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LG Lübeck zu der Frage, dass wenn ein mit der Sanierung eines bestehenden Baumangels beauftragtes Unternehmen hierfür ungeeignete Maßnahmen ergreift, sich dadurch das anfängliche Ergebnis verschlechtert und es damit dem primär für den Schaden verantwortlichen Bauunternehmen eine realistische, aber keine völlig sichere Gelegenheit zur kostengünstigeren Mangelbeseitigung durch eine Alternativmaßnahme nimmt, deswegen das Mangelbeseitigungsrisiko nicht insgesamt auf das mit der Sanierung beauftragte Unternehmen übergeht (konkret: ungeeigneter Versuch der nachträglichen Abdichtung einer mangelhaft ausgeführten „weißen Wanne“ durch Durchbohren der Kelleraußenwände und Vergelung von außen)

LG Lübeck zu der Frage, dass wenn ein mit der Sanierung eines bestehenden Baumangels beauftragtes Unternehmen hierfür ungeeignete Maßnahmen ergreift, sich dadurch das anfängliche Ergebnis verschlechtert und es damit dem primär für den Schaden verantwortlichen Bauunternehmen eine realistische, aber keine völlig sichere Gelegenheit zur kostengünstigeren Mangelbeseitigung durch eine Alternativmaßnahme nimmt, deswegen das Mangelbeseitigungsrisiko nicht insgesamt auf das mit der Sanierung beauftragte Unternehmen übergeht (konkret: ungeeigneter Versuch der nachträglichen Abdichtung einer mangelhaft ausgeführten "weißen Wanne" durch Durchbohren der Kelleraußenwände und Vergelung von außen)

vorgestellt von Thomas Ax

Ergreift ein mit der Sanierung eines bestehenden Baumangels beauftragtes Unternehmen hierfür ungeeignete Maßnahmen, verschlechtert dadurch das anfängliche Ergebnis und nimmt dem primär für den Schaden verantwortlichen Bauunternehmen damit eine realistische, aber keine völlig sichere Gelegenheit zur kostengünstigeren Mangelbeseitigung durch eine Alternativmaßnahme, geht deswegen das Mangelbeseitigungsrisiko nicht insgesamt auf das mit der Sanierung beauftragte Unternehmen über (konkret: ungeeigneter Versuch der nachträglichen Abdichtung einer mangelhaft ausgeführten „weißen Wanne“ durch Durchbohren der Kelleraußenwände und Vergelung von außen).
LG Lübeck, Urteil vom 18.04.2024 – 10 O 222/22 (nicht rechtskräftig)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 138.470 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin, ein Bauunternehmen, begehrt von der Beklagten, einem Fachbetrieb für Bauwerkstrockenlegung, Vorschuss auf die Mangelbeseitigungskosten und Schadensersatz, weil die Beklagte die Kelleraußenwände eines von der Klägerin errichteten Wohnhauses in ### bei einer Sanierungsmaßnahme nur mangelhaft abgedichtet und dadurch weitere kostspielige Maßnahmen erforderlich gemacht habe.

Die Klägerin errichtete 2005 für den Bauherrn ### ein schlüsselfertiges Einfamilienhaus mit Keller unter der eingangs genannten Anschrift. Der Keller wurde als „weiße Wanne“ / WU-Konstruktion, bestehend aus Filigran-Doppelwandelementen mit Kernbeton (auch sog. „Dreifachwand“ oder in „Sandwich-Bauweise“ hergestellte Wand) auf einer Betonsohle errichtet. Bei dieser Wandkonstruktion wird zwischen den fertig gelieferten Doppelwänden vor Ort Kernbeton eingebracht.

Diese Technik ist schadensanfällig: Sollte der Kernbeton nicht ordnungsgemäß lagenweise eingebracht und mit einem Innenrüttler verdichtet werden, können im Beton Luftblasen oder Kiesnester entstehen, die ebenso wie etwaige Schwundrisse später nicht einsehbar sind. Planwidrig in die Kernbetonschicht eindringendes Wasser kann sich über diese Undichtigkeiten über schwer nachvollziehbare Wege bis zu fern gelegenen potenziellen Austrittsstellen ausbreiten.

Unstreitig beging die Klägerin in der Planung und Ausführung der Kellerabdichtung Fehler, die der in einem vor dem Landgericht Lübeck geführten selbständigen Beweisverfahren (Az. 17 OH 9/16) bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. ### in seinem Gutachten vom 1. November 2017, welches die Klägerin selbst in den Rechtsstreit eingeführt hat (Anlage K 5), dargelegt hat:

Der Sachverständige konnte keine Unterlagen zu einer gesonderten statischen Berechnung ausfindig machen, die aufgrund der Verwendung von Filigran-Doppelwandelementen mit Kernbeton bei den Kelleraußenwänden erforderlich gewesen wäre. Stattdessen sei die Statik für monolithische Wände aus WU-Beton berechnet worden (Gutachten Seite 50 f.). Für den wasserschlüssigen Sohlen-Wandanschluss hätte dem Sachverständigen zufolge unter anderem eine Fugenabdichtung durch Einbringung eines unbeschichteten Stahlblechs mit bestimmten Dimensionen erfolgen müssen. Die nach der WU-Richtlinie erforderliche Mindestbreite des Stahlblechs sei nicht eingehalten worden. Zudem reiche die Anschlussbewehrung zu dicht an das Fugenblech heran. Damit bestehe die Gefahr, dass Zwickel zwischen Blech und Bewehrungsstäben verbleiben, die nicht vollständig ausbetoniert werden und damit eine Wasserläufigkeit ermöglichen. Die Anschlussfuge sei generell kritisch und führe am häufigsten zu undichten Stellen in WU-Kellern (Gutachten Seite 51 ff.). Darüber hinaus habe die Klägerin keine geeigneten Maßnahmen ergriffen, um eine Rissbildung an den Elementfugen zu verhindern (Gutachten Seite 53 f.). Eine von der Klägerin zusätzlich aufgebrachte Außenabdichtung mit Bitumenbahnen, die jedenfalls im Bereich der Elementfugen wegen der zuvor beschriebenen Mängel als sinnvoll angesehen werden könne, entspreche ebenfalls nicht den Anforderungen (Gutachten Seite 55 ff.).

Schließlich habe die Klägerin Fehler bei der Abdichtung des Wandkopfes im Übergang der Kelleraußenwände zum Sockelplateau des Erdgeschosses begangen, die zu einem Wassereintritt in den Keller „von oben“, also von der Kellerdecke, führen konnten. Eine fachgerechte Planung der Abdichtung dieses Bereichs sei nicht dokumentiert. Die Klägerin habe lediglich schwarze Sperrfolie lose verlegt, verkantet und auf der Außenseite der Kellerwand verklebt. Unterhalb der Terrassenfenstertür sei nicht einmal eine solche, schon für sich unzureichende Abdeckung erkennbar. Am Wandkopf eindringendes Wasser könne sich innerhalb der Dreifachwände über Kapillargänge so ausbreiten, dass es auch unten an der Kellerraumseite austrete (Gutachten Seite 59 ff.).

Nach der Errichtung des Gebäudes trat im Keller des Hauses Feuchtigkeit auf. Die Klägerin beauftragte die Baubüro ### GmbH damit, die Ursache der Feuchtigkeitserscheinungen zu ermitteln. In seinem Untersuchungsbericht vom 8. Juni 2009 (Anlage K 2) kam diese zu dem Ergebnis, dass im gesamten Untergeschoss bis zur Höhe der ersten Sperrschicht und im Fußboden Feuchtigkeit gemessen werden konnte. Die Ursache liege im vorderen Gebäudeteil. Dies führte der Privatsachverständige auf Setzungen der Wände zurück. Er empfahl als Mängelbeseitigungsmaßnahme die Verpressung der in diesem Gebäudeteil befindlichen Bodenfuge mit Quellharz und sodann eine Prüfung, ob diese Maßnahme erfolgreich sei. Diese Arbeiten stellten die gegenüber einer Außenabdichtung kostengünstigere Variante dar. Bei dem empfohlenen Verfahren werden Bohrungen in die Wand gesetzt, die Wand aber nicht durchbohrt. Das in diese Bohrungen injizierte Harz dehnt sich in mögliche Hohlräume aus und führt an diesen Stellen zu einer Abdichtung.

Die Klägerin wandte sich daraufhin an die Beklagte. Den Untersuchungsbericht der Baubüro ### GmbH vom 8. Juni 2009 legte die Klägerin der Beklagten nicht vor und sie teilte ihr auch nicht die wesentlichen Ergebnisse dieses Gutachtens mit. Die Beklagte empfahl selbst eine Abdichtung mit einem Injektionsgel. Bei dieser Methode wird die Wand an vielen Stellen komplett durchbohrt und ein Injektionsgel durch die Bohrungen hindurch gespritzt. Der Gelschleier verbreitet sich zwischen Außenwand und Erdreich, erhärtet dort und bildet eine durchgehende Abdichtung. Die Klägerin beauftragte die Beklagte damit, die Arbeiten, wie von dieser vorgeschlagen, durchzuführen. Für die Arbeiten, die in der Rechnung vom 2. November 2009 (Anlage K 3) genannt sind, zahlte die Klägerin einen Betrag in Höhe von 11.783,64 Euro.

Nach diesen Maßnahmen wurden die Feuchtigkeitserscheinungen nicht geringer, sondern es kam zu deutlich stärkeren und umfangreichen Feuchtigkeitseintritten im gesamten Keller des Gebäudes. Die Klägerin forderte die Beklagte im Zeitraum zwischen 2009 und 2015 mehrmals zu einer Mangelbeseitigung auf. Die Beklagte nahm auch mehrfach Nacharbeiten, darunter Injektionen mit Polyurethanharz in Risse und Fugen der Wände, vor, die jedoch nicht zu einer nachhaltigen Verbesserung führten.

Der Sachverständige Dipl.-Ing. ### stellte in seinem im selbstständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Lübeck (Az. 17 OH 9/16) erstellten Gutachten zunächst die oben beschriebenen Primärursachen für einen Wassereintritt in den Keller fest. Er konstatierte darüber hinaus, dass die Maßnahmen der Beklagten für eine nachträgliche Abdichtung der Kelleraußenwände nach Art und Umfang nicht ausreichend seien, um Wassereintritt hinreichend zu verhindern. Die nahezu umlaufende Durchbohrung der Kellerwände im unteren Bereich und die Verpressung eines Gels an der äußeren Kelleraußenwand sei bei der vorhandenen Konstruktion eher ungeeignet. Injektionen von Polyurethanharz in vermeintliche Risse und Fugen der Wände seien grundsätzlich geeignet, aber bisher nach Umfang und Art nicht ausreichend, um alle Wegsamkeiten in der mehrschichtigen Kelleraußenwand vollständig und dauerhaft abzudichten (Gutachten Seite 80). Zur Abdichtung empfahl der Sachverständige Injektionen in die Dreifachwand. Die Kosten der Maßnahme einschließlich der Beseitigung der durch Feuchtigkeit entstandenen Schäden schätzte er auf insgesamt 67.000 Euro netto. Kosten für mögliche Ersatzmaßnahmen wie z. B. eine Dränung im oberen Bereich und / oder die vollflächige Abdichtung der Kellerwände von außen wolle der Sachverständige einstweilen nicht kalkulieren.

In einem schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 4. Juni 2018 (Anlage K 6) führte der Sachverständige unter anderem weiter aus, dass eine Abdichtung über Schleiervergelung im Zusammenhang mit Elementwänden als kritisch zu betrachten sei und im Regelfall keine geeignete Instandsetzungsmethode darstelle. Eine Gelverschleierung sei bei Elementwänden zu risikobehaftet und könne unter Umständen zu einer Verschlimmerung des Schadens führen. Die Frage, ob sich das Schadensbild durch die Injektionen der Beklagten konkret verschlimmert habe, könne nicht beantwortet werden. Stellen, die die Beklagte Maßnahmen unterzogen habe, seien nicht stärker durchfeuchtet als andere Stellen. Selbst wenn dies so wäre, sei dadurch nicht bewiesen, dass die Durchfeuchtungen aufgrund bzw. nach den Arbeiten der Beklagten stärker geworden seien. Es liege ja nahe, dass die Beklagte gerade im Bereich der (stärkeren) Durchfeuchtungen Maßnahmen ergriffen habe. Denkbar sei zudem, dass die Schleiervergelung aufgrund der Perforation der Betonwände und Beschädigung der zusätzlichen Abdichtungsschicht außen eine Zunahme der Wassereintritte bewirkt habe, die von der Beklagten im Rahmen der Nacherfüllung vorgenommene Verpressung von PUR-Harz in die Wände solche Schäden aber kompensiert habe.

In einer mündlichen Befragung am 9. November 2018 bezeichnete der Sachverständige die Wandaufstandsfuge, also den Bereich, in dem die Wand auf der Betonsohle aufsteht, als die potenzielle Haupteintrittsstelle für Wasser. Ob sich das Gel dorthin verteilt habe, könne er nicht sagen. Es wäre erforderlich gewesen, im Bereich der Aufstandsfuge Kunstharz in die Wand zu verpressen. Zudem erläuterte der Sachverständige, dass die mögliche Undichtigkeit am Wandkopf bislang keiner Maßnahme unterzogen worden sei. Wie bereits im schriftlichen Gutachten beschrieben, könne von dort Wasser in Risse einziehen und sich ausbreiten. Als Gegenmaßnahme könne über die gesamte Wand hinweg Harz in die Wände injiziert werden. Für das Verpressen habe der Sachverständige Kosten in Höhe von etwa netto 52.000 Euro kalkuliert. Bevor sämtliche Kellerwände vollflächig in einem geringen Rasterabstand injiziert würden, könne es ausreichen, Injektionen im Bereich der Stoßfuge zwischen Wand und Sockel sowie der Stoßfugen zwischen den einzelnen Betonelementen vorzunehmen und die Sockelabdichtung im Bereich der Terrasse zu sanieren, von wo aus nahezu sicher Stauwasser eintrete. Seien diese Maßnahmen durchgeführt, könne beobachtet werden, ob sie ausreichten.

Im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs vom 9. November 2018 (Anlage K 7) verpflichtete sich die Beklagte, nach dem Vorschlag des Sachverständigen eine umseitig verlaufende Harzinjektion an der Aufstandsfuge vorzunehmen. Hierfür werde sie entsprechend der zeichnerischen Darstellung in Anlage 29 des Ergänzungsgutachtens vom 4. Juni 2018 von der Kellerwandinnenseite aus Bohrungen in einem Lochabstand von ca. 12 bis 15 cm vornehmen, die durch das am Sockel eingebrachte Stahlblech hindurchreichen und dort Polyurethan verpressen. Ebenso werde sie Injektionen mit Harz im Bereich der Betonelementfugen vornehmen. Die Klägerin versprach, die erforderlichen Sanierungsarbeiten im Bereich der Terrasse vorzunehmen. Der Erfolg der Maßnahmen solle nach Ablauf eines halben Jahres bei einem Ortstermin überprüft werden.

Die Klägerin rügte die von der Beklagten durchgeführten Nachbesserungsarbeiten mit anwaltlichem Schreiben vom 18. März 2019 (Anlage K 9) als mangelhaft und forderte diese bis zum 22. März 2019 zur ordnungsgemäßen Durchführung der Arbeiten entsprechend dem Vergleich auf. Die Beklagte nahm daraufhin noch einige Arbeiten vor.

Im April 2020 ließ die Klägerin den Keller des Hauses in der Annahme, die Beklagte habe durch ihre Arbeiten die Undichtigkeit dauerhaft beseitigt, für 1.520 Euro von einem Malerbetrieb streichen.

Ab Mitte Juni 2020 trat erneut erhebliche Feuchtigkeit im Keller des Objektes auf.

In einer E-Mail vom 28. Juli 2020 (Anlage K 11) teilten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin der Beklagten das Schadensbild mit und setzten ihr eine Frist zur Mangelbeseitigung bis zum 7. August 2020. Hierauf reagierte die Beklagte nicht.

Am 26. August 2020 (Anlage K 12) legte die Klägerin der Beklagten in einem Schreiben dar, dass sich Feuchtigkeit im gesamten unteren Bereich der Kellerwände gezeigt habe. Sie setzte der Beklagten nochmals eine Frist zur Mangelbeseitigung und drohte ihr die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich an.

Bei einem gemeinsamen Ortstermin im Oktober 2020 stellten die Parteien fest, dass Wasser durch die von der Beklagten bei der Gelschleierinjektion gebohrten Löcher eindrang. Die Beklagte entfaltete keine weitere Tätigkeit.

Im April 2021 initiierte der Bauherr ### gegen die hiesige Klägerin, die der hiesigen Beklagten den Streit verkündete, ein selbständiges Beweisverfahren beim Landgericht Lübeck (Az. 6 OH 15/21). Der im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. ### kam in seinem Gutachten vom 29. Januar 2021 (Anlage K 14) zu dem Ergebnis, dass von außen Wasser in den Keller eindringe. Primäre Ursache sei, wie schon der Sachverständige ### festgestellt habe, die ursprünglich nicht ausreichend dichte Herstellung der WU-Beton-Konstruktion durch die Klägerin. Die durch die Beklagte durchgeführte erste Sanierungsmaßnahme (Vergelung der Aufstandsfuge) habe zu einer weiteren Verschlechterung der Abdichtungssituation geführt (Gutachten Seite 22). Alle anschließenden Sanierungsversuche der Beklagten seien gescheitert und die Empfehlungen des Sachverständigen ### auch nicht als zielführend zu beurteilen (Gutachten Seite 23 ff.).

Eine nachträgliche Abdichtung einer bereits durchgeführten partiellen Schleier- bzw. Gelinjektion durch eine zusätzliche Verpressung mit einem Zweikomponenten-PUR im Bereich der Wandaufstandsfuge könne ebenso wenig zum Erfolg führen wie eine vollflächige Rasterinjektion, da ein Wassereintritt mit den nachträglichen Bohrpackern kaum oder gar nicht mehr erreicht werden könne. Sachgerecht wäre es allenfalls gewesen, bei der Sanierung von Anfang an so vorzugehen, wie der Sachverständige ### dies in seinem Ergänzungsgutachten vom 4. Juni 2018 in der als Anlage 29 beigefügten Skizze beschrieben habe, nämlich mit zwei Reihen von Injektionen von Harz in die Wände im Bereich der Aufstandsfuge. Nach den Maßnahmen, die die Beklagte stattdessen ergriffen habe, sei die von dem Sachverständigen ### vorgeschlagene Abhilfe durch Injizierungen von Harz nicht mehr als geeignet anzusehen. Geeigneter und erfolgversprechender wäre stattdessen eine Abdichtung von außen (also mit einer „schwarzen“ Abdichtung) gewesen (Gutachten Seite 25). Die Höhe der Sanierungskosten schätze er auf 136.950 Euro netto.

Im Laufe dieses Rechtsstreits hat die Klägerin die Kelleraußenwände des Hauses in ### abschnittsweise freigegraben und dort nachträglich eine Außenabdichtung aufgebracht. Zum Schluss der mündlichen Verhandlung waren diese Arbeiten weit fortgeschritten, aber noch nicht beendet.

Die Klägerin trägt vor, dass die ursprüngliche Undichtigkeit des Kellers vollständig beseitigt worden wäre, wenn die Beklagte ordnungsgemäße Maßnahmen zur Sanierung ergriffen hätte. Die vom Sachverständigen ### genannten Sanierungsmaßnahmen seien nur erforderlich geworden, weil die Beklagte die bis dahin unbeschädigten Außenwände des Kellers und die dahinter liegende Außenabdichtung durchbohrt habe.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die vom Sachverständigen für eine Sanierung geschätzten Nettokosten sowie die Kosten für die im April 2020 veranlassten aber nutzlosen Malerarbeiten.


Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 138.470 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. April 2022 zu zahlen und sie von sämtlichen Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens zwischen ihr und Herrn ### zum Az. 6 OH 15/21 des Landgerichts Lübeck freizuhalten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die Klägerin lasse außer Acht, dass sie die primäre Verantwortung für das Schadensbild habe. Die Klägerin habe ihr, der Beklagten, keine Informationen zur Boden- und Grundwasserbeschaffenheit gegeben. Ohne Vorlage von Planungsunterlagen für den Kellerbereich habe die Beklagte nicht annehmen müssen, dass eine Dichtigkeit wie bei einer weißen Wanne notwendig gewesen sei. Die Klägerin habe die Beklagte, abgesehen von der Präsentation mehrerer Haarrisse an Kellerwänden, nicht auf die eigenen Mängel bei der Ausführung der Kellerabdichtung hingewiesen und ihr die Beurteilung durch die Baubüro ### GmbH nicht vorgelegt. Zudem sei bis heute nicht geklärt, ob und ggf. wo sich Hohlräume und Undichtigkeiten innerhalb der Dreifachwand befinden.

Der Sachverständige ### hat sein Gutachten aus dem selbständigen Beweisverfahren 6 OH 15/21, dessen Verwertung gemäß § 411a ZPO die Kammer mit den Parteien abgestimmt hat, im Termin vom 19. Januar 2024 erläutert und auf zusätzliche Fragen geantwortet. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 124 ff. der Akten) verwiesen.

In einem weiteren vor dem Landgericht Lübeck geführten und bislang nach hiesigem Kenntnisstand nicht förmlich beendeten Rechtsstreit (Az. 17 O 28/21) hat die Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 887 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 9. November 2018 betrieben.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig.

Eine anderweitige Rechtshängigkeit steht diesem Rechtsstreit nicht gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO entgegen. Zwar begehrt die Klägerin in dem Rechtsstreit vor der 17. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck (Az. 17 O 28/21) und im vorliegenden Rechtsstreit jeweils von der Beklagten einen Kostenvorschuss für die Selbstvornahme einer Abdichtung der Kelleraußenwände am Haus in ###. Der Streitgegenstand ist gleichwohl nicht identisch.

Identität des Streitgegenstandes liegt vor, wenn aus demselben konkreten Lebenssachverhalt dieselbe Rechtsfolge abgeleitet wird, das heißt, der nämliche Antrag aus demselben Klagegrund gestellt wird (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1952 – V ZR 159/51 -, BGHZ 7, 268 ff.). Die Klägerin betreibt in dem Rechtsstreit vor der 17. Zivilkammer als Gläubigerin gegen die Beklagte als Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 9. November 2018. Grundlage der hiesigen Forderungen auf Kostenvorschuss für die Selbstvornahme ist hingegen der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag. Klageziel ist in dem einen Verfahren somit Vollstreckung aus einem bereits bestehenden Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), während die Klägerin einen solchen Titel mit der vorliegenden Klage erst anstrebt. Damit sind die Klagen nicht auf dasselbe Ziel gerichtet.

II.

Die Klage ist nicht begründet.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses für die vom Sachverständigen ### als erforderlich festgestellten Sanierungsmaßnahmen.

a) Ein solcher Anspruch auf Selbstvornahme besteht nicht aufgrund der §§ 637 Abs. 2, Abs. 1, 634 Nr. 2, 633 BGB. Hiernach kann der Besteller vom Unternehmer für die zur Beseitigung eines Mangels erforderlichen Aufwendungen Vorschuss verlangen, wenn er dem Unternehmer erfolglos eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels gesetzt hat.

Der Unternehmer hat dabei die Aufwendungen des Bestellers zu ersetzen, die zur Mangelbeseitigung erforderlich sind. Die Erforderlichkeit ist vom Besteller zu beweisen (Jurgeleit in: Kniffka/ Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts 5. Aufl. 2020 Teil 5 Rn. 314; Voit in: BeckOK BGB 69. Ed. 01.02.2024, § 637 BGB Rz. 9). Die Kostenpflicht des Unternehmers betrifft nicht nur die eigentliche Mangelbehebung, sondern weitergehend alles, was vorbereitend erforderlich ist, um den Mangel der Werkleistung zu beseitigen. Der Nacherfüllungsanspruch gegen den Unternehmer ist allerdings auf Fehler an dessen Werk beschränkt. Er erfasst nicht auch Mangelfolgeschäden, die an anderen als den vom Unternehmer hergestellten Gewerken eingetreten sind (Genius in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl. Stand: 01.02.2023, § 637 BGB Rz. 22).

Nach diesen Grundsätzen steht der Klägerin kein Vorschussanspruch zu. Die Klägerin hat in diesem Rechtsstreit nicht den Beweis geführt, dass die mit der Klage geltend gemachten Kosten der Selbstvornahme aufgrund einer mangelhaften Ausführung der Sanierungsarbeiten an der Abdichtung des Kellers des Hauses in ### erforderlich geworden sind.

Zwar steht aufgrund der Gutachten der Sachverständigen ### und ### zur Überzeugung der Kammer fest, dass es im vorliegenden Fall nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprach, die unzulängliche Abdichtung der Kelleraußenwände durch Gelinjektionen in den Bereich zwischen Außenwand und Erdreich zu sanieren. Beide Sachverständige haben insoweit übereinstimmend ausgeführt, dass eine geeignete Sanierung von innen nur durch eine Verpressung von Polyurethanharz in die Wände durchzuführen gewesen wäre. Es kann jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass die nunmehr geltend gemachten Kosten für eine Sanierung durch Freigraben der Kellerwände und eine Abdichtung von außen nicht auch dann angefallen wären, wenn die Klägerin von Beginn an Polyurethanharz als Bohrpacker in die Kelleraußenwände verpresst hätte und mithin entsprechend den anerkannten Regeln der Technik vorgegangen wäre. Nur wenn die Beklagte durch ein sachgemäßes Vorgehen zweifelsfrei die nun entstehenden Beseitigungskosten vermieden hätte oder wenn sie diese allein aufgrund ihrer unsachgemäßen Handlungsweise erst erforderlich machte, erschienen diese nicht als Folge des Primärschadens. Beides ist aber nicht der Fall.

Bereits die von der Klägerin als Privatsachverständige herangezogene Baubüro ### GmbH hat ausgeführt, dass nach der Verpressung mit Harz geprüft werden müsse, ob die Maßnahme erfolgreich sei; die Methode sei jedenfalls kostengünstiger als eine Öffnung des Gebäudes von außen.

Der Sachverständige ### hat im Rahmen seiner Befragung durch die Kammer ausgeführt, dass eine Ausgrabung von außen, wie nunmehr erforderlich, auch bei sachgerechter Sanierung „von innen“ nicht zweifelsfrei hätte vermieden werden können. Es sei nicht gesichert, dass die anfängliche Verpressung von Harz ausreichend für eine Schadenssanierung gewesen wäre. Die Beklagte habe durch ihre Arbeiten, bei denen sie die Kelleraußenwände vollständig durchbohrte, nach Einschätzung des Sachverständigen zwar den Zustand der Abdichtung verschlimmert. Gleichwohl könne nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass eine Aufgrabung vermieden worden wäre, wenn sie stattdessen sachgerecht Polyurethanharz in die Wände verpresst hätte. Diesen Ausführungen des Sachverständigen schließt sich die Kammer an.

Es bleiben demnach nicht nur hypothetische Zweifel daran, dass die Aufgrabung nicht ohnehin hätte erfolgen müssen. Diese Zweifel gehen zu Lasten der für die Erforderlichkeit der Mangelbeseitigungskosten beweisbelasteten Klägerin. Eine erneute Befragung des Sachverständigen ### dazu, in welchem Umfang ein Verpressen der Wände mit Harz den Schaden insgesamt beseitigt hätte, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht geboten, weil sich aus den Ausführungen des Sachverständigen bereits ergibt, dass dies nicht sicher beantwortet werden kann. Zudem gab der Sachverständige zu verstehen, dass eine vollflächige Verpressung von Polyurethanharz ähnliche Kosten verursacht haben dürfte wie eine Schadensbeseitigung „von außen“.

Durch die mangelhaften Arbeiten hat die Beklagte der Klägerin letztlich eine realistische, aber keine völlig sichere Gelegenheit zur kostengünstigeren Mangelbeseitigung genommen. Deswegen geht jedoch das Mangelbeseitigungsrisiko nicht insgesamt auf sie über. Dieses Risiko verbleibt bei der Klägerin, die durch ihre zahlreichen Fehler bei der Abdichtung des Kellers im Rahmen der Herstellung die ursprüngliche Ursache für die Wassereintritte gesetzt hat.

b) Auch nach §§ 280 Abs. 1, 634 Nr. 4 BGB (Mangelfolgeschaden) kann die Klägerin keinen Schadensersatz beanspruchen, da die haftungsausfüllende Kausalität nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann. Der Gläubiger trägt grundsätzlich – und so auch hier – die Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden. Insoweit gilt § 286 ZPO (vgl. Lorenz in: BeckOK BGB, 9. Ed. 01.02.2024, § 280 BGB Rz. 89). Da aufgrund der vorstehenden Erwägungen nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine Aufgrabung ohnehin erforderlich gewesen wäre, scheitert ein Anspruch auf Ersatz des Mangelfolgeschadens jedenfalls an der nicht feststellbaren haftungsausfüllenden Kausalität.

2. Die Klägerin kann von der Beklagten auch nicht die Kosten für die Malerarbeiten als Mangelfolgeschaden ersetzt verlangen. Es war zu keinem Zeitpunkt sicher, dass nicht ohnehin eine Aufgrabung erforderlich geworden wäre. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte die nach dem Vergleich geschuldeten Nachbesserungsarbeiten ordnungsgemäß durchgeführt hat. Denn es war klar, dass auch diese Nachbesserungsarbeiten nicht mit Sicherheit zum Erfolg geführt hätten. Dies ergibt sich auch aus den Ausführungen des Sachverständigen ### in seiner Anhörung im Vorfeld des Vergleichsschlusses im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens (Az. 17 OH 9/16). So haben die Parteien in dem Vergleich einen Ortstermin ein halbes Jahr nach Vergleichsschluss vereinbart, in dem geprüft werden sollte, ob die Maßnahmen erfolgreich waren.

3. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Freihaltung von den Kosten des gegen sie vom Bauherrn ### angestrengten selbstständigen Beweisverfahrens (Az. 6 OH 15/21). Der Antragsteller eines selbstständigen Beweisverfahrens kann die ihm hieraus entstandenen Kosten jedenfalls solange im Wege der Leistungsklage und gestützt auf seinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch geltend machen, wie ein Hauptsacheverfahren im Sinne des § 494a ZPO – und sei es auch nur in Gestalt einer Feststellungsklage – nicht geführt wurde oder geführt wird, und auch ein Antrag nach § 494a Abs. 1 ZPO nicht gestellt ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 – VI ZR 520/16 -, Rn. 19).

Der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch entsteht nicht kraft Veranlassung wie z. B. durch eine Klageerhebung, sondern setzt stets eine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage voraus, wie Vertrag, Geschäftsführung ohne Auftrag, culpa in contrahendo, positive Vertragsverletzung (§§ 280, 311 BGB), Verzug, §§ 823 Abs. 1 ff. BGB, § 1004 BGB, § 7 StVG oder andere Haftungsnormen. Hier ist keine Haftungsnorm ersichtlich, die der Klägerin einen Freihaltungsanspruch bezüglich der Kosten des vom Bauherrn ### gegen sie geführten Beweisverfahrens gewähren könnte. Deliktsrechtliche Anspruchsgrundlagen scheitern bereits daran, dass insoweit ein reiner Vermögensschaden gegeben wäre. Vertragliche Sekundärschadensersatzansprüche scheitern jedenfalls daran, dass nicht festgestellt werden kann, dass das selbstständige Beweisverfahren durch ein ordnungsgemäßes Tätigwerden der Beklagten vermieden worden wäre. Es erscheint durchaus möglich, dass das Verfahren auch dann eingeleitet worden wäre, wenn die Beklagte ordnungsgemäß von Anfang an mit Bohrpackern aus Polyurethanharz saniert hätte und die Undichtigkeit – was nach den obigen Ausführungen möglich ist – dadurch nicht beseitigt worden wäre. Es fehlt auch insoweit zumindest an der haftungsausfüllenden Kausalität.

4. Mangels Existenz der Hauptforderung besteht auch die geltend gemachte Zinsforderung nicht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

OLG Oldenburg ua zu der Frage, dass wenn ein Pauschalpreisvertrag gekündigt wird, der Unternehmer die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistungen zu dem Wert der nach dem Pauschalpreisvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen hat

OLG Oldenburg ua zu der Frage, dass wenn ein Pauschalpreisvertrag gekündigt wird, der Unternehmer die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistungen zu dem Wert der nach dem Pauschalpreisvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen hat

vorgestellt von Thomas Ax

1. Nach der Kündigung eines Bau- oder Werkvertrags schuldet der Besteller dem Unternehmer eine Vergütung, die dem am Vertragspreis orientierten Wert der erbrachten Leistung im Zeitpunkt der Kündigung entspricht. Deshalb hat der Unternehmer die erbrachten Leistungen darzulegen und von dem nicht ausgeführten Teil der Leistung abzugrenzen.
2. Wird ein Pauschalpreisvertrag gekündigt, hat der Unternehmer die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistungen zu dem Wert der nach dem Pauschalpreisvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen.
3. Fehlen dem Unternehmer Anhaltspunkte zur Bewertung der erbrachten Leistungen, muss er nachträglich im Einzelnen darlegen, wie die erbrachten Leistungen unter Beibehaltung des Preisniveaus zu bewerten sind.
4. Von einer Aufschlüsselung der Gesamtleistungen in Einzelleistungen kann der Unternehmer absehen, wenn im Zeitpunkt der Kündigung nur noch geringwertige Leistungen ausstehen. Zudem darf er auf der Grundlage der Fertigstellungskosten des Bestellers für die Restleistung abrechnen, wenn dem Besteller bei dieser Berechnung kein Nachteil entsteht.
OLG Oldenburg, Urteil vom 23.05.2023 – 2 U 195/22
vorhergehend:
LG Oldenburg, 17.11.2022 – 17 O 3604/20
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 14.02.2024 – VII ZR 131/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)


In dem Rechtsstreit

(…)

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht (…), den Richter am Oberlandesgericht (…) und den Richter am Oberlandesgericht (…) auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 2023

für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 17.11.2022 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 17. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt nach der Kündigung eines Werkvertrages restlichen Werklohn für erbrachte Leistungen, während die Beklagte die Forderung für unschlüssig hält und hilfsweise u.a. mit Sekundäransprüchen wegen Mängeln aufrechnet.

Die Parteien sind durch einen Werkvertrag aus März 2020 über Rohbauarbeiten bezüglich einer Doppelhaushälfte verbunden. Wegen der Vertragsunterlagen wird die Anlage K 1 (Bl. 14 – 16 Rs Bd. I d.A.) in Bezug genommen. Der Vertrag sah einen nicht weiter aufgegliederten Pauschalpreis in Höhe von 166.600 Euro brutto vor. Während des Bauverlaufs zahlte die Beklagte Abschläge in Höhe von 90.280,00 Euro. Mit Schreiben vom 7.9.2020 (Anlage B 19; Bl. 68 Bd. I d.A.) kündigte die Klägerin unter im einzelnen streitigen Umständen den Vertrag. Am 10.9.2020 sprach die Beklagte ihrerseits eine Kündigung aus wichtigem Grund sowie gleichzeitig die freie Kündigung aus (Anlage B 21, Bl. 70 Bd. I d.A.). Zu diesem Zeitpunkt waren noch nicht alle vertraglich vereinbarten Leistungen erbracht. Eine Abnahme der erbrachten Leistungen erfolgte nicht.

Daraufhin rechnete die Klägerin den Vertrag einschließlich Nachtragsforderungen mit Rechnung vom 22.9.2020 (Anlage K 3, Bl. 17 Rs Bd. I d.A.) ab und forderte mit dieser eine Zahlung von 83.608,00 Euro, die Gegenstand der Klageforderung ist. Einwendungen gegen deren Prüffähigkeit erhob die Beklagte nicht. Im Laufe des Rechtsstreits stellte die Klägerin klar, dass sie nur die von ihr erbrachten Leistungen abrechne und im Wege einer Teilklage vorgehe. Dazu reichte die sie eine weitere Schlussrechnung ein, die auf 86.021, 14 Euro endete (Anlage K 12; Bl. 127 Bd. I d.A.). Nachdem sie durch das Landgericht auf die Grundsätze zur Abrechnung erbrachter Leistungen nach Kündigung eines Pauschalpreisvertrages hingewiesen worden war, nahm sie mit der Anlage K 16 (Bl. 19 – 20 Rs Bd. II) eine Kalkulation der Einzelleistungen vor, die wiederum auf der Kalkulation ihrer Subunternehmerin beruhte. Zu dieser erklärte ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 6.10.2022, dass die Klägerin daran nicht festhalte.

Stattdessen hat die Klägerin die Auffassung vertreten, sie habe mit der Beklagten die Kalkulation nach qm/Fläche vereinbart und auf diese Kalkulation 5% Baustelleneinrichtung und 10 % bzw. 13% Wagnis und Gewinn kalkuliert. Eine Aufgliederung in erbrachte und nicht erbrachte Leistungen sei ihr deswegen nicht möglich. Ferner hat sie behauptet, die geschuldete Leistung sei weitgehend fertiggestellt worden.

Die Beklagte hat vor dem Landgericht gemeint, die Kündigungsvergütung für die erbrachten Leistungen sei nicht schlüssig dargelegt. Es hätten noch erhebliche Leitungen gefehlt. Hilfsweise hat sie sich auf Gegenansprüche wegen Mängeln, Skonti, Vertragsstrafen und Schäden wegen verlängerter Bauzeit berufen.

Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen verwiesen wird, hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin den Vergütungsanspruch für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen nicht schlüssig dargelegt hätte. Sie habe weder die tatsächlich erbrachten Leistungen dargelegt noch diese unter Berücksichtigung des als Pauschalpreis vereinbarten Preisniveaus bewertet. Genau das sei aber wegen der für den Besteller gegebenen Gefahr von kalkulatorischen Verschiebungen in den Teil der erbrachten Leistungen erforderlich. Eine Ausnahme, die eine Berechnung „von oben“ ermögliche, liege nicht vor, weil nicht lediglich geringfügige Restleistungen offen gestanden hätten. Eine Berechnung anhand der von der Beklagten teilweise angegeben Fertigstellungskosten komme nicht in Betracht. Es sei unklar, ob die Fertigstellungskosten über der vereinbarten Vergütung lägen, und damit auch, ob die Klägerin einen Vorteil durch diese Abrechnung einen ungerechtfertigten Vorteil erlangt. Ferner habe die Klägerin den Fertigstellungskosten ausdrücklich widersprochen. Die Beklagte habe zudem nur eine vorläufige Berechnung vorgenommen. Eine Bewertung der Preise der nicht erbrachten Leistungen habe sie gerade nicht durchführen können.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie meint, die Vergütungsforderung sei auch unter Berücksichtigung der erfolgten Kündigung ausreichend dargelegt, weil sich aus dem Prozess selbst ergäbe, dass die Beklagte in der Lage war, sich ausreichend zu verteidigen. Außerdem habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass zwischen den Parteien eine Kalkulation vereinbart worden sei, die sich allein nach qm bemesse. Das damit verbundene Kalkulationsrisiko, eine Abgrenzung zwischen erbrachten und nicht erbrachten Leistungen nicht vornehmen zu können, falle nicht der Klägerin zu. Im Übrigen habe die Beklagte Abzüge hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen vorgenommen, woraus sich ergäbe, dass sie in Bezug auf die Abrechnung nicht schutzbedürftig sei. Schließlich meint die Klägerin, bei Anwendung des § 648 BGB entfalle das Erfordernis einer Abrechnung der Vergütung, die dem am Vertragspreis orientierten Wert der erbrachten Leistung im Zeitpunkt der Kündigung entspricht. Das ergäbe sich durch eine gebotene Auslegung anhand des neu eingeführten § 648a BGB.
Mit Schriftsatz vom 5.5.2023 reichte der Kläger die Rechnung vom 3.5.2023 zur Akte. Auf Bl. 50 – 57 Bd. III d.A. sowie die Erläuterungen dazu auf. S. 2 des Schriftsatzes (Bl. 48 f Bd. III d.A.) wird verwiesen. Sie meint, daraus ergäbe sich eine schlüssige Abrechnung.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 17.11.2022 zum Az. 17 O 3604/20 abzuändern und die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, an die Klägerin 83.608,00 Euro nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 6.10.2020 zu zahlen und

2. hilfsweise das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und nimmt den Inhalt der neuen Berechnung vom 3.5.2023 in Abrede.

II.

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zutreffend mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin ihren Vergütungsanspruch für die bis zur Kündigung des Werkvertrages erbrachten Leistungen nicht schlüssig vorgetragen hat. Mit der neuen Abrechnung vom 3.5.2023, die mit Schriftsatz vom 5.5.2023 vorgetragen wurde, ist die Klägerin gem. §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

A)

1. Nach der Kündigung eines Werkvertrages schuldet der Besteller dem Unternehmer eine Vergütung, die dem am Vertragspreis orientierten Wert der erbrachten Leistung im Zeitpunkt der Kündigung entspricht (vgl. BGH NJW 1995, 2712). Deswegen obliegt es dem die Vergütung für erbrachte Leistungen verlangendem Auftragnehmer zunächst, die erbrachten Leistungen darzulegen und von dem nicht ausgeführten Teil abzugrenzen. Liegt ein gekündigter Pauschalpreisvertrag vor, hat der Unternehmer überdies die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistungen zu dem Wert der nach dem Pauschalpreisvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen. Dementsprechend muss er sowohl das Verhältnis der bewirkten Leistung zur vereinbarten Gesamtleistung als auch das Verhältnis des Preisansatzes für die Teilleistungen zum Pauschalpreis darlegen (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. 7. 2002 – VII ZR 103/01 = NZBau 2002, 614, 615).

Fehlen dem Auftragnehmer aus der Zeit vor Vertragsschluss die Anhaltspunkte zur Bewertung der erbrachten Leistungen, muss er im Nachhinein im Einzelnen darlegen, wie die erbrachten Leistungen unter Beibehaltung des Preisniveaus zu bewerten sind (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 04.07.1996 – VII ZR 227/93 = NJW 1996, 3270). In diesem Zusammenhang kann eine ausreichend aufgegliederte und auf einzelne Gewerke bezogene Aufstellung ausreichen, welche die Gesamtkosten bei vollständiger Fertigstellung aufgrund einer Nachunternehmervergabe darlegt und den Kosten gegenüberstellt, die tatsächlich entstanden sind (vgl. BGH, Urteil vom 4. 7. 2002 – VII ZR 103/01 = NJW-RR 2002, 1596). Wesentlich ist nur, dass die vorgenommene Abgrenzung zwischen erbrachten und nicht erbrachten Leistungen sowie deren Bewertung dem Auftraggeber die Möglichkeit gibt, sich sachgerecht zu verteidigen (vgl. BGH a.a.O.), indem er die einzelnen Pauschalen sowie den kalkulatorischen Wahrheitsgehalt und damit letztlich die inhaltliche Richtigkeit überprüfen kann. Sinn und Zweck dieser Anforderungen an die Abrechnung ist, dass der Unternehmer seine Leistungen nicht beliebig bewertet und dadurch ungerechtfertigte Vorteile erlangt, wobei es im Wesentlichen um die Frage geht, ob eine ungerechtfertigte Verschiebung von Kosten in den erbrachten Leistungsteil erfolgt ist (vgl. Kniffka in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage, 8. Teil Rn. 59); also die ausgeführten Teilleistungen zu hoch bewertet werden.

Vor dem Hintergrund, dass die Gefahr kalkulatorischer Verschiebungen in diesen Fällen in den Hintergrund tritt, kann von einer Aufschlüsselung der Gesamtleistungen in Einzelleistungen abgesehen werden, wenn im Zeitpunkt der Kündigung nur noch geringwertige Leistungen nicht erbracht sind (vgl. BGH, Urteil vom 16.10.2014 – VII ZR 176/12 = NZBau 2015, 27). Zudem darf der Unternehmer auf der Grundlage der Fertigstellungskosten des Bestellers für die Restleistung abrechnen, wenn feststeht, dass dem Unternehmer bei dieser die Vertragsgrundlagen verlassenden Berechnung kein Nachteil entsteht (vgl. Kniffka in in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage, 8. Teil Rn. 65; Schmitz in Kniffka, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, Stand 6.3.2023, § 648 Rn. 59). Es muss mithin feststehen, dass die Drittunternehmerkosten die vertraglich vereinbarte Vergütung für die Restfertigstellung überschreiten, oder der Besteller akzeptiert eine Berechnung unter Abzug der Fertigstellungskosten bzw. widerspricht dieser nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 10.4.2014 – VII ZR 124/13 = NZBau 2014, 351 Rn. 4).

2. Unerheblich ist in Bezug auf diese Berechnungsgrundlagen zum gekündigten Pauschalpreisvertrag, ob es sich um eine Kündigung nach § 648a BGB oder § 648 BGB handelt. Der Rechtsauffassung der Klägerin, nach Einführung des § 648a Abs. 4 BGB könnten sich die Grundsätze der Abrechnung eines gekündigten Werkvertrages nur noch auf die Fälle des § 648a BGB beziehen, während im Rahmen einer Kündigung nach § 648 BGB, für den eine dem § 648a Abs. 4 BGB entsprechende Regelung fehlt, der Besteller darlegen und beweisen müsse, in welchem Umfang Leistungen nicht erbracht wurden, vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Abgesehen davon, dass diese Auffassung – soweit ersichtlich – nirgends in der Literatur oder Rechtsprechung vertreten wird, sondern weiterhin einhellig die Grundsätze der BGH-Rechtsprechung auf beide Kündigungsarten angewendet werden, verkennt die Klägerin mit ihrer Rechtsmeinung, dass nach den allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast der Anspruchsteller die seinen Anspruch ausfüllenden Tatsachen darzulegen und zu beweisen hat. Dazu gehört auch der Umfang der erbrachten Leistungen sowie die Höhe der sich daraus ergebenden Vergütung. Im Übrigen betrifft die Regelung des § 648a Abs. 4 BGB allein die Frage der Feststellung des Leistungsstandes und keineswegs die Frage der vergütungsmäßigen Bewertung der erbrachten Leistungen.

3. Ob sich aus den Regelungen der VOB/B für die Abrechnung des gekündigten Werkvertrages etwas zugunsten der Klägerin ergeben könnte, kann auf sich beruhen. Die VOB/B ist nach ihrem eigenen Vorbringen nicht wirksam einbezogen. Keineswegs kommt dem Zeugen FF eine einem Architekten ähnliche Stellung zu, die Grund für die Annahme wäre, bei ihm handele es sich um eine im Baubereich bewanderte Person (vgl. Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., Teil 2 Rn. 187). Ein vormals erteilter Bauträger- oder Maklerschein reichen insoweit nicht aus.

4. Unter Zugrundelegung der unter 1. dargelegten Grundsätze hat die Klägerin ihren Vergütungsanspruch für die erbrachten Leistungen mit ihren im ersten Rechtszug vorgebrachten Schlussrechnungen (Anlage K 3 = Bl. 17 Rs Bd. I d.A.; Anlage K 12 = Bl. 127 Bd. I d.A.) nicht schlüssig dargelegt.

a) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin bereits im ersten Schritt nicht angegeben hat, welche Leistungen aus dem Vertrag erbracht und welche nicht erbracht wurden, und schließlich auch keine Bewertung der Teilleistungen anhand des Preisgefüges des Pauschalpreisvertrages vorgenommen hat.

Es ergibt sich aus den durch die Berufung nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts, dass im Kündigungszeitpunkt zwei Giebel an der Garage weder im Hinblick auf das Innen- noch auf das Außenmauerwerk errichtet waren, der Bau nicht putzgerecht hergestellt war, weil Abmauerungen im Sanitärbereich und das Verschließen der Schlitze unterblieben sind, Außenfensterbänke als Rollschichten vollständig nicht errichtet waren, Fensterbänke innen fehlten, eine komplette Stützwand im Treppenhaus nicht ausgeführt wurde und die Verfugung vollständig unterblieben ist. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der insoweit getroffenen Feststellungen ergeben sich nicht, so dass der Senat sie als bindend zugrunde legt. Daran ändert sich auch nichts durch die unter Sachverständigenbeweis gestellte Behauptung der Klägerin auf S. 5 des Schriftsatzes vom 27.7.2022, sie habe lediglich die in ihrer letzten Schlussrechnung des ersten Rechtszuges (Anlage K 12 = Bl. 127 Bd. I d.A.) berücksichtigen Positionen nicht erbracht. Denn der Geschäftsführer der Klägerin hatte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14.7.2021 selbst erklärt, dass auch die Schlitze nicht verschlossen worden sind und die Verfugung nicht ausgeführt wurde. Im Zusammenhang mit letzterer gibt es gegen die Auslegung des Landgerichts, dass auch diese Verfugung zu den geschuldeten Arbeiten gehörte, nichts zu erinnern. Auf dessen Ausführungen (S. 12 – 14 LGU) wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin vertraglich auch zur Beräumung der Baustelle von Schutt verpflichtet war. Denn die Beseitigung des mit der Werkleistung verbundenen Abfalls gehört vorbehaltlich – hier nicht ersichtlicher – abweichender vertraglicher Vereinbarung zu dem geschuldeten Werkerfolg des Auftragnehmers (vgl. BGH, Urteil vom 6. 7. 2000 – VII ZR 73/00 = NZBau 2000, 466).

Die Klägerin hat in ihrer ersten Rechnung (Anlage K 3; Bl. 17 Rs Bd. I d.A.) hingegen gar keine nicht erbrachten Leistungen ausgewiesen oder berechnet. Bei der weiteren Rechnung aus der Anlage K 12 (Bl. 127 Bd. I d.A.) hat sie lediglich die beiden Giebel, die WC-Kanten-Abmauerung und 16 lfdm (statt 26 lfdm im ihr seinerzeit überlassenen, unausgefüllten LV) Rollschicht abgezogen. Eine Bewertung der Einzelleistungen unter Berücksichtigung des Preisgefüges des Pauschalpreisvertrages unterblieb gänzlich. Vielmehr nahm sie einen Abzug anhand nicht nachvollziehbarer Einzelbeträge vor. Mit Schriftsatz vom 25.8.2021 reichte die Klägerin als Anlage K 16 (Bl. 19 – 21 Rs Bd. II d.A.) eine Kalkulation ihrer Subunternehmerin ein. Anhand dieser, die den mit der Klägerin vereinbarten Pauschalpreis indes nicht widerspiegelte, errechnete sie erneut Abzüge ausschließlich für die beiden Giebel, die WC-Kanten-Abmauerung und 16 lfdm Rollschicht, um dann – zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 6.10.2022 – zu erklären, an dieser Abrechnung nicht mehr festzuhalten. Mithin hat die Klägerin die grundsätzlichen Anforderungen für die schlüssige Abrechnung einer Vergütung erbrachter Leistungen nach Kündigung eines Pauschalpreisvertrages nicht erbracht.

Soweit die Klägerin argumentiert, sie habe mit einem konkreten Preis/m² Fläche zuzüglich 5% Baustelleneinrichtung und 10% bzw. 13% Wagnis und Gewinn kalkuliert, enthebt sie dies nicht von der Pflicht zur konkreten Abrechnung. Soweit sie meint, die Aufschlüsselung und Bewertung der nicht erbrachten Leistungen sei ihr deswegen nicht möglich, trifft dies nicht zu. Denn die Richtigkeit dieses Vorbringens unterstellt, fehlen der Klägerin dann lediglich Anhaltspunkte zur Bewertung der erbrachten Leistungen aus der Zeit vor Vertragsschluss, die sie im Nachhinein vornehmen muss um dann im Einzelnen darzulegen, wie die erbrachten Leistungen unter Beibehaltung des Preisniveaus zu bewerten sind (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 04.07.1996 – VII ZR 227/93 = NJW 1996, 3270). Soweit in der Berufungsbegründung geltend gemacht wird, die Beklagte habe sich mit Email vom 16.3.2020 (Bl. 180 Bd. II d.A.) auf die die Kalkulation nach Preis/m² eingelassen und müsse nunmehr deren Nachteile im Rahmen der Abrechnung des gekündigten Vertrages tragen, kann sich der Senat dem nicht anschließen. Zum einen ist der Email, die sich allein auf die Angebote konkurrierender Wettbewerber bezieht, keineswegs eine Vereinbarung einer bestimmten Kalkulation mit der Klägerin zu entnehmen. Zum anderen schlüge dies nicht auf die Verpflichtung der den Werklohn beanspruchenden Klägerin durch, den gekündigten Pauschalpreisvertrag nach den Grundsätzen der Rechtsprechung abzurechnen.

b) Schließlich ist die Klägerin unter Berücksichtigung ihres erstinstanzlichen Vorbringens auch nicht von einer Abrechnung ihrer Vergütung nach den dargestellten Grundsätzen enthoben. Eine Ausnahmekonstellation, in der sie „von oben nach unten“ abrechnen darf, liegt nicht vor.

aa) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich nicht feststellen lasse, im Zeitpunkt der Kündigung hätten lediglich noch geringfügige Restleistungen ausgestanden.

Es liegt auf der Hand, dass dies nicht anhand der Abrechnung der Klägerin erfolgen konnte. Nicht nur, dass diese wesentliche Teile der nicht erbrachten Leistungen gar nicht berücksichtigte, kann der vermeintlich geringfügige Betrag gerade auf einer „kalkulatorischen Verschiebung„, also einer Unterbewertung der Restleistung durch die Klägerin beruhen (vgl. KG NJW 2018, 3721 Rn. 82). Tatsächlich sind die oben festgehaltenen ausstehenden Leistungen in Bezug auf das Gesamtvolumen des Werkvertrages von 162.400,00 Euro nicht geringwertig. Das folgt einerseits aus den fehlenden Leistungen an sich und zusätzlich aus den durch die Beklagte zum Teil angegebenen Drittunternehmerkosten und zum Teil geschätzten

Preise der nicht erbrachten Teilleistungen:

2 Giebel Garage; 6 m² Innen- und Außenmauerwerk

4.250,00 Euro

Putzfertige Errichtung (Schätzung Beklagte)

8.250,00

Abmauerungen Sanitärbereich

2.900,00 Euro

Verschließen der Schlitze pp

(keine Angabe)

Außenfensterbänke als Rollschichten; Stützwand im Treppenhaus

1.276,00 Euro

Fensterbänke innen

997,84 (Material)

Verfugung

3.441,93 Euro + 628,93 Euro

Beräumung der Baustelle

1.303,84 Euro

 

————————–

 

20.148,54


Auch wenn dieses Rechenwerk der Beklagten nicht unstreitig ist, steht jedenfalls fest, dass nach der Kündigung nicht lediglich geringfügige Leistungen der Klägerin ausstanden. In diesem Zusammenhang ist es mangels abweichender Anhaltspunkte für die Beklagte auch zulässig, für die Schätzung auf den Abschlagsplan der Klägerin zuzugreifen.

bb) Schließlich kann eine Abrechnung nicht auf Grundlage der Fertigstellungskosten für die Restleistungen erfolgen.

Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass nicht feststeht, dass die an einen Drittunternehmer zu entrichtenden Fertigstellungskosten über dem vereinbarten Vertragspreis liegen. Das mag grundsätzlich naheliegen und der Regelfall sein, steht aber vorliegend eben weder fest noch ist es durch die Klägerin unter Beweis gestellt worden. Überdies scheidet vorliegend eine Abrechnung nach den Fertigstellungskosten aus, weil die Klägerin zu diesen gar nichts vorgetragen hat und sie auch aus dem Vortrag der Beklagten nicht vollständig hervorgehen. Die Beklagte hat insbesondere im Bereich der ausgebliebenen putzfertigen Errichtung in weiten Teilen eine Schätzung anhand des Abschlagszahlungsplans der Klägerin (5% nach „Bau putzgerecht herstellen„) vorgenommen. Darüber hinaus hat das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise auf seine mit Tatbestandswirkung nach § 314 ZPO getroffene Feststellung abgestellt, dass die Klägerin sich die Abrechnung nach den Fertigstellungskosten gerade nicht hilfsweise zu eigen gemacht, sondern diese bestritten hat. Damit war es gerade die Klägerin, die sich einer Abrechnung auf Grundlage der Fertigstellungsmehrkosten verweigert hat.

Soweit die Klägerin im Berufungsrechtszug ihre Auffassung wiederholt, die Aufstellung der Beklagten zeige gerade, dass diese sich sachgerecht verteidigen könne und deswegen eine nähere Darlegung der Klägerin entbehrlich sei, dringt sie damit nicht durch. Es ist zwar im Grundsatz zutreffend, dass der Detaillierungsgrad der vom Unternehmer zu erbringenden Abrechnung nicht zu unverhältnismäßigen Anforderungen an diesen führen darf, sondern sich nach dem berechtigten Informationsinteresse des Bestellers richtet und nicht dessen ungerechtfertigte Verweigerungstaktik unterstützen soll. Vorliegend hat hingegen bereits das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die Aufstellung der Beklagten gerade keine derartige sachgerechte Verteidigung gegen die vollkommen unvollständige Abrechnung der Klägerin, sondern allein eine vorläufige Aufstellung der bereits angefallenen und geschätzten Drittunternehmerkosten darstellt. Die Berufung vermischt in diesem Zusammenhang die Anforderung an die Abrechnung des gekündigten Pauschalpreisvertrages mit der Ausnahme der Abrechnung nach Drittunternehmerkosten, die von einer solchen Abrechnung enthebt. Eine sachgerechte Verteidigung gegen die angesichts der Rechenwerke der Klägerin naheliegende ungerechtfertigte Verschiebung von Kosten in den erbrachten Leistungsteil ist mit der Aufstellung der gezahlten und geschätzten Fertigstellungskosten nicht verbunden. Der Klägerin hätte es vielmehr freigestanden, den infolge der unzureichenden Abrechnung bei der Beklagten drohenden Nachteil dadurch abzuwenden, dass sie eine Abrechnung auf Grundlage der Fertigstellungskosten hinnimmt. Dem ist sie aber gerade entgegengetreten.

5. Mit ihrem neuen Vorbringen zur Abrechnung des Vertrages aus dem Schriftsatz vom 5.5.2023 in Verbindung mit der Berechnung vom 3.5.2023 ist die Klägerin gem. §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, so dass auf sich beruhen kann, ob dieses den Grundsätzen einer schlüssigen Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreises entspräche.

a) Die Beklagte hat dieses neue Vorbringen der Klägerin zur Abrechnung des gekündigten Pauschalpreisvertrages in ihrem Schriftsatz vom 9.5.2023 in Abrede genommen, so dass es streitig war. Damit unterliegt es dem Anwendungsbereich der §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO.

aa) Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 6. 10. 2005 – VII ZR 229/03 = NJW-RR 2005, 1687, geltend macht, auf die im Berufungsrechtszug erstellte Schlussrechnung seien die §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO nicht anwendbar, vermag der Senat dem nicht näher zu treten. Aus dieser Entscheidung geht lediglich hervor, dass die vom Unternehmer im Berufungsrechtszug nach Abweisung seiner Klage in erster Instanz vorgelegte neue Rechnung nur dann nicht als neue Tatsache aus prozessualen Gründen als verspätet zurückgewiesen werden kann, wenn die Schlussrechnung Fälligkeitsvoraussetzung ist. So liegt es hier indes nicht. Unabhängig von der Frage, ob die Parteien einen BGB- oder VOB/B-Vertrag geschlossen haben, ist die Forderung unabhängig von der Prüfbarkeit der zunächst erteilten Schlussrechnung (Anlage K 3) fällig geworden, weil die Belklagte die fehlende Prüffähigkeit nicht binnen 30 Tagen nach Zugang (§ 650 f Abs. 4 S. 3 BGB; § 16 Abs. 3 S. 1 VOB/B) gerügt hat (vgl. Retzlaff in Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 650g Rn. 14; Locher in Ingenstau/Korbion, VOB Teile A und B, 22. Aufl., § 16 Abs. 3 VOB/B Rn. 25). In diesen Fällen findet nur noch eine Sachprüfung statt, ob die Forderung berechtigt ist und die §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO sind anzuwenden (vgl. Kniffka in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, 5. Aufl., Teil 4 Rn. 547).

bb) Die neue Berechnung der Klägerin erläutert und präzisiert auch nicht die bislang vorgelegten Abrechnungen (Anlage K 3 = Bl. 17 Rs Bd. I d.A.; Anlage K 12 = Bl. 127 Bd. I d.A.), sondern verändert die Abrechnungsstruktur grundlegend, so dass es sich um ein neues Angriffsmittel handelt (vgl. Kniffka a.a.O. Rn. 548). Während die Abrechnung in der Anlage K 3 gar keine Abzüge wegen nicht erbrachter Leistungen vorsah, erfolgte in der Anlage K 12 einer „Abrechnung von oben nach unten„, indem von der Bruttovergütung lediglich Abschläge wegen der nicht erbrachten Leistungen genommen wurden. Demgegenüber wird in der neuen Abrechnung aus dem Schriftsatz vom 5.5.2023 erstmals eine „Abrechnung von unten nach oben“ vorgenommen, indem der Pauschalbetrag in Einzelpositionen der erbrachten Leistungen aufgeschlüsselt wird und im Zuge dessen die Abzüge der nicht erbrachten Leistungen eingefügt werden. Die Richtigkeit dieser kalkulatorischen Aufschlüsselung sowie der Abzüge hat wiederum die Beklagte in Abrede genommen, so dass die Tatsachengrundlage streitig ist.

b) Die Zulassung dieses neuen, streitigen Vorbringens kommt gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht in Betracht.

Das gilt zunächst in Bezug auf § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Diese Vorschrift gestattet neues Vorbringen zu tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkten, die vom Standpunkt des Berufungsgerichts aus betrachtet entscheidungserheblich sind, von dem Eingangsgericht jedoch erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten wurden (vgl. BGH NJW 2004, 2152, 2153). So liegt der Fall hier allerdings nicht. Vielmehr hat das Landgericht zunächst in seiner Verfügung vom 18.2.2021 ausführlich darauf hingewiesen, dass die Abrechnung der Anlage K 3 nicht schlüssig ist. Es hat auch klar und richtig vorgegeben, wie die Abrechnung zu erfolgen hat. Diesen Hinweis hat es in der mündlichen Verhandlung vom 14.7.2021 wiederholt, nachdem die Klägerin die Anlage K 12 in den Prozess eingeführt hat. Die Einzelrichterin hat damit die auch für den Senat entscheidungserheblichen Fragen angesprochen. Gerade vor dem Hintergrund dieser Hinweise verbietet sich eine Zulassung nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Die Vorschrift ermöglicht neues Vorbringen im Berufungsrechtszug, weil Vorbringen infolge eines Verfahrensmangels erstinstanzlich nicht geltend gemacht wurde. Sie betrifft insbesondere den Fall, dass nach § 139 ZPO gebotene Hinweise des erstinstanzlichen Gerichts unterblieben sind, die zu dem Vorbringen, das nunmehr erst im Berufungsrechtszug gehalten wird, bereits in erster Instanz Anlass gegeben hätten (vgl. BGH NJW 2004, 2152, 2153). Diese wurde indes gerade erteilt. Schließlich beruht das neue Vorbringen zur Abrechnung in der Berufungsinstanz aus dem Schriftsatz vom 5.5.2023 auf Nachlässigkeit, welche die Zulassung des Vorbringens gem. § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO ausschließt. Es wäre ohne Weiteres bereits im ersten Rechtszug möglich gewesen.

B)

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97, 708 Nr.10, 711 ZPO

Verkündet am 23.05.2023

OLG Bamberg ua zu der Frage, dass die Leistung eines mit der Errichtung einer Dach-Photovoltaikanlage beauftragten Auftragnehmers mangelhaft ist, wenn er Unterlegplatten und Dachhaken verwendet, die für die verbauten Dachziegel nicht zugelassen waren, die Konterlattung beschädigt und die Stromzuleitungs- und Erdungskabel ohne Abdichtungsmanschetten zwischen Dachstein und Schalung verlegt

OLG Bamberg ua zu der Frage, dass die Leistung eines mit der Errichtung einer Dach-Photovoltaikanlage beauftragten Auftragnehmers mangelhaft ist, wenn er Unterlegplatten und Dachhaken verwendet, die für die verbauten Dachziegel nicht zugelassen waren, die Konterlattung beschädigt und die Stromzuleitungs- und Erdungskabel ohne Abdichtungsmanschetten zwischen Dachstein und Schalung verlegt

vorgestellt von Thomas Ax

1. Die Leistung eines mit der Errichtung einer Dach-Photovoltaikanlage beauftragten Auftragnehmers ist mangelhaft, wenn er Unterlegplatten und Dachhaken verwendet, die für die verbauten Dachziegel nicht zugelassen waren, die Konterlattung beschädigt und die Stromzuleitungs- und Erdungskabel ohne Abdichtungsmanschetten zwischen Dachstein und Schalung verlegt.

2. Verschweigt der Auftragnehmer von ihm bzw. seinen Mitarbeitern verursachte Mängel arglistig, verjähren die Mängelansprüche des Auftraggebers nicht innerhalb von fünf Jahren ab der Abnahme der Leistung, sondern innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis des Auftraggebers von den den Anspruch begründenden Umständen.

3. Bei gravierenden oder offensichtlichen Mängeln, die durch nachfolgende Arbeiten verdeckt werden, liegt Arglist nahe.
OLG Bamberg, Beschluss vom 10.10.2022 – 3 U 61/22
vorhergehend:
OLG Bamberg, Beschluss vom 29.08.2022 – 3 U 61/22
LG Hof, 21.02.2022 – 35 O 5/20
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 08.11.2023 – VII ZR 200/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)


In dem Rechtsstreit

(…)

erlässt das Oberlandesgericht Bamberg – 3. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxx, den Richter am Oberlandesgericht xxx und den Richter am Oberlandesgericht xxx am 10.10.2022 folgenden

Beschluss

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Hof vom 21.02.2022, Aktenzeichen 35 O 5/20, wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Hof ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110% des von ihr zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 63.200,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes sowie die gestellten Anträge wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Hof vom 21.02.2022 sowie auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 29.08.22 Bezug genommen.

II.

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Hof vom 21.02.2022, Aktenzeichen 35 O 5/20, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist. Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen. Im Hinblick auf das Vorbringen im Schriftsatz vom 26.09.2022 ist auszuführen:

1. Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass aufgrund der Vorgänge im Jahr 2014 der Klägerin keine grobe Fahrlässigkeit in Bezug auf eine Unkenntnis vom Schaden und der Person des Schädigers vorzuwerfen und damit die Verjährung nicht eingetreten ist.

a) Es mag zwar sein, dass nach dem Erwerb des streitgegenständlichen Anwesens durch die Klägerin im Jahr 2010 Arbeiten am Dach nur durch die Dachdeckerfirma A. GmbH und den Beklagten durchgeführt wurden. Zutreffend ist auch, dass sich die Klägerin nach dem Starkregenereignis und dem damit verbundenen Wassereintritt im Jahr 2014 an keine der beiden Firmen gewandt hat. Allerdings setzt sich der Beklagte nicht mit der Tatsache auseinander, dass die Klägerin eine Fachfirma beauftragt und damit gerade versucht hat, die Klärung der Ursache des Schadens und der möglichen Verantwortlichkeit über eine neutrale Person herbeizuführen. Dass der von ihr gewählte Weg hierfür auch grundsätzlich geeignet war, stellt der Beklagte nicht in Abrede. Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang eine Rechtspflicht zu konstruieren versucht, sich stattdessen auf Verdacht an einen der möglichen Schädiger zu wenden und diesen um Aufklärung nachzusuchen, um dem Vorwurf einer grob fahrlässigen Unkenntnis von einem Schaden und der Person des Schädigers zu entgehen, liegt dies neben der Sache.

b) Dass die von der Klägerin veranlasste Untersuchung ohne Erfolg blieb, ist der Klägerin nicht anzulasten, weil sie grundsätzlich auf die Kompetenz der beauftragten Fachfirma vertrauen durfte; Gegenteiliges trägt auch der Beklagte nicht vor.

c) Unbehelflich ist der Verweis auf das vor dem Senat anhängige Berufungsverfahren 3 U 410/21, in dem entgegen der Behauptung des Beklagten eine gänzlich andere Fallkonstellation streitgegenständlich ist, so dass sich ein weiteres Eingehen hierauf erübrigt.

Vorliegend kann also von einem „groben Pflichtenverstoß“ oder einer „schlechthin unentschuldbaren Pflichtverletzung“ (BGH NJW 2009, 1482 Rn. 34) im Sinne der Vorschrift des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB in Bezug auf das Tätigwerden der Klägerin nach dem Wassereintritt im Jahr 2014 nicht die Rede sein, so dass dies einen Beginn der Verjährungsfrist nicht begründen kann.

d) Von einer Kenntnis der Klägerin von dem Schaden und der Person des Schädigers ist damit erst im Jahr 2016 auszugehen. Damit begann die aus § 634a Abs. 3 S. 1 BGB resultierende dreijährige Verjährungsfrist mit Ablauf dieses Jahres und endete mit Ablauf des Jahres 2019 (§ 199 Abs. 1, 195 BGB). Die Klageerhebung am 24.12.2019 hat daher gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Verjährung rechtzeitig gehemmt.

2. Auch die Einwendungen des Beklagten gegen die Höhe des Schadensersatzanspruchs greifen nicht durch.

a) Im Hinblick auf den angeblich vom Sachverständigen B. erstmals im Termin vom 17.01.2022 genannten Betrag von 20.000,00 Euro bestand für das Landgericht kein Anlass, deswegen einen ergänzenden Beweisbeschluss zu erlassen. Zum einen bezogen sich die Ausführungen des Sachverständigen auf die Kosten der Nachrüstung des Daches mit einer regendichten Nagelschutzbahn und nicht auf die Kosten der Beseitigung der vom Beklagten verursachten Schäden. Vor allem jedoch hat der Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung die von der Klägerin unter Vorlage der Rechnung der Fa. A. behaupteten Aufwendungen zur Schadensbeseitigung in Höhe von 62.500,86 Euro nicht bestritten, weshalb sich eine Beweisaufnahme hierüber verbot und Ausführungen des Sachverständigen hierzu als nicht entscheidungserheblich zu behandeln gewesen wären. Zutreffend hat das Landgericht daher diese Kosten seiner Entscheidung zugrunde gelegt, auch wenn es der Klägerin aus Rechtsgründen (Sowiesokosten, Abzug „neu für alt„) nicht den vollen Betrag zugesprochen hat.

b) Soweit der Beklagte erstmals mit dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen und nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 31.01.2022 die Schadenshöhe in Frage gestellt hat, hat der Senat bereits in dem vorgenannten Hinweisbeschluss ausführlich dargelegt, dass das Landgericht rechtsfehlerfrei von einem Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung gem. § 156 ZPO abgesehen hat. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Einer weiteren Erörterung bedarf das Vorbringen im Schriftsatz vom 26.09.2022, das der Senat zur Kenntnis genommen hat, nicht.

Die Berufung des Beklagten ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO.

LG Heilbronn ua zu der Frage, dass in der unberechtigten Einstellung der Arbeiten zur Durchsetzung eines Nachtrags, einer Abschlagsrechnung oder aus sonstigen Gründen eine schwerwiegende Verletzung der bauvertraglichen Kooperationspflicht liegen kann, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigt

LG Heilbronn ua zu der Frage, dass in der unberechtigten Einstellung der Arbeiten zur Durchsetzung eines Nachtrags, einer Abschlagsrechnung oder aus sonstigen Gründen eine schwerwiegende Verletzung der bauvertraglichen Kooperationspflicht liegen kann, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigt

vorgestellt von Thomas Ax

1. Nach den Grundsätzen des sog. unternehmensbezogenen Geschäfts geht der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin, dass bei derartigen Geschäften der Unternehmensinhaber Vertragspartner werden soll und nicht derjenige, der konkret für das Unternehmen gehandelt hat. Dies gilt auch dann, wenn der Inhaber falsch bezeichnet wird oder über ihn sonst Fehlvorstellungen bestehen. Die Anwendung dieser Grundsätze hängt lediglich von dem erkennbaren Unternehmensbezug des Geschäfts ab und nicht von einer firmenrechtlich korrekten Bezeichnung des Unternehmens (BGH, Urteil vom 15.01.1990 – II ZR 311/88, IBRRS 1990, 0325).
2. Deshalb muss nicht zwangsläufig die Person, die im Vertrag als Inhaber des Unternehmens bezeichnet ist, Vertragspartner werden. Entscheidend ist, wer tatsächlich der Unternehmensinhaber ist.
3. Zur Frage, wer Unternehmensinhaber ist, wenn in den Schreiben und E-Mails des Unternehmens nach Vertragsschluss durchgängig eine andere Person als Inhaber genannt wird als in den in den Schreiben und E-Mails des Unternehmens vor Vertragsschluss.
4. Regelmäßig hat der Vertragspartner des Unternehmens kein schützenswertes Interesse daran, dass ihm neben dem tatsächlichen Unternehmensinhaber noch eine weitere Person als möglicher Schuldner zur Verfügung steht.
5. Grundsätzlich muss sowohl die Kündigung eines Bauvertrags als auch die vorausgehende Androhung der Kündigung durch einen bevollmächtigten Vertreter des Kündigenden ausgesprochen werden.
6. Zur Frage, wann die Kündigung durch eine Person mit dem Zusatz „i.A.“/“im Auftrag“ eine wirksame Kündigung darstellt.*)
7. Die völlige Einstellung der Arbeiten kann einen Grund zur außerordentlichen Kündigung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1, § 5 Abs. 3, 4 VOB/B darstellen, wenn sich der Unternehmer nicht auf ein entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht berufen kann. Die Einstellung der Arbeiten ist der Extremfall der unzureichenden Ausstattung einer Baustelle mit Arbeitskräften i. S. des § 5 Abs. 3 VOB/B (Anschluss an OLG Stuttgart, IBR 2023, 61; IBR 2020, 634).
8. In der unberechtigten Einstellung der Arbeiten zur Durchsetzung eines Nachtrags, einer Abschlagsrechnung oder aus sonstigen Gründen kann eine schwerwiegende Verletzung der bauvertraglichen Kooperationspflicht liegen, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigt (vgl. OLG Frankfurt, IBR 2011, 690; OLG Hamm, IBR 2012, 321; OLG Stuttgart, IBR 2016, 272).
9. Nach einer berechtigten Kündigung gem. § 8 Abs. 3 VOB/B oder nach einer Kündigung aus wichtigem Grund (jetzt § 648a Abs. 1 BGB n.F.) hat der Auftraggeber Anspruch auf Erstattung der für die Fertigstellung entstehenden Mehrkosten. Dabei ist der Auftraggeber nach § 254 BGB verpflichtet, die Fertigstellungskosten in angemessenen Grenzen zu halten. Im Rahmen des § 254 Abs. 2 BGB ist der Einwand des Auftragnehmers zu prüfen, der Auftragnehmer habe einen unnötig teuren Unternehmer ausgewählt.
10. Bewegt sich die Schlussrechnung des mit der Fertigstellung beauftragten Unternehmers insgesamt im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen, ist es unerheblich, wenn einige Einzelpreise als nicht mehr ortsüblich und angemessen angesehen werden können.
11. Soweit nach der Kündigung eines Bauvertrags Schadensersatzansprüche des Auftraggebers, aber auch Vergütungsansprüche des Auftragnehmers für erbrachte Leistungen bestehen, stehen sich diese Ansprüche aufrechenbar gegenüber. Es findet keine automatische Verrechnung statt (BGH, IBR 2005, 465).
LG Heilbronn, Urteil vom 21.03.2024 – 3 O 155/21 (nicht rechtskräftig; Ber: OLG Stuttgart, Az. 13 U 47/24)

Tenor

1. Der Beklagte 1 wird verurteilt, an die Klägerin 60.635,10 Euro nebst Jahreszinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.04.2021 zu zahlen.

2. Der Beklagte 1 wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.642,40 Euro nebst Jahreszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.04.2021 zu zahlen.

3. Der Beklagte 1 wird verurteilt, an die Klägerin weitere 694,17 Euro nebst Jahreszinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.01.2022 sowie weitere 748,95 Euro nebst Jahreszinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.01.2023 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage gegen den Beklagten 1 abgewiesen.

5. Die Klage gegen die Beklagte 2 wird abgewiesen.

6. Die Widerklage wird abgewiesen.

7. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Klägerin zu einem Drittel, die Beklagten als Gesamtschuldner zu einem Drittel und der Beklagte 1 zu einem weiteren Drittel.

Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten 1 trägt die Klägerin zu einem Drittel und der Beklagte 1 zu zwei Dritteln.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten 2 trägt die Klägerin.

8. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 180.780,82 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien machen mit Klage und Widerklage wechselseitig Ansprüche aus einem gekündigten VOB/B-Bauvertrag geltend.

Die Klägerin, ein Betrieb für Stahlbau und Metallbauarbeiten, wurde vom Regierungspräsidium Stuttgart (i.F. auch: RP) mit der Ausführung von Brückenbauarbeiten an der ###-Talbrücke der BAB ### beauftragt. Die ###-Talbrücke war 1974 errichtet und in den Jahren 2009 bis 2013 im Außenbereich instandgesetzt worden. Sie hat eine Gesamtlänge von 888 m, eine Breite von 30 m und eine Höhe von 80 m (vgl. die Bauwerksdaten in der Baubeschreibung). Gegenstand der Beauftragung der Klägerin waren Stahlbauarbeiten sowie Korrosions- und Oberflächenschutz im Hohlkasten innen, Korrosions- und Oberflächenschutz im Hohlkasten außen, sowie die Herstellung der gesamten elektrotechnischen Ausstattung des Brückenhohlkastens sowie der acht Brückenhohlpfeiler. Mit Nachunternehmervertrag vom 8. November 2017 beauftragte die Klägerin unter Einbeziehung der VOB/B die „### Technische Dienstleistung Elektrotechnik“ mit der „Ausführung von Titel 05 Betriebstechnik …“.

Weder der Beklagte 1 noch die Beklagte 2 ist im Handelsregister eingetragen.

Am 26. Juli 2018 wurde von der Hauptauftraggeberseite und der Bauüberwachung gegenüber der Klägerin ein Baustopp wegen unzureichender Baubeleuchtung ausgesprochen.

Vom 30. Oktober 2018 datiert eine (erste) 1. Abschlagsrechnung der Beklagtenseite. Diese wurde später durch die überarbeitete 1. Abschlagsrechnung vom 3. Dezember 2018 ersetzt.

Mit Anwaltsschreiben vom 13. Februar 2019 setzte die Klägerin unter Kündigungsandrohung eine Nachfrist zur Übergabe von Unterlagen. Mit Telefaxschreiben vom 12. März 2019 kündigte die Klägerin gegenüber der „### Techn. Dienstleistung Elektrotechnik“ den Nachunternehmervertrag wegen verzögerter Fertigstellung und aus wichtigem Grund, wobei die Parteien über die formelle und materielle Wirksamkeit der Kündigung streiten. Die Beklagtenseite kündigte ihrerseits mit Anwaltsschreiben vom 22. März 2019 das Vertragsverhältnis außerordentlich aus wichtigem Grund.

Am 27. März 2019 wurde ein gemeinsames Aufmaß durchgeführt.

Die Klägerin beauftragte die Fa. Elektro ### GmbH (i.F. auch: Fa. ###) aus ### mit der Fertigstellung der Elektroarbeiten. Diese stellte der Klägerin mit Datum vom 31. August 2020 eine Schlussrechnung, die auf einen Gesamtbetrag von 510.000,92 Euro (netto) lautet.

Mit Anwaltsschreiben vom 20. März 2021 übermittelte die Klägerin der Beklagtenseite eine Abrechnung der Ersatzvornahmemaßnahmen und bezifferte diese mit 108.049,09 Euro (einschließlich 1.665,00 Euro für eigenen Aufwand). Unter Berücksichtigung von Bürgschaftskosten von 4.605,15 Euro und nach Abzug von 12.945,87 Euro für die erbrachten Leistungen forderte sie von der Beklagtenseite 99.808,37 Euro sowie Anwaltskosten in Höhe von 1.953,90 Euro sowie die Rückgabe der überlassenen Bürgschaft.

Die Klägerin hatte der Beklagten zunächst eine Bürgschaft nach § 648a BGB über 333.368,34 Euro übermittelt. Am 1. April 2019 wurde die Bürgschaftssumme auf 70.000,00 Euro reduziert.

Vom 19. April 2021 datiert eine Schlussrechnung der ### Technische Dienstleistung Elektrotechnik, Inh. ###, an die Klägerin. Darin werden insgesamt 58.629,32 Euro (netto) geltend gemacht. In diesem Betrag enthalten sind 13.972,85 Euro als Vergütung für nicht ausgeführte Arbeiten.

Die Klägerin trägt vor, sie habe die Beklagten mit dem Nachunternehmervertrag beauftragt. Die Beklagten hätten den Anschein erweckt, Inhaber des unter der Fa. „### Technische Dienstleistungen Elektrotechnik“ handelnden Unternehmens zu sein. Sie müssten sich ihre eigenen Angaben zurechnen lassen. Ein Unternehmen, das sich entgegen § 29 HGB nicht zum Handelsregister anmelde, könne nicht nach Belieben die Inhaberhaftung hin und her schieben.

Die Beklagten hätten ihre Leistungen nicht vertragsgerecht und insbesondere nicht zeitgerecht erbracht. Die in Nr. 9 des Nachunternehmervertrags als Vertragsfristen vereinbarten Zwischentermine seien überschritten worden. Die mit Anwaltsschreiben vom 20. Dezember 2018 wiederholt verlangten Unterlagen seien nach dem Nachunternehmervertrag von der Beklagten vorzulegen gewesen.

Die Klägerin habe die auf das Gewerk Elektro entfallenden Planungsleistungen durch Einbeziehung der Baubeschreibung an die Beklagten untervergeben. Die Beklagten hätten vor Abschluss des Vertrags sämtliche Unterlagen erhalten, auch die Baubeschreibung.

Mit der Planungsleistung (Übergabe der Zeichnungen) hätten sich die Beklagten seit dem 31. Oktober 2017 in Verzug befunden. Auch seien zum 30. jeden Monats detaillierte Fortschrittsberichte über die Leistungen zu erstellen gewesen. Ausführungsplanung und Fortschrittsberichte hätten der Vertragsabwicklung gedient und seien nicht erst zum Zeitpunkt der Abnahme geschuldet gewesen.

Trotz Aufforderungen vom 20. September 2018, 22. November 2018 und 20. Dezember 2018 seien die Beklagten der Vorlagepflicht bezüglich der Unterlagen nicht nachgekommen. Zum Zeitpunkt der Kündigung am 13. Februar 2019 seien der Endtermin und die vereinbarten Zwischentermine überschritten gewesen. Mit der Übergabe der verlangten Unterlagen hätten sich die Beklagten ebenfalls in Verzug befunden.

Es sei unzutreffend, dass die Termine hinfällig geworden seien. Die Beklagten seien zum Zeitpunkt der Anforderung der Unterlagen und der Kündigung nicht zur Einstellung der Arbeiten berechtigt gewesen. Eine Behinderung der Beklagten und eine sich hieraus ergebende Verschiebung des Endtermins sei nicht dargelegt und bewiesen.

Die 1. Abschlagsrechnung vom 30. Oktober 2018 habe nicht den Bestimmungen des RP genügt. Auch die daraufhin am 3. Dezember 2018 vorgelegte Abschlagsrechnung habe als nicht prüfbar zurückgeschickt werden müssen, weil die auftraggeberseitigen Vorgaben wiederum nicht beachtet worden seien. Die Weiterberechnung der Leistungen an das RP sei so nicht möglich gewesen. Erforderlich gewesen wären Angaben gemäß Baubeschreibung 4.2.5. Um die Einhaltung der bauseitigen Anforderungen zu prüfen, wäre eine vom Auftraggeber freigegebene Elektroplanung nötig gewesen. Ohne die freigegebene Elektroplanung und die geschuldeten Fortschrittsberichte sei der Leistungsstand der Beklagten nicht zu überprüfen gewesen.

Da eine prüfbare Aufstellung Voraussetzung für einen Anspruch auf Abschlagszahlung sei, hier eine Prüfung aber nicht möglich gewesen sei, sei eine Zahlung nicht fällig geworden. Die vom RP verlangten Unterlagen seien üblich und für ein Fachunternehmen ohne weiteres nachzuvollziehen gewesen. Einer Konkretisierung habe ist nicht bedurft.

Nach der Kündigung habe sie durch eigenes Personal sowie die Fa. Elektro ### GmbH die Leistungen der Beklagten fertig stellen lassen. Durch die Ersatzvornahme hätten sich Mehrkosten in Höhe von 106.384,09 Euro ergeben. Die Mehrkosten beruhten auf höheren Einheitspreisen der mit der Ersatzvornahme beauftragten Firma. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kostenermittlung Bezug genommen. Wo die Fa. ### einen niedrigeren Einheitspreis angesetzt habe, sei dies zu Gunsten der Beklagten eingeflossen.

Die von der Beklagten erbrachten Leistungen seien im gemeinsamen Aufmaßblatt festgehalten. Dieses Aufmaßblatt sei fortgeschrieben worden. Die von der Fa. ### in Rechnung gestellten Nachträge NA 01 bis NA 46.5 würden den Beklagten nicht in Rechnung gestellt. Die Nachtragspositionen NA 23, 24, 25, 26 bezögen sich auf Leistungspositionen, mit denen die Beklagten beauftragt gewesen seien. Deshalb seien sie wie die anderen Leistungspositionen zu behandeln.

Alle Leistungen hätten ausschließlich der Fertigstellung der Leistungen der Beklagten gedient. Der Mehraufwand sei tatsächlich angefallen. Aus der Schlussrechnung der Firma C sei nach Kürzungen und Skontoabzug ein Betrag von 58.344,22 Euro offen gestanden. Die Schlusszahlung sei am 15. April 2021 erfolgt. Die Preise seien ortsüblich und angemessen.

Hinzu komme der zusätzliche eigene Aufwand, den die Klägerin habe aufwenden müssen, um die Ersatzvornahme durchführen zu können. Aufgrund der Marktsituation habe sich insbesondere die Suche nach einem Ersatzunternehmer als sehr zeitaufwändig erwiesen. Angefallen seien 37 Stunden zu je 45,00 Euro, insgesamt also 1.665,00 Euro. Ein Gewinn sei darin nicht enthalten.

Ferner seien Bürgschaftskosten von 4.605,15 Euro angefallen. Wegen der Berechnung wird auf die Tabelle auf Seite 9 der Replik verwiesen. Die bürgende Sparkasse behandele den Umsatz als steuerpflichtig. Da sie diese Option ausübe, falle auch Umsatzsteuer an. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten selbst habe die Bürgschaft nach § 648a BGB angefordert und die Reduktion angeboten.

Da die Beklagten die Bürgschaft nicht zurückgegeben hätten, hätten sie auch die weiteren Avalprovisionen zu tragen.

Schließlich seien Anwaltskosten für die außergerichtliche Vertretung in Höhe von 1.953,90 Euro netto entstanden.

Es ergebe sich daher folgende Abrechnung für die Klageanträge Ziff. 1 und Ziff. 2:

Ersatzvornahme 106.384,09 Euro

eigener Aufwand 1.665,00 Euro

Bürgschaftskosten 4.605,15 Euro

Zwischensumme: 112.654,24 Euro

abzüglich erbrachter Leistung – 12.945,87 Euro

ergibt: 99.708,37 Euro

Anwaltskosten 1.953,90 Euro

Gesamtforderung: 100.662,27 Euro

Die Klägerin ist der Ansicht, der Vertrag sei mit den Inhabern der „### Technische Dienstleistung Elektrotechnik“ zustande gekommen. Dies seien nach ihren eigenen Angaben die Beklagten 1 und 2.

Die Beklagte 2 bezeichne sich selbst als kaufmännische Leitung. Der Beklagte 1 hätte den Vertrag nicht unterzeichnet und die Beklagte 2 als Inhaberin bezeichnet, wenn dies nicht zugetroffen hätte.

Sie habe den Vertrag nach § 8 Abs. 3 VOB/B gekündigt. Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B sei sie berechtigt gewesen, die Leistungen zu Lasten der Beklagten fertig stellen zu lassen.

Der vereinbarte Endtermin 8. Oktober 2018 und die vereinbarten Zwischentermine ergäben sich aus Nr. 9 der Vertragsurkunde.

Die Beklagten hätten sich entschieden, den Vertrag zu unterzeichnen, obwohl sie gewusst hätten, dass eine dort aufgeführte Einzelfrist kurz zuvor abgelaufen sei. An Fälligkeit und Verzug der zugesagten Leistungen ändere dies nichts. Unschädlich sei, dass die in der Aufzählung in Ziff. 9 des Vertrags genannten Terminpläne noch nicht vorgelegen hätten.

Die Beklagten hätten am 18. März 2019 eine zeitliche Grobplanung vorgelegt, die sich in den Eckterminen des Vertrags gehalten habe. Eine Detaillierung, wie am 9. März 2019 vereinbart, sei jedoch nicht erfolgt.

Die Übergabe der Zeichnungen (Elektroplanung) hätte bereits im Oktober 2017 stattfinden sollen. Da dieser Termin bei Vertragsschluss verstrichen gewesen sei, hätten sie unverzüglich angefertigt werden müssen. Tatsächlich sei die Elektroplanung nicht vorgelegt worden. Mehrere Mahnungen seien vergeblich gewesen.

Der Abschluss der Stahlbau- und Korrosionsschutzarbeiten sei nicht zwingend Voraussetzungen dafür, dass die Beklagten ihre Leistungen hätten ausführen können. Die Planungsleistungen hätten erbracht werden können und müssen. Ihre Ausführung wäre unabhängig von Korrosionsschutzarbeiten möglich gewesen.

Desweiteren sei die Kündigung auch aus wichtigem Grunde möglich gewesen. Die Beklagten hätten ultimativ angedroht, ihre Leistungen einzustellen, wenn die 1. Abschlagsrechnung nicht bezahlt werde. Sie hätten sich trotz mehrfacher Aufforderung unter Fristsetzung geweigert, die Leistungen in der vereinbarten Weise zu erbringen. Durch ihre Verweigerungshaltung hätten sie die fristgerechte Fertigstellung des Projekts gefährdet und die Klägerin Regressansprüchen ausgesetzt.

Der Leistungsumfang sei nicht auf den Titel 05 begrenzt gewesen, wie sich aus Nr. 2 des Vertrags ergebe. Die Baubeschreibung bestimme das Leistungssoll der Beklagten, soweit sie für die Ausführung des Gewerks relevant sei. Die Beklagten hätten mit E-Mail vom 29. Mai 2017 ausdrücklich den Erhalt der Baubeschreibung bestätigt. Verwiesen werde auf Ziff. 4.2.5 der Baubeschreibung. Untervergeben an die Beklagten seien daher die auf das Gewerk Elektro entfallenden Planungsleistungen durch die Einbeziehung der Baubeschreibung. Mit der Planungsleistung hätten sich die Beklagten seit dem 31. Oktober 2017 in Verzug befunden. Weiter sei in Nr. 9 a.E. des Vertrags vorgesehen, dass die Beklagten jeweils zum 30. eines jeden Monats detaillierte Fortschrittsberichte zu erstellen hätten.

Die Beklagten seien nicht zur Einstellung ihrer Arbeiten berechtigt gewesen. Nach Stellung der 1. AZ-Rechnung vom 30. Oktober 2018 habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass AZ-Rechnungen nach den Bestimmungen des RP aufzustellen seien. Auch die daraufhin übersandte AZ-Rechnung vom 3. Dezember 2018 habe als nicht prüfbar zurückgeschickt werden müssen, weil die Beklagten wiederum auftraggeberseitige Vorgaben nicht beachtet hätten. Die Abrechnung habe nicht den Anforderungen entsprochen, wie sie sich aus dem Vertrag mit allen Vertragsbestandteilen, insbesondere Nr. 3.11.2, 3.11.4 der Baubeschreibung, ergäben. Aus dem Aufmaßblatt sei es nicht möglich gewesen nachzuvollziehen, wieviel von welcher Art wo verbaut worden sei.

Eine Behinderung der Beklagten und eine sich darauf ergebende Verschiebung des Endtermins sei nicht dargelegt und bewiesen.

Die Klägerin beantragt zuletzt:

1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin EUR 99.708,38 zzgl. Zinsen in Höhe von 9%-Punkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Klageschrift zu zahlen.

2. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin EUR 1.953,90 für vorprozessuale Anwaltskosten zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Klageschrift zu zahlen.

2a. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner weitere EUR 694,17 zzgl. Zinsen in Höhe von 9 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Klageerweiterungsschrift zu zahlen.

2c. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner weitere EUR 748,95 zzgl. Zinsen in Höhe von 9 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 2022-01-17 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen:

Klageabweisung

Beide Beklagten haben Widerklage erhoben mit dem Antrag:

Die Widerbeklagte wird verurteilt, an die Widerkläger insgesamt 58.629,32 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Klägerin beantragt:

Abweisung der Widerklage.

Soweit die Klägerin zunächst als Klageantrag Ziff. 3 beantragt hatte:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin die Bürgschaft der ### nach § 648a Avalkonto Nr. ### in Höhe von EUR 70.000,- herauszugeben.

haben die Parteien diesen Antrag übereinstimmend für erledigt erklärt und gegenläufige Kostenanträge gestellt.

Die Beklagten tragen vor, der Beklagte 1 sei von der Klägerin als Nachunternehmer beauftragt worden. Die Beklagte 2 sei nicht passivlegitimiert. Unzutreffend sei, dass die Beklagten unter der Firma ### Technische Dienstleistung (B TD) aufträten. Vertragspartner der Klägerin sei der Inhaber des Betriebs „### Technische Dienstleistung Elektrotechnik“. Geschäftsinhaber sei einzig und allein der Beklagte 1. Die Beklagte 2 nehme lediglich aushilfsweise Bürotätigkeiten wahr.

Auch aus der Homepage ergebe sich nichts anderes.

Bereits im Oktober/November 2017 sei im Rahmen der Vertragsbesprechungen ausdrücklich mitgeteilt worden, dass Vertragspartner ausschließlich der Beklagte 1 und nicht die Beklagte 2 sei.

Völlig unerheblich sei, ob die Beklagte 2 als Inhaberin der Firmenhomepage auftrete.

Der Beklagte 1 betreibe einen Handwerksbetrieb und sei infolgedessen in die Handwerksrolle eingetragen. Daraus ergebe sich auch, dass lediglich er allein Geschäftsinhaber sei.

Die Vertragsurkunde sei von der Klägerin erstellt und dem Beklagen 1 zur Unterzeichnung vorgelegt worden. Weshalb die Beklagte 2 dort als Inhaberin bezeichnet sei, könne nur diese selbst erklären. Dem Beklagten 1 sei dieser Fehler offensichtlich nicht aufgefallen.

Unzutreffend sei, dass der Beklagte 1 seine Leistungen nicht vertragsgerecht und insbesondere nicht zeitgerecht erbracht habe. Falsch sei, dass wirksam verbindliche Bauzeit- und/oder Zwischentermine vereinbart worden seien. Die Parteien hätten keine verbindliche Bauzeit vereinbart. Bauzeitbezogene Forderungen der Klägerin scheiterten bereits am Fehlen der Vereinbarung einer verbindlichen Bauzeit. Ein verbindlicher Bauzeitenplan sei in das Vertragsverhältnis nicht einbezogen worden. Die in der Vertragsurkunde wiedergegebenen Ausführungstermine seien keine verbindlichen Ausführungsfristen.

Als Montagebeginn sei bei Vertragsschluss am 8. November 2017 „sofort“ vereinbart worden. Tatsächlich habe mit der Ausführung untergeordneter Teile der Leistung erst am 19. März 2018 begonnen werden können. Die Klägerin habe am 28. Oktober 2018 noch nicht einmal die für die Vorleistung des Widerklägers erforderlichen Vorgewerke Korrosionsschutz und Stahlbau abgeschlossen gehabt.

Aufgrund der Anordnung eines Baustopps gegenüber der Klägerin nach einer Sicherheitsbegehung durch das RP sei der Beklagte 1 direkt von einer Mitarbeiterin des RP gebeten worden, mit der Ertüchtigung der Beleuchtung zu beginnen, obwohl der zuvor von der Klägerin auszuführende Korrosionsschutz und Stahlbau noch nicht abgeschlossen gewesen sei.

Zwischen den Parteien habe Einigkeit bestanden, dass die vom Beklagten 1 auszuführenden Leistungen entsprechend der vereinbarten Planung grundsätzlich erst nach vollständiger Fertigstellung der Arbeiten durch die Klägerin auszuführen seien.

Die Klägerin habe sich mit der Ausführung der Arbeiten im Vergleich zum prognostizierten Ausführungszeitraum über ein Jahr in Verzug befunden. Selbst wenn verbindliche Fertigstellungs- und Zwischenfristen vereinbart worden wären, wären diese daher hinfällig geworden. Der Beklagte 1 habe nicht in Verzug geraten können.

Der Vortrag der Klägerin zu vermeintlichen Vertragsverletzungen unter Verweis auf beigefügte Anlagen sei unsubstantiiert und nicht einlassungsfähig.

Jedenfalls werde bestritten, dass die Klägerin die Leistungen mehrfach angemahnt habe.

Entgegen der Annahme der Klägerin habe diese keinen Anspruch auf Überlassung diverser Unterlagen, unter anderem eine Freigabeerklärung des Bauherrn zur Elektroplanung, einen fortgeschriebenen Bauzeitenplan u.a. Maßgeblich für den vom Beklagten 1 geschuldeten Leistungsumfang sei ausweislich „2. Leistungsumfang“ des Nachunternehmervertrags, dass lediglich die dort explizit beschriebenen Leistungen geschuldet seien. Dem Bauvertrag sei auch lediglich dieser Teil des LV beigefügt gewesen. Eine Kündigung wegen Nichtüberlassung dieser Unterlagen gehe daher ins Leere. Die Ausführung von Leistungen gem. Ziff. 4.2.5 sei vom Beklagten 1 nicht geschuldet gewesen. Tatsächlich habe der Beklagte 1 der Klägerin überobligatorisch Planunterlagen erstellt und zukommen lassen.

Jedenfalls wäre eine entsprechende vertragliche Verpflichtung nicht fällig gewesen. Zudem sei der Beklagte 1 zum Zeitpunkt der Anforderung und der Kündigung durch die Klägerin zur Einstellung der Arbeiten berechtigt gewesen.

Aus der von der Klägerin zitierten Regelung ergebe sich für den Beklagten 1 nicht in der erforderlichen Verständlichkeit, dass er die von der Klägerin gewünschten Pläne, Protokolle, Unterlagen etc. vorzulegen habe. Jedenfalls würde die Klausel einer Inhaltskontrolle nicht standhalten und infolgedessen ersatzlos entfallen.

Die Vorlage der vollständigen Baubeschreibung mit sämtlichen Titel zum Zeitpunkt der Angebotsanfrage und Erstellung ergebe sich aus der E-Mail vom 29. Mai 2017 nicht.

Die Baubeschreibung sei dem Beklagten 1 erst im Nachgang überlassen worden.

Vorgelegt und zum Vertragsgegenstand gemacht worden sei lediglich Titel 5 des LV. Der Verweis auf in bestimmten Titeln der Baubeschreibung enthaltene Punkte gehe ins Leere. Ein bei Vertragsschluss unbekannter Leistungsinhalt könne nicht vereinbart werden.

Grundsätzlich schulde der Auftragnehmer die Herstellung des Werkes und der Auftraggeber die Zurverfügungstellung der Planung. Der Beklagte sei bereits dem Grunde nach nicht zur Vorlage von Plänen verpflichtet gewesen.

Selbst wenn eine vertragliche Verpflichtung zur Vorlage der streitgegenständlichen Dokumente bestanden hätte, wäre diese zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Vorlage nicht fällig gewesen. Maßgeblich seien die anerkannten Regeln der Technik und die VOB/C. Danach sei die Dokumentation der Leistung grundsätzlich nach Ausführung bei Abnahme vorzulegen.

Der Widerkläger habe dem Grunde nach keine Unterlagen geschuldet, Zwischenfristen seien nicht vereinbart gewesen; es hätten behindernde Umstände vorgelegen. Infolge des Zahlungsverzugs der Klägerin sei der Widerkläger zur Leistungsverweigerung berechtigt gewesen.

Abwegig sei, dass der Beklagte 1 sich seit dem 31. Oktober 2017 mit Planungsleistungen in Verzug befunden habe. Die Klägerin habe die zur Leistungsausführung erforderliche Vorleistung erst im März 2018 erbracht. Denklogisch habe zuvor keine Planung erstellt werden können.

Falsch sei, dass er verpflichtet gewesen sei, monatliche Fortschrittsberichte zu erstellen. Da der Beklagte 1 mangels Vorleistungen überhaupt keine Leistungen habe ausführen können, habe es nichts zu berichten gegeben.

Überdies sei der Beklagte 1 zum Zeitpunkt der Anforderung der Unterlagen und der Kündigungserklärung zur Einstellung der Arbeiten berechtigt gewesen. Er habe am 30. Oktober 2018 eine ordnungsgemäße Abschlagsrechnung über 46.918,46 Euro verlangt. Die Klägerin habe sich ab dem 21. November 2018 mit der Begleichung fälliger Abschlagsforderungen in Verzug befunden. Zur Wahrung der vertraglichen Kooperationspflicht sei die Abschlagsrechnung wunschgemäß korrigiert worden.

Es bleibe das Geheimnis der Klägerin, weshalb AZ-Rechnungen nach den Bestimmungen des RP aufzustellen sein sollten. Maßgeblich seien allein die Vorgaben der VOB/B. Sämtlichen Abschlagsrechnungen sei ein prüfbares Aufmaß beigefügt gewesen. Die vom Beklagten 1 eingereichten Rechnungen seien vom RP geprüft und freigegeben und die Klägerin sei hierfür vergütet worden.

Zu Unrecht habe die Klägerin die Überlassung einer weiteren nicht geschuldeten freigegebenen Elektroplanung zur Fälligkeitsvoraussetzung für die Begleichung der Abschlagsforderung gemacht.

Infolge der Zahlungsverweigerung sei der Beklagte 1 nicht nur berechtigt gewesen, die Arbeiten einzustellen, sondern es habe ihm auch die Einrede des nicht erfüllten Vertrags zugestanden.

Die Klägerin sei im Übrigen auch nicht zur ordentlichen Kündigung des Vertragsverhältnisses berechtigt gewesen.

Vertraglich sei die konkrete Ausgestaltung der als nicht vorgelegt gerügten Unterlagen nicht geregelt gewesen. Sie konnten daher nicht wirksam angefordert werden. Darauf sei mit Schreiben vom 29. Januar 2019 hingewiesen worden. Eine Konkretisierung sei aber nicht erfolgt. Eine wirksame Aufforderung zur Leistungserbringung sei nie erfolgt, da die Aufforderung nicht dem erforderlichen Konkretisierungs- und Substantiierungsgrad entsprochen habe. Zudem seien die in 3.2.3 der Baubeschreibung definierten Vorleistungen bis zur Kündigung nicht erbracht gewesen. Die Ausführung der Leistung, einschließlich der Erstellung einer konkretisierten Montageplanung, sei unmöglich gewesen.

Die Beklagtenseite ist ferner der Auffassung, die Anforderung von als fehlend gerügten Unterlagen sei nicht wirksam, weil die konkrete Ausgestaltung dieser oder deren inhaltliche Beschaffenheit vertraglich nicht geregelt gewesen sei.

Bei den verlangten Unterlagen handele es sich um separat zu beauftragende und zu vergütende Planungsleistungen. Jedenfalls würde die Formularklausel auf der zweiten Seite unten des Nachunternehmervertrags einer Inhaltskontrolle nicht standhalten. Sie entfalle daher ersatzlos.

Die Vorlage der vollständigen Baubeschreibung, welche sämtliche Titel beinhalte, ergebe sich aus der E-Mail vom 29. Mai 2017 nicht. Die Baubeschreibung sei dem Widerkläger erst im Nachgang überlassen worden. Ausweislich des Nachunternehmervertrags nebst Leistungsverzeichnis sei ausschließlich Titel 5 der Leistungsbeschreibung beigefügt gewesen und zum Vertragsgegenstand gemacht worden. Der Verweis der Klägerin auf in bestimmten Titeln der Baubeschreibung enthaltene Punkte gehe ins Leere. Ein bei Vertragsschluss unbekannter Leistungsinhalt könne nicht vereinbart werden. Grundsätzlich schulde der Auftragnehmer die Herstellung des Werkes und der Auftraggeber die Zurverfügungstellung der Planung. Eine derartige Verpflichtung zu Lasten des Widerklägers würde sich auch bei Vorlage der Baubeschreibung in ungekürzter Fassung nicht ergeben. Bereits dem Grunde nach sei der Beklagte nicht zur Vorlage von Plänen verpflichtet gewesen.

Hilfsweise trägt die Beklagtenseite vor: Ein einlassungsfähiger Mindestvortrag zur vermeintlich durchgeführten Ersatzvornahme fehle. Bestritten werde, dass die Fa. ### am 4. April 2019 mit der Fertigstellung der Leistungen beauftragt worden sei, dass die Ersatzvornahme ausgeführt worden sei und sich daraus Mehrkosten von 106.384,09 Euro ergeben hätten, die Massen ausgeführt worden seien, die Leistungen der Fertigstellung des Gewerks des Beklagten 1 gedient hätten, der vorgetragene Werklohn bezahlt worden sei, die angesetzten Preise ortsüblich und angemessen seien.

Die von der Klägerin in Ansatz gebrachten Preise seien abwegig. Vielmehr würde es sich um geänderte und zusätzliche Leistungen handeln. Die Klägerin versuche, Mehrkosten für gestiegene Kupferpreise geltend zu machen, die sie aufgrund der Stoffpreisgleitklausel ohnehin zu tragen gehabt hätte. Bestritten werde auch, dass die Klägerin etwaige Mehrkosten selbst zu tragen gehabt und nicht von ihrer Auftraggeberin erstattet bekommen hätte.

Der Vortrag zu vermeintlich entstandenem Eigenaufwand sei unschlüssig.

Der Anfall von Bürgschaftskosten werde bestritten. Nicht nachvollziehbar sei, warum Bruttobeträge begehrt würden.

Die Beklagten sind der Ansicht, das Landgericht Stuttgart sei örtlich unzuständig. Eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung liege nicht vor. Die Beklagten seien nicht im Handelsregister eingetragen.

Die Beklagte 2 sei keine Unternehmerin, sondern Verbraucherin. Die Beklagten seien keine Kaufleute. Da die Widerbeklagte ein Formkaufmann sei, werde Antrag auf Verweisung an die Handelskammer gestellt.

Die Kündigung vom 12. März 2019 sei bereits aus formalen Gründen unwirksam. Die unterzeichnende Frau ### habe die Erklärung nicht in Vertretung für den Geschäftsführer abgegeben. Sie sei auch nicht nach außen als Stellvertreterin aufgetreten. In Ziff. 10 des Vertrags sei sie nicht aufgeführt. Frau ### sei gerade nicht als Vertreterin der Klägerin aufgetreten, sondern als Botin. § 174 BGB finde keine Anwendung.

Es liege kein von den Beklagten zu vertretender wichtiger Kündigungsgrund vor.

Die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Ersatzvornahmekosten lägen nicht vor. Der diesbezügliche Vortrag der Klägerin sei unschlüssig.

Eine zur außerordentlichen Kündigung durch die Klägerin berechtigende Pflichtverletzung liegt nicht vor. Die Annahme des Vorliegens der in § 5 Abs. 4 VOB/B normierten Voraussetzungen sei abwegig. Es sei weder die Vorlage von Zeichnungen noch die Vorlage einer Elektroplanung vertraglich geschuldet gewesen, erst recht nicht im Oktober 2017. Vielmehr sei der Beklagte 1 analog § 314 BGB wegen des sich aus der unwirksam ausgesprochenen Kündigung der Klägerin, die in eine freie Kündigung umzudeuten sei, ergebenden Vertrauensverlustes zur außerordentlichen und fristlosen Kündigung des Vertragsverhältnisses aus wichtigem Grund berechtigt gewesen. Auch die Nichtbegleichung von Abschlagsforderungen habe den Beklagten 1 zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Dies habe gleichfalls zur außerordentlichen Kündigung nach § 9 Abs. 1 S. 2 VOB/B berechtigt.

Die Klägerin habe im Kündigungszeitpunkt noch nicht einmal die von ihr zu erbringenden Vorleistungen fertiggestellt gehabt, wie die Stahlbau- und Korrosionsschutzarbeiten, vgl. Ziff. 3.2.3. der Baubeschreibung. Es fehle jeglicher schlüssige Vortrag der Klägerin, zu welchem Zeitpunkt die Beklagten angeblich die vertraglich übernommenen Leistungen hätten fertigstellen müssen. Die in Ziff. 9 des Vertrags genannten Termine seien keine Vertragsfristen. Die dortige Regelung sei AGB-widrig.

Das Regierungspräsidium habe zu keinem Zeitpunkt einen Verzug mit Leistungen der Beklagten beanstandet.

Der Vorwurf eines Verstoßes gegen Ziff. 17 des Vertrags sei abwegig. Widersprüchlich sei das klägerische Vorbringen, da sie behaupte, die Beklagten hätten die Übergabe der „Freigabeerklärung des Bauherrn zur Elektroplanung“ geschuldet, was bestritten werde, gleichzeitig hätten dem Bauherrn keine Pläne zur Prüfung/Freigabe vorgelegt werden sollen.

Auch der weitere behauptete Kündigungsgrund der Nichtübergabe angeblich geschuldeter Unterlagen bestehe nicht. Es fehle jeglicher schlüssige Vortrag der Klägerin, woraus sich vertraglich eine Verpflichtung zur Vorlage der einzelnen im Schreiben vom 20. Dezember 2018 erwähnten Unterlagen ergeben solle.

Die verlangten Zeichnungen/Skizzen/Anzeichnungen zu LV-Pos. 05.05.0001 bis 0004 seien gerade nicht geschuldet gewesen, wie sich aus Ziff. 2 des Vertrags ergebe.

Das Vorbringen der Klägerin sei „Fehlanzeige“ zur allen Voraussetzungen einer Kündigung aus wichtigem Grund.

Die Klägerin und ihre anderen Nachunternehmer hätten die Vorgewerke fertigstellen und die Baustelle beräumen müssen, damit die Elektroplanung erstellt werden könnte.

Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Erstattung der Avalkosten zu. Die Stellung bzw. Aufrechterhaltung der Sicherheit sei nur erforderlich gewesen, weil die Klägerin unberechtigte Einwendungen gegen den Werklohnanspruch erhoben habe. Eine Erledigung bezüglich des ursprünglichen Klageantrags Ziff. 2b) sei nicht eingetreten.

Die Klägerin könne auch nicht die mit den Pos. NA23 bis NA26 geltend gemachten Beträge als vermeintlich kündigungsbedingte Mehrkosten beanspruchen.

Es handele sich weder um geänderte Leistungen noch um kündigungsbedingte Mehrkosten. Vielmehr hätten diese Nachtragspositionen keinen Bezug zur ursprünglich ausgeschriebenen Leistung. Es seien klassische zusätzliche Leistungen, die der Klägerin vollständig vergütet worden seien. Der Klägerin sei in diesem Zusammenhang überhaupt kein finanzieller Schaden entstanden. In Höhe von ca. 1/4 der Klageforderung sei die Klage von vornherein abweisungsreif.

Zur Widerklage führt die Beklagtenseite aus: Der Beklagte 1 rechne die erbrachten und mangelfrei abgenommenen Leistungen auf Grundlage der Vertragspreise und die beauftragten Nachtragsleistungen ab. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen auf Seiten 22 f. der Widerklage verwiesen.

Daraus ergäben sich Ansprüche für ausgeführte Leistungen in Höhe von 23.604,98 Euro, für Nachträge von 21.051,52 Euro und 13.972,85 Euro für nicht ausgeführte Leistungen (5 % von 279.457,10 Euro). Insgesamt bestehe somit ein Nettoanspruch von 58.629,32 Euro.

Die vom Beklagten 1 erbrachte Leistung gelte am 30. März 2019 als abgenommen, nachdem mit Anwaltsschreiben vom 22. März 2019 zur Erstellung eines gemeinsamen Aufmaßes und zur Abnahme aufgefordert worden sei.

Die Leistung sei mit Schlussrechnung vom 19. April 2021 prüfbar abgerechnet worden.

Die Klägerin führt zur Widerklage aus: Da keine freie Kündigung vorliege, komme eine Vergütung für nicht erbrachte Leistungen nicht in Betracht.

Die Beklagten seien an das von den Parteien durchgeführte gemeinsame Aufmaß gebunden. Sie könnten keine weiteren angeblich erbrachten Leistungen abrechnen. Eine höhere Vergütung für erbrachte Leistungen stehe den Beklagten nicht zu.

Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den beigefügten Anlagen verwiesen.

Der Rechtsstreit wurde zunächst beim Landgericht Stuttgart anhängig gemacht. Mit Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 12. Mai 2021 wurde er auf den dortigen Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Das Landgericht Stuttgart erklärte sich mit Beschluss vom 18. August 2021 für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Landgericht Heilbronn (eAkte 154/156).

Es wurde Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß Beweisbeschluss vom 27. Januar 2021 (eAkte 189/191). Wegen des Ergebnisses wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen ### vom 9. Juli 2022 (eAkte 204 ff.) und seine ergänzende schriftliche Stellungnahme vom 8. November 2022 (eAkte 260/261) verwiesen. Am 30. März 2023 wurde der Sachverständige ### ergänzend angehört. Insoweit wird auf das Protokoll vom 30. März 2023 (eAkte 310/321) verwiesen. Ferner wurde Beweis erhoben durch Vernehmung von Frau ### als Zeugin. Wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll vom 29. Februar 2024 (eAkte 411/416) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

Die Widerklage ist zulässig, aber nicht begründet.

A.

Klage

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

I.

Zulässigkeit

Die Klage ist zulässig.

1. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Heilbronn ergibt sich aus dem bindenden Verweisungsbeschluss des Landgerichts Stuttgart vom 12. Mai 2021.

Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts folgt aus § 71 Abs. 1 GVG.

Die Wirkung der Übertragung des Rechtsstreits durch den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 12. Mai 2021 auf den Einzelrichter bleibt auch nach der Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Heilbronn erhalten, weil der Rechtsstreit vor dem verwiesenen Gericht eine Fortsetzung des Rechtsstreits vor dem verweisenden Gericht darstellt (vgl. Stackmann in MünchKomm-ZPO, 6. Aufl., § 348a ZPO Rn. 10; Foerste in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl., § 281 Rn. 13).

2. Eine Verweisung an die Kammer für Handelssachen auf den Antrag der Beklagtenseite, der bereits im Schriftsatz vom 6. Mai 2021 gestellt worden war, kommt nicht in Betracht. Die Klage richtet sich gegen den Beklagten 1 und die Beklagte 2. Hinsichtlich der Beklagten 2 vertritt die Beklagtenseite dezidiert die Auffassung, diese sei eine Verbraucherin. Eine Verweisung des (gesamten) Rechtsstreits mitsamt Klage und Widerklage an die Kammer für Handelssachen ist bereits deshalb nicht möglich, weil sich die Klage nach dem Vorbringen der Beklagtenseite (auch) gegen eine Verbraucherin richtet.

Unerheblich ist daher, ob der Beklagte 1 mit einer isolierten und nicht als Widerklage geltend gemachten Klage die Klägerin vor der Kammer für Handelssachen hätte verklagen können. Offen bleiben kann auch, ob im Hinblick auf den Verweisungsbeschluss des Landgerichts Stuttgart vom 18. August 2021 an das Landgericht Heilbronn noch eine Verweisung von der Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn an die Kammer für Handelssachen möglich ist.

II.

Begründetheit

Die Klage gegen den Beklagten 1 ist im aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden Mehrforderung ist die Klage abzuweisen. Die gegen die Beklagte 2 gerichtete Klage ist insgesamt unbegründet.

1. Zum Klageantrag Ziff. 1

Der Klageantrag Ziff. 1 ist gegen den Beklagten 1 in Höhe von 60.635,10 Euro nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit begründet.

Die Klägerin hat lediglich mit dem Beklagten 1 am 8. November 2017 den als Anlage K 2 vorgelegten Nachunternehmervertrag geschlossen. Die Beklagte 2 ist nicht passivlegitimiert (dazu sogleich unter a). Den Vertrag hat die Klägerin mit Schreiben vom 12. März 2019 gekündigt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Kündigung nicht aus formalen Gründen unwirksam (dazu unter b). Allerdings lagen die Voraussetzungen für eine Auftragsentziehung nach § 8 Abs. 3 VOB/B nicht vor (dazu unter c). Die Kündigung ist aber als sonstige außerordentliche Kündigung wirksam und hat zur Beendigung des Nachunternehmervertrags geführt (dazu unter d). Die Klägerin hat daher Anspruch auf Ersatz der Mehrkosten, die ihr aufgrund der kündigungsbedingt erforderlichen Beauftragung der Fa. Elektro ### GmbH entstanden sind (dazu unter e). Der Erstattungsanspruch der Klägerin beläuft sich auf 81.381,19 Euro. Ein Anspruch in Höhe von 1.665,00 Euro für angeblich entstandenen eigenen Aufwand hat die Klägerin nicht. Sie kann aber Bürgschaftskosten in Höhe von 4.605,15 Euro verlangen (dazu unter f.). Hiervon abzuziehen ist der Vergütungsanspruch der Beklagten für die erbrachten Leistungen. Dieser Anspruch beläuft sich auf 25.351,24 Euro (dazu unter g). Insgesamt errechnet sich somit ein Anspruch der Klägerin in Höhe von 60.635,10 Euro (dazu unter h).

a) Die Klägerin und der Beklagte 1 waren durch den am 8. November 2018 geschlossenen Nachunternehmervertrag verbunden. Die Beklagte 2 ist nicht Vertragspartnerin geworden.

aa) Unstreitig wurde am 8. November 2017 der als Anlage K 2 vorgelegte Nachunternehmervertrag geschlossen.

In Nr. 1 des Vertrags sind enumerativ die „Vertragsgrundlagen“ aufgeführt. Grundlagen und somit Vertragsbestandteile sind danach unter anderem „die Baubeschreibung BAB ###“ sowie „das Leistungsverzeichnis OZ: 05., ausgenommen 05.05.“ Das Leistungsverzeichnis ist als Anlage B 3 und die Baubeschreibung ist als Anlage K 14 vorgelegt worden.

Nach der ausdrücklichen Regelung in Nr. 1 des Vertrags sind diese sowie die weiteren als „Vertragsgrundlagen“ genannten Unterlagen „zugleich Vertragsbestandteil“. Klargestellt wird ferner ausdrücklich, dass diese „Vertragsunterlagen … zwischen Nachunternehmer und Auftragnehmer in der Weise [gelten], dass an die Stelle des Auftraggebers der Auftragnehmer und an die Stelle des dortigen Auftragnehmers der Nachunternehmer tritt.“

bb) Die VOB/B wurde in das Vertragsverhältnis einbezogen. Dies ergibt sich aus Nr. 1 (Vertragsgrundlagen) des Vertrags. Dort ist unter lfd. Nr. 19 die VOB/B aufgeführt.

Einbezogen ist also die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Fassung der VOB/B. Dies ist vorliegend die VOB/B Ausgabe 2016 (i.F. nur: VOB/B).

Das Bürgerliche Gesetzbuch ist in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung anwendbar, Art. 229 § 39 EGBGB.

cc) Als Vertragspartner der Klägerin ist in dem Nachunternehmervertrag an exponierter Stelle auf der ersten Seite bei der Angabe der Vertragsparteien genannt:

### Technische Dienstleistung Elektrotechnik, ###-Weg ###,

Herr ###, Betriebsleiter – Frau ### Inhaber

Einerseits ist also als Nachunternehmer ein Unternehmen mit der Geschäftsbezeichnung „### Technische Dienstleistung Elektrotechnik“ angegeben, andererseits ist die Beklagte 2 als Inhaberin – und der Beklagte 1 als „Betriebsleiter“ – genannt. Die „### Technische Dienstleistung Elektrotechnik“ ist ersichtlich weder eine juristische Person noch lässt die Bezeichnung erkennen, dass es sich um eine Personengesellschaft handelt.

Tatsächlich ist nur der Beklagte 1 als Vertragspartner der Klägerin anzusehen.

Nach den Grundsätzen des sogenannten unternehmensbezogenen Geschäfts geht der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin, dass bei derartigen Geschäften der Unternehmensinhaber Vertragspartner werden soll und nicht derjenige, der konkret für das Unternehmen gehandelt hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 15. Januar 1990 – II ZR 311/88; Urteil vom 31. Juli 2012 – X ZR 154/11 Rn. 10). Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann, wenn der Inhaber falsch bezeichnet wird oder über ihn sonst Fehlvorstellungen bestehen. Die Anwendung dieser Grundsätze hängt lediglich von dem erkennbaren Unternehmensbezug des Geschäfts ab und nicht von einer firmenrechtlich korrekten Bezeichnung des Unternehmens (BGH, Urteil vom 15. Januar 1990 – II ZR 311/88). Eine andere Beurteilung kommt in Betracht, wenn sich die Parteien darüber einig sind, dass gerade die handelnde Person persönlich Vertragspartner werden sollte.

Hinsichtlich des Beklagten 1 stellt die Beklagtenseite bereits nicht in Abrede, dass dieser Vertragspartner der Klägerin geworden ist.

Hinsichtlich der Beklagten 2 kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese als Unternehmensinhaberin anzusehen und daher (auch) Vertragspartnerin der Klägerin geworden ist.

Zunächst ist davon auszugehen, dass der Beklagte 1 den Nachunternehmervertrag auf Beklagtenseite unterzeichnet hat. Die Klägerin stellt dies nicht in Abrede, wie sich aus ihren Ausführungen auf Seite 2 der Replik vom 18. Juni 2021 ergibt. Dies besagt aber noch nichts bezüglich der Frage, wer als Unternehmensinhaber Vertragspartner der Klägerin geworden ist.

Für eine Unternehmensinhaberschaft der Beklagten 2 spricht zwar nicht nur, dass diese in dem Vertrag auf der ersten Seite bei der Angabe der Vertragsparteien als „Inhaber“ genannt ist, sondern auch dass in E-Mails der Beklagtenseite, die vor Abschluss des streitgegenständlichen Vertrags an die Klägerin gerichtet wurden, die Beklagte 2 als Inhaberin des Unternehmens mit der Geschäftsbezeichnung „### Technische Dienstleistung Elektrotechnik“ genannt worden ist, während der Beklagte 1 als Betriebsleiter bezeichnet wurde, so in der E-Mail vom 10. Mai 2017 sowie in der E-Mail vom 29. Mai 2017.

Gegen ihre Unternehmensinhaberschaft spricht hingegen, dass in sämtlichen Schreiben bzw. E-Mails der Beklagtenseite aus dem Zeitraum nach Abschluss des Nachunternehmervertrags der Beklagte 1 als Inhaber des Unternehmens bezeichnet wird, so beispielsweise in den E-Mails vom 6. April 2018, vom 11. April 2018, vom 14. Mai 2018, vom 17. Mai 2018, vom 6. November 2018 und diversen anderen. Auch in dem Impressum des Internetauftritts von „### Technische Dienstleistung Elektrotechnik“, Stand: 9. April 2021, ist der Beklagte 1 als Inhaber genannt; die Beklagte 2 wird dort als alleinige Inhaberin der Website bezeichnet. Es gibt mit anderen Worten keine Schreiben oder E-Mails der Beklagtenseite vor Abschluss des Nachunternehmervertrags, in denen der Beklagte 1 als Inhaber bezeichnet wird und keine Schreiben oder E-Mails der Beklagtenseite aus dem Zeitraum nach Vertragsschluss, in denen die Beklagte 2 als Inhaberin der „### Technische Dienstleistung Elektrotechnik“ bezeichnet wird.

Die Bezeichnung der Beklagten 2 als Inhaberin des unter der Bezeichnung „### Technische Dienstleistung Elektrotechnik“ im Geschäftsverkehr auftretenden Unternehmens in den Mitteilungen der Beklagtenseite vor Abschluss des Nachunternehmervertrags war offensichtlich der Grund dafür, dass diese in dem von der Klägerseite entworfenen Vertrag als Inhaber des Unternehmens bezeichnet ist, während der Beklagte 1 (lediglich) als Betriebsleiter genannt wird. Offensichtlich hat die Beklagtenseite bei Unterzeichnung des Nachunternehmervertrags keine Veranlassung gesehen, diese Angaben in dem Vertragskopf richtig zu stellen. Dies kann aber auch darauf zurückzuführen sein, dass dies zum damaligen Zeitpunkt niemandem aufgefallen ist. Die Beklagtenseite hat in der Duplik vom 13. Juli 2021 vorgetragen, dem Beklagten 1 sei „dieser Fehler“ offensichtlich nicht aufgefallen, geht aber weder in diesem noch in den sonstigen Schriftsätzen auf die Frage ein, warum die Beklagte 2 in den genannten E-Mails, die von der Beklagtenseite stammen, als Inhaberin des Unternehmens bezeichnet wird. Andererseits ist auch von Klägerseite zu keinem späteren Zeitpunkt die Frage der Unternehmensinhaberschaft von „### Technische Dienstleistung Elektrotechnik“ thematisiert worden, obwohl in deren Mitteilungen nach Vertragsschluss der Beklagte 1 als Inhaber genannt ist.

Jedenfalls für den Zeitraum nach Vertragsschluss ist auf Beklagtenseite durchgängig der Beklagte 1 als Unternehmensinhaber angegeben worden. Zweifel bezüglich der Frage, wer als Unternehmensinhaber der Vertragspartner der Klägerin ist, bestanden daher nach Vertragsschluss nicht: Dies war nach den konsistenten Angaben nur der Beklagte 1.

Eine Haftung der Beklagten 2 neben dem Beklagten 1 ergibt sich nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Haftung aus Rechtsscheinsgründen (BGH, Urteil vom 31. Juli 2012 – X ZR 154/11 Rn. 12; s.a. schon BGH, Urteil vom 15. Januar 1990 – II ZR 311/88). Danach ist in der Rechtsprechung die Rechtsscheinhaftung insbesondere für die Fälle einer Scheinsozietät anerkannt. Der als Sozius auftretende Scheinsozius haftet für die Verpflichtungen der Sozietät ebenso wie die wahren Inhaber der Sozietät (BGH, Urteil vom 31. Juli 2012 – X ZR 154/11 Rn. 13 m.w.N.).

Für eine entsprechende Anwendung dieser Haftungsgrundsätze besteht vorliegend aber keine Notwendigkeit. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass es der Klägerin bei Abschluss des Vertrags gerade darauf angekommen wäre, den Vertrag mit der Beklagten 2 als Unternehmensinhaberin von „### Technische Dienstleistung Elektrotechnik“ abzuschließen. Ihr Interesse ging vielmehr nicht über den allgemeinen Grundsatz hinaus, dass der Unternehmensinhaber Vertragspartner werden soll. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass sie ein besonderes Interesse daran gehabt habe, dass die Beklagte 2 ihre Vertragspartnerin wird (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 1983 – VIII ZR 328/81). Sie hat auch kein schützenswertes Interesse daran, dass ihr neben dem Beklagten 1 mit der Beklagten 2 noch eine weitere Person als Schuldnerin zur Verfügung steht. Der Beklagte 1 hat seine Stellung als Vertragspartner der Klägerin nie in Abrede gestellt.

Eine Vernehmung der beklagtenseits benannten Zeugin ### zu der Behauptung, Geschäftsinhaber sei einzig und allein der Beklagte 1, bedurfte es daher nicht.

Soweit von der Beklagtenseite Widerklage auf Zahlung von über 58.000,00 Euro als Vergütung für erbrachte und nicht erbrachte Leistungen geltend gemacht wird, hat sie mit Schriftsatz vom 31. August 2022 ausdrücklich erklärt, dass die Widerklage (nunmehr) von beiden Beklagten erhoben wird. Dies ist aber für die Frage, mit wem der Nachunternehmervertrag zustande gekommen ist, unergiebig. Wie im Schriftsatz vom 31. August 2022 klargestellt wurde, erfolgte die geänderte Antragstellung lediglich „aus Gründen anwaltlicher Vorsicht“ im Hinblick auf die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vom 22. Dezember 2021.

Festzuhalten ist daher, dass Vertragspartner der Klägerin lediglich der Beklagte 1 als Inhaber von „### Technische Dienstleistung Elektrotechnik“ ist. Die Beklagte 2 ist nicht passivlegitimiert.

dd) Nach Nr. 2 des Vertrags beauftragte die Klägerin ihren als Nachunternehmer bezeichneten Vertragspartner

„mit der vollständigen Erstellung der in sämtlichen Vertragsunterlagen beschriebenen Leistung für Ausführung von Titel 05 Betriebstechnik 05.00., 05.01., 05.02., 05.03., 05.04., 05.06., 05.07., 05.08., 05.09., 05.10.

Einzelne der o.g. Positionen können nach noch zu treffender Absprache evtl. vom Auftragnehmer ausgeführt werden.

05.05. Schlosserarbeiten werden von Stahlbau ### gefertigt

Bestandsunterlagen gem. Baubeschreibung Ziff. 4.3″


Weiter heißt es in Nr. 2 des Vertrags u.a.:

„Hierzu gehören auch alle Leistungen und die Erfüllung von Mitwirkungspflichten, die in den Vertragsunterlagen, insbesondere in der Baubeschreibung enthalten ist, soweit sie auch für die Ausführung des Gewerkes relevant sind. Dies gilt auch dann, wenn diese Leistungen und Mitwirkungspflichten auch für andere Gewerke relevant sind.“

b) Mit Schreiben vom 12. März 2019 kündigte die Klägerin den Nachunternehmervertrag wegen verzögerter Fertigstellung und aus wichtigem Grund. Dabei verwies sie auf das Anwaltsschreiben vom 13. Februar 2019, mit welchem nach mehreren Aufforderungen und Mahnungen zur Leistungserbringung eine letzte Frist zur Übergabe vertraglich geschuldeter Unterlagen gesetzt und die Kündigung angedroht worden sei.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Kündigung nicht aus formalen Gründen unwirksam.

Die Beklagtenseite hat erstmals in der mündlichen Verhandlung am 12. Januar 2023 und schriftsätzlich am 16. März 2023 vorgetragen, die Kündigung sei bereits aus formalen Gründen unwirksam. Dieser erstmals knapp 21 Monate nach Klageerhebung erhobene Einwand ist nicht begründet. Die Kündigung genügt der in § 8 Abs. 6 VOB/B vorgeschriebenen Schriftform. Sie ist zwar von einer Mitarbeiterin der Klägerin mit dem Zusatz „i.A.“ unterzeichnet. Gleichwohl liegt eine wirksame Kündigungserklärung vor.

aa) (1) Gemäß § 8 Abs. 6 VOB/B ist die Kündigung schriftlich zu erklären. Dieses Schriftformerfordernis ist zwingend und eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung. Dabei handelt es sich um ein gewillkürtes Schriftformerfordernis gemäß § 127 BGB. Das gesetzliche Schriftformerfordernis für die Kündigung eines Bauvertrags gemäß § 650h BGB findet vorliegend keine Anwendung, da der Vertrag zwischen den Parteien bereits im November 2017 zustandegekommen ist (Art. 229 § 39 EGBGB).

Für die Wahrung der gewillkürten Schriftform genügt eine Kündigung per Telefax (vgl. § 127 Abs. 2 BGB; s.a. BGH, Urteil vom 22. April 1996 – II ZR 65/95).

(2) Ferner muss sowohl die Kündigung als auch die vorausgehende Androhung der Kündigung durch einen bevollmächtigten Vertreter des Auftraggebers ausgesprochen werden (vgl. Joussen in Ingenstau/Korbion, VOB Teile A und B, Kommentar, 22. Aufl., § 8 Abs. 6 VOB/B Rn. 4). Ein wirksames Handeln eines Vertreters für eine andere Person liegt im Grundsatz nur dann vor, wenn das Handeln im Namen des Vertretenen offenkundig ist, und der Vertreter mit Vertretungsmacht handelt. Im Grundsatz ist bei einem einseitigen Rechtsgeschäft wie der Kündigung gemäß § 180 S. 1 BGB eine Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Es liegt daher im dringenden Interesse des Erklärungsempfängers, zu wissen, ob der als Vertreter Auftretende bevollmächtigt ist oder nicht (BGH, Versäumnisurteil vom 30. März 2022 – VIII ZR 283/21 Rn. 61). Darum ermöglich ihm § 174 BGB, klare Verhältnisse zu schaffen (Ellenberger in Grüneberg, BGB, 83. Aufl., § 174 Rn. 1): Gemäß § 174 S. 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft unwirksam, wenn keine Vollmachtsurkunde vorgelegt wird und der Erklärungsempfänger das Rechtsgeschäft deshalb unverzüglich zurückweist. Nach § 180 S. 2 BGB finden die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung, wenn die fehlende Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts von dem Erklärungsempfänger nicht beanstandet wird oder er damit einverstanden ist. In diesem Fall gelten also die §§ 177 ff. BGB.

bb) Die Kündigung der Klägerseite erfolgte, wie sich aus der von der Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 16. März 2023 vorgelegten Anlage B 19 ergibt und von der Klägerin mit Schriftsatz vom 21. März 2023 unstreitig gestellt wurde, nicht am 8. März 2019, sondern durch ein (auch) per Telefax übermitteltes Schreiben vom 12. März 2019. Dieses Schreiben war nicht von dem Geschäftsführer der Klägerin bzw. deren persönlich haftender Gesellschafterin – oder einer mit Prokura ausgestatteten Person – unterzeichnet, sondern von Frau ###, einer Mitarbeiterin der Klägerin, versehen mit dem Zusatz: „i.A. ###“. Insoweit unterscheidet sich das als Anlage B 19 vorgelegte Kündigungsschreiben von der mit der Klageschrift vorgelegten Anlage K 7, das diesen Zusatz nicht enthält! Der Anlage B 19 entspricht hingegen das bei der Anlage K 8 befindliche Kündigungsschreiben. Die Klägerin behauptet, bei der Anlage K 7 handele es sich um den Entwurf des Kündigungsschreibens.

Zweifel daran, dass die Mitarbeiterin ### bei der Unterzeichnung des Schreibens vom 12. März 2019 im Namen der Klägerin handelte, bestehen nicht. Insbesondere steht dieser Überzeugung nicht entgegen, dass das Schreiben bei der Unterschrift den Zusatz „i.A.“ enthält.

Ob der Zusatz „i.A.“ oder „im Auftrag“ eine Vertretung kenntlich machen soll, ist eine Frage der Auslegung im Einzelfall. Vorliegend ergibt sich aus den Umständen eindeutig und unmissverständlich, dass mit dem Schreiben eine rechtliche Erklärung im Namen und mit Rechtswirkung für und gegen die Klägerin abgegeben wurde. Dies zeigt sich bereits darin, dass die Kündigungserklärung auf einem Briefbogen der Klägerin erfolgt ist. Es war somit offenkundig, dass ein Handeln für die Klägerin vorlag. Im Übrigen wurde auch von der Beklagtenseite nach Erhalt des Schreibens nicht in Zweifel gezogen, dass eine Kündigungserklärung der Klägerin vorlag. So wies die Beklagtenseite mit dem als Anlage B 16 vorgelegten Anwaltsschreiben an die Klägerin die Kündigung zurück, weil sich die Beklagtenseite mit der Leistungserbringung nicht in Verzug befinde und auch ein anderweitiger außerordentlicher Kündigungsgrund nicht vorliege. Deshalb sei die „von Ihnen erklärte Kündigung“ als freie Kündigung anzusehen. Zweifel an der formalen Wirksamkeit der Kündigung wurden in dem Schreiben also nicht geltend gemacht, weil diese offensichtlich nicht bestanden.

Die Kündigungserklärung der Klägerin vom 12. März 2019 ist auch nicht unwirksam, weil die Mitarbeiterin Frau ### ohne Vertretungsmacht der Klägerin gehandelt hätte.

Die Beklagtenseite hat das Rechtsgeschäft nicht wegen fehlender Vollmachtsvorlage unverzüglich zurückgewiesen. Tatsächlich bestanden ersichtlich keine Zweifel an der Bevollmächtigung von Frau ### zur Abgabe der Erklärung. Entsprechende Zweifel bestanden insbesondere auch nicht auf der anwaltlich vertretenen Beklagtenseite. Bereits in dem vorangegangenen Zeitraum war beim Schriftwechsel zwischen der Klägerin und der Beklagtenseite vielfach auf Klägerseite Frau ### tätig. Zu nennen sind insoweit die E-Mails bzw. Schreiben vom 26. März 2018 (der Klägerin an die Beklagtenseite), vom 11. April 2018 (der Beklagtenseite an die Klägerin), vom 15. Mai 2018 (der Klägerin), vom 11. Juni 2018 (der Klägerin), vom 12. Juni 2018 (der Klägerin), vom 20. Juni 2018 (der Beklagtenseite an die Klägerin), vom 3. Juli 2018 (der Klägerin), vom 10. Juli 2018 (der Klägerin), vom 13. Juli 2018 (der Klägerin), vom 18. Oktober 2018 (der Klägerin), vom 28. Oktober 2018 (der Beklagtenseite), vom 31. Oktober 2018 (der Klägerin) und vom 22. November 2018 (der Klägerin). Hieraus war nicht nur ersichtlich, dass Frau ### auf Klägerseite an dem Projekt beteiligt ist. Ersichtlich war zudem, dass bei den E-Mails und Schreiben der Klägerseite an die Beklagtenseite Frau ### mit dem Zusatz „i.A.“ zeichnete. Gleichwohl hat die Beklagtenseite dies zu keinem Zeitpunkt zum Anlass genommen, die Wirksamkeit der so gezeichneten Erklärungen der Klägerseite in Zweifel zu ziehen. Dies gilt beispielsweise auch hinsichtlich des Schreibens vom 12. Juni 2018, mit welchem der Beklagtenseite Nachfristen gesetzt wurden und darauf hingewiesen wurde, die Klägerin werde im Fall des ergebnislosen Fristablaufs auf Kosten der Beklagtenseite einen „Ersatzvornehmer“ beauftragen. Die Beklagtenseite hat also trotz der Zeichnung des Schreibens mit dem Zusatz „i.A.“ die erfolgte Fristsetzung nicht als formal unwirksam und deshalb unbeachtlich zurückgewiesen, sondern darauf vielmehr mit E-Mail vom 20. Juni 2018 reagiert. Auch aus der Anrede in dieser E-Mail: „Sehr geehrte Frau ###“ ist zu ersehen, dass die Beklagtenseite Frau ### als auf Klägerseite zuständige Ansprechpartnerin angesehen hat. In der Gesamtschau ist daher der erstmals im Januar 2023 während des Rechtsstreits erhobene Einwand der fehlenden Bevollmächtigung nicht berechtigt. Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass Frau ### in Nr. 10 des Nachunternehmervertrags nicht als Vertreterin der Klägerin benannt ist. Dort ist Herr ### als verantwortlicher Projektleiter genannt, der berechtigt ist, im Namen des Auftragnehmers alle erforderlichen Erklärungen verbindlich abzugeben und entgegenzunehmen, sowie als Stellvertreter Herr ### (also der Geschäftsführer der Klägerin bzw. der persönlich haftenden Gesellschafterin). Diese Regelung ist keine abschließende Regelung, die alleine maßgeblich dafür ist, wer die Klägerin vertreten darf.

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die Kündigung der Klägerin vom 12. März 2019 nicht aus formalen Gründen unwirksam ist.

c) Die Voraussetzungen für eine Auftragsentziehung nach § 8 Abs. 3 VOB/B lagen nicht vor. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob § 5 Abs. 3 VOB/B und die darauf bezogene Bestimmung in § 8 Abs. 3 S. 1 VOB/B bei Verwendung durch den Auftraggeber einer Inhaltskontrolle standhalten (vgl. zu §§ 4 Nr. 7 S. 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 VOB/B 2002 BGH, Urteil vom 19. Januar 2023 – VII ZR 34/20).

aa) Nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B kann der Auftraggeber den Vertrag kündigen, wenn in den Fällen des § 4 Abs. 7 und 8 Nr. 1 und des § 5 Abs. 4 VOB/B die gesetzte Frist fruchtlos abgelaufen ist.

Vorliegend steht eine schon während der Ausführung als mangelhaft oder vertragswidrig erkannte Leistung (§ 4 Abs. 7 VOB/B) nicht in Rede (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 19. Januar 2023 – VII ZR 34/20), ebensowenig eine Ausführung von Leistungen nicht im eigenen Betrieb (§ 4 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B).

Wenn der Auftragnehmer den Beginn der Ausführung verzögert, mit der Vollendung in Verzug gerät oder der Verpflichtung nach § 5 Abs. 3 VOB/B nicht nachkommt, kann der Auftraggeber dem Auftragnehmer nach § 5 Abs. 4 VOB/B eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung setzen und erklären, dass er nach fruchtlosem Fristablauf den Auftrag entzieht. § 5 Abs. 3 VOB/B verpflichtet den Auftragnehmer, Arbeitskräfte, Geräte, Gerüste, Stoffe oder Bauteile in gebotenem Umfang vorzuhalten. Sind diese so unzureichend, dass die Ausführungsfristen offenbar nicht eingehalten werden können, muss der Auftragnehmer auf Verlangen unverzüglich Abhilfe schaffen.

Die völlige Einstellung der Arbeiten kann einen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen, wenn sich der Unternehmer nicht auf ein entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht berufen kann. Die Einstellung der Arbeiten ist der Extremfall der unzureichenden Ausstattung einer Baustelle mit Arbeitskräften im Sinn des § 5 Abs. 3 VOB/B (OLG Stuttgart, Urteil vom 28. April 2020 – 10 U 294/19; Urteil vom 17. August 2021 – 10 U 423/20). Kommt der Auftragnehmer der Verpflichtung nach § 5 Abs. 3 VOB/B trotz berechtigten Abhilfeverlangens nicht nach, gerät der Auftragnehmer mit der Abhilfepflicht in Verzug (OLG Stuttgart, Urteil vom 28. April 2020 – 10 U 294/19).

bb) Vorliegend war die Klägerin nicht zur Kündigung nach § 8 Abs. 3 VOB/B i.V.m. § 5 Abs. 4 VOB/B berechtigt.

(1) Zwar können auch Zwischenfristen gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B als Vertragsfristen vereinbart werden und nach § 5 Abs. 1, Abs. 4 VOB/B i.V.m. § 8 Abs. 3 VOB/B Grundlage für eine Auftragsentziehung sein, wenn mit der Nichteinhaltung der vertraglich vereinbarten Zwischenfristen insoweit Verzug eingetreten ist (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 28. April 2020 – 10 U 294/19; Urteil vom 1. Dezember 2020 – 10 U 124/20; Rast in BeckOGK, Stand: 01.01.2024, § 637 Rn. 307 ff.).

Vorliegend sind in Nr. 9 des Nachunternehmervertrags durch Ankreuzen verschiedene als „Vertragsfristen/-termine“ bezeichnete Termine aufgeführt. Bei Montagebeginn heißt es dort: „ab sofort“, bei Montageende: „08.10.2018“. Ferner ist für die „Übergabe der Zeichnungen“ angegeben: „Ende Oktober 2017“, bei „Lieferung“ heißt es „gem. Beschreibung im LV“. Schließlich bestand nach Nr. 9 des Vertrags die Verpflichtung des Nachunternehmers, dem Auftragnehmer jeweils zum 30. eines jeden Monats detaillierte Fortschrittsberichte über die Leistungen zuzustellen.

Grundsätzlich ist aufgrund des Wortlauts von Nr. 9 des Vertrags davon auszugehen, dass es sich bei den dort genannten Terminen um Vertragsfristen im Sinne von § 5 Abs. 1 VOB/B handelt. Dies gilt jedenfalls bezüglich der Vereinbarung für den Montagebeginn, das Montageende, den Endtermin (8. Oktober 2018), die Gesamtfertigstellung (ebenfalls 8. Oktober 2018), aber auch für die Übergabe der Zeichnungen Ende Oktober 2017, also bis spätestens 31. Oktober 2017.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Regelung in Nr. 9 des Vertrags nicht wegen AGB-Widrigkeit unwirksam.

Soweit hinsichtlich der ersten beiden angekreuzten Punkte „nach Terminplan, wird in Abstimmung mit Korrosionsschützer noch erstellt“ sowie „Terminplan wird noch vereinbart“ tatsächlich eine Unbestimmtheit vorliegt, weil insoweit gerade keine konkreten Fristen oder Termine genannt sind, sondern lediglich auf noch zu treffende Vereinbarungen verwiesen wird, ändert dies nichts an der hinreichenden Bestimmtheit der in den weiteren Punkten ausdrücklich genannten Termine. Soweit ein Termin nicht mit Tag, Monat und Jahr bezeichnet ist, sondern lediglich mit Monat und Jahr, wie beispielsweise „09/2018“, ist dies auch ein hinreichend bestimmter Termin, da die Angabe „09/2018“ gleichbedeutend ist mit der Fristangabe „September 2018“. Damit ist besagt, dass die Frist bis Ende des Monats September 2018 läuft, mithin bis zum Ablauf des 30. September 2018.

(2) Wie bereits dargelegt, stützt die Klägerin die Auftragsentziehung in dem Schreiben vom 12. März 2019 darauf, dass die „Übergabe vertraglich geschuldeter Unterlagen“ trotz mehrerer Aufforderungen und Mahnungen und Kündigungsandrohung nicht erfolgt ist.

Welche Zeichnungen bis Ende Oktober 2017 zu übergeben waren, wird in Nr. 9 des Vertrags nicht definiert. Allerdings ergibt sich aus der Auslegung des Vertrages, dass damit zumindest die auftragnehmerseits geschuldeten Planzeichnungen gemeint sind.

Allerdings wurde der Vertrag erst am 8. November 2017 geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war der Zeitpunkt „Ende Oktober 2017“ bereits verstrichen. Hinsichtlich der Pflicht zur „Übergabe der Zeichnungen“ liegt daher keine wirksame Vereinbarung einer Vertragsfrist vor.

d) Die Klägerin war allerdings nach den Grundsätzen über die Zulässigkeit einer sonstigen außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt, den Nachunternehmervertrag zu kündigen (vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 1. Dezember 2020 – 10 U 124/20). Auch aus diesem Grund bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der Frage der AGB-rechtlichen Wirksamkeit von §§ 5 Abs. 3 i.V.m. 8 Abs. 3 S. 1 VOB/B.

aa) Wenn bei einem VOB/B-Vertrag der Regelungsbereich der Kündigungsgründe nach VOB/B nicht tangiert ist, ist der Auftraggeber bei Vorliegen eines sonstigen wichtigen Grundes berechtigt, den Vertrag fristlos zu kündigen. Voraussetzung ist, dass durch ein schuldhaftes Verhalten des Auftragnehmers das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört oder der Vertragszweck so gefährdet ist, dass es dem vertragstreuen Vertragspartner nicht zumutbar ist, den Vertrag fortzusetzen. Auch wenn die rechtliche Herleitung dieses Kündigungsrechts früher nicht einheitlich beurteilt wurde, steht die Existenz dieses außerordentlichen Kündigungsrechts außer Frage (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2016 – VII ZR 56/15, BGHZ 210, 1, Rn. 40 m.w.N.; OLG Hamm, Urteil vom 22. Dezember 2011 – 21 U 111/10; OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. März 2015 – 21 U 136/14; OLG Jena, Urteil vom 3. Februar 2016 – 2 U 602/13; OLG Stuttgart, Beschluss vom 9. Februar 2016 – 10 U 143/15; Urteil vom 19. September 2017 – 10 U 48/15; Joussen/Vygen in Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, 21. Aufl., § 8 Abs. 3 VOB/B Rn. 19; Kober in BeckOGK, Stand: 1.1.2024, § 634 BGB Rn. 835; Busche in MünchKomm-BGB, 9. Aufl., § 648a Rn. 24; Brüninghaus in BeckOK VOB, Stand: 31.1.2023, § 8 Abs. 3 Rn. 5) und findet sich mittlerweile in § 648a BGB n.F.

Zur fristlosen Kündigung des Vertrags kann vor allem eine schuldhaft begangene Vertragsverletzung des Vertragspartners berechtigen. Unerheblich ist dabei, ob es sich um die Verletzung einer Haupt- oder Nebenpflicht handelt. Auch Nebenpflichten können für den vereinbarten Vertragszweck von erheblicher Bedeutung sein, soweit das Verhalten des Auftragnehmers hinreichenden Anlass für die Annahme bietet, dass er sich auch in Zukunft nicht vertragstreu verhalten wird (BGH, Urteil vom 23. Mai 1996 – VII ZR 140/95). In Fällen einer schwerwiegenden Vertragsverletzung ist eine vorherige Fristsetzung und Kündigungsandrohung grundsätzlich nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 23. Mai 1996 – VII ZR 140/95). Ob ein wichtiger Grund zur Kündigung gegeben ist, ist nach Lage des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei sind für die konkrete vertragliche Situation das Interesse des einen Vertragspartners an der Lösung vom Vertrag und das des anderen an dessen Weiterbestand umfassend gegeneinander abzuwägen (BGH, Urteil vom 2. September 1999 – VII ZR 225/98). Allerdings dürfen die Schutzmechanismen der §§ 5 Abs. 4, 4 Abs. 7 und 4 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B nicht durch eine außerordentliche Kündigung umgangen werden. Stützt sich der Vertrauensverlust des Auftraggebers auf mangelhafte oder zögerliche Arbeiten des Auftragnehmers, hat der Kündigung deshalb grundsätzlich eine Fristsetzung mit Kündigungsandrohung vorauszugehen. Entbehrlich ist sie nach allgemeinen Grundsätzen nur, wenn sie eine reine Förmelei wäre (OLG Stuttgart, Beschluss vom 9. Februar 2016 – 10 U 143/15; Urteil vom 19. September 2017 – 10 U 48/15; Kober in BeckOGK, Stand: 1.1.2024, § 634 BGB Rn. 835).

Darlegungs- und beweisbelastet für die tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung des Bauvertrags ergibt, ist derjenige, der daraus günstige Umstände ableitet, hier also die Klägerin.

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen war die Klägerin vorliegend berechtigt, das Vertragsverhältnis mit dem Beklagten 1 am 12. März 2019 zu kündigen. Es liegt zwar kein Fall der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung vor (dazu sogleich unter (1). Der Beklagte 1 hat aber schwerwiegend gegen die bauvertragliche Kooperationspflicht verstoßen (dazu unter (2).

(1) Der Beklagte 1 hat sich zu keinem Zeitpunkt endgültig geweigert, die von ihm zu erbringenden Leistungen auszuführen.

(2) Allerdings liegt eine schwerwiegende Verletzung der bauvertraglichen Kooperationspflicht, aus der sich die Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung ergibt, in der unberechtigten Einstellung der Arbeiten zur Durchsetzung eines Nachtrags, einer Abschlagsrechnung oder aus sonstigen Gründen vor (vgl. bspw. OLG Frankfurt, Urteil vom 21. September 2011 – 1 U 154/10; OLG Hamm, Urteil vom 22. Dezember 2011 – 21 U 111/10; OLG Stuttgart, Beschluss vom 9. Februar 2016 – 10 U 143/15 m.w.N.).

Die Vertragsparteien eines VOB/B-Vertrags sind während der Vertragsdurchführung zur Kooperation verpflichtet. Aus dem Kooperationsverhältnis ergeben sich Obliegenheiten und Pflichten zur Mitwirkung und gegenseitigen Information. Die Kooperationspflichten sollen unter anderem gewährleisten, dass in Fällen, in denen nach der Vorstellung einer oder beider Parteien die vertraglich vorgesehene Vertragsdurchführung oder der Inhalt des Vertrages an die geänderten tatsächlichen Umstände angepasst werden muss, entstandene Meinungsverschiedenheiten oder Konflikte nach Möglichkeit einvernehmlich beigelegt werden. Ihren Ausdruck haben sie in der VOB/B insbesondere in den Regelungen des § 2 Abs. 5 und Abs. 6 gefunden. Danach soll über eine Vergütung für geänderte oder zusätzliche Leistungen eine Einigung vor der Ausführung getroffen werden. Diese Regelungen sollen die Parteien anhalten, die kritischen Vergütungsfragen frühzeitig und einvernehmlich zu lösen und dadurch spätere Konflikte zu vermeiden (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 – VII ZR 393/98, BGHZ 143, 89).

Ein solcher Fall war vorliegend gegeben.

(a) Die Beklagtenseite schuldete die Erstellung und Übergabe von Planzeichnungen hinsichtlich der von ihr auszuführenden Leistungen.

Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Vertragsgrundlagen sind nach Nr. 1 des Vertrags unter anderem die „Baubeschreibung BAB A ###“ und das „Leistungsverzeichnis OZ: 05., ausgenommen 05.05.“

Die Baubeschreibung ist von der Klägerin als Anlage K 14 vorgelegt worden. Dabei handelt es sich um eine 47 Seiten umfassende Unterlage der Straßenbauverwaltung des Landes Baden-Württemberg mit Stand vom 10. April 2017. Mit E-Mail vom 29. Mai 2017, also bereits Monate vor Vertragsschluss, bedankte sich der Beklagte 1, der insoweit als Betriebsleiter des Betriebs, dessen Inhaberin die Beklagte 2 sei, handelte, bei der Klägerin für die „Zusendung der jetzigen Baubeschreibung“. Bei der Beklagtenseite als einem in Bauangelegenheiten erfahrenen Unternehmen ist davon auszugehen, dass mit der Bezeichnung einer Unterlage als „Baubeschreibung“ auch tatsächlich die Baubeschreibung und nicht das Leistungsverzeichnis oder eine sonstige Unterlage gemeint ist. Der Unterschied zwischen einer Baubeschreibung und einem Leistungsverzeichnis ist den am Bau tätigen Unternehmen und Personen grundsätzlich bekannt. Es ist also davon auszugehen, dass die Beklagtenseite die Baubeschreibung bereits spätestens Ende Mai 2017 vorliegen hatte, also zu einem Zeitpunkt, der deutlich vor Abschluss des streitgegenständlichen Nachunternehmervertrags lag. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagtenseite damals eine andere Baubeschreibung erhalten hatte. Der Beklagtenseite hätte es jedenfalls im Rahmen einer sekundären Darlegungslast oblegen, konkret darzulegen, welche sonstigen Unterlagen sie damals erhalten hatte und für deren Erhalt sie sich bedankt hat.

Die Baubeschreibung enthält Ausführungen zur Elektroinstallation unter anderem in den Abschnitten 1.2.5 sowie 3.5.4. Der Abschnitt 4 der Baubeschreibung betrifft die Ausführungsunterlagen. Die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Unterlagen bezüglich der Elektroinstallation werden unter Nr. 3 im Unterabschnitt 4.1.1.1 aufgeführt. Der Unterabschnitt 4.2 betrifft vom Auftragnehmer zu erstellende bzw. zu beschaffende Ausführungsunterlagen. In 4.2.5 heißt es unter anderem:

„Der AN erstellt die gesamte Werkstatt- und Montageplanung sowie die Ausführungsplanung für alle Baubehelfe, Bauzustände, Stahlbau, Korrosionsschutz und Elektroinstallation. Die Technische Bearbeitung und Bauausführung erfolgt auf der Grundlage der gültigen technischen Regelwerke. Sie sind mit ausreichendem zeitlichen Vorlauf für die Prüfung und für ggf. notwendige Ergänzungen und Änderungen des AGs bzw. des beauftragten Prüfingenieurs einzureichen. …“

Im weiteren Verlauf wird aufgelistet, welche Ausführungsunterlagen im Detail zu liefern sind (Baubeschreibung Seite 38 f.). Dabei werden in einer eigenen Auflistung die „Ausführungsunterlagen – Elektroinstallation“ aufgeführt, so Selektivitäts-, Last- und Kurzschlussberechnung aller Anlagenteile und jedes Abgangs, Grundrissplan, Übersichtsplan mit Angabe aller vermassten Trassen und deren Belegungsgrad, Übersichtsplan mit Angabe aller Verkabelungen, Kabelpläne für alle Anlagenteile mit Darstellung sämtlicher Komponenten, Funktions- und Übersichtsplan für jeden Anlagenteil, Technische Datenblätter, Installations- und Bedienhandbücher, Konformitätsbescheinigungen, Bedienungsanleitungen, Gerätebeschreibungen und Gerätehandbücher, Wartungsanweisungen, Parametrier- und Einstelllisten für Zeitrelais, Vorlage einer Fabrikatsliste, Funktionsbeschreibungen, Betriebsanleitung, technische Datenblätter, statische Nachweise.

Der Auftragnehmer, zunächst also die Klägerin als (Haupt-)Auftragnehmerin, hatte demnach eine vollständige Werkstatt- und Montageplanung sowie die Ausführungsplanung zu liefern. Nach der bereits zitierten Regelung in Nr. 1 des Vertrags ist die Baubeschreibung im Rahmen des streitgegenständlichen Nachunternehmervertrags so zu lesen, dass die hiesige Nachunternehmerin an die Stelle der dortigen Auftragnehmerin getreten ist.

Mit der „Ausführung von Titel 05 Betriebstechnik“ wurde die Beklagtenseite in dem streitgegenständlichen Nachunternehmervertrag beauftragt. Ausdrücklich heißt es in Nr. 2 des Vertrages, es erfolge insoweit die Beauftragung „mit der vollständigen Erstellung der in sämtlichen Vertragsunterlagen beschriebenen Leistung“. Weiter heißt es dort:

„Hierzu gehören auch alle Leistungen und die Erfüllung von Mitwirkungspflichten, die in den Vertragsunterlagen, insbesondere in der Baubeschreibung enthalten ist, soweit sie auch für die Ausführung des Gewerkes relevant sind.“

Aufgrund der mehrfachen Bezugnahme auf die Baubeschreibung bzw. die in der Baubeschreibung enthaltene Leistungsbeschreibung kann deshalb kein Zweifel daran bestehen, dass die Klägerin die Beklagtenseite im Nachunternehmervertrag mit der Erbringung sämtlicher die Elektroinstallation betreffenden Leistungen beauftragt hat, die die Klägerin selber im Rahmen ihres Hauptauftrags gegenüber ihrer Auftraggeberin zu erbringen hatte. Dazu gehört also auch die gesamte Werkstatt- und Montageplanung, soweit es die Elektroinstallation betrifft. Dies ergibt sich im Übrigen aus dem von der Beklagtenseite bepreisten LV. Dort findet sich die Position 05.10.0006 „Montage- und Werkstattplanung“. Der Untertitel 05.10. wird in Nr. 2 des Vertrages ausdrücklich genannt.

(b) Die Beklagtenseite hat allerdings diese bestehende vertragliche Verpflichtung durchgängig, ernsthaft und beharrlich in Abrede gestellt.

Die Klägerin hat die Beklagtenseite bereits spätestens Ende April 2018 zur Einreichung der vom RP als fehlend bemängelten Unterlagen der Elektroplanung aufgefordert.

Mit Schreiben vom 12. Juni 2018 setzte die Klägerin der Beklagtenseite eine Nachfrist bis zum 20. Juni 2018 zur Übergabe der korrekten Elektroplanung. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagtenseite daraufhin dieser Aufforderung nachgekommen ist und der Klägerin die Elektroplanung vorgelegt hat. Die Klägerseite bemängelte mit E-Mail vom 20. September 2018 erneut, dass unter anderem die Elektroplanung nicht vorliege, und setzte der Beklagtenseite eine Frist bis zum 25. September 2018. Gleichwohl kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagtenseite darauf dergestalt reagierte, dass die Elektroplanung vorgelegt wurde. Vielmehr legte die Beklagtenseite Ende Oktober 2018 eine erste Abschlagsrechnung sowie das Nachtragsangebot Nr. 1 vor. Die Klägerin bemängelte hierauf mit Schreiben vom 22. November 2018 abermals, trotz mehrfacher Aufforderung seien die fälligen Leistungen noch nicht erbracht worden. Erneut, diesmal mit Fristsetzung auf den 26. November 2018, wurde die Beklagtenseite aufgefordert, bis spätestens 25. November 2018 die freigegebene Elektroplanung vorzulegen, ferner rückwirkend für die vergangenen Monate die monatlichen detaillierten Fortschrittsberichte sowie einen fortgeschriebenen Bauzeitenplan. Ein weiterer deutlicher Hinweis der Klägerin an die Beklagtenseite auf die Notwendigkeit einer freigegebenen Elektroplanung ergibt sich aus dem Schreiben vom 17. Dezember 2018 und dem Anwaltsschreiben vom 20. Dezember 2018, das eine erneute Fristsetzung bis zum 29. Januar 2019 enthielt. Hierauf teilte die Beklagtenseite mit Anwaltsschreiben vom 29. Januar 2019 mit, dem Nachunternehmervertrag sei nicht eindeutig zu entnehmen, dass die Beklagtenseite die unter 4.2.5 der Baubeschreibung genannten Ausführungsunterlagen zu stellen habe. Es werde um Klarstellung gebeten, ob mit der verlangten Elektroplanung die Ausführungsplanung nach 4.2.5 der Baubeschreibung gemeint sei. Zugleich wurde mitgeteilt, dass dem RP Bauwerkspläne zur Prüfung und Freigabe vorgelegt worden seien, sowie welche Pläne bereits freigegeben seien und welche Pläne nach Überarbeitung freigegeben würden. Die Klägerin setzte daraufhin mit Anwaltsschreiben vom 13. Februar 2019 eine Nachfrist bis zum 18. Februar 2019 zur Übergabe der bereits mit Schreiben vom 20. Dezember 2018 verlangten Unterlagen. Zugleich wurde angekündigt, der Vertrag werde gekündigt, wenn die Unterlagen auch dann nicht vollständig vorliegen sollten. Hierauf reagierte die Beklagtenseite mit Anwaltsschreiben vom 18. Februar 2019, in welchem erklärt wurde, die Erstellung und Übergabe der Planunterlagen werde zum Zeitpunkt der Abnahme geschuldet. Mangels Fälligkeit liege daher kein Verzug vor.

(c) Da die Nachunternehmerin aus den bereits dargelegten Gründen die Elektroplanung, also die Werkstatt- und Montageplanung sowie die Ausführungsplanung, schuldete – und zwar nicht erst bei der Abnahme, sondern bereits vor Beginn der Elektroinstallationsarbeiten -, dieser Verpflichtung aber trotz zahlreicher Aufforderungen der Klägerin nicht nachgekommen ist, sondern vielmehr eine Verpflichtung entweder vollständig in Abrede stellte oder die unzutreffende Auffassung vertrat, diese Leistungen seien erst zum Zeitpunkt der Abnahme fällig, hat die Beklagtenseite beharrlich gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen verstoßen und damit eine erhebliche Verzögerung der Elektroinstallationsarbeiten verursacht.

Das Verhalten der Beklagtenseite stellte eine schwerwiegende Verletzung der bauvertraglichen Kooperationspflicht dar und berechtigte die Klägerin zur außerordentlichen Kündigung des Nachunternehmervertrags. Die Beklagtenseite hätte die geschuldeten Planungsleistungen schon lange erbringen müssen. Selbst wenn sie zunächst – zu Unrecht – der Auffassung gewesen sein sollte, diese Planungsleistungen nicht erbringen zu müssen, hätte sie spätestens, nachdem sie von der Klägerin aufgefordert wurde, die Elektroplanung vorzulegen, dieser Aufforderung zeitnah nachkommen müssen.

Durch das Verhalten der Beklagtenseite wurde das Vertrauensverhältnis der Parteien so beschädigt, dass der Klägerin eine Fortführung der vertraglichen Beziehung nicht zuzumuten war. Aufgrund des Verhaltens der Beklagtenseite bestanden erhebliche Zweifel an ihrer Leistungswilligkeit und Leistungsfähigkeit.

cc) Das Kündigungsrecht der Klägerin ist nicht entfallen, weil der Beklagte 1 seinen vertraglichen Verpflichtungen, konkret der Pflicht zur Vorlage einer genehmigungsfähigen Planung, nachgekommen wäre.

Beklagtenseits wurde zwar mit der Klageerwiderung vom 29. Mai 2021 vorgetragen, der Beklagte 1 habe die „Bauwerkspläne 719 – 728“ „über das Regierungspräsidium zur Prüfung und Freigabe zukommen lassen.“ Im Januar 2019 seien die Pläne 719 bis 722 und 726 freigegeben worden, im Februar 2019 die Bauwerkspläne 723, 727 und 728.

Die Klägerseite hat in ihrer Replik zum einen bemängelt, dass die Beklagtenseite vorsätzlich gegen die Vertragspflicht aus Nr. 17 des Vertrags verstoßen hätte, wenn sie dem RP und nicht ihr Bauwerkspläne zukommen lasse. Zum anderen seien „solche Bauwerkspläne“ – wobei ersichtlich die in der Klageerwiderung aufgeführten Pläne gemeint sind – in dem Aufforderungsschreiben vom 20. Dezember 2018 nicht aufgeführt.

Tatsächlich lässt sich dem Vorbringen der Beklagtenseite nicht entnehmen, was es mit den von ihr so bezeichneten Bauwerksplänen 719 bis 728 auf sich hat. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagtenseite damit ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Klägerin zur Erbringung einer genehmigungsfähigen Planung für die untervergebenen Elektroarbeiten erfüllt hat. Es fehlt somit bereits an einem erheblichen Vortrag der Beklagtenseite hinsichtlich der vollständigen oder teilweisen Erbringung der geschuldeten Planungsleistungen.

dd) Nicht berechtigt ist auch der Einwand der Beklagtenseite, die Klägerin habe sich ihrerseits in Verzug befunden. Es ist zum einen bereits nicht ersichtlich, dass die Beklagtenseite wegen fehlender erforderlicher Vorleistungen der Klägerin bzw. der Hauptauftraggeberin eine Behinderungsanzeige gestellt hätte. Es ist zum anderen auch nicht ersichtlich, welche Vorleistungen insoweit gefehlt haben sollten. Schließlich fehlt es an einer (substantiierten) Darlegung, dass die Klägerin mit der Erbringung von konkreten Vorleistungen in Verzug geraten ist.

(1) Bereits mit E-Mail vom 26. April 2018 teilte das RP der Klägerin im Rahmen der Vorprüfung der Elektroplanung mit, die eingereichten Planunterlagen seien geprüft worden. Sie entsprächen dem Stand der Ausschreibung. Allerdings werden sodann die fehlenden Unterlagen „gemäß Baubeschreibung A. 4.2.1“ aufgelistet. Danach fehlten unter anderem:

– Übersichtspläne für jeden Anlagenteil/Teillos/Gewerk getrennt, versehen mit allen technischen Details,

– Stromlaufpläne,

– Schaltpläne,

– Klemmenpläne,

– Geräteablaufpläne/Schaltschrankansichten

Weiter heißt es, dass grundsätzlich Ausführungspläne im Maßstab 1:50 zur Prüfung einzureichen sind. Ferner enthält die E-Mail Ausführungen zum Inhalt der Unterlagen der Werkstatt- und Montageplanung mit einer umfangreichen Auflistung der erforderlichen Pläne und Zeichnungen. Die E-Mail endet mit der Bitte, die geforderten Unterlagen vollständig und zusammenhängend einzureichen.

Noch am selben Tag, also am 26. April 2018, leitete die Klägerin die E-Mail an den Beklagten 1 weiter mit der Bitte, die geforderten Unterlagen vollständig und wie beschrieben bei der Klägerin einzureichen, so dass diese weitergegeben werden können.

Offensichtlich lagen also am 26. April 2018, also ein knappes halbes Jahr nach Vertragsschluss, die von der Beklagtenseite zu erstellenden Planungsunterlagen nur teilweise vor.

Entgegen der von der Beklagtenseite bereits vorprozessual mit Anwaltsschriftsatz vom 18. Februar 2019 geäußerten Ansicht war die Erstellung und Übergabe der Planunterlagen nicht erst mit der Abnahme fällig. Das Gegenteil ergibt sich nicht nur aus der vertraglichen Regelung in Nr. 9 des Nachunternehmervertrags sowie der Position 05.10.0006 („Montage- u. Werkstattplanung“) in dem LV, sondern auch aus dem zwangsläufigen Ablauf eines Bauvorhabens: Die Planungsunterlagen, also auch die Planzeichnungen, müssen vor der Ausführung erstellt werden. Der Auftragnehmer muss die Werkstatt- und Montageplanung, soweit von ihm geschuldet, vor Beginn der eigentlichen Leistungsausführung erstellen und dem Auftraggeber zur Freigabe vorlegen.

Mit E-Mail vom 20. September 2018 bemängelte die Klägerin gegenüber den Beklagten, es seien bereits wieder zwei Monate vergangen, ohne dass sie irgendetwas von der Beklagtenseite erhalten habe. Bemängelt wurde die fehlende Vorlage von Schadensaufnahme, Elektroplanung sowie monatlichem Leistungsbericht. Die Klägerin forderte die Beklagtenseite auf, die Unterlagen bis 25. September 2018 zu übergeben.

Vom 22. November 2018 datiert eine weitere Mahnung und Fristsetzung der Klägerin an die Beklagtenseite. Diese wurde aufgefordert, bis spätestens 26. November 2018 die freigegebene Elektroplanung, detaillierte Fortschrittsberichte rückwirkend für die vergangenen Monate sowie einen fortgeschriebenen Bauzeitenplan vorzulegen.

Ein weiteres Mahnschreiben mit Androhung der Auftragsentziehung an die Beklagtenseite stammt schließlich vom Klägervertreter und erfolgte am 20. Dezember 2018. Darin wird unter Nr. 5 ausgeführt, dass die Beklagtenseite nach Ziff. 4.2.5 der Baubeschreibung verpflichtet sei, eine Elektroplanung vorzulegen. Ohne freigegebene Elektroplanung dürfe die Beklagtenseite keine Arbeiten ausführen. Die zunächst übergebene Elektroplanung sei von dem Bauherrn nicht akzeptiert worden. Unter Nr. 9 des Schreibens wurde der Beklagtenseite eine Frist bis zum 29. Januar 2019 zur Übergabe der Elektroplanung, der monatlich detaillierten Fortschrittsberichte und eines fortgeschriebenen Bauzeitenplanes gesetzt. Zugleich wurde angekündigt, dass die Klägerin nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Nachunternehmervertrag kündigen werde.

(2) Eine Auftragsentziehung käme nicht in Betracht, wenn die Beklagtenseite sich nicht mit der Erbringung der geschuldeten Planungsleistungen in Verzug befunden hätte, weil sie ihrerseits berechtigt gewesen wäre, die Leistung zu verweigern.

Die Beklagtenseite war aber nicht zur Leistungsverweigerung berechtigt. Insbesondere ergab sich ein solches Recht nicht aus der Nichtbezahlung der überarbeiteten 1. Abschlagsrechnung der Beklagten.

(2.1.) Die erste Fassung der 1. Abschlagsrechnung der Beklagtenseite datiert vom 30. Oktober 2018. Die überarbeitete 1. Abschlagsrechnung stammt vom 3. Dezember 2018 und endet mit einer Gesamtforderung von 31.852,42 Euro netto.

(2.2.) In Nr. 7 des Nachunternehmervertrags wird für die Zahlungen mit Modifikationen auf § 16 VOB/B verwiesen. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B sind Abschlagszahlungen auf Antrag in möglichst kurzen Zeitabständen oder zu den vereinbarten Zeitpunkten zu gewähren, und zwar in Höhe des Wertes der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen einschließlich Umsatzsteuer. Die Leistungen sind durch eine prüfbare Aufstellung nachzuweisen, die eine rasche und sichere Beurteilung der Leistungen ermöglichen muss.

(2.3.) Die Klägerin bemängelte in einer E-Mail bezüglich der Abschlagsrechnung vom 30. Oktober 2018, dass diese ohne prüfbares Aufmaß nicht geprüft und beglichen werden könne. Die als Aufmaß bezeichneten Unterlagen genügten den Anforderungen nicht. Anhand des Aufmaßes müsse es möglich sein nachzuvollziehen, wieviel von welcher Art wo verbaut worden sei. Dies sei den Unterlagen nicht zu entnehmen.

Die Beklagtenseite legte daraufhin eine überarbeitete Abschlagsrechnung mit Datum vom 3. Dezember 2018 vor. Insoweit bemängelte die Klägerin mit Schreiben vom 17. Dezember 2018, diese Abschlagsrechnung sei ebenfalls nicht prüfbar. Zur Rechnungsprüfung werde die vom Auftraggeber freigegebene Elektroplanung benötigt, ferner Bautagesberichte und der monatliche Fortschrittsbericht.

(2.4.) Soweit in § 16 Abs. 1 S. 2 VOB/B der Nachweis der Leistungen durch eine prüfbare Aufstellung verlangt wird, setzt dies voraus, dass eine prüfbare Abrechnung mit Sinne des § 14 Abs. 1 und 2 VOB/B vorgelegt wird, wobei allerdings die Aufstellung lediglich eine überschlägige Prüfung ermöglichen muss. Der Auftraggeber muss schnell und sicher nachprüfen können, welche Leistungen erbracht worden sind und welcher Vergütungsanteil hierauf entfällt (Kandel in BeckOK VOB/B, Stand: 30.4.2023, § 16 Abs. 1 VOB/B Rn. 28). Beim Einheitspreisvertrag kann eine nachvollziehbare Abrechnung auf Grundlage der entsprechenden Leistungsverzeichnisse sowie Aufmaßunterlagen erstellt werden. Die dabei einzuhaltende Genauigkeit der Aufstellung ist davon abhängig, in welchem Umfang der Auftraggeber zur überschlägigen Ermittlung der auf die erbrachten Leistungsteile entfallenden Vergütungsteile angewiesen ist (Kandel a.a.O. Rn. 29). Soweit es, beispielsweise bei Leistungen im Sinne von § 2 Abs. 5 oder Abs. 6 VOB/B, an einer ausdrücklichen Vergütungsvereinbarung fehlt, sind auch die Preisermittlungsgrundlagen offenzulegen (Kandel a.a.O. Rn. 29).

(2.5.) Gemessen an diesen Vorgaben genügte die von der Beklagtenseite überarbeitete Abschlagsrechnung nicht, um die Fälligkeit der geltend gemachten Abschlagsforderung herbeizuführen.

Die überarbeitete Abschlagsrechnung vom 3. Dezember 2018 besteht aus einer neun Seiten umfassenden Rechnung, in welcher die einzelnen Positionen nach Titel und Einzelbezeichnung mit Angabe von Menge, Einheitspreis und Summe aufgeführt sind. Beigefügt ist eine dreiseitige „Aufmaßliste“. Mit der Abschlagsrechnung wird Vergütung für Leistungen aus den Titeln 05.00, 05.01, 05.02, 05.03, 05.04, 05.07 und 05.08 in Höhe von insgesamt 31.852,42 Euro geltend gemacht. In der beigefügten Aufmaßliste werden die jeweiligen Einzelpositionen aufgeführt. Ferner finden sich dort nähere Erläuterungen mit Angaben zu Mengen bzw. Massen.

Die Klägerin sandte diese Abschlagsrechnung mit Anschreiben vom 17. Dezember 2018 als nicht prüfbar zurück. Sie teilte mit, es werde zur Rechnungsprüfung die vom Auftraggeber freigegebene Elektroplanung benötigt. Ferner seien die Bautagesberichte und der monatliche Fortschrittsbericht geschuldet. Ohne Vorlage dieser Unterlagen sei die Prüfung der Abschlagsrechnung nicht möglich.

Wie bereits dargelegt wurde, schuldete die Beklagtenseite die gesamte Werkstatt- und Montageplanung sowie die Ausführungsplanung. Die Pläne mussten geprüft und freigegeben werden. Der Ablauf ergibt sich aus den Ausführungen unter 4.2.5 der Baubeschreibung. Danach besteht der „Planlauf“ aus einem Vorprüflauf und einem Hauptprüflauf. Im Einzelnen ist dort aufgeführt, welche Ausführungsunterlagen bezüglich der Elektroinstallation geschuldet sind. Vor Freigabe der von der Auftragnehmerseite, hier also der Nachunternehmerseite, zu erbringenden Planung durfte nicht mit der Ausführung der eigentlichen Elektroinstallationsarbeiten begonnen werden. Dementsprechend konnte auch eine Abschlagsforderung wie hier mit der überarbeiteten Abschlagsrechnung vom 3. Dezember 2018 verlangt, nur entstehen, wenn die Planung zumindest für die abgerechneten Arbeiten bereits erbracht und freigegeben war. Dass dies der Fall war, lässt sich der Abschlagsrechnung nicht entnehmen. Die überarbeitete 1. Abschlagsrechnung der Beklagtenseite vom 3. Dezember 2018 hat daher nicht zur Fälligkeit der Abschlagsforderung geführt. Dementsprechend war die Beklagtenseite nicht berechtigt, wegen der Nichtbezahlung der Abschlagsrechnung ihrerseits die Leistungen zu verweigern.

ee) Das Kündigungsrecht der Klägerin war bei Ausspruch der Kündigung nicht verwirkt.

ff) Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass die Klägerin den Nachunternehmervertrag wirksam am 12. März 2019 gekündigt hat.

e) Als Folge der berechtigten fristlosen Kündigung des Nachunternehmervertrags durch die Klägerin hat sie gemäß §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 S. 1 BGB Anspruch auf Ersatz des Schadens in Form der Mehrkosten für die Fertigstellung (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2019 – VII ZR 1/19, BGHZ 223, 260, Rn. 30; s.a. BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 – VII ZR 197/03, BGHZ 163, 274).

Das für den Schadensersatzanspruch erforderliche Verschulden des Beklagten 1 liegt vor. Das Verschulden wird gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet. Der Beklagte 1 hat sich nicht entlastet.

f) Aufgrund der wirksamen Kündigung des Nachunternehmervertrags war die Klägerin daher berechtigt, die vertraglich geschuldeten Leistungen durch eine andere Firma ausführen zu lassen. Der Beklagte 1 hat die dadurch entstandenen Mehrkosten zu erstatten.

Die Klägerin beziffert die Fertigstellungsmehrkosten auf Grundlage der von der Fa. Elektro ### GmbH in Rechnung gestellten Kosten mit 106.384,09 Euro. Daneben verlangt sie mit dem Klageantrag Ziff. 1 noch zum einen die Erstattung von eigenem Aufwand, den sie mit 1.665,00 Euro beziffert, sowie Bürgschaftskosten in Höhe von 4.605,15 Euro.

Die Klägerin hat nur Anspruch auf Ersatz von Mehrkosten in Höhe von 81.381,19 Euro. Hinzu kommt der Anspruch auf Bürgschaftskosten in Höhe von 4.605,15 Euro.

aa) Hinsichtlich der Höhe des der Auftraggeberin von der Auftragnehmerseite zustehenden Schadensersatzanspruchs nach einer berechtigten Kündigung der Auftraggeberin gemäß § 8 Abs. 3 VOB/B oder nach einer Kündigung aus wichtigem Grund (jetzt § 648a BGB n.F.) wegen der für die Fertigstellung entstehenden Mehrkosten gilt, dass die Auftraggeberin Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen hat, also derjenigen Aufwendungen, die ein wirtschaftlich denkender Bauherr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, ggf. aufgrund sachkundiger Beratung für eine vertretbare, d. h. geeignete und erfolgversprechende Maßnahme erbringen konnte und musste. Die Auftraggeberin ist dabei nicht verpflichtet, eine umfangreiche Marktforschung zu betreiben. Sie darf grundsätzlich den sichersten Weg zur Mangelbeseitigung wählen und muss nicht den billigsten Bieter beauftragen. Die Auftraggeberin ist nach § 254 BGB verpflichtet, die Nachbesserungskosten in angemessenen Grenzen zu halten. Im Rahmen des § 254 Abs. 2 BGB ist der Einwand des Auftragnehmers zu prüfen, die Auftragnehmerin habe einen unnötig teuren Unternehmer ausgewählt (vgl. Brüninghaus in BeckOK VOB/B, Stand: 1.2.2024, § 8 Abs. 3 VOB/B Rn. 25).

bb) Die Klägerin geht bei der Berechnung der Ersatzvornahmekosten von der Schlussrechnung der Fa. Elektro ### GmbH vom 31. August 2020 aus, die auf einen Gesamtbetrag von netto 519.000,02 Euro lautet.

Die Klägerin hat mit der Fa. ### am 2./4. April 2019 den als Anlage K 19 vorgelegten Nachunternehmervertrag geschlossen. Grundlage war nach Nr. 1 dieses Vertrags ein Angebot der Fa. ### vom 30. März 2019.

Das Zustandekommen dieses Vertrags ergibt sich aus der Anlage K 19. Dabei handelt es sich nicht lediglich um einen Entwurf. Der Vertrag ist vielmehr auf der 11. Seite von den Vertragsparteien unterzeichnet worden. Ein etwaiges Bestreiten einer Beauftragung der Fa. ### ist daher unbeachtlich. Der Gegenstand dieses Nachunternehmervertrags entspricht nach Nr. 2 des Vertrags demjenigen des streitgegenständlichen Vertrags vom 8. November 2017. Zwar ist in dem Vertrag mit der Fa. ### zunächst der Untertitel 05.05. aufgeführt; wenige Zeilen danach heißt es aber – ebenso wie im streitgegenständlichen Vertrag -, dass „05.05. Schlosserarbeiten“ von der Klägerin gefertigt werden.

Die Fa. ### stellte der Klägerin am 31. August 2020 eine Schlussrechnung. Diese endet mit einem Nettogesamtbetrag von 519.000,92 Euro. Die Klägerin hat ausweislich ihrer Schlussrechnungsprüfung kleinere Mengen- und Stundenkürzungen in Höhe von 1.466,78 Euro vorgenommen. Nach der Kostenermittlung, welche die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 20. März 2021 der Beklagtenseite übermittelte, sollen sich die Mehrkosten für die Ersatzvornahme auf 106.384,09 Euro belaufen.

Bei dieser Kostenermittlung handelt es sich um eine tabellarische Aufstellung, in welcher für die einzelnen LV-Positionen die von der Fa. ### abgerechneten Kosten, erläutert nach Menge bzw. Masse, Einheitspreis und Summe, den Kosten gegenübergestellt werden, die sich bei einer Abrechnung gemäß dem streitgegenständlichen Nachunternehmervertrag ergeben hätten. Die von der Fa. ### zugrunde gelegten Einheitspreise liegen teilweise über den Einheitspreisen, die von der Klägerin mit der Beklagtenseite vereinbart wurden, teilweise sogar deutlich, teilweise liegen die Einheitspreise der Fa. ### aber auch unter den mit der Beklagtenseite vereinbarten Einheitspreisen.

Die Rechnung der Fa. ### enthält auch diverse Nachtragspositionen, gekennzeichnet mit dem Zusatz „NA“. In der tabellarischen Gegenüberstellung der Klägerseite wird insoweit aber nur dann ein Differenzbetrag (zulasten oder zugunsten der Beklagtenseite) angesetzt, wenn es sich um Nachtragspositionen handelt, die auf Vertragspositionen aufbauen.

cc) Ausgehend von den unter aa) dargelegten Grundsätzen ist für die Annahme eines Verstoßes der Klägerin gegen die Schadensminderungspflicht kein Raum. Die Fertigstellungskosten durch die Fa. Elektro ### GmbH sind angemessen und ortsüblich. Die Beklagtenseite kann daher nicht mit dem Einwand gehört werden, die von der Fa. Elektro ### GmbH angebotenen und abgerechneten Kosten seien überhöht, jedenfalls nicht im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen. Soweit einige Einzelpreise als nicht mehr ortsüblich und angemessen angesehen werden könnten, ändert dies gleichwohl nichts an dem Ergebnis, dass die Schlussrechnung der Fa. ### insgesamt nicht überzogen ist, sondern sich im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen bewegt.

Die Beklagtenseite hat als Anlage B 18 eine tabellarische Aufstellung vorgelegt, aus der sich überhöhte Preise der Fa. Elektro ### GmbH ergeben sollen. Die Aufstellung betrifft 22 Positionen. Die Schlussrechnung der Fa. Elektro ### GmbH enthält ein Mehrfaches an Einzelpositionen. Bereits dies deutet darauf hin, dass die Beklagtenseite offensichtlich bei den meisten der von der Fa. ### abgerechneten Einzelpositionen keine überhöhten Einheitspreise erkannt hat. In einzelnen Fällen sind diese (nicht in der Anlage B 18 genannten) Einheitspreise sogar niedriger als die ortsüblichen Preise oder niedriger als die von der Beklagtenseite angesetzten Preise. So hat die Fa. ### bei der Pos. 05.02.2007 (Satz Warn- und Hinweisschilder) 203,02 Euro (netto) abgerechnet, während die Beklagtenseite dies zu einem Einheitspreis von 306,00 Euro angeboten hatte.

Es ist aber nicht sachgerecht, von den Kosten der Fa. Elektro ### GmbH lediglich diejenigen Positionen herauszusuchen, deren Einheitspreise möglicherweise über den ortsüblichen und angemessenen Preisen liegen, wenn die Kosten sich insgesamt im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen bewegen. So ist zu konstatieren, dass beispielsweise bei den LV-Positionen 05.01.0001, 05.01.0002, 05.02.0007, 05.04.0001 05.04.0003, 05.04.0004, 05.04.0007, 05.04.0013, 0506.0009, 05.08.0008 oder 05.10.0002 die von der Beklagtenseite angebotenen Einheitspreis höher liegen als die von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzten Einheitspreise.

(1) Die von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzten Einzelpreise sind im Wesentlichen als ortsüblich und angemessen anzusehen. Dies ergibt sich aus der gutachterlichen Feststellungen des gemäß Beweisbeschluss vom 27. Januar 2022 beauftragten Sachverständigen ### in seinem schriftlichen Gutachten vom 9. Juli 2022, seiner ergänzenden Stellungnahme vom 8. November 2022 sowie seinen mündlichen Ausführungen bei der Anhörung am 30. März 2023.

Richtig ist zwar, dass das Gutachten vom 9. Juli 2022 sehr knapp gehalten ist. Allerdings ergibt sich aus dem Gutachten sowie der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 8. November 2022, dass der Beurteilung des Sachverständigen die Baubeschreibung, das LV und das Angebot der Beklagtenseite zugrunde lagen, ebenso das von der Beklagtenseite erstellte Aufmaß und die Aufmaßblätter. Auf dieser Grundlage haben sich für den Sachverständigen nach dessen Ausführungen keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass von der Fa. ### andere zusätzliche oder geänderte Leistungen ausgeführt wurden, also solche, die der Fertigstellung der ursprünglich von der Beklagtenseite zu erbringenden Leistungen gedient haben.

Der Sachverständige führt in dem Gutachten vom 9. Juli 2022 ferner aus, die von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzten Preise seien angemessen. Insoweit bezog er sich auf die Kalkulationshilfen 2017/18 und 2018/19 des Zentralverbands der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke ZVEH und verwies darauf, dass für Baden-Württemberg mit die höchsten Tariflöhne gelten und die hier streitgegenständlichen Arbeiten einen weitaus höheren Aufwand bzw. Schwierigkeitsgrad darstellen als beispielsweise Arbeiten in einem Wohngebäude oder einer Fabrikhalle.

Auch in der ergänzenden Stellungnahme vom 8. November 2022 hat der Sachverständige bestätigt, dass die von der Fa. Elektro ### GmbH abgerechneten Preise nicht überhöht sind. Dies gelte auch für die von der Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 13. Juli 2021 auf Seite 14 f. (eAkte 141 f.) genannten Positionen.

Die von der Beklagtenseite erhobenen Einwendungen gegen die gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen ### führen nicht dazu, dass die von der Fa. Elektro ### GmbH abgerechneten Kosten insgesamt nicht als angemessen und ortsüblich zu bewerten wären. Richtig ist lediglich, dass hinsichtlich einzelner Positionen fraglich ist, ob diese noch als angemessen und ortsüblich anzusehen sind. Dies ändert aber nichts daran, dass in der Gesamtschau der Rechnung der Fa. Elektro ### GmbH die Kosten als im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen liegend anzusehen sind. Dies ergibt sich auch aus den Ausführungen des Sachverständigen bei seiner mündlichen Anhörung am 30. März 2023.

(2) Zu den im Streit stehenden Positionen im Einzelnen:

(2.1) Hinsichtlich der LV-Position 05.01.0004 (Demontage von Kabeln <= 15 mm) hatte die Beklagtenseite einen Einheitspreis von 0,43 Euro angeboten; die Fa. Elektro ### GmbH rechnet in ihrer Schlussrechnung vom 31. August 2020 mit einem Einheitspreis von 3,22 Euro ab. Der Sachverständige hat bei seiner Anhörung erläutert, dass die von ihm angegebene Spanne von 13,46 Euro bis 15,35 Euro sich vor allem aus den Besonderheiten des streitgegenständlichen Bauvorhabens ergibt, nämlich einem Brückenbauwerk mit einer großen Ausdehnung, sodass erhebliche Wegstrecken zurückzulegen sind, um die Arbeiten durchzuführen. Der Sachverständige verweist zudem auf die Position 11.74.75 der Kalkulationshilfe für die elektro- und informationstechnischen Handwerke. Wie sich aus den Erläuterungen in dieser Kalkulationshilfe ergibt, umfassen die dortigen Positionen 11.74.71 ff. auch das Abklemmen von Leitungszu- und -abgängen, bestehend aus dem Abklemmen und Beschriften der Leitungsenden sowie dem Isolieren und Beschriften der Leitungsenden mit Beschriftungskabelbinder. Diese Positionen unterscheiden sich von den Positionen im Abschnitt 11.71, auf welche die Beklagtenseite verweist, insoweit, als sich die Leistungen in den Positionen 11.71.01 ff. auf das Herausziehen bzw. Ausbauen der Leitungen und Kabel aus Röhren, Kanälen und Rinnen sowie dem gesammelten Lagern auf der Baustelle zum Abtransport beschränken. Nicht enthalten ist das Abklemmen sowie das Freischalten der Leitungen. Ebenso wenig ist die Demontage des Zubehörs in den Positionen 11.71.01 ff. enthalten. Nach den Erläuterungen im Leistungsverzeichnis bei Position 05.01.0004 waren vor der Demontage die entsprechenden Kabel an sämtlichen Verteilungen und Verbrauchern freizuschalten, abzuklemmen und zurückzubauen. Geschuldet war auch die fachgerechte Entsorgung der Kabel, wobei eine Wertstoffvergütung in den Einheitspreis einzurechnen war. Danach beschränkte sich die nach dieser Leistungsposition zu erbringende Tätigkeit nicht auf die reine Demontage von Kabeln. Erforderlich waren vielmehr noch darüber hinausgehende Leistungen. Selbst wenn diese nicht den Umfang haben sollten, wie derjenige Umfang, der den in der Kalkulationshilfe im Abschnitt 11.74 aufgeführten Positionen zugrunde liegt, ist jedenfalls nach den Erläuterungen des Sachverständigen nachvollziehbar, dass sich der von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzte Einheitspreis noch im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen bewegt. Dies gilt umso mehr, als der Sachverständige dargelegt hat, dass nach seiner Erfahrung in der Praxis bei einer solchen Position erwartet wird, dass auch das Zubehör wie Kabelschellen oder Kabelkanäle mit entfernt wird. Die Frage, ob vorliegend die Kabel gar nicht mit Kabelschellen befestigt oder in Kabelkanälen verlegt waren, weshalb hierfür kein zusätzlicher Aufwand angefallen ist, ist nachrangig. Jedenfalls ergibt sich die Unangemessenheit oder fehlende Ortsüblichkeit des von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzten Einheitspreises nicht daraus, dass die Beklagtenseite einen deutlich niedrigeren Einheitspreis angeboten hatte. Der Sachverständige hat insoweit angegeben, dass nach seiner Einschätzung dieser von der Beklagtenseite angebotene Einheitspreis als viel zu niedrig anzusehen ist, während der Einheitspreis der Fa. Elektro ### GmbH „nicht übertrieben“ ist, sondern bei der hier vorliegenden Baustelle eher im unteren Bereich liegt.

(2.2) Hinsichtlich der LV-Positionen 05.01.0005 und 05.01.0006 gilt Entsprechendes.

(2.3) Die LV-Position 05.02.0008 betrifft die Inbetriebnahme der gesamten Anlage (Energieversorgung). Der von der Fa. Elektro ### GmbH hierfür abgerechnete Preis beträgt ungefähr das 2,5-fache des von der Beklagtenseite angebotenen Preises. Auch hier ist festzustellen, dass der von der Beklagtenseite angebotene Preis nicht die Messlatte für die Frage ist, welcher Betrag hierfür ortsüblich und angemessen ist. Der Sachverständige hat erläutert, dass aus seiner Sicht die Höhe des von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzten Preises nachvollziehbar ist und als ortsüblich bezeichnet werden kann. Bezüglich der Frage, wie der Angebotspreis für eine solche Position kalkuliert werden kann, gab der Sachverständige an, dass es hierfür keine Faustregel gibt. Dies ist nachvollziehbar, da dies von dem konkreten Bauvorhaben (Größe, Umfang und Komplexität der Energieversorgungsanlage) abhängt.

Die Beklagtenseite hat auch nicht näher dargelegt, wie sie kalkulatorisch zu dem von ihr angebotenen Preis gelangt ist. Der von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzte Preis ist daher nicht als überzogen anzusehen.

Soweit die Beklagtenseite im Schriftsatz vom 28. April 2023 unter Bezugnahme auf die gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen ### ausführt, die ortsüblichen Stundenverrechnungssätze zwischen Betrieben könnten sich „leicht unterscheiden“, weshalb sich die Unterschiede auf die Einheitspreise bezogen „im Cent-Bereich“ beziffern würden, ist diese Schlussfolgerung unzutreffend. Dabei kann zugunsten der Beklagten als wahr unterstellt werden, dass sich die Stundenverrechnungssätze verschiedener Betriebe nicht wesentlich unterscheiden. Dies bedeutet aber keineswegs, dass verschiedene Betriebe deshalb auf Einheitspreispositionen Einheitspreise anbieten, die nur im Cent-Bereich differieren. Tatsächlich kann man in praktisch jedem Preisspiegel deutliche Unterschiede bei vielen Einheitspreisen feststellen.

(2.4) Hinsichtlich der LV-Position 05.02.0009 (Umbau Bestands NHV) hat sich bei der mündlichen Anhörung des Sachverständigen ergeben, dass dieser übersehen hat, dass es für den Einbau der NH-Sicherungslasttrennschalter sowie die Montage eines einstellbaren elektronischen Zeitrelais gesonderte Positionen im LV gibt. Bei seiner Anhörung am 30. März 2023 gab er deshalb an, dass dann der von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzte Preis zu reduzieren wäre.

Es mag daher sein, dass der für diese LV-Position von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzte Preis über dem ortsüblichen und angemessenen Preis liegt. Gleichwohl führt dies nicht dazu, dass die von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzte Vergütung insgesamt als nicht mehr angemessen und ortsüblich anzusehen wäre.

(2.5) Die LV-Position 05.04.0009 betrifft die Lieferung und Montage von Bügelschellen mit Druckwanne. Die Beklagtenseite hat hierfür einen Einheitspreis von 3,94 Euro angeboten; die Fa. Elektro ### GmbH rechnet 9,70 Euro ab. Nach den Ausführungen des Sachverständigen bei seiner mündlichen Anhörung ist der Einheitspreis von 9,70 Euro als ortsüblich anzusehen. Der Sachverständige hat erläutert, dass es sich bei den Daten, die sich aus der DATANORM-Schnittstelle ergeben, um reine Materialpreise handelt. Vorliegend sind allerdings auch noch die Montagekosten zu berücksichtigen. Soweit die Beklagtenseite darauf verweist, dass auch die Einkaufspreise für entsprechende Metall-Bügelschellen bei Abnahme größerer Mengen deutlich günstiger seien, als vom Sachverständigen angegeben werde, ist zunächst zu konstatieren, dass der Sachverständige die Händler- bzw. Handwerkereinkaufspreise je nach Größe zwischen 1,51 Euro und 3,11 Euro pro Stück veranschlagt hat, wohingegen die Beklagtenseite vorträgt, die Einzelpreise betrügen weniger als 1,00 Euro pro Stück.

Selbst wenn man aber davon ausgehen sollte, dass der Einheitspreis, den die Fa. Elektro ### GmbH angesetzt hat, höher liegt als der ortsübliche und angemessene Preis, wovon man aber bereits nicht ausgehen kann, würde dies gleichwohl nichts daran ändern, dass die von der Fa. Elektro ### GmbH geltend gemachte Vergütung sich in der Gesamtschau im Rahmen des Angemessenen und Ortsüblichen bewegt.

(2.6) Hinsichtlich der LV-Position 05.04.0011 (Spannschloss V4A) ist zunächst zu konstatieren, dass diese Position im Zusammenhang mit der Position 05.04.0010 (Stahldraht Spannseil V4A) zu sehen ist. Die Fa. Elektro ### GmbH rechnet anstelle dieser LV-Position unter 05.04.0017 als Ersatz Spannseil mit 5 mm Durchmesser (statt 2 mm, wie in 05.04.0010) zu einem Einheitspreis von 2,78 Euro/m (statt 3,38 Euro/m, wie von der Beklagtenseite angeboten) ab. Auch hier zeigt sich also in einer Gesamtschau, dass keineswegs davon auszugehen ist, dass die Fa. Elektro ### GmbH unangemessen hohe Preise abrechnet. Selbst wenn daher die Ausführungen des Sachverständigen bei der mündlichen Anhörung am 30. März 2023 so zu verstehen sind, dass er bei seiner Aussage, der abgerechnete Preis sei ortsüblich und angemessen, auch Zubehörteile berücksichtigt hat, die womöglich richtigerweise bei anderen LV-Positionen, wie der Position 05.04.0012, anzusetzen wären, kann im Ergebnis nicht von nicht angemessenen und nicht ortsüblichen Preisen ausgegangen werden.

(2.7) Hinsichtlich der LV-Position 05.04.0016 (Wandhaken geöffnet V4A) gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.

(2.8) Der von der Fa. Elektro ### GmbH bei der LV-Position 05.06.0008 angesetzte Einheitspreis von 7,28 Euro/m liegt zwar über dem von der Beklagtenseite angebotenen Einheitspreis von 5,42 Euro/m. Gleichwohl bewegt sich dieser Preis nach den Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen des Ortsüblichen. Der Sachverständige hat die Spanne des ortsüblichen und angemessenen Preises mit 6,00 Euro bis 8,00 Euro veranschlagt.

(2.9) Auch hinsichtlich der LV-Position 05.06.0010 bewegt sich die von der Fa. Elektro C angesetzte Vergütung im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen.

(2.10) Für eine LED-Feuchtraumleuchte (LV-Position 05.07.0003) rechnet die Fa. Elektro ### GmbH einen Einheitspreis von 421,63 Euro ab. Die Beklagtenseite hat hierfür 334,51 Euro angeboten. Der Einheitspreis von 421,63 Euro bewegt sich im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen, wie der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung erläutert hat. Er hat dargelegt, dass man möglicherweise bei geschickter Verhandlung mit dem Großhändler einen zusätzlichen Rabatt erzielen kann. Es ist aber ein Preis nicht deshalb nicht ortsüblich und nicht angemessen, weil er sich nicht am untersten Bereich des verhandelbaren Preisrahmens bewegt.

(2.11) Zur LV-Position 05.08.0007 (Kennzeichnungsschild) hat der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung dargelegt, dass der von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzte Einheitspreis von 12,02 Euro/Stück nachvollziehbar ist. Dies hat er erläutert mit dem erheblichen Zeitaufwand, der erforderlich ist, um die einzelnen Kabel am Anfang und Ende sowie den Abzweigstellen mit einem Kabelkennzeichnungsschild zu versehen, das gemäß der Beschreibung auf Seite 62 des LV nicht handschriftlich beschriftet werden darf, sondern auszudrucken ist.

(2.12) Auch bei der LV-Position 05.09.0006 (PA-Verbindung) hat der Sachverständige die Ortsüblichkeit des von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzten Einheitspreises bejaht.

(2.13) Im Streit steht zwischen den Parteien ferner die LV-Position 05.10.0005. Dabei handelt es sich um die TÜV-/Sachverständigenabnahme. Insoweit hat der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung dargelegt, dass eine Aussage zur Ortsüblichkeit und Angemessenheit nur schwer zu treffen ist. Auch der TÜV, bei dem sich der Sachverständige nach Durchschnittspreisen erkundigt hat, erklärte ihm gegenüber, dies sei vom Einzelfall abhängig, konkret von dem im Einzelfall erforderlichen Aufwand. Dies ist nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund kann aus dem Umstand, dass die Fa. Elektro ### GmbH bei dieser Position ungefähr das 4,5-fache des von der Beklagtenseite angebotenen Preises geltend macht, nicht auf eine unangemessen hohe Vergütung geschlossen werden.

(2.14) Bezüglich der LV-Position 05.10.0006 kann ebenfalls nicht von einer nicht mehr angemessenen und ortsüblichen Vergütung ausgegangen werden. Der Sachverständige hat bei seiner mündlichen Anhörung nachvollziehbar erläutert, dass ausgehend von einem Stundensatz von 90,00 Euro für einen Projektleiter (vgl. Nr. 6 des Vertrags) bei dem von der Beklagtenseite angesetzten Preis von 866,67 Euro weniger als 10 Stunden für die Montage- und Werkstattplanung zur Verfügung stünden. Dies hält das Gericht ebenso wie der Sachverständige für unzureichend.

(2.15) Im Hinblick auf die in der Schlussrechnung der Fa. Elektro ### GmbH enthaltenen Nachtragspositionen, insbesondere die Nachträge NA 23 bis NA 26, ergeben sich aber Einschränkungen bei der Erstattungsfähigkeit.

Der NA 23 bezieht sich auf die LV-Pos. 05.06.0001 (NYCWY 4 x 185/95 mm2). Hierfür war im LV ein Mengenvordersatz von 1.044 m angegeben. Die Fa. ### rechnet in ihrer Schlussrechnung 645 m Energiekabel „N2XH-J 4X185/95 SW“ zu je 90,82 Euro (Seite 26 der Schlussrechnung [gegenüber 99,46 Euro auf Seite 25]; anstatt von der Beklagtenseite angebotenen 64,37 Euro/m) ab. Die Klägerin rechnet in ihrer Mehrkostenberechnung insoweit mit dem Einheitspreis von 90,82 Euro/m. Der sich daraus ergebende Mehrkostenbetrag von 17.060,25 Euro ist zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen.

Zusätzlich rechnet die Fa. ### u.a. (auf Seite 24 ihrer Schlussrechnung) 215 m Gummischlauchleitung H07RNF 5G 150 SW zu je 110,80 Euro ab. In ihrer Mehrkostenberechnung rechnet die Klägerin insoweit unter Pos. NA 23 mit 90,82 Euro/m, also dem Einheitspreis, den sie bei der Pos. 05.06.0001 zugrunde legt.

Entsprechendes gilt für die Pos. 05.06.0002 und Pos. NA 24, wo für 295 m Gummischlauchleitung H07RNF 5G 150 SW zu je 76,71 Euro berücksichtigt werden, für Pos. 05.06.0003 und Pos. NA 25 mit 385 m Gummischlauchleitung H07RNF 5G 95 SW zu je 71,58 Euro und Pos. 05.06.0004 und Pos. NA 26 mit Gummischlauchleitung H07RNF 5G 50 SW zu je 48,96 Euro.

Zwar ist entgegen der Auffassung der Beklagtenseite nicht davon auszugehen, dass es sich insoweit um Nachtragsleistungen handelt, die keinerlei Bezug zur ursprünglich ausgeschriebenen Leistung haben. Diese Aussage findet sich freilich – nicht näher begründet – in der E-Mail vom 19. April 2023. Aussagekräftiger ist aber die E-Mail der Fa. Elektro ### GmbH vom 3. Juli 2019, also während der Leistungserbringung der Fa. ###, an das RP sowie Frau ### von der Klägerin. Darin wird als Ergebnis eines am selben Tag geführten Telefonats bestätigt, dass die Zuleitungen von der Hauptverteilung zu den Unterverteilern in die Brücke als flexible Gummischlauchleitungen, und nicht wie im LV vorgesehen, als N2XH-J-Leitungen ausgeführt werden.

Allerdings hat die Klägerin nach dem nicht bestrittenen Vorbringen der Beklagtenseite diese Leistungen vollständig vergütet erhalten. Es fehlt daher an einer finanziellen Einbuße der Klägerin.

Es sind somit von der Mehrkostenberechnung der Klägerin 5.686,75 Euro, 8.590,40 Euro, 8.908,90 Euro und 1.816,85 Euro, zusammen 25.002,90 Euro, abzuziehen.

dd) Die Beklagten haben im Übrigen nicht konkret dargelegt, dass bzw. bei welchen Einzelpreisen die Klägerin vor der Beauftragung der Fa. Elektro ### GmbH hätte erkennen müssen, dass die von der Fa. Elektro ### GmbH angesetzten Einzelpreise nicht mehr als angemessen und ortsüblich anzusehen sind, und dass die Klägerin deswegen als wirtschaftlich denkender Bauherr von einer Beauftragung der Fa. Elektro ### GmbH hätte Abstand nehmen müssen. Dies käme im Übrigen nur in Betracht, wenn es für die Klägerin ohne weiteres erkennbar gewesen wäre, dass die Gesamtkosten, mit denen sie bei einer Beauftragung der Fa. Elektro ### GmbH nach deren Angebot rechnen musste, überhöht sind, und es für die Klägerin überdies ohne weiteres möglich gewesen wäre, ein (nicht nur marginal) günstigeres Angebot einer anderen Firma zu erhalten. Wie bereits dargelegt wurde, ist ein Auftraggeber nicht verpflichtet, vor der Beauftragung eines Ersatzunternehmers eine umfangreiche Marktforschung zu betreiben. Er ist auch nicht verpflichtet, insoweit eingeholte Angebote vor einer Auftragserteilung privatgutachterlich überprüfen zu lassen. Wenn sich aber die von der Fa. Elektro ### GmbH abgerechneten Kosten im Rahmen des Ortsüblichen und Angemessenen bewegen, kann eine solche Konstellation nicht vorliegen.

Die erstattungsfähigen Mehrkosten, die die Klägerin ersetzt verlangen kann, belaufen sich daher auf 106.384,09 Euro abzüglich 25.002,90 Euro, also 81.381,19 Euro.

ee) In dem von der Klägerin mit dem Klageantrag Ziff. 1 geltend gemachten Betrag ist ein Betrag von 1.665,00 Euro für den eigenen Aufwand enthalten, der ihr entstanden sei. Auf Seite 5 der Klageschrift hat sie in tabellarischer Form aufgeführt, an welchen Tagen welcher Stundenaufwand entstanden ist, um die Ersatzvornahme durchführen zu können, insbesondere im Zusammenhang mit der Suche nach einem Ersatzunternehmer.

Dieser Betrag ist nicht als Schadensersatz erstattungsfähig. Grundsätzlich ist der eigene Aufwand keine erstattungsfähige Schadensposition.

ff) Ferner sind in dem mit dem Klageantrag Ziff. 1 geltend gemachten Betrag 4.605,15 Euro an Bürgschaftskosten enthalten. Dieser Anspruch steht der Klägerin gemäß § 648a Abs. 1 BGB a.F. zu.

(1) Nach § 648a Abs. 1 BGB (in der hier anzuwendenden bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung) hat der Unternehmer einen Anspruch gegen den Auftraggeber auf Sicherheitsleistung. Die Sicherheit kann auch durch Bürgschaft geleistet werden, § 648a Abs. 2 BGB. Nach § 648a Abs. 3 S. 1 BGB hat der Unternehmer dem Besteller die üblichen Kosten der Sicherheitsleistung bis zu einem Höchstsatz von 2 % jährlich zu erstatten. § 648a Abs. 3 S. 2 BGB steht der Erstattungsfähigkeit nicht entgegen. Die Einwendungen der Klägerin gegen die vom Beklagten geltend gemachten Vergütungsansprüche sind nicht unbegründet.

(2) Vorliegend hat die Klägerin der Nachunternehmerin im Juli 2018 eine Bürgschaft der [Name Kreditinstitut] über 333.368,34 Euro gestellt. Vorangegangen war ein Sicherheitsverlangen des Beklagten 1, der der Klägerin mit Schreiben vom 10. Juli 2018 eine „letzte Nachfrist“ bis zum 23. Juli 2018 für die Übersendung einer Bauhandwerkersicherung gesetzt hatte. Unerheblich ist, dass er dabei auf die vorliegend nicht anwendbare Vorschrift des § 650f BGB (n.F.) verwiesen hat. Den Erhalt der Bürgschaft bestätigte der Beklagte 1 am 20. Juli 2018. Die Bürgschaftssumme wurde im Frühjahr 2019 auf 70.000,00 Euro reduziert.

(3) Die Klägerin hat die Avalkosten auf Seite 9 der Replik vom 18. Juni 2021 in tabellarischer Form dargelegt (vgl. auch die letzte Seite des Anhangs von Anlage K 11). Dies ist von der Beklagtenseite nicht substantiiert bestritten worden. Danach hat die Bürgin die Avalprovision quartalsweise abgerechnet. Die Avalkosten übersteigen nicht den Höchstsatz von 2 % gemäß § 648a Abs. 3 BGB. Einer näheren Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Bürgin berechtigt war, Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen, bedarf es daher nicht. Auch der geltend gemachte Bruttobetrag ist niedriger als der gesetzlich zulässige Höchstbetrag.

g) Von dem der Klägerin zustehenden Schadensersatz ist die Vergütung abzuziehen, die dem Beklagten 1 für die erbrachten Leistungen zusteht. Diese beläuft sich auf 25.351,24 Euro.

aa) Soweit nach der Kündigung eines Bauvertrags Schadensersatzansprüche des Auftraggebers, aber auch Vergütungsansprüche des Auftragnehmers für erbrachte Leistungen bestehen, stehen sich diese Ansprüche aufrechenbar gegenüber. Es findet keine automatische Verrechnung statt (BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 – VII ZR 197/03, BGHZ 163, 274).

Vorliegend hat die Klägerin bereits in der Klageschrift den von ihr bezifferten Vergütungsanspruch der Beklagten von den Ersatzvornahmekosten, dem eigenen Aufwand und den Bürgschaftskosten abgezogen (Seite 6 der Klageschrift). Dies stellt eine zumindest konkludente Aufrechnungserklärung dar, sofern man eine Aufrechnung nicht schon in dem Schreiben des Klägervertreters vom 11. Januar 2021 an den damaligen Beklagtenvertreter sehen sollte. Darin kündigt der Klägervertreter an, dass die Klägerin demnächst die Abrechnung für die Ersatzvornahmekosten fertigstellen werde und dann die Aufrechnung mit der Restvergütung erklärt werde.

bb) Die Klägerin bringt von den geltend gemachten Kosten einen Betrag von 12.945,87 Euro als den Wert der von der Beklagtenseite erbrachten Leistungen in Abzug. Wie sich dieser Betrag errechnet, ergibt sich aus der tabellarischen Aufstellung, die mit Anwaltsschreiben vom 20. März 2021 von der Klägerseite an die Beklagtenseite übermittelt wurde, sowie der Anlage K 10. Die Mengen und Massen sollen sich aus dem Aufmaß ergeben, das als Anlage K 9 vorgelegt worden ist. Bei der Anlage K 9 handelt es sich teilweise um Auszüge aus dem Leistungsverzeichnis, das bei den einzelnen LV-Positionen mit handschriftlichen Zusätzen versehen ist, und teilweise um Aufmaßblätter, die zum überwiegenden Teil Unterschriften der Auftragnehmer- und der Auftraggeberseite tragen.

Die Beklagtenseite hat die erbrachten Leistungen auf Seite 22 ff. ihres Klageerwiderungs- und Widerklageschriftsatzes vom 29. Mai 2021 abgerechnet. Sie rechnet nach ihrem Vortrag für erbrachte Leistungen auf Grundlage der Vertragspreise zusammen 23.604,95 Euro und für erbrachte Nachtragsleistungen weitere 21.051,52 Euro, insgesamt also 44.656,47 Euro, ab.

cc) Hinsichtlich zahlreicher Positionen besteht Einigkeit zwischen den Parteien über die abgerechneten Leistungen. Uneinigkeit besteht hinsichtlich folgender Positionen (auf eine Auflistung der unstreitigen Positionen wird an dieser Stelle verzichtet):

Pos. Kläg. Bekl. Differenz

05.00.0001 0,00 Euro 416,00 Euro 416,00 Euro

05.00.0003 0,00 Euro 1.512,00 Euro 1.512,00 Euro

05.03.0006 381,64 Euro 0,00 Euro – 381,64 Euro

05.04.0001 0,00 Euro 1.698,60 Euro 1.698,60 Euro

05.07.0003 669,02 Euro 334,51 Euro – 334,51 Euro

05.08.0004 0,00 Euro 26,08 Euro 26,08 Euro

05.08.0005 0,00 Euro 263,68 Euro 263,68 Euro

05.08.0006 1.356,16 Euro 8.815,04 Euro 7.458,88 Euro

05.02.0005 NT 0,00 Euro 711,20 Euro 711,20 Euro

05.02.0006 NT 0,00 Euro 711,20 Euro 711,20 Euro

05.02.0007 NT 0,00 Euro 711,20 Euro 711,20 Euro

05.02.0008 NT 0,00 Euro 711,20 Euro 711,20 Euro

05.03.0014 NT 0,00 Euro 1.933,60 Euro 1.933,60 Euro

05.05.0016 NT 0,00 Euro 92,67 Euro 92,67 Euro

05.03.0017 NT 0,00 Euro 131,87 Euro 131,87 Euro

05.03.0018 NT 0,00 Euro 158,60 Euro 158,60 Euro

05.03.0019 NT 0,00 Euro 197,80 Euro 197,80 Euro

05.10.0010 NT 0,00 Euro 6.489,12 Euro 6.489,12 Euro

05.10.0011 NT 0,00 Euro 5.280,00 Euro 5.280,00 Euro

05.10.0012 NT 0,00 Euro 832,00 Euro 832,00 Euro

05.04.0017 NT 0,00 Euro 372,30 Euro 372,30 Euro

05.04.0018 NT 0,00 Euro 610,56 Euro 610,56 Euro

05.07.0007 NT 0,00 Euro 2.108,20 Euro 2.108,20 Euro

Zu den streitigen Positionen im Einzelnen:

(1) Die von der Beklagtenseite abgerechnete Position 05.00.0001 (Aufnahme des Ist-Zustands) ist erbracht.

Diese Leistung war Gegenstand des Aufnahmetermins, der am 27. März 2019 durchgeführt wurde. An diesem Termin nahmen auf Klägerseite der Geschäftsführer Herr ### und Frau ###, für die Beklagtenseite Herr ###, für die Fa. Elektro ### GmbH Herr ### sowie von Seiten des Regierungspräsidiums Stuttgart Frau ### und Herr ### teil. Frau ### fertigte Aufmaßunterlagen an. Bei ihrer Vernehmung am 29. Februar 2024 schilderte sie, dass die entsprechenden Feststellungen auf der Baustelle vor Ort getroffen wurden. Herr ### und Herr ### seien an den Schaltschränken gewesen und hätten ihr alles vorgetragen. Sie habe dies sodann – in Anwesenheit der Beteiligten – in ihre Unterlagen übertragen. Hinsichtlich der unterschiedlichen Schreibfarben bei den handschriftlichen Eintragungen in den Unterlagen erklärte die Zeugin, dass sie die Unterlagen im Büro vorbereitet habe. Vermutlich habe sie dann mit einem andersfarbigen Kugelschreiber vor Ort die weiteren Eintragungen vorgenommen.

Die Position 05.00.0001 wird in dem von der Zeugin ausgefüllten Aufmaßblatt mit der Blatt Nr. 107 abgehandelt. Dieses ist – im Gegensatz zu den weiteren Aufmaßblättern – nicht an den dafür vorgesehenen Stellen von der Auftragnehmer- und der Auftraggeberseite unterzeichnet. Die Zeugin erklärte hierzu, man sei sich vor Ort nicht einig gewesen. Allerdings ergänzte sie, dass nach den ihr vorliegenden Unterlagen der Ist-Zustand von dem Beklagten 1 an Herrn ###, der vor ihr auf Seiten des Regierungspräsidiums zuständig war, mitgeteilt worden ist. Sie verwies dabei auf ein von ihr zur Einsicht vorgelegtes E-Mail-Schreiben der Klägerin an ein vom RP beauftragtes Planungsbüro vom 23. Juli 2018. Darin ist unter dem Betreff „Korrosionsschutz Arbeiten ###-Talbrücke“ von der Übersendung der Schadensaufnahme der Firma ### die Rede. Vom selben Tag, also dem 23. Juli 2018, datiert die E-Mail der Klägerseite an das RP, mit welchem „die noch fehlende Elektroplanung sowie Stücklisten der Fa. ###“ übersandt wurden. Hierauf antwortete Herr ### vom RP mit der E-Mail vom 24. Juli 2018. Darin wurde die Klägerseite aufgefordert, „die Werk- und Montageplanung vollständig einzureichen.“ Wenn aber das RP am 24. Juli 2018 zwar beanstandet hat, dass noch keine bzw. keine vollständige Werk- und Montageplanung vorliege, aber nicht auf das Fehlen oder die Unvollständigkeit der Aufnahme des Ist-Zustandes abstellt, kann davon ausgegangen werden, dass diese Position erbracht worden ist.

(2) Hinsichtlich der Position 05.00.0003 (Baustrom) steht der Beklagtenseite kein Anspruch zu.

Die Beklagtenseite macht in der Schlussrechnung vom 19. April 2021 insoweit den vollen Betrag von 1.512,00 Euro gelten. Nachdem das Vertragsverhältnis der Parteien aber vorzeitig beendet worden ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Position vollständig angefallen ist. Die Beklagtenseite hat aber auch keinen Vortrag dazu geleistet, weshalb gleichwohl diese Position vollständig abgerechnet werden können soll. Es kann auch nicht im Wege einer Schätzung entsprechend § 287 Abs. 1 und 2 ZPO ein Teilbetrag angesetzt werden. Hierfür fehlen die erforderlichen Schätzgrundlagen.

(3) Bei der Position 05.03.0006 besteht insoweit eine Differenz, als die Klägerin hierfür 381,64 Euro ansetzt, die Beklagtenseite hingegen 0,00 Euro. Zugunsten der Beklagtenseite ist der von der Klägerin zugestandene Betrag anzusetzen.

(4) Die Position 05.04.0001 betrifft die Kabelrinne 100 x 60 mm. Die erbrachten Leistungen sind von der Zeugin in dem Aufmaßblatt Nr. 125 detailliert unter Verweis auf die jeweilige Örtlichkeit (mit Angabe der Trägernummer) erfasst worden. Die Addition der von der Zeugin als erbracht vermerkten Massen beläuft sich auf 46,07 m. Dies entspricht der von der Beklagtenseite in der Schlussrechnung angesetzten Menge. Allerdings hat die Zeugin bei einem Teil der erbrachten Leistung vermerkt, dass diese „ohne Kantenschutz“ sei bzw. der Kantenschutz teilweise fehle.

Hieraus ergibt sich, dass ein Kantenschutz erforderlich gewesen wäre, dieser aber teilweise fehlt. Gemäß § 287 Abs. 1 und 2 ZPO wird deshalb hier ein Abzug von 1/6 vorgenommen, so dass für diese Position 1.698,60 Euro netto abzüglich 283,10 Euro netto, mithin 1.415,50 Euro netto anzusetzen ist.

(5) Bei der Position 05.07.0003 ist zugunsten der Beklagtenseite der von der Klägerin angegebene Wert von 669,02 Euro netto zugrundezulegen.

(6) Zur Position 05.08.0004 hat die Zeugin in dem Aufmaßblatt Nr. 126 vermerkt, dass von den 3-fach-Tasterkombinationen 1,00 Stück vorhanden ist. Davon sei 40 % erbracht. Dementsprechend sind nicht viermal 6,52 Euro netto anzusetzen, sondern lediglich einmal 6,52 Euro netto. Auf einen weiteren Abzug im Hinblick auf die Angabe, dass 40 % erbracht seien, wird verzichtet.

(7) Bezüglich der Position Wipp-Taster (05.08.0005) ist dem Aufmaßblatt Nr. 128 vermerkt, dass 10,00 Stück erbracht worden sind. Dementsprechend ist der von der Beklagtenseite angesetzte Betrag von 263,68 Euro netto anzusetzen, auch wenn insoweit in der Schlussrechnung lediglich 4,00 Stück angegeben sind.

(8) Zur Position 05.08.0006 (Steckdosenkombination) ist im Aufmaßblatt Nr. 127 angegeben, dass insgesamt 26 Stück, nämlich 12 Stück im Hohlkasten und 14 Stück in den Pfeilern, erbracht worden sind. Dementsprechend ist, wie von der Beklagtenseite in der Schlussrechnung angesetzt, hierfür ein Betrag von 8.815,04 Euro netto zu berücksichtigen, und nicht lediglich 1.356,16 Euro, wie die Klägerin vorträgt.

(9) Im Streit stehen zwischen den Parteien ferner die Positionen 05.02.0005 NT bis 05.07.0007 NT, für die in der Schlussrechnung der Beklagtenseite vom 19. April 2021 zusammen 21.051,52 Euro netto geltend gemacht wird.

Die Positionen 05.02.0005 NT, 05.02.0006 NT, 05.02.0007 NT und 05.02.0008 NT belaufen sich auf jeweils 711,20 Euro und betreffen Mehrkosten, weil jeweils ein größerer Unterverteilerschrank als im LV angesetzt eingebaut wurde.

Die Zeugin ### gab insoweit bei ihrer Vernehmung zur Überzeugung des Gerichts an, dass größere Schränke als die ursprünglich vorgesehenen Schränke eingebaut worden seien. Hintergrund sei gewesen, dass in den ursprünglich vorgesehenen kleineren Schränken nicht genügend Platz zum Einbau der erforderlichen Geräte gewesen wäre. Herr ###, der Vorgänger der Zeugin beim RP, habe den Einbau der größeren Schränke angeordnet, nachdem er von dem Beklagten auf dieses Problem hingewiesen worden sei.

Die Unterverteilerschränke sind auf den Fotos zu sehen, die sich beim Anhang zu der Anlage B 17, der Schlussrechnung der Beklagten vom 19. April 2021, befinden. Von Seiten der Klägerin ist im Termin am 29. Februar 2024 nicht in Abrede gestellt worden, dass es sich um größere als die im LV vorgesehenen Schränke handelt.

Es ist daher angemessen, der Beklagtenseite insoweit jeweils den Mehrbetrag von 711,20 Euro netto zuzugestehen.

(10) Die Nachtragspositionen 05.03.0014 NT, 05.03.0016 NT, 05.03.0017 NT, 05.03.0018 NT und 05.03.0019 NT betreffen Einbaukomponenten für Niederspannungshauptverteiler. Insoweit finden sich im Anhang zur Anlage B 17 nach den Fotos der Verteilerschränke Screenshots mit Kalkulationsgrundlagen. Schriftliche Nachtragsangebote fehlen insoweit aber ebenso wie Nachtragsbeauftragungen. Selbst wenn es insoweit eine „Abstimmung“ der Beklagtenseite mit Herrn ### vom RP gegeben haben sollte, wie im Anhang zur Anlage B 17 bei den Screenshots vermerkt ist, kann nicht von der Erbringung dieser Leistungen als Nachtragsleistungen im abgerechneten Umfang ausgegangen werden. Zwar hat die Beklagte zum Beweis dafür, dass sie die abgerechneten Leistungen erbracht hat, Beweis durch Sachverständigengutachten angeboten, so beispielsweise auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 15. Juni 2023. Bei den am 27. März 2019 von der Zeugin ### angefertigten Aufmaßunterlagen finden sich aber keine Angaben zu diesen Leistungen. Es ist daher nicht möglich, mittels eines Sachverständigengutachtens zu klären, ob die Beklagte diese Leistungen erbracht hat.

(11) Die Nachtragspositionen 05.10.0010 NT, 05.10.0011 NT und 05.10.0012 NT beziehen sich auf den Abschnitt 05.10 im Leistungsverzeichnis „Sonstige Leistungen“. Die Position 05.10.0010 NT betrifft wohl ebenso wie die Position 05.10.0011 NT eine Ertüchtigung der bestehenden Kabelrinne über die gesamte Brückenlänge inklusive Austausch von defekten Trägern und Befestigungsteilen, die Position 05.10.0012 NT eine Instandsetzung der Stegbeleuchtung und den Austausch von Leuchtmitteln. Auch insoweit helfen die Aufmaßunterlagen nicht weiter. Wie hinsichtlich der vorgenannten Positionen gilt auch hier, dass selbst dann, wenn es insoweit eine „Abstimmung“ der Beklagtenseite mit dem RP, hier Herrn ###, und einem Herrn ### gegeben haben sollte, nicht von der Erbringung dieser Leistungen als Nachtragsleistungen im abgerechneten Umfang ausgegangen werden kann. Durch Sachverständigenbeweis kann im Nachhinein nicht geklärt werden, ob und in welchem Umfang die Beklagtenseite diese Leistungen erbracht hat. Für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser Frage ist daher kein Raum.

(12) Die Nachtragspositionen 05.04.0017 NT und 05.04.0018 NT beziehen sich ausweislich der Positionsbezeichnung in der Schlussrechnung der Beklagtenseite auf die LV-Position 05.05. Es gibt auch hier weder ein Nachtragsangebot noch eine dokumentierte Nachtragsbeauftragung. Die Screenshots, die sich im Anhang zu der Anlage K 17, der Schlussrechnung der Beklagtenseite, befinden, besagen nichts über die Beauftragung und belegen auch nicht die Erbringung dieser Leistungen. Durch Sachverständigenbeweis kann im Nachhinein nicht geklärt werden, ob und in welchem Umfang die Beklagtenseite diese Leistungen erbracht hat. Für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser Frage ist daher kein Raum.

(13) Unter der Nachtragsposition 05.07.0007 NT macht die Beklagtenseite 2.108,20 Euro netto für eine Musterleuchte SITECO Floodlight 20LED zur Bemusterung vor Ort geltend.

Hierfür gibt es weder ein Nachtragsangebot noch eine Nachtragsbeauftragung. Auch kann den Aufmaßunterlagen nicht die Erbringung dieser Leistung durch die Beklagtenseite entnommen werden.

dd) Der Beklagtenseite steht also ein Vergütungsanspruch für die erbrachten Leistungen zu, der sich wie folgt zusammensetzt:

Titel 05.00

05.00.0001 416,00 Euro

05.00.0003 0,00 Euro

Titel 05.01

05.01.0001 218,16 Euro

Titel 05.02

05.02.0001 1.655,11 Euro

05.02.0002 1.474,85 Euro

05.02.0003 1.618,42 Euro

05.02.0004 1.655,11 Euro

Titel 05.03

05.03.0001 83,88 Euro

05.03.0002 640,96 Euro

05.03.0003 297,04 Euro

05.03.0005 885,15 Euro

05.03.0006 381,64 Euro

05.03.0008 958,20 Euro

05.03.0012 636,16 Euro

Titel 05.04

05.04.0001 1.415,50 Euro

Titel 05.07

05.07.0003 669,02 Euro

05.07.0005 416,00 Euro

Titel 05.08

05.08.0004 6,52 Euro

05.08.0005 263,68 Euro

05.08.0006 8.815,04 Euro

Nachträge

05.02.0005 NT 711,20 Euro

05.02.0006 NT 711,20 Euro

05.02.0007 NT 711,20 Euro

05.02.0008 NT 711,20 Euro

05.03.0014 NT 0,00 Euro

05.03.0016 NT 0,00 Euro

05.03.0017 NT 0,00 Euro

05.03.0018 NT 0,00 Euro

05.03.0019 NT 0,00 Euro

05.10.0010 NT 0,00 Euro

05.10.0011 NT 0,00 Euro

05.11.0012 NT 0,00 Euro

05.04.0017 NT 0,00 Euro

05.04.0018 NT 0,00 Euro

05.04.0007 NT 0,00 Euro

Summe 25.351,24 Euro

Als Vergütung für erbrachte Leistungen kann daher lediglich ein Betrag von 25.351,24 Euro angesetzt werden.

h) Insgesamt ergibt sich daher folgende Berechnung hinsichtlich des Klageantrags Ziff. 1:

Anspruch der Klägerin auf Fertigstellungsmehrkosten: 81.381,19 Euro

Eigener Aufwand 0,00 Euro

Bürgschaftskosten: 4.605,15 Euro

abzügl. Vergütung d. Bekl. für erbrachte Leistungen: – 25.351,24 Euro

ergibt: 60.635,10 Euro.

Der Betrag ist gemäß §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 291 BGB zu verzinsen. Die Zustellung der Klageschrift an die Beklagtenseite erfolgte am 22. April 2021. Zinsen sind daher ab dem 23. April 2021 geschuldet. Der Zinssatz beträgt gemäß § 288 Abs. 2 BGB 9 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz, da an dem Rechtsgeschäft kein Verbraucher beteiligt ist.

2. Zum Klageantrag Ziff. 2

Die Klägerin hat ferner Anspruch gegen den Beklagten 1 auf Erstattung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.642,40 Euro.

Geltend gemacht wird ausweislich der pro-forma-Rechnung des Klägervertreters vom 20. März 2021 an die Klägerin eine 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 99.708,37 Euro, also ein Betrag von 1.933,90 Euro zuzüglich der Auslagenpauschale von 20,00 Euro, insgesamt also 1.953,90 Euro.

In der pro-forma-Rechnung ist der Vermerk enthalten, das Honorar sei bereits im Rahmen der Honorarvereinbarung bezahlt.

Die Anwaltskosten, die als Schadensersatz zu erstatten sind, sind aber nur aus einem Gegenstandswert von 60.635,10 Euro zu berechnen (s.o.).

Eine 1,3 Geschäftsgebühr aus diesem Streitwert beläuft sich auf 1.622,40 Euro

zzgl. Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro

Ergibt: 1.642,40 Euro.

Der Betrag ist ab dem 23. April 2021 mit fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich zu verzinsen.

3. Zu den Klageanträgen Ziff. 2a. und Ziff. 2 b.

Die Klägerin hat ferner Anspruch gegen den Beklagten 1 gemäß ihren mit Schriftsatz vom 12. Januar 2023 und mit Schriftsatz vom 12. Januar 2023 im Wege der Klageerweiterung gestellten Klageanträgen Ziff. 2a. und Ziff. 2c. auf Zahlung von Avalprovision für den Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2022 in Höhe von 694,17 Euro und für den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 24. November 2022 in Höhe von 748,95 Euro.

Der Anspruch ergibt sich aus § 648a Abs. 1 BGB a.F. Zur Begründung wird auf die Ausführungen oben unter A. II. 1. f) ff) verwiesen.

Die Zustellung des Klageerweiterungsschriftsatzes vom 17. Januar 2022 an die Beklagtenseite erfolgte am 30. Januar 2022. Der Betrag von 694,17 Euro ist daher gemäß §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 291 BGB ab dem 31. Januar 2022 mit 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Zustellung des Klageerweiterungsschriftsatzes vom 12. Januar 2023 an die Beklagtenseite erfolgte am 16. Januar 2023. Der Betrag von 748,95 Euro ist gemäß §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 291 BGB ab dem 17. Januar 2023 mit 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Die Zinshöhe ergibt sich aus § 288 Abs. 2 BGB.

4. Zum ursprünglichen Klageantrag Ziff. 3

Soweit die Klägerin mit ihrem Klageantrag Ziff. 3 zunächst die Herausgabe einer Bürgschaft der [Name Kreditinstitut] in Höhe von 70.000,00 Euro verlangte hatte, haben die Parteien diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung am 29. Februar 2024 übereinstimmend für erledigt erklärt.

B.

Widerklage

Die Widerklage ist zulässig, aber nicht begründet.

I.

Zulässigkeit

Die Widerklage ist zulässig.

Das Landgericht ist für die Widerklage zuständig.

Die Widerklage wird von beiden Beklagten erhoben. Dies hat der Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 31. August 2022 klargestellt.

II.

Begründetheit

Die Widerklage ist nicht begründet. Zwar hat die Klägerin die erbrachten Leistungen dem Beklagten 1 zu vergüten. Ein Anspruch auf Vergütung für nicht erbrachte Leistungen besteht hingegen nicht, da die Klägerin den Nachunternehmervertrag berechtigt gekündigt hat. Der Vergütungsanspruch für die erbrachten Leistungen ist aber bereits durch die zumindest konkludent erklärte Aufrechnung der Klägerin erloschen.

1. Die Beklagten haben keinen Anspruch gegen die Klägerin auf Zahlung von 58.629,32 Euro.

a) Hinsichtlich der vertraglichen Grundlagen, insbesondere der Frage, wer auf Auftragnehmerseite Partei des Nachunternehmervertrags vom 8. November 2017 geworden ist, wird auf die Ausführungen im Rahmen der Klage verwiesen.

b) Auch bezüglich der Frage, ob das Vertragsverhältnis von der Klägerin wirksam gemäß § 8 Abs. 3 VOB/B beendet worden ist, wird auf die Ausführungen im Rahmen der Klage verwiesen.

c) Die Widerklage wird auf die Schlussrechnung vom 19. April 2021 gestützt.

Darin werden für erbrachte Leistungen einschließlich Nachträgen 44.656,47 Euro und für nicht erbrachte Leistungen 13.972,85 Euro geltend gemacht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schlussrechnung verwiesen.

d) Dem Beklagten 1 steht aber kein Zahlungsanspruch für die erbrachten Leistungen und für nicht erbrachte Leistungen zu. Hinsichtlich der Beklagten 2 scheitert ein Zahlungsanspruch schon daran, dass sie nicht Vertragspartnerin der Klägerin geworden ist.

Wie oben unter A. II. 1. dargelegt worden ist, steht der Klägerin ein Zahlungsanspruch zu. Bei der Berechnung dieses Zahlungsanspruchs ist die Vergütung der Beklagtenseite für die erbrachten Leistungen bereits mit 25.351,24 Euro berücksichtigt worden. Auf die Ausführungen unter A. II. 1. g) wird verwiesen.

Auch hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen kann die Beklagtenseite keine Zahlung von 5 % des Wertes der nach ihrem Vortrag nicht ausgeführten Leistungen verlangen. Wie bereits dargelegt worden ist, hat die Klägerin den Nachunternehmervertrag bereits außerordentlich fristlos gekündigt. Die Beklagtenseite hat daher keinen Vergütungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B oder § 649 S. 2 BGB i.d.F. bis zum 31. Dezember 2017.

2. Den Beklagten steht daher auch kein Zinsanspruch zu.

C.

Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §§ 91, 91a Abs. 1 S. 1, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO und den Grundsätzen der Baumbach’schen Kostenentscheidung.

Hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrags Ziff. 2b., der auf die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung weiterer anfallender Avalprovision gerichtet war, hat die Klägerin zwar mit Schriftsatz vom 12. Januar 2023 erklärt, dieser Anspruch sei erledigt. Allerdings liegt insoweit kein Fall der Erledigung im prozessualen Sinne vor. Vielmehr handelt es sich um eine zulässige Klageänderung, da die Klägerin in dem Schriftsatz vom 12. Januar 2023 stattdessen die weiter angefallene Avalprovision mit ihrem neuen Klageantrag Ziff. 2c. geltend gemacht hat.

Eine Erledigung im prozessualen Sinn liegt allerdings hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrags Ziff. 3 der Klägerin vor. Diesen Antrag haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 29. Februar 2024 übereinstimmend im Hinblick auf die erfolgte Rückgabe der Bürgschaft für erledigt erklärt. Daher war insoweit gemäß § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen über die Kosten zu entscheiden. Die Kosten sind insoweit dem Beklagten aufzuerlegen, da er zur Herausgabe der Bürgschaft verurteilt worden wäre, wenn die Bürgschaft nicht herausgegeben worden wäre.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Die Streitwertbemessung erfolgt gemäß § 48 GKG, §§ 3, 6 ZPO und berechnet sich wie folgt:

Klage:

Klageantrag Ziff. 1 99.708,38 Euro

Klageantrag Ziff. 2 nicht werterhöhend

Klageantrag Ziff. 2a. 694,17 Euro

Klageantrag Ziff. 2b u. 2c. 748,95 Euro

Klageantrag Ziff. 3 21.000,00 Euro

Widerklage: 58.629,32 Euro

Summe: 180.780,82 Euro.

Der Wert für den Klageantrag Ziff. 3 war auf 30 % der Bürgschaftssumme von 70.000,00 Euro, also 21.000,00 Euro zu veranschlagen.

OLG Zweibrücken ua zu der Frage, dass eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauunternehmens, wonach „beide Parteien (…) ab Vertragsunterzeichnung bis Ablauf eines Jahres an den vereinbarten Preis gebunden (sind), vorausgesetzt, die Bauarbeiten werden innerhalb von drei Monaten nach Vertragsabschluss begonnen. Ist dies nicht möglich, gilt der neue Listenpreis.“, den Besteller unangemessen benachteiligt und unwirksam ist

OLG Zweibrücken ua zu der Frage, dass eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauunternehmens, wonach "beide Parteien (...) ab Vertragsunterzeichnung bis Ablauf eines Jahres an den vereinbarten Preis gebunden (sind), vorausgesetzt, die Bauarbeiten werden innerhalb von drei Monaten nach Vertragsabschluss begonnen. Ist dies nicht möglich, gilt der neue Listenpreis.", den Besteller unangemessen benachteiligt und unwirksam ist

vorgestellt von Thomas Ax

1. Ein Pauschalpreis ist ein grundsätzlich unveränderlicher Festpreis. Etwas anderes gilt, wenn eine Preisgleitklausel wirksam vereinbart wurde.
2. Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauunternehmens, wonach „beide Parteien (…) ab Vertragsunterzeichnung bis Ablauf eines Jahres an den vereinbarten Preis gebunden (sind), vorausgesetzt, die Bauarbeiten werden innerhalb von drei Monaten nach Vertragsabschluss begonnen. Ist dies nicht möglich, gilt der neue Listenpreis.“, benachteiligt den Besteller unangemessen und ist unwirksam.
3. Weigert sich der Unternehmer, den Vertrag zum vereinbarten Festpreis zu erfüllen, ist der Besteller zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt und kann vom Unternehmer diejenigen Mehrkosten ersetzt verlangen, die ihm durch Beauftragung eines Drittunternehmers mit der Herstellung des ursprünglich vom Unternehmer zu errichtenden Hauses entstehen.
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 13.07.2023 – 5 U 188/22
vorhergehend:
LG Kaiserslautern, 14.12.2022 – 2 O 274/22


Tenor

1. Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gegen das Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 14.12.2022, Az. 2 O 274/22, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme für die Beklagte bis zum 09.08.2023.

Gründe

I.

Die Parteien schlossen am 16.12.2020 einen Vertrag, in dem sich die Beklagte gegenüber den Klägern dazu verpflichtete, zu einem Pauschalpreis in Höhe von 301.358,00 Euro ein Massivhaus auf einem bestimmten Baugrundstück zu errichten. Hierzu verwendeten die Parteien ein Vertragsmuster der Beklagten, in dem es unter § 3 Abs. 3 auszugsweise heißt:

„Beide Parteien sind ab Vertragsunterzeichnung bis Ablauf eines Jahres an den oben vereinbarten Preis gebunden, vorausgesetzt, die Bauarbeiten werden innerhalb von 3 Monaten nach Vertragsabschluss begonnen. Ist dies nicht möglich, gilt der neue Listenpreis. (…)“

Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarung wird auf die zur Akte gereichten Vertragsunterlagen (Anlagen K1-K3, eA I 7 ff.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 24.06.2021 teilte die Beklagte den Klägern unter Berufung auf die vorbezeichnete Vertragsklausel eine Preiserhöhung auf 350.315,75 Euro mit. Mit Schreiben vom 10.09.2021 widersprachen die Kläger der Preiserhöhung und forderten die Beklagte auf, binnen zwei Wochen ab Zugang des Schreibens mit den Bauarbeiten zu beginnen. Hierauf teilte die Beklagte den Klägern mit Schreiben vom 28.09.2021 unter anderem mit, dass es für sie unzumutbar und existenzgefährdend sei, am vereinbarten Festpreis festzuhalten, woraufhin die Kläger mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 29.10.2021 erklärten, den Vertrag zu kündigen.

Die Kläger beauftragten sodann ein anderes Unternehmen ebenfalls zu einem Festpreis mit der Errichtung eines Massivhauses auf ihrem Baugrundstück. Sie begehren vorliegend die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für hierdurch entstehende Kostensteigerungen.

Die Kammer hat der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die Klageabweisung beantragt.

II.

1. Die zulässige Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Zu Recht hat das Landgericht die von den Klägern verlangte Feststellung ausgesprochen. Der Senat macht sich die Ausführungen des Erstrichters auf den Seiten 4 bis 9 des angegriffenen Urteils mit den nachfolgenden Einschränkungen und Ergänzungen zu eigen. Auch die übrigen Voraussetzungen einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss (vgl. § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4 ZPO) liegen vor.

a) Mit ihrer Feststellungsklage erstreben die Kläger bei sachgerechter Auslegung ihres Klageantrags anhand des von ihnen verfolgten Rechtsschutzziels (Klageschrift, Seite 3 Mitte / unten = eA I 3 Mitte / unten) die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für Schäden, die darauf zurückzuführen sind, dass die Beklagte es endgültig abgelehnt hat, den Vertrag über die Errichtung des im Ausspruch beschriebenen Massivhauses auf dem dort bezeichneten Grundstück zu der vereinbarten Vergütung zu erfüllen.

b) Die Feststellungsklage ist zulässig.

Entgegen der Auffassung der Berufung fehlt es nicht am dafür notwendigen Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO). Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist gegeben, wenn dem Recht der Klagepartei eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Bei einer positiven Feststellungsklage liegt eine solche Gefährdung in der Regel schon darin, dass der Beklagte das Recht des Klägers ernstlich bestreitet (BGH, Urteil vom 7. Februar 1986 – V ZR 201/84, m.w.N.). So liegt es hier, weil die Beklagte einen Schadensersatzanspruch der Kläger mit der Verteidigung ihrer Weigerung, das Haus zum vertraglich vereinbarten Pauschalpreis von 301.358,00 Euro zu errichten, schon dem Grunde nach in Abrede stellt.

Der Annahme eines rechtlichen Interesses i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO steht auch nicht entgegen, dass die Feststellungsklage auf den Ausgleich eines Vermögensschadens gerichtet ist. Die Zulässigkeit eines solchen Feststellungsantrags setzt die Darlegung von Tatsachen voraus, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens ergibt (bspw. BGH, Urteil vom 26.07.2018 – I ZR 274/16 und vom 04.03.2015 – IV ZR 36/14, jeweils m.w.N.). Das ist den Klägern gelungen. Sie haben – jedenfalls insoweit von der Beklagten unbestritten (Replik, Seite 10 oben/Mitte = eA I 133 oben / Mitte: („das zwischenzeitlich beauftragte Unternehmen“) – vorgetragen, mittlerweile ein anderes Bauunternehmen mit der Errichtung eines Massivhauses auf dem in Rede stehenden Baugrundstück beauftragt zu haben. Dass die Beklagte den von den Klägern behaupteten – den zwischen den Parteien vereinbarten Pauschalpreis übersteigenden – Angebotspreis bestritten hat (Klageerwiderung, Seite 12 Mitte / unten = eA I 69 Mitte / unten), ist ohne Belang. Denn wie sie selbst – zutreffend – vorträgt, steigen die Kosten für Baumaterial seit dem Jahr 2020 kontinuierlich an, so dass alleine der Umstand einer zeitlich nachfolgenden Beauftragung der S… G… eine vergleichsweise hohe Preisabrede und damit den Eintritt eines Schadens als hinreichend wahrscheinlich erscheinen lässt.

Da – wie die Kläger auf Seite 4 Mitte der Klageschrift (eA I 4 Mitte) unbestritten vorgetragen haben – auch der Angebotspreis der S… G… auf dem die spätere Beauftragung basiert, Preisanpassungen unterworfen sein kann, steht es den Klägern auch frei, die Feststellung der Ersatzpflicht in vollem Umfang zu verlangen (unabgegrenzte Schadensentwicklung, vgl. bspw. BGH, Urteil vom 19.04.2016 – VI ZR 506/14, m.w.N.).

Der Klageantrag bezeichnet das festzustellende Rechtsverhältnis noch hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Anders als die Beklagte meint, umreißt er die der Beklagten zur Last gelegte Pflichtverletzung durch Benennung des Vertragsdatums, der Spezifikationen des zu errichtenden Hauses und der vereinbarten Vergütung (noch) ausreichend präzise. Mit seinen am Klageantrag ausgerichteten Ausspruch ist das angefochtene Urteil auch der Rechtskraft fähig. Die Reichweite der Bindungswirkung des Feststellungsurteils könnte von zur Entscheidung im Betragsverfahren berufenen Gerichten hinreichend präzise ermittelt werden. Reichen Urteilsformel, Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht aus, um den Rechtskraftgehalt (§ 322 Abs. 1 ZPO) zu ermitteln, ist erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen ergänzend heranzuziehen (BGH, Urteil vom 14.02.2008 – I ZR 135/05, m.w.N.). Zugunsten der Beklagten kann rechtlich unterstellt werden, dass der Rechtskraftgehalt des Feststellungsausspruchs aus den Bestandteilen der angefochtenen Entscheidung allein nicht hinreichend genau ermittelt werden kann. Denn dann müsste der Klagevortrag in den Blick genommen werden, aus dem sich eindeutig ergibt, dass die Kläger der Beklagten zur Last legen, das in Rede stehende Haus nicht am vertraglich festgehaltenen Baugrundstück errichtet zu haben (Klageschrift, Seite 3 Mitte = eA I 3 Mitte).

c) Die Feststellungsklage ist auch begründet.

Den Klägern steht gegen die Beklagte dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz derjenigen Mehrkosten zu, die ihnen durch die Vornahme eines Deckungsgeschäfts (Beauftragung eines anderen Unternehmens mit der Herstellung des ursprünglich von der Beklagten zu errichtenden Massivhauses) entstehen (§ 280 Abs. 1 BGB).

Die Parteien haben einen Verbraucherbauvertrag (§§ 631, 650a Abs. 1 Satz 1, 650i Abs. 1 BGB) geschlossen, der bis zur Kündigung durch die Kläger auch Rechtswirkung entfaltet hat. Denn anders als die Beklagte offenbar meint (zuletzt BB 4 = eA II 4), wurde der Vertrag – ersichtlich – nicht unter der aufschiebenden Bedingung des Baubeginns innerhalb von 3 Monaten nach Vertragsabschluss geschlossen. Insoweit nimmt der Senat vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen bei LGU 8 Abs. 1 Bezug. Soweit die Berufung den Erwägungen des Landgerichts unter Verweis auf die Bestimmung des § 10 Abs. 6 VOB/A entgegentritt (BB 4 Abs. 3 = eA II 25 Abs. 3), erschließt sich dem Senat der zugrundeliegende Gedankengang schon im Ausgangspunkt nicht. Indessen zielt der Einwand bereits deshalb ins Leere, weil die Parteien die Geltung der VOB/A nicht vereinbart haben.

Indem die Beklagte die Herstellung des Massivhauses von einer Mehrvergütung, die ihr nicht zustand (dazu sogleich), abhängig gemacht hat, hat sie – von ihr zu vertreten (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) – eine Pflicht aus dem mit den Klägern geschlossenen Vertrag verletzt.

Die Beklagte war nicht berechtigt, die Herstellung des Werks zum ursprünglich vereinbarten Pauschalpreis unter Verweis auf ein ihr zustehendes Recht (§ 3 Abs. 3 des Vertrages) bzw. einen Anspruch auf Anpassung der Preisabrede (§ 313 Abs. 1 BGB) zu verweigern.

§ 3 Abs. 3 des Vertrages ist unwirksam.

Ob dies bereits ohne Weiteres aus § 309 Nr. 1 BGB folgt, oder ob das Klauselverbot im Streitfall nicht einschlägig ist, da die Parteien gegebenenfalls deshalb keine Leistungserbringung innerhalb von 4 Monaten nach Vertragsschluss vereinbart haben, weil schon die zeitliche Festlegung des Baubeginns erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen sollte (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Vertrag = eA I 10), kann offenbleiben. Denn wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich die Unwirksamkeit der Klausel jedenfalls aus § 307 BGB.

Der Erstrichter hat sich zu Recht auf den Standpunkt gestellt, dass die vorbezeichnete, von der Beklagten gestellte (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB) Formularklausel (§ 3 Abs. 3 des Vertrages) sich an § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB messen lassen muss. Die Berufung irrt, wenn sie (sinngemäß) meint, bei der Vergütungsregelung gemäß § 3 Abs. 1, 3 und 4 des Vertrages handle es sich insgesamt um eine nicht kontrollfähige Preishauptabrede über einen variablen Werklohn. Denn eine Vergütungsregelung unterliegt, dann, wenn sie – wie hier § 3 Abs. 3 des Vertrages – künftige Veränderungen des bei Vertragsschluss vereinbarten Werklohns zum Gegenstand hat einer über das Transparenzgebot hinausgehenden Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 BGB, weil es sich um eine Preisnebenabrede handelt. Diese hat zwar mittelbare Auswirkungen auf den Preis, bestimmt aber anders als die Hauptabrede – hier die Vereinbarung eines Festpreises (§ 3 Abs. 1 des Vertrages) – nicht Grund und Umfang der Vergütung. Sie regelt dessen mögliche Änderung im Laufe der Vertragsdurchführung. Eine Preisnebenabrede wie § 3 Abs. 3 des Vertrages weicht damit von dem das dispositive Recht beherrschenden Grundsatz, nach dem die Preisvereinbarung der Parteien bei Vertragsschluss für die gesamte Vertragsdauer bindend ist, ab. Sie ist daher der Inhaltskontrolle unterworfen (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB; vgl. bspw. BGH, Urteil vom 14.05.2014 – VIII ZR 114/13, m.w.N.)

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht auch angenommen, dass die in Rede stehende Klausel den Vertragspartner der Beklagten als Verwenderin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Denn sie ermöglicht es der Verwenderin, den vereinbarten Werklohn – durch die Festlegung ihrer Listenpreise – über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen (etwa der Lohn- und Materialkosten) hinaus ohne Begrenzung einseitig anzuheben. Das benachteiligt ihre Vertragspartner – die Besteller eines Hauses zu einem Festpreis – deshalb unangemessen, weil sie der Formulierung der Klausel nicht bereits bei Vertragsschluss entnehmen können, in welchem Umfang Preiserhöhungen auf sie zukommen könnten. Gerade der Besteller eines Neubaus ist hierauf aber in besonderem Maße angewiesen, weil oft die ganze Finanzierung auf den Festpreis ausgerichtet ist, sich aber durch die Größenordnung der jeweils vereinbarten Vergütung schon prozentual vermeintlich geringfügige Änderungen erheblich zu seinem Nachteil auswirken und an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit bringen können (vgl. zu einer im Wesentlichen identischen Klausel BGH, Urteil vom 20.05.1985 – VII ZR 198/84, zu § 9 Abs. 1 AGBGB).

Ob eine Preisanpassungsklausel wie die vorliegende dann einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhalten würde, wenn der Vertrag dem Besteller für den Fall der Preiserhöhung eine folgenlose Lösungsmöglichkeit einräumt, bedarf keiner Entscheidung. Denn ein solches Lösungsrecht sieht der vorliegende Vertrag nicht vor. (Auch) bei dem von der Berufung angeführten Recht zu freien Kündigung handelt es sich, wie sie selbst erkennt (BB 6 Abs. 3 = eA II 27 Abs. 3), gerade nicht um solch eine Lösungsmöglichkeit.

Da eine Aufrechterhaltung der Klausel mit dem Inhalt, dass sie ausschließlich auf Material- und Lohnpreissteigerungen Anwendung findet, ausscheidet (Verbot der geltungserhaltenden Reduktion) und der Vertrag im Übrigen wirksam geblieben ist (§ 306 Abs. 1 BGB), ist es im Streitfall bis zur Kündigung beim vereinbarten Festpreis verblieben.

Ein Anspruch auf Preisanpassung, der die Beklagte dazu berechtigt hätte, die Herstellung zum vereinbarten Pauschalpreis zu verweigern, stand ihr auch unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) nicht zu. Auch dies hat der Erstrichter zutreffend erkannt. Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage ist dann kein Raum, wenn es um Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen – wie hier infolge der Vereinbarung eines Festpreises das Kostenrisiko für die Beschaffung von Baumaterial – in den Risikobereich alleine einer der Parteien, hier der Beklagten, fallen sollen. Eine solche vertragliche Regelung schließt für den Betroffenen regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen (bspw. BGH, Urteil vom 09.03.2010 – VI ZR 52/09 m.w.N.). Ob die hier gegenständliche Materialpreissteigerung von – wie die Beklagte vorträgt – ca. 17 % (BB 6 unten = eA II 27 unten) noch eine „normale“ Preisschwankung darstellt, mit der sie bei Vertragsschluss ohne Weiteres hätte rechnen müssen, oder ob diese Steigerung bereits so außerordentlich ist, dass trotz Festpreisvereinbarung nicht ohne Weiteres von einer so weitgehenden einseitigen Risikoübernahme ausgegangen werden könnte, kann dahingestellt bleiben. Letzteres kann rechtlich zugunsten der Beklagten unterstellt werden. Denn selbst dann, wenn man zu ihren Gunsten weiterhin ein „erhebliches Verlustgeschäft“ (BB aaO = eA II aaO) unterstellt, war ihr die Herstellung des Hauses zum ursprünglich vereinbarten Festpreis nicht unzumutbar (§ 313 Abs. 1 BGB). Angesichts der überragenden Bedeutung, die dem Grundsatz der Vertragstreue zukommt, ist die Berufung auf eine Störung der Geschäftsgrundlage nur dann zulässig, wenn dies zur Vermeidung eines „untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nicht zumutbaren Ergebnisses unabweislich erscheint. Dies kann jedoch dann nicht angenommen werden, wenn die betroffene Partei die Möglichkeit gehabt hätte, ein für sie untragbares und unzumutbares Ergebnis zu vermeiden“ (BGH, Urteil vom 08.02.1978 – VIII ZR 221/76, m.w.N.). Diese Möglichkeit hatte die Beklagte hier. Sie hat sie nicht genutzt. Insbesondere zur Absicherung der Gefahr von Materialpreissteigerungen hat sie eine Formularklausel gestellt, die ihr ein Preisanpassungsrecht einräumen sollte. Wäre die Bestimmung wirksam, hätte die Beklagten eine Vergütungsanpassung auch bei exorbitanten Kostensteigerungen erwirken können. Dass sie die Risikoabsicherung mithilfe einer unwirksamen Vertragsbestimmung verfolgt hat, die ihre Kunden treuwidrig unangemessen benachteiligt, kann sie nicht entlasten. Denn hierdurch hat sich nur ein weiteres Risiko verwirklicht, das sie selbst durch die Verwendung dieser AGB in Verbraucherverträgen eingegangen ist.

Die Weigerung der Beklagten, den Vertrag zum vereinbarten Festpreis zu erfüllen, ist auch ursächlich für ihre Kündigung und die Entscheidung der Kläger gewesen, das Massivhaus durch ein anderes Unternehmen errichten zu lassen.

Ihre Vertragskündigung hindert die Kläger nicht daran, Ersatz der Mehrkosten des Deckungsgeschäfts zu verlangen. Es kann dahinstehen, ob ihre Kündigung den Vertrag als außerordentliche oder freie Kündigung (§ 140 BGB) beendet hat: Für eine Kündigung aus wichtigem Grund stellt § 648a Abs. 6 BGB klar, dass die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, durch die Kündigung nicht ausgeschlossen wird. Nach einer freien Kündigung kann der Besteller dann Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn er auch berechtigt war, den Vertrag außerordentlich zu kündigen (bspw. BGH, Urteil vom 15.12.1998 – X ZR 90/96). So liegt es hier. Den Klägern stand aufgrund der unberechtigten Weigerung der Beklagten, zum vereinbarten Festpreis zu erfüllen, die sie auch nach dem zutreffenden Hinweis der Kläger auf die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel (Schreiben der Kläger vom 10.09.2021 = eA I 41) und nach Inanspruchnahme rechtlicher Beratung beharrlich aufrechterhaltenen hat (Schreiben der Beklagten vom 28.09.2021, Seite 1 = eA I 43), das Recht zur außerordentlichen Vertragskündigung zu (vgl. bspw. BGH, Urteil vom 29.06.1989 – VII ZR 330/87, m.w.N.).

Weil die Kläger demnach so zu stellen sind, wie sie stünden, wäre die vorbezeichnete Vertragsverletzung der Beklagten nicht erfolgt und es nicht zur Kündigung gekommen, hat die Beklagte den Klägern diejenigen Mehrkosten zu ersetzen, die ihnen durch die Beauftragung eines anderen Unternehmers mit der Errichtung des Massivhauses auf ihrem Baugrundstück entstehen (Kündigungsfolgeschaden).

Ob und falls ja inwieweit das von der ### gebaute Haus am Ende von der ursprünglichen Planung und Ausstattung des ursprünglichen Gebäudes abweicht, und ob auf solchen Abweichungen beruhende Mehrkosten ersatzfähig sind, ist für den vorliegenden Feststellungsprozess ohne Bedeutung. Es handelt sich um Fragen der äquivalenten und adäquaten Schadenskausalität, die im Betragsverfahren zu klären sind.

d) Auch wenn der Feststellungsausspruch des Landgerichts bereits als Grundlage für die Durchführung des Betragsverfahrens taugt (siehe oben a und b), der Beklagten also auch bei einer Rücknahme des Rechtsmittels keine Nachteile entstünden, beabsichtigt der Senat, ihn im Fall der Beschlusszurückweisung der Berufung klarstellend dahin neu zu fassen, dass festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern denjenigen Schaden zu ersetzen, der auf die Weigerung der Beklagten, den am 16.12.2020 geschlossenen Vertrag zur Errichtung eines ### mit dem im Tenor des Landgerichts ausgeführten Spezifikationen auf dem Baugrundstück ### zum Pauschalpreis von 301.358,00 Euro zu erfüllen, zurückzuführen ist.

2. Da die Berufung nach alledem keine Aussicht auf Erfolg hat, legt der Senat der Beklagten aus Kostengründen die Rücknahme des Rechtsmittels nahe. Im Fall der Rücknahme ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

OLG Köln ua zu der Frage, dass sich die Höhe des Vorschussanspruchs zur Mängelbeseitigung nach den – aus Sicht eines vernünftigen, wirtschaftlich denkenden und sachkundig beratenen Bestellers – für die Mängelbeseitigung voraussichtlich erforderlichen Aufwendungen bemisst, die sich durch Gutachten oder Einholung von Angeboten ermitteln lassen

OLG Köln ua zu der Frage, dass sich die Höhe des Vorschussanspruchs zur Mängelbeseitigung nach den - aus Sicht eines vernünftigen, wirtschaftlich denkenden und sachkundig beratenen Bestellers - für die Mängelbeseitigung voraussichtlich erforderlichen Aufwendungen bemisst, die sich durch Gutachten oder Einholung von Angeboten ermitteln lassen

vorgestellt von Thomas Ax

1. Ob ein Rechtsgeschäft trotz eines Gesetzesverstoßes gültig ist, muss im Einzelfall durch Auslegung der jeweiligen Verbotsnorm ermittelt werden, wobei dem Normzweck eine entscheidende Bedeutung zukommt.
2. Der Vertrag kann nur aufrechterhalten werden, wenn er im Übrigen auch ohne die verbotene Abrede (hier: Erlangung nicht zustehender Fördermittel) zu denselben Bedingungen – insbesondere mit derselben Gegenleistung – abgeschlossen worden wäre.
3. Aus der Gesamtschau der Verbotsnorm des § 263 StGB in Verbindung mit den Vorschriften über die Förderung durch die KfW ergibt sich, dass durch die KfW lediglich energetisch förderungswürdige Vorhaben bezuschusst werden sollen. Diesem Förderungszweck lässt sich nicht entnehmen, dass vom Gesetzgeber beabsichtigt war, Rechtsgeschäfte (und auch den mit ihnen zusammenhängenden Leistungsaustausch) ähnlich den Schwarzarbeiter-Fällen in Gänze zu verhindern.
4. Die verbotswidrige und damit nichtige Absprache kann teilweise aufrechterhalten werden, wenn der Hauptzweck des Vertrags nicht das Erschleichen von Fördermitteln war.
5. Der Begriff der allgemein anerkannten Regeln der Technik umfasst alle überbetrieblichen technischen Normen, zu denen beispielsweise die DIN-Normen, die ETB, die Richtlinien des VDI, die Flachdachrichtlinien gehören, sowie die mündlich überlieferten technischen Regeln. Das WTA Merkblatt E-2-13 Ausgabe 04.2014/D (Wärmedämm-Verbundsysteme) beinhaltet anerkannte Regeln der Technik.
6. Die Höhe des Vorschussanspruchs zur Mängelbeseitigung bemisst sich nach den – aus Sicht eines vernünftigen, wirtschaftlich denkenden und sachkundig beratenen Bestellers – für die Mängelbeseitigung voraussichtlich erforderlichen Aufwendungen, die sich durch Gutachten oder Einholung von Angeboten ermitteln lassen. Der Besteller kann die Kosten bei Vorliegen greifbarer Anhaltspunkte auch laienhaft schätzen.
7. Die Anforderungen an die Darlegungslast sind deshalb nicht hoch, zumal der Vorschuss eine vorläufige Zahlung ist, über die am Ende abgerechnet werden muss. Erforderlich sind die Aufwendungen, die mit Sicherheit der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands dienen.
OLG Köln, Urteil vom 15.06.2023 – 7 U 5/23
vorhergehend:
LG Aachen, 07.12.2022 – 4 O 24/22
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 17.01.2024 – VII ZR 139/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)


Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 07.12.2022 zum Az. 4 O 24/22 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt die Beklagte.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 152.131,14 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten neben dem Ersatz von Sachverständigen- und Rechtsanwaltskosten Kostenvorschuss sowie Feststellung der Ersatzpflicht für den Vorschuss übersteigende Kosten wegen mangelhafter Ausführung von Arbeiten am Wärmedämm-Verbundsystem (WDVS) am Objekt C.-straße N01 in N02 Y..

Der Kläger ließ an dem genannten Objekt umfangreiche Sanierungs- und Neubaumaßnahmen durchführen. Dazu erteilte der Kläger der Beklagten den Auftrag sowohl für das WDVS als auch für Innenputzarbeiten; streitig ist indes, zu welchen Konditionen. Die Beklagte begann mit den Arbeiten im März 2021. Der Kläger zahlte auf verschiedene Akontorechnungen (K1-K4, B2-B6, K15, K16) bzgl. des WDVS insgesamt 51.765,00 Euro.

Nachdem die Arbeiten zu ca. 50 % fertiggestellt waren, zog der Kläger einen Privatsachverständigen hinzu, wobei auch Bauteilöffnungen vorgenommen wurden. Unter dem 20.12.2021 erstellte der Privatsachverständige K. sein Gutachten, welches im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangte, dass die Arbeiten am WDVS (einschließlich der Fensterbank-Arbeiten) dermaßen mangelbehaftet seien, dass eine Standsicherheit des WDVS nicht gewährleistet und nur durch vollständigen Rückbau und Neuaufbau hergestellt werden könne, dessen Kosten er (u.a. aufgrund hoher Entsorgungskosten und ohne Sowieso-Kosten für notwendige Untergrundvorbehandlung) auf 140.806,08 Euro brutto schätze. Wegen der weiteren Einzelheiten des Privatgutachtens wird auf die Anl. K 11, Bl. 23 ff. d.A. Bezug genommen. Der Sachverständige K. stellte dem Kläger für seine Tätigkeit 4.325,06 Euro in Rechnung (Anl. K14, Bl. 94ff d.A.), welche der Kläger auch bezahlte.

Es folgten verschiedene anwaltliche Schreiben, in denen die Beklagte zur Mangelbeseitigung aufgefordert wurde. Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.04.2022 erklärte der Kläger schließlich aufgrund der unterbliebenen Mangelbeseitigung und Fertigstellung sowie der nach seiner Kenntnis erfolgten Gewerbeabmeldung und Aufgabe des Geschäftsbetriebs auf Beklagtenseite die Kündigung des Vertrages und räumte „rein vorsorglich nochmals Gelegenheit zur Nachbesserung“ bis zum 13.05.2022 ein (Anl. K15, Bl. 126 GA LG). Eine Abnahme und/oder weitere Arbeiten beklagtenseits erfolgten nicht. Eine Schlussrechnung legte die Beklagte – trotz Hinweises des Gerichts und Fristsetzung (Bl. 140, 161 GA LG) – weder für die WDVS-Arbeiten noch für die Innenputzarbeiten vor.

Die Parteien streiten darüber, ob die Innenputzarbeiten gesondert abgerechnet werden sollten oder abgesprochen war, dass die Beklagte die Innenputzarbeiten nicht gesondert als solche, sondern verdeckt über die das WDVS betreffenden Abrechnungen abrechnen sollte, da der Kläger aus energetischen Gründen Fördermittel nur für das WDVS, nicht aber für den Innenputz beanspruchen konnte. Ferner ist die Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten streitig, insbesondere die Höhe der bei einem Rückbau anfallenden Entsorgungskosten. Streitig ist auch, ob und welchen Einfluss eine im Juli 2021 eingetretene Hochwasserkatastrophe und eine mögliche daraufhin erfolgte Regulierung durch eine Versicherung des Klägers auf den Schadensersatzanspruch haben könnte. Außerdem ist streitig, in wieweit restlicher Werklohn der Beklagten bei mangelfrei erbrachter Leistung in Höhe von 22.789,69 Euro brutto (Berechnung Bl. 231 GA LG) in Ansatz zu bringen ist. Hilfsweise erklärt die Beklagte die Aufrechnung bzw. ein Zurückbehaltungsrecht mit einem behaupteten Vergütungsanspruch für die Innenputzarbeiten i.H.v. 19.339,88 Euro, welcher sich aus der Aufstellung Anlage B 9 (Bl. 295 GA LG) ergebe.

Nachdem die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 06.07.2022 nicht aufgetreten ist, hat das Landgericht auf Antrag des Klägers ein vollständig klagestattgebendes Versäumnisurteil erlassen. Die Beklagte hat zur Abwehr der Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil mit Wertstellung des 05.08.2022 einen Betrag i.H.v. 151.008,30 Euro treuhänderisch auf das Konto der Prozessbevollmächtigten des Klägers gezahlt.

Hinsichtlich des weiteren Vortrages der Parteien und der von ihnen gestellten Anträge bis zur erstinstanzlichen Entscheidung wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf das Urteil des Landgerichts vom 07.12.2022 Bezug genommen.

Das Landgericht hat das der Klage vollumfänglich stattgebende Versäumnisurteil nach Verhandlung über den Einspruch insgesamt aufrechterhalten. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch ergebe sich aus §§ 631, 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag sei nicht nichtig. Sinn und Zweck der Verbotsnorm (§§ 263/264 StGB) führten nicht dazu, dass man von einer Gesamtnichtigkeit ausgehen könne. Daher seien unabhängig davon, ob es überhaupt eine Absprache zwischen den Parteien über eine Einrechnung der Kosten für den Innenputz in die Kosten für das WDVS gegeben hat, jedenfalls Mangelgewährleistungsansprüche möglich. Die Mängel seien substantiiert dargelegt und das pauschale Bestreiten der Beklagten sei aufgrund der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast unbeachtlich. Der beklagtenseitige Vortrag zum Einfluss der Hochwasserkatastrophe auf den geltend gemachten Anspruch sei unsubstantiiert, im Übrigen unbeachtlich, da hypothetische spätere Ereignisse den Schaden nicht entfallen ließen. Die Höhe der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten sei substantiiert dargelegt und von der Beklagten als Fachunternehmen nur unsubstantiiert angegriffen. Insbesondere der Vortrag der Beklagten zu den Abbruchkosten sei unsubstantiiert. Restliche Werklohnforderungen der Beklagten bestünden nicht, weil diese nicht schlussabgerechnet und nicht schlüssig dargelegt seien. Der Vortrag zur Hilfsaufrechnung sei verspätet und mangels ordnungsgemäßer Schlussrechnung mangele es zudem an der Fälligkeit.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag, insbesondere hält sie ihre Auffassung aufrecht, dass der gesamte Vertrag wegen der von ihr behaupteten Abrede über die Abrechnung des Innenputzes über die Rechnungen betreffend das WDVS nichtig sei. Sie hält an ihrem Vortrag fest, dass eine Schadenskompensation durch Versicherungsleistungen im Rahmen der „Hochwasserkatastrophe“ 2021 erfolgt sei. Die Höhe der Mangelbeseitigungskosten wird von ihr ebenfalls weiterhin bestritten. Schließlich ist sie der Auffassung, dass ihr Einwand der Aufrechnung Erfolg habe bzw. eine Verrechnung des klägerischen Vorschussanspruchs mit ihren behaupteten, noch offenen Vergütungsforderungen zu erfolgen habe. Das Landgericht habe nicht ohne Hinweis auf die Unschlüssigkeit darüber entscheiden dürfen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Landgerichts Aachen vom 07.12.2022, Aktenzeichen 4 O 24/22, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hält an seinem erstinstanzlichen Vortrag fest und verteidigt das angefochtene Urteil aus den seiner Auffassung nach zutreffenden Gründen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des in zweiter Instanz erfolgten Vortrags wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 11.05.2023 (Bl. 138 ff. GA) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der geltend gemachte Anspruch auf Kostenvorschuss findet seine Rechtsgrundlage in §§ 631, 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB.

a) Der Kläger ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH vom 19.01.2017 –VII ZR 235/15) berechtigt, sein Vorschussbegehren ohne die grundsätzlich erforderliche Abnahme geltend zu machen, wenn das Vertragsverhältnis mittlerweile in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist. Hiervon ist vorliegend nach dem nicht bestrittenen Klägervortrag auszugehen, zumal der Kläger nach erfolgloser Fristsetzung keine Erfüllung, sondern nur noch Zahlungsansprüche geltend macht, der Vertrag klägerseits gekündigt wurde und die Beklagte ihr Gewerbe abgemeldet und den Geschäftsbetrieb aufgegeben hat.

b) Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht insgesamt nichtig gemäß § 134 BGB, weil er gegen ein gesetzliches Verbot verstößt.

Nicht jeder Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot führt zwingend zur Nichtigkeit des betroffenen Rechtsgeschäfts. Vielmehr tritt diese Rechtsfolge entsprechend dem Normzweckvorbehalt des § 134 HS 2 BGB nur dann ein, „wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt„. Ob das Rechtsgeschäft trotz eines Gesetzesverstoßes gültig ist, muss deshalb im Einzelfall durch Auslegung der jeweiligen Verbotsnorm ermittelt werden, wobei dem Normzweck eine entscheidende Bedeutung zukommt (BGH NJW-RR 2011, 1426; BGHZ 89, 369; NK-BGB/Looschelders Rn. 41; MüKoBGB/Armbrüster Rn. 177; Beater AcP 197 (1997), 505 (515 ff.); Krampe AcP 194 (1994), 1 (28) BeckOGK/Vossler, BGB, Stand 1.3.2023, § 134 Rn. 84-86.1).

Die ständige Rechtsprechung verlangt für die Nichtigkeitsfolge des gesamten Vertrags, dass Hauptzweck des Vertrags gerade die inkriminierte Handlung ist (vgl. etwa BGH 9.6.1954 – II ZR 70/53, BGHZ 14, 25, 30 f; 23.6.1997 – II ZR 220/95, BGHZ 136, 125, 132; 13.2.2003 – IX ZR 76/99, NJW-RR 2003, 1565, 1568; 14.12.2016 – IV ZR 7/15, NZG 2017, 476, 478; BAG 26.2.2003 – 5 AZR 690/01, NZA 2004, 313, 315). Ist das nicht der Fall, soll der Vertrag nicht ohne Weiteres unwirksam sein (BGH 17.12.1965 – V ZR 115/63, WM 1966, 161, 163; 23.2.1983 – IV a ZR 187/81, NJW 1983, 1843, 1844; 24.4.2008 – VII ZR 42/07, NJW-RR 2008, 1050 f). Unwirksam ist zweifelsfrei in allen Fällen die Abrede über die inkriminierte Handlung. Weil diese jedoch einen Teil des gesamten Geschäfts bildet, kann der Vertrag insgesamt gemäß § 139 BGB nur aufrechterhalten werden, wenn feststeht, dass er auch ohne die verbotene Abrede (etwa der Steuerverkürzung oder hier des Erlangens von nicht zustehenden Fördermitteln) zu denselben Bedingungen – insbesondere mit derselben Gegenleistung – abgeschlossen worden wäre (BGH 3.7.1968 – VIII ZR 113/66, NJW 1968, 1927; 2.7.2003 – XII ZR 74/01, NJW 2003, 2742; 14.12.2016 – IV ZR 7/15, NZG 2017, 476, 478; BGH, Urteil vom 2. Juli 2003 – XII ZR 74/01). Beispiele für Verträge, in denen die strafbare Handlung Hauptzweck ist, sind etwa der Beitrittsvertrag zur Beteiligung an einer KG, wenn die Beitrittserklärung zum Zweck der Steuerersparnis (Verlustzuweisung) rückdatiert wurde (vgl. hierzu OLG Koblenz 22.2.1979 – 6 U 365/78, WM 1979, 1435, 1436 f.), ein Darlehen zum Ankauf unverzollter Zigaretten (siehe Grüneberg/Ellenberger, BGB, 81. Aufl., § 134 Rn. 23) oder eine ausschließlich der Steuerhinterziehung dienende Kontoeröffnung (vgl. RG JW 1935, 420; Liesecke WM 1975, 214, 219). Auch wenn in einem Mietvertrag nur 1/7 der tatsächlich vereinbarten Miete festgehalten ist, liegt ein entsprechender Hauptzweck nahe; maßgeblich sind aber auch insoweit die Umstände des Einzelfalles (BGH 2.7.2003 – XII ZR 74/01, NJW 2003, 2742).

Diese Bewertungsmaßstäbe zu Grunde legend steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Vertrag, den Fall der verbotswidrigen Absprache unterstellt, nicht gesamtnichtig i.S.v. § 134 BGB ist.

Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber ähnlich wie im Falle des SchwarzArbG das Ziel verfolgte, derartige Rechtsgeschäfte und auch den insoweit erfolgten Leistungsaustausch in Gänze zu verhindern. Aus der Gesamtschau der Verbotsnorm des § 263 StGB in Verbindung mit den Vorschriften über die Förderung durch die KfW ergibt sich, dass durch die KfW lediglich energetisch förderungswürdige Vorhaben (WDVS) bezuschusst werden sollen, nicht etwa der Verschönerung dienende Verputzarbeiten im Innenbereich. Diesem Förderungszweck lässt sich aber nicht entnehmen, dass vom Gesetzgeber beabsichtigt war, solche Rechtsgeschäfte (und auch den mit ihnen zusammenhängenden Leistungsaustausch) ähnlich den Schwarzarbeiter-Fällen in Gänze zu verhindern. Bei Verträgen zur energetischen Sanierung von Gebäuden ist dies gerade nicht der Fall.

Der zwischen den hiesigen Parteien geschlossene Vertrag kann auch – ohne die (hier unterstellte) verbotswidrige und damit nichtige Absprache – gem. § 139 BGB teilweise aufrecht erhalten werden: Vorliegend war Hauptzweck des Vertrags nicht das Erschleichen von Fördermitteln der KfW. Vielmehr beabsichtigte der Beklagte von vornherein, das in seinem Eigentum stehende Gebäude für die beabsichtigte weitere Nutzung umfassend energetisch zu sanieren, so dass davon auszugehen ist, dass der Vertrag über die Ausführung des WDVS, welches ohnehin als solches förderfähig war, auch ohne die Abrede über die Abrechnungsgestaltung betreffend die – als solche nicht förderfähigen – Innenputzarbeiten geschlossen worden wäre. Die Parteien wollten den ohnehin notwendigen Sanierungsmaßnahmen somit „nur“ eine weitergehende Förderung als berechtigt zukommen lassen. Wie bereits ausgeführt, waren die Fördermittel für das Wärmedämmverbundsystem selbst auch berechtigt, sodass die Förderung „lediglich“ für den die Innenputzarbeiten betreffenden Anteil der vorzulegenden Rechnungssummen nicht berechtigt gewesen wäre. Die Parteien haben also „nur“ die Ausführung von Werkleistungen mit einer inhaltlich falschen Rechnung vereinbart. Schließlich wäre auch die Höhe der insgesamt vereinbarten Gegenleistung von der nach Behauptung der Beklagten getroffenen Absprache nicht berührt worden. Auch die Beklagte hat selbst vorgetragen, dass das angebotene Preisgefüge zum damaligen Zeitpunkt üblich gewesen sei.

c) Zur Überzeugung des Senats wurde das Wärmedämmverbundsystem von der Beklagten auch mangelhaft montiert. Der Kläger hat die Mängel schriftsätzlich konkret bezeichnet (vgl. Bl. 6 f. und Bl. 154 f. GA LG) und unter Bezugnahme auf das Privatgutachten Anl. K11, dort insbes. S. 13 ff. und S. 42 ff. (Bl. 35 ff. und 64 GA LG) hinreichend substantiiert dargelegt.

Das Bestreiten des Mangels durch die Beklagte (Bl. 132 d.A. LG) als Inhaberin eines Fachunternehmens ist vor diesem Hintergrund – gemessen an der sekundären Darlegungslast – als unzureichend anzusehen. Der Kläger hat sich umfangreich bemüht, die Beklagte in die Feststellungsermittlungen des von ihm beauftragten Sachverständigen K. einzubinden und ihr Gelegenheit zu eigenen Darlegungen und Begründungen ihres Vorgehens sowie zu frühzeitigen Verhinderungen vermeintlicher Fehleinschätzungen zu geben, was sie letztlich nicht wahrgenommen hat. Die offensichtlichen Mängel lassen sich für den Senat als Spezialsenat mit der Sonderzuständigkeit für Bausachen auch anhand der vorliegenden Lichtbilder (etwa im Privatgutachten, Anlage K11, Bl. 23 ff. GA LG) problemlos nachvollziehen.

Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 15.08.2022 (Bl. 227 ff. GA LG) lediglich dargelegt, die vom Privatgutachter bewerteten 5 Bauteilöffnungen seien nicht repräsentativ und der vom Privatgutachter bemängelte nicht tragfähige Untergrund könne durch eine – auch vom Privatgutachter dokumentierte – Verdübelung kompensiert werden. Diese beiden Aspekte sind jedoch nicht geeignet, Zweifel an der Mangelhaftigkeit des Gewerks hervorzurufen.

Der Kläger hat im Schriftsatz vom 01.09.2022 unter Bezugnahme auf eine weitere Stellungnahme des Privatsachverständigen K. vom 30.08.2022 nebst Merkblatt der WTA Wärmedämm-Verbundsysteme Merkblatt E-2-13 Ausgabe 04.2014/D (Anl. K 21, Bl. 279 ff. GA LG, hier letzter Absatz auf S. 6 des Merkblatts) dargelegt, dass bei einem Objekt wie dem vorliegenden vier Bauteilöffnungen angemessen und repräsentativ seien, wenn bei den Bauteilöffnungen übereinstimmende Ergebnisse vorgefunden würden, was der Sachverständige bestätigt hat. Vorliegend handelt es sich um ein Objekt mit zwei Wohneinheiten und einer Gewerbeeinheit. Das Merkblatt der WTA (der Wissenschaftlich-Technischen Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege) beinhaltet durch eine maßgebliche Anzahl fachkundiger Personen zusammengefasste anerkannte Regeln der Technik, wonach die Überprüfung in 4 Bereichen ausreicht. Der Begriff der allgemein anerkannten Regeln der Technik umfasst alle überbetrieblichen technischen Normen, zu denen beispielsweise die DIN-Normen, die ETB (Einheitliche Technische Baubestimmungen des Instituts für Bautechnik), die Richtlinien des VDI, die Flachdachrichtlinien usw. gehören, sowie die mündlich überlieferten technischen Regeln (Jurgeleit in Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, Teil 5 Rn. 48). Auch das o.g. Merkblatt der WTA gibt solche allgemein anerkannten Regeln der Technik wieder (vgl. dazu auch Eßmann in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 5. Auflage 2022, Teil I Rn. 627). Bedenken an der Feststellung des Mangels durch das beschriebene Vorgehen des Sachverständigen bestehen daher seitens des Senats nicht. Dem ist die Beklagte fachlich auch nicht ausreichend entgegengetreten.

Der Behauptung der Beklagten, dass das Wärmedämmverbundsystem durch nachträgliche Verdübelung nachgebessert werden könnte, vermag der Senat ebenfalls nicht zu folgen. Bereits aus der als solcher von der Beklagten nich bestrittenen Stellungnahme des Herstellers (Anlage A1 zum Gutachten des Sachverständigen K., Bl. 64 GA LG) ergibt sich, dass der Hersteller des Wärmedämmverbundsystems, der das Vorliegen der Voraussetzungen seiner eigenen bauaufsichtlichen Zulassung technisch zu beurteilen vermag, selbst der Ansicht ist, das Wärmedämmverbundsystem sei nicht nachbesserungsfähig. Überdies hat die Beklagte nicht einmal vorgetragen, was sie wie und wo verdübeln will. Schließlich sind auch weder die Mängel der Brandriegel noch die fehlerhaften Anschlüsse an den Fensterbänken und die nicht ausreichend eingebrachte Armierung durch zusätzliche Verdübelungen zu beheben. Letztlich ist das ganze „System“ nur punktuell technisch ordnungsgemäß ausgeführt und es besteht daher jedenfalls die Gefahr, dass das System als Ganzes auch hinsichtlich des Brandschutzes, Wärmeschutzes und Witterungsschutzes nicht ausreichend funktioniert. Das muss der Besteller nicht hinnehmen.

d) Soweit die Beklagte vorträgt, dass das Bauvorhaben des Klägers im Juli 2021 durch die sogenannte Hochwasserkatastrophe beschädigt worden sei und der Kläger infolgedessen auch Versicherungsleistungen für die beschädigten bereits angebrachten Teile des Wärmedämmverbundsystems in Anspruch genommen habe, führt das Landgericht zu Recht aus, dass dies klägerseits bestritten worden ist und weitere Ausführungen der Beklagten nicht erfolgten. Die Beklagte hat schon nicht bewiesen, dass die Außendämmung überhaupt von dem Hochwasser betroffen war, geschweige denn infolgedessen Schadensersatzleistungen durch die Versicherung an den Kläger gezahlt wurden. Es handelt sich offensichtlich um Behauptungen ins Blaue.

Überdies hätte solches aber auch – wie das Landgericht zutreffend ausführt – keinen Einfluss auf die hier in Rede stehenden Mangelbeseitigungsansprüche, weil zum Zeitpunkt des Hochwassers im Juli 2021 das Wärmedämmverbundsystem nach den erstinstanzlichen Feststellungen bereits irreparabel mangelhaft war und zurückgebaut werden musste. Eine Vergrößerung des Schadens und damit einhergehend der Mangelbeseitigungskosten kann also schon nicht mehr eingetreten sein. Der Mangelbeseitigungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte bestand bereits. Die Arbeiten wurden auch nicht mehr weiter geführt. Wenn dann durch ein anderes zeitlich nachfolgendes Ereignis eine Vergrößerung des Schadens eingetreten wäre (was indessen bestritten ist), kann dies dem Erstschädiger nicht zum Vorteil gereichen, sofern das Hochwasser nicht als Schadensanlage bereits vorhanden war. Denn der Anspruch auf Mangelbeseitigung war bereits im Vermögen des Klägers vorhanden (dazu auch BGH VI ZR 229/92).

e) Die Beklagte rügt weiterhin zu Unrecht die seiner Ansicht nach deutlich übersetzten Mängelbeseitigungskosten insbesondere im Hinblick auf die Abbruchkosten.

Die Höhe des Vorschusses bemisst sich nach den – aus Sicht eines vernünftigen, wirtschaftlich denkenden und sachkundig beratenen Bestellers – für die Mängelbeseitigung voraussichtlich erforderlichen Aufwendungen (BGHZ 54, 82; BGHZ 47, 272; BGH BauR 1999, 631; NJW-RR 1993, 522; NJW-RR 1991, 789; NJW-RR 1989, 86; BeckOK BGB/Voit Rn. 12; BeckOGK/Rast, BGB, Stand 1.4.2022, § 634 Rn. 204; Staudinger/Peters, 2019, § 634 Rn. 88) die sich ggf. durch Gutachten oder Einholung von Angeboten ermitteln lassen. Der Besteller kann die Kosten bei Vorliegen greifbarer Anhaltspunkte auch – laienhaft – schätzen (BGH BeckRS 2010, 16186; OLG Düsseldorf BeckRS 2020, 7833 Rn. 184; NZBau 2017, 280 Rn. 62; OLG Hamburg NJW-RR 2019, 336 Rn. 104; OLG München BeckRS 2018, 23495 Rn. 284). Die Anforderungen an die Darlegungslast sind deshalb nicht hoch, zumal der Vorschuss eine vorläufige Zahlung ist, über die am Ende abgerechnet werden muss. Erforderlich sind die Aufwendungen, die mit Sicherheit der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands dienen (BGH NJW 2014, 620; NJW-RR 2010, 1604).

Unter Berücksichtigung der o.g. Grundsätze hat der Kläger schriftsätzlich und durch Vorlage des Gutachtens Anl. K 11 substantiiert dargelegt, dass zur Beseitigung der mangelhaften Ausführung des WDVS umfangreiche Arbeiten erforderlich sind, welche voraussichtlich Kosten in Höhe von 140.806,08 Euro brutto (Bl. 55 d.A.) auslösen werden. Insbesondere hat der Privatsachverständige ausführlich, detailliert und inkl. Aufmaß seine Kostenschätzung begründet (Bl. 49-62 d.A.), so dass das pauschale Bestreiten der Beklagten, einem Fachunternehmen, (Bl. 132 d.A.) nicht ausreichend ist.

Dass die Beklagte die Mängelbeseitigung bzw. dessen Kostenvorschuss wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigern dürfte, ist weder substantiiert dargelegt noch ersichtlich. Voraussetzung hierfür wäre zudem, dass der Aufwand in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem objektiven Interesse des Bestellers an einer vertragsgemäßen Leistung steht und deshalb das Bestehen auf Vertragserfüllung sich unter Berücksichtigung aller Umstände als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt (Grüneberg/Retzlaff, BGB, 81. Aufl., § 635 Rn. 11 m.w.N.). Davon ist vorliegend jedoch gerade nicht auszugehen. Insoweit schließt sich der Senat den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil, dort S. 18 f., zur Vermeidung von Wiederholungen an.

Zu ergänzen ist lediglich, dass, soweit die Beklagte die Ansicht vertritt, zwar für das Anbringen von WDVS Fachunternehmen zu sein, indes nicht für den Abbruch, so dass einfaches Bestreiten hinsichtlich der Abbruchkosten ausreichen dürfe, dies nicht zutrifft: Derjenige, der die Dämmstoffe montiert, kennt sich naturgemäß auch mit der Entsorgung und den diesbezüglichen Kosten aus. Schon beim Aufbringen ergeben sich immer wieder Abfallstücke, die später zu entsorgen sind. Trotz entsprechender Hinweise im angefochtenen Urteil hat die Beklagte zudem auch mit der Berufungsbegründung ihren diesbezüglichen Einwand nicht näher substantiiert erläutert.

Darüber hinaus war der Vortrag erstinstanzlich bereits verspätet und kann auch in zweiter Instanz nicht mehr berücksichtigt werden: Die Höhe der Mangelbeseitigungskosten im Hinblick auf die Abbruchkosten wurde erstmalig mit Schriftsatz vom 28.11.2022 angegriffen. Zum Zeitpunkt des neuen Vortrags bzw. Bestreitens unter Vorlage eines Gegenangebots war der Termin zur Verhandlung über den Einspruch gegen das erlassene Versäumnisurteil bereits beendet und Verkündungstermin anberaumt (auch wenn dieser nochmals aus dienstlichen Gründen verschobenen wurde). Den Parteien war zwar Schriftsatznachlass jedoch hinsichtlich bestimmter anderer Punkte gewährt worden, welcher aber ebenfalls abgelaufen war. Daher konnte der neue Vortrag gem. § 296a ZPO erstinstanzlich nicht mehr berücksichtigt werden. Ein Grund für die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung i.S.v. § 156 ZPO ist nicht erkennbar. Schließlich wurden auch keine Gründe dafür vorgetragen, den neuen Vortrag gemessen an den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zweitinstanzlich zuzulassen.

f) Die Beklagte vermag sich auch nicht darauf zu berufen, ihr stehe noch ein fälliger Werklohnanspruch aus der Ausführung der WDVS-Arbeiten zu, den sie dem Kostenvorschuss des Klägers entgegenhalten könne.

Im Grundsatz zutreffend gehen allerdings beide Parteien davon aus, dass ein Anspruch auf Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung nur insoweit besteht, als sich der Auftraggeber aus zurückbehaltenem Werklohn nicht befriedigen kann (OLG München, Beschluss vom 08. Oktober 2015 – 27 U 1614/15 Bau, nachgehend BGH, Beschluss vom 07. Februar 2018 – VII ZR 253/15, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen; OLG Dresden, Teilurteil vom 02. Februar 2017 – 10 U 672/12; OLG Celle, Urteil vom 03.03.2016 – 16 U 129/15).

Vorliegend hat die Beklagte jedoch einen fälligen Anspruch auf Werklohn aus der Ausführung der WDVS-Arbeiten nicht schlüssig dargelegt. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil (dort S. 19 d. Urteils unter Ziff. 8.) Bezug genommen, zu denen die Beklagte in der Berufungsinstanz keinen weitergehenden Vortrag geleistet hat.

Gleiches gilt auch, soweit die Beklagte mit einem ihr ihrer Auffassung nach zustehenden Werklohnanspruch aus der Ausführung von Innenputzarbeiten am Bauvorhaben die Hilfsaufrechnung erklärt hat. Auch insoweit hat die Beklagte einen fälligen Werklohnanspruch nicht schlüssig dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat diesbezüglich ebenfalls Bezug auf die zutreffenden, nicht ergänzungsbedürftigen Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung (dort S. 20 d. Urteils unter Ziff. 9.), denen die Beklagte gleichfalls in der Berufungsinstanz nicht sachlich entgegengetreten ist.

2. Dem Kläger steht weiterhin ein Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten gem. §§ 631, 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 249 BGB i.H.v. 4.325,06 Euro zu. Die Kosten der Schadens- bzw. Mängelfeststellung sind Teil des zu ersetzenden Schadens, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Anspruchs erforderlich und zweckmäßig war (BGH, Urteil vom 28. Februar 2017 – VI ZR 76/16). Einwände, dass das Privatgutachten nicht erforderlich oder dessen Kosten überhöht seien, sind erst- wie zweitinstanzlich weder vorgetragen noch ersichtlich.

3. Schließlich ist der zulässige Feststellungsanspruch nach den vorstehenden Ausführungen auch begründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 S. 2 ZPO bestand keine Veranlassung. Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Vielmehr hat der Senat den Fall nach Maßgabe der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles entschieden.

OLG Schleswig zu der Frage, dass der Auftragnehmer eine kalkulatorisch unklare Leistungsbeschreibung nicht einfach hinnehmen darf, sondern sich daraus ergebende Zweifelsfragen vor Angebotsabgabe klären muss

OLG Schleswig zu der Frage, dass der Auftragnehmer eine kalkulatorisch unklare Leistungsbeschreibung nicht einfach hinnehmen darf, sondern sich daraus ergebende Zweifelsfragen vor Angebotsabgabe klären muss

vorgestellt von Thomas Ax

1. Der Auftragnehmer darf eine kalkulatorisch unklare Leistungsbeschreibung nicht einfach hinnehmen, sondern muss sich daraus ergebende Zweifelsfragen vor Angebotsabgabe klären. Das gilt insbesondere dann, wenn sich für ihn aus der Leistungsbeschreibung die Bauausführung in bestimmter Weise nicht mit hinreichender Klarheit ergibt, er darauf aber bei der Kalkulation maßgebend abstellen will (Anschluss an BGH, Urteil vom 25.06.1987 – VII ZR 107/86, IBRRS 1987, 0611).
2. Reichen die dem Auftragnehmer überlassenen Unterlagen für eine zuverlässige Kalkulation nicht aus, darf er nicht „ins Blaue hinein“ und mit der für ihn günstigsten Ausführungsvariante kalkulieren (Anschluss an BGH, Urteil vom 25.06.1987 – VII ZR 107/86, IBRRS 1987, 0611).
3. Die Regelung des § 2 Abs. 5 VOB/B ist nicht anwendbar, wenn die (vermeintlich) geänderte Leistung bereits vom bestehenden vertraglichen Leistungsumfang umfasst ist, etwa weil ein bestimmter vertraglicher Erfolg auf eine erkennbar kalkulatorisch unklare Leistungsbeschreibung angeboten wurde (Anschluss an BGH, IBR 1992, 349).
4. Die Anordnung einer Änderung des Bauentwurfs kann in der Übergabe geänderter Pläne liegen. Es ist nicht notwendig, dass der Auftraggeber dabei den Willen hat, das beschriebene Leistungssoll zu ändern. Er kann auch davon ausgehen, die geforderte Ausführung gehöre zur vertraglichen Leistung und sei mit den vereinbarten Preisen abgegolten.
5. Notwendig ist jedoch, dass der Auftragnehmer die Erklärung oder das Verhalten des Auftraggebers als Änderungsanordnung auffassen darf. Der Auftragnehmer muss annehmen dürfen, dass dem Auftraggeber bewusst ist, dass er etwas anderes will als ursprünglich vereinbart.
6. Muss der Auftragnehmer erkennen, dass der Auftraggeber die Leistungsbeschreibung anders versteht als er, hat er den Auftraggeber darauf hinzuweisen, dass er bei seiner Kalkulation von anderen Voraussetzungen ausgegangen ist und durch die vorgesehene Ausführung ein Mehraufwand entstehen wird. Nur dann darf er in der Übergabe geänderter Pläne eine Änderungsanordnung sehen.
OLG Schleswig, Urteil vom 09.12.2022 – 1 U 29/21
vorhergehend:
LG Flensburg, 01.04.2021 – 2 O 373/13
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 25.10.2023 – VII ZR 247/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung restlichen Werklohns.

Die Beklagte schrieb Rohbauarbeiten für den Neubau eines Schulgebäudes nebst Sporthalle aus (Anlage B 1, AB). Sie erteilte der Klägerin am 06.08.2009 den Auftrag unter Einbeziehung der VOB/B. Die Streithelfer waren planende und die Bauaufsicht führende Architekten. Nach Durchführung der Arbeiten und Abnahme stellte die Klägerin ihre Schlussrechnung vom 09.11.2010 (Anlage K 1, AB). Nach Streit über die Abrechnung stützte sie sich zuletzt auf die Forderungsaufstellung vom 11.05.2011 (Anlage K 3, AB).

In verschiedenen Positionen des Leistungsverzeichnisses, zum Beispiel Position 4.1.2.150, war die Herstellung von Stahlbetonunterzügen nach der Statik vorgesehen. In verschiedenen Positionen, zum Beispiel Position 4.2.1.260, war das Mauern tragender Innenwände vorgesehen. In verschiedenen Positionen, unter anderem Position 4.2.1.290, war eine Zulage für das Mauern der letzten Schicht nach Ausschalen der Stahlbetondecke bzw. -balken vorgesehen. Aus der Statik ergab sich, dass es sich bei den Stahlbetonunterzügen überwiegend um nicht tragende obere Wandabschlüsse handeln sollte. Die Klägerin erstellte zunächst die sogenannten Unterzüge als nicht tragende Betonbauteile und stützte sie ab, bis die tragende Wand darunter aufgemauert war. Die Klägerin kündigte in einer Baubesprechung vom 18.11.2009 (Prot. Anlage K 42, Bl. 448 d. A.) Mehrkosten an. Sie stellte mit Schreiben vom 13.04.2010 (Anlage K 38.1, AB) eine Behinderungsanzeige und meldete Mehrkosten an. Sie verlangte schließlich eine Mehrvergütung von 250.687,38 Euro netto nach dem Nachtrag vom 08.11.2010 (Anlage K 17, AB und Bl. 588 d. A).

In der Vorbemerkung zum Leistungsverzeichnis (S. 4, Anlage B 1, AB) war in einem Bauzeitplan der Beginn der Gesamtbaumaßnahme für die 33. Kalenderwoche 2009 vorgesehen. Die Rohbauarbeiten sollten von August 2009 bis März 2010 ausgeführt werden, der wesentliche Teil der Leistungen bis Dezember 2009. In detaillierten Bauzeitplänen, etwa vom 04.08.2009 und 09.09.2009 (Anlagen K 41.2, K 41.3, Bl. 267 – 268 d. A.) war der Abschluss der Betonarbeiten und der Verblendarbeiten bis Dezember 2010 vorgesehen.

Die Klägerin hat behauptet, bei einem Unterzug handele es sich um eine selbsttragende Konstruktion, die die Last der Decke aufnehme und einen Freiraum überbrücke. Aus dem Leistungsverzeichnis sei nicht erkennbar gewesen, dass es sich tatsächlich um nicht tragende Balken als oberen Wandabschluss habe handeln sollen. Die Statik habe ihr bei der Erstellung des Angebots nicht vorgelegen. Sie sei erst an 27.08.2009 übergeben worden. Erst durch die Anweisung des Statikers vor Ort habe sich die danach vorgesehene Bauweise ergeben. Im Leistungsverzeichnis (etwa Position 4.2.1.290) sei vorgesehen gewesen, dass zunächst die Decken und die Balken herzustellen und erst dann die tragenden Wände aufzumauern gewesen seien. Sie habe in ihrer Kalkulation zunächst die Herstellung der Unterzüge und deren Notabstützung, dann die Herstellung der Decken vorgesehen. Stattdessen sei die Schalung für die Decken und die Unterzüge in einem Arbeitsgang herzustellen gewesen, was einen Mehraufwand bedeutet habe, da die Schalung länger habe vorgehalten werden müssen und kein Wechsel von einem Bauteil zum anderen möglich gewesen sei. Die Unterzüge hätten bis zur Aushärtung der Wände abgestützt werden müssen. Es habe sich eine bauzeitverlängernde Leistungsminderung ergeben. Unter anderem habe beim Mauern um die Stützen herum gearbeitet werden müssen. Die Arbeiten seien entgegen der Kalkulation in den strengen Winter 2009/10 gerückt.

In den später von der Beklagten übergebenen Bauzeitplänen liege eine Beschleunigungsanordnung gegenüber dem Bauzeitplan aus der Vorbemerkung zum Leistungsverzeichnis. Die Beklagte habe eine Fertigstellung der Betonarbeiten bis Weihnachten 2009 gefordert. Die Rohbauarbeiten seien nunmehr bis zur 51. KW 2009 abzuschließen gewesen. Ihr stehe deswegen eine Mehrvergütung von 51.470,58 Euro netto nach dem Nachtrag vom 08.11.2010 (Anlage K 18, AB) zu.

Die Klägerin hat die Zahlung von 497.132,05 Euro nebst Zinsen und Kosten verlangt. Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.

Die Beklagte hat behauptet, im Leistungsverzeichnis sei von Stahlbetonunterzügen die Rede, weil die Bewehrung in die Decke einbinde, was bei Balken nicht immer der Fall sei. Es handele sich dabei um den Sprachgebrauch im Betonbau. Die gewünschte Bauweise habe sich neben der Statik auch aus Plänen ergeben. Die Statik habe der Klägerin bei Angebotsabgabe und Beauftragung vorgelegen, was ihr Geschäftsführer eingeräumt habe (Schreiben vom 05.05.2010, Anlage B 14, Bl. 505 – 506 d. A.). Es sei zunächst die Wand zu erstellen, dann die Decke und der Unterzug zu schalen gewesen. Ein zusätzlicher Leistungsaufwand sei nicht angefallen. Die Reihenfolge der Arbeiten ergebe sich auch aus den Bauzeitplänen der Beklagten und der Klägerin (Anlage B 13, Bl. 490 d. A., Anlagen B 16, B 17, Bl. 1039 – 1045 d. A.).

Aus dem Bauzeitplan in der Vorbemerkung zum Leistungsverzeichnis ergebe sich, dass der Rohbau bis Dezember 2009 so weit habe abgeschlossen sein sollen, dass die vorgesehenen Folgegewerke hätten tätig werden können. So sei ein Fenstereinbau ohne Verblendmauerwerk nicht möglich, für die Ausbaugewerke sei ein geschlossener Bau notwendig gewesen.

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der näheren Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Beklagte unter Klagabweisung im Übrigen zur Zahlung von 427.021,46 Euro nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat es, soweit es in der Berufungsinstanz noch darauf ankommt, ausgeführt, wegen der Herstellung der Balken stehe der Klägerin eine Mehrvergütung von 253.596,85 Euro netto zu. Es handele sich um eine geänderte Leistung. Die Auslegung des Leistungsverzeichnisses ergebe als Leistungssoll selbsttragende Unterzüge, was sich aus den Ausführungen der Sachverständigen ergebe.

Geplant gewesen seien dagegen Balken. Es komme nicht darauf an, ob bei der Abgabe des Angebots die Statik vorgelegen habe. Das Leistungsverzeichnis sei eindeutig, so dass keine Notwendigkeit bestanden habe, die Statik heranzuziehen, um es zu überprüfen, auch wenn im Leitungsverzeichnis auf die Statik Bezug genommen werde. Das Risiko eines Widerspruches zur Statik trage die Beklagte. Nach den Ausführungen der Sachverständigen habe das Leistungsverzeichnis eine bestimmte Reihenfolge der Leistungserbringung vorgesehen, wonach zunächst die Unterzüge und dann das Mauerwerk zu erstellen gewesen seien, was sich insbesondere aus den Positionen 4.2.1.290 und 3.2.1.240 ergebe. Dass eine andere Vorgehensweise nur zu Mehrkosten von 752,47 Euro geführt hätte, sei unerheblich, weil sie dem Inhalt des Leistungsverzeichnisses widersprochen habe.

Wegen einer Beschleunigung des Bauablaufes stehe der Klägerin ein Mehranspruch in Höhe von 44.720,78 Euro netto zu. In den Bauzeitplänen vom 04.08.2009 und 09.09.2009 hätten leistungsändernde Anordnungen gelegen. Nach dem Leistungsverzeichnis seien nur die wesentlichen Teile der Rohbauarbeiten bis Dezember 2009 fertigzustellen gewesen. Nach den Ausführungen der Sachverständigen seien wesentlich die Hülle und das Innenmauerwerk. Nach den Bauzeitplänen habe die Klägerin aber auch das Verblendmauerwerk im Jahr 2009 herstellen sollen. Das sei nicht wesentlich, weil es für Folgegewerke nicht entscheidend gewesen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die frist- und formgerecht eingereichte und begründete Berufung der Beklagten. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, hinsichtlich der Herstellung der Unterzüge verstoße die Auslegung des Leistungsverzeichnisses durch das Landgericht gegen die Grundsätze der Auslegung. Der Bauvertrag sei als sinnvolles Ganzes auszulegen, wobei alle Vertragsbestandteile einzubeziehen seien. Bei öffentlichen Vergaben komme es auf den objektiven Bieterhorizont an. Es gebe keinen Lehrsatz, dass Unklarheiten zu Lasten des Erstellers eines Leistungsverzeichnisses gingen.

Widersprüche seien nach Möglichkeit aufzulösen. Es seien die Umstände des Einzelfalls und die konkreten Verhältnisse des Bauwerks zu berücksichtigen. Das Landgericht habe die Angaben in der Statik unberücksichtigt gelassen. Es habe nur Teile des Wortlauts des Leistungsverzeichnisses berücksichtigt. Es habe die Auslegung nicht der Sachverständigen überlassen dürfen. Nach den zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen sei bei dem Ausschalen von Wand- und Deckenflächen zum Teil mit erheblichen Zeitverzögerungen zu rechnen gewesen. Im Leistungsverzeichnis sei jeweils Bezug auf die Position in der Statik genommen. Dies sei Bestandteil der Leistungsbeschreibung. Für einen objektiven Bieter, der die Umstände gekannt habe, sei klar gewesen, dass es sich um nichttragende Bauteile handele, wenn tragende Wände darunter zu errichten gewesen seien. Es habe auch keine zu überspannenden Öffnungen gegeben.

Die Zulage sei nur für die letzte Steinschicht unter den Balken vorgesehen gewesen. Eine Änderung des Auftrags habe es nicht gegeben, da die Statik nicht vom Leistungsverzeichnis abgewichen sei und sie nach dem Schreiben vom 05.05.2010 der Klägerin vor Auftragserteilung vorgelegen habe.

Es fehle eine Anordnung zur Beschleunigung der Bauzeit. Diese liege nicht in der Übersendung des Bauzeitplans, denn die Architekten seien nicht berechtigt gewesen, für sie rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben. Die Betonarbeiten hätten ohnehin bis Weihnachten 2009 fertiggestellt werden müssen, da sie zu den wesentlichen Teilen des Rohbaus gehört hätten. Die Klägerin habe dagegen vorgetragen, es sei die Fertigstellung der Betonarbeiten entgegen des Vertrages gefordert worden. Der Nachtrag habe nichts mit Verblendarbeiten zu tun.

Auf den Hinweisbeschluss vom 18.02.2022 (Bl. 1400 ff. d. A.) weist die Beklagte ergänzend auf Teile der Leistungsbeschreibung hin. In den zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen heiße es, dass es sich bei den Stahlbetonarbeiten um Raumtragewerke handele, die Tragkraft erst nach der Abbindezeit für das gesamte Raumtragewerk erreicht werde und die Ausschalung von Wänden und Decken zum Teil mit erheblicher Zeitverzögerung stattfinden könne und nur in Abstimmung mit dem Statikbüro durchzuführen sei (S. 2, Anlage B 1, AB). Die Klägerin habe deswegen nicht mit der Wiederverwendung von Schalungen kalkulieren dürfen.

Hinsichtlich des Nachtrages 7 gebe es keine Beschleunigungsanordnung. Nach dem Leistungsverzeichnis habe ein Gerüst für die Verblendarbeiten und die nachfolgenden Gewerke für 10 Wochen vorgehalten werden sollen (Pos. 1.2.1.010, Anlage B 1, AB). Die Verblendarbeiten hätten vor der Erstellung des Dachüberstandes beendet sein müssen. Die Zimmererarbeiten hätten nach dem Terminplan im Leistungsverzeichnis im November 2009 beginnen sollen.

Die Streithelfer tragen vor, das Leistungssoll sei nicht geändert worden. Die Leistung sei immer gleich beschrieben gewesen. Die Schalung sei von der Vergütung umfasst gewesen. Es fehle jedenfalls einer Abgrenzung der Mehrkosten zu den Kosten der ohnehin vorzuhaltenden Schalung. Wegen der global-funktionalen Beschreibung der Leistung habe die Klägerin die Statik einsehen müssen.

Der Mehraufwand sei bei einer anderen Reihenfolge der Bauausführung vermeidbar gewesen. Die Klägerin habe sich eigenmächtig für die aufwendigere Bauweise entschieden, entgegen der Vorgaben in der Ausführungsplanung und der Statik. Aus dem Leistungsverzeichnis habe sich diese Reihenfolge nicht ergeben.

Es fehle eine Mehrvergütungsankündigung. Die Klägerin habe gegen ihre Hinweispflicht verstoßen, indem sie nicht auf Mehrkosten hingewiesen habe.

Sie behaupten, die Statik sei der Beklagten mit Schreiben vom 13.08.2009 (Bl. 1373 d. A.) übersandt worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 01.04.2021 – 2 O 373/13 – zu ändern, die Klage in Höhe weiterer 355.407,82 Euro abzuweisen und sie zu verurteilen, an die Klägerin zu zahlen 123.724,23 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.02.2011.

Die Streithelfer schließen sich dem Antrag der Beklagten an.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages. Auf den Hinweisbeschluss vom 18.02.2022 tragen sie vor, die Statik sei nicht Teil der Ausführungsunterlagen gewesen. Erst der Statiker habe darauf hingewiesen, dass die Unterzüge nicht selbsttragend hätten sein sollen. Einen konkreten Hinweis auf die dadurch längere Standzeit der Schalung habe sie den Architekten spätestens bei der Baubesprechung am 18.11.2022 gegeben. Der Vertreter der Beklagten, Herr B1, habe nur selten an Baubesprechungen teilgenommen. E habe sich von den Streithelfern vertreten lassen. Sie habe die Mitteilung von Mehrkosten in ihrem Schreiben vom 13.04.2010 an die Streithelfer und Herrn B1 (Anlage BB 6, Bl. 1429R – 1430 d. A.) dargestellt, in dem es heiße, sie seien schon vor der Ausführung angezeigt worden. In ihrer Antwort vom 13.04.2010 (Anlage BB 7, Bl. 1431 – 1431R d. A.) hätten die Streithelfer die Kenntnis nicht bestritten. Zwar treffe es zu, dass die Betonarbeiten im Jahr 2009 abgeschlossen worden seien, aus dem Schreiben vom 13.04.2010 ergebe sich aber, dass Herr B1 bereits vor den Arbeiten Kenntnis von dem Mehraufwand gehabt habe. Die Beklagte habe von dem Mehraufwand auch Kenntnis erlangt, weil durch die zusätzlichen Abfangungsmaßnahmen ein „Stützenwald“ entstanden sei und die Arbeiten länger gedauert hätten.

Hinsichtlich der Höhe des Anspruchs seien die Innenwände nach dem Wortlaut des Leistungsverzeichnisses zunächst ohne die letzte Schicht zu mauern gewesen. Erst später seien die letzten Schichten zu mauern gewesen. Nach den Bauzeitplänen der Parteien seien erst die Innenwände zu mauern gewesen, dann die Stahlbetonarbeiten auszuführen gewesen. Später hätten die Lücken geschlossen werden sollen. Das sei die übliche Reihenfolge. Sie habe darin kein Problem gesehen, weil sie von selbsttragenden Bauteilen ausgegangen sei. Die von ihr gewählte Reihenfolge sei bekannt gewesen. Sie habe mit Schreiben vom 14.04.2010 (Anlage BB 9, Bl. 1436 d. A.) Bedenken gegen das nachträgliche Aufmauern der Wände angemeldet, die von den Streithelfern mit Schreiben vom 15.04.2010 (Anlage BB 10, Bl. 1425 d. A.) zurückgewiesen worden seien.

Hinsichtlich des Nachtrages 7 sei die Überschrift missverständlich. Sie beschreibe nicht den Inhalt des Nachtrages. Der Hintergrund der Beschleunigung ergebe sich aus dem Gutachten der Sachverständigen vom 21.02.2020, S. 21 – 23. Sie habe die gesamte Leistung erbringen sollen. Der Abbau des Krans bedeute das Ende der Rohbauarbeiten.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Anhörung der Sachverständigen K1 und Vernehmung des Zeugen K2. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der Sitzungen vom 04.02.2022 (Bl. 1355 – 1360 d. A.) und vom 18.11.2022 (Bl. 1539 – 1546 d. A.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist in der Sache bis auf einen geringen Teil in der Sache erfolgreich.

Der Klägerin steht kein Werklohnanspruch aus § 631 Abs. 1 BGB wegen der Nachträge 6 und 7 zu.

1. Der Klägerin steht kein Mehrkostenanspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B wegen einer Leistungsänderung bei der Herstellung der Unterzüge zu. Sie hat nicht bewiesen, dass eine der Beklagten zurechenbare Änderungsanordnung erfolgt ist.

a) Ein Anspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B entsteht, wenn sich die Preisgrundlage für eine im Vertrag vorgesehene Leistung ändert, etwa weil die Leistung anders ausgeführt werden soll als ursprünglich vorgesehen (Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB, 21 Aufl., § 2 Abs. 5 VOB/B, Rn. 3, 5, 6, 9). Dagegen liegt ein Fall des § 2 Abs. 6 VOB/B vor, wenn eine vertraglich noch nicht vorgesehene Leistung gefordert wird, der Leistungsinhalt also erweitert wird, ohne dass der bisherige Leistungsinhalt geändert wird (Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB, 21 Aufl., § 2 Abs. 5 VOB/B, Rn. 8). Das korrespondiert mit den Regelungen in § 1 Abs. 3 und 4 VOB/B, aus denen sich ergibt, wann der Auftragnehmer Anordnungen des Auftraggebers nachkommen muss, nämlich bei Änderungen des Bauentwurfs und bei Zusatzleistungen, die zur Ausführung der vereinbarten Leistung erforderlich werden (Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB, 21 Aufl., § 1 Abs. 3 VOB/B, Rn. 2, § 1 Abs. 4 VOB/B, Rn. 1, 3).

Ob die von den Streithelfern zitierte Entscheidung (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.02.2021, 22 U 245/20) die Vorschriften anders auslegen will, wird nicht deutlich. Jedenfalls wäre eine Revision nicht wegen einer Abweichung von dieser Entscheidung zuzulassen, weil die Entscheidung nicht auf der Auslegung des § 2 Abs. 5, 6 VOB/B beruht. Sie geht vielmehr davon aus, dass die VOB/B in dem zu beurteilenden Fall nicht wirksam in den Vertrag einbezogen war.

Danach ist die Vorschrift des § 2 Abs. 5 VOB/B einschlägig. Denn die Herstellung von Unterzügen war von Anfang an vorgesehen. Es geht allein darum, auf welche Weise sie hergestellt werden sollten.

b) Die Ausführung der Unterzüge, wie die Statik sie vorsah, wich von der Ausführung ab, von der die Klägerin nach dem Leistungsverzeichnis ausgehen durfte. Die Unterzüge sollten danach überwiegend nicht als freitragende Bauteile errichtet werden. Diese Abweichung ist als Änderung des Bauentwurfs i. S. d. § 2 Abs. 5 VOB/B zu werten.

aa) Bei einer öffentlichen Ausschreibung ist der Vertragsinhalt durch die Auslegung der Leistungsbeschreibung zu bestimmen. Eine Änderung der Preisgrundlage kommt nur in Betracht, wenn sich durch einen späteren Eingriff des Auftraggebers der vereinbarte Leistungsinhalt geändert hat (Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB, 21. Auflage, § 2 Abs. 5 VOB/B, Rn. 5).

(1) Der Inhalt einer öffentlichen Ausschreibung ist nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB auszulegen, wobei es auf den objektiven Empfängerhorizont eines fachkundigen, mit der angefragten Leistung vertrauten Bieters ankommt (BGH, Beschluss vom 07.01.2014, X ZB 15/13; OLG Frankfurt, Beschluss vom 01.10.2020, 11 Verg 9/20). Nach den allgemeinen Auslegungsgrundlagen ist bei der Auslegung von dem Wortlaut der Erklärung auszugehen. Es sind nur die Umstände zu berücksichtigen, die dem Empfänger der Erklärung bei Zugang der Willenserklärung erkennbar waren (BGH, Beschluss vom 13.10.2011, VII ZR 222/10). Die Auslegung hat unter Berücksichtigung des Vertragsinhalts, der sonstigen Umstände und des mit dem Vertrag verfolgten Zwecks zu verfolgen (BGH, Urteil vom 30.06.2011, VII ZR 13/10).

(2) Bei der Auslegung ist danach nicht allein auf den Wortlaut der Positionen des Leistungsverzeichnisses und dort allein auf die Bedeutung des Worts „Unterzüge“ abzustellen. Die Auslegung hat jedoch von der Bedeutung dieses Wortlauts auszugehen.

Nach den Feststellungen des Landgerichts auf der Grundlage der Ausführungen der Sachverständigen ist unter einem Unterzug ein selbsttragendes Bauteil zu verstehen. Konkrete Anhaltspunkte Zweifel an dieser Feststellungen i. S. d. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zeigt die Berufung nicht auf.

(3) Die Statik kann nur dann zur Auslegung der Vereinbarung herangezogen werden, wenn sie der Klägerin bei Angebotserstellung bekannt war. Das hat die Beklagte nicht unter Beweis gestellt.

Die Statik war nicht Teil der Vergabeunterlagen. Sie ist nicht in den von der Beklagten als Anlage B 1 vorgelegten Unterlagen enthalten. Bestandteil der Vergabeunterlagen waren einige Zeichnungen, von denen unklar geblieben ist, ob sich aus ihnen ergab, dass die Unterzüge nicht selbsttragend sein sollten.

Das Schreiben vom 13.08.2009 (Bl. 1373 d. A.) allein ist nicht geeignet, den Beweis zu erbringen, dass die relevanten Teile der Statik übersandt worden sind. In dem Schreiben wird ein Satz statische Unterlagen nach einer Planliste erwähnt, ohne dass deutlich wird, welche Unterlagen das gewesen sind. Es kann sich auch nur um die erwähnten Schalpläne gehandelt haben. Zudem ist aus dem Schreiben allein nicht erkennbar, ob die Unterlagen tatsächlich beilagen.

Im Übrigen wäre die Übergabe zwar vor dem Vertragsschluss, aber nach dem Angebot erfolgt. Grundlage für die Kalkulation konnte die Statik damit nicht mehr werden. Sie wäre für die Auslegung des Leistungsverzeichnisses und damit für das Verständnis des Angebots der Klägerin vom 29.06.2009 unerheblich. Es kommt so auch nicht darauf an, ob sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 05.05.2010 (Anlage B 14, Bl. 504 – 506 d. A.) ergibt, dass ihr die Statik bei Auftragserteilung vorlag.

Auch dann wäre der Preis anzupassen. Es dürfte sogar so sein, dass bei einer Änderungsanordnung vor Vereinbarung einer Leistung nicht § 2 Abs. 5 VOB/B eingreift, sondern der übliche Preis heranzuziehen ist (Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB, 21 Aufl., § 2 Abs. 5 VOB/B, Rn. 3).

(4) Dass in den die Unterzüge betreffenden Positionen des Leistungsverzeichnisses (Pos. 3.1.1.480, 3.1.1.490, 3.1.1.500, 3.1.1.510, 3.1.1.520, 3.1.2.180, 3.1.2.190, 3.1.2.200, 3.1.2.210, 4.1.2.150 – 4.1.2.240, 4.1.2.420, 4.1.2.430) jeweils auf die Statik Bezug genommen wurde, bedeutet nicht, dass die Klägerin sie hätte anfordern müssen. Denn sie musste allein aufgrund dieses Hinweises keinen Anlass zu der Annahme haben, dass sich aus der für die Erstellung des Angebots nicht übergebenen Statik angebotsrelevante Umstände ergaben.

(5) Aus dem weiteren Inhalt der die Unterzüge betreffenden Positionen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich überwiegend nicht um selbsttragende Bauteile handeln sollte. Nach den Ausführungen der Sachverständigen im Termin vom 04.02.2022 (Prot. S. 3, Bl. 1357 d. A.) sprechen weder die Maße noch die Anzahl der Unterzüge gegen die Annahme, dass selbsttragende Bauteile geplant waren.

(6) Aus dem Umstand, dass im Leistungsverzeichnis auch tragende Innenwände vorgesehen waren (Pos. 3.2.1.210, 3.2.1.270, 4.2.1.260, 4.2.1.320, 4.2.1.360), lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass die Unterzüge nicht selbsttragend sein sollten. Es kann nach den Ausführungen der Sachverständigen bautechnisch Sinn ergeben, zum Schutz des Mauerwerks dieses erst nach Abschluss der Betonarbeiten aufzumauern. Auch müssen lange Unterzüge teilweise unterstützt werden, was auch durch tragende Innenwände möglich ist (Prot. v. 04.02.2022, S. 3, 5, Bl. 1357, 1359 d. A.).

Auch der Wortlaut der Zulagepositionen für das spätere Mauern der letzten Schichten unter der Stahlbetondecke bzw. dem Stahlbetonbalken nach dem Ausschalen der Stahlbetondecke (Pos. 3.2.1.240, 3.2.1.290, 4.2.1.290, 4.2.1.340, 4.2.1.380) weist nicht eindeutig auf nicht selbsttragende Bauteile hin.

Nach den Ausführungen der Sachverständigen wird der Begriff Balken sowohl für selbsttragende als auch für nicht selbsttragende Betonbauteile verwendet (Prot. v. 04.02.2022. S. 5 f., Bl. 1359 f. d. A.).

bb) Auch wenn die Statik von Anfang an die Ausführung der Unterzüge weitgehend als nichttragende Bauteile vorsah, ist in der Ausführung nach der Statik eine andere Ausführung der Leistung zu sehen. Denn der Vertragsinhalt auf der Grundlage der dargestellten Auslegung des Leistungsverzeichnisses sah die Ausführung als tragende Bauteile vor.

Dass die Statik von Anfang an die Ausführung als nichttragende Bauteile vorsah, ist unstreitig. Die Klägerin hat nur bestritten, dass die Statik ihr bei der Erstellung des Angebots vorlag, aber nicht behauptet, dass sie nachfolgend geändert worden wäre. Sie hat nur von der Übergabe einer Nachtragsstatik gesprochen, ohne zu behaupten, dass die Änderung die hier relevante Leistung betraf oder dass sie der Angebotserstellung nachfolgte. Sie ist dem Vortrag der Beklagten, dass die Statik wegen der Ausführung der Unterzüge nie geändert worden ist, nicht entgegengetreten. Sie ist auch den Feststellungen des Landgerichts nicht entgegengetreten, nach denen es einen Widerspruch zwischen der Statik und dem Text des Leistungsverzeichnisses gab. Zumindest hat die Klägerin keinen Beweis für eine nachträgliche Änderung angeboten.

Auch in der Berufungserwiderung macht die Klägerin nur geltend, dass die Statik erst am 27.08.2009 geprüft und ihr auf einer CD mit dem Datum 30.09.2009 übergeben worden sei. Sie bezieht sich dabei auf Statiken, die am 02.09.2008 bzw. 17.03.2009 aufgestellt worden sind (Anlage BB 3, Bl. 1250 – 1251 d. A.), und damit deutlich vor dem Angebot.

c) Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass eine der Beklagten zurechenbare Leistungsanordnung erfolgt ist.

aa) Für eine Leistungsanordnung im Sinne von § 2 Abs. 5 VOB/B notwendig ist eine rechtsgeschäftliche, mit Vertretungsmacht abgegebene Erklärung, in der der Bauherr die geänderte Bauweise anordnet (OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.10.2013, 22 U 21/13). Die Anordnung kann ausdrücklich, aber auch konkludent erfolgen, etwa dadurch, dass der Auftraggeber in Kenntnis geänderter Bedingungen die Arbeiten fortsetzen lässt (Ingenstau/ Korbion/Keldungs, VOB, 21. Auflage, § 2 Abs. 5 VOB/B, Rn. 20). Eine Anordnung kann in der Übergabe geänderter Pläne liegen (KG, Urteil vom 21.04.2016, 27 U 81/15; Kapellmann, Messerschmidt, VOB, 7. Aufl., § 2 VOB/B, Rn. 340). Es ist nicht notwendig, dass der Auftraggeber dabei den Willen hat, das Bausoll zu ändern. Er kann auch davon ausgehen, die verlangte Ausführung sei vom Bausoll gedeckt (Kapellmann, Messerschmidt, VOB, 7. Aufl., § 2 VOB/B, Rn. 340).

Notwendig ist jedoch, wie bei jeder Willenserklärung, dass der Auftraggeber die Erklärung oder das Verhalten des Auftraggebers nach dem objektiven Empfängerhorizont als Änderungsanordnung auffassen darf. Der Auftragnehmer muss annehmen dürfen, dass dem Bauherrn bewusst ist, dass er etwas anderes will als ursprünglich vereinbart.

bb) Es ist danach nicht ausreichend, dass der Klägerin die Statik übergeben worden ist und sie unstreitig danach bauen sollte. Die Besonderheit des Falles liegt darin, dass aufseiten der Beklagten das Leistungsverzeichnis anders verstanden wurde als aufseiten der Klägerin. Es war für die Klägerin erkennbar, dass die Statik hinsichtlich der Ausführungsart der Unterzüge nie geändert worden war. Sie musste erkennen, dass die Streithelfer den Begriff anders verwendet hatten als er gemeinhin zu verstehen ist.

In dieser Situation musste die Klägerin einem Vertreter der Beklagten deutlich machen, dass sie bei ihrer Kalkulation von anderen Voraussetzungen ausgegangen war und durch die vorgesehene Ausführung nunmehr erheblicher Mehraufwand entstehen werde. Nur dann durfte sie in der Übergabe der Statik oder in dem Zulassen der Fortsetzung der Arbeiten eine Änderungsanordnung sehen.

cc) Inwieweit die Streithelfer von diesen Umständen Kenntnis erhalten haben, kann dahinstehen. Denn sie hatten unstreitig keine Vertretungsmacht für die Beklagte. Sie konnten so keine rechtsgeschäftlichen Erklärungen für diese abgeben.

Etwaige Kenntnisse der Streithelfer waren der Beklagten nicht analog § 166 Abs. 2 BGB zuzurechnen. Ein Geschäftsherr muss sich entsprechend § 166 Abs. 1 BGB und mit Rücksicht auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch die Kenntnis eines Wissensvertreters zurechnen lassen. Wissensvertreter ist jeder, der nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherrn dazu berufen ist, im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei anfallenden Informationen zur Kenntnis zu nehmen sowie gegebenenfalls weiterzuleiten (BGH, Urteil vom 26.05.2020, VI ZR 186/17).

Die Streithelfer waren nicht in eine solche Art und Weise in die Organisation der Beklagten eingebunden.

Sie waren allein damit betraut, das Bauvorhaben zu planen und zu überwachen, damit die Schulgebäude mangelfrei errichtet werden konnten. Dazu gehörte nicht die Kenntnisnahme und Weiterleitung von Informationen, die zu Änderungen der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Bauunternehmerin und der Bauherrin führen konnten.

Die Klägerin durfte zudem nicht davon ausgehen, dass die Streithelfer etwaige Kenntnisse von der Problematik an die Beklagte weiterleiten würden. Denn die Streithelfer hatten das Leistungsverzeichnis verfasst und waren damit für die Wahl des missverständlichen Begriffes „Unterzug“ verantwortlich. Sie hätten sich bei einer Weiterleitung der Informationen an die Beklagte selbst belastet. Sie zeigten sich auch nicht einsichtig, sondern waren mit der Geltendmachung von Mehrkosten nicht einverstanden. In einer solchen Situation muss sich der Unternehmer an den Bauherrn selbst wenden.

Diese Frage ist ebenso zu beurteilen wie bei der Erteilung eines Bedenkenhinweises nach §§ 13 Abs. 3, 4 Abs. 1 Nr. 4 VOB/B. Auch mit einem Bedenkenhinweis muss sich der Unternehmer jedenfalls dann direkt an den Bauherrn wenden, wenn er Bedenken gegen Anordnungen oder Planungen des Architekten selbst hat (BGH, Urteil vom 19.12.1996, VII ZR 309/95; OLG Oldenburg, Urteil vom 15.10.1997, 2 U 178/97) oder der Architekt sich der Bedenkenanmeldung durch den Unternehmer verschließt (BGH, Urteil vom 19.01.1989, VII ZR 87/88; BGH, Urteil vom 19.12.1996, VII ZR 309/95; Senat, Urteil vom 24.05.2019, 1 U 71/18; OLG Düsseldorf, Baurecht 1995, 244, 245; OLG Celle, Urteil vom 21.10.2004, 14 U 26/04; OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.02.2013, 23 U 185/11; Ingenstau/Korbion/Wirth, VOB, 21. Aufl., § 13 Abs. 3 VOB/B, Rn. 78).

Ob der Beklagten ein Planungsverschulden der Streithelfer anzurechnen ist, ist unerheblich, weil die Klägerin nicht Schadensersatz geltend macht, sondern Werklohn.

dd) Auch Herr B1 war nicht für rechtsgeschäftliche Erklärungen für die Beklagte gegenüber der Klägerin bevollmächtigt. Die Klägerin durfte das auch nicht annehmen. In dem von dem Bürgermeister unterschriebenen Auftragsschreiben vom 06.08.2022 (Anlage B 1, AB) wird Herr B1 als Mitarbeiter im Gebäudemanagement bezeichnet. Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht ist mit einer solchen Position regelmäßig nicht verbunden.

Ob Wissen von Herrn B1 der Beklagten analog § 166 Abs. 2 BGB zuzurechnen wäre, kann offenbleiben.

Denn es steht nicht fest, dass er von den oben bezeichneten Umständen Kenntnis hatte.

ee) Schriftverkehr mit der Beklagten – oder auch nur mit den Streithelfern – aus dem Jahr 2009 legt die Klägerin nicht vor. Als einzige schriftliche Unterlage aus dem fraglichen Zeitraum legt sie das Protokoll der Baubesprechung vom 18.11.2009 (Anlage K 42, Bl. 448 d. A.) vor, in der Mehrkosten wegen längerer Schalungszeiten angekündigt wurden. Ob das Protokoll einem Vertreter der Beklagten zur Kenntnis gelangt ist, ist unbekannt. Das folgt nicht allein daraus, dass Herr B1 im Verteiler genannt wird.

Nach dem Vortrag der Klägerin sollen Mehrkosten dabei zum ersten Mal zur Sprache gebracht worden sein.

Das wäre erheblich nach dem Beginn der Betonarbeiten gewesen. Auch die Höhe der Mehrkosten wird in dem Protokoll nicht näher dargelegt. Es soll nachfolgend eine erste Kostenzusammenstellung vom 15.12.2009 gegeben haben. Auch eine solche legt die Klägerin nicht vor.

Die Klägerin beruft sich in erster Linie auf ihr Schreiben vom 13.04.2010 (Anlage BB 6, Bl. 1429R – 1430 d. A.), in dem angeführt wird, der Mehrbedarf und die Gründe dafür seien „Ihnen“ vor Ausführung der Arbeiten bekannt gemacht worden. Das Schreiben ist als solches nicht zum Beweis geeignet, weil es unstreitig nach dem Abschluss der Betonarbeiten verfasst worden ist. Ob und auf welche Weise die Vertreter der Beklagten Kenntnis erhalten haben sollen, ergibt sich daraus zudem nicht. Ob die Streithelfer die Darstellung bestritten haben, ist unerheblich. Auf solche vorprozessualen Vorgänge sind die prozessualen Regeln nicht anzuwenden.

ff) Nach den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin im Termin vom 04.02.2022 (insoweit nicht protokolliert) soll über die Frage gesprochen worden sein, nachdem die Anforderungen aus der Statik bekannt geworden waren. Es ist aber offengeblieben, mit wem gesprochen worden ist und wie genau die Angaben dabei waren.

gg) Es reicht nicht aus, wenn durch den Mehraufwand nunmehr ein „Stützenwald“ entstand, oder, dass die Dauer der Arbeiten sich verlängerte. Die Vertreter der Beklagten mussten keine Vorstellung davon haben, auf welche Weise oder mit welchem Aufwand die Klägerin die Unterzüge herstellen wollte. Sie konnten so nicht erkennen, ob sich etwas geändert hatte.

hh) Der Senat ist nach der Aussage des Zeugen K2 nicht überzeugt, dass Vertreter der Beklagten die notwendigen Informationen erhalten haben.

Der Zeuge K2 hat bekundet (Prot. v. 18.11.2022, S. 2 ff., Bl. 1540 ff. d. A.), es sei gegenüber dem bauleitenden Architekten Herrn F1 dargelegt worden, dass es zu Mehrkosten komme. Nach seiner Erinnerung sei Herr B1 auch im Thema gewesen. Herr B1 habe an Baubesprechungen teilgenommen und die Protokolle erhalten. Überwiegend sei mündlich gesprochen worden, es habe aber auch jede Menge Schriftverkehr gegeben. Mehrkosten sei widersprochen worden. Eine genaue Situation könne er nicht mehr erinnern. Das Schreiben vom 13.04.2010 habe er verfasst. Herr F1 habe einmal handschriftlich eine Zahl notiert, die zur Lösungsfindung habe dienen sollen. Das habe aber nicht zu einer Einigung geführt.

Die Aussage ist weder für sich noch im Zusammenhang mit dem Schreiben vom 13.04.2010 glaubhaft. Es fehlen Realkennzeichen für die Aussage, dass Herr K2 oder ein anderer Vertreter der Klägerin mit Herrn B1 über die Mehrkosten und deren Ursachen gesprochen haben. Herr K2 konnte keine konkrete Situation schildern, in der es zu einem solchen Gespräch gekommen sein soll.

Herr K2 schränkte seine Aussage teilweise dahin ein, dass er aufgrund des Schriftverkehrs davon ausgehe, Herr B1 sei informiert gewesen, Herr B1 sei verschiedentlich auf der Baustelle gewesen und habe das Thema wahrgenommen oder man sei zwar bei Baubesprechungen teilweise in verschiedenen Gruppen über die Baustelle gegangen, er gehe aber davon aus, dass das Thema unter anderem Herrn B1 bekannt gewesen sei (Prot. v. 18.11.2022, S. 2, 3, Bl. 1540, 1541 d. A.). Danach kann nicht ausgeschlossen werden, dass Herr K2 nur aufgrund der auf der Baustelle geführten Gespräche darauf schließt, dass auch Herr B1 informiert gewesen sei. Im Übrigen ist nicht glaubhaft, dass es eine große Anzahl von Schreiben aus dem Jahr 2009 zu dem Problem gab. Die Klägerin hat solche Schreiben, wie gesagt, nicht vorgelegt.

Die Aussage wird nicht dadurch glaubhaft, dass Herr K2 bekundet hat, er habe das Schreiben vom 13.04.2010 verfasst und die darin aufgeführten Punkte seien seinerzeit angesprochen worden. Das ersetzt nicht die fehlende Erinnerung daran, in welcher Situation mit wem ein solches Gespräch geführt worden sein soll.

Ob der Streithelfer Herr F1 einmal mit dem Ziel einer Einigung eine Zahl notiert hat, ist unerheblich. Ihm fehlte jedenfalls die Vertretungsmacht für die Beklagte. Im Übrigen fehlt zu einem solchen Vorgang Vortrag der Klägerin.

d) Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht nach den Regelungen des § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B. Sie hat nicht dargelegt, jedenfalls nicht bewiesen, dass ein Vertreter der Beklagten die geänderte Leistung anerkannt hat oder die geänderte Leistung einem Vertrete der Beklagten unverzüglich angezeigt worden ist.

Das würde wiederum ein Bewusstsein einer geänderten Leistung bei einem Vertreter der Beklagten voraussetzen. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.

e) Abgesehen von dem fehlenden Anspruchsgrund hat die Klägerin auch die Höhe des Anspruchs nicht plausibel dargelegt.

aa) Ein erheblicher Teil der Mehrkosten soll dadurch entstanden sein, dass die Klägerin die Schalungen für die Unterzüge nicht mehrmals verwenden konnte, weil die nicht selbsttragenden Unterzüge abgestützt werden mussten. Die Klägerin durfte bei ihrer Kalkulation allerdings nicht von einer mehrfachen Verwendung der Schalung ausgehen.

In den zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen ist geregelt, dass es sich bei den Stahlbetonarbeiten um Raumtragewerke handelt, die Tragkraft erst nach der Abbindezeit für das gesamte Raumtragewerk erreicht wird und die Ausschalung von Wänden und Decken z. T. mit erheblicher Zeitverzögerung stattfinden kann und nur in Abstimmung mit dem Statikbüro durchzuführen ist (S. 2, Anlage B1, AB). Die Klägerin musste danach damit rechnen, dass die Schalung länger vorgehalten werden musste, nämlich bis der Statiker das Ausschalen genehmigte.

Es handelt sich dabei nicht vornehmlich um eine technische Frage, sondern um die Auslegung der Vertragsbedingungen. Es ist deswegen nicht erheblich, dass die Sachverständige im Termin vom 18.11.2022 ausgeführt hat, bei normalen Abbindezeiten habe die Schalung öfter verwendet werden können. Ein früheres Ausschalen sei mit Zustimmung des Statikers möglich. Nach der Abbindezeit sei die Zustimmung nicht notwendig (Prot. S. 6 f, Bl. 1543 f. d. A.). Die Sachverständige hat damit nur ein übliches Vorgehen auf einer Baustelle geschildert. In den zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen wurde aber gerade klargestellt, dass mit Zeitverzögerungen zu rechnen war. Die Klägerin hätte deswegen nicht ohne Nachfrage den üblichen Bauablauf ihrer Kalkulation zugrunde legen dürfen. Das gilt auch dann, wenn der Begriff des Raumtragewerks im Betonbau nicht üblich ist (Prot. v. 18.11.2022, S. 7, Bl. 1545 d. A.). Ein solcher erkennbarer Widerspruch hätte erst recht zu der Nachfrage führen müssen, was gemeint war.

Nach der Aussage des Zeugen K2 gibt es sogar einen Anhaltspunkt dafür, dass die von der Klägerin geltend gemachte Problematik ihre Ursache darin hatte, dass sie den Hinweis in den besonderen technischen Vertragsbedingungen nicht beachtet hat. Er hat bekundet, es habe sich herausgestellt, dass die Tragfähigkeit nur durch das Gesamtwerk, nämlich die Unterzüge und das Dach, habe hergestellt werden können (Prot. v. 18.11.2022, S. 4, Bl. 1542 d. A.). Das deutet auf den in den Vertragsbedingungen beschriebenen Umstand, hin, dass die Tragkraft erst nach Fertigstellung und Abbindezeit des gesamten Raumtragewerks erreicht wird.

bb) Ein Teil der Mehrkosten soll dadurch entstanden sein, dass das Aufmauern der tragenden Wände zwischen der Abfangung der Unterzüge erschwert gewesen sei und sich unter anderem dadurch eine Bauzeitverzögerung ergeben habe. Diese Kosten wären vermeidbar gewesen, wenn vor der Herstellung der Unterzüge die Wände gemauert worden wären. Nach den Ausführungen der Sachverständigen hätte das Vorgehen in anderer Reihenfolge auch bei der Annahme, dass die Klägerin zunächst von freitragenden Bauteilen ausgehen durfte, nur zu Mehrkosten von 752,47 Euro netto geführt (EGA v. 11.02.2020, S. 14).

Die von der Klägerin gewählte Reihenfolge war nicht im Leistungsverzeichnis vorgeschrieben. Aus ihm ergibt sich keine bestimmte Reihenfolge der Arbeiten. Eher ergibt sich, dass die Wände größtenteils vor der Erstellung der Decken hergestellt werden sollten. Auf die gegenteiligen Ausführungen der Sachverständigen (Prot. v. 12.02.2021, S. 3 f., Bl. 1021 f. d. A.) kommt es nicht an, weil es sich nicht um technische Fragen handelt. Die Auslegung des Leistungsverzeichnisses ist eine Rechtsfrage. Es kommt für die Auslegung auch nicht darauf an, ob die Rechtsanwälte der Beklagten im Nachhinein geäußert haben, die Vorgehensweise der Klägerin sei richtig gewesen.

Für die Positionen, die die Herstellung der tragenden Innenwände vorsahen, war jeweils eine Zulage für das spätere Mauern der letzten Schichten vorgesehen (Pos. 3.2.1.210 und 3.2.1.240, 3.2.1.270 und 3.2.1.290, 4.2.1.260 und 4.2.1.290, 4.2.1.320 und 4.2.1.340, 4.2.1.360 und 4.2.1.380 des LV). Bei der gebotenen Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont ergab sich daraus, dass die tragende Innenwand bereits mit Ausnahme der letzten Schichten hergestellt sein sollte, bevor die Stahlbetondecke hergestellt wurde, denn sonst hätte es nicht der Beschreibung „später“ bedurft, die eine Unterbrechung der Arbeiten nahelegt.

Hätten erst die Decken und danach die Wände hergestellt werden sollen, hätte es keines Zusatzes, der auf eine Unterbrechung der Arbeiten hinweist, bedurft.

Dass das Aufmauern der Wände vor den Betonarbeiten geplant war, ergibt sich aus den Bauzeitplänen. So sah etwa der Plan der Beklagten (Anlage B 13, Bl. 490 d. A.) das Aufmauern von Wänden im Untergeschoss für die 37./38. Kalenderwoche, das Herstellen der Stahlbetondecke jedoch erst für die 38./39. Kalenderwoche vor. Im Erdgeschoss sollte das Aufmauern der Wände in der 40./41. Kalenderwoche erfolgen, das Herstellen der Decken in der 42. Kalenderwoche. Ähnliches ergibt sich aus dem von der Klägerin erstellten Bauzeitplan vom 21.09.2009 (Bl. 1039 ff. d. A.). Danach hätte etwa das Aufmauern der Wände im Untergeschoss bis zur 39. Kalenderwoche dauern sollen, das Herstellen der Decke hätte in der 38./39. Kalenderwoche geschehen sollen. Der Ablauf der Herstellung von Mauerwerk und Decke im Erdgeschoss hätte nicht verändert werden sollen. Außerdem war zu einem späteren Zeitpunkt die Herstellung restlichen Ziegelmauerwerks vorgesehen, wobei es sich um das Aufmauern der letzten Schichten handeln dürfte.

Dieser Auslegung des Leistungsverzeichnisses und der Bauzeitpläne hat die Klägerin in der Stellungnahme zum Hinweisbeschluss vom 18.02.2022 ausdrücklich zugestimmt. Soweit sie geltend gemacht hat, die von ihr – danach frei gewählte – Vorgehensweise sei der Beklagten bekannt gewesen, ist das unerheblich.

Abgesehen davon, dass unklar geblieben ist, ob für die Beklagte Vertretungsberechtigte Kenntnis hatten, kann aus dem bloßen Umstand, dass dem Bauherrn eine vom Unternehmer frei gewählte Reihenfolge der Arbeiten bekannt ist, kein Mehrkostenanspruch erwachsen.

Die Klägerin hat auf den Hinweisbeschluss vom 18.02.2022 nicht dargelegt, welche Mehrkosten entstanden wären, wenn sie zunächst die Wände gemauert hätte, oder, aus welchem Grund eine solche Reihenfolge nicht möglich gewesen sein soll, als ihr die Anforderungen aus der Statik bekannt wurden. Dabei ist von Bedeutung, dass bereits im Untergeschoss der Sporthalle (Titel 3.1.1) Unterzüge vorgesehen waren und aus den Anforderungen der Statik an sie Rückschlüsse für die Ausführung der Unterzüge jedenfalls im Obergeschoss der Sporthalle hätten gezogen werden müssen.

Die Klägerin hat nur geltend gemacht, dass sich die Mehrkosten auf das Mauern der letzten Schichten bezögen. Eine solche Einschränkung geht weder aus dem Nachtrag 6 noch aus ihrem Vortrag in diesem Rechtsstreit hervor. Im Gegenteil geht die Vorbemerkung des Nachtrags (Ziff. 3 der Beschreibung des Mehraufwands, S. 2) offensichtlich von der Herstellung des gesamten unter den Unterzügen angeordneten Mauerwerks aus. Außerdem ist unstreitig, dass die Klägerin die gesamten Wände erst nach der Herstellung der Unterzüge aufgemauert hat. Sie selbst spricht von einem „Stützenwald„, der auf der Baustelle entstanden sei.

2. Mehrkosten nach dem Nachtrag 7 für eine Beschleunigung des Bauablaufes stehen der Klägerin nicht zu.

Tatsächlich ist eine relevante Beschleunigung des Bauablaufes nicht erfolgt. Zumindest fehlt es an einer der Beklagten zurechenbaren Beschleunigungsanordnung.

a) Die Klägerin macht mit dem Nachtrag 7 Mehrkosten dafür geltend, dass die Betonarbeiten bis Weihnachten 2009 fertigzustellen waren. Das war zwischen den Parteien indes bereits im Vertrag vom 06./20.08.2009 vereinbart worden.

aa) Das dem Vertrag zugrunde liegende Leistungsverzeichnis enthielt in der Vorbemerkung bereits einen groben Bauzeitplan, nach dem die wesentlichen Teile der Rohbauarbeiten bis Dezember 2009 beendet sein sollten (S. 4 der Vorbemerkungen, Anlage B 1, AB). Aus dem für die Ausbaugewerke vorgesehenen Leistungsbeginn ist zu erkennen, dass das Bauwerk zu diesem Zeitpunkt bereit für den Einbau der Fenster und ab da geschlossen für den Beginn des Innenausbaus sein musste. Nach den Ausführungen der Sachverständigen (1. EGA v. 11.02.2020, S. 22) ist daraus jedenfalls zu schließen, dass die Betonarbeiten abgeschlossen sein mussten. Die Herstellung der Sohle, der Außenwände sowie der Decken war notwendig, um einen geschlossenen Bau zu erreichen.

bb) Die Überschrift des Nachtrags ist nicht missverständlich. Er enthält das, was mit der Überschrift angekündigt wird, nämlich Kosten für die Fertigstellung der Betonarbeiten bis Dezember 2009, die indes bereits ursprünglich vertraglich geschuldet war. Die beiden Positionen weisen Schalarbeiten und die Zuteilung eines zweiten Poliers jeweils bis zum 18.12.2009 aus. Es ging somit nicht um die Fertigstellung der Betonarbeiten innerhalb eines verkürzten, vor Dezember 2009 endenden Zeitraums. Das entspricht auch dem durchgehenden Vortrag der Klägerin.

Insofern kann sich die Klägerin nicht auf die Ausführungen der Sachverständigen in dem Ergänzungsgutachten vom 11.02.2020 (S. 21 – 23) stützen. Zwar heißt es dort, nach einem geänderten Bauzeitenplan hätten die Betonarbeiten bis Oktober 2009 statt bis Weihnachten fertiggestellt sein sollen.

Der Senat verkennt auch nicht, dass die Sachverständige im Termin vom 18.11.2022 erklärt hat, aufgrund einer Verkürzung des Zeitraums für die Betonarbeiten auf den 04.11.2009 habe schneller gearbeitet werden müssen (Prot. S. 6, Bl. 1544 d. A.). Das entspricht nicht dem Vortrag der Klägerin. Sie hat in dem Nachtrag keine Kosten für die Fertigstellung der Betonarbeiten bis zum 04.11.2009 kalkuliert.

cc) Eine Verkürzung des ursprünglich vertraglich vorgesehenen Leistungszeitraums scheidet auch wegen des in dem in den Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis enthaltenen Bauzeitplan vorgesehenen Beginns der Zimmerer- und Dacharbeiten im November 2009 aus. Die Klägerin musste erkennen, dass die Wände und Decken bis dahin fertiggestellt sein mussten.

Die Klägerin hatte nach dem Leistungsverzeichnis (Pos. 1.2.1) ein Gerüst für die Folgegewerke nach Erstellung der Rohbauarbeiten zu erstellen. Das Gerüst war unter anderem für Arbeiten am Dach notwendig. Die Aufstellung des Gerüsts setzte voraus, dass der Rohbau bereits stehen musste, jedenfalls die Wände, an denen das Gerüst aufzustellen war.

Der Beginn der Arbeiten an dem Dachstuhl und dem Dach setzt voraus, dass zu diesem Zeitpunkt der Rohbau soweit steht, dass das Dach darauf errichtet werden kann. Auch das setzt die Fertigstellung der Wände und der Decken voraus.

b) Im Übrigen fehlte selbst im Falle einer relevanten Baubeschleunigung für einen Anspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B eine rechtsgeschäftliche Anordnung eines Vertreters der Beklagten. Die von der Klägerin herangezogenen Bauzeitpläne sind ihr von den Streithelfern übergeben worden. Diese waren nicht für rechtsgeschäftliche Erklärungen im Namen der Beklagten bevollmächtigt.

3. Das Urteil des Landgerichts ist in Höhe von 71.613,64 Euro rechtskräftig geworden. Insoweit hat die Beklagte das Urteil nicht angegriffen. In Höhe von insgesamt 354.997,98 Euro war die Klage abzuweisen. In Höhe der Differenz von 409,84 Euro zu dem vom Landgericht ausgeurteilten Betrag von 427.021,46 Euro war die Beklagte zur Zahlung zu verurteilen.

Der von der Beklagten angegebene Zahlbetrag von 123.724,23 Euro beruht auf einem offensichtlichen Rechenfehler. Dieser Betrag ergibt sich, wenn man den von der Beklagten angegriffenen Betrag von 355.407,82 Euro von der ursprünglichen Klagesumme von 479.132,05 Euro abzieht. Tatsächlich ist von der Höhe der Verurteilung auszugehen. Der Antrag der Beklagten ist dahin auszulegen, dass sie in erster Linie die Klagabweisung in Höhe von 355.407,82 Euro anstrebt, nicht die Verurteilung zur Zahlung von 123.724,23 Euro.

Im Übrigen käme eine Verurteilung in dieser Höhe nicht in Betracht, weil die Klägerin die teilweise Klageabweisung durch das Landgericht nicht angegriffen hat.

Die Klage ist in Höhe von 301.780,25 Euro brutto (253.596,85 Euro netto) abzuweisen, weil der Klägerin kein weiterer Werklohn nach dem Nachtrag 6 zusteht. Diesen Betrag hat das Landgericht seiner Verurteilung zugrunde gelegt. Das Landgericht hat sich für die Höhe des Betrages auf das Gutachten der Sachverständigen gestützt (Urt. S. 42, 44), die diesen Betrag ermittelt hatte (GA v. 07.03.2017, S. 97). Bei dem vom Landgericht auch genannten Betrag von 253.941,25 Euro netto (Urt. S. 43) handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler.

Die Beklagte ist bei der Berechnung des angegriffenen Betrages von dem letzteren Betrag ausgegangen.

Der Angriff ist daher um 409,84 Euro brutto (344,40 Euro netto) zu hoch. In dieser Höhe ist ihre Berufung unbegründet. Sie war entsprechend zur Zahlung weiteren Werklohns nebst Zinsen zu verurteilen. Wegen der Verurteilung zur Zinszahlung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, das von der Beklagten insoweit nicht angegriffen worden ist.

Die Klage ist in Höhe weiterer 53.217,73 Euro brutto (44.720,78 Euro netto) zurückzuweisen, weil der Klägerin kein weiterer Werklohn nach dem Nachtrag 7 zusteht. Das Landgericht hat diesen Betrag seiner Verurteilung zugrunde gelegt.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 101 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht angezeigt, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Es handelt sich um eine Entscheidung im Einzelfall. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind geklärt.

BGH zu der Frage, dass das Gericht die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen kann, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist

BGH zu der Frage, dass das Gericht die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen kann, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist

vorgestellt von Thomas Ax

1. Gemäß § 412 Abs. 2 ZPO kann das Gericht die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist. In diesem Fall darf ungeachtet des Wortlauts des § 412 Abs. 2 ZPO („kann“) das Gutachten des abgelehnten Sachverständigen grundsätzlich nicht mehr verwertet werden.
2. Die erfolgreiche Ablehnung des Sachverständigen steht der Verwertbarkeit seines Gutachtens jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Partei, die sich auf die Befangenheit des Sachverständigen beruft, den Ablehnungsgrund in rechtsmissbräuchlicher Weise provoziert hat und gleichzeitig kein Anlass zu der Besorgnis besteht, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen schon bei Erstellung seiner bisherigen Gutachten beeinträchtigt gewesen ist (Anschluss an BGH, IBR 2007, 530).

BGH, Urteil vom 05.12.2023 – VI ZR 34/22
vorhergehend:
OLG Koblenz, 29.12.2021 – 5 U 1484/21
LG Koblenz, 29.07.2021 – 1 O 363/18

Tatbestand:

1

Die Klägerin nimmt die Beklagte nach ärztlicher Behandlung auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Der Sachverständige hat sein schriftliches Gutachten vom 5. Juli 2020 im Verhandlungstermin vor dem Landgericht am 4. Februar 2021 mündlich erläutert. Die Klägerin hat den Sachverständigen im Termin als befangen abgelehnt und dies anschließend in einem Schriftsatz begründet. Mit Schreiben vom 18. April 2021 hat der Sachverständige dazu Stellung genommen. Daraufhin hat die Klägerin ihr Befangenheitsgesuch mit einem neuen Schriftsatz auch darauf gestützt, dass der Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 18. April 2021 in unangemessener Weise Kritik am Befangenheitsantrag sowie an ihrem Prozessbevollmächtigten und dessen Verhalten in der mündlichen Verhandlung geübt habe. Das Landgericht hat das Gesuch der Klägerin, den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Oberlandesgericht (4. Zivilsenat) den Beschluss des Landgerichts abgeändert und das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen für begründet erklärt. Es hat ausgeführt, dass dahinstehen könne, ob die zunächst geltend gemachten Gründe rechtzeitig angebracht worden seien, da es jedenfalls zu diesem Zeitpunkt an einem Befangenheitsgrund gemangelt habe. Jedoch habe der Sachverständige mit seiner Stellungnahme vom 18. April 2021 die Grenzen der gebotenen Neutralität und Sachlichkeit überschritten, indem er das Prozessverhalten und die Persönlichkeitsstruktur des Klägervertreters analysiert und negativ bewertet habe.

3

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht (5. Zivilsenat) hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Berufungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4

Das Berufungsgericht hat – soweit im vorliegenden Zusammenhang relevant – ausgeführt, dass die Klägerin einen Behandlungsfehler oder eine fehlerhafte Aufklärung nicht nachgewiesen habe. Das Gutachten des Sachverständigen vom 5. Juli 2020 und das Ergebnis der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens vom 4. Februar 2021 seien weiterhin verwertbar. Das Landgericht sei nicht verpflichtet gewesen, ein neues Gutachten eines anderen Sachverständigen einzuholen. Da der Sachverständige und der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vor der Erstellung des Gutachtens nicht aufeinandergetroffen seien und somit kein Anlass für den Sachverständigen bestanden habe, das Verhalten des klägerischen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung zu bewerten und zu kritisieren, bestehe auch aus Sicht einer vernünftig denkenden Partei kein Anlass zu der Besorgnis, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen schon bei der Erstellung des Gutachtens beeinträchtigt gewesen sei. Darüber hinaus sei das Ablehnungsgesuch der Klägerin gegen den Sachverständigen rechtsmissbräuchlich, weil sie damit verfahrensfremde Zwecke verfolge. Ablehnungsanträge, welche ausschließlich zur Prozessverschleppung oder zur Verfolgung anderer verfahrensfremder Zwecke gestellt würden, seien aufgrund fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig. Im vorliegenden Fall sei die Verfolgung verfahrensfremder Zwecke aus dem Prozessverlauf ersichtlich.

5

Ein neues Sachverständigengutachten müsse nicht deshalb eingeholt werden, weil der Sachverständige die Beantwortung entscheidungserheblicher Fragen verweigert habe oder dessen angeblich widersprüchliche Aussagen hätten aufgeklärt werden müssen. Der Sachverständige müsse auch nicht erneut zur Erläuterung seines Gutachtens geladen werden. Ein Behandlungsfehler sei nicht nachgewiesen.

II.

6

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht keine Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen angeordnet (§ 412 Abs. 2 ZPO) und seine Entscheidung auf die Ausführungen des abgelehnten Sachverständigen gestützt hat.

7

1. Gemäß § 412 Abs. 2 ZPO kann das Gericht die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist. In diesem Fall darf ungeachtet des Wortlauts des § 412 Abs. 2 ZPO („kann“) das Gutachten des abgelehnten Sachverständigen grundsätzlich nicht mehr verwertet werden (vgl. Ahrens in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 406 Rn. 8, § 412 Rn. 29; Anders/Gehle, ZPO, 82. Aufl., § 412 Rn. 1; Huber in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl., § 406 Rn. 18, § 412 Rn. 2; Berger in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 406 Rn. 66; BeckOK ZPO/Scheuch, 50. Ed. 1.9.2023, § 406 Rn. 39; Siebert in Saenger, ZPO, 10. Aufl., § 406 Rn. 16, § 412 Rn. 7; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 406 Rn. 15, § 412 Rn. 3; Katzenmeier in Prütting/Gehrlein, ZPO, 15. Aufl., § 412 Rn. 2).

8

2. Gründe für eine Ausnahme von dieser Regel liegen nicht vor.

9

a) Das Berufungsgericht hat nicht annehmen dürfen, dass das Ablehnungsgesuch der Klägerin unzulässig sei.

10

aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass das Ablehnungsgesuch der Klägerin gegen den Sachverständigen rechtsmissbräuchlich sei, weil sie damit verfahrensfremde Zwecke verfolge. Ablehnungsanträge, welche ausschließlich zur Prozessverschleppung oder zur Verfolgung anderer verfahrensfremder Zwecke gestellt würden, seien aufgrund fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig. Die Verfolgung verfahrensfremder Zwecke sei aus dem Prozessverlauf ersichtlich. In ihrer Stellungnahme zum Sachverständigengutachten habe sich die Klägerin noch einige seiner Aussagen zu eigen gemacht und lediglich die fehlerhafte Zugrundelegung eines falschen Sachverhalts gerügt. Als der Sachverständige jedoch bei seinen der Klägerin ungünstigen Feststellungen geblieben sei, sei der Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit angebracht worden. Danach sei offensichtlich, dass die Klägerin die ihr unliebsame Folge der Beweisaufnahme dadurch zu umgehen versucht habe, durch die Ablehnung des Sachverständigen die Einholung eines neuen Gutachtens zu erreichen. Diese unzulässige, weil rechtsmissbräuchliche Prozesstaktik bzw. dieses Ziel ergebe sich schließlich auch aus der Berufungsbegründung, in der die Klägerin mitgeteilt habe, sie hätte ein eigenes Gutachten eingeholt, wenn das Landgericht – statt direkt die Klage abzuweisen – darauf hingewiesen hätte, dass es das Sachverständigengutachten verwerten wolle.

11

bb) Diese Beurteilung des Berufungsgerichts widerspricht der Bindungswirkung der im Ablehnungsverfahren getroffenen Entscheidung. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin hat ein anderer Zivilsenat des Oberlandesgerichts das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen für begründet erklärt. Diese Entscheidung unterliegt gemäß § 512, § 406 Abs. 5 ZPO nicht der Beurteilung des Berufungsgerichts, das an sie gebunden ist.

12

cc) Im Übrigen trägt der Verfahrensablauf nicht die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass das Ablehnungsgesuch der Klägerin gegen den Sachverständigen rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Das Prozessverhalten der Klägerin stellt entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts keine rechtsmissbräuchliche Prozesstaktik dar, um eine unliebsame Folge der Beweisaufnahme zu umgehen, sondern die Wahrnehmung eines prozessualen Rechts. Denn es steht einer Partei frei, vom Ablehnungsrecht (§ 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO) in den durch § 406 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 ZPO bestimmten zeitlichen Grenzen Gebrauch zu machen.

13

b) Zwar steht die erfolgreiche Ablehnung des Sachverständigen der Verwertbarkeit seines Gutachtens jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Partei, die sich auf die Befangenheit des Sachverständigen beruft, den Ablehnungsgrund in rechtsmissbräuchlicher Weise provoziert hat und gleichzeitig kein Anlass zu der Besorgnis besteht, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen schon bei Erstellung seiner bisherigen Gutachten beeinträchtigt gewesen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 2007 – VII ZB 18/06, NJW-RR 2007, 1293 Rn. 12; Ahrens in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 406 Rn. 8; Siebert in Saenger, ZPO, 10. Aufl., § 406 Rn. 16; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl., § 406 Rn. 15). Die Entscheidung über die Frage der weiteren Verwertbarkeit ist nicht mehr Teil des Ablehnungsverfahrens. Ein Ablehnungsgesuch ist ein einheitlich zu behandelnder Antrag, der entweder insgesamt zurückzuweisen ist oder zur Feststellung der Befangenheit des Abgelehnten führt. Welche Folgen die erfolgreiche Ablehnung insbesondere im Hinblick auf die bisherige Mitwirkung des abgelehnten Sachverständigen hat, ist vom Gericht im Rahmen seiner Entscheidung, welche Beweise noch zu erheben sind, zu beurteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 2007 – VII ZB 18/06, NJW-RR 2007, 1293 Rn. 11).

14

aa) Allerdings hat das Berufungsgericht schon keine Feststellungen getroffen, aus denen sich ergibt, dass die Klägerin den Ablehnungsgrund in rechtsmissbräuchlicher Weise provoziert hat.

15

bb) Zudem hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft angenommen, es bestehe kein Anlass zu der Besorgnis, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen schon bei Erstellung seiner bisherigen Gutachten beeinträchtigt gewesen sei.

16

(1) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe zunächst weder in der Vorbereitung oder in der Begutachtung an sich noch in der schriftlichen Ausarbeitung des Sachverständigen vom 5. Juli 2020 einen Ablehnungsgrund gesehen. Ein Ablehnungsgesuch sei erst nach der mündlichen Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 4. Februar 2021 angebracht worden. Zwar habe ein anderer Senat des Oberlandesgerichts das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt. Allerdings habe dieser eindeutig zwischen dem Verhalten des Sachverständigen bei der Begutachtung und seiner anschließenden schriftlichen Stellungnahme vom 18. April 2021 zum Befangenheitsantrag differenziert und ausgesprochen, dass ein Befangenheitsgrund erst mit seiner Stellungnahme gegeben sei. Er habe herausgearbeitet, dass es zum Zeitpunkt des Befangenheitsgesuchs an einem Befangenheitsgrund gemangelt habe. Daraus ergebe sich, dass Fehlverhaltensweisen des Sachverständigen bei der Vorbereitung der Begutachtung oder der Begutachtung selbst, die eine Ablehnung rechtfertigen könnten, hier nicht vorlägen. Es sei folglich nicht rechtsfehlerhaft gewesen, dass das Landgericht das schriftliche Gutachten und dessen mündliche Erläuterung verwertet habe. Die Ausführungen des Sachverständigen hätten vor dem 18. April 2021 gelegen. Erst ab diesem Zeitpunkt wäre eine Fortsetzung der Tätigkeit des Sachverständigen nicht mehr hinnehmbar gewesen, weil er sich dem Prozessbevollmächtigten gegenüber unsachlich geäußert habe. Da der Sachverständige und der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vor der Erstellung des Gutachtens nicht aufeinandergetroffen seien und somit kein Anlass für den Sachverständigen bestanden habe, das Verhalten des klägerischen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung zu bewerten und zu kritisieren, worauf allein der Befangenheitsgrund im weiteren Schriftsatz der Klägerin gestützt sei, bestehe auch aus der Sicht einer vernünftig denkenden Partei kein Anlass zur Besorgnis, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen schon bei der Erstellung des Gutachtens beeinträchtigt gewesen sei.

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(2) Aus diesen Erwägungen des Berufungsgerichts ergibt sich zunächst nur, was die Klägerin im Sinne von § 406 Abs. 1 Satz 1, § 42 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO als Grund, der geeignet gewesen ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen (Befangenheitsgrund), geltend gemacht hat und was als Befangenheitsgrund angenommen worden ist. Soweit das Berufungsgericht anschließend meint, es bestehe kein Anlass zur Besorgnis, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen schon bei Erstellung des Gutachtens beeinträchtigt gewesen sei, beschränkt es sich auf den Hinweis, dass der Sachverständige und der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vor der Erstellung des Gutachtens nicht aufeinandergetroffen seien und somit kein Anlass für den Sachverständigen bestanden habe, das Verhalten des klägerischen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung zu bewerten und zu kritisieren. Das Berufungsgericht verhält sich jedoch nicht näher dazu, ob die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen bereits zuvor beeinträchtigt gewesen sein könnte. Daraus, dass eine (mögliche) Beeinträchtigung der Unvoreingenommenheit sich nicht schon früher offenbart hat, folgt nicht, dass eine solche auch nicht vorgelegen hat. Die zur Befangenheit des Sachverständigen führende Kritik am klägerischen Prozessbevollmächtigten betraf insoweit hier gerade auch dessen Verhalten in der mündlichen Verhandlung, anlässlich derer sich der Sachverständige gutachterlich geäußert hatte. Deshalb ist die Annahme nicht gerechtfertigt, dass aus Sicht einer vernünftig denkenden Partei kein Anlass zur Besorgnis bestand, die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen könne schon bei seinen mündlichen Ausführungen in der Verhandlung beeinträchtigt gewesen sein.

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c) Schließlich kann offenbleiben, ob – wie die Revisionserwiderung meint – trotz erfolgreicher Ablehnung eines Sachverständigen die Verwertbarkeit seines Gutachtens auch dann in Betracht kommt, wenn die Partei, die sich auf die Befangenheit des Sachverständigen beruft, den Ablehnungsgrund nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise provoziert hat. Denn auch dann käme die Verwertung des Gutachtens jedenfalls nur in Betracht, wenn kein Anlass zu der Besorgnis besteht, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen schon bei dessen Erstellung (und ggf. Erläuterung) beeinträchtigt gewesen ist. Dies ist hier nicht der Fall.

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3. Das Berufungsurteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

OLG München zu der Frage, dass sich die Höhe der Vergütung für eine zusätzliche Leistung i.S.v. § 2 Abs. 6 VOB/B nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge bemisst

OLG München zu der Frage, dass sich die Höhe der Vergütung für eine zusätzliche Leistung i.S.v. § 2 Abs. 6 VOB/B nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge bemisst

vorgestellt von Thomas Ax

1. Das Schweigen des Auftraggebers auf ein Nachtragsangebot des Auftragnehmers gilt – auch im kaufmännischen Geschäftsverkehr – nicht als Annahme des Nachtragsangebots.
2. Die Höhe der Vergütung für eine zusätzliche Leistung i.S.v. § 2 Abs. 6 VOB/B bemisst sich nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge, wenn sich die Parteien nicht über die Nachtragshöhe einigen können.
3. Der Auftragnehmer muss substanziiert zu den tatsächlich angefallenen Mehrkosten vortragen. Das gilt auch dann, wenn der Auftragnehmer mit seinem einen Nachunternehmer einen Pauschalpreisvertrag geschlossen hat, der auch andere Arbeiten umfasst.
OLG München, Beschluss vom 03.02.2023 – 28 U 5927/22 Bau
vorhergehend:
OLG München, Beschluss vom 19.12.2022 – 28 U 5927/22 Bau
LG München II, 31.08.2022 – 3 O 860/20 Bau
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 25.10.2023 – VII ZR 44/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Restwerklohn in Anspruch.

Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird zunächst auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München II vom 31.08.2022 Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von Restwerklohn in Höhe von 29.084,11 Euro nebst Zinsen sowie außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren i.H.v.1.141,90 Euro verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (die Klägerin hatte zuletzt die Verurteilung der Beklagten zu einer Zahlung i.H.v. 165.931,97 Euro nebst Zinsen sowie außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 3.039,50 Euro beantragt).

Hinsichtlich der Antragstellung erster Instanz wird auf den Tatbestand und hinsichtlich der Begründung des Ersturteils wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen landgerichtlichen Urteils sowie auf die zusammenfassende Darstellung in der Senatsverfügung vom 19.12.2022 unter Gliederungspunkt I. Bezug genommen.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung die Verurteilung der Beklagten, soweit ihrer Klage nicht in erster Instanz stattgegeben wurde, weiter. Wegen der Berufungsrügen der Klägerin wird auf die zusammenfassende Darstellung in der Senatsverfügung vom 19.12.2022 unter Gliederungspunkt II. Bezug genommen.

Im Berufungsverfahren beantragt die Klägerin zuletzt:

1. Das am 31.08.2022 verkündete Urteil des Landgerichts München II unter dem Aktenzeichen 3 O 860/20 wird, soweit es der Klage nicht stattgegeben hat, abgeändert und die Beklagte dazu verurteilt an die Klägerin weitere 136.847,97 EUR nebst Zinsen aus 132.507,21 EUR i.H.v. 8%-Punkten über dem Basiszinssatz ab 20.10.2019, sowie Zinsen aus 4.340,65 Euro i.H.v. 8%-Punkten über den Basiszinssatz ab 18.07.2018 zu zahlen.

2. Das am 31.08.2022 verkündete Urteil des Landgericht München II unter dem Aktenzeichen 3 O 860/20 wird, soweit es der Klage nicht stattgegeben hat, abgeändert und die Beklagte dazu verurteilt an die Klägerin weitere außergerichtliche Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von 1.897,60 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt im Berufungsverfahren,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Wegen der Stellungnahme der Beklagten zur Berufung der Klägerin wird auf die zusammenfassende Darstellung in der Senatsverfügung vom 19.12.2022 unter Gliederungspunkt III. Bezug genommen.

Der Senat hat mit Verfügung vom 19.12.2022 darauf hingewiesen, dass und warum er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Hierzu ging fristgemäß eine Gegenerklärung der Klägerin vom 16.01.2023 ein.

Auf die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren wird im Übrigen Bezug genommen.

II.

Die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts München II vom 31.08.2022, Aktenzeichen 3 O 860/20 Bau, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Zur Begründung wird zunächst auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 19.12.2022 Bezug genommen.

Die Ausführungen in der Gegenerklärung vom 16.01.2023 geben zu einer Änderung keinen Anlass.

Hierzu ist Folgendes auszuführen:

1. Vergütung für die Leistungen aus dem Nachtragsangebot Nr. 15 (94.714,00 Euro netto)

Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klägerin in ihrer Gegenerklärung haben die Berufungsrügen der Klägerin, mit denen diese sich dagegen wendet, dass das Landgericht ihr keine Vergütung für Leistungen aus dem Nachtragsangebot Nr. 15 zugesprochen hat, keine Aussicht auf Erfolg.

a) Nachdem die Parteien im vorliegenden Fall keinen BGB-Vertrag, sondern einen VOB-Vertrag geschlossen haben, gehen die Ausführungen in der Gegenerklärung, wonach sich die Höhe der Vergütung gem. § 632 Abs. 2 BGB an der taxmäßigen Vergütung und in Ermangelung einer solchen an der üblichen Vergütung bemesse, ins Leere.

Die Parteien haben sich durch die Vereinbarung der VOB vertraglich auf die Geltung der Preisanpassungsregelungen der VOB im Falle geänderter und zusätzlicher Leistungen geeinigt.

Ein Rückgriff auf § 632 Abs. 2 BGB scheidet deshalb aus.

b) Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, wonach die Klägerin einen Vergütungsanspruch für die Arbeiten aus dem Nachtragsangebot Nr. 15 gem. § 2 Abs. 6 VOB/B nicht schlüssig dargelegt hat.

aa) Die Klägerin ist für den geltend gemachten Anspruch auf zusätzliche Vergütung darlegungs- und beweispflichtig.

bb) Der Ausgangspunkt, § 2 Abs. 6 VOB/B, lautet:

1. Wird eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung gefordert, so hat der Auftragnehmer Anspruch auf besondere Vergütung. Er muss jedoch den Anspruch dem Auftraggeber ankündigen, bevor er mit der Ausführung der Leistung beginnt.

2. Die Vergütung bestimmt sich nach den Grundlagen der Preisermittlung für die vertragliche Leistung und den besonderen Kosten der geforderten Leistung. Sie ist möglichst vor Beginn der Ausführung zu vereinbaren.

cc) Dem klägerischen Sachvortrag ist bereits keine schlüssige Darstellung zu entnehmen, inwiefern es sich bei den abgerechneten Arbeiten des 15. Nachtrags überhaupt um im Vertrag nicht vorgesehene Leistungen – in Abgrenzung zu Arbeiten, welche der Beseitigung eigener Mängel dienten – handelte.

Der diesbezügliche Sachvortrag ist in sich widersprüchlich. Die Klägerin hatte Arbeiten in den 256 Hotelzimmern mit 15. Nachtrag vom 26.07.2018 (Anlage K 09) angeboten. Auf Seite 1 des Nachtrags ist davon die Rede, dass sämtliche von der Klägerin verursachten Mangelpunkte beseitigt werden und sämtliche zusätzlichen Punkte, die nicht unter einen Mangelpunkt fallen, nochmals nachgearbeitet werden.

Unstreitig haben sich die Parteien über die Höhe der Vergütung für die Leistungen der Klägerin in den 256 Hotelzimmern nicht geeinigt. Die Beklagte hat den von der Klägerin erstellten Nachtrag gerade nicht unterzeichnet. Ebenso unstreitig hat die Beklagte die Arbeiten der Klägerin aber ausführen lassen.

In der Schlussrechnung vom 20.12.18 (Anlage K 18) rechnet die Klägerin gegenüber der Beklagten „Besondere Zusatzleistungen für Hotel- und Boardinghaus“ ab und zwar lt. Pos. NA 15.01 betreffend „Fremdmängel- und Zusatzleistungen“ bzw. „Ausbesserungsarbeiten“ in 284 Zimmern mit einem Pauschalpreis pro Zimmer.

Hinsichtlich sämtlicher 284 Zimmer, für deren Bearbeitung die Klägerin Vergütung beansprucht, fehlt es somit an hinreichend substantiiertem Sachvortrag der Klägerin, dem sich entnehmen ließe, dass bzw. inwieweit es sich bei den nun abgerechneten Arbeiten um im Vertrag nicht vorgesehene zusätzliche Leistungen i.S. § 2 Abs. 6 Nr. 1 Satz 1 VOB/B und nicht um die Beseitigung eigener Mängel handelte.

Mit Schriftsatz vom 10.03.2022 (dort Seite 3, 4) trug die Klägerin vor, dass es bei dem 15. Nachtrag um „Verschönerungsarbeiten und Mangelbeseitigungen“ gegangen sei und „dass sowohl die Beseitigung von Mängeln als auch zusätzliche Leistungen zusammen abgearbeitet werden und man dafür eine günstigere Pauschale vereinbart“ Nach den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 17.03.2022 ging es bei den mit dem 15. Nachtrag angebotenen Leistungen „nur um weitere Verschönerungarbeiten„, wobei „aber eine Stunde für weitere Mängelbeseitigung auf unsere Kappe geht„.

Demgegenüber wurde mit Schriftsatz vom 25.04.2022 behauptet, dass es nicht um Mängel des Werks der Klägerin gegangen sei, sondern Leistungen aufgrund eines höheren, vom Bauherr geforderten Standards.

Ebenso argumentierte die Klägerin auch in ihrem Schriftsatz vom 01.08.2022 (dort Seite 2).

Die Beklagte hatte daher auch mehrfach eingewandt, dass es sich bei den Leistungen des 15. Nachtrags teilweise um die Beseitigung der eigenen Mängel der Klägerin gehandelt habe und bestritten, dass der 15. Nachtrag nur Arbeiten umfasst habe, die auf das hohe Qualitätsniveau des Bauherrn zurückzuführen seien, so mit Schriftsatz vom 03.03.2022 (dort Seite 3), Schriftsatz vom 25.05.2022 (dort Seite 2) und im Schriftsatz vom 09.08.2022 unter Verweis auf die Aussage des Zeugen H. (dort Seite 2).

Schon das Landgericht hatte die Klägerin mit Verfügung vom 03.02.2022 (dort Seite 2 oben) darauf hingewiesen, dass diese die Beweislast für ihre Behauptung trage, dass zusätzlich zur Pauschale Leistungen beauftragt und ausgeführt worden seien. Die Klägerin hat ihren Sachvortrag dennoch nicht derart ergänzt, dass ihm zu entnehmen wäre, inwiefern es bei den abgerechneten Arbeiten des 15. Nachtrags um zusätzlich beauftragte Arbeiten und nicht um die Beseitigung eigener Mängel ging.

Soweit die Klägerin in ihrer Schlussrechnung und mit ihrer Klage Vergütung für Arbeiten an mehr als 256 Zimmern geltend macht, dies betrifft 28 Zimmer, hat sie darüber hinaus nicht vorgetragen, welche gegenüber ihrem Nachtragsangebot zusätzlichen Zimmer sie bearbeitet haben will. Der durch die Klägerin vorgelegten Stundenaufstellung nach Bautagesberichten (Anlage 60) bzw. den Bautagesberichten (Anlage K 61) ist dies ebenso wenig zu entnehmen.

dd) Die Beklagte hat das Nachtragsangebot Nr. 15, was die Vergütungsabrede angeht, auch nicht nach dem Grundsatz des § 362 Abs. 1 BGB angenommen.

Der Senat hält an seiner in der Verfügung vom 19.12.2022 unter Gliederungspunkt IV. 1. a) ausführlich dargelegten und begründeten Auffassung fest, dass § 362 Abs. 1 BGB im vorliegenden Fall keine Anwendung findet. Soweit sich die Klägerin in ihrer Gegenerklärung auf ein Urteil des OLG München vom 07.02.2017, Az. 9 U 2987/16 bezieht, welches einen Projektsteuerungsvertrag mit werkvertraglichem Schwerpunkt als Geschäftsbesorgungsvertrag gewertet habe, kann die dortige Entscheidung nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. In dem vom 9. Senat des OLG München entschiedenen Fall ging es um einen Projektsteuerungsvertrag mit dienstvertraglichem Charakter. Diesen Vertrag stufte der 9. Senat nicht als Werkvertrag ein. Demgegenüber geht es bei dem zwischen den Parteien des hiesigen Rechtsstreits geschlossenen Vertrag über die Ausführung verschiedener Arbeiten aus dem Bereich des Malerhandwerks und auch bei den Leistungen aus dem Nachtragsangebot Nr. 15 ihrem Schwerpunkt nach unzweifelhaft um den Austausch Werkleistung gegen Werklohn.

Der vorliegende Fall ist auch nicht mit dem vom OLG Brandenburg mit Urteil vom 04.10.2012, Az. 12 U 39/12 entschiedenen Fall eines Winterdienstvertrages vergleichbar, der im Hinblick auf die Übernahme der ansonsten dem Eigentümer obliegenden Verkehrssicherungspflicht als Geschäftsbesorgungsvertrag mit werkvertraglichem Charakter qualifiziert wurde. An einer derartigen Übernahme von Pflichten des Auftraggebers fehlt es bei der Ausführung von Arbeiten aus dem Bereich des Malerhandwerks ersichtlich. Der Senat hält auch an seiner in der Verfügung vom 19.12.2022 mitgeteilten Ansicht fest, dass insbesondere aus der Auftraggeberhaftung für Nachunternehmer in Bezug auf den Mindestlohn nicht folgt, dass der Nachunternehmer, der seinen Arbeitnehmern den Mindestlohn bezahlt, hiermit ein Geschäft des Hauptunternehmers besorgen würde.

Es kann dahingestellt bleiben, ob jeder Werkvertrag auch eine Geschäftsbesorgung beinhaltet. Selbst wenn das so wäre, würde dies einen Vertrag über die Ausführung von Werkleistungen aus dem Bereich des Malerhandwerks seinem eindeutigen Schwerpunkt nach nicht zu einem Geschäftsbesorgungsvertrag machen.

ee) Nachdem die Klägerin bereits das Vorliegen von Zusatzarbeiten i.S. § 2 Abs. 6 Nr. 1 Satz 1 VOB/B nicht substantiiert vorgetragen hat, erfolgen die Ausführungen zur Höhe der Vergütung gem. § 2 Abs. 6 Nr. 2 Satz 1 VOB/B lediglich hilfsweise.

Der Senat hält an seiner in der Verfügung vom 19.12.2022 dargelegten und begründeten Auffassung fest, dass und warum das Landgericht einen Vergütungsanspruch der Klägerin nach § 2 Abs. 6 Nr. 2 Satz 1 VOB/B zu Recht verneint hat.

Es kann dabei vorliegend dahingestellt bleiben, ob das zu § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B ergangene Urteil des BGH vom 08.08.2019, Az. VII ZR 34/18, in welchem der BGH eine Abkehr vom Prinzip der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung vorgenommen hat und für die Bemessung des neuen Einheitspreises bei Mehrmengen i.S. § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B auf die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge abgestellt hat, auf § 2 Abs. 6 VOB/B übertragbar ist.

Denn die im Falle von zusätzlichen Leistungen vorzunehmende Preisanpassung steht in jedem Fall unter der Prämisse der Wahrung des Äquivalenzprinzips. Es soll vermieden werden, dass keine Vertragspartei durch die zusätzlichen Arbeiten einen nicht gerechtfertigten Vorteil erhält oder einen nicht gerechtfertigten Nachteil erleidet. Genau dies wäre aber der Fall, wenn der Unternehmer, unabhängig davon, ob ihm für die Ausführung der zusätzlichen Arbeiten überhaupt Kosten entstehen, dennoch hierfür einen Vergütungsanspruch realisieren könnte. Für den hier vorliegenden Fall, dass der Unternehmer die zusätzlichen Leistungen durch einen Nachunternehmer ausführen lässt, ist sein Vergütungsanspruch der Höhe nach daher maximal durch die an seinen Nachunternehmer gezahlte Vergütung, evtl. zzgl. Wagnis und Gewinn, begrenzt.

Soweit die Klägerin meint, dass die Kosten der zusätzlichen Leistung für die Preisfindung nicht relevant wären, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 6 Nr. 2 Satz 1 VOB/B, dass dies nicht zutrifft. Im Übrigen sind auch im Rahmen des § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B die Mehr- oder Minderkosten zu berücksichtigen, ebenso im Rahmen des § 2 Abs. 5 VOB/B und für ab dem 01.01.2018 abgeschlossene Bauverträge auch im Rahmen des § 650 c Abs. 1 BGB die tatsächlich erforderlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn. Auch der BGH hat in seinem vorgenannten zu § 2 Abs. 3 VOB/B ergangenen Urteil „auf die durch den Einsatz der Nachunternehmer unmittelbar verursachten Kosten“ (Tz. 30), die im dortigen Fall, anders als im vorliegenden Fall, unstreitig waren, zurückgegriffen und dies u.a. damit begründet, „dass diese ohne Weiteres ermittelt werden können und insofern eine realistische Bewertung ermöglichen“ (Tz. 32).

Das in der Gegenerklärung angeführte Urteil des BGH vom 14.03.2013, Az. VII ZR 142712 ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Zum einen erging das Urteil zu § 2 Abs. 5 VOB/B, zum anderen verhält sich das Urteil nicht zu der im vorliegenden Fall vorliegenden Fallkonstellation, dass der Unternehmer die zusätzlichen Arbeiten durch einen Nachunternehmer ausführen lässt.

Nachdem die Klägerin trotz eines Hinweises des Landgerichts nicht zu den ihr für die Ausführung des 15. Nachtrags durch den Nachunternehmer entstandenen Kosten vorgetragen hat, stellt sich die insoweit erfolgte Klageabweisung durch das Landgericht als zutreffend dar.

Lediglich ergänzend sei angemerkt, dass der klägerische Sachvortrag zu den für die Ausführung des 15. Nachtrags entstandenen Kosten bereits in sich widersprüchlich ist. Einerseits behauptet die Klägerin im Schriftsatz vom 05.07.2022 (dort Seite 3), dass ihr nachweisbar Kosten in Höhe von 97.332,48 Euro entstanden seien, von denen sie lediglich 94.714,00 Euro geltend mache.

Andererseits behauptet sie im Schriftsatz vom 01.08.2022, dass es ihr aufgrund des mit ihrer Nachunternehmerin geschlossenen Vertrages und des Abrechnungsverhaltens ihrer Nachunternehmerin eine detaillierte Zuordnung der Arbeiten zu den Leistungspositionen des 15. Nachtrags nicht möglich sei. Trotz des durch das Landgericht erteilten Hinweises vom 22.06.2022 hat die Klägerin weder zu den ihr tatsächlich entstandenen Kosten vorgetragen noch eine Rechnung ihrer Nachunternehmerin bzw. einen Zahlungsbeleg vorgelegt.

ff) Ein Vergütungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B.

Nach dieser Vorschrift steht dem Auftragnehmer, der eine Leistung ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abwendung vom Auftrag ausgeführt hat, dann eine Vergütung zu, wenn der Auftraggeber diese nachträglich anerkennt.

Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch bereits an derartigen eigenmächtigen Leistungen, da die Arbeiten des 15. Nachtrags mit Wissen und Billigung der Beklagten ausgeführt wurden und sich die Parteien lediglich nicht über die Vergütung geeinigt hatten.

gg) Der Senat hält auch an seiner in der Verfügung vom 19.12.2022 dargelegten Auffassung fest, wonach sich ein Vergütungsanspruch der Klägerin nicht aus Bereicherungsrecht ergibt.

Rechtsgrund für eine etwaige Vergütung, hätte die Klägerin substantiiert das Vorliegen von Zusatzarbeiten und ihr durch den Einsatz des Nachunternehmers vorgetragene Kosten vorgetragen, wäre der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag. Es liegt somit nicht der Fall vor, dass die Arbeiten des 15. Nachtrags ohne Rechtsgrund erfolgt wären. Indem die Klägerin der Beklagten die Ausführung der Arbeiten angeboten hat und die Beklagte damit einverstanden war, dass die Klägerin die Arbeiten ausführt und die Arbeiten entgegengenommen hat, haben die Parteien einen Rechtsgrund für die Arbeiten der Klägerin geschaffen. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Parteien nicht über die Vergütung für den Nachtrag geeinigt haben.

Soweit die Klägerin unter Verweis auf die Kommentierung in Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Auflage 2015, Rn. 1481 meint, dass die Beklagte das Nachtragsangebot der Klägerin konkludent angenommen habe, weshalb auch die Preise des Nachtragsangebots gelten würden, überzeugt auch dies nicht. Dem steht im vorliegenden Fall schon entgegen, dass die Parteien, nachdem die Beklagte sich mit der von der Klägerin im 15. Nachtrag geforderten Vergütung nicht einverstanden erklärt hatte, Verhandlungen über die Vergütung geführt hatten, welche jedoch zu keiner Einigung führten. Der Senat verweist hierfür auf das Schreiben der Beklagten vom 20.09.2018 (Anlage K 27) sowie die Aussage des Zeugen H. (dort Seite 4).

Soweit die Klägerin in ihrer Gegenerklärung einen möglichen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag in den Raum stellt, verfängt dies ebenso wenig. Die Leistungen der Klägerin auf den 15. Nachtrag erfolgten gerade nicht auftragslos, sondern auf der Grundlage dessen, dass sich die Parteien darüber geeinigt hatten, dass die Klägerin die Arbeiten des 15. Nachtrags ausführt. Der Umstand, dass sich die Parteien nicht über die Vergütung geeinigt haben, qualifiziert die Ausführung der Arbeiten der Klägerin nicht als auftragslos.

Der Kommentierung in Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Auflage 2015, Rn. 1482, 1483 ist nicht zu entnehmen, dass der Auftragnehmer, wenn trotz Ankündigung der Mehrkosten eine Preisvereinbarung nicht zustande kommt, bereicherungrechtliche Ansprüche gegen den Auftraggeber geltend machen könnte. In Anbetracht der speziellen Vorschriften der VOB/B für die Geltendmachung von Mehr- oder Minderleistungen ist, anders als beim BGB-Vertrag ein Rückgriff auf bereicherungsrechtliche Ansprüche nicht möglich. (siehe hierzu Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Auflage 2020, Rn. 1393).

2. Vergütung für die Überarbeitung der Flure („Beschädigung Flure„, 30.000,00 Euro netto)

Auch unter Berücksichtigung der in ihrer Gegenerklärung vorgebrachten Argumente der Klägerin stellt sich die Entscheidung des Landgerichts, dass der Klägerin die in ihrer Schlussrechnung vom 20.12.2018 (Anlage K 18) auf Seite 6 unter „Leistungsmehrungen zur Pauschale“ „Beschädigungen Flure“ geltend gemachte Vergütung nicht zuzusprechen sei, als zutreffend dar.

Die Klägerin hat bereits nicht substantiiert zu einer Beauftragung dieser Leistungen vorgetragen.

Ausweislich der Schlussrechnung der Klägerin geht es bei dieser Position um die „Entfernung der Beschädigungen in den Fluren vor Erstellung des Anstrichs„, wobei sich die Klägerin auf eine „Vereinbarung Mail vom 05.02.2018“ bezieht.

Das Landgericht hat daher zutreffend gesehen, dass die Parteien im Mai 2018 unstreitig eine Gesamtpauschale vereinbart hatten, von der auch diese Arbeiten umfasst waren.

Ein Beauftragung dieser Leistung zusätzlich zur Gesamtpauschale hat die Klägerin weder dargelegt noch nachgewiesen.

Soweit sich die Klägerin zur Darlegung einer solchen über die Gesamtpauschale hinausgehenden Beauftragung im Schriftsatz vom 14.05.2020 (dort Seite 6) auf eine Verzugsanzeige der Beklagten vom 30.08.2018 (Anlage K 28) bezieht und meint, dass sich hieraus eindeutig eine Aufforderung an die Klägerin ergebe, die Flure auszubessern, überzeugt dies nicht.

Tatsächlich handelt es sich bei der vorgelegten Anlage K 28 um eine an die Klägerin gerichtete E-Mail vom 25.06.2018 mit dem Betreff „Stand Mängelbeseitigung Malerarbeiten„, mit dem die Beklagte der Klägerin ein Verzugsschreiben ihres Bauherrn übermittelt und einen Terminplan für die noch durchzuführenden Arbeiten, u.a. die Reinigung des Flurs und Malerarbeiten. Aus dem Inhalt der vorgelegten Anlage ergibt sich, wie das Landgericht richtig bewertet hat, bereits nicht, ob es sich bei den geforderten Arbeiten um Mängelbeseitigung oder um zusätzliche Malerarbeiten handelt, wobei der Betreff der Anlage eher für Ersteres spricht. Letztlich kann dies aber dahingestellt bleiben, da der Anlage K 28 jedenfalls nicht zu entnehmen ist, dass die Beklagte die Klägerin einen neuen Auftrag erteilt hätte, Beschädigungen in den Fluren zu beseitigen. Aus der Anlage K 28 ergibt sich gerade nicht, dass die Beklagte mit dieser E-Mail eine neue, von der Gesamtpauschale nicht erfasste Leistung der Klägerin auslösen wollte. Hierfür fehlt es auch an einer näheren Spezifikation dieser Leistung, z.B. welche Flure bearbeitet werden sollten. Von einer zusätzlichen Vergütung für die Leistung ist in der Anlage K 28 ebenso wenig die Rede. Nachdem die Klägerin für die Beauftragung einer Zusatzleistung darlegungs- und beweispflichtig ist, gehen solche Unklarheiten zu ihren Lasten.

Im Übrigen hat die Klägerin auch eine Ausführung der abgerechneten Arbeiten in den Fluren nicht nachgewiesen. Das Landgericht hat sich für diese Bewertung zutreffend auf die Aussage des Zeugen H. bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung am 17.03.2022 (dort Seite 3) gestützt. Hieraus ergibt sich eindeutig, dass die Flure nach den Arbeiten des Schreiners nachgearbeitet werden sollten, aber dann eine Umstellung auf Tapete erfolgte, so dass es nicht zu einer Ausführung der ursprünglich vorgesehenen Arbeiten der Klägerin kam. Soweit die Klägerin in ihrer Gegenerklärung meint, dass sich aus der Aussage des Zeugen H. ergebe, dass die Klägerin durchaus dort Arbeiten ausgeführt habe, verfängt dies nicht. Der Äußerung des Zeugen: „Es war so, dass es zunächst auch Ausführungen der Klägerin in den Fluren gab, jedoch waren diese nicht in der Form erfolgt, dass eine Abnahme hätte erfolgen können, daher wurde dann auf die Tapete umgestellt.“ ist klar zu entnehmen, dass die durch die Klägerin zunächst in den Fluren ausgeführten Arbeiten nicht abnahmefähig waren. Gleiches gilt für die weitere Äußerung des Zeugen zu dieser Thematik auf Seite 7 unten, Seite 8 oben des Protokolls. Aus den Angaben des Zeugen H. ergibt sich in der Gesamtschau gerade nicht, dass die Klägerin an den Fluren Arbeiten, die über die Beseitigung eigener Mängel hinausgingen, durchgeführt hätte. Hinzu kommt, dass jeglicher substantiierter Sachvortrag der Klägerin dazu fehlt, welche gegenüber dem ursprünglichen Auftrag zusätzlichen Leistungen sie trotz Umstellung des Bauherrn auf Tapete in den Fluren überhaupt noch durchgeführt hat.

Entgegen der in der Gegenerklärung vertretenen Auffassung der Klägerin ergibt sich ein Vergütungsanspruch der Klägerin für die Überarbeitung der Flure auch nicht aus § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B. Die Vorschrift regelt einen Vergütungsanspruch für Leistungen, die der Auftragnehmer ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Auftrag ausführt, die jedoch nachträglich vom Auftraggeber anerkannt werden. Die Vorschrift ist, auch unter Zugrundelegung des eigenen Sachvortrags der Klägerin, wonach ihr für diese Arbeiten ein zusätzlicher Auftrag erteilt worden sei, nicht einschlägig. Im Übrigen hat die Klägerin, wie oben dargelegt, auch die Ausführung der von ihr abgerechneten Arbeiten weder dargelegt noch nachgewiesen.

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 3 ZPO 47, 48 GKG bestimmt.

OLG Naumburg zu der Frage, dass der Auftraggeber keine Gewährleistungsansprüche geltend machen kann, wenn er den behaupteten Mangel nicht ordnungsgemäß anzeigt und dass der Mangel zumindest hinsichtlich seines äußeren objektiven Erscheinungsbildes so genau beschrieben werden muss, dass der Auftragnehmer zweifelsfrei ersehen kann, was im Einzelnen beanstandet wird bzw. welche Abhilfe von ihm verlangt wird

OLG Naumburg zu der Frage, dass der Auftraggeber keine Gewährleistungsansprüche geltend machen kann, wenn er den behaupteten Mangel nicht ordnungsgemäß anzeigt und dass der Mangel zumindest hinsichtlich seines äußeren objektiven Erscheinungsbildes so genau beschrieben werden muss, dass der Auftragnehmer zweifelsfrei ersehen kann, was im Einzelnen beanstandet wird bzw. welche Abhilfe von ihm verlangt wird

1. Der Auftraggeber kann keine Gewährleistungsansprüche geltend machen, wenn er den behaupteten Mangel nicht ordnungsgemäß anzeigt. Der Mangel muss zumindest hinsichtlich seines äußeren objektiven Erscheinungsbildes so genau beschrieben werden, dass der Auftragnehmer zweifelsfrei ersehen kann, was im Einzelnen beanstandet wird bzw. welche Abhilfe von ihm verlangt wird.
2. Die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen setzt im VOB/B-Vertrag eine fristgebundene Aufforderung zur Mangelbeseitigung voraus.
3. Eine individualvertraglich vereinbarte Verjährungsfrist für Mängelansprüche gilt nicht für den Fall des arglistigen Verschweigens von Mängeln.
4. Dem umfassend mit der Bauüberwachung beauftragten Architekten oder Ingenieur obliegt im Rahmen seiner Betreuungsaufgaben nicht nur die Wahrung der Auftraggeberrechte gegenüber dem Bauunternehmer, sondern auch und zunächst die objektive Klärung von Mangelursachen, selbst wenn zu diesen eigene Planungs- oder Aufsichtsfehler gehören.
5. Die dem Architekten bzw. Ingenieur vom Bauherrn eingeräumte Vertrauensstellung gebietet es, diesem im Laufe der Mängelursachenprüfung auch Mängel des eigenen Werks zu offenbaren, so dass der Bauherr seine Auftraggeberrechte auch gegen den Bauüberwacher rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung wahrnehmen kann.
6. Ist die sog. Sekundärhaftung begründet, so führt sie dazu, dass sich der Architekt bzw. der Ingenieur nicht auf die Einrede der Verjährung des gegen ihn gerichteten Gewährleistungsanspruchs berufen darf.
OLG Naumburg, Urteil vom 25.06.2022 – 2 U 63/18

Gründe

A.

Die Klägerin macht gegen die Beklagten Gewährleistungsansprüche geltend, und zwar gegen die Beklagte zu 1) aus einem Vertrag über die Errichtung eines Blockheizkraftwerkes (künftig: BHKW, Komplex I A) und gegen die Beklagte zu 2) aus einem Vertrag über Ingenieurleistungen (künftig: Komplex I B). Die Klägerin und die Beklagte zu 1) streiten darüber hinaus über restlichen bzw. überzahlten Werklohn aus einem zugehörigen Wartungs- und Instandhaltungsvertrag (künftig: Komplex II).

Komplex I:

Die Klägerin beauftragte die Beklagte zu 2) mit schriftlichem Ingenieurvertrag vom 12.12.1996 (Anlage K 1, GA Bd. I Bl. 19 ff.) mit der Planung und Bauüberwachung der Errichtung eines BHKW in W. gemäß den Grundleistungen aus dem Leistungsbild der Technischen Ausrüstung (§ 73 HOAI 1995) einschließlich der Leistungsphasen 8 (Objektüberwachung / Bauüberwachung) und 9 (Objektbetreuung und Dokumentation). Nach § 11 des Ingenieurvertrages vom 12.12.1996 richtete sich die Haftung nach den gesetzlichen Vorschriften des Werkvertragsrechts. In Absatz 5 vereinbarten die Vertragsparteien eine Verjährungsfrist von fünf Jahren. Die Verjährung sollte beginnen mit der Erfüllung der letzten nach dem Vertrag zu erbringenden Leistung, spätestens jedoch „bei Übernahme der baulichen Anlage“. Für Leistungen, welche nach der Übergabe noch zu erbringen waren, sollte die Verjährung erst mit der Erfüllung der letzten Leistung beginnen. In Absatz 6 war abweichend geregelt, dass Schadensersatzansprüche wegen positiver Vertragsverletzung nach den gesetzlichen Vorschriften verjähren sollten.

Die Beklagte zu 2) schloss mit ihrer nunmehrigen Streithelferin am 04./07.03.1997 einen Ingenieurvertrag (Anlage B02-01, GA Bd. VII Bl. 72 ff.); danach übernahm die Streithelferin Leistungsanteile der Beklagten zu 2) gegenüber der Klägerin, u.a. die Bauüberwachung zu 80 % und die Objektbetreuung zu 100 %. Im Rahmen einer beschränkten Ausschreibung mit öffentlichem Teilnahmewettbewerb (vgl. Bekanntmachung Anlage K 56, KA I Bl. 3) beauftragte die Klägerin die Beklagte zu 1), bis zum 31.12.2003 noch firmierend unter R. GmbH, mit Zuschlagsschreiben vom 07.05.1997 (vgl. GA Bd. I Bl. 24) auf das Angebot vom 10.04.1997 (GA Bd. I Bl. 30 ff.) und entsprechend den Festlegungen des Vergabegespräches am 07.05.1997 (GA Bd. I Bl. 25 ff.) mit dem Neubau eines Blockheizkraftwerkes mit etwa 6,5 MW elektrischer Leistung und etwa 8 MW thermischer Leistung. Das Leistungsverzeichnis in den Vergabeunterlagen enthielt im Wesentlichen eine funktionale Leistungsbeschreibung, d.h. es gab vor allem die modulare Struktur des BHKW vor und bestimmte die zu erreichenden Leistungsparameter. Bestandteil des Bauauftrags war eine Erklärung der Beklagten zu 1), wonach sie sich zur Lieferung und Montage von fünf Generatoren des Herstellers M., eines Tochterunternehmens der D. AG, vom Typ (…) verpflichtete. Die Beklagte zu 1) bestätigte die Auftragserteilung mit ihrem Schreiben vom 21.05.1997.

Nach dem Inhalt der Leistungsbeschreibung war das BHKW in drei Teilbereiche gegliedert: Im Teilbereich Energieumwandlung sollten unter einer Schalldämmhaube fünf Gasmotoren (mit Erdgas betriebene Generatoren, künftig: Motor) Strom erzeugen, welcher über einen Blocktransformator in das Mittelspannungsnetz eingespeist werden sollte. Unter der Schalldämmhaube sollten je Modul ein Luftkühler (sog. Tischkühler unter Verwendung von Außenluft) und ein Abgasturbolader zur Ableitung des Rauchgases verwendet werden. Im zweiten Teilbereich, der Abgasstrecke, war je Modul eine Heißluftstrecke mit je einem Primärschalldämpfer und einem Sekundärschalldämpfer sowie ein Abgaswärmetauscher vorgesehen; an letzterem sollte Heizwasser für die Fernwärmeversorgung erhitzt werden. Das dadurch gekühlte Abgas sollte aus allen fünf Modulen gemeinsam in den dritten Teilbereich, die Schornsteinanlage (sog. Kamin) geleitet werden.

Bestandteil der Ausschreibungsunterlagen und mithin des Vertrages waren sog. Zusätzlichen Vertragsbedingungen (künftig: ZVB, vgl. GA Bd. I Bl. 45 ff.). Nach deren § 5 wurde „hinsichtlich der Lieferung, Montage, Aufmaß und Abrechnung“ festgelegt, dass nachfolgende Vertragsbestandteile in der angegebenen Reihenfolge Gültigkeit erlangen sollten, u.a. in Ziffer 3 die ZVB, in Ziffer 4 die Erklärungen des Bieters, in Ziffer 5 die Leistungsbeschreibung des Auftraggebers sowie in Ziffer 7 die VOB. In § 14 Abs. 1 ZVB wurde zwingend eine förmliche Abnahme der Leistungen vereinbart, welche vom Auftragnehmer zu beantragen sei. Sodann hieß es „VOB/B § 12 wird ausdrücklich ausgeschlossen.“ Die Abnahme werde durch eine frühere Benutzung, Inbetriebnahme oder die Schlusszeichnung nicht ersetzt. Es sei ein gemeinsames Abnahmeprotokoll zu fertigen und von beiden Vertragsseiten zu unterzeichnen. Mit der erfolgten Abnahme beginne die Gewährleistung. In § 15 ZVB waren Regelungen zum Nachweis der zugesicherten Leistungsmerkmale (Abs. 1) und zu einer vorrangigen Nachbesserung (Abs. 2) enthalten. Ein Schadensersatzanspruch sollte nur für den Fall begründet werden, dass auch die zweite Nachbesserung eines „Schadens“ keinen Erfolg erbringe (Abs. 3 Satz 1). Sodann hieß es, dass die Gewährleistungsfrist für nachgebesserte Anlagenteile erst mit deren Abnahme beginne (Abs. 3 Satz 2). § 17 ZVB sah eine Gewährleistungsfrist von 36 Monaten ab Abnahme vor. Insoweit enthielt Ziffer 8 des Protokolls des Vergabegespräches vom 07.05.1997 die Einschränkung, dass diese Frist nur unter der Bedingung gelte, dass zwischen den Parteien ein Wartungsvertrag für die Dauer der Gewährleistung geschlossen werde.

Im Protokoll des Vergabegesprächs vom 07.05.1997, dort unter Ziffer 4, wurde vereinbart, dass die von der Auftraggeberin in der Ausschreibung vorgegebenen Vertragsbedingungen Gültigkeit entfalteten, ungeachtet etwaiger in den Angebotsunterlagen der Auftragnehmerin enthaltener Abweichungen, soweit nachfolgend nichts Anderes vereinbart sei. In Ziffer 7 erklärte die Klägerin, dass die Motorenherstellerin bestätige, dass für Zündkerzen derzeit lediglich eine Standzeit von 1.500 Betriebsstunden garantiert werden könne, auch wenn der Erwartungswert für die Lebensdauer 3.000 Betriebsstunden betrage.

Die Beklagte zu 1) führte die beauftragten Bauleistungen im Jahr 1997 durch; die Streithelferin der Beklagten zu 2) überwachte in deren Auftrag die Ausführung der Bauarbeiten.

Am 23.12.1997 unterzeichneten die drei Prozessparteien ein so bezeichnetes „Übergabeprotokoll zum Gefahrenübergang während des Probebetriebes …“ (vgl. GA Bd. II Bl. 32 f.); danach erfolgte der Gefahrenübergang von der Beklagten zu 1) an die Klägerin bereits während des Probebetriebes von einer Woche. Nach Bestätigungen über Funktionsprüfungen, Einweisungen des Bedienpersonals, Betriebsbereitschaft der Sicherheitseinrichtungen und über die Übergabe von Dokumentationen zur Anlage hieß es:

„Die Gewährleistung beginnt für die BHKW-Anlagen am 23.12.1997.“

Das Protokoll schloss mit der – durch Fettdruck grafisch hervorgehobenen – Ankündigung, dass die Abnahme der Anlage für den 30.12.1997 vorgesehen sei.

Die förmliche Abnahme der Werkleistungen der Beklagten zu 1) erfolgte am 30.12.1997. In dem „Übergabeprotokoll zur förmlichen Abnahme , welches von Vertretern der Klägerin, der Beklagten zu 1) und der Streithelferin der Beklagten zu 2) unterzeichnet wurde (vgl. Anlage B 1, GA Bd. II Bl. 29), wurde niedergelegt, dass förmliche Übergabe gemäß § 14 ZVB erfolge, eine beiliegende Restpunkteliste Bestandteil des Protokolls sei und sich die Klägerin verpflichte, die dort aufgeführten Maßnahmen abzuarbeiten. Wegen der zu erwartenden umfang reichen Maßnahmen zur Sicherstellung der Einhaltung der geforderten Schallwerte wurde eine gestaffelte Vergütungszahlung vereinbart. Im Hinblick auf fehlende Leistungsnachweise wurde eine Nachholung binnen vier Wochen vereinbart. Die Abnahme umfasste alle fünf Module, obwohl nur vier Module den Probebetrieb erfolgreich abschlossen; das Modul 2 wurde trotz der bis zum 29.12.1997 nicht behobenen Störung ebenfalls abgenommen.

Die Restpunkteliste zum Übergabeprotokoll (GA Bd. II Bl. 30) enthielt unter der Bemerkung: „Die folgenden Punkte können witterungsbedingt erst ab März 1998 abschließend geprüft werden“ u.a. den Eintrag: „Funktion Gemischkühlung“ (Ziffer 4.2) und umfasste als „Sonstige Rest punkte“ u.a. die Beseitigung zu hoher Schallemissionen gemäß noch ausstehender Messungen – Termin nach Messung (Ziffer 5.1) und die Herstellung einer automatischen Wiederzuschaltung der Module nach kurzzeitiger Stromnetzstörung – schnellstmöglich (Ziffer 5.3).

In den Jahren 1998 bis 2000 führte die Klägerin diverse Arbeiten zur Nachbesserung bzw. Mangelbeseitigung aus.

Komplex II:

Am 20.05.1998 schlossen die Klägerin und die Beklagte zu 1) einen schriftlichen Wartungsvertrag (Anlage K 19, GA Bd. I Bl. 154 ff.). Dieser Vertrag wurde mit „Wartungs- und Instand haltungsvertrag der BHKW-Anlage (Module und periphere Anlagen)“ überschrieben. In der Präambel (Ziffer 1 Abs. 1) wurden die Ziele des Vertrages damit umrissen, dass es um die Instandhaltung während der Gewährleistungsdauer, um die Absicherung der Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers, um die Regelwartung und Instandhaltung nach der Gewährleistung zum Erhalt der zu erwartenden Lebensdauern sowie um die Gewährleistung des sicheren Anlagenbetriebes und die Erhaltung der zugesicherten Eigenschaft „Verfügbarkeit“ gehe. Als Leistungen der Auftragnehmerin definierte Ziffer 2 in seinem Absatz 1 die Leistungen während der Gewährleistungszeit (drei Jahre, mindestens 15.000 Betriebsstunden, künftig: Bh) als „die Regelwartungsleistungen sowie sämtliche Instandhaltungs- und Instandsetzungsleistungen (auch in Bezug auf Verschleißteile) …, die zur Aufrechterhaltung eines regulären Anlagenbetriebes erforderlich sind …“. Eine gleichlautende Regelung enthielt Absatz 2 für die Zeit nach Ablauf der Gewährleistungszeit bis zu 48.000 Bh. Die Höhe des Entgelts wurde in Ziffer 4 für die Module jeweils in Abhängigkeit von Bh und für periphere Anlagen pro Kalenderjahr jeweils pauschal vereinbart und enthielt jeweils sämtliche Kosten der Auftragnehmerin für Lohn, Material, Reisekosten, Auslösungen u.s.w. In dem Vertragsformular wurden sieben einzelne „Instandhaltungsarbeiten“ aufgeführt, darunter u.a. der Zündkerzenaustausch, der Gas filter- und der Luftfiltereinsatzwechsel; in diesen Positionen war das vorgesehene Feld für Einzelpreise jeweils nicht ausgefüllt. Der Vertrag sollte ohne besondere Kündigung mit dem Ab lauf der 65.000. Betriebsstunde enden. Die Parteien streiten darüber, ob von der Beklagten zu 1) gefertigte Anlagen zum Wartungsvertrag (vgl. in Anlage B 14, GA Bd. II Bl. 96 ff.) Vertragsbestandteil wurden. In diesen Anlagen stellte die Beklagte zu 1) den Umfang der Inspektionsarbeiten in sieben sog. Erhaltungsstufen dar, darunter neben Prüfungs-, Reinigungs- und Nachstellarbeiten auch den Tausch von Zündkerzen und Zündkabeln, von Kurbelraumentlüftungsventilen, Luftfiltereinsätzen, Pick-up-Elektronikreglern, Zylinderköpfen, Rohrverbindern und Kühlwasserschläuchen, Anlasserteilen, Kolbenringen, Pleullagern, Kühlwasserpumpen, der Ölpumpe und von Schwingungsdämpfern. Handschriftlich war hinzugesetzt: „Oxi.-Kat … tauschen nach / bei E5, E6, E7 enthalten!“. Diese Ersatzteile wurden tabellarisch mit Teile und Gruppennummer aufgeführt. Die Parteien streiten weiter darüber, ob der maschinenschriftliche Klammer-Zusatz „Unterschriften gelten nur in Verbindung mit Schrb. vom 29.06.98“ unter den Unterschriften zum Vertrag bereits bei Vertragsunterzeichnung vorhanden war. Mit ihrem Schriftsatz vom 06.04.2005 (Anlage K 61, vollständig in KA 1, Bl. 5) schlug die Klägerin zur Regelung der Erbringung der laufenden Wartungsleistungen vor, dass die Beklagte zu 1) auf ein etwa bestehendes Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf ausstehende Forderungen verzichte (Ziffer 1) und die Klägerin zusichere, die Kosten für die Generalüberholung und für die durchzuführenden Arbeiten aus dem Wartungsvertrag zu zahlen (Ziffer 2). Sodann hieß es:

(Die Klägerin) „… verzichtet auf die Aufrechnung mit Forderungen, die Gegenstand des beim Landgericht Halle unter dem Aktenzeichen 9 O 538/03 anhängigen Rechtsstreits sind. Dieses Aufrechnungsverbot endet, sobald eine Zwangsvollstreckung wegen der Forderungen unserer Mandantin möglich ist.“

Für alle Leistungen der Beklagten zu 1), welche nach der Auffassung der Klägerin von der Pauschalvergütung im Wartungsvertrag erfasst und nach der Auffassung der Beklagten zu 1) gesondert vergütungspflichtig seien, werde bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens die Ausführung der Arbeiten und die Zahlung der Vergütung verabredet, wobei sämtliche Zahlungen auch ohne gesonderte Erklärung jeweils unter dem Vorbehalt der Rückforderungen stünden (Ziffer 3). Diesem Vorschlag stimmte die Beklagte zu 1) zu.

Ab dem Beginn des Jahres 2009 erbrachte die Beklagte wegen des Streits um die Vergütung keine Wartungsleistungen mehr. Sie kündigte den Wartungsvertrag mit Schreiben vom 14.09.2009 (Anlage K 70). Die Klägerin widersprach der Kündigung, nahm aber keine Wartungsleistungen der Beklagten zu 1) in Anspruch. Beweisverfahren Am 29.12.2000 reichte die Klägerin beim Landgericht Halle einen Antrag auf Durchführung eines Beweisverfahrens ein, welcher den hiesigen Beklagten zu 1) und zu 2) jeweils am 08.01.2001 zugestellt wurde. Gegenstand der Beweisaufnahme waren Korrosionserscheinungen an den Abgaswärmetauschern und der Abgasanlage (Rauchrohre) der Module 1 bis 5, die Dichtheit des Primärschalldämpfers am Modul 2 und die Überschreitung des vom Motorenhersteller vorgegebenen Grenzwerts für den Abgasgegendruck. Diesen Antrag nahm die hiesige Klägerin mit einem am 16.10.2002 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz zurück.

Schiedsgutachter-Verfahren:

Die drei Prozessparteien schlossen am 06./28./30.08.2002 einen Schiedsgutachtervertrag (K 40, GA Bd. III Bl.165 ff.). Sie vereinbarten, dass sie die B. (B. ) mit der Erstellung eines Schiedsgutachtens darüber beauftragen, ob die Abgaswärmeaustauscher der Module 1 bis 5 von der Rauchgas- oder der Heizwasserseite her korrodiert seien, ob bei unveränderten Betriebsbedingungen auch künftig mit Korrosion von einer der beiden Seiten ausgehend zu rechnen sei, ob auch die Abgasanlage (Rauchrohre von den Abgaswärmetauschern bis zum Kamin) korrodiert sei, ob und ggf. weswegen vier von fünf Abgaswärmetauschern defekt seien, sowie, ob der Abgasgegendruck höher als vom Motorenhersteller vorgegeben sei und ob dieser Wert ein Richt- oder ein Grenzwert sei. Der Schiedsgutachter sollte weiter die Ursache etwaiger Mängel feststellen (fehlerhafte Werkstoff o. Katalysatorenauswahl, Umweltbedingungen, wie Qualität des Heizwassers, des Erdgases, der Ansaugluft o. des Schmieröls, Belastung der Schalldämmkulissen mit schwefelhaltigen Substanzen, Einfluss v. An- und Abfahrhäufigkeiten). Gegenstand des Auftrags waren zudem acht mögliche Mangelerscheinungen an der Schornsteinanlage. In Ziffer II wurde klargestellt, dass der Schiedsgutachter allein technische Fragen klären und keine rechtliche Bewertung vornehmen solle. In Ziffer III vereinbarten die Parteien, dass die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen, welche sich auf Mängel beziehen, die Gegenstand dieser Vereinbarung seien, beginnend mit dem Abschluss dieser Vereinbarung und endend drei Monate nach Beendigung des Schiedsgutachterverfahrens gehemmt sei. In Ziffer V legten die Parteien zur Beendigung des Schiedsgutachterverfahrens fest, dass die Parteien nach der Vorlage des schriftlichen Gutachtens binnen drei Monaten Ergänzungsfragen stellen bzw. eine Ladung des Gutachters zur Anhörung beantragen könnten (Absatz 1), dass sie binnen einer Woche nach der Vorlage des schriftlichen Ergänzungsgutachtens der Beendigung des Verfahrens begründet widersprechen könnten (Absatz 2) und dass im Falle des Widerspruchs einer Partei das Verfahren endet mit der Vorlage eines weiteren Ergänzungsgutachtens oder mit der Erklärung des Schiedsgutachters, dass alle Beweisfragen beantwortet seien (Absatz 3). Unter Ziffer VIII vereinbarten die Parteien, dass die Entscheidung des Schiedsgutachtens endgültig und verbindlich sei, sowie, dass eine Überprüfung nur stattfinde, wenn das Schiedsgutachten grob unbillig sei und deswegen i.S.d. §§ 412, 493 ZPO unbrauchbar und aus diesem Grunde für die Parteien nicht verbindlich sei.

In ihrem Schiedsgutachten unter dem Geschäftszeichen VII.3/13883 (undatiert, Anlage K 41, GA Bd. III Bl. 169 ff.; lt. Klägerin vom 19.12.2003, vgl. GA Bd. IX Bl. 33) kam die B. durch Dipl.-Ing. Z. und Dr. rer. nat. E. zu der Einschätzung, dass die Schäden an den Abgaswärmeaustauschern durch Kondensatwasser aus dem Abgas verursacht worden seien; Gleiches träfe auf weitere Schäden an der gesamten Abgasanlage zu. Beschrieben wurden korrosive Angriffe in Form von Lochkorrosion, ausgehend von der Abgasseite, und deutliche Rissbildungen im Bereich der Schweißnähte. Die Ausführung der Schweißnähte ließe keine Fehler erkennen. Die Schiedsgutachter diskutierten zwei mögliche Schadensursachen: Die durch den nicht bestimmungsgemäßen Rückfluss von sauren Kondensaten aus dem Abgas in die heißen Bereiche des Wärmeübertragers ausgelöste Korrosion (insoweit müsse dafür Sorge getragen werden, dass das Kondensat an der Stelle seiner Entstehung aus der Abgasanlage entfernt werde) und eine Rissbildung als Folge des durch Ablagerungen verschlechterten Wärmeübergangs zwischen Abgas und Rohrwandung (d.h. thermische Überlastung). Auf Ergänzungsfragen der Klägerin (Aufstellung auf GA Bd. IX Bl. 33 f.) antwortete das B. mehrfach, zuletzt mit der ergänzenden Stellungnahme vom 30.06.2004 (Anlage B 23, GA Bd. III Bl. 196 ff.). Darin bestätigte der Schiedsgutachter E., dass eine nennenswerte Kondensatmenge nur außerhalb des geschädigten Bauteils, des Abgaswärmetauschers, entstehen könne; über die Ursache könne jedoch ohne Kenntnis der jeweiligen Betriebs-zustände der Anlage nur spekuliert werden. Als Ursachen kämen Mängel in der Planung, in der Ausführung, in der Wartung oder in der Art der Betriebsführung des Kraftwerks in Betracht; dies könne allein technisch nicht beurteilt werden. Die Klägerin beanstandete am 09.07.2004, dass die Leistungen des Sachverständigen nicht ordnungsgemäß seien; weitere Fragen stellte sie nicht.

Vorfall 1:

Am 11.12.2002 fiel während einer planmäßigen Wartung (Probebetrieb zur Inspektion) zu nächst das Modul 2 wegen eines Sicherungsabfalles im Schrank der Motorensteuerung aus. Ein Monteur der – als Nachauftragnehmerin der Beklagten zu 1) im Rahmen des Wartungsvertragsverhältnisses tätigen – D. AG schaltete die Motorensteuerung wieder zu. Im zeitlichen Zusammenhang damit wurde ein Ausfall der übergeordneten SPS-Steuerung aus gelöst und damit ein Ausfall der weiteren vier Module verursacht.

Die Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 1) teilte nach Einholung eines Gutachtens mit, dass sie hierin keinen Versicherungsfall sehe.

Vorfall 2:

Am 20.01.2003 fiel das Modul 2 aus, weil sich in dem zugehörigen Sekundärschalldämpfer Teile gelöst hatten und der Abgasgegendruck erheblich angestiegen war. Zur Reparatur mussten die Abgasanlage teilweise demontiert und der Sekundärschalldämpfer aufgetrennt werden.

Im Rahmen einer am 04.02.2003 durchgeführten Besprechung weigerte sich die Beklagte zu 1), die zur Schadensbeseitigung erforderlichen Arbeiten ohne gesonderte Vergütung im Rahmen ihres Wartungsvertrages auszuführen.

Am 13.03.2003 erstattete die T. mbH & Co. KG im Auftrag der Klägerin ihr schriftliches Gutachten (vgl. Anlage K 4, GA Bd. I Bl. 91 ff.) über mögliche Ursachen von Rissen und Bauteilverformungen an der Schalldämpferanlage zu Modul 2. Darin stellte Dr.-Ing. P. zwei voneinander unabhängige Ursachen fest: Einerseits seien Ermüdungsrisse an verschiedenen Stellen der mehrstufigen Schalldämpferanlage aufgrund der Verwendung eines Stahls (Werkstoff-Nr. 1.5415, sog. 16Mo3) aufgetreten, welcher für die Temperaturbereiche über 530 Grad Celsius nach den einschlägigen technischen Regeln nicht vorgesehen sei (künftig: unzureichende Werkstoffe); andererseits seien die bereits vorhandenen Ermüdungsrisse durch eine einmalige, schlagartige Belastung (Verpuffung) freigelegt und aufgeweitet worden. Zudem seien die Axialkompensatoren im Zusammenwirken mit ihren Halterungen für das vorliegende Rohrsystem ungeeignet, weil sie den beim Betrieb auftretenden Innendruckkräften nicht deformations- und verschiebungsfrei standzuhalten vermochten (künftig: unzureichende Elastizität der Systemkonstruktion).

Ungeachtet des Vorbehalts der Rückforderung kürzte die Klägerin die entsprechende Rechnung der Beklagten zu 1) vom 25.03.2003 für die Reparaturarbeiten am Modul 2 und zahlte lediglich 32.185,52 Euro.

Vorgerichtliche Mahnung:

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 12.03.2003 (Anlage K 3, GA Bd. I Bl. 88 ff.) forderte die Klägerin die Beklagte zu 1) auf, bereits benannte und weitere Mängel bis zum 20.03.2003 zu beseitigen. Dies betraf die Ausführung der Sekundärschalldämpfer in niedrig legiertem Stahl und ohne Dämpfungsmaterial (zumindest am Modul 2), die erschwerte Reinigung des Mündungsschalldämpfers auf der Kaminspitze, die unzureichende Leistungsfähigkeit der Tischkühler, welche zu erhöhten Brennraumtemperaturen der Module bei Außentemperaturen über 25°C (im Sommer) und dadurch zu erhöhten Immissionen führe, den fehlenden Leistungsnachweis i.S.v. § 15 ZVB, Probleme bei der Ableitung der Oberwellen des Frequenzumformers (elektrotechnische Anlage), das fehlende automatische Zuschalten der fünf Module bei einem Wiederanlauf des BHKW nach einer kurzzeitigen Stromnetzstörung (sog. KU-Fähigkeit), das Auftreten von Feuchtigkeit in der Abgasstrecke sowie die übermäßige Schallentwicklung.

Die Beklagte zu 1) erklärte am 20.03.2003 den Verzicht auf die Einrede der Verjährung bis zum Ende des Kalenderjahres für solche Ansprüche, die zum Zeitpunkt der Erklärung nicht bereits verjährt waren (Anlage K 26, GA Bd. III Bl. 52).

Rechtsstreit:

Mit ihrer am 30.12.2003 beim Landgericht eingereichten und den Beklagten jeweils am 30.01.2004 zugestellten Klage hat die Klägerin gegen beide Beklagte als Gesamtschuldner einen Zahlungsanspruch i.H.v. 998.391,23 Euro nebst Verzugszinsen seit dem 20.03.2003 geltend gemacht (Klageantrag zu Ziffer 1) sowie gegen die Beklagte zu 1) einen weiteren Zahlungsanspruch i.H.v. 131.019,80 Euro (am 02.08.2004 korrigiert auf 133.018,84 Euro) sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte zu 1) für die gesamte Laufzeit des Wartungsvertrages vom 20.05.1998 sämtliche Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten sowie Regelwartungsleistungen für den im Vertrag genannten Wartungsumfang (einschließlich sämtlicher Reparaturen und des Ersatzes der verschlissenen Teile) auf eigene Kosten durchzuführen verpflichtet sei.

Die Klägerin hat den gegen beide Beklagte als Gesamtschuldner gerichteten Leistungsantrag zu Ziffer I. 1) i.H.v. 998.391,23 Euro ursprünglich auf Folgendes gestützt: Sie hat den fiktiven Mangelbeseitigungsaufwand für eine vollständige Neuerrichtung der gesamten Schalldämpferanlage i.H.v. 429.200,00 Euro brutto, die fiktiven, nach einem Angebot der Fa. Nießing (Anlage K 11) geschätzten Kosten für den Neuaufbau des Schornsteins i.H.v. 104.574,00 Euro brutto und die fiktiven Kosten für die erforderliche Anschaffung weiterer Tischkühler i.H.v. 40.904,84 Euro brutto beziffert. Sie hat auch die Kosten der Beseitigung der Mängel an der Elektrotechnik pauschal mit 10.000,00 Euro brutto angegeben. Auch insoweit hat sie einen Anspruch auf Ersatz der fiktiven Mangelbeseitigungskosten geltend gemacht. Darüber hinaus hat die Klägerin die (realen) Kosten des Abbaus des Mündungsschalldämpfers mit 2.861,15 Euro angegeben und hierzu zwei Rechnungen von Juli 2003 vorgelegt, die damit nicht in Übereinstimmung zu bringen sind (vgl. Anlagen K 14, K 15, GA Bd. I Bl. 148 f.). Soweit sie die Klage weiter auf die erforderliche Herstellung eines automatischen Wiederanlaufens der Module nach kurzzeitigen Stromnetzstörungen (sog. KU-Fähigkeit) sowie der hieraus resultierenden Schäden gestützt hat, hat sie angegeben, dass die Kosten noch nicht zu beziffern seien. Wegen der Nichterreichung der Leistungswerte hat sie eine Minderung i.H.v. 10 % der Auftragssumme, insgesamt 410.851,24 Euro brutto, geltend gemacht.

Zu Ziffer I. 2) der Klageschrift hat sie die Feststellung der Haftung der Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner für weitere Schäden aus der fehlerhaften bzw. planwidrigen Erstellung des BHKW begehrt.

Mit ihrem Leistungsantrag zu Ziffer II. 1) auf Verurteilung der Beklagten zu 1) zu einer Zahlung in Höhe von 131.019,80 Euro hat die Klägerin bereicherungsrechtliche Ansprüche auf Rückzahlung von Vergütungen für Instandsetzungen – die von ihr unter Vorbehalt gezahlten Reparaturkosten nach dem Vorfall 2 i.H.v. 32.185,52 Euro sowie die Instandsetzungskosten 2001 und 2002 (Anlage K 21 sowie Anlagenkonvolute K 35, GA Bd. III Bl. 66 ff., und K 36, GA Bd. III Bl. 90 ff.) i.H.v. 35.674,60 Euro bzw. 63.159,68 Euro (später wegen eines Übertragungsfehlers korrigiert: 63.163,64 Euro), insgesamt später korrigiert auf 133.018,84 Euro – geltend gemacht.

Die Klägerin hat darüber hinaus zu Ziffer II.2 der Klageschrift einen Feststellungsantrag bezüglich der Leistungspflichten der Beklagten zu 1) aus dem Wartungsvertrag (einschließlich sämtlicher Reparaturen und Ersatz der Verschleißteile auf eigene Kosten) gestellt.

Die Klägerin hat sodann mit einer Klageerweiterung vom 20.07.2004 die realen Kosten des Austausches von drei Abgaswärmetauschern wegen auftretender Risse und Korrosionserscheinungen im Quartal IV des Jahres 2000 als Schadensersatzanspruch i.H.v. 107.139,65 Euro geltend gemacht (vgl. Rechnung Anlage K 42, KA I Bl. 1).

Mit ihrer Klageerweiterung vom 06.12.2004, am selben Tag direkt von Anwalt zu Anwalt an die Beklagte zu 1) zugestellt, hat die Klägerin einen Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht beider Beklagter als Gesamtschuldner für weitere Schäden aus der fehlerhaften und planwidrigen Erstellung des BHKW gestellt sowie einen weiteren Zahlungsantrag i.H.v. 32.644,98 Euro gegen die Beklagte zu 1). Den zuletzt genannten Zahlungsantrag hat sie darauf gestützt, dass die Beklagte zu 1) bei der Berechnung der Quartalsvergütung für die Wartung die Preisgleitklausel fehlerhaft angewandt habe, woraus sich für die Jahre 2001 bis 2003 eine Überzahlung in der vorgenannten Höhe ergeben habe.

Mit der Klageerweiterung vom 20.12.2004 hat die Klägerin den Zahlungsantrag zu Ziffer II 1) gegen die Beklagte zu 1) auf 146.296,77 Euro erhöht; insoweit hat sie den Rückforderungsanspruch weiter auf gezahlte Vergütungen für die Reparaturen an den Abgaswärmetauschern gestützt.

Schließlich hat die Klägerin mit Klageerweiterung vom 22.12.2009, der Beklagten zu 1) zugestellt am 08.02.2010, einen weiteren Zahlungsantrag gegen die Beklagte zu 1) i.H.v. 336.996,45 Euro wegen überzahlter Vergütungen für Reparaturen und den Ersatz von Verschleißteilen in den Jahren 2003 bis 2008 gestellt.

Die Klägerin hat im Schriftsatz vom 13.09.2004 (ab S. 16, GA Bd. IV Bl. 16 ff.) vorgetragen, dass sie die Abgasstrecke (zweistufiges Schalldämpfersystem und Abgaswärmetauscher) komplett neu gebaut habe – lediglich die im Jahre 2000 bereits ersetzten Abgaswärmetauscher habe sie weiterverwendet – und hierfür Kosten i.H.v. 484.475,91 Euro aufgewandt habe. Sie hat mit dem Anlagenkonvolut K 46 Rechnungen vorgelegt, welche einen Gesamtbetrag i.H.v. 484.456,06 Euro ergeben. Eine Änderung ihrer Klageanträge hat sie nicht vorgenommen.

Die Klägerin hat u.a. die Auffassung vertreten, dass sich aus dem Bauvertrag mit der Beklagten zu 1) ergebe, dass sämtliche Nachbesserungsarbeiten der Beklagten zu 1) in einem gemeinsamen förmlichen Abnahmetermin abzunehmen seien und erst danach der Lauf der Verjährungsfrist für diese Anlagenteile beginne. Zu diesem Abnahmetermin, der ursprünglich für den 28.03.2000 vorgesehen worden sei, sei es letztlich nicht gekommen, weil das BHKW nicht alle Leistungsparameter erfüllt habe. Hilfsweise hat sie sich teilweise auf ein arglistiges Verschweigen von Mängeln berufen.

Die Beklagte zu 2) hafte, weil sie ihrer Verpflichtung zur Bauüberwachung, welche eine Kontrolle der einzubauenden Einzelteile vor dem Verschluss der Anlage umfasste, verletzt habe. Ihr habe vor allem der Mangel an der Konstruktion der Sekundärschalldämpfer sowie an der Beschichtung des Schornsteins auffallen müssen. Hinsichtlich der Mängel der Beschichtung des Schornsteins sei die Beklagte zu 2) wissentlich zum Nachteil der Klägerin vom Leistungsverzeichnis abgewichen.

Die Beklagte zu 1) hat den Feststellungsantrag teilweise – exklusive Ersatz der verschlissenen Teile und mit Ausnahme solcher Maßnahmen der Instandhaltung, die auf unsachgemäße Benutzung, äußere Gewalt (wie Vandalismus) oder Fehlbedienung oder sonstige nicht vorhersehbare Ereignisse oder höhere Gewalt zurückzuführen sind – sofort anerkannt (vgl. GA Bd. II Bl. 4). Im Übrigen haben beide Beklagte jeweils Klageabweisung beantragt.

Beide Beklagte haben – jeweils für sich – die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Beklagte zu 1) hat mit Schriftsatz vom 29.04.2004 (GA Bd. II Bl. 84) Widerklage i.H.v. 139.958,58 Euro erhoben; dieser Schriftsatz ist der Klägerin am 21.05.2004 zugestellt worden. Sie hat die Widerklage auf Vergütungsforderungen aus drei Quartalsrechnungen für Wartungsarbeiten und vier Einzelrechnungen über Reparaturarbeiten gestützt.

Das Landgericht hat Beweis erhoben über einen Teil der Mangelbehauptungen der Klägerin durch die Hinzuziehung des Dipl.-Ing. H. Pe., von der IHK H. öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von Maschinen und Anlagen, insbesondere Kraftwerkstechnik; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf dessen schriftliches Gutachten vom 31.08.2009 (Gutachtenheft GH I) und dessen Anhörung im Termin am 24.02.2011 (GA Bd. VII Bl. 185 ff.) jeweils Bezug genommen.

Das Landgericht hat weiter Beweis erhoben zur Höhe des Schadens aus einer verminderten Leistung des BHKW; insoweit wird auf das schriftliche Ergänzungsgutachten desselben Sachverständigen vom 10.08.2012 verwiesen (Gutachtenheft GH II). Schließlich hat das Landgericht Beweis erhoben über den Inhalt des Vergabegesprächs am 07.05.1997 durch die Vernehmung des Zeugen C. R.; insoweit wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 10.01.2018 (GA Bd. IX Bl. 96 ff.) Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage mit seinem am 08.06.2018 verkündeten Urteil, welches am 30.07.2018 ergänzt worden ist, abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage zur Zahlung von 94.932,62 Euro unter Abweisung der Widerklage im Übrigen verurteilt.

Hinsichtlich des Komplexes I A (Gewährleistungsansprüche gegen die Beklagte zu 1)) hat das Landgericht für alle Mängel den Eintritt der Verjährung angenommen (LGU ab S. 47), wobei diese Beurteilung ganz wesentlich darauf gestützt wird, dass die Abrede der Parteien im Übergabeprotokoll vom 23.12.1997 als eine umfassende, sämtliche Gewährleistungsansprüche erfassende Novation ausgelegt worden ist. Deswegen könne sogar offenbleiben, ob die Klägerin hinsichtlich derjenigen Mängel, welche Gegenstand des Schiedsgutachtens gewesen seien, gehindert sei, außerhalb des Schiedsgutachtens Beweis für die Verantwortlichkeit der Beklagten zu erbringen (LGU S. 59 f.).

Hinsichtlich des Komplexes I B (Gewährleistungsansprüche gegen die Beklagte zu 2)) sei Verjährung eingetreten (LGU ab S. 61). Für die Bauüberwachung sei die Verjährung vor dem Ende des Jahres 2002 eingetreten, für die Begründung eines Sekundäranspruchs seien keine hinreichenden Ansatzpunkte vorgetragen worden. Für Mängel, die Gegenstand des Schiedsgutachtens gewesen seien, sei die Klägerin auf die Feststellungen des Schiedsgutachtens beschränkt (LGU S. 63 ff.).

Hinsichtlich des Komplexes II (Wartungsvertrag) ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin nicht habe beweisen können, dass jegliche Instandsetzungsleistungen einschließlich des Ersatzes von Verschleißteilen Gegenstand der pauschal vergüteten Leistungspflichten gewesen seien (LGU ab S. 73). Danach hat es der Klägerin die Rückerstattung von vier Zahlungen i.H.v. 3.440,17 Euro zugesprochen, welche jedoch durch die Hilfsaufrechnung der Beklagten zu 1) mit Wartungskosten für das I. Quartal 2009 untergegangen sei (LGU S. 80). Ein Anspruch auf Rückzahlung von Überzahlungen bestehe auch i.H.v. 32.644,98 Euro wegen der fehlerhaften Anwendung der Preisgleitklausel; insoweit sei jedoch mit der Widerklageforderung zu saldieren (LGU S. 80 f.).

Hinsichtlich der Widerklage hat das Landgericht die drei Quartalsrechnungen III und IV/2002 sowie I/2003 als unstreitig, drei Reparaturrechnungen (mit Ausnahme von B 18) als begründet angesehen (LGU S. 81 f.) und mit der vorgenannten Forderung der Klägerin saldiert. Die Hilfsaufrechnung der Klägerin gegen Schadensersatzansprüche wegen der fehlenden KU-Fähigkeit hat das Landgericht im Hinblick auf ein im April 2005 nachträglich vereinbartes Aufrechnungsverbot für unzulässig erachtet (LGU S. 82).

Gegen dieses, ihr am 14.06.2018 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 29.06.2018 eingelegten und – innerhalb der mehrfach, zuletzt bis zum 14.11.2018, verlängerten Frist – am 13.11.2018 begründeten Berufung.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass Gewährleistungsansprüche gegen die Beklagte zu 1) nicht verjährt seien, weil entgegen der Annahme des Landgerichts die Vereinbarung vom 23.12.1997 allenfalls den Beginn der Gewährleistungsfrist für die neue Gesamtanlage betroffen habe, nicht aber den in § 15 Abs. 3 Satz 2 ZVB und § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B 1996 gleichermaßen geregelten besonderen Zeitpunkt des Beginns der Gewährleistungsfrist für nachgebesserte Anlagenteile.

Hinsichtlich der von der Beklagten zu 1) nach der förmlichen Abnahme der Gesamtanlage am 30.12.1997 ausgeführten Nachbesserungsarbeiten sei eine Abnahme (i.S. der vertraglich vereinbarten förmlichen Abnahme) gescheitert, so dass die Gewährleistungsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Selbst wenn man jedoch den gescheiterten Abnahmetermin der Nachbesserung des Mangels am 28.03.2000 als Beginn der Frist ansehe, sei die Gewährleistungsfrist erst am 28.03.2003 vollendet gewesen. Die Klägerin wiederholt ihre erstinstanzliche Auffassung, dass äußerst hilfsweise eine Hemmung des Laufs der Verjährung bis zum 28.03.2000 im Hinblick auf die Durchführung der Nachbesserungsarbeiten (als ein Anerkenntnis i.S.v. § 208 BGB a.F. bzw. als ein Verhandeln i.S.v. § 204 BGB a.F.) eingetreten sei.

Hinsichtlich der im Mai 2000 angezeigten Mängel an dem Abgaswärmetauscher habe wegen § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B eine gesonderte Verjährungsfrist von 36 Monaten ab Anzeige zu laufen begonnen.

Hinsichtlich der Mängel am Sekundärschalldämpfer – Verwendung von Stahl des Typs 16Mo3 statt von Edelstahl sowie planwidrige Konstruktion des Schalldämpfers – sei von einer arglistigen Täuschung auszugehen, weswegen der Schadensersatzanspruch einer Regelverjährung von 30 Jahren unterlegen habe. Das Landgericht habe zu Unrecht eine Beweislast der Klägerin dafür angenommen, dass ihr bzw. den für sie tätigen Ingenieuren Informationen über die beabsichtigten Änderungen nicht zugegangen seien. Die Klägerin meint, dass die bewussten Abweichungen vom Vertrag hier so gravierend gewesen seien, dass es weiterer Darlegungen von ihrer Seite nicht bedurft habe. Sie macht hilfsweise geltend, dass sie den Nachweis der nicht rechtzeitigen Vorlage der Schalldämpferzeichnung bewiesen habe, und äußerst hilfsweise, dass sie im Falle eines gerichtlichen Hinweises den Zeugen N. benannt hätte.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die mit der Klage geltend gemachten Mängel bewiesen. Für den Nachweis sei die Klägerin prozessual nicht auf die Feststellungen des Schiedsgutachters beschränkt, weil dessen Gutachten grob unbillig und unbrauchbar sei. Für diesen Fall habe die Schiedsvereinbarung ausdrücklich vorgesehen, dass die Feststellungen weder endgültig noch verbindlich seien. Die Überschreitung des Grenzwertes des Herstellers der Module für den Abgasgegendruck sei von einer Unterauftragnehmerin der Beklagten zu 1) selbst regelmäßig festgestellt worden, so dass die Beklagte zu 1) diesen Mangel gar nicht wirksam bestreiten könne. Diese Grenzwertüberschreitung sei die zentrale Ursache für die Probleme bei der Schalldämmung; der Versuch der Nachbesserung durch den Einbau eines Mündungsschalldämmers habe zu einer Verstärkung des Abgasgegendrucks geführt.

Der Feststellungsantrag bezüglich der Einstandspflicht für künftige Schäden werde für erledigt erklärt, weil das BHKW inzwischen – unstreitig – abgebaut worden sei.

Hinsichtlich der Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) sei Verjährung nicht eingetreten, weil der Sekundärhaftungsanspruch der Klägerin nicht verjährt gewesen sei. Die Beklagte zu 2) sei zudem auch zur Überwachung der Nachbesserungsmaßnahmen verpflichtet gewesen. Entgegen der Feststellung des Landgerichts habe die Beklagte zu 2) konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an ihrer eigenen pflichtgemäßen Bauüberwachung gehabt. So habe sie die von der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1) angebrachten Mängelanzeigen erhalten (z.B. Anlage K 28: zu hoher Abgasgegendruck; Anlage K 31: Riss im Sekundärschalldämpfer) und gewusst, dass die Beklagte zu 1) die Leistungsnachweise nicht habe erbringen können (aus dem Schreiben ihrer Streithelferin, Anlage K 18: Hinweise auf Abgasgegendruck und Taupunktunterschreitungen als Ursache der mangelhaften Funktion). Hieraus habe u.a. schon der Schornsteinbauer Sch. (zutreffend) auf die Mangelursachen geschlossen (vgl. Anlage K 60).

Soweit das Landgericht darauf abgestellt habe, dass eine Hemmung der Verjährung durch das schiedsgutachterliche Verfahren bezüglich derjenigen Mängel eingetreten sei, welche Gegen stand des feststellenden Schiedsgutachtens gewesen seien, dies jedoch zu keinen Ansprüchen führe, weil die Klägerin bezüglich der Feststellung der Mangelhaftigkeit der Leistungen der Beklagten zu 2) auf die Feststellungen des Schiedsgutachtens beschränkt sei, trage die Begründung nicht. Die Klägerin rügt insoweit die Verletzung rechtlichen Gehörs. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei das Schiedsgutachten bezüglich der Mängel am Schornstein schon deswegen unbrauchbar, weil der Sachverständige hierzu gar keine Feststellungen getroffen habe. Im Übrigen habe das Landgericht verkannt, dass sich die Vertragsparteien darauf geeinigt hätten, dass das Gutachten schon dann unverbindlich sein solle, wenn es „unbrauchbar i.S.v. §§ 412, 493 ZPO“ sei. Das weitere, im Schiedsgutachten behandelte Problem seien Mängel im Bereich des Abgaswärmetauschers gewesen; insoweit habe der Schiedsgutachter verbindlich festgestellt, dass diese gerissen gewesen seien und dass die Korrosion an der Rauchgasseite begonnen habe, ohne dass der Grund hierfür habe festgestellt werden können. Dies sei jedoch ein isoliertes Problem gewesen, während es im jetzigen Rechtsstreit um ein komplexes Problem – die unzureichende Funktion des BHKW (z.B. unzureichende Lärmreduzierung) – gehe. Hierfür könne das Schiedsgutachten nicht verbindlich sein.

Die Klägerin wendet sich schließlich gegen die Auslegung des Wartungs- und Instandhaltungsvertrages durch das Landgericht, wonach Instandsetzungsleistungen von der Beklagten zu 1) nicht geschuldet waren und deswegen – mit Ausnahme des Austausches von Zündkerzen – ein gesonderter Vergütungsanspruch der Beklagten zu 1) bestand. Insoweit verweist sie insbesondere auf das Begriffsverständnis nach der DIN 31051, das übereinstimmende Verständnis der Vertragsparteien und allgemein der betroffenen Verkehrskreise.

Soweit das Landgericht den für begründet erachteten Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung i.H.v. 3.440,17 Euro im Hinblick auf eine Hilfsaufrechnung der Beklagten zu 1) als erloschen ansehe, habe es verkannt, dass diese Leistungen nicht gesondert zu vergüten gewesen seien. Auch habe das Landgericht die Tabelle (Anlage K 94) nicht unberücksichtigt lassen dürfen, weil sie selbst erklärend gewesen und von der Beklagten zu 1) nicht bestritten worden sei.

Bezüglich der Widerklage habe das Landgericht zu Unrecht drei Rechnungen (Anlagen B 19, B 20 und B 21) berücksichtigt (vgl. LGU S. 82); sie beträfen nicht gesondert vergütungspflichtige Leistungen. Die gegenüber den weiteren drei Rechnungen (Anlagen B 15, B 16 und B 17) erklärte Hilfsaufrechnung sei wirksam, weil sie bereits am 20.07.2004 erklärt worden sei. Der nachträglich geschlossene Vertrag habe das Erlöschen der Forderungen nicht mehr rückgängig machen können. Der Vertrag habe ein Aufrechnungsverbot auch nur für bis dahin nicht erklärte Aufrechnungen schaffen wollen.


Die Klägerin beantragt,

unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils

1. die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 998.391,23 Euro nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.03.2003 sowie weitere 107.139,65 Euro nebst Zinsen in Höhe von acht Pro zentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.07.2004 zu zahlen,

2. die Beklagte zu 1) weiter zu verurteilen, an sie 146.296,77 Euro nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2003 sowie weitere 32.644,98 Euro nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.02.2010 zu zahlen,

3. die Beklagte zu 1) weiter zu verurteilen, an sie 336.996,45 Euro nebst Zinsen jeweils in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus 1.287,60 Euro seit dem 01.01.2004,
aus 28.617,23 Euro seit dem 01.01.2005,
aus 35.118,34 Euro seit dem 01.01.2006,
aus 65.042,51 Euro seit dem 01.01.2007,
aus 76.523,49 Euro seit dem 01.01.2008,
aus 60.359,30 Euro seit dem 01.01.2009 und
aus 70.047,98 Euro seit dem 01.11.2009

zu zahlen,

4. festzustellen, dass sich der ursprüngliche Feststellungsantrag bezüglich der Einstandspflicht der Beklagten zu 1) und zu 2) für weitere Schäden aus der fehlerhaften bzw. planwidrigen Erstellung des Blockheizkraftwerks im Hinblick auf den Abriss der Anlagen erledigt hat,

5. die Widerklage insgesamt abzuweisen.


Die Beklagte zu 1), die Beklagte zu 2) und die Streithelferin der Beklagten zu 2) beantragen jeweils,

die Berufung der zurückzuweisen.


Sie haben sich der Teil-Erledigungserklärung nicht angeschlossen und verteidigen im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil. Auf die Berufungserwiderung der Beklagten zu 1) vom 07.03.2019, der Beklagten zu 2) vom 28.02.2019 und der Streithelferin vom 04.03.2019 wird Bezug genommen. Der Senat hat am 29.06.2022 mündlich zur Sache verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls des Senats vom selben Tage Bezug genommen.

Zum Inhalt der Erörterung der Sach- und Rechtslage im Termin sowie zu den insoweit erteilten gerichtlichen Hinweisen auf die vorläufige Bewertung der Rechtssache haben die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 15.07.2022 und die Beklagte zu 1) mit ihrem Schriftsatz vom 27.07.2022 ergänzend Stellung genommen.


B.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache nur teilweise Erfolg.

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht darauf erkannt, dass die Klägerin weder gegen die Beklagte zu 1) noch gegen die Beklagte zu 2) Gewährleistungsansprüche aus den jeweiligen Vertragsbeziehungen durchsetzen kann. Die Klägerin hat abweichend vom erstinstanzlichen Urteil umfangreichere bereicherungsrechtliche Ansprüche auf Rückzahlung überzahlter Vergütungen an die Beklagte zu 1), was zugleich zur Abweisung der Widerklage führt.

Zum Komplex I A:

I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) ungeachtet der Einrede der Verjährung keinen Anspruch auf Schadensersatz bezüglich der Kosten für die Anschaffung zusätzlicher Tisch kühler in Höhe von 40.904,84 Euro (1.), der Kosten für die Beseitigung der fehlerhaften Signalweiterleistung bei der Frequenzumformung in Höhe von pauschal 10.000,00 Euro (2.) und der Kosten für den Neubau der Schornsteinanlage in Höhe von 104.574,00 Euro (3.), keinen Schadensersatzanspruch in Höhe von 410.851,24 Euro wegen fehlender Leistungsnachweise des elektrischen und thermischen Wirkungsgrades der Gesamtanlage (4.) und keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Demontage des Mündungsschalldämpfers in Höhe von 2.861,15 Euro (5.). Ob ein Anspruch wegen unzureichender KU-Fähigkeit des BHKW besteht, kann hier offenbleiben (6.).

Hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) aus dem Bauvertrag vom 10.04./07.05.1997 sind ergänzend die Regelungen der VOB Teil B in der damals aktuellen Fassung von 1996 (künftig: VOB/B 1996) anzuwenden. Das ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1) aus der Regelung in § 5 ZVB, wonach die VOB u.a. auch „hinsichtlich der Lieferung und Montage“ Gültigkeit erlangen sollte. Diese Regelung ist dahin auszulegen, dass die Vertragskonformität der Liefer- und Montageleistungen und damit deren Mangelfreiheit nach den Maßstäben der VOB/B zu beurteilen waren, was die Geltung des Gewährleistungsrechtes der VOB/B unmittelbar einschließt.

1. Für einen Gewährleistungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) wegen unzureichender Leistungsfähigkeit der Tischkühler fehlt es bereits an einer schlüssigen Darlegung eines Sachmangels, jedenfalls an dessen Nachweis. Unabhängig davon ist der mit dem Klageantrag geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der fiktiven Aufwendungen für die Anschaffung weiterer Tischkühler zur Mangelbeseitigung in Höhe von 40.904,84 Euro brutto aus rechtlichen Gründen und deswegen nicht durchsetzbar, weil inzwischen wegen des Abrisses des BHKW eine Nachrüstung nicht mehr in Betracht kommt.

a) Die Klägerin hat mit ihrem Schriftsatz vom 12.03.2003 angezeigt, dass die jeweiligen Tisch kühler in der Energieerzeugungs- bzw. Energieumwandlungsanlage (Teilbereich 1 des BHKW) bei einer Außentemperatur von mehr als 25°C keine ausreichende Abkühlung der Brennraumtemperaturen in den Modulen gewährleisteten, was zu erhöhten Emissionen führte. Sie hat insbesondere behauptet, dass die Beklagte zu 1) zugesichert habe, dass ein Betrieb aller fünf Module des BHKW bei einer Außentemperatur von 32°C bis zu 90 % des Nennwerts gewähr leistet sei. Eine nach § 13 Nr. 1 VOB/B 1996 vorausgesetzte Abweichung der Werkleistung der Beklagten zu 1) von vertraglich zugesicherten Eigenschaften hat die Klägerin jedoch nicht schlüssig darzulegen vermocht, jedenfalls ist sie beweisfällig geblieben.

aa) Eine entsprechende Zusicherung der Beklagten zu 1) war entgegen der Auffassung der Klägerin im Bauvertrag selbst nicht enthalten. Zwar sollte die Beklagte zu 1) im Rahmen ihres Angebotes nicht nur zusichern, dass die Kühlung einen Volllastbetrieb bei Außentemperaturen bis zu 25°C gewährleistet (was sie in ihrem Angebot getan hat), sondern sie sollte nach dem Leistungsverzeichnis, Abschnitt E1, S. 1-1-5 (vgl. GA Bd. I Bl. 72) auch Angaben dazu machen, wieviel Prozent des Nennwerts des Betriebes bei 30°C zugesichert werden. Insoweit trug die Beklagte zu 1) in ihrem Angebot jedoch keine Angaben ein und gab mithin keine Zusicherung ab. Die Klägerin erteilte den Auftrag letztlich auf dieses (unvollständige) Angebot, so dass es an einer Zusicherung eines bestimmten, ggf. nur anteiligen Betriebes des BHKW bei Außentemperaturen über 25°C fehlte.

bb) Eine Zusicherung des von der Klägerin behaupteten Inhalts ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin in Bezug genommenen Schriftwechsel zwischen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) während der Bauarbeiten. Allerdings schlug die Beklagte zu 2) in ihrem Schreiben an die Beklagte zu 1) vom 17.06.1997 (Anlage K 16, GA Bd. I Bl. 150 f.) vor, das Leistungsverzeichnis des Bauvertrages abzuändern und jeweils zwei parallele Tischkühler je Modul einzubauen, um nicht nur bei Außentemperaturen von 25°C einen 100 %-igen Betrieb zu gewährleisten, sondern auch bei Außentemperaturen von 32°C noch alle fünf Module – allerdings mit Leistungseinschränkungen – betreiben und ab 33°C den Betrieb des BHKW mit schrittweiser Abschaltung einzelner Module aufrecht erhalten zu können. Die Beklagte zu 1) nahm diesen Vorschlag aber nicht an, sondern unter breitete zwei alternative Gegenvorschläge mit ihrem Schreiben vom 18.06.1997 (Anlage B 10, GA Bd. II Bl. 53). Danach sollte die Motorenanlage entweder – gemäß dem Inhalt des Bauvertrages – lediglich auf einen Volllastbetrieb aller Module bei einer Außentemperatur von bis zu 25°C ausgelegt werden, was kostengünstiger und sicherer sei, aber beinhalte, dass seltene Einschränkungen bei höherer Außentemperatur hinzunehmen seien, oder die Anlage sollte auf einen Volllastbetrieb aller Module grundsätzlich bis zu einer Außentemperatur von 32°C ausgelegt werden, was den Einbau zusätzlicher Tischkühler erfordere. Auf den zuletzt genannten Gegenvorschlag Alternative 2 bezog sich das Angebot der Beklagten zu 1) über die Kosten der zusätzlichen Tischkühler in Höhe von 40.904,84 Euro (Anlage K 17). Das vorzitierte Schreiben der Beklagten zu 1) führte jedoch noch nicht zu einer entsprechenden Vereinbarung, sondern die Korrespondenz verblieb im Stadium wechselseitiger Vorschläge.

b) Selbst wenn ein Sachmangel der von der Klägerin behaupteten Art zur Zeit der Abnahme der Werkleistungen der Beklagten zu 1) vorgelegen hätte, wäre ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Mangelbeseitigungskosten nicht in Betracht gekommen, denn die Mangelbeseitigung ist inzwischen unmöglich geworden. Das BHKW wurde bereits abgerissen, so dass eine Nachrüstung des Teilbereichs Energieumwandlung nicht mehr in Betracht kommt. Die Klägerin hat trotz des ausdrücklichen Hinweises des Senats im Termin vom 29.06.2022 auf diesen Umstand ihren Klageantrag nicht angepasst.

c) Schließlich ist darauf zu verweisen, dass ein Anspruch nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 oder Abs. 2 VOB/B 1996 auf Ersatz der fiktiven Mangelbeseitigungskosten auch aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht gekommen wäre. Auch hierauf ist die Klägerin ausdrücklich hingewiesen worden. Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat insoweit seine bisherige Rechtsprechung zur Bemessung des Schadensersatzanspruches statt der Leistung nach fiktiven Mangelbeseitigungskosten ausdrücklich aufgegeben (vgl. BGH, Urteil v. 22.02.2018, VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1; bestätigt in: BGH, Beschluss v. 08.10.2020, VII ARZ 1/20, BauR 2021, 225). Diese Rechtsfrage ist im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert worden.

2. Die Klägerin kann gegen die Beklagte zu 1) auch Gewährleistungsansprüche wegen einer unzureichenden Frequenzumformung nicht mit Erfolg geltend machen. Die hierauf bezogene Klageforderung in Höhe von pauschal 10.000,00 Euro brutto ist schon dem Grunde nach nicht gerechtfertigt, so dass es auf die unzureichende Substantiierung des Vortrags zur Höhe nicht ankommt.

a) Die Klägerin hat den erstmals im Schriftsatz vom 12.03.2003 bezeichneten Mangel schon nicht ordnungsgemäß angezeigt. Ihre damaligen Ausführungen beschränkten sich darauf, dass Oberwellen, welche bei der Frequenzumformung entstehen, nicht ordnungsgemäß abgeleitet werden würden, wodurch beim Betrieb des BHKW „die Messwerte“ beeinträchtigt würden. Diese Anzeige ist weder nachvollziehbar noch einlassungsfähig gewesen; mit ihr sind die Anforderungen an eine Mangelanzeige nicht erfüllt worden. Es ist nicht erkennbar, in welchem Bereich der Anlage derartige Frequenzumformungen auftreten, welche Soll-Beschaffenheit nach dem Vertrag geschuldet gewesen sein soll und wie bzw. inwieweit die Ist-Beschaffenheit hiervon abweichen soll oder welche Messwerte beeinträchtigt sein sollen. Der Mangel muss zumindest hinsichtlich seines äußeren objektiven Erscheinungsbildes so genau beschrieben werden, dass der Auftragnehmer zweifelsfrei ersehen kann, was im Einzelnen beanstandet wird bzw. welche Abhilfe von ihm verlangt wird (vgl. Wirth in: Ingenstau/Korbion, VOB Teile A und B, 21. Aufl. 2019, § 13 Abs. 5 VOB/B, Rn. 47 f. m.w.N.).

b) Selbst wenn der Senat das erstmals im Schriftsatz vom 06.05.2004 enthaltene Vorbringen der Klägerin, dass es Fehlfunktionen der Fühler für die Abgastemperatur am Ausgang der Abgaswärmetauscher der Module 3 und 5 gebe, dieser Mangelanzeige zuordnete, so läge zwar eine nachvollziehbare Mangelanzeige nach Klageerhebung ab dem 06.05.2004 vor. Die Mangelanzeige war aber jedenfalls nicht mit einer nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B 1996 voraus gesetzten fristgebundenen Aufforderung zur Mangelbeseitigung verbunden, sondern unmittelbar mit der Geltendmachung eines Anspruchs auf Ersatz der fiktiven Mangelbeseitigungskosten bei Selbstvornahme. Dieser Anspruch wäre mangels eines – auch nicht entbehrlichen – Mangelbeseitigungsverlangens mit angemessener Fristsetzung unbegründet.

c) Schließlich gilt auch im Hinblick auf diesen Mangel, dass ein Anspruch auf Ersatz von voraussichtlich erforderlichen, aber nicht aufgewandten, also fiktiven Mangelbeseitigungskosten nach der Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgeschlossen ist; eine Umstellung der Klagebegründung ist trotz entsprechenden Hinweises nicht erfolgt.

3. Soweit die Klageforderung im Berufungsantrag zu Ziffer 1) auf Zahlung von 998.391,23 Euro einen Teilbetrag von 104.574,00 Euro brutto für den Neuaufbau der Schornsteinanlage enthält, ist die Klage schon unschlüssig, jedenfalls kommt ein Ersatz derartiger fiktiver Mangelbeseitigungskosten aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht.

a) Die Klägerin hat in der Klageschrift vom 30.12.2003 Kosten für den Neuaufbau des Schornsteins in Höhe von 104.574,00 Euro brutto pauschal als Maßnahme „zur Behebung des Schallproblems“ bezeichnet (vgl. S. 9, GA Bd. I Bl. 9) und auf ein Angebot der Fa. I. GmbH vom 23.12.2003 (Anlage K 11, GA Bd. I Bl. 143 f.) Bezug genommen. Sie hat die Schallproblematik in der Klageschrift jedoch ausschließlich auf angebliche Mängel in der Abgasstrecke an den Primär- und insbesondere den Sekundärschalldämpfern gestützt, ohne einen für die Schallproblematik relevanten Mangel der Schornsteinanlage auch nur zu benennen. Sie hat die Ausführungen zur Höhe mit der Bemerkung eingeleitet, dass eine Mangelbeseitigung technisch nur möglich sei durch den Neuaufbau der Schalldämpferanlage; hierzu gehört die Schornsteinanlage jedoch nicht. Auch im weiteren Verlauf des Rechtsstreits sind Mängel der Schornsteinanlage, welche zu erhöhten Schallleistungspegeln hätten führen können, nicht vorgetragen worden.

b) Allerdings ist darauf zu verweisen, dass in der Klageschrift vom 30.12.2003 im sachlichen Zusammenhang mit dem Mangelkomplex „Mündungsschalldämpfer“ auch Mängel erstmals angezeigt werden, welche nicht den Mündungsschalldämpfer, sondern die Schornsteinanlage im Allgemeinen betroffen haben (Klageschrift S. 10). Die Klägerin hat vorgetragen, dass Ende März 2003 ein zu hoher Kondensat-Rücklauf im Schornstein festgestellt worden, ein Defekt in der Kondensatleitung im Bereich der Durchführung durch den Tragmantel des Schornsteins und eine unzureichende Dämmdicke im Inneren des Schornsteins, weil die Isolierung im Schornstein lediglich 1x 50 mm stark sei statt 2x 50 mm und der Tragmantel innen lediglich eine Grundierung statt einer Grundierung mit einer Deckbeschichtung jeweils aus Epoxidharz Eisenglimmer aufweise. Die Klägerin selbst leitete jedoch aus diesem Mangel keinen Anspruch auf Neuherstellung der Schornsteinanlage ab und trug insbesondere auch nichts dazu vor, dass die angezeigten Mängel eine vollständige Neuherstellung der Schornsteinanlage erforderten. Selbst wenn der Senat den vorgenannten Sachvortrag der Teilforderung von 104.574,00 Euro zuordnete, hätte die Klage insoweit keinen Erfolg.

c) Auch die Teilforderung von 104.574,00 Euro brutto bezieht sich auf fiktive Mangelbeseitigungskosten, deren Ersatz nach den Vorausführungen schon aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht kommt.

4. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) hat gegen die Beklagte zu 1) keinen Anspruch auf Zahlung von 410.851,24 Euro brutto wegen der Nichteinhaltung von vereinbarten Leistungsparametern des BHKW.

a) Soweit die Klägerin diesen Anspruch als „Minderung“ bezeichnet, geht der Senat von einer Falschbezeichnung aus; die Klägerin stützt ihren Anspruch auf §§ 15, 19 ZVB des Bauvertrages, welche auf einen pauschalierten Schadensersatzanspruch in Höhe von 10 % des Auftragswerts gerichtet sind. Weder aus dieser Anspruchsgrundlage noch aus § 13 Nr. 7 Abs. 3 lit. c VOB/B 1996 ist der Anspruch gerechtfertigt.

b) Eine als Sachmangel zu qualifizierende Abweichung der Ist-Beschaffenheit des BHKW gegenüber der Soll-Beschaffenheit ist nicht feststellbar.

aa) In dem Leistungsverzeichnis, welches Vertragsbestandteil wurde, dort unter Technische Daten, Seite A – 2 (GA Bd. I Bl. 35), wurden unter Ziffer 3.1 Quantitative Daten „nur Richtwerte“ zwingend vorgegeben: elektrische Leistung BHKW maximal 6.000 kW, thermische Leistung BHKW maximal 8.000 kW, sowie unter Ziffer 3.2 Qualitative Daten nur unvollständige Vorgaben gemacht: Volllaststunden 6.000 Bh/a, elektrischer Wirkungsgrad 38,5 % brutto, thermischer Wirkungsgrad k.A. (also: keine Angabe). Im Hinblick auf die Soll-Beschaffenheit war § 13 Abs. 2 Satz 5 ZVB einschlägig, wonach der Nachweis zugesicherter Eigenschaften während des Probebetriebes stattfinden sollte. Diese Regelung wurde durch § 15 Abs. 1 ZVB dahin ergänzt, dass im Falle der Unmöglichkeit des Nachweises im Probebetrieb der Leistungsnachweis innerhalb von vier Monaten nachzuholen sei, und durch § 15 Abs. 3 ZVB, aus dem sich ergab, dass der Auftragnehmer erst im Falle einer erfolglosen zweiten Nachbesserung schadensersatzpflichtig i.S.v. § 19 ZVB sei. In der Gesamtschau dieser vertraglichen Regelungen ergibt sich, dass eine Schadensersatzhaftung der Beklagten zu 1) allenfalls bezüglich des Nichterreichens des elektrischen Wirkungsgrades im Leistungsnachweis in Betracht kam. Die Schadensersatzregelungen für den Fall des Nichterreichens des thermischen Wirkungsgrades gingen mangels verbindlicher Festlegungen ins Leere.

bb) Zwar wurde anlässlich der förmlichen Abnahme am 30.12.1997 festgestellt, dass der Leistungsnachweis des elektrischen Wirkungsgrades noch nicht erbracht worden und binnen vier Wochen nachzuholen sei (vgl. Ziffer 5 des Protokolls, Anlage B 1, GA Bd. II Bl. 29). Soweit die Beklagte zu 1) unter Berufung auf das Telefax der Streithelferin der Beklagten zu 2) vom 16.01.1998 (Anlage B 11, GA Bd. II Bl. 58) die erfolgreiche Durchführung einer entsprechenden Leistungsfahrt behauptet hat, folgt der Senat dem nicht, denn dieses Schreiben enthielt lediglich die Bitte um Übergabe der Auswertung der Leistungsfahrt, aber keinen Hinweis auf deren Ergebnis und erst recht keinen Beleg dafür, dass die Beklagte zu 1) dieser Aufforderung nachgekommen sei und welches Ergebnis die Leistungsfahrt hatte. Dies genügt für den von der Beklagten zu 1) als Auftragnehmerin vorzulegenden schriftlichen Leistungsnachweis nicht. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht auf eine Vernehmung der von der Beklagten zu 1) angebotenen Zeugen verzichtet hat, denn Zeugenaussagen über die Durchführung einer Leistungsfahrt können weder den fehlenden schriftlichen Leistungsnachweis noch die wertende Beurteilung durch die Auftraggeberin bzw. deren Vertreterin ersetzen. Die Klägerin hat jedoch selbst das an sie gerichtete Schreiben der Streithelferin der Beklagten zu 2) vom 07.09.1999 (Anlage K 18, GA Bd. I Bl. 153) vorgelegt, wonach zunächst am 24.08.1999 ein Test unzureichende Leistungswerte ergeben habe, es aber offenbleibe, ob hierfür technische oder meteorologische Einflüsse maßgeblich gewesen seien, während am 25.08.1999 ein weiterer Probelauf akzeptable Ergebnisse („als unterste Toleranzgrenze“) erbracht habe. In der Zeit nach dem 07.09.1999 folgte keine Anzeige eines Fehlens des Leistungsnachweises mehr, so dass der Senat in der Gesamtschau eine Erbringung des Leistungsnachweises über einen vertragsgemäßen elektrischen Wirkungsgrad feststellt.

5. Schließlich ist auch ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklage zu 1) auf Ersatz der (tat sächlich angefallenen) Kosten des Abbaus des Mündungsschalldämpfers in Höhe von 2.861,15 Euro nicht begründet.

a) Zunächst ist darauf zu verweisen, dass die Einfügung eines Mündungsschalldämpfers am Kopf des Kamins keine originäre vertragliche Leistung nach dem Bauvertrag der Parteien war, sondern eine zwischen ihnen vereinbarte Maßnahme der Mangelbeseitigung im Hinblick auf die Lärmemissionen des BHKW. Der Einbau beruhte auf einem Vorschlag der Beklagten zu 1) im Schreiben vom 08.01.1998 (Anlage K 13, GA Bd. I Bl. 147) und einer Zustimmung der Klägerin – unter nachträglich erfüllten Vorbehalten – im Schreiben vom 10.01.1998 (Anlage K 12, GA Bd. I Bl. 146). Der Einbau erfolgte im Januar 1999 und führte zumindest vorübergehend auch zu einer Verminderung der Lärmemissionen.

b) Der Senat geht bezüglich des Mündungsschalldämpfers von einer konkludenten Abnahme durch Inbetriebnahme und fortlaufende Nutzung ab Februar 1999 aus. Für diese Maßnahme war eine isolierte förmliche Abnahme nicht vereinbart worden. Hilfsweise ist von einem konkludenten Verzicht der Klägerin auf eine förmliche Abnahme auszugehen. Hierauf kommt es für die Entscheidung in der Hauptsache letztlich nicht an.

c) Die Klägerin zeigte erstmals Ende März 2003, nach der Herstellung eines Zugangs zum Inneren des Kamins als sog. Mannloch im Schornsteinpodest, die Verwendung eines unzureichenden Werkstoffs für den Mündungsschalldämpfer und einen Konstruktionsfehler von dessen Kulissen gegenüber der Beklagten zu 1) an. Die Klägerin traf jedoch keine Auswahlentscheidung zwischen den ggf. in Betracht kommenden Gewährleistungsansprüchen und sie forderte die Beklagte zu 1) auch nicht etwa zur Beseitigung der angezeigten Mängel auf, sondern entschied sich unmittelbar für die endgültige Demontage des Mündungsschalldämpfers. Danach sind weder die Voraussetzungen des § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B 1996 noch diejenigen des § 13 Nr. 7 VOB/B 1992 erfüllt.

6. Für die Entscheidung des Rechtsstreits in der Hauptsache kann offenbleiben, ob die Klägerin gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Schadensersatz, insbesondere nach § 13 Nr. 7 Abs. 2 VOB/B 1996, wegen des fehlenden Nachweises der KU-Fähigkeit des BHKW hat.

a) Die Klägerin hat im Zusammenhang mit ihren Ausführungen, warum sie im Jahre 2000 zu einer Gesamtabnahme der Mangelbeseitigungsmaßnahmen noch nicht bereit gewesen sei, eine unzureichende Funktion der Gesamtanlage bezüglich des Wiederanlaufens des BHKW nach kurzzeitiger Stromnetzstörung bzw. nach Einspeiseunterbrechung beanstandet, insbesondere hat sie eine automatische Zuschaltung der Module vermisst. Sie hat im Verlaufe des Rechtsstreits vorgetragen, dass dieser Mangel seit dem Jahre 2004 „in geminderter Form“ fortbestehe, ohne dies näher zu konkretisieren. Mit ihrem Schriftsatz vom 13.09.2004 (dort ab S. 22, GA Bd. IV Bl. 22) hat sie auf (Folge-) Schäden durch Personalmehrkosten wegen erforderlicher manueller Zuschaltungen und durch entgangenen Gewinn aus der Stromeinspeisung (später auch aus der Fernwärmeeinspeisung) verwiesen. Mit ihrem Schriftsatz vom 04.08.2008 hat sie den durchschnittlichen (Folge-) Schaden je Kurzunterbrechung in Höhe von 1.036,00 Euro beziffert und behauptet, dass im Zeitraum von 1998 bis 2008 insgesamt 312 Kurzunterbrechungen aufgetreten seien, woraus sie einen Gesamtschaden in Höhe von 323.232,00 Euro ermittelt hat.

b) Die Beklagte zu 1) hat nicht bestritten, dass es sich bei dem anlässlich der Abnahme vom 30.12.1997 vorbehaltenen Mangel (vgl. Ziffer 5.3: „… automatische Wiederzuschaltung der Module nach kurzzeitiger Stromnetzstörung herstellen – schnellstmöglich“) um das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft handelt. Sie hat eine Beseitigung dieses Mangels im Verlaufe des Jahres 1999 zwar behauptet, aber nicht nachgewiesen. Insoweit stehen der Behauptung der Beklagten zu 1) allerdings nicht die von der Klägerin angeführten Abnahmeverlangen der Beklagten entgegen; weil das Abnahmeverlangen der Beklagten zu 1) vom 19.10.1998 (Anlage K 22, GA Bd. III Bl. 25) zeitlich vor der angeblichen Mangelbeseitigung lag und das Abnahmeverlangen der Beklagten zu 1) vom 10.03.2000 (Anlage K 23, GA Bd. III Bl. 26) sich auf die Abnahme „der Restpunkte“ bezog, ohne dass es einen Hinweis auf die noch offene Abnahme der KU-Fähigkeit beinhaltete. Auch das Schreiben der Beklagten zu 2) an die Beklagte zu 1) vom 18.05.2000 (Anlage K 27, GA Bd. III Bl. 53) ist insoweit unergiebig, denn es bezog sich nicht auf das Wiederanlaufen nach einer Unterbrechung, sondern allgemein auf die Ergebnisse eines Tests „des Automatikbetriebes“, ohne den Gegenstand des Tests näher zu spezifizieren. Maßgeblich ist jedoch, dass die Beklagte zu 1) kein Dokument vorlegen kann, aus dem sich auf die Nachholung der Prüfung der KU-Fähigkeit und auf ein positives Ergebnis dieses Leistungsnachweises schließen lässt. Vielmehr spricht gegen einen Leistungsnachweis, dass die Klägerin den ausstehenden Test der KU-Fähigkeit auch in ihrem Schriftsatz vom 12.03.2003 beanstandete und die Mängel- und Restleistungsliste vom 28.03.2003 (Anlage B 5, GA Bd. II Bl. 44), welche die Beklagte zu 1) nicht zurückgewiesen hatte, auswies, dass die Prüfung des Automatikbetriebes unvollständig sei, weil die KU-Festigkeit noch geprüft werden müsse.

c) Ob die Klägerin gegen die Beklagte wegen dieses Mangels einen Gewährleistungsanspruch hat, muss der Senat nach den im Berufungsverfahren gestellten Anträgen nicht entscheiden. Denn der o.g. Betrag für Folgeschäden aus der unzureichenden KU-Fähigkeit in Höhe von 323.232,00 Euro bzw. auch ein anderer Geldbetrag werden von einem Leistungsantrag der Klägerin nicht erfasst. Bei der Berechnung der Klageforderungen wird eine Position Schadensersatz wegen fehlenden Nachweises der KU-Fähigkeit nicht aufgeführt. Die Summe des Berufungsantrages zu Ziffer 1, der auf Zahlung von insgesamt 998.391,23 Euro gerichtet ist, setzt sich zusammen aus den Kosten für die Neuerrichtung der Abgasstrecke (seinerzeit fiktiv 429.200,00 Euro), den Kosten für die Neuerrichtung der Schornsteinanlage (fiktiv 104.574,00 Euro), den Kosten der Anschaffung weiterer Tischkühler (fiktiv 40.904,84 Euro), den Kosten der Mangelbeseitigung bei der Frequenzumformung (fiktiv 10.000,00 Euro), dem Schadensersatz wegen des Nichterreichens der zugesicherten Wirkungsgrade des BHKW (410.851,24 Euro) und den Kosten der Demontage des Mündungsschalldämpfers (2.861,15 Euro). Soweit die Schadensposition wegen der unzureichenden KU-Fähigkeit Gegenstand des erst am 06.12.2004 rechtshängig gewordenen Feststellungsantrages der Klägerin geworden sein könnte, hat die Klägerin diesen Antrag nach dem Abriss des BHKW einseitig für erledigt erklärt.

II. Ebenfalls ungeachtet der Streitfrage der Verjährung von Gewährleistungsansprüchen ist ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) wegen einer Überschreitung des maximalen Schallleistungspegels, gemessen am Ausgang der Schornsteinanlage, nicht (mehr) gegeben. Dieser Mangel wurde erfolgreich beseitigt.

1. Das zum Vertragsbestandteil gewordene Leistungsverzeichnis des Bauvertrages enthielt funktionale Anforderungen an die Schalldämpfung des BHKW, darunter zwei Schallleistungspegel, jeweils bezogen auf eine Messung im Mündungsquerschnitt des Schornsteins. Danach wurde vereinbart, dass beim Betrieb aller fünf Module ein maximaler Schallleistungspegel von 78 dB(A) auftreten durfte (vgl. Abschnitt D, Garantiedaten, Erklärungen des Bieters, D-5, GA Bd. I Bl. 60), und weiter, dass beim Normalbetrieb lediglich eines Moduls ein maximaler Schallleistungspegel von 71 dB(A) einzuhalten war (vgl. Abschnitt E, Fabrikatsangaben M., S. 1- 1-8 (GA Bd. I Bl. 75). Nach dem Bauvertrag war die Beklagte zu 1) verpflichtet, die Einhaltung dieser maximalen Schalleistungspegel gegenüber der Klägerin nachzuweisen.

2. Dieser Nachweispflicht kam die Beklagte zu 1) jedenfalls bis einschließlich zum Termin der förmlichen Abnahme am 30.12.1997 nicht nach. Die Klägerin zeigte vielmehr das Vorliegen zu hoher Schallemissionen als Mangel bereits vor der förmlichen Abnahme am 30.12.1997 an und erklärte anlässlich der Abnahme ausdrücklich einen entsprechenden Vorbehalt. In der Mangel- und Restpunkteliste wurde unter Ziffer 5.1 die Notwendigkeit der Beseitigung zu hoher Schallemissionen gemäß noch ausstehender Messungen festgehalten.

3. In der Gesamtwürdigung des Prozessstoffes ist festzustellen, dass die Beklagte zu 1) den vorgenannten Mangel erfolgreich behob.

a) Allerdings ist davon auszugehen, dass sämtliche Nachbesserungsmaßnahmen der Beklagten zu 1) bis einschließlich November 1998 nicht zur einer Mangelbeseitigung führten. Insbesondere wurde die Überlegung, zusätzliche Schalldämpfer in der Abgasstrecke zu installieren, nach mehrfacher technischer Prüfung verworfen, weil die entsprechenden Arbeiten mit erheblichen Ausfällen des BHKW verbunden gewesen wären.

b) Im Dezember 1998 trafen die Vertragsparteien durch wechselseitige Schreiben und schließlich durch die Ausführung der Maßnahme eine Einigung des Inhalts, dass der angezeigte Man gel durch den Einbau eines Mündungsschalldämpfers behoben werden sollte und der Erfolg der Mangelbeseitigung durch eine durch einen externen Sachverständigen durchgeführte Messung bestätigt werden sollte.

Zunächst bot die Beklagte zu 1) mit ihrem Schreiben vom 08.12.1998 (Anlage K 13, GA Bd. I Bl. 147) zur Einhaltung des maximalen Schallleistungspegels im Mündungsquerschnitt der Schornsteinanlage den Einbau eines zusätzlichen Mündungsschalldämpfers an. Das Angebot der Beklagten zu 1) schloss damit, dass der Nachweis über den Erfolg der durchgeführten Maßnahme mittels einer Schallmessung geführt werden solle. Das Angebot ist dahin auszulegen, dass eine weitere Ursachenforschung für die Schallproblematik nicht erfolgen sollte, sondern eine zur Einhaltung der Maximalwerte führende Installation des Mündungsschalldämpfers als finale Maßnahme zur Mangelbeseitigung angeboten wurde.

Die Klägerin stimmte diesem Vorschlag mit ihrem Schreiben vom 10.12.1998 (Anlage K 12, GA Bd. I Bl. 146) unter dem Vorbehalt der schriftlichen Zusage von mehreren Bedingungen zu (die Verantwortung der Beklagten zu 1) für das Genehmigungsverfahren, die Übernahme sämtlicher in Betracht kommender Anpassungskosten, z.B. für eine Fundamentverstärkung, die Übernahme der Kosten eines Sachverständigen für die Schallmessung sowie das Recht der Klägerin zur Zurückweisung der Maßnahme für den Fall der Nichteinhaltung der Schallwerte). Im Hinblick auf ihr Zurückweisungsrecht verlangte die Klägerin, dass nach einer erfolgreichen Schallmessung am Schalldämpfer lediglich eine vorläufige Abnahme erfolge und dass eine endgültige Abnahme im April 1999 stattfinden solle, bei welcher die Korrosionsbeständigkeit und Eignung des Mündungsschalldämpfers im Dauerbetrieb bewertet werden solle. In dieser Erklärung lag eine Ablehnung des Angebots der Beklagten zu 1) und die Unterbreitung eines neuen, modifizierten Angebots.

Mit Schreiben vom 14.12.1998 (Anlage K 100, KA Bd. 1, Bl. 173) informierte die Beklagte zu 1) die Klägerin über den Gang des von ihr betriebenen Genehmigungsverfahrens und den Umstand, dass bauliche Änderungen an den Bestandsanlagen nicht erforderlich seien. Hieraus ergab sich, dass die Beklagte zu 1) jedenfalls die beiden zuerst genannten Modifikationen der Klägerin akzeptierte. Das spätere Verhalten der Beklagten zu 1) ist auch dahin auszulegen, dass sie sich mit der dritten Modifikation – Übernahme von Sachverständigenkosten – einverstanden erklärte. Im Hinblick auf das Zurückweisungsrecht der Klägerin verblieb die Beklagte zu 1) jedoch bei ihrem ursprünglichen Angebot, indem sie schrieb: „Wie bereits in unserem Schreiben vom 08.12.1998 mitgeteilt, wird die Wirksamkeit der Maßnahme durch eine Schallmessung belegt.“ (Unterstreichung durch den Senat). Damit brachte die Beklagte zu 1) unmissverständlich zum Ausdruck, dass der Einbau eines Mündungsschalldämpfers ein- schließlich der Übernahme der Kosten des Genehmigungsverfahrens und der sachverständigen Messung als Mangelbeseitigungsmaßnahme unter der Bedingung angeboten wurde, dass der Erfolg der Mangelbeseitigung allein von einer einmaligen Leistungsfahrt mit Schallpegelmessung abhing.

Nachdem die behördliche Genehmigung im Januar 1999 erteilt wurde, erfolgte der Einbau des Mündungsschalldämpfers durch die Beklagte zu 1) an der Schornsteinanlage der Klägerin mit deren Duldung Ende Januar/Anfang Februar 1999. Hierin sieht der Senat eine Annahme des nochmals modifizierten Angebots der Beklagten zu 1) vom 14.12.1998.

c) Am 22.02.1999 fand eine Schallpegelermittlung statt, welche ohne Beanstandungen blieb. Unter dem 23.02.1999 erstatteten Dipl.-Ing. G. und Dipl.-Phys. Sp. ein Gutachten (Nr. 1024E1/1999, Anlage B 4, GA Bd. II Bl. 40 ff.), welches einen Schallleistungspegel an der Schornsteinmündung von 77 bis 78 dB(A) auswies. Die Klägerin holte ein weiteres Schallgut achten ein, welches im Prozess nicht vorgelegt worden ist und zu dessen Ergebnis sich die Klägerin nicht geäußert hat. Der Senat würdigt dieses Prozessverhalten dahin, dass das Gut achten keine zu Ungunsten der Beklagten zu 1) abweichenden Erkenntnisse enthielt. Damit war der Nachweis der Beseitigung des Mangels „Überschreitung des maximalen Schallleistungspegels am Ausgang der Schornsteinanlage“ erbracht. Darauf, ob weitere Schallprobleme bei isolierter Betrachtung der Abgasstrecke vorlagen oder ob andere, eigenständige Mängel, etwa die unzureichende Korrosionsbeständigkeit des Mündungsschalldämpfers, bestanden, kam es für die Bewertung der Mangelbeseitigung nicht an. Insoweit ist klarzustellen, dass zwar die Anzeige des Mangels der Nichteinhaltung des maximalen Schallleistungspegels am Aus gang der Schornsteinanlage des BHKW grundsätzlich alle Sachmängel der Anlage erfasste, welche eine erhebliche Erhöhung dieses Schallleistungspegels verursachten, also z.B. auch die später entdeckten Mängel an den Sekundärschalldämpfern (Ausfluss der sog. Symptomtheorie des Bundesgerichtshofes, vgl. nur Wirth, a.a.O., § 13 Abs. 5 VOB/B Rn. 47 m.w.N.). Hiervon zu unterscheiden ist jedoch, die Beseitigung welchen Mangels die Auftragnehmerin anzeigt und die Auftraggeberin als nunmehr vertragsgerechte Leistungserbringung anerkennt. Die Abnahme des Mündungsschalldämpfers als erfolgreiche Maßnahme zur Erreichung einer Funktionalanforderung – maximaler Schallleistungspegel am Ausgang der Schornsteinanlage – führte auch nicht etwa zu einer Schlechterstellung der Klägerin bei der Geltendmachung hiervon abweichender Mängel.

d) Dem entsprechend zeigte die Beklagte zu 1) gegenüber der Klägerin mit ihrem Schreiben vom 24.03.1999 (in Anlagenkonvolut K 24, GA Bd. III Bl. 48) die Erledigung der Schallproblematik BHKW zu Ziffer 5.1 der Mängel- und Resteleistungsliste an, was die Klägerin unwidersprochen hinnahm. Die Klägerin zeigte danach auch keinen Mangel mehr im Hinblick auf den Schallleistungspegel am Ausgang der Schornsteinanlage an, so war z.B. in der Mängel- und Resteleistungsliste der Streithelferin der Beklagten zu 2) vom 28.03.2000 (Anlage B 5, GA Bd. II Bl. 44, als Anlage nur Seite 1 von 3 vorgelegt, vollständige Vorlage im Termin vom 02.08.2004, jedoch nicht zur Gerichtsakte genommen) kein Eintrag mehr zu einem schalltechnischen Mangel enthalten, in der Besprechung vom 28.05.2000 über offene Restleistungen fand die Schallproblematik keine Erwähnung mehr (vgl. Anlage B 6, GA Bd. II Bl. 45 f.).

e) Nur vorsorglich ist darauf zu verweisen, dass der Annahme des Senats, wonach der Mangel der Überschreitung des maximalen Schallleistungspegels laut Leistungsbeschreibung endgültig beseitigt wurde, nicht entgegensteht, dass die Abnahme einzelner Nachbesserungsmaßnahmen von einer nochmaligen förmlichen Gesamtabnahme des BHKW durch die Klägerin abhängig gewesen wäre. Diese von der Klägerin vertretene Rechtsauffassung findet – ungeachtet der nachfolgenden Ausführungen – selbst im ursprünglichen Bauvertrag keine Stütze. Der Bauvertrag sah in § 14 Abs. 1 ZVB eine förmliche Abnahme der Gesamtleistung vor, wie sie am 30.12.1997 auch erfolgte. Die Regelung des § 15 Abs. 3 Satz 2 ZVB ist dahin auszulegen, dass für nachgebesserte Anlagenteile jeweils eine Teilabnahme zulässig und aus schlaggebend für den Beginn der Gewährleistungsfrist des § 17 ZVB sein sollte. Die von der Klägerin während der gesamten Phase der Nachbetreuung des Bauwerks geforderte nochmalige Gesamtabnahme des BHKW war weder ausdrücklich vereinbart noch konnte die vorgenannte Regelung in diesem Sinne interpretiert werden. Nach ihrem objektiven Erklärungswert i.S.v. §§ 133, 157 BGB wurden selbständige Teilabnahmen für jedes nachgebesserte Anlagenteil vorgesehen, welche dann jeweils von der Gewährleistungsfrist der Gesamtanlage abweichende Einzel-Gewährleistungsfristen in Gang setzen sollten. Ausgehend von diesem Vertragsverständnis war für die Einzelabnahmen für nachgebesserte Anlagenteile weder eine förmliche Abnahme vorgesehen noch gar eine Wiederholung der Abnahme der Gesamtanlage.

III. Etwaige Gewährleistungsansprüche gegen die Beklagte zu 1) wegen Sachmängeln an der mehrstufigen Schalldämpferanlage des BHKW i.H.v. 429.200 Euro bzw. weiteren 107.139,65 Euro kann die Klägerin gerichtlich nicht mehr durchsetzen, weil die Beklagte zu 1) wegen des Eintritts der Verjährung nach § 214 Abs. 1 BGB dauerhaft zu einer Leistungsverweigerung berechtigt ist.

0. Im Hinblick auf den Berufungsantrag zu Ziffer 1 ist nach dem Vorausgeführten nur noch über die Position Neubau der Schalldämpferanlage zu befinden; insoweit hat die Klägerin zunächst einen Betrag in Höhe von 429.200,00 Euro brutto fiktive Kosten der vollständigen Neuerrichtung der Schalldämpferanlage geltend gemacht – was rechtlich nicht (mehr) zulässig ist – und mit ihrem Schriftsatz vom 13.09.2004 eine endgültige Abrechnung der Ersatzvornahme vorgenommen, welche laut Sachvorbringen auf 484.475,91 Euro brutto endete (vgl. GA Bd. IV Bl. 16). Nur vorsorglich ist anzumerken, dass der Klage- bzw. Berufungsantrag zu Ziffer 1 nicht angepasst wurde und dass sich die Summe der im Anlagenkonvolut K 46 in Bezug genommenen Fremdrechnungen auf 484.456,06 Euro beläuft (vgl. GA Bd. IV Bl. 17 f. und Bd. IV Bl. 60 ff.)). Der Senat hat die Klägerin im Termin vom 29.06.2022 hierauf hingewiesen, von einer weiteren Aufklärung jedoch abgesehen. Diese Schadensposition wird aus zwei Mangelkomplexen her geleitet:

a) Die Klägerin beanstandet einerseits die Überschreitung des Grenzwerts des Herstellers der Motoren zu dem auf die Motoren wirkenden Abgasgegendruck aus der Abgasstrecke.

aa) Die Klägerin bezieht sich auf die Nichteinhaltung der Vorgabe für Leistungswerte der Motoren im Leistungsverzeichnis in Abschnitt E 1, Ziffer 1.1.1 (Seite 1-1-3: „zulässiger Abgasgegendruck max. 50 mbar“, das entspricht 500 mmWS, vgl. GA Bd. I Bl. 70). Der Senat folgt ihr darin, dass es sich insoweit nach dem eindeutigen Wortlaut der Leistungsbeschreibung um einen Grenzwert und nicht etwa nur um einen Richtwert handelte. Sie behauptet u.a. unter Bezugnahme auf insgesamt 26 Inspektionsberichte der Fa. D., beginnend vom 02.12.1999 (ca. 680 mmWS, vgl. Anlage K 9, GA Bd. I Bl. 141) und vom 04.12.1999 (ca. 670 mmWS, vgl. Anlage K 10, GA Bd. I Bl. 142), weitere Berichte in der Zeit vom 11.05.2000 bis zum 16.01.2004 (Anlagenkonvolut K 73, GA Bd. VIII Bl. 72 ff.) auf einen durchschnittlichen Abgasgegendruck von 600 bis 700 mmWS. Ursache des zu hohen Abgasgegendrucks waren, wie inzwischen festzustellen, aber nicht näher auszuführen ist, insbesondere erhebliche konstruktive Querschnittsverengungen im Sekundärschalldämpfer. Mit diesem Mangel waren erhöhte Lärmemissionen und vor allem negative Rückwirkungen auf den Wirkungsgrad des Motors verbunden.

bb) Nur vorsorglich ist darauf zu verweisen, dass das Sachvorbringen der Klägerin zur haftungsausfüllenden Kausalität insoweit nicht schlüssig ist. Denn die Klägerin hat unter Berufung auf § 15 Abs. 3 Satz 3 ZVB die Zurückweisung der Abgasanlage erklärt (vgl. GA Bd. I Bl. 8); Rechtsfolge dieser Regelung wären jedoch ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) auf Demontage der Schalldämpferanlage ab Stutzen Abgasturbolader bis zur Einleitung in die Schornsteinanlage – und nur insoweit ggf. der Ersatz der Selbstvornahmekosten – sowie ein Anspruch auf Rückzahlung der hierauf entfallenden, bereits geleisteten Vergütung, nicht jedoch ein Anspruch auf Ersatz der Kosten der Neuherstellung.

b) Die Klägerin beruft sich andererseits auf den Austritt von Feuchtigkeit an der gesamten Abgasstrecke (Tropfenbildungen, Ablagerungen an Isolierungen und am Boden, zunehmend Korrosionserscheinungen). In der Folge traten Rissbildungen an den Bauteilen, insbesondere an den Abgaswärmetauschern, auf. Auf die realen Kosten des Austausches von drei Abgaswärmetauschern aufgrund von Korrosionserscheinungen bezieht sich auch die Klageerweiterung vom 20.07.2004 in Höhe von 107.139,65 Euro.

c) Selbst wenn der Senat zugunsten der Klägerin unterstellte, dass jeweils ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen dieser Sachmängel dem Grunde nach gegeben wäre, wären diese Ansprüche verjährt. Die Beklagte zu 1) hat die Einrede der Verjährung er hoben und diese Einrede ist begründet.

1. Die Dauer der Gewährleistung wurde im Bauvertrag individuell vereinbart und betrug drei Jahre. Diese Frist gilt für sämtliche streitgegenständlichen Gewährleistungsansprüche.

a) Die Parteien des Bauvertrages vom 10.04./07.05.1997 vereinbarten in § 17 ZVB eine Gewährleistungsfrist mit einer Dauer von 36 Monaten. Die hierfür in Ziffer 8 des Protokolls des Vergabegespräches vom 07.05.1997 vorgesehene Bedingung, der Abschluss eines Wartungsvertrages für die Dauer der Gewährleistung, war eingetreten.

b) Die nach der Struktur des Vertrages ohnehin nur subsidiär eingreifende VOB/B 1996 enthielt keine abweichenden Regelungen, denn in § 13 Nr. 4 VOB/B 1996 waren Regelungen zu Verjährungsfristen nur für den Fall aufgestellt, dass individuell keine Verjährungsfristen vereinbart wurden. Von der individuell vereinbarten Verjährungsfrist von drei Jahren gehen auch die Prozessparteien übereinstimmend aus.

c) Entgegen der Auffassung der Klägerin gilt keine abweichende Gewährleistungsfrist für die Mangelkomplexe „zu hoher Abgasgegendruck in der Abgasstrecke“ und „Schallproblematik in der Abgasstrecke“, welche sich jeweils auf Abweichungen der konkreten Ausführung der Sekundärschalldämpfer von anerkannten Regeln der Technik stützen.

aa) Zur Einordnung der Mängel ist auf Folgendes hinzuweisen: Der Abgasgegendruck entstand in der modulbezogenen Abgasstrecke (zweiter Teilbereich des BHKW) und wirkte auf die Motorenanlage (erster Teilbereich des BHKW) zurück. Bei einem höheren Abgasgegendruck muss der jeweilige Motor des Moduls eine höhere Leistung erbringen, um den gleichen elektrischen Wirkungsgrad zu erreichen (also ggf. umfangreicherer Energieträgereinsatz, höherer Verschleiß und wegen höherer Strömungsgeschwindigkeit des Rauchgases höhere Lärmemissionen). Als Ursache des behaupteten höheren Abgasgegendrucks und damit auch der höheren Lärmemissionen hat die Klägerin insbesondere konstruktive Mängel der Sekundärschalldämpfer benannt (Ausführung mit nur zwei Kulissen und einem kleinen Spalt zur Rauchgasdurchführung statt mit drei Kulissen und zwei Spalten mit der Folge der Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit der Abgase auf das Dreifache, keine Ausführung mit einem temperaturbeständigen Rieselschutz, keine Ausdehnbarkeit der Schalldämmkulissen). Daneben – und ohne einen Zusammenhang zur Schallproblematik – hat sie im Hinblick auf die Korrosionsbeständigkeit des Anlagenteils den Einsatz eines minderwertigen Werkstoffs (Stahl 16Mo3 statt Edelstahl) zur Herstellung der Sekundärschalldämpfer gerügt.

bb) Allerdings geht die Klägerin zu Recht davon aus, dass neben der individuellen Vereinbarung über die Dauer der Verjährungsfrist auch die zur Zeit des Vertragsabschlusses gültige Vorschrift des § 638 Satz 1 Halbsatz 2 BGB a.F. („… sofern nicht der Unternehmer den Mangel arglistig verschwiegen hat, …“) Anwendung findet. Der Vereinbarung in § 17 ZVB und auch dem Bauvertrag insgesamt kann der Wille, die festgelegte dreijährige Verjährungsfrist auch für den Fall des arglistigen Verschweigens eines Werkmangels vereinbaren zu wollen, nicht entnommen werden; ein dahingehender Wille hätte in der Verjährungsklausel ausdrücklich her vorgehoben werden müssen (vgl. nur BGH, Urteil v. 04.05.1970, VII ZR 134/68, WM 1970, 965). Wäre bezüglich eines Werkmangels dessen arglistiges Verschweigen durch die Beklagte zu 1) feststellbar, so führte dies zu einer längeren Verjährungsfrist – nach §§ 638 Satz 1, 195 BGB a.F. von dreißig Jahren ab Abnahme, nach Art. 229 § 6 Abs. 6 Satz 1 EGBGB von drei Jahren ab dem 01.01.2002.

cc) Hinsichtlich der vom gerichtlichen Sachverständigen festgestellten konstruktiven bzw. fertigungstechnischen Mängel der Sekundärschalldämpfer, welche in extremen Verengungen der Rauchgaswege bestanden (vgl. Gutachten Pe. v. 31.08.2009, S. 8 f., Sitzungsprotokoll v. 24.02.2011 – Anhörung Pe. -, S. 3, GA Bd. VIII Bl. 187), hat die Klägerin die Voraussetzungen für ein arglistiges Verschweigen nicht nachgewiesen.

(1) Insoweit fehlte es der Beklagten zu 1) bereits an einer Kenntnis des Mangels. Ein arglistiges Verschweigen eines Mangels setzt denknotwendig dessen Kenntnis voraus. Denn arglistig handelt nur derjenige, der bewusst einen (offenbarungspflichtigen) Mangel verschweigt. Ein Bewusstsein, die entsprechende Leistung vertragswidrig erbracht zu haben, fehlt, wenn der Mangel vom Auftragnehmer selbst nicht wahrgenommen wird (vgl. BGH, Urteil v. 11.10.2007, VII ZR 99/06, BGHZ 174, 32; vgl. auch Busche in: MüKo-BGB, Bd. 6, 8. Aufl. 2020, § 634a Rn. 38 m.w.N.). Die Klägerin hat eine Kenntnis der Beklagten zu 1) von der inneren Konstruktion der Sekundärschalldämpfer lediglich pauschal unter Verweis darauf behauptet, dass sie sich nicht vorstellen könne, dass eine Abweichung der Konstruktion von den mit deren Lieferung überreichten Plänen, wie vorliegend, aus Versehen zustande gekommen sei (vgl. Sitzungsprotokoll v. 02.08.2004, S. 4, GA Bd. III Bl. 208). Aus diesem Vorbringen ergibt sich in der vorliegenden Konstellation, in welcher die Beklagte zu 1) den Sekundärschalldämpfer nicht selbst fertigte, schon kein zwingender Rückschluss auf eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1) für die Differenzen zwischen Plan und Wirklichkeit, erst recht aber kein Anhaltspunkt für eine Kenntnis der Beklagten zu 1) von dem unzureichenden Querschnitt der Rauchgaswege im Inneren des jeweiligen Sekundärschalldämpfers. Nach dem nicht erheblich bestrittenen Sachvortrag der Beklagten zu 1) wurden die Sekundärschalldämpfer extern von einem Dritten gefertigt und als Komplettbauteil an die Baustelle geliefert. Die Beklagte zu 1) ließ sie durch eine Nachauftragnehmerin lediglich montieren und in die Gesamtanlage einfügen. Der innere Aufbau der Sekundärschalldämpfer war bei Anlieferung nicht zu erkennen. Eine Öffnung der Sekundärschalldämpfer zur Durchführung einer Kontrolle war weder vorgesehen noch im Sinne eines Werkerfolgs zielführend, weil sie zur Beschädigung der Bauteile geführt hätte; das Gehäuse war außen umlaufend verschweißt (vgl. Anlage K 6, GA Bd. I Bl. 137). Wie die Klägerin selbst vorträgt, wich der innere Aufbau der Sekundärschalldämpfer von den mitgelieferten Plänen ab, so dass die Beklagte zu 1) auch aus den mitgelieferten Plänen nicht etwa auf einen zu geringen Strömungsquerschnitt hätte schließen können.

(2) Zwar können die Voraussetzungen für ein arglistiges Verschweigen auch bei einer Hilfsperson i.S.v. § 278 BGB vorliegen, so dass sich der Werkunternehmer dann so behandeln lassen muss, als hätte er selbst den Mangel verschwiegen. Das trifft vor allem dann zu, wenn sich der Unternehmer des Gehilfen gerade zur Erfüllung seiner Offenbarungspflicht gegenüber dem Vertragspartner bedient hat (vgl. BGH, Urteil v. 20.12.1973, VII ZR 184/72, BGHZ 62, 63; kritisch dazu Jurgeleit BauR 2018, 389). Dies gilt aber nicht für die – hier zu Gunsten der Klägerin unterstellte – Kenntnis des Herstellers und Lieferanten der Sekundärschalldämpfer von der Abweichung der tatsächlichen Ausführung der Konstruktion von den mitgelieferten Konstruktionsplänen. Denn dieser Lieferant war zwar Erfüllungshilfe der Beklagten zu 1) bei der Herstellung des Werkes, aber nicht sein Erfüllungsgehilfe in Bezug auf seine Offenbarungspflicht gegenüber der Klägerin (vgl. BGH, Urteil v. 08.05.1968, VIII ZR 62/66, MDR 1968, 660; BGH, Urteil v. 20.12.1973, VII ZR 184/72, BGHZ 62, 63; BGH, Urteil v. 11.10.2007, VII ZR 99/06, BGHZ 174, 32). Insoweit könnte eine Zurechnung zulasten der Beklagten zu 1) nur erfolgen, wenn sie die Lieferantin nicht sorgfältig ausgewählt hätte; für eine derartige Pflichtverletzung hat die Klägerin nichts vorgetragen. Folgte man alternativ dem Ansatz über eine Zurechnung der Kenntnis eines Wissensvertreters nach § 166 Abs. 1 BGB analog (so Jurgeleit a.a.O.), so stellte sich der Lieferant gerade nicht als Repräsentant der Beklagten zu 1) gegenüber der Klägerin dar. Denn nach der Arbeitsorganisation der Beklagten zu 1) sollte nicht etwa der Lieferant, sondern ihr eigener örtlicher Bauleiter L. als Ansprechpartner der Klägerin für die mangelfreie Erstellung der Schalldämpferanlage agieren, die ihm dabei angefallenen Informationen zur Kenntnis nehmen und ggf. weiterleiten.

(3) Schließlich verweist die Klägerin zwar zu Recht darauf, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch ein Organisationsverschulden einem arglistigen Verschweigen von Mängeln gleichstehen kann; diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt. Der Werkunternehmer, der ein Bauwerk arbeitsteilig herstellen lässt, muss die organisatorischen Voraussetzungen schaffen, um sachgerecht beurteilen zu können, ob das Bauwerk bei Ablieferung mangelfrei ist. Das bedeutet, dass er für eine den Umständen nach angemessene Überwachung und Prüfung der Leistung und damit dafür sorgen muss, dass er oder seine insoweit eingesetzten Erfüllungsgehilfen zur Offenbarung etwaige Mängel erkennen können. Unterlässt er dies, so verjähren Gewährleistungsansprüche des Bestellers – wie bei arglistigem Verschweigen des Mangels – nach alter Rechtslage erst nach dreißig Jahren, wenn der Mangel bei richtiger Organisation entdeckt worden wäre (vgl. BGH, Urteil v. 20.12.1973, VII ZR 184/72, BGHZ 62, 63; BGH, Urteil v. 15.01.1976, VII ZR 96/74, BGHZ 66, 43; BGH Urteil v. 12.03.1992, VII ZR 5/91, BGHZ 117, 318). Dieser Rechtsprechung liegt der Gedanke zugrunde, dass eine mangelhafte Organisation gerade nicht dazu führen darf, die Arglisthaftung zu vermeiden (vgl. BGH, Urteil v. 27.11.2008, VII ZR 206/06, BGHZ 179, 55; auch Busche, a.a.O., § 434a Rn. 41). Ein solches Organisationsverschulden der Be klagten zu 1) ist nicht nachgewiesen. Die Beklagte zu 1) hat einen örtlichen Bauleiter, Herrn L., eingesetzt, welcher die mitgelieferten Pläne der Sekundärschalldämpfer auch prüfte und freigab sowie an die von der Klägerin mit der Bauüberwachung betraute Beklagte zu 2) bzw. die in deren Auftrag tätige Streithelferin weiterleitete.

dd) Ein arglistiges Verschweigen der Beklagten zu 1) ist hinsichtlich des Einsatzes eines unzureichenden Werkstoffes für die Fertigung der Sekundärschalldämpfer hat das Landgericht ebenfalls nicht festzustellen vermocht; dies begegnet keinen Zweifeln des Senats.

(1) Allerdings hat der gerichtliche Sachverständige, insoweit den Feststellungen der B. (B.) im Schiedsgutachten und des T. im Gutachten vom 13.03.2003 (Anlage K 4, GA Bd. I Bl. 91), dort S. 4, folgend, festgestellt, dass die für die Herstellung der Sekundärschalldämpfer eingesetzte ferristische Stahllegierung 16Mo3 von der Vorgabe des Leistungsverzeichnisses („Edelstahl“, vgl. LV Abschnitt E, S. 1- 1-8, GA Bd. I Bl. 75) abwich. Dies wird letztlich von der Beklagten zu 1) nicht mehr in Abrede gestellt. Der gerichtliche Sachverständige Pe. hat darüber hinaus ausgeführt, dass dieser Werkstoff, anders als die Beklagte zu 1) behauptet hat, für Temperaturen von 550°C ungeeignet war (vgl. Gutachten v. 31.08.2009, S. 7) und hierin ein Mangel mit erheblichen Auswirkungen auf die Lebensdauer des BHKW liegt.

(2) Die Klägerin hat jedoch den Vortrag der Beklagten zu 1) nicht widerlegt, dass ihr hierfür verantwortlicher Bauleiter L. den Einsatz dieses Werkstoffs für tauglich erachtete und die Informationen an die – letztlich im Auftrag der Klägerin mit der Prüfung betraute – Streithelferin der Beklagten zu 2) weiterleitete. Das zeigt sich schon in dem Eingeständnis der Klägerin, dass sie letztlich nicht wissen könne, ob die Beklagte zu 1) gegenüber der Beklagten zu 2) (bzw. deren Streithelferin) oder ob die Beklagte zu 2) ihr gegenüber diesen für sie maßgeblichen Umstand verschwiegen habe (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 06.05.2004, S. 8, GA Bd. III Bl. 1 ff., 8).

Die Klägerin geht zutreffend davon aus, dass grundsätzlich ihr die Darlegungs- und Beweislast dafür obliegt, dass die Beklagte zu 1) ihrer Offenbarungspflicht nicht genügt hat. Da es sich bei der unterbliebenen Offenbarung um eine negative Tatsache handelt, hat es der Beklagten zu 1) nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast oblegen, konkrete Anhaltspunkte für die Weiterleitung der Information vorzutragen (vgl. BGH, Urteil v. 12.11.2010, V ZR 181/09, BGHZ 188, 43). Diese Obliegenheit hat die Beklagte zu 1) erfüllt. Sie hat angegeben, dass sie in der Bauberatung vom 14.08.1997 von der Streithelferin der Beklagten zu 2) zur Übergabe der „Schalldämpferzeichnung“ bis zum 28.08.1997 aufgefordert worden sei (vgl. Protokoll v. 19.08.1997, dort zu Ziffer 3) „Schalldämpfer“, Anlage K 29, GA Bd. III Bl. 56 ff.), dass sie mit Schreiben vom 22.08.1997 eine Zwischennachricht erteilt habe (vgl. Anlage B 2, GA Bd. II Bl. 36 ff.) und dass sie mit Telefax vom 25.08.1997 (Anlage B 3, GA Bd. III Bl. 38 f.) die Zeichnung übersandt habe. Dem vorgelegten Telefax ist dabei zwar zu entnehmen, dass die Zeichnung nicht vollständig übermittelt wurde, aber jedenfalls derjenige Ausschnitt, aus welchem der für das Gehäuse eingesetzte Werkstoff eindeutig hervorgeht. Der Senat folgt auch der Feststellung des Landgerichts, dass der Klägerin bzw. der für sie empfangsberechtigten Streithelferin der Beklagten zu 2) die vollständige Konstruktionszeichnung nachträglich zugegangen ist. Denn in den nachfolgenden Baubesprechungen, in denen jeweils die offenen Punkte fortgeschrieben wurden, verlangte die Streithelferin der Beklagten zu 2) jedenfalls die Konstruktionszeichnungen der Schalldämpfer nicht mehr, was den Schluss auf ihren Zugang bei ihr zulässt. Schließlich spricht für diesen Umstand, dass im Rechtsstreit die Anlage K 6 (vollständig) von der Klägerin vorgelegt worden ist, was voraussetzt, dass diese Zeichnungen ihr zugegangen sind.

Der Beweiswürdigung des Landgerichts steht nicht entgegen, dass die schriftliche Freigabeerklärung des Bauleiters der Beklagten zu 1) auf der Konstruktionszeichnung der Lieferantin und dessen Schreiben an die Streithelferin der Beklagten zu 2) dasselbe Datum (22.08.1997) tragen. Das Datum sagt nichts über die Reihenfolge der Bearbeitung am selben Tage aus. Es ist nicht auszuschließen, dass der Bauleiter L. zunächst das Schreiben an die Streithelferin verfasste und im weiteren Verlaufe des Tages die Konstruktionszeichnungen vorgelegt bekam, prüfte und freigab. Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 15.07.2022 darin ein Beweisanzeichen für ein Beschwichtigen oder Hinhalten gesehen hat, bewertet der Senat das Schreiben, insoweit dem Landgericht folgend, als eine sachliche Zwischenantwort. Es ist auch darauf zu verweisen, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Offenbarung der Zeitpunkt der Abnahme ist, hier also der 30.12.1997. Zu diesem Zeitpunkt lag der Klägerin die Information über den eingesetzten Werkstoff bereits mehrere Monate zur Prüfung vor.

2. Die Verjährungsfrist von drei Jahren begann einheitlich für das gesamte BHKW am 23.12.1997. Der Senat folgt der vom Landgericht getroffenen Feststellung, dass die Vertragsparteien mit ihrer Vereinbarung vom 23.12.1997 (Anlage B 23, GA Bd. IV Bl. 217 f.) den Beginn der Verjährungsfrist eindeutig, klar und einheitlich neu regelten.

a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Im Berufungsverfahren findet danach grundsätzlich keine Wiederholung der Tatsachenfeststellung statt, sondern lediglich eine Fehlerkontrolle und -beseitigung (vgl. nur Heßler in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 529 Rn. 1 m.w.N.). Dabei ist das Berufungsgericht nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht an die vertretbare Auslegung einer Individualvereinbarung durch das erstinstanzliche Gericht gebunden, sondern hat auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen eine eigene Auslegung vorzunehmen (vgl. BGH, Urteil v. 14.07.2004, VIII ZR 164/03, BGHZ 160, 83).

b) Im vorliegenden Fall hatten die Vertragsparteien ursprünglich in § 17 ZVB den Beginn der Gewährleistungsfrist an den Zeitpunkt der Abnahme geknüpft und in § 14 Abs. 1 VOB/B zwingend eine förmliche Abnahme der Leistungen vereinbart. In § 15 Abs. 3 Satz 2 ZVB war ein abweichender Beginn der Gewährleistungsfrist für nachgebesserte Anlagenteile vorgesehen. Am 23.12.1997 vereinbarten die Vertragsparteien in dem „Übergabeprotokoll zum Gefahrenübergang während des Probebetriebes“, dass ein befristeter Gefahrenübergang in der Zeit vom 23.12.1997, 16:00 Uhr, bis zum 29.12.1997, 0:00 Uhr, erfolgen solle, nachdem die Funktionsprüfung aller Anlagenteile stattgefunden habe. Sodann hieß es in der Vereinbarung: „Die Gewährleistung beginnt für die BHKW-Anlagen am 23.12.1997.“ Zugleich wurde festgelegt, dass die Abnahme der Gesamtanlage am 30.12.1997, 12:00 Uhr, stattfinden solle (vgl. Anlage B 23, GA Bd. IV Bl. 217 f.).

c) Die Vereinbarung vom 23.12.1997 bedarf der Auslegung nach den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB. Im Ergebnis der Auslegung ist festzustellen, dass die Vertragsparteien sich mit dieser Vereinbarung bewusst und eindeutig von den bisher getroffenen Regelungen distanzierten und eine neue, einfacher zu handhabende Regelung schufen.

aa) Zunächst ist darauf zu verweisen, dass das Landgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass es rechtlich zulässig ist, nachträglich durch Individualvereinbarung eine Abkürzung der Gewährleistungsfrist vorzunehmen (BGH, Urteil v. 23.01.2002, X ZR 184/99, NJW-RR 2002, 664 – dort aber nicht festzustellen; OLG Braunschweig, Urteil v. 20.12.2012, 8 U 7/12, BauR 2013, 970; OLG Düsseldorf, Urteil v. 09.02.2016, I-21 U 183/15, BauR 2017, 1681). Dem steht schon allgemein nicht entgegen, dass die Parteien zuvor eine differenziertere Regelung über Teilabnahmen und sukzessive laufende Gewährleistungsfristen getroffen haben. Das gilt auch für den vorliegenden Fall.

bb) Mit der am 23.12.1997 getroffenen Vereinbarung regelten die Parteien ausdrücklich die Frage des Beginns der Gewährleistungsfrist. Der in der Regelung genannte Termin sollte unabhängig davon, dass die förmliche Abnahme der Gesamtanlage erst an einem späteren, in derselben Vereinbarung genannten Termin stattfinden sollte, und unabhängig davon, ob bei dieser zeitlich nachfolgenden Abnahme Mängel der Vertragsleistungen festgestellt wurden, den Lauf der Gewährleistungsfrist in Gang setzen. Für den Beginn der Verjährungsfrist sollte nunmehr ein nach dem Kalender vereinbarter Termin und nicht etwa ein Ereignis, wie die Gesamtabnahme, maßgeblich sein. Der Wortlaut der Vereinbarung ist insoweit eindeutig und klar. Zur wechselseitigen Interessenlage der Vertragsparteien haben diese nicht vorgetragen und das Landgericht keine Feststellungen getroffen, so dass dieser Umstand offenbleiben muss. Es mag sein, dass für die Klägerin im Hinblick auf die Höhe der Einspeisevergütung eine Inbetriebnahme des BHKW vor dem 31.12.1997 wirtschaftlich von Interesse war und nicht durch den relativ späten Abnahmetermin am 30.12.1997 gefährdet werden sollte, was sie durch die Vereinbarung eines sofortigen und einheitlichen Beginns der Gewährleistungsfrist zugunsten der Beklagten zu 1) sicherstellte. Letztlich kommt es auf etwaige interne Vorbehalte der Klägerin nicht an, denn im Rechtsverkehr muss sie sich am objektiven Erklärungsgehalt ihrer Willenserklärungen festhalten lassen. Der Wirksamkeit der Vereinbarung steht auch nicht entgegen, dass später nicht nur eine Gesamtabnahme, sondern zeitlich gestreckt weitere Teilabnahmen nach dem vereinbarten Stichtag stattfanden, weil die Vereinbarung sachlich alle von der Klägerin im Rahmen des Bauvertrages erbrachten Leistungen umfasste (vgl. KG Berlin, Urteil v. 11.03.2011, 6 U 128/08, nachgehend BGH, Beschluss v. 22.12.2011, VII ZR 85/11). Während bei einem Abstellen auf die Abnahme als den Lauf der Gewährleistung auslösendes Ereignis eine differenzierte Folgeregelung der Anknüpfung des Laufs der Gewährleistung an Einzelabnahmen bei nach gebesserten Anlagenteilen nachvollziehbar ist, ist für eine solche Folgeregelung kein Raum mehr, wenn die Vertragsparteien bewusst auf eine Differenzierung zwischen der Abnahme originärer und der Abnahme von Nachbesserungsleistungen verzichten und den Beginn des Fristlaufs an einen nach dem Kalender bestimmten Zeitpunkt knüpfen.

cc) Entgegen dem Berufungsvorbringen der Klägerin lässt das Nachverhalten der Vertragsparteien nicht etwa den Schluss darauf zu, dass sie an der ursprünglichen, im Bauvertrag enthaltenen Regelung zum Beginn der Verjährungsfrist festhalten wollten, und zwar auch ungeachtet des Umstandes, dass der Wortlaut der Vereinbarung vom 23.12.1997 nicht in diesem Sinne umgedeutet werden kann. Die Parteien nahmen mit der Vereinbarung vom 23.12.1997 weder von der Verabredung einer förmlichen Gesamtabnahme Abstand, wie an der Aufführung des Termins zu sehen ist, noch von der Absicht, eine Mängel- und Restpunkteliste zu erstellen und während der Gewährleistungszeit fortzuführen. Sie veränderten lediglich den zeitlichen Anknüpfungspunkt für den Lauf der Gewährleistungsfrist. Bezogen auf die Gewährleistungsfrist gibt es keine abweichenden Äußerungen oder Handlungen der Vertragsparteien bis zu der Erklärung der Beklagten zu 1) vom 20.03.2003 (Anlage K 26, GA Bd. III Bl. 52). Soweit die Klägerin darauf verwiesen hat, dass im Abnahmeprotokoll vom 30.12.1997 (Anlage B 1, GA Bd. II Bl. 29) auf § 14 ZVB Bezug genommen wurde, hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass die Bezugnahme lediglich zur Klarstellung des dort definierten Begriffs der förmlichen Abnahme erfolgte. Auch die weitere Korrespondenz der Vertragsparteien im Dezember 1997 bezog sich nicht auf die Berechnung der Gewährleistungsfrist. Das Schreiben der Klägerin an die Beklagte zu 1) vom 10.12.1998 (Anlage K 12, GA Bd. I Bl. 146), mit welchem die Klägerin ein Angebot der Beklagten zu 1) vom 08.12.1998 (Anlage K 13, GA Bd. I Bl. 147 f.) zur Beseitigung des Mangels „Überschreitung des maximalen Schallleistungspegels“ annahm, schloss zwar mit dem Verlangen, dass die Gewährleistung für diese Maßnahme nach endgültiger Abnahme beginnen sollte. Hierauf ließ sich die Beklagte zu 1) jedoch nicht ein, wie ihrem Schreiben vom 14.12.1998 (Anlage B 3 IV, GA Bd. IX Bl. 134 f.) zu entnehmen ist. Selbst wenn die Parteien jedoch bezüglich dieser Auftragserweiterung – Einbau eines ursprünglich nicht vorgesehenen Mündungsschalldämpfers am Schornsteinkopf – eine gesondert laufende Gewährleistungsfrist vereinbart hätten, stellte das die Wirksamkeit der Vereinbarung vom 23.12.1997 für den Beginn der Gewährleistung für sämtliche Vertragsleistungen nicht in Frage. Ohne Erfolg bleibt auch der mehrfache Verweis der Klägerin auf die Abnahme verlangen der Beklagten zu 1), zuletzt in ihrem Schriftsatz vom 15.07.2022. Die Vereinbarung einer einheitlichen und ab dem 23.12.1997 beginnenden Gewährleistung machte, wie voraus geführt, die Abnahme der Leistungen der Beklagten zu 1) nicht entbehrlich, sondern nahm der Abnahme lediglich die Funktion des In-Gang-Setzens der Gewährleistungsfrist. Insbesondere setzte im Hinblick auf die von den Vertragsparteien geführte Mängel- und Restpunkteliste die Erledigung von Mangelbeseitigungsverlangen der Klägerin durch die Beklagte zu 1) zumindest eine Fertigstellungsanzeige der Auftragnehmerin voraus.

3. Begann nach den Vorausführungen die Gewährleistungsfrist von drei Jahren am 23.12.1997, so endete sie nach § 188 Abs. 2 BGB in der hier nach Art. 229 § 6 Abs. 5, Abs. 1 Satz 1 EGBGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (künftig: BGB a.F.) am 22.12.2000.

4. Hinsichtlich beider Mangelkomplexe hat der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist jeweils mit dem Zugang der hierauf gerichteten Mangelanzeige erneut zu laufen begonnen.

a) Die Vertragsparteien haben nach den Vorausführungen die (subsidiäre) Geltung der Regelungen der VOB/B 1996 wirksam vereinbart. Nach § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B 1996 beginnt die vereinbarte Regelfrist für die Verjährung eines Anspruchs auf Beseitigung von Mängeln, welche erst nach der Abnahme zutage treten (vgl. Wirth, a.a.O., § 13 Abs. 5 Rn. 37 m.w.N.), am Tage des Zugangs des schriftlichen Verlangens der Mangelbeseitigung.

b) Sowohl die Überschreitung des maximal zulässigen Abgasgegendrucks an allen fünf Modulen als auch den Austritt von Feuchtigkeit an der Abgasstrecke zeigte die Klägerin gegen über der Beklagten zu 1) mit ihrem Schreiben vom 11.05.1999 (Anlage K 28, GA Bd. III Bl. 54 f.) an und forderte sie auf, die Abstellung dieser Mängel kurzfristig zu veranlassen. Das Schreiben ging der Beklagten zu 1) per Telefax am selben Tage zu. Dieses Verlangen erfasste sämtliche von der Klägerin im Verlaufe der vorgerichtlichen und gerichtlichen Auseinandersetzung in diesem Zusammenhang stehenden Mangelursachen, auch die erstmals mit Schreiben vom 12.03.2003 gerügten konkreten Mängel an den Sekundärschalldämpfern (Konstruktionsabweichungen und unzureichender Werkstoff). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist der Mangel vom Auftraggeber nach seinem äußeren objektiven Erscheinungsbild zu beschreiben; die hierdurch ausgelöste Nacherfüllungspflicht des Auftragnehmers bezieht sich „automatisch“ auf sämtliche Mangelursachen, durch die der jeweils beschriebene Mangel verursacht wurde (vgl. nur Wirth, a.a.O., § 13 Abs. 5 Rn. 47 m.w.N.). Die schriftliche Aufforderung zur Mangelbeseitigung kann je Mangel auch nur einmal die Verjährung verlängern, auf weitere Aufforderungen kommt es für den Lauf der Frist nicht an.

c) Damit begann die Verjährungsfrist der Mangelbeseitigungsansprüche, welche der Schadensposition Neuerrichtung der Abgasstrecke zugrunde liegen, jeweils am 11.05.1999 und endete am 10.05.2002.

5. Weitere Hemmungen bzw. Unterbrechungen der Verjährungsfrist sind nicht wirksam geworden.

a) Eine Hemmung der Verjährung im Hinblick auf die Prüfung von Mangelanzeigen, die Durchführung von Verhandlungen oder von Nachbesserungsarbeiten kommt nach den Regelungen des Bauvertrags nicht in Betracht.

aa) Auf hemmungsauslösende Ereignisse bis zum 31.12.2001 sind nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB die gesetzlichen Vorschriften des BGB in der bis zum 31.12.2001 einschließlich geltenden Fassung (BGB a.F.) anzuwenden. Deswegen kommt ein Rückgriff auf den mit der Schuldrechtsreform neu geschaffenen allgemeinen Hemmungstatbestand des § 203 BGB n.F. entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht in Betracht.

bb) Allerdings sah § 639 Abs. 2 BGB a.F. vor, dass eine Hemmung der Verjährung von werkvertraglichen Mangelbeseitigungsansprüchen auch für die Dauer der einvernehmlichen Prüfung der Vertragsparteien, ob ein Mangel vorliegt, sowie für die Dauer der Nachbesserungsarbeiten eintritt; diese Regelung galt grundsätzlich auch für VOB-Bauverträge (vgl. Sprau in: Palandt, BGB, 61. Aufl. 2002, § 639 Rn. 7 m.w.N.). Die Vertragsparteien haben diese Regelung jedoch abbedungen. Denn sie vereinbarten, dass die Gewährleistungsfrist von drei Jahren nur dann Wirksamkeit entfalten sollte, wenn parallel ein Wartungsvertrag abgeschlossen wurde, mit welchem der Beklagten zu 1) sämtliche Wartungs-, Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten exklusiv übertragen wurden. Damit entzogen die Vertragsparteien die Frage dem Streit, wer bei auftretenden Problemen an dem BHKW tätig werden sollte, und verlagerten etwaige Auseinandersetzungen, wie der Rechtsstreit zeigt, auf die Frage, ob und inwiefern für Arbeiten der Beklagten zu 1) eine Vergütung zu zahlen war. Für die gesamte Laufzeit des Wartungsvertrages bedurfte es keiner weiteren Einigung über die Prüfung des Mangels durch die Beklagte zu 1); hierzu verpflichtete sie sich im Wartungsvertrag. Es liefe der gleichzeitig und nur unter der Bedingung des Abschlusses des Wartungsvertrages für die gesamte Gewährleistungsfrist geschlossenen Vereinbarung zuwider, wenn der Lauf der Verjährung während der Laufzeit des Wartungsvertrages vollständig gehemmt wäre. b) Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Beklagte zu 1) gegenüber der Klägerin keine Erklärung abgab, welche als ein Anerkenntnis i.S.v. § 208 BGB a.F. zu bewerten wäre. Insbesondere beinhaltete das Schreiben der Beklagten zu 1) vom 10.03.2000 entgegen der Auffassung der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung kein solches Anerkenntnis.

aa) Ein Anerkenntnis i.S.v. § 208 BGB a.F. ist eine geschäftsähnliche Handlung, aus dem sich das Bewusstsein vom Bestehen des Anspruchs, hier des Anspruchs auf Mangelbeseitigung an der Abgasstrecke, ergibt. Es muss klar abzugrenzen sein von einer Handlung aus Kulanz oder einer Maßnahme zur gütlichen Einigung.

bb) Mit ihrem Schreiben vom 10.03.2000 (Anlage K 25, GA Bd. III Bl. 51) nahm die Beklagte zu 1) Bezug auf eine vorherige telefonische Absprache und bestätigte den ihr vorgeschlagenen Termin am 28.03.2000 „als Abnahmetermin / Restpunkte“. Allein in einer Terminbestätigung liegt jedoch kein Handeln, aus dem sich sicher auf ein Anerkenntnis des Anspruchs der Klägerin auf Mangelbeseitigung schließen lässt, sondern im Zweifel ein rein organisatorischer Akt. Dies gilt umso mehr, als die Parteien des Bauvertrags über den Wartungsvertrag weiter miteinander verbunden geblieben waren. Darüber hinaus bezieht sich dieses Schreiben nicht auf die Beseitigung der am 11.05.1999 erstmals angezeigten Mängel. Bei dem verabredeten und dann nicht durchgeführten Abnahmetermin am 28.03.2000 ging es ausschließlich um Mängel der Bauleistung, welche bereits bei der Abnahme bekannt waren und deren Beseitigung deswegen vorbehalten wurde, bzw. um Restleistungen aus dem Bauvertrag; hierüber hatten die Vertragsparteien eine Restepunkteliste zum Übergabeprotokoll vom 30.12.1997 gefertigt und sukzessive fortgeschrieben. Die Restepunkteliste (in: Anlage B 1, GA Bd. II Bl. 30) führte, soweit in diesem Zusammenhang interessierend, unter Ziffer 5 „Sonstige Restpunkte“ lediglich auf: „5.1 Beseitigung zu hoher Schallemissionen gemäß noch ausstehender Messungen – Termin nach Messung“. Mit diesem Restpunkt war die Beseitigung der Überschreitung des maximalen Schallemissionspegels lt. Leistungsverzeichnis am Ausgang der Schornsteinanlage gemeint. Insoweit wurde, wie vorausgeführt, der Mangel bereits im Jahre 1999 endgültig beseitigt.

c) Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die durch die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO i.V.m. §§ 639 Abs. 1, 477 Abs. 2 Satz 1, 209 Abs. 2 BGB a.F. grundsätzlich bewirkte Unterbrechung der Verjährung (vgl. Heinrichs in: Palandt, BGB, 61. Aufl. 2002, § 209 Rn. 23 m.w.N.) nach §§ 639 Abs. 1, 477 Abs. 2 Satz 2, 212 Abs. 1 BGB a.F. als nicht erfolgt gilt, wenn der Antrag auf Durchführung des Beweisverfahrens zurückgenommen wurde. So liegt der Fall hier: Die Klägerin leitete zwar am 29.12.2000 ein selbständiges Beweisverfahren ein, sie nahm aber ihren Antrag am 16.10.2002 zurück. Gegen diesen Aspekt der erstinstanzlichen Entscheidungsgründe hat die Klägerin mit ihrer Berufung auch keine gesonderten Einwendungen erhoben. d) Weitere verjährungshemmende bzw. -unterbrechende Ereignisse lagen bis zum Ablauf der Verjährungsfrist am 10.05.2002 nicht vor. Die Vereinbarungen in dem Schiedsgutachtenvertrag vom 06./28./30.08.2002 wurden nach dem Ablauf der Verjährungsfrist getroffen. Die einseitige Verzichtserklärung der Beklagten zu 1) vom 20.03.2003 bezog sich unmissverständlich nur auf noch nicht verjährte Ansprüche.

Zum Komplex I B:

Die Klägerin kann auch gegen die Beklagte zu 2) keinen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung im Zusammenhang mit der Beauftragung mit der Bauüberwachung und der Objektüberwachung innerhalb der Gewährleistungsfrist durchsetzen.

I. Das Landgericht hat zu Recht darauf erkannt, dass etwaige Haftungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 2) wegen Mängeln der Bauüberwachung (LPh 8) mit Ausnahme der Mängel, die Gegenstand des Schiedsgutachtervertrages waren, nicht mehr mit Erfolg gerichtlich geltend gemacht werden können, weil sie verjährt sind.

1. Die Klägerin und die Beklagte zu 2) haben im Ingenieurvertrag 12.12.1996 eine Verjährungsfrist von fünf Jahren vereinbart (§ 11 Abs. 5, vgl. Anlage K 1, GA Bd. I Bl. 19, 22 Rs.).

2. Das Landgericht hat die Vereinbarung in § 11 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 des Ingenieurvertrages zutreffend dahin ausgelegt, dass die Verjährung für die im Rahmen der Leistungsphase 8 zu erbringenden Bauüberwachungsleistungen mit der Übernahme der baulichen Anlage durch die Klägerin beginnen sollte. Das war hier der 23.12.1997, so dass die Verjährung am 22.12.2002 endete.

3. Innerhalb dieser Verjährungsfrist trat eine verjährungshemmende oder -unterbrechende Wirkung – mit Ausnahme durch den Abschluss des Schiedsgutachtervertrages am 06./28./30.08.2002 – nicht ein. Insbesondere gilt auch insoweit, dass die verjährungsunterbrechende Wirkung der Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens, welches auch gegen die hiesige Beklagte zu 2) gerichtet gewesen ist, rückwirkend entfiel, weil die hiesige Klägerin ihren Antrag am 16.10.2002 zurückgenommen hat.

4. Die von den Vorausführungen ausgenommenen Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 2) wegen möglicher Bauüberwachungsfehler sind nicht verjährt.

Unter Ziffer III des o.g. Schiedsgutachtervertrages vereinbarten die Parteien, darunter die Klägerin und die Beklagte zu 2), dass die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen, die sich auf Mängel beziehen, welche Gegenstand der Schiedsgutachtervereinbarung sind, mit Abschluss der Vereinbarung gehemmt sei, sowie, dass die Hemmung drei Monate nach der Beendigung des Schiedsgutachterverfahrens enden solle.

a) Die durch diese Vereinbarung bewirkte Hemmung der Verjährung beschränkt sich auf etwaige Bauüberwachungsfehler der Beklagten zu 2) im Hinblick auf zwei Mangelkomplexe. Gegenstand der Schiedsgutachtervereinbarung waren Mängel an den Abgaswärmetauschern – und zwar sowohl hinsichtlich der Feuchtigkeitsproblematik einschließlich der Korrosion von Bauteilen als auch hinsichtlich der Verursachung eines überhöhten Abgasgegendrucks – und an der Schornsteinanlage – hier allein im Hinblick auf die Feuchtigkeitsproblematik.

b) Nach dem Wortlaut der Vereinbarung trat die Hemmungswirkung am 30.08.2002 und mithin 114 Kalendertage vor dem Ablauf der Verjährungsfrist am 22.12.2002 ein.

c) Die Hemmungswirkung endete am 09.10.2004. Denn das Schiedsgutachterverfahren endete damit, dass die Klägerin am 09.07.2004 die Leistungen des Schiedsgutachters beanstandete und keine weiteren Ergänzungsfragen mehr stellte.

d) Nach dem 09.10.2004 lief die restliche Gewährleistungsfrist weiter und wäre am 31.01.2005 abgelaufen. Der Lauf dieser Frist wurde durch die auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung am 30.12.2003 zurückwirkende Klageerhebung gegen die Beklagte zu 2) in Höhe des geltend gemachten Zahlungsanspruchs von 998.391,23 Euro nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. gehemmt. Gleiches gilt für die Klageerweiterung vom 20.07.2004 in Höhe des zusätzlich geltend gemachten Zahlungsanspruchs von 107.139,65 Euro. Hierüber streiten die Prozessparteien nicht.

II. Hinsichtlich der nicht verjährten Gewährleistungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 2) im Zusammenhang mit deren vertraglichen Verpflichtungen zur Bauüberwachung bis zum 23.12.1997 hat die Klägerin eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten zu 2) nicht nachgewiesen.

1. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Vereinbarung der Parteien zur Verbindlichkeit des Schiedsgutachtens in Ziffer VIII des Vertrages Auswirkungen auf den vor liegenden Rechtsstreit hat, weil sie ein sog. Prozessvertrag ist (vgl. Geimer in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 1029 Rn. 15).

a) Die Parteien vereinbarten, dass die Entscheidung des Schiedsgutachters endgültig und verbindlich sein sollte. Gegenstand der Entscheidung des Schiedsgutachters sollten nach Ziffer II des Vertrages jedoch allein technische Fragen zu Mangelerscheinungen und Mangelursachen sein. Inhalt eines Schiedsgutachtervertrages kann es sein, für ein Rechtsverhältnis erhebliche Tatsachen durch einen Sachverständigen ermitteln und feststellen zu lassen (vgl. BGH, Urteil v. 09.06.1983, IX ZR 41/82, BGHZ 87, 367).

b) Eine Überprüfung des Schiedsgutachtens sollte nur dann stattfinden, wenn es grob unbillig und deswegen i.S.v. §§ 412, 493 ZPO unbrauchbar sei. Danach sollte das Ergebnis der Feststellungen des Schiedsgutachters für die Vertragspartner nur dann unverbindlich sein, wenn es offenbar unrichtig ist. Nicht jeder Fehler führt zur offenbaren Unrichtigkeit. Er muss sich vielmehr einem sachkundigen und unbefangenen Beobachter – wenn auch möglicherweise erst nach eingehender Prüfung – aufdrängen; dabei sind an das Vorliegen einer offenbaren Unrichtigkeit strenge Anforderungen zu stellen, weil anderenfalls der mit der Bestellung des Schiedsgutachters verfolgte Zweck in Frage gestellt würde (vgl. BGH, Urteil v. 09.06.1983, IX ZR 41/82, BGHZ 87, 367). Mit anderen Worten: Der Zugang zu staatlichen Gerichten war hierdurch nicht ausgeschlossen, aber beschränkt; hinsichtlich der technischen Fragen sollte das Ergebnis des Schiedsgutachtens Verbindlichkeit entfalten. Das erstinstanzliche Gericht und auch das Berufungsgericht sind deswegen auf die Prüfung beschränkt gewesen und weiter beschränkt, ob entweder eine Haftung der Beklagten zu 2) auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Schiedsgutachters begründet ist oder ob die Voraussetzungen für die Unverbindlichkeit des Schiedsgutachtens vorliegen.

2. Auf der Grundlage der Ergebnisse des Schiedsgutachterverfahrens kann eine schuldhafte Verletzung von Leistungspflichten der Bauüberwachung durch die Beklagte zu 2) nicht festgestellt werden.

a) In ihrem Schiedsgutachten stellte die B. zwar Schäden an den Abgaswärmetauschern durch Kondensatwasser aus dem Abgas fest, insbesondere Lochkorrosion und Rissbildungen im Bereich der – handwerklich ordnungsgemäß ausgeführten – Schweißnähte. Die B. diskutierte als mögliche Schadensursachen eine unzureichende Kondensat-Abführung und eine thermische Überbelastung der Rohrwandungen. Auf Nachfragen der Klägerin antwortete sie, dass eine nennenswerte Kondensatmenge nur außerhalb des jeweils geschädigten Bauteils – des Abgaswärmetauschers – im Modul entstehen könne, dass sie aber über die Ursachen dieses Kondensatzuflusses in den Abgaswärmetauscher ohne Kenntnis der jeweiligen Betriebszustände der Gesamtanlage nur spekulieren könne. Als mögliche Ursachen gab sie zwar einerseits auch Mängel in der Planung und in der Ausführung der Bauarbeiten an, welche möglicherweise einen Bezug zur Tätigkeit der Beklagten zu 2) aufweisen könnten. Andererseits schloss sie aber auch Mängel in der Wartung (durch die Beklagte zu 1) oder in der Art der Betriebsführung des Kraftwerks (durch die Klägerin) als Ursachen nicht aus. Nach diesem Gutachtenergebnis ist eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten zu 2) nicht festzustellen.

b) Diese erstinstanzliche Bewertung im Urteil stellt keine Überraschungsentscheidung dar. Vielmehr hat das Landgericht in der Sitzung vom 02.08.2004 ausdrücklich darauf hingewiesen und die Prozessparteien haben dies auch so verstanden, wie die Ausführungen der Beklagten zu 1) im Schriftsatz vom 25.11.2004, diejenigen der Beklagten zu 2) in den Schriftsätzen vom 07.09.2004 und vom 14.12.2004 sowie diejenigen der Klägerin in deren Schriftsätzen vom 13.09.2004 und vom 31.01.2005 zeigen. Das Landgericht hat seinen Hinweis in der Sitzung vom 24.10.2006 wiederholt.

3. Das Landgericht ist auch zu Recht von der Verbindlichkeit des Schiedsgutachtens ausgegangen. Die vereinbarten Voraussetzungen für eine Unverbindlichkeit liegen entgegen der Auffassung der Klägerin nicht vor. a) Die Klägerin beruft sich einerseits auf die Unvollständigkeit des Schiedsgutachtens im Hin blick auf die Mängel an der Schornsteinanlage. Ein Schiedsgutachten kann aber nicht schon deshalb als offenbar unrichtig angesehen werden, weil der Schiedsgutachter die ihm gestellte Aufgabe angeblich nicht vollständig erfüllt habe. Es hätte den Beteiligten des Schiedsgutachterverfahrens, hier insbesondere der Klägerin, freigestanden, diese Unvollständigkeit durch Ergänzungsfragen herauszustellen und den Schiedsgutachter zu weiteren Antworten zu bewegen. Ein unrichtiges Ergebnis der Begutachtung durch die B. im Hinblick auf die Schornsteinanlage rügt die Klägerin nicht. b) Die Klägerin führt andererseits an, dass der Schiedsgutachter die Ursachen der von ihm festgestellten Mangelerscheinungen nicht mit der für eine Prozessführung gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) notwendigen Eindeutigkeit festgestellt habe. Die B. hat auf Ergänzungsfragen der Klägerin angegeben, dass und aus welchen Gründen sie eine weitergehende Feststellung nicht habe treffen können. Der teilweise mit denselben Beweisgegenständen betraute gerichtliche Sachverständige kam nur auf der Grundlage neuer Anknüpfungstatsachen zu weitergehenden Erkenntnissen. Anders als die Schiedsgutachter war sein Untersuchungsbereich auf die gesamte Abgasanlage ausgedehnt und insbesondere auf die Sekundärschalldämpfer, deren fehlerhafte Konstruktion und unzureichende Werkstoffauswahl ganz überwiegend sowohl zur Feuchtigkeitsproblematik einschließlich der Korrosionserscheinungen als auch zur Überschreitung des Grenzwertes für den – an den Motoren ankommenden – Abgasgegen druck beitrug. Der gerichtliche Sachverständige hatte die Möglichkeit, die ausgebauten und inzwischen geöffneten Bauteile zu besichtigen, insbesondere das Innere eines Sekundärschalldämpfers in Augenschein zu nehmen. Aufgrund dieser zusätzlichen Erkenntnismöglichkeiten gelangte er zu genaueren Aussagen. Es lässt aber das Schiedsgutachten nicht als offenbar unrichtig erscheinen, denn für die Beurteilung dieser Frage ist darauf abzustellen, welche Erkenntnismöglichkeiten dem Schiedsgutachter zur Verfügung standen.

III. Das Landgericht hat zu Recht darauf erkannt, dass die Klägerin zu den Voraussetzungen für eine Sekundärhaftung der Beklagten zu 2) bezüglich etwaiger Mängel der Bauüberwachung keinen hinreichenden Sachvortrag gehalten hat.

1. Anknüpfungspunkt für die Sekundärhaftung des Architekten bzw. Ingenieurs ist dessen Sachwalterstellung für den Bauherrn im Rahmen des übernommenen Aufgabenkreises. Dem umfassend mit der Bauüberwachung beauftragten Architekten oder Ingenieur obliegt im Rahmen seiner Betreuungsaufgaben nicht nur die Wahrung der Auftraggeberrechte gegenüber dem Bauunternehmer, sondern auch und zunächst die objektive Klärung von Mangelursachen, selbst wenn zu diesen eigene Planungs- oder Aufsichtsfehler gehören. Die dem Architekten bzw. Ingenieur vom Bauherrn eingeräumte Vertrauensstellung gebietet es, diesem im Laufe der Mängelursachenprüfung auch Mängel des eigenen Werks zu offenbaren, so dass der Bauherr seine Auftraggeberrechte auch gegen den Bauüberwacher rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung wahrnehmen kann (vgl. BGH, Urteil v. 16.03.1978, VII ZR 145/76, BGHZ 71, 144; BGH, Urteil v. 04.10.1984, VII ZR 342/83, BGHZ 92, 251; BGH, Urteil v. 10.12.2009, VII ZR 42/08, BGHZ 183, 323). Ist die sog. Sekundärhaftung begründet, so führt sie dazu, dass sich der Architekt bzw. der Ingenieur nicht auf die Einrede der Verjährung des gegen ihn gerichteten Gewährleistungsanspruchs berufen darf (vgl. auch Dölle in: Werner, Der Bauprozess, 16. Aufl. 2016, Rn. 2868 m.w.N.).

2. Eine Sekundärhaftung des Bauüberwachers kommt insbesondere dann in Betracht, wenn er es nach dem Auftreten einer konkreten Mangelerscheinung unterlässt, deren Ursachen entschieden und ohne Rücksicht auf eine mögliche eigene Haftung nachzugehen, und dadurch dem Bauherrn nicht rechtzeitig vor dem Eintritt der Verjährung der Gewährleistungsansprüche ein zutreffendes Bild der Schadensbehebung zu verschaffen (vgl. BGH, Urteil v. 16.03.1978, VII ZR 145/76, BGHZ 71, 144; vgl. auch Werner/ Frechen in: Werner, Der Bauprozess, 16. Aufl. 2018, Rn. 2025 m.w.N.). Hierfür trägt die Klägerin als Bauherr die Darlegungs- und Beweislast.

a) Der Senat geht von einer Verjährung von etwaigen Gewährleistungsansprüchen der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) nur hinsichtlich solcher Mängel aus, die erstmals nach der Abnahme in Erscheinung getreten waren. Deren Ursachen, insbesondere die fehlerhafte Konstruktion des Inneren der Sekundärschalldämpfer, konnten mit den Erkenntnismöglichkeiten vor dem Rückbau des BHKW ganz überwiegend nicht ermittelt werden. Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung auf ein Schreiben der Sch. & Partner Vertrieb GmbH vom 23.03.2001 (Anlage K 60, GA Bd. VI Bl. 192 ff.) verwiesen hat, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Das Schreiben stammte von einem Anbieter eines Schalldämpfersystems, welcher zwar von der Beklagten zu 1) zu einer Angebotsabgabe als Lieferant aufgefordert wurde, den Auftrag dann aber nicht erhielt. Der bloße Umstand, dass er selbst sein Angebot für technisch reifer als das Angebot der Mitbewerberin erachtete, musste der Beklagten zu 2) keinen Anhaltspunkt dafür vermitteln, dass das letztlich von der Beklagten zu 1) ausgewählte und zum Einbau bestellte Schalldämpfersystem bzw. einzelne Komponenten davon den anerkannten Regeln der Technik nicht entsprachen. Das Schreiben beinhaltete zudem vor allem die Darstellung der Chronologie der Vergabeverhandlungen zwischen der Beklagten zu 1) und den in Betracht kommenden Bietern hinsichtlich der Beschaffung der gesamten (mehrstufigen) Schalldämpferanlage, welche erkennen lässt, dass die Verfasserin die Beklagte zu 1) dadurch vom eigenen Angebot zu überzeugen versuchte, dass sie das Angebot der Mitbewerberin pauschal als zweifelhaft darstellte. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass oder gar in welcher Hinsicht die Komponenten der Schalldämpferanlage der Mitbewerberin S. , welche letztlich von der Beklagten zu 1) als Lieferantin ausgewählt wurde, den anerkannten Regeln der Technik nicht entsprachen, gingen aus dem Schreiben nicht hervor; vielmehr wandte sich die Konkurrentin gegen eine Überwertung des günstigsten Angebotspreises im Hinblick auf mögliche Folgekosten (S. 2: „Das Angebot der Fa. S. war aufgrund der dort angegebenen technischen Daten zweifelhaft.“, S. 3: „Herr Sch. teilte mit, daß, falls das „S. -Konzept“ realisiert würde, später ein dritter Abgasschalldämpfer nachgerüstet werden muß und dadurch erhebliche Probleme durch den dann zu hohen abgasseitigen Widerstand auftreten würden. Es sei mit zusätzlichen Kosten von mind. 150 TDM zu rechnen. Das Konzept „S. “ käme deshalb auf gar keinen Fall in Frage.„). Maßgeblich ist aus Sicht des Senats, dass die Mangelhaftigkeit der Sekundärschalldämpfer objektiv darauf beruhte, dass die tatsächliche Ausführung selbst von den Plänen der Lieferantin abwich, was jedoch auch für die Fa. Sch. nicht zu erkennen war.

b) Im Rahmen der Bauüberwachung während der Errichtung des BHKW kommt allenfalls eine Verletzung der rechtzeitigen Prüfung und Weiterleitung der technischen Zeichnung der Lieferantin der Sekundärschalldämpfer (Anlage K 6, GA Bd. I Bl. 137) in Betracht. Diese hätte zwar nicht zur Entdeckung der konstruktiven Mängel geführt, aber den Einsatz eines unzureichenden Werkstoffs für das Gehäuse aufgezeigt. Insoweit ist darauf zu verweisen, dass es Aufgabe der Beklagten zu 2) im Rahmen der Bauüberwachung war zu prüfen, ob die von der Beklagten zu 1) – bzw. ihrer Lieferantin – eingesetzten Werkstoffe die notwendige Qualität für eine ordnungsgemäße Erfüllung der entsprechenden Bauleistung aufwiesen bzw. – wenn, wie hier, der Einsatz bestimmter Werkstoffe zwingend vorgegeben ist („Edelstahl“) – festzustellen, ob diese auch tatsächlich verwendet wurden (vgl. Werner/ Frechen, a.a.O., Rn. 2016 m.w.N.). Insoweit hat aber die Klägerin, wie das Landgericht in seinem Urteil ausgeführt und was sie selbst in der Berufungsinstanz nicht angegriffen hat, in dem Prozessrechtsverhältnis zur Be klagten zu 2) gerade nicht vorgetragen (bzw. sich das Vorbringen der Beklagten zu 1) zu eigen gemacht), dass die Beklagte zu 2) diese Unterlagen vollständig und rechtzeitig vor dem Abnahmetermin erhalten und versäumt habe, die eindeutig erkennbare Angabe zum eingesetzten Werkstoff für das Gehäuse als vertragswidrig zu rügen. Sie hat vielmehr offengelassen, ob die Beklagte zu 2) diese Planzeichnung überhaupt vor dem Termin der Abnahme am 30.12.1997 erhalten hat, und vorgetragen, dass jedenfalls sie selbst eine Sichtung der zu einem nicht mehr bestimmbaren Zeitpunkt an sie weitergeleiteten Unterlagen erst im Jahre 2003 vorgenommen habe. Hieraus ergibt sich kein zwingender Schluss auf eine schuldhafte Pflichtwidrigkeit der Beklagten zu 2).

IV. Die Klägerin hat die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gegen die Beklagte zu 2) wegen mangelhafter Objektbetreuung i.S.d. Leistungsphase 9 nicht schlüssig dargelegt. Hierfür hätte es insbesondere der Darlegung einer konkreten Pflichtverletzung der Beklagten zu 2) bzw. der von ihr als Erfüllungsgehilfin eingeschalteten Streithelferin der Beklagten zu 2) bedurft, an der es auch in der Berufungsinstanz fehlt. Die Klägerin hat letztlich nur vorgetragen, dass die sich über Jahre hinwegziehende Fehlersuche und Fehlerbeseitigung nicht zu einem einwandfreien Betrieb des BHKW geführt habe. Welchen konkreten Vorwurf sie im Hinblick auf die Objektbetreuung erheben will, hat sie nicht ausgeführt. Die Streithelferin der Beklagten zu 2) hat die Mängel- und Restpunkteliste sukzessive aktualisiert und deren Abarbeitung angeleitet. Dass ihr Fehler in der Dokumentation unterlaufen seien, hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Die Klägerin hat auch nicht etwa eine unterlassene oder zu zögerliche Ansprache der Beklagten zu 1) beanstandet oder einen konkreten Fehler bei der Ausführung der Mangelbeseitigungs- bzw. Resterfüllungsaufgaben. Die Streithelferin der Beklagten zu 2) hat solche nach der Abnahme erstmals auftretende Mängel, wie den zu hohen Abgasgegendruck (vgl. Anlage K 28) oder Risse im Sekundärschalldämpfer (Anlage K 31), jeweils unverzüglich gegenüber der Beklagten zu 1) angezeigt und zu deren Beseitigung aufgefordert. Sie hat ihrerseits umfassende Anstrengungen unternommen, um die Ursachen der Mangelerscheinungen aufzuklären. Welche Fehler ihr dabei unterlaufen sein sollen, legt die Klägerin nicht dar.

Komplex I insgesamt

I. Nach den Vorausführungen ist die Berufung der Klägerin bezüglich ihres Berufungsantrages zu Ziffer 1 unbegründet.

II. Soweit die Klägerin ursprünglich als Klageantrag zu Ziffer 2 die Feststellung begehrt hat, dass die Beklagten zu 1) und zu 2) als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihr den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der fehlerhaften und planwidrigen Erstellung des BHKW entstanden sei und noch entstehen werde, hat sie ihren Antrag, nachdem die Erledigungserklärung in der Berufungsbegründung (S. 40, GA Bd. XI Bl. 260) einseitig geblieben ist, auf Feststellung, dass der ursprüngliche Klageantrag zu Ziffer 2 vor dem Abriss des BHKW zulässig und begründet gewesen sei und sich durch den Abriss des BHKW erledigt hat, umgestellt. Dieser Feststellungsantrag ist zulässig, aber nach den Vorausführungen unbegründet. Eine derartige, gerichtlich durchsetzbare Verpflichtung der Beklagten zu 1) und zu 2) besteht nicht.

Komplex II

I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) in Bezug auf den Berufungsantrag zu Ziffer 2) einen Anspruch auf Rückzahlung von 101.902,99 Euro aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB.

1. Die Beklagte zu 1) erlangte in den Jahren 2001 und 2002 durch Zahlungen der Klägerin an sich selbst insgesamt 58.643,80 Euro und durch Zahlungen der Klägerin an die D. AG, der Beklagten zu 1) zurechenbar, insgesamt 43.259,19 Euro.

a) Die Klägerin zahlte an die Beklagte zu 1) auf diverse Rechnungen für Instandsetzungsarbeiten im Jahr 2001 insgesamt 7.792,45 Euro (vgl. LGU S. 8 ff. zu lfd. Nr. 8, 12, 17 und 23) und im Jahr 2002 insgesamt 18.665,83 Euro (vgl. lfd. Nr. 32, 46, 52 und 53). Insoweit beruhten die Arbeiten der Beklagten zu 1) auf Störungsmitteilungen der Klägerin; die Erteilung gesonderter, d.h. vom Umfang der Leistungspflichten des Wartungsvertrages unabhängiger und entgeltpflichtiger Einzelaufträge hat die Beklagte zu 1) insoweit weder dargelegt noch nachgewiesen. Für die Instandsetzungsarbeiten nach dem Vorfall 2 – Ausfall des Moduls 2 am 20.01.2003 wegen der Ablösung von Teilen am Sekundärschalldämpfer und an einem Kompensator zwischen Primär- und Sekundärschalldämpfer sowie wegen des erheblichen Anstiegs des Ab gasgegendrucks – zahlte die Klägerin an die Beklagte zu 1) 32.185,52 Euro unter dem Vorbehalt der Rückforderung (vgl. u.a. Anlage B 18, GA Bd. II Bl. 105).

b) Die Klägerin zahlte an die D. AG als Nachauftragnehmerin der Beklagten zu 1) direkt auf diverse Rechnungen für Instandsetzungsarbeiten im Jahr 2001 insgesamt 23.425,88 Euro (vgl. LGU S. 8 ff. zu lfd. Nr. 1, 2, 4, 6, 7, 9, 10, 11, 12, 13, 18, 19, 20 und 22) und im Jahr 2002 insgesamt 19.833,31 Euro (vgl. lfd. Nr. 24, 28, 29, 30, 31, 33, 34, 38, 39, 40, 42, 47,48, 49, 50 und 58). Insoweit ist darauf zu verweisen, dass die D. AG als Motorenherstellerin bereits während der Errichtung des BHKW als Nachauftragnehmerin der Beklagten zu 1) tätig geworden war. Nachdem die Beklagte zu 1) bei Störungsmeldungen bezüglich des Teilbereichs Energieumwandlung im Januar und Februar 2001 jeweils eine Eigenleistung verweigerte, wandte sich die Klägerin mit entsprechenden Störungsmeldungen jeweils direkt an die D. AG. Das Erlangte der Beklagten zu 1) ist darin zu sehen, dass sie selbst diese Rechnungen ihrer Nachauftragnehmerin nicht ausgleichen musste.

c) Ebenso wie das Landgericht (vgl. LGU S. 79) sieht auch der Senat die Zahlungen der Klägerin an Drittunternehmen – mit Ausnahme der Fa. D. AG – nicht als Zahlungen an die Beklagte zu 1) an. Insoweit fehlt es auch in der Berufungsinstanz an einem substantiierten Vorbringen der Klägerin dazu, inwieweit die Beklagte zu 1) durch diese Zahlungen etwas er langt haben soll.

d) Soweit die Klägerin mit ihrer Klageerweiterung vom 20.12.2004 (GA Bd. V Bl. 85) zusätzlich die Zahlung von insgesamt 15.276,97 Euro für die Instandsetzung der Abgaswärmetauscher geltend gemacht hat, ist darauf zu verweisen, dass dieser Betrag bereits Gegenstand der für das Jahr 2002 insgesamt an die Beklagte zu 1) geleisteten Zahlungen ist (vgl. die im LGU S. 13 zu lfd. Nr. 52 aufgeführte Rechnung, in Anlagenkonvolut K 36, GA Bd. III Bl. 120).

2. Die von der Klägerin erbrachten Zahlungen erfolgten ohne Rechtsgrund. Sämtliche in den bezahlten Rechnungen abgerechneten Inspektions- und Instandsetzungsarbeiten sowie die hierfür eingesetzten Materialien waren bereits mit der quartalsweise zu zahlenden Vergütung nach dem Wartungs- und Instandhaltungsvertrag vom 20.05.1998 abgegolten. Der Senat geht – insoweit abweichend von der Auffassung des Landgerichts – davon aus, dass der Wartungs- und Instandhaltungsvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) vom 20.05.1998 (künftig verkürzt: Wartungsvertrag) auch Instandsetzungsleistungen umfasste.

a) Bezüglich der prozessrechtlichen Bindungswirkungen nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nimmt der Senat Bezug auf die Vorausführungen, wonach dem Berufungsgericht eine eigenständige Auslegung des Wartungsvertrages auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen obliegt. Es kommt auf eine umfassende Deutung des zwischen den Parteien geschlossenen Wartungsvertrages an, die nicht allein am Wortlaut stehen bleiben darf.

b) Zunächst ist darauf zu verweisen, dass es für die Vertragsauslegung ohne Relevanz bleibt, dass die Klägerin eingeräumt hat, für die Gesamtanlage am Standort eine Maschinenversicherung abgeschlossen zu haben. Der Umfang der Risikoabsicherung durch die Klägerin lässt keinen sicheren Rückschluss darauf zu, welcher Leistungsumfang dem im Mai 1998 mit der Beklagten zu 1) abgeschlossenen Vertrag zugrunde gelegen haben mag, zumal die Klägerin unwidersprochen ausgeführt hat, dass der Wartungsvertrag nicht sämtliche technischen Anlagen am Standort erfasse.

c) Auch der Zusammenhang zwischen dem Bauvertrag und dem Wartungsvertrag des Inhalts, dass die Gewährleistungsfrist im Bauvertrag gegenüber den Gewährleistungsfristen nach der VOB/B verlängert wurde unter der Bedingung des Abschlusses eines exklusiven Wartungsvertrages, ist für die Auslegung des Wartungsvertrages ohne Belang. Es entspricht der Wertung des § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB/B 1996, dass bei gleichzeitiger Übertragung der Wartung für die Dauer der Gewährleistung auf den Bauunternehmer eine Verlängerung der Gewährleistung gilt, was sich unmittelbar daraus erklärt, dass bei einer ordnungsgemäß gewarteten technischen oder baulichen Anlage regelmäßig eine stabilere Funktionalität und eine längere Lebensdauer zu erwarten ist und es der Unternehmer selbst in der Hand hat, die Erhaltung des Soll-Zustandes zu gewährleisten.

e) Ist ein Wartungsvertrag Gegenstand einer öffentlichen Ausschreibung gewesen, so kommt dem Wortlaut der Leistungsbeschreibung vergleichsweise große Bedeutung zu (vgl. BGH, Urteil v. 09.10.1997, VII ZR 259/95, BGHZ 134, 245; BGH, Urteil v. 22.12.2011, VII ZR 67/11, BGHZ 192, 172). Das gilt auch im vorliegenden Fall.

aa) Hinsichtlich des Wortlauts des gesamten Wartungsvertrages ist zunächst anzumerken, dass der Senat zwei Umständen keine bzw. allenfalls eine sehr untergeordnete und von anderen Aspekten verdrängte Bedeutung beimisst. Einerseits folgt der Senat dem Landgericht in seiner entsprechenden Bewertung des Umstandes, dass in den vorformulierten Textbestandteilen z.T. die Worte „Leistungsverzeichnis Bereich Standard-Wartungsvertrag“ enthalten waren. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe (vgl. LGU, Abschnitt B. III. 1., S. 73) Bezug genommen. Andererseits bezeichneten die Parteien ihren Vertrag in der Überschrift als „Wartung und Instandhaltung der BHK-Anlage und periphere Anlagen“. Insoweit gehen die Prozessparteien selbst übereinstimmend von einer Ungenauigkeit aus, unabhängig davon, dass sie den Vertrag unterschiedlich auslegen. Nach dem Verständnis der technischen Normen (dazu nachfolgend) umfasst die Instandhaltung als einen Teilbereich auch die Wartung, daneben aber auch weitere Bereiche, wie Inspektion, Instandsetzung und Verbesserung. Nach dem in der Praxis weit verbreiteten Verständnis soll Wartung der Oberbegriff sein und die Instandhaltung einschließen. Es ist gerichtsbekannt, dass auf dem Markt die Bezeichnungen von Wartungsverträgen variieren und die unter dem Begriff Wartung angebotenen oder abgefragten Leistungen je nach Anbieter oder Nachfrager ein sehr unterschiedliches Leistungsspektrum aufweisen (vgl. nur Schneider/ Kahlert in: Schneider, Handbuch EDV-Recht, 5. Aufl. 2017, P. Hardwarewartungsverträge Rz. 2 und 8). Der Senat sieht daher auch in der Bezeichnung des Vertrages kein belastbares Indiz für die eine oder andere Auslegung.

bb) Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind die in der Präambel des Wartungsvertrages aufgeführten Vertragsziele durchaus geeignet, auf eine Einbeziehung der Instandsetzung in den Vertrag zu schließen. Als letzte Anstriche wurden dort die Gewährleistung eines sicheren Anlagenbetriebes und die (dauerhafte) Einhaltung der zugesicherten Eigenschaft „Verfügbarkeit“ genannt. Damit korrespondiert, dass der Vertrag in Ziffer 2 Abs. 3 eine Reaktionszeit des Auftragnehmers definiert. Beschränkte sich der Vertrag lediglich auf periodisch, nach Zeiteinheiten oder nutzungsabhängig zu erbringenden Regelwartungs- und Instandhaltungsmaß nahmen im engeren Sinne, so wäre diese Regelung überflüssig gewesen. Die Festlegung von Reaktionszeiten deutet im Lichte des Vertragsziels Aufrechterhaltung der Verfügbarkeit darauf hin, dass dem Auftragnehmer auch solche von Abrufen oder Fehlermeldungen der Auftraggeberin abhängige Vertragsleistungen übertragen wurden.

cc) Maßgeblich ist für den Senat einerseits, dass die Klägerin die Vergabe des Wartungsauftrages mit der in Ziffer 2 aufgeführten Leistungsbeschreibung ursprünglich nach Maßgabe der VOB ausgeschrieben hatte, so dass für die Auslegung auf den Empfängerhorizont eines fachkundigen Bieters abzustellen war und für das Begriffsverständnis ergänzend die VOB/C und deren Bestandteile heranzuziehen sind, soweit sich keine ausdrücklichen Abweichungen aus dem Vertragstext selbst ergeben. Insoweit kommt dem Begriffsverständnis der DIN 31051 – Grundlagen der Instandhaltung – eine besondere Bedeutung zu. Danach ist Instandhaltung, welche im Wartungsvertrag vom 20.05.1998 durchgängig als geschuldete Leistung benannt wird, ein Oberbegriff, welcher sich in Wartung – häufig i.S. von vorbeugender Wartung -, Inspektion und Instandsetzung untergliedert und die Instandsetzung als Wiederherstellung des für den Betrieb der Anlage erforderlichen Soll-Zustandes nach Störungen, Schäden oder sonstigen Abweichungen einschließt (vgl. dazu Schneider/Kahlert, a.a.O., Rz. 6 f.). Anders, als Inspektionen oder vorbeugende Wartungsmaßnahmen erfolgen Instandsetzungsarbeiten aufgrund des Abrufs des Kunden bzw. auf dessen Fehlermeldung.

dd) Bedeutsam ist andererseits, dass die in Ziffer 2 – Leistungen des AN – sowohl im Hinblick auf die Leistungen innerhalb der Gewährleistungszeit (Absatz 1) als auch im Hinblick auf die Leistungen nach Ablauf der Gewährleistungszeit (Absatz 2) definierten Leistungsumfänge als „die Regelwartungsleistungen sowie sämtliche Instandhaltungs- und Instandsetzungsleistungen (auch in Bezug auf Verschleißteile)“ (Unterstreichungen durch den Senat) definiert. Damit unterscheiden die Vertragsparteien in Ziffer 2 deutlich drei Kategorien, Regelwartung, Instandhaltung (offenkundig nicht als Oberbegriff, sondern im engeren Sinne als periodisch oder nach einem Zeitplan oder nutzungsabhängig gemäß den Vorschriften des Herstellers der Anlage teile zu erbringende Leistungen) und Instandsetzungen als abrufabhängige Maßnahmen zur Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft. Die Parteien vereinbarten ausdrücklich, dass der Austausch von Verschließteilen eingeschlossen ist. Insoweit ist jedoch die gesonderte Vereinbarung der Parteien im Vergabegespräch vom 07.05.1997 (in Anlage K 2, GA Bd. I Bl. 25 ff.) unter Ziffer 7 zu berücksichtigen, wonach sich das Wartungsangebot der Beklagten zu 1) bezüglich der Motoren darauf beschränkte, dass in dem Wartungspreis ihres Angebotes die Kosten für den Ersatz von Zündkerzen nur für den Austausch nach der garantierten Standzeit von 1.500 Bh und der Regelerwartung von 3.000 Bh enthalten seien.

ee) Der Umstand, dass dem Wartungsvertrag vom 20.05.1998 Anlagen beigefügt sind, welche insbesondere die Regelwartungsleistungen und die Inspektionen konkretisieren, spricht, anders als die Beklagte zu 1) meint, nicht gegen die Einbeziehung von Instandsetzungsleistungen in das jeweilige – durch die Regelvergütung abgegoltenen – Leistungsspektrum. Hinsichtlich dieser Regelleistungen war eine Untersetzung und genaue Definition möglich und zweckmäßig, weil die Erforderlichkeit der Maßnahmen unabhängig von den Besonderheiten des künftigen Betriebes abhing. Hinsichtlich der Instandsetzungsarbeiten wäre jede Untersetzung unvollständig gewesen, weil die Vielfalt der möglichen Störungen, Ausfälle und Abweichungen vom Soll-Zustand einer betriebsbereiten Anlage nicht zu erfassen war.

ff) Die pauschale Vergütungsregelung wurde in Abhängigkeit von der Anzahl der Betriebsstunden je Modul getroffen. Soweit die Beklagte zu 1) eingewandt hat, dass eine solche Vergütungsregelung schon per se dafürspreche, dass mit ihr nur periodisch, nach Zeitplan oder nutzungsabhängig zu erbringende Leistungen erfasst seien, folgt der Senat dem nicht. Einem fachkundigen Unternehmen ist zuzumuten, durch angemessene Zuschläge auch den durch schnittlichen Instandsetzungsaufwand einzukalkulieren. Die weitere Einwendung der Beklagten zu 1), dass der konkret angebotene Preis je Betriebsstunde auf eine auf Instandhaltung im engeren Sinne und Regelwartung begrenzte Leistung schließen lasse, überzeugt nicht. Einerseits hat die Klägerin durch substantiierten Vortrag, insbesondere durch Verweis auf die Broschüre der Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch e.V. (Anlage K 51, GA Bd. IV Bl. 143 ff.) und im Schriftsatz vom 04.04.2008, dort ab S. 2 (GA Bd. VI Bl. 31 ff.) aufgezeigt, dass der angebotene Preis durchaus üblich für eine Vergütung einer sog. Vollwartung sei, andererseits sind für die Preisfindung der Beklagten zu 1), gerade auch in einer öffentlichen Ausschreibung, andere Aspekte als Auskömmlichkeit und angemessene Gewinnmargen nicht auszuschließen. Der weitere Umstand, dass das Regelentgelt in Ziffer 4 Abs. 2 von der Beklagten zu 1) nicht weiter aufgegliedert wurde und die Beklagte zu 1) die Preisanteile, welche auf bestimmte Einzelleistungen entfielen, nicht angab, ändert nichts an der Verbindlichkeit des Regelentgelts für sämtliche Kosten des Auftragnehmers für Lohn, Material, Reisekosten und Auslösungen.

f) Schließlich sprechen auch einige außerhalb der Urkunde liegende Umstände für die Richtigkeit der Auslegung durch den Senat. aa) Einerseits hat der an den Verhandlungen über den Wartungsvertrag beteiligte Zeuge C. R. (vgl. Sitzungsprotokoll v. 10.01.2018, GA Bd. X Bl. 96 ff.) zwar eingeräumt, dass er an die Vorgänge nach ca. 20 Jahren keine vereinzelte Erinnerung mehr habe, aber gleichwohl noch erinnerte, dass der Wartungsvertrag nicht auf den Austausch der Zündkerzen beschränkt war, sondern sämtliche Verschleißmaterialien erfasst habe. Diese Erinnerung stellt auch nicht nur eine individuelle Interpretation des Zeugen dar, sondern nach seiner Aussage eine von ihm wahrgenommene Einigkeit der Anwesenden. Die Angabe korrespondiert im Übrigen mit dem Text der Leistungsbeschreibung in Ziffer 2 des Wartungsvertrages. Die Regelung zu den Zündkerzen sei nur deswegen gesondert herausgegriffen worden, weil deren Austauschkosten häufig Streitpotenzial böten, weswegen diese Frage eindeutig habe geklärt werden sollen. Der Zeuge R. bestätigte mit seiner Aussage auch auf mehrfachen Vorhalt, dass der Vertrag als ein Vollleistungsvertrag gemeint gewesen sei und auf das permanente Erhalten eines betriebsfähigen Zustandes der Anlage gezielt habe. Es sei darum gegangen, sämtliche zur Erhaltung der Betriebsbereitschaft erforderlichen Maßnahmen aus einer Hand zu bekommen.

bb) Andererseits ist unstreitig, dass die Vertragsparteien während der ersten drei Jahre der Laufzeit des Wartungsvertrages (1998 bis 2000) den Vertrag in dem vom Senat verstandenen Sinne abwickelten. Die Beklagte zu 1) erbrachte diverse Instandsetzungsleistungen, ohne sie separat in Rechnung zu stellen. Auch Materialkosten, insbesondere für Verschleißteile, wurden nicht in Rechnung gestellt. Die Beklagte zu 1) änderte ihr Verhalten nach dem (vermeintlichen) Ablauf der Gewährleistungsfrist am 30.12.2000. Insoweit ist jedoch darauf zu verweisen, dass die Regelungen in Ziffer 2 des Wartungsvertrages, welche zwischen dem Zeitraum der Gewährleistung und dem Zeitraum nach Ablauf der Gewährleistung differenzieren, im Hin blick auf den Umfang der geschuldeten Leistungen wortgleich sind und jeweils auch Instand setzungsarbeiten umfassen. Ausdrücklich verweigerte sie die Leistungserbringung ohne einen erneuten entgeltlichen Auftrag anlässlich der Aufforderung der Klägerin zur Instandsetzung nach dem Vorfall 2 am 20.01.2003, wie das Schreiben der Beklagten zu 1) vom 04.02.2003 (Anlage K 20, GA Bd. I Bl. 158) belegt.

cc) Der Auslegung des Senats steht nicht entgegen, dass die Klägerin in den Jahren 2001 und 2002 die Rechnungen der Beklagten zu 1) und diejenigen der D. AG jeweils ohne die Erklärung eines Vorbehalts bezahlte. Die bloße Begleichung der Rechnungen stellt grundsätzlich kein Anerkenntnis dar; ein solches liegt nur vor, wenn sich aus besonderen Umständen ergibt, dass die zahlende Partei damit die berechtigte Geltendmachung der Forderung bestätigen wollte. Hier fehlte es schon an einem Anlass für eine solche Bestätigung. Nach dem Vorfall 2 vom 20.01.2003 kam es erstmals zu einem offenen Streit über die Frage der Vergütung von Instandsetzungsleistungen der Beklagten zu 1), in diesem Streit nahm die Klägerin die auch im Rechtsstreit weiter vertretene Rechtsposition ein.

3. Die Rückzahlungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) sind nicht verjährt, weil sie bereits mit der Klageschrift vom 30.12.2003 rechtshängig geworden sind; das steht zwischen den Prozessparteien nicht im Streit.

4. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) Anspruch auf Zahlung sog. Prozesszinsen nach §§ 291 i.V.m. 288 Abs. 2 BGB a.F. Da die Klage vom 30.12.2003, welche auf einen höheren Betrag dieser Klageforderungen gerichtet war, der Beklagten zu 1) am 02.02.2004 zugestellt worden ist (vgl. GA Bd. I Bl. 164), beginnt die Verzinsung nach § 187 Abs. 1 BGB am 03.02.2004. Im Übrigen unterliegt der Zinsantrag der Abweisung.

II. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen darauf erkannt, dass die Klägerin gegen die Beklagte zu 1) in Bezug auf den Berufungsantrag zu Ziffer 2) weiter einen Anspruch auf Rückzahlung von 32.654,98 Euro aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB hat.

1. Dieser Anspruch bezieht sich auf überzahlte Vergütung für Wartungsarbeiten in den Jahren 2001 bis 2003 aufgrund einer fehlerhaften Anwendung der im Wartungsvertrag enthaltenen Preisgleitklausel (vgl. GA Bd. V Bl. 7 f. sowie Anlagen K 53 bis K 55, GA Bd. V Bl. 9 bis 11). Der Senat macht sich die Erwägungen des erstinstanzlichen Gerichts (LGU, Abschnitt B. IV., S. 79 f.), die im Berufungsverfahren nicht mehr angegriffen worden sind, zu eigen. Insbesondere führten die jeweilige Ankündigung der Erhöhung (vgl. u.a. B 25, GA Bd. V Bl. 117 ff.) durch die Beklagte zu 1) und die hierauf erfolgte vorbehaltlose Zahlung der Klägerin nicht etwa zu einem bestätigenden Anerkenntnis.

2. Auch bezüglich dieser Rückforderung ist die Einrede der Verjährung unbegründet, weil die Klageforderung am 20.12.2004 durch Antragstellung im Termin (vgl. GA Bd. V Bl. 77 f.) rechts hängig geworden ist.

3. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) Anspruch auf Zahlung sog. Prozesszinsen nach §§ 291 i.V.m. 288 Abs. 2 BGB a.F. Da die Klageerweiterung vom 22.12.2009 der Beklagten zu 1) am 08.02.2010 zugestellt worden ist (vgl. GA Bd. I Bl. 164), beginnt die Verzinsung nach § 187 Abs. 1 BGB am 09.02.2010.

III. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) bezüglich des Berufungsantrags zu Ziffer 3 einen bereicherungsrechtlichen Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung von real aufgewandten Kosten für Instandsetzungsarbeiten in den Jahren 2003 bis 2009 in Höhe von insgesamt 235.439,38 Euro und einen vertraglichen Anspruch auf Schadensersatz wegen der Kosten der Selbstvornahme nach §§ 280 Abs. 1, 281 BGB in Höhe von insgesamt 32.270,36 Euro. Im Übrigen ist die mit dem Berufungsantrag zu Ziffer 3 verfolgte Klageforderung als unbegründet abzuweisen.

1. Die Beklagte zu 1) erlangte in den Kalenderjahren 2003 bis 2009 durch Zahlungen an sich selbst insgesamt 69.257,00 Euro und durch ersparte Aufwendungen gegenüber ihrer Nachauftragnehmerin der D. -Gruppe insgesamt 166.182,38 Euro

a) Die Klägerin leistete an die Beklagte zu 1) Zahlungen für Instandsetzungsleistungen im Jahr 2005 in Höhe von 19.680,49 Euro (vgl. LGU S. 16 zu lfd. Nr. 78), im Jahr 2007 in Höhe von 13.876,99 Euro (vgl. LGU S. 19 zu lfd. Nr. 105, 114) und im Jahr 2008 in Höhe von 35.699,52 Euro (vgl. LGU S. 22 zu lfd. Nr. 123, 124, 125, 126, 131).

b) Die Klägerin zahlte an die Nachauftragnehmerin der Beklagten zu 1) – wechselnd firmierend in den Jahren 2003 bis 2005 als D. AG, in den Jahren 2006 bis 2008 als D. Power Systems GmbH & Co. KG und im Jahr 2009 als V. GmbH – unmittelbar im Jahr 2003 einen Betrag von 1.287,50 Euro (vgl. LGU S. 14 zu lfd. Nr. 61), im Jahr 2004 insgesamt 8.358,14 Euro (LGU S. 14 f. zu lfd. Nr. 66, 73, 75), im Jahr 2005 insgesamt 5.153,60 Euro (LGU S. 15 ff. zu lfd. Nr. 76, 81), im Jahr 2006 insgesamt 62.035,84 Euro (LGU S. 17 ff. zu lfd. Nr. 89, 90, 93, 96, 97, 98), im Jahr 2007 insgesamt 14.352,12 Euro (LGU S. 19 ff. zu lfd. Nr. 100, 101, 102, 103, 104, 107, 108, 110, 117, 118, 119, 120), im Jahr 2008 insgesamt 35.525,76 Euro (LGU S. 23 ff. zu lfd. Nr. 127, 128, 132, 138, 150, 151, 152) und im Jahr 2009 insgesamt 39.469,42 Euro (LGU S. 27 ff. zu lfd. Nr. 155, 156, 157, 169, 170, 171, 172, 173, 175, 176, 177, 178, 179, 180).

2. Nach den Vorausführungen erfolgte der Vermögenszuwachs bei der Beklagten zu 1) ohne Rechtsgrund, weil sie nach dem Inhalt des Wartungsvertrages vom 28.05.1998 verpflichtet war, die abgerechneten Leistungen ohne gesondertes Entgelt zu erbringen.

3. Diese Ansprüche sind nicht verjährt, denn die Klägerin hat mit der Klageschrift vom 30.03.2003 einen Feststellungsantrag (zu Ziffer II. 2 der Klageschrift) gestellt, mit dem sie etwaige künftige bereicherungsrechtliche Ansprüche rechtshängig gemacht hat.

4. Soweit die Klägerin Zahlungen an Drittunternehmen leistete, hat sie nur teilweise darzulegen vermocht, dass die Beauftragung der Drittunternehmen als Ersatzvornahme wegen einer Weigerung der Beklagten zu 1) zur entgeltfreien Durchführung dieser Arbeiten geschah.

a) Der Senat erachtet das jeweils nicht erheblich bestrittene Vorbringen der Klägerin in 19 Einzelfällen für hinreichend und nimmt insoweit auf die Feststellungen des Landgerichts Bezug (vgl. LGU S. 14 ff. zu lfd. Nr. 95; 115; 130, 134, 135, 136, 137, 139, 140, 143, 146, 147, 148; 163, 165, 167, 168, 174, 181). Hieraus ergibt sich ein Schadensersatzanspruch in Höhe von insgesamt 32.270,36 Euro. Von diesem Gesamtbetrag entfallen 1.721,47 Euro auf das Jahr 2006, 2.635,46 Euro auf das Jahr 2007, 8.975,21 Euro auf das Jahr 2008 und 18.938,22 Euro für das Jahr 2009.

b) Im Übrigen fehlt es an einem hinreichenden Sachvortrag oder an einem Beweisangebot zu einer jeweils erfolglosen Aufforderung an die Beklagte zu 1) mit Fristsetzung bzw. an einem Vorbringen, warum dies im Einzelfall entbehrlich gewesen sein soll.

IV. Die nach den Vorausführungen begründeten Forderungen der Klägerin in Höhe von ins gesamt 402.267,71 Euro (101.902,99 Euro + 32.654,98 Euro + 235.439,38 Euro + 32.270,36 Euro) sind in Höhe von 117.212,44 Euro nach §§ 387, 389 BGB erloschen.

1. Die Beklagte zu 1) hat gegenüber den mit den Berufungsanträgen zu Ziffern 2 und 3 verfolgten Klageforderungen die Aufrechnung mit den mit der Widerklage geltend gemachten Gegenforderungen erklärt.

2. Aus den Vorausführungen des Senats zur Auslegung des Wartungsvertrages vom 28.05.1998 ergibt sich unmittelbar, dass ein Restbetrag aus der Rechnung der Beklagten zu 1) vom 25.03.2003 (Anlage B 18, GA Bd. II 105) nicht geschuldet ist, weil sich die Rechnung auf Instandsetzungsleistungen nach dem Vorfall 2 am 20.01.2003 bezieht. Darüber hinaus teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts (LGU S.82), dass die Beklagte zu 1) im Rahmen ihrer Obliegenheit zur Substantiierung nach dem detaillierten Bestreiten der Klägerin (vgl. ins besondere auch Anlage K 52, GA Bd. IV Bl. 147) nicht vereinzelt dargelegt hat, weswegen eine höhere als die von der Klägerin rechnerisch bestätigte Summe von 32.185,52 Euro gerecht fertigt sein könnte.

3. Gleiches gilt für die Rechnungen der Beklagten vom 30.01.2002 (Anlage B 21, GA Bd. II Bl. 108), vom 26.03.2002 (Anlage B 20, GA Bd. II Bl. 107) und vom 15.11.2002 (Anlage B 19, GA Bd. II Bl. 106); sämtliche Rechnungen beziehen sich auf Instandsetzungsarbeiten, welche mit dem Regelentgelt des Wartungsvertrages abgegolten waren.

4. Dem gegenüber sind die Forderungen der Beklagten zu 1) aus ihren Rechnungen vom 01.10.2002 (Anlage B 15, GA Bd. II Bl. 102) in Höhe eines Restbetrages von 20.000,00 Euro, vom 31.12.2002/ 07.01.2003 (Anlage B 16, GA Bd. II Bl. 103) in Höhe eines Restbetrages von 15.897,44 Euro und vom 03.04.2003 (Anlage B 17, GA Bd. II Bl. 104) in Höhe von 81.315,00 Euro, insgesamt also in Höhe von 117.212,44 Euro begründet, denn diese Rechnungen beziehen sich auf das Regelentgelt nach dem Wartungsvertrag. Die Klägerin hat insoweit auch keine Einwendungen erhoben.

5. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Landgerichts, dass über die Hilfsaufrechnung der Klägerin mit Schadensersatzforderungen in Höhe von insgesamt 182.764,17 Euro wegen der Folgeschäden aus dem Vorfall 1 vom 11.12.2002 (vgl. Schriftsatz vom 20.07.2004, ab S. 2, GA Bd. III 156 ff.) nicht zu entscheiden ist, weil die Prozessparteien mit ihrer Vereinbarung vom 06./07.04.2005 (vgl. Anlage K 101, Klägeranlagenband I Bl. 174 f.) ein Aufrechnungsverbot bezüglich einerseits der Kosten der Generalüberholung der Anlage und andererseits der Vergütung für die durchzuführenden Arbeiten aus dem Wartungsvertrag vereinbarten. Die Rechnungen (Anlagen B 15 bis B 17) betreffen gerade die Vergütung aus dem Wartungsvertrag. Dieses Aufrechnungsverbot sollte erst enden, wenn über die Schadensersatzforderungen der Klägerin, welche Gegenstand der Hilfsaufrechnung sind, ein Vollstreckungstitel besteht. Die Erfüllung dieser Voraussetzung hat die Klägerin nicht vorgetragen.

6. Aus den Vorausführungen ergibt sich, dass die Widerklage unbegründet ist.

V. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) Anspruch auf Zahlung Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe nach §§ 286 Abs. 2 i.V.m. 288 Abs. 2 BGB a.F.

1. Die bereicherungsrechtlichen und schadensersatzrechtlichen Ansprüche der Klägerin für die Jahre 2003 bis 2006 umfassen insgesamt 98.237,04 Euro (1.287,50 Euro + 8.358,14 Euro+ 24.834,09 Euro + 62.035,84 Euro + 1.721,47 Euro) und sind durch die Aufrechnung vollständig erloschen. Hierauf sind keine Verzugszinsen zu zahlen.

2. Die entsprechenden Ansprüche der Klägerin für das Jahr 2007 betragen 30.864,57 Euro (28.229,11 Euro + 2.635,46 Euro), wovon durch die Aufrechnung 18.975,40 Euro (117.212,44 Euro – 98.237,04 Euro) erloschen sind, so dass 11.889,17 Euro verbleiben, die zu verzinsen sind.

3. Die Beklagte zu 1) ist in Verzug mit der Begleichung der begründeten Klageforderungen für das Jahr 2008 in Höhe von 80.200,49 Euro (71.225,28 Euro + 8.975,21 Euro) und für das Jahr 2009 in Höhe von 58.407,64 Euro (39.469,42 Euro + 18.938,22 Euro).


C.

I. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.

II. Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 sowie 543, 544 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

III. Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.

IV. Die Festsetzung des Streitwerts für die Gebührenberechnung (Kostenwert) im Berufungsverfahren folgt aus §§ 39 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1, 63 Abs. 2 GKG i.V.m. § 3 ZPO.

Der Senat hat dabei den gegen beide Beklagte als Gesamtschuldner gerichteten Berufungsantrag zu 1) in Höhe der beiden bezifferten Teilforderungen von 998.391,23 Euro und 107.139,65 Euro sowie den Feststellungsantrag (einseitige Erledigungserklärung) gegen beide Beklagte in Höhe von 250.000,00 Euro in Ansatz gebracht. Er hat die jeweils gegen die Beklagte zu 1) allein gerichteten Anträge wie folgt bewertet: Den Berufungsantrag zu Ziffer 2 in Höhe der beiden bezifferten Teilforderungen von 146.296,77 Euro und 32.644,98 Euro, den Berufungsantrag zu Ziffer 3 in Höhe seiner Bezifferung mit 336.996,45 Euro und den Berufungsantrag zu Ziffer 4 (Widerklage) mit 94.932,62 Euro.