht geblieben.

c) Durch Beschluss vom 14. März 2022 hat die Vergabekammer die erstplatzierte Bieterin zum Verfahren hinzugezogen. Die Beigeladene hat keine Stellungnahme abgegeben und nicht an der mündlichen Anhörung teilgenommen.

Die Vergabekammer hat der Antragstellerin nach vorheriger Zustimmung der Antragsgegnerin antragsgemäß Einsicht in die Vergabeakten gewährt, soweit keine geheimhaltungsbedürftigen Aktenbestandteile betroffen waren.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. In einer mündlichen Anhörung am 6. April 2022 hatten Antragstellerin und Antragsgegnerin Gelegenheit, ihre Standpunkte darzulegen und mit dem Vorsitzenden und der hauptamtlichen Beisitzenden zu erörtern.

Durch Verfügung des Vorsitzenden vom 30. März 2022 wurde die Entscheidungsfrist bis zum 14. April 2022 einschließlich verlängert.

Auf die ausgetauschten Schriftsätze der Beteiligten, die Verfahrensakte der Vergabekammer des Bundes sowie die Verfahrensakte der Vergabekammer Niedersachsen, die Vergabeakte der Antragsgegnerin, soweit sie der Vergabekammer vorlag, wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Die Entscheidung ergeht ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach Lage der Akten, § 166 Abs. 1 Satz 3 1. Alt. GWB.

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

a) Der Anwendungsbereich der §§ 97 ff. GWB ist eröffnet, da ein Auftrag eines öffentlichen Auftraggebers gemäß § 99 GWB vorliegt. Es liegt eine auftragsbezogene Auftraggebereigenschaft der Antragsgegnerin nach § 99 Nr. 4 GWB wegen überwiegender staatlicher Subventionierung eines der dort aufgeführten Bauvorhaben durch den Bund vor.

Das ausgeschriebene Projekt besteht in der Beauftragung einer Dienstleistung, die mit der Ausführung von bestimmten Bauarbeiten nach § 99 Nr. 4 GWB in Verbindung steht.

Zu den dort genannten „Freizeiteinrichtungen“ werden auch Einrichtungen kultureller Art wie Theater, Bibliotheken, Museen oder Ausstellungsräume gezählt (vgl. Ziekow in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl. 2020, § 99 GWB, Rn. 126). Das vorliegende Projekt dient der Restaurierung der alten […] mit dem Ziel eine Kulturstätte und Veranstaltungslocation zu errichten. Es ist eine mehr als 50%ige Subventionierung des Vorhabens durch eine Gebietskörperschaft nach § 99 Nr. 1 GWB vorgesehen. Nach Angaben der Antragsgegnerin wird das Projekt im Verhältnis zu den Gesamt-Investitionskosten mit einer Quote von 50,21% aus einem Fördermittelprogramm der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert.

b) Die Antragstellerin ist gemäß § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Ihr Interesse am Auftrag hat sie durch Teilnahme am Verhandlungsverfahren und Abgabe eines Angebots dokumentiert. Sie hat Vergaberechtsverstöße geltend gemacht, die bei Vorliegen ihre Zuschlagschancen beeinträchtigt haben können. Sie ist ihrer Rügeobliegenheit gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB nachgekommen. Die Frist für die Einreichung des Nachprüfungsantrags nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB wurde eingehalten.

2. Der Nachprüfungsantrag ist begründet. Die von der Ag vorgenommene Wertung der Präsentation der Antragstellerin ist nicht ausreichend dokumentiert und verstößt gemäß § 8 VgV. Die Vergabekammer kann aufgrund dessen die Entscheidung der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Einhaltung der Grenzen ihres Beurteilungsspielraums nicht überprüfen. Aufgrund des sehr knappen Wertungsergebnisses kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragstellerin durch einen etwaigen Wertungsfehler in ihren Rechten verletzt wird (siehe unter lit. a). Offenbleiben kann angesichts der Rückversetzung des Verfahrens, ob Dokumentation und Vergabevermerk in formaler Hinsicht den Anforderungen nach § 8 VgV genügen. Dies gilt auch für die Frage, ob die Vergabeentscheidung formal korrekt durch die Antragsgegnerin selbst getroffen wurde (unter lit. a und b).

a) Die von der Ag vorgenommene Wertung der Präsentation der Antragstellerin ist nicht ausreichend dokumentiert und verstößt gegen § 8 VgV.

Der öffentliche Auftraggeber dokumentiert gemäß § 8 Abs. 1 VgV das Vergabeverfahren fortlaufend in Textform nach § 126b BGB, soweit dies für die Begründung von Entscheidungen auf jeder Stufe des Vergabeverfahrens erforderlich ist. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 VgV fertigt er einen Vermerk in Textform mit den in Satz 2 aufgeführten Mindestinhalten. Die im Vergabevermerk enthaltenen Angaben und die mitgeteilten Gründe für getroffene Entscheidungen müssen so detailliert sein, dass sie für einen mit der Sachlage des jeweiligen Vergabeverfahrens vertrauten Leser nachvollziehbar sind. Dabei sind die Anforderungen an den Detaillierungsgrad aus Gründen der Nachvollziehbarkeit größer, wenn es um die Dokumentation von Entscheidungen geht, die die Ausübung von Ermessen oder die Ausfüllung eines Beurteilungsspielraums enthalten (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24. März 2021 – Verg 34/20, Beschluss vom 18.09.2019 – Verg 10/19; OLG München, Beschluss vom 2. November 2012, Verg 26/12). Letztere können nur eingeschränkt von den Nachprüfungsinstanzen überprüft werden. Geprüft wird, ob der Auftraggeber das vorgeschriebene Verfahren eingehalten hat, von einem zutreffenden bzw. hinreichend überprüften Sachverhalt ausgegangen worden ist, keine sachwidrigen Erwägungen für die Entscheidung verantwortlich waren oder der Beurteilungsmaßstab zutreffend angewandt wurde.

Für den Bereich der Ingenieur- und Architektenleistungen stellt die mündliche Präsentation von Planung und Team grundsätzlich ein übliches Verfahren bei der Auswahl des am besten erscheinenden Bieters dar (vgl. OLG München, Beschluss vom 2. November 2012, Verg 26/12; zur Zulässigkeit mündlicher Präsentationen im Vergabeverfahren siehe auch VK Bund, Beschluss vom 22. November 2019, VK 1-83/19). Bei einer solchen Dienstleistung ist nicht nur das geplante Objekt an sich, sondern auch die geplante Ausführung durch den Auftragnehmer vom Auftraggeber einzuschätzen und zu bewerten. Dabei sind die Anforderungen an den Detaillierungsgrad des Vergabevermerks aus Gründen der Nachvollziehbarkeit besonders hoch, wenn die qualitative Bewertung im Wesentlichen auf einer mündlichen Vorstellung der zur Verhandlungsrunde zugelassenen Büros beruht. Ein hinreichendes Maß an Detailierung ist insbesondere auch deshalb geboten, um den Nachprüfungsinstanzen eine Überprüfung der Wertungsentscheidung des Auftraggebers überhaupt erst zu ermöglichen.

Die Antragsgegnerin hat den interessierten Bewerbern die Zuschlagskriterien (Qualität 75%, Honorar 25%) einschließlich der Unterkriterien und deren maximaler Bepunktung sowie Stichworte zu den erwarteten Inhalten der Präsentation bereits frühzeitig im Zuge der EU-Bekanntmachung über einen Link zu den Vergabeunterlagen mitgeteilt. Allen Bewerbern war damit vor der Präsentation bekannt, auf welche Gesichtspunkte es der Antragsgegnerin besonders ankam und welches Punktespektrum für die Bewertung der einzelnen Kriterien und Unterkriterien vorgesehen war. Zwar hatte die Antragsgegnerin Notenstufen mit einer Beschreibung der Zielerreichung nicht definiert, dies musste sie aber auch nicht, denn ein öffentlicher Auftraggeber ist nicht zwingend gehalten, eine Bewertungsmethode vorab bekannt zu geben. Dieser Freiraum ist allein aus praktischen Erwägungen gerechtfertigt. Der öffentliche Auftraggeber muss in der Lage sein, die Bewertungsmethode, die er zur Bewertung und Einstufung der Angebote anwenden wird, an die Umstände des Einzelfalls anzupassen (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Juli 2016, Rs. C-6/15). Zur Vermeidung willkürlicher oder manipulativer Entscheidungen hat der Auftraggeber dann allerdings die konkrete Anwendung der von ihm gewählten Wertungsmethode hinreichend detailliert und nachvollziehbar zu dokumentieren, um so auch den Nachprüfungsinstanzen eine Überprüfung der Entscheidung zu ermöglichen.

Auf Grundlage der vorliegenden Dokumentation ist die Bewertung der mündlichen Präsentationen der Bieter und die damit einhergehende Vergabeentscheidung der Wertungskommission der Antragsgegnerin nicht hinreichend nachvollziehbar. Die Vergabekammer kann die Entscheidung der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Einhaltung der Grenzen ihres Beurteilungsspielraums nicht vollständig überprüfen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24. März 2021 – Verg 34/20). Zwar kann ein Bieter nur dann seinen Nachprüfungsantrag mit Erfolg auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sie sich auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt hat. Hier kann allerdings aufgrund des sehr knappen Wertungsergebnisses nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragstellerin durch einen etwaigen Wertungsfehler in ihren Rechten verletzt wird. Dazu im Einzelnen:

(1) Es ist an mehreren Stellen der Wertung nicht nachvollziehbar, welche Gründe für eine Abwertung der Präsentation der Antragstellerin, also eine Bewertung mit weniger Punkten als der maximalen Punktzahl, seitens der Antragsgegnerin maßgeblich waren. Insbesondere sind im Qualitätskriterium 1 (Projektteam) an mehreren Stellen bei Punktabwertungen (1.1.4, 1.2.3, 1.2.4, 1.3.3 und 1.3.4) Formulierungen verwendet, die das Vorliegen der Anforderungen entweder kumulativ oder alternativ („und/oder“) beschreiben. Es ist insoweit unklar, inwieweit die Antragsgegnerin daraus eine positive oder negative Bewertung abgeleitet hat. Die leicht variierenden Formulierungen sind auch im Quervergleich mit der Bewertung der Beigeladenen nicht restlos und schlüssig aufklärbar. Im Qualitätskriterium 2 (Projektanalyse) findet sich in den handschriftlichen Notizen zwar ein verbales „Abarbeiten“ der vorgesehenen Stichpunkte der Wertungsmatrix. Allerdings sind die Bewertungen bezüglich der Antragstellerin allgemein gehalten und beziehen sich auf Zielerreichungsgrade („sehr gut und umfassend“, „gut und nachvollziehbar“). Da jedoch im Vorfeld keine Zielerreichungsgrade definiert waren, kann die Vergabekammer aus den Formulierungen in den handschriftlichen Notizen selbst keine Erkenntnisse ableiten, welche konkreten Erwägungen für die jeweilige Punktvergabe maßgeblich waren. Es erschließt sich nicht, warum und in welchem Maß bei der Antragstellerin einzelne Punkte von der maximalen Punktzahl abgezogen werden (in Ziffer 2.1 erreicht sie 25 von 30 Punkten, in Ziffer 2.2: 25 von 40 Punkten). Auch im Quervergleich mit den übrigen Bietern ist nicht zuverlässig erkennbar, welchen konkreten Wertungsmaßstab die Antragsgegnerin jeweils anlegt. So erhält die Beigeladene in Ziffer 2.1 weniger Punkte als die Antragstellerin, weil sie die Herangehensweise an das Projekt „sehr allgemein und oberflächlich“ darstellt, Ideen zur Umsetzung sind aber „gut und nachvollziehbar“.

Angemessenheit, Qualität und Darstellung sind „eher allgemein“ gehalten. Diese Angaben sind für die Vergabekammer mangels weiterer Informationen über die Inhalte der mündlichen Präsentationen im Quervergleich nicht überprüfbar. Dies gilt auch für die Bewertung in Ziffer 3 (Angaben zur Projektabwicklung und Qualitätssicherung). Hier orientiert sich die Bewertung an den Leistungsphasen. Allerdings sind die in die Matrix eingetragenen Bewertungen auch im Quervergleich unter offenbar ergänzender Hinzunahme des nicht zuvor mitgeteilten Maßstabs „büroindividuelle Standards“ für die Vergabekammer so nicht nachzuvollziehen. Die fehlende Nachvollziehbarkeit der Wertungsnotizen ist im Wesentlichen darauf zurück zu führen, dass die Inhalte der Präsentationen neben den Ausdrucken der PowerPoint-Präsentationen, die sich in der Vergabeakte befinden, nicht dokumentiert sind. Daher kann die Vergabekammer nicht überprüfen, ob sich die Bewertung der Präsentationen über die vorliegenden Präsentationsunterlagen hinaus im Rahmen des Beurteilungsspielraums bewegt. Es kann angesichts des äußerst knappen Wertungsergebnisses nicht ausgeschlossen werden, dass sich im Fall einer ordnungsgemäßen Dokumentation Wertungsfehler zu Lasten der Antragstellerin offenbart hätten, die sich auf die Rechtstellung der Antragstellerin ausgewirkt hätten.

(2) Ferner hat die Antragsgegnerin im Kriterium 5 (Gesamtbild der Präsentation) laut handschriftlicher Notiz Schulnoten vergeben und diese anschließend umgerechnet, um sie in das Wertungsschema von 100 Punkten einzupassen. Die Umrechnung ist nach Auffassung der Vergabekammer nicht korrekt erfolgt. Die Antragsgegnerin hat keinen Umrechnungsmodus vorgegeben und stattdessen – wie sie vorträgt – eine passende Endpunktzahl im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums ermittelt. Die „freihändige“ Ermittlung einer abweichenden Punktzahl im Anschluss an eine bereits festgelegte Schulnote stellt allerdings eine intransparente Veränderung der Wertungsergebnisse dar. Eine solchermaßen ins Belieben gestellte Vorgehensweise macht die Wertung sachwidrig und überschreitet den Beurteilungsspielraum der Antragsgegnerin. Wäre die Umrechnung ins Belieben der Antragsgegnerin gestellt, könnte sie ohne weitere Begründung die Wertungsreihenfolge schlicht ändern. Dies ist hier im Ergebnis der Fall. Denn die von der Antragsgegnerin vorgenommene Umrechnung der Note 2+ der Antragstellerin in 75 Punkte und die Umrechnung der 3- der Beigeladenen in 50 Punkte ist unter Zugrundelegung des üblichen Schulnotenmodells (Notenstufe 1+ bis 6, mithin 16 Punktstufen von 0 bis 15 Punkte) nicht korrekt. Eine korrigierte Umrechnung führt zu einer Aufwertung des Angebots der Antragstellerin um 0,5 gewichtete Punkte (von 80 Punkten) und zu einer Abwertung der Beigeladenen um 0,33 gewichtete Punkte (von 46,67 Punkten). Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob bereits dieser Umrechnungsfehler zu einer anderen Reihung der Angebote führt. Denn entscheidend ist, dass jedenfalls in einer Gesamtschau mit dem zuvor angesprochenen Dokumentationsmangel eine Beeinträchtigung der Rechtsstellung der Antragstellerin nicht ausgeschlossen werden kann.

(3) Weitere Inkonsistenzen der Wertung liegen in der Bewertung der Unterkriterien 1.1.1, 1.1.6, 1.2.6 und 1.3.6 im Qualitätskriterium 1 (Projektteam). Hier hat die Antragsgegnerin trotz der Vorgabe „ja/nein“ teilweise statt voller Punkte (ja) versus null Punkte (nein) abgestufte Punktzahlen vergeben. Ob sich dies nicht zu Lasten der Antragstellerin ausgewirkt hat – weil sie dies bei allen Bietern so gehandhabt hat, so die Antragsgegnerin – muss indes angesichts der Rückversetzung nicht entschieden werden.

(4) Nicht dokumentiert sind zudem Fragen der Antragsgegnerin sowie darauf erfolgte Antworten aus dem 20-minütigen Bietergespräch, das mit jedem Bewerber geführt wurde. Dokumentiert ist jeweils nur der Ablauf der Gespräche mit einer kurzen Beschreibung der Inhalte. Es kann insoweit durch die Nachprüfungsinstanz nicht überprüft werden, ob in den Gesprächen wertungsrelevante Fragen gestellt wurden und ob Antworten der Bieter gegebenenfalls Eingang in die Wertung der Unterkriterien gefunden haben, also beispielsweise Defizite in der Präsentation im Bietergespräch ausgeglichen werden konnten. Die fehlende Dokumentation verursacht insoweit ein weiteres Transparenzdefizit. Es kann nicht ausgeschlossen werden, ob sich auch dies nachteilig auf die Rechtsposition der Antragstellerin ausgewirkt hat.

b) Ob Dokumentation und Vergabevermerk in formaler Hinsicht – was die Antragstellerin verneint – den Anforderungen nach § 8 VgV genügen, kann angesichts der materiellen Vergaberechtswidrigkeit der Dokumentation der Wertungsentscheidung und der damit einhergehenden Rückversetzung des Verfahrens offenbleiben.

Allerdings spricht hier einiges dafür, dass die Antragsgegnerin jedenfalls die formalen Anforderungen nach § 8 VgV grundsätzlich eingehalten hat. Der Vergabevermerk gemäß § 8 Abs. 1 VgV kann in zeitlicher Hinsicht im Gegensatz zur Dokumentation auch erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens erstellt werden (vgl. Goede/Hänsel in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 8 VgV, Rn. 6). Die von der Antragsgegnerin erstellte Dokumentation ist fortlaufend geführt worden. Der Vergabevermerk ist unterschrieben und datiert vom 1. März 2022. Unschädlich ist, dass der Vergabevermerk erst nach Einreichung des Nachprüfungsantrags vom 24. Februar 2022 mit Datum vom 1. März 2022 erstellt ist. Er wurde auf Anfordern der Vergabekammer Niedersachsen erstellt und mit Frist zum 1. März 2022 übersandt. Es handelt sich entgegen der Auffassung hierbei nicht um eine nachträglich erstellte Unterlage, da die Inhalte des Vergabevermerks bereits vorher dokumentiert waren.

Auch führt die Beifügung handschriftlicher Notizen der Wertungskommission, die im Rahmen der Wertung der mündlichen Präsentation gemacht wurden, entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht zu einer formalen Vergaberechtswidrigkeit der Vergabedokumentation. Vielmehr ist festzustellen, dass gerade der Dokumentation von Ermessens- und Wertungsentscheidungen – wie hier – eine besondere Bedeutung im

Vergabeverfahren zukommt. Es ist daher notwendig, den Entscheidungsfindungsprozess konkret nachzuvollziehen, um im Nachprüfungsverfahren beurteilen zu können, ob Ermessens- oder Beurteilungsfehler vorliegen (vgl. Goede/Hänsel in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 8 VgV, Rn. 9). So sind bei der Bewertung der Angebote Schlussfolgerungen, die ein Wertungsgremium aufgrund bestimmter Angaben eines Bieters trifft, im Hinblick auf den Inhalt und den Umfang der Aussagen eingehend im Vergabevermerk zu erläutern. Als nicht zwingend, aber empfehlenswert wird in diesem Zusammenhang die Beifügung von Handzetteln der Mitglieder eines Wertungsgremiums zur Vergabedokumentation angesehen (vgl. OLG München, Beschluss vom 25. September 2014, Verg 9/14). Die beigefügten handschriftlichen Notizen mit zusätzlichen Ausführungen ergänzen vorliegend die Überlegungen des Wertungsgremiums zur reinen Punktbewertung in der Wertungsmatrix. Als Grundlage der Punktbewertung sind die Notizen für die Überprüfung der Wertungsentscheidung durch die Vergabekammer heranzuziehen, auch wenn sie selbst nicht gesondert von dem Protokollführer unterschrieben sind und die Anforderungen an den eigentlichen Vergabevermerk im Sinne des § 126a BGB nicht erfüllen. Die Notizen sind dem Vergabevermerk in der Anlage Ziffer 4.2 neben den Anwesenheitslisten des Bewertungsgremiums für beide Verhandlungstage beigefügt. Die Anwesenheitslisten sind mit Namen der Teilnehmer und den entsprechenden Unterschriften versehen. Ebenso liegen für alle Bieter die eingetragenen Punktwerte in der jeweiligen Wertungsmatrix vor.

c) Aufgrund der Zurückversetzung des Verfahrens kann hier ebenfalls offenbleiben, ob die Vergabeentscheidung durch die Antragsgegnerin formal korrekt selbst getroffen wurde.

Aufgrund der Dokumentation in der Vergabeakte spricht allerdings einiges dafür, dass sich die Antragsgegnerin die Entscheidung des Wertungsgremiums zu Eigen gemacht und damit die Vergabeentscheidung selbst getroffen hat. Gemäß § 127 Abs. 1 Satz 2 GWB nimmt der öffentliche Auftraggeber die Angebotswertung selbst vor. Die Wertungsentscheidung ist nicht delegierbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Oktober 2019 – Verg 6/19). Allerdings ist die Hinzuziehung externen Sachverstands bei der Wertung zulässig, solange die Vergabeentscheidung vom Auftraggeber selbst getragen wird, der Auftraggeber sich mithin die Schlussfolgerungen des von ihm hinzugezogenen Sachverstandes zu eigen macht. Das Wertungsgremium bestand aus Vertretern der Antragsgegnerin, Gesellschafter-Vertretern und einer kommunalen Vertreterin. Anwesend waren zudem Vertreter des die Ausschreibung betreuenden Architekturbüros. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragsgegnerin sich die Entscheidung des Wertungsgremiums nicht zu Eigen gemacht hat.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, 2, 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 VwVfG.

Die Beigeladene ist nicht an den Kosten des Nachprüfungsverfahrens zu beteiligen, da sie das Nachprüfungsverfahren weder durch eigene Anträge noch durch schriftsätzlichen Vortrag aktiv gefördert hat (vgl. OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 23. Juni 2014 – Verg 41/13, und vom 10. Mai 2012 – Verg 5/12).

Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Antragstellerin war notwendig. Vorliegend stellten sich zahlreiche Sach- und Rechtsfragen zur Dokumentation einer im Wesentlichen mündlich durchgeführten qualitativen Wertung in Form einer Präsentation, die eine anwaltliche Vertretung als notwendig erscheinen lassen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2006, X ZB 14/06).

IV.

(…)