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Kurz belichtet – HochbauRecht

Kurz belichtet - HochbauRecht

Nur der Geschäftsführer haftet für zweckwidrige Baugeldverwendung

OLG München, Beschluss vom 11.02.2022 – 9 U 5403/21

1. Die Entgegennahme von Baugeld mit dem Versprechen einer baldigen Fertigstellung oder Weiterführung der Baumaßnahme ist kein Betrug, wenn Bauarbeiten auf der Baustelle erbracht und Nachunternehmer bezahlt werden.

2. Auf Zeitgewinn zielende, beschwichtigende Äußerungen können nicht als Verstoß gegen das allgemeine Anstandsgefühl und gegen die Grunderfordernisse der Redlichkeit im geschäftlichen Verkehr gewertet werden.

3. Eine sog. Durchgriffshaftung wegen zweckwidriger Verwendung von Baugeld kommt bei technischen Angestellten, die keine Geschäftsführer sind, nicht in Betracht.

Einverständnis mit Umbauarbeiten ist keine Kostenübernahmeerklärung

OLG Stuttgart, Beschluss vom 20.02.2023 – 13 U 114/22

1. Bei der Beantwortung der Frage, ob zwischen dem Besteller und dem Unternehmer ein Werkvertrag zu Stande gekommen ist, sind die (strengen) Anforderungen des Vollbeweises zu Grunde zu legen, da den Werkunternehmer die Beweislast für das Zustandekommen eines Werkvertrags trifft.

2. Aus dem Umstand, dass sich der Eigentümer einer Wohnung mit der Durchführung von Bauarbeiten einverstanden erklärt, folgt nicht, dass er auch zur Übernahme der Kosten bereit ist.

Verlassen der Baustelle ist keine Erfüllungsverweigerung

OLG München, Urteil vom 26.07.2022 – 9 U 7532/21 Bau

1. Ein Anspruch des Auftraggebers auf Ersatz von Fertigstellungsmehrkosten wegen Mängeln der Leistung vor der Abnahme setzt im VOB/B-Vertrag voraus, dass er dem Auftragnehmer erfolglos eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels gesetzt und die Kündigung angedroht hat und nach fruchtlosem Ablauf der Frist der Vertrag gekündigt wurde.

2. Einer Fristsetzung mit Kündigungsandrohung bedarf es nicht, wenn der Auftragnehmer die Erfüllung des Vertrags ernsthaft und endgültig verweigert.

3. Das Verlassen der Baustelle allein ist (noch) keine endgültige Erfüllungsverweigerung. Das Kooperationsgebot erfordert, dass sich der Auftraggeber mit dem Auftragnehmer wegen ausstehender Restleistungen in Verbindung setzt, statt die Arbeiten ohne Rücksprache zu halten selbst fertigzustellen.

Ersatzauftrag öffentlich ausgeschrieben: Kein Verstoß gegen Schadensminderungspflicht

OLG Brandenburg, Urteil vom 28.11.2023 – 10 U 2/23

1. Der Auftraggeber kann den Vertrag kündigen, wenn der Auftragnehmer mit der Vollendung in Verzug gerät und ihm der Auftraggeber erfolglos eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung gesetzt. Nach der Kündigung ist er berechtigt, den noch nicht vollendeten Teil der Leistung zu Lasten des Auftragnehmers durch einen Dritten ausführen zu lassen.

2. Die zu ersetzenden Fertigstellungsmehrkosten muss der Auftraggeber nachvollziehbar abrechnen. Der Detaillierungsgrad der Abrechnung bestimmt sich dabei nach den Kontroll- und Informationsinteressen des Auftragnehmers.

3. Der Auftragnehmer kann dem Fertigstellungsmehrkostenanspruch einen etwaigen Verstoß des Auftraggebers gegen die Schadensminderungspflicht entgegenhalten. Dabei kommt insbesondere ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot in Betracht.

4. Ein öffentlicher Auftraggeber ist bei der erneuten Beauftragung eines zuvor im Wege eines förmlichen Vergabeverfahrens vergebenen Auftrags unter Schadensminderungsgesichtspunkten regelmäßig nicht zur Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens verpflichtet.

5. Wird der Ersatzauftrag in einem förmlichen Vergabeverfahren vergeben, sprechen gewichtige Indizien dafür, dass der gebildete Preis nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstößt.

Von der Redaktion HochbauRecht Heft 1/2024

Von der Redaktion HochbauRecht Heft 1/2024

Die VOB/B gilt als insgesamt ausgewogenes Vertragswerk und ist seit über 90 Jahren der Musterbauvertrag für die öffentliche Hand. Der öffentliche Auftraggeber schreibt seine Verträge weiterhin auf Basis der VOB/B aus. Die VOB/B ist also weiterhin aktuell. Sie enthält jedoch zahlreiche in der Baupraxis oft übersehene Tücken und Fallstricke. Hinzu kommen zahlreiche richtungsändernde Urteile des BGH, die der bisherigen Praxis ein Ende setzen. Sei es hinsichtlich der Mängelrechte vor der Abnahme, der Kalkulation von Nachträgen oder den Anforderungen an die Darstellung von Bauzeitenansprüchen. Ziel unserer HochbauRecht ist es, Ihnen die aktuelle Rechtsprechung zur VOB/B (z.B. Berechnen der Nachträge nach den tatsächlich erforderlichen Kosten, Unwirksamkeit § 4 Abs. 7 VOB/B) vorzustellen und praktische und rechtssichere Lösungen bei der Abwicklung eines Bauvorhabens anzubieten. Wer erfolgreich sein will, muss das zu lösende Problem im Baurechtsdschungel zutreffend einordnen. So kann man rasch klären, welche strategischen Optionen zur Verfügung stehen. Dementsprechend verfolgt die Hochbaurecht das Ziel, Ihnen für typische Problemlagen praxistaugliches Basiswissen zu vermitteln. Ziel ist die Vermittlung exakt der Kenntnisse, die insbesondere Bau- und Projektleiter benötigen, um ihr Projekt wirtschaftlich erfolgreich zu managen und abzuschließen. Die Kenntnisse sollen Sicherheit in wichtigen, oft stressigen Situationen geben und auf diese Weise auch den persönlichen Druck, unter dem die Baubeteiligten stehen, vermindern. Wenn Nichtjuristen juristisch bedeutsam handeln müssen, benötigen sie dafür keine theoretische Erläuterung komplizierter Paragraphen, sondern eine verständliche, ausschließlich an ihrer täglichen Praxis orientierte Hilfestellung. Diese Hilfestellung soll unsere HochbauRecht liefern. Nehmen Sie uns beim Wort. Für Hinweise und Wünsche sind wir empfänglich. Sprechen Sie uns sehr gerne an!

Ihre Redaktion

BGH zu der Frage, dass das Gericht, wenn es bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen und ihnen Gelegenheit geben muss, auf den Hinweis zu reagieren und ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen

BGH zu der Frage, dass das Gericht, wenn es bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen und ihnen Gelegenheit geben muss, auf den Hinweis zu reagieren und ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen

vorgestellt von Thomas Ax

1. Geht es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage, darf der Tatrichter auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur dann verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde aufzuweisen vermag.
2. Das Gericht muss, wenn es bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen und ihnen Gelegenheit geben, auf den Hinweis zu reagieren und ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen.
3. Allein eine längere Tätigkeit in einem Bausenat kann nicht ohne weiteres zuverlässige Kenntnisse über das – für die Prüfung einer Ausführungsplanung auf Vollständigkeit – erforderliche bautechnische Fachwissen verschaffen.
BGH, Beschluss vom 25.10.2023 – VII ZR 17/23
vorhergehend:
OLG Dresden, 06.12.2022 – 6 U 2337/20
LG Görlitz, 25.11.2020 – 6 O 138/18

Gründe:

1

Der Kläger verlangt von den Beklagten Architektenhonorar für Planungsleistungen nach den Mindestsätzen der HOAI.

 

 

2

Die Beklagte zu 1 erwarb im Jahr 2013 das Grundstück M.-Straße 20 in D., auf dem sich ein als Bürogebäude genutztes Hochhaus und eine Tiefgarage befanden. Der Kläger erbrachte im Einzelnen streitige Planungsleistungen für den auf dem Grundstück der Beklagten zu 1 vorgesehenen Neu- und Umbau des Gebäudes und zwar für die Teilprojekte:
– Neubau eines Wohngebäudes für studentisches Wohnen (TP 1),
– Umbau eines 11-geschoßigen Stahlbetonskelettbaus zum Wohngebäude (TP 2), 
– die Errichtung einer Tiefgarage unter Nutzung von Bestandskellerkonstruktionen (TP 3), 
– die Erstellung von Außenanlagen (TP 4),
– die Errichtung von Ingenieurbauwerken außerhalb des Gebäudes, befestigte Straßen und Wege (TP 5).

 

 

3

Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte zu 1 habe ihn mündlich mit der Erbringung der Grundlagenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 4 der HOAI (2013) für alle Teilprojekte beauftragt. Anlässlich der Unterzeichnung des zwischen der Beklagten zu 1 und der O. GmbH geschlossenen Generalunternehmervertrags am 22. September 2015 sei ihm mündlich auch die Ausführungsplanung (Grundleistungen der Leistungsphase 5) für die Teilprojekte 1 und 3 mit der Maßgabe übertragen worden, die erforderlichen Pläne an die Generalunternehmerin zu senden. Eine gesonderte Honorarvereinbarung sei nicht getroffen worden.

 

 

4

Mit der letzten korrigierten Honorarrechnung vom 17. März 2019 machte der Kläger unter Zugrundelegung der Mindestsätze der HOAI (2013) und Anrechnung geleisteter Abschlagszahlungen in Höhe von 109.243,70 € netto (= 130.000 € brutto), ein Honorar in Höhe von 442.117,55 € brutto sowie den Ersatz der Kosten vorgerichtlicher Rechtsverfolgung in Höhe von 4.099,90 € jeweils nebst Zinsen geltend.

 

 

5

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 308.231,15 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.163,90 € nebst Zinsen verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung des Klägers zurückgewiesen. 

 

 

6

Hiergegen richten sich die Nichtzulassungsbeschwerden der Parteien, mit denen sie jeweils die Zulassung der Revision begehren, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.


II.

A.

 

 

7

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO im tenorierten Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

 

 

8

1. Das Berufungsgericht hat, – soweit es von Interesse ist – ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Zahlung eines Honorars nach den Mindestsätzen für erbrachte Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 4 der HOAI (2013) in Höhe von 281.659,31 € brutto zu. Er habe zudem einen Anspruch auf eine weitere Vergütung in Höhe von 26.571,84 € brutto für Teilleistungen, die er im Rahmen der Ausführungsplanung in der Leistungsphase 5 bei den Teilprojekten 1 und 3 erbracht habe. 

 

 

9

Soweit der Kläger ein nach den Mindestsätzen berechnetes Honorar für die Erbringung der Grundleistungen der Leistungsphase 5 bei den Teilprojekten 1 bis 3 beanspruche, sei es ihm nicht gelungen, darzulegen und zu beweisen, dass er von den Beklagten in diesem Umfang konkludentbeauftragt worden sei. Er habe zwar vorgetragen und durch Vorlage entsprechender Dokumente unter Beweis gestellt, dass er die vollständigen Grundleistungen der Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung) für die Teilprojekte 1 und 3 erbracht und hierüber die Beklagte zu 1 fortlaufend unterrichtet habe. Damit habe der Kläger eine Entgegennahme der Architektenleistung durch die Beklagte zu 1 behauptet. Allerdings werde aus den von ihm vorgelegten Unterlagen (Ausführungs-, Detail- und Konstruktionszeichnungen, vgl. Anlagenkonvolut K VI) nicht deutlich, dass es sich dabei um eine vollständige Ausführungsplanung mit allen für die Ausführung notwendigen Einzelangaben (zeichnerisch und textlich) auf der Grundlage der Entwurfs- und Genehmigungsplanung bis zur ausführungsreifen Lösung als Grundlage für die weiteren Leistungsphasen handele. Es fehle der Nachweis, dass die von dem Kläger für die Leistungsphase 5 erstellten Ausführungspläne so detailliert ausgearbeitet und vermessen seien, dass aus den Zeichnungen die Mengen und Massen hätten ermittelt werden können, um damit die jeweiligen Bauleistungen umsetzen zu können. Diese Beurteilung sei dem Berufungsgericht aufgrund eigener Sachkunde möglich, weshalb es der Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht bedürfe. 

 

 

10

Dass der Kläger über die mit Anlagenkonvolut VI vorgelegten Planungsleistungen hinaus, die nicht als vollständige Erbringung der Ausführungsplanung zu werten seien, weitere Leistungen der Leistungsphase 5 erbracht habe, gehe aus seinem Vortrag nicht hervor. Daher sei davon auszugehen, dass er hinsichtlich der Leistungsphase 5 nur mit Teilleistungen der Ausführungsplanung beauftragt worden sei, die von ihm – jeweils auf Anweisung der O. GmbH – erbracht worden seien. Diese Leistungen seien auf der Grundlage nachzuweisender Arbeitsstunden abzurechnen gewesen. Der Kläger habe auf der Grundlage des nachgewiesenen Zeitaufwands hilfsweise eine Vergütung in Höhe von 26.571,84 € brutto geltend gemacht, die der Höhe nach von den Beklagten anerkannt worden sei. 

 

 

11

Nach § 7 Abs. 5 HOAI (2013) werde zwar unwiderleglich vermutet, dass die jeweiligen Mindestsätze gemäß § 7 Abs. 1 HOAI (2013) vereinbart seien, wenn – wie hier – keine andere Vereinbarung schriftlich getroffen worden sei. Aus dem Vortrag des Klägers ergäben sich indes keine Anhaltspunkte, dass das – für die tatsächlich abgerufenen Leistungen zu ermittelnde – Mindestsatzhonorar höher ausfalle als das abgerechnete Zeithonorar. Ein Verstoß gegen das zwingende Preisrecht der HOAI sei von Amts wegen nur bei einem entsprechenden Vortrag der Parteien zu beachten. 

 

 

12

2. Mit dieser Begründung verletzt das Berufungsgericht – wie der Kläger zu Recht rügt – in entscheidungserheblicher Weise seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG.

 

 

13

a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BGH, Beschluss vom 6. März 2019 – VII ZR 303/16 Rn. 7, BauR 2019, 1011; Beschluss vom 28. Mai 2019 – VI ZR 328/18 Rn. 6, NJW 2019, 3236). 

 

 

14

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe einen konkludenten Vertragsschluss über die Erbringung der Grundleistungen der Leistungsphase 5 für die Teilprojekte 1 und 3 nicht nachgewiesen, beruht auf einer unzureichenden Sachaufklärung (§ 286 ZPO), die zugleich das rechtliche Gehör des Klägers verletzt (Art. 103 Abs. 1 GG). 

 

 

15

aa) Zwar handelt es sich bei der Frage, in welchem Umfang der Kläger mit der Erbringung der Grundleistungen der Leistungsphase 5 von der Beklagten zu 1 beauftragt wurde, um eine vom Berufungsgericht vorzunehmende Rechtsprüfung. Für die Würdigung der Gesamtumstände war für das Berufungsgericht allerdings von Bedeutung, ob der Kläger die vollständigen Grundleistungen der Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung) für die Teilprojekte 1 und 3 erbracht hat. Diese Beurteilung betrifft eine Fachwissen voraussetzende Frage, deren Klärung einem Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zugänglich ist. Dies folgt aus den verwendeten fachsprachlichen Begriffen, aus dem Erfordernis der „notwendigen zeichnerischen und textlichen Einzelangaben“, aus der vorgeschriebenen Gestaltung der Zeichnungen nach „Art und Größe des Objekts im erforderlichen Umfang und dem Detaillierungsgrad unter Berücksichtigung aller fachspezifischen Anforderungen“, sowie aus der Koordinations- und Integrationspflicht, deren Erfüllung Kenntnisse der beteiligten Gewerke voraussetzt.

 

 

16

bb) Das Berufungsgericht hat sich gehörswidrig über den Antrag des Klägers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens hinweggesetzt und die Frage, ob er die Grundleistungen der Leistungsphase 5 erbracht hat, verfahrensfehlerhaft ohne die erforderliche Hinzuziehung eines Sachverständigen aus eigener, nicht ausgewiesener Sachkunde beantwortet.

 

 

17

(1) Wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, darf der Tatrichter auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur dann verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde aufzuweisen vermag (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Januar 2018 – VI ZR 106/17 Rn. 16, NJW 2018, 2730; Beschluss vom 13. Januar 2015 – VI ZR 204/14 Rn. 5, NJW 2015, 1311; Beschluss vom 13. März 2008 – VII ZR 219/06 Rn. 20, BauR 2008, 1031; Urteil vom 23. November 2006 – III ZR 65/06 Rn. 14, NJW-RR 2007, 357 m.w.N.).

 

 

18

(2) Das Berufungsgericht durfte den Beweisantrag auf Einholung des Sachverständigengutachtens nicht unter Hinweis auf eine eigene Sachkunde ablehnen. Es hat keine Sachkunde aufzuweisen vermocht, die es zur Beurteilung befähigen könnte, ob die für das Bauobjekt vorgelegten Pläne den technischen Anforderungen genügen, die an die in der Leistungsphase 5 zu erbringende Ausführungsplanung zu stellen sind. Allein eine längere Tätigkeit in einem Bausenat kann nicht ohne weiteres zuverlässige Kenntnisse über das – für die Prüfung der vorgelegten Ausführungsplanung auf Vollständigkeit – erforderliche bautechnische Fachwissen verschaffen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 – VII ZR 231/95 Rn. 9, BauR 1997, 692). 

 

 

19

cc) Das Berufungsgericht hat zudem den Parteien keinen dokumentierten Hinweis erteilt, dass es die Frage nach der Vollständigkeit der erbrachten Leistungen aufgrund eigener Sachkunde entscheiden will. 

 

 

20

Das Gericht muss, wenn es bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 – VII ZR 231/95 Rn. 8, BauR 1997, 692 m.w.N.) und ihnen Gelegenheit geben, auf den Hinweis zu reagieren und ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2005 – XI ZR 144/03 Rn. 12, FamRZ 2005, 700). Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2022 hat es den Parteien gehörswidrig keine Gelegenheit gegeben, zu den Grundlagen seiner Sachkunde Stellung zu nehmen. Vielmehr hat das Berufungsgericht – ohne Gewährung der von dem Kläger beantragten Frist zur schriftlichen Stellungnahme – die angefochtene Entscheidung nach Wiederaufruf der Sache am Ende des Sitzungstags verkündet (§ 310 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ZPO).

 

 

21

3. Ein weiterer Gehörsverstoß des Berufungsgerichts ist in der fehlenden Einräumung der Gelegenheit zur Stellungnahme auf den in der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2022 erteilten Hinweis zu sehen, wonach die vom Kläger vorgelegten Planungsleistungen den Anforderungen, die an die Grundleistungen der Leistungsphase 5 zu stellen seien, nicht genügen. 

 

 

22

Das Berufungsgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20. April 2021 zu erkennen gegeben, dass es das Bestreiten der Beklagten zur Vollständigkeit der Ausführungsplanung in Ermangelung der Angabe dessen, was fehlen soll, für nicht substantiiert hält. In dem Protokoll über diese Verhandlung ist folgender Hinweis dokumentiert: 

„Die Beklagten bestreiten zwar, dass der Kläger die Komplettleistung der Leistungsphase 5 erbracht habe und meinen, aus dem Anlagenkonvolut K VI Anlagen 1.22 bis 1.41 folge nicht die komplette Ausführungsplanung. Woran es aber konkret fehlen soll, tragen die Beklagten nicht vor.“

 

 

23

Diesen Hinweis durfte der Kläger dahin verstehen, dass das Berufungsgericht – wegen des fehlenden Bestreitens der Beklagten – weiteren Vortrag zur Beauftragung mit der Ausführungsplanung und zur Erbringung der Leistung nicht für erforderlich hielt. Eine davon abweichende Rechtsauffassung des Berufungsgerichts ergibt sich allerdings aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2022, in dem Folgendes protokolliert ist:


„Der Kläger meint, der Senat habe erstmals zu nicht vollständig gemachten Leistungen der Leistungsphase 5 Ausführungen gemacht, und beantragt, ihm insoweit Schriftsatzrecht und auch Schriftsatzrecht zu den weiteren Hinweisen des Senats zu gewähren. Der Senat führt hierzu aus, dass er allein rechtliche Ausführungen gemacht habe, es sich hingegen nicht um rechtliche Hinweise handle.“

 

 

24

Daraus ist zu schließen, dass das Berufungsgericht das Bestreiten der Beklagten – trotz Fehlens neuen Sachvortrags – abweichend von der zuvor in der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2021 vertretenen Rechtsansicht beurteilte und nunmehr die vom Kläger erstellte Ausführungsplanung nicht mehr als vollständig erachtete. Neben der Erteilung eines Hinweises auf die geänderte rechtliche Einschätzung hätte das Berufungsgericht dem Kläger Gelegenheit geben müssen, auf den für ihn überraschenden Hinweis zu reagieren und seinen Tatsachenvortrag zu ergänzen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2005 – XI ZR 144/03 Rn. 12, FamRZ 2005, 700). Nur auf diese Weise wäre das rechtliche Gehör des Klägers, zu dem neuen rechtlichen Gesichtspunkt Stellung nehmen zu können, gewahrt worden. Stattdessen hat das Berufungsgericht gehörswidrig seinen Antrag zur Stellungnahme auf den Hinweis abgelehnt und nach Schluss der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung erlassen. 

 

 

25

4. Auf den Verletzungen des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör beruht das angefochtene Urteil. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei gebotener Berücksichtigung der aufgezeigten Gesichtspunkte zu einem für ihn günstigeren Ergebnis gelangt wäre.

 

 

26

5. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit zum Nachteil des Klägers entschieden worden ist. 

B.

 

 

27

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten war zurückzuweisen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird insoweit gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

 

 

(Hinweis der Redaktion: Die Randnummern sind amtlich und damit besonders zitiergeeignet.)

 

BGH zu der Frage der Verwendung einer Klausel durch einen Bauträger in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Erwerbsvertrags, die die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch eine von ihm als Erstverwalter bestimmte, mit ihm wirtschaftlich verbundene (Tochter)Gesellschaft ermöglicht

BGH zu der Frage der Verwendung einer Klausel durch einen Bauträger in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Erwerbsvertrags, die die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch eine von ihm als Erstverwalter bestimmte, mit ihm wirtschaftlich verbundene (Tochter)Gesellschaft ermöglicht

vorgestellt von Thomas Ax

1. Eine von einem Bauträger in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Erwerbsvertrags verwendete Klausel, die die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch eine von ihm als Erstverwalter bestimmte, mit ihm wirtschaftlich verbundene (Tochter)Gesellschaft ermöglicht, ist unwirksam (Anschluss an BGH, IBR 2013, 686).
2. Macht eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) als Prozessstandschafterin der Erwerber Mängelansprüche wegen Mängeln an der Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums gegen den Bauträger geltend, so ist es diesem als Verwender der genannten unwirksamen Formularklausel nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich darauf zu berufen, dass sich der Vertrag mangels wirksamer Abnahme des Gemeinschaftseigentums insoweit noch im Erfüllungsstadium befinde, weshalb im Rahmen der Anspruchsbegründung die Abnahme des Gemeinschaftseigentums als Voraussetzung für die Geltendmachung von Mängelansprüchen zu unterstellen ist (Anschluss an BGH, IBR 2016, 521; IBR 2016, 456; IBR 2016, 275).*)
3. Zur Frage, ob ein rechtsmissbräuchliches widersprüchliches Verhalten einer GdWE vorliegt, wenn diese – als Prozessstandschafterin der Erwerber – in der Vergangenheit zweimal Mängelansprüche wegen Mängeln an der Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums geltend gemacht hat, die von dem in Anspruch genommenen Bauträger jeweils reguliert wurden, und sie sich später bei der klageweisen Geltendmachung weiterer Mängelansprüche gegenüber der vom Bauträger erhobenen Einrede der Verjährung auf das Fehlen einer wirksamen Abnahme des Gemeinschaftseigentums beruft.*)
BGH, Urteil vom 09.11.2023 – VII ZR 241/22
vorhergehend:
OLG Schleswig, Urteil vom 18.11.2022 – 1 U 42/21
LG Kiel, 16.04.2021 – 11 O 74/20

Tatbestand:

1

Die Klägerin, eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE), macht – soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse – Mängelansprüche wegen angeblicher Mängel der im Gemeinschaftseigentum stehenden Bausubstanz gegen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der B.-A. GmbH geltend.

 

 

2

Die betreffende Anlage ist in den Jahren 2005 und 2006 von der B.-A. GmbH (im Folgenden einheitlich nur: Beklagte) errichtet worden. Diese konnte alle Eigentumswohnungen noch im Jahr 2005 verkaufen. In dem exemplarisch vorgelegten Kaufvertrag vom 1. März 2005 wird das betroffene Grundstück als Grundstück, das „bebaut werden soll“, bezeichnet (§ 1 Abs. 2). Als Datum der voraussichtlichen Fertigstellung ist der 30. Juni 2005 angegeben (§ 3 Abs. 3). Die „Übergabe/Abnahme“ sollte bei Fertigstellung erfolgen (§ 7 Abs. 2). Für die „Übergabe/Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums“ beauftragte und bevollmächtigte der Käufer unwiderruflich den Verwalter (§ 7 Abs. 5 Satz 1), bei dem es sich um die B.-V. GmbH, eine Tochtergesellschaft der Rechtsvorgängerin der Beklagten, handelte (§ 11 Abs. 1).

 

 

3

In einem exemplarisch vorgelegten undatierten Kaufvertrag späterer Erwerber wird das betroffene Grundstück ebenfalls als Grundstück, das „bebaut werden soll“, bezeichnet (§ 1 Abs. 2) und von einer voraussichtlichen Fertigstellung im Jahr 2006 gesprochen (§ 3 Abs. 3). In § 7 Abs. 5 heißt es:

„Die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums erfolgte durch den Verwalter – unter Hinzuziehung eines Sachverständigen – im Mai 2005.“

 

 

4

Im Jahr 2007 rügte die Klägerin Planungs- und Ausführungsmängel im Bereich der Dach- und Balkonentwässerung. Diese wurden auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen der Beklagten, dem Generalbauunternehmer und dem planenden Architekturbüro beseitigt.

 

 

5

Weitere Mängel rügte die Klägerin im Jahr 2012; bezüglich dieser Mängel kam es zum Abschluss eines Vergleichs zwischen der Beklagten und der Klägerin, der im Jahr 2013 abgewickelt wurde.

 

 

6

Am 20. April 2014 wurde auf einer Eigentümerversammlung die Unwirksamkeit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums „festgestellt“. In der Folge wandten sich einzelne Mitglieder der Klägerin und auch deren Verwalterin mit Mängelrügen und der Forderung nach einer Abnahme an die Beklagte. Die Beklagte stellte mit an die Verwalterin gerichtetem Schreiben vom 3. September 2015 Mängel in Abrede und berief sich auf Verjährung. Ein Vergleichsangebot der Beklagten vom 21. September 2017 nahm die Klägerin nicht an.

 

 

7

Auf einer Eigentümerversammlung vom 27. November 2018 wurde beschlossen, dass die Ausübung der Nacherfüllungs- und Mängelansprüche der Wohnungseigentümer als Erwerber gegen die Beklagte am gemeinschaftlichen Eigentum mit Ausnahme des großen Schadensersatzes und des Rücktritts auf die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer übertragen wird.

 

 

8

Nach weiteren vergeblichen Aufforderungen zur Mängelbeseitigung hat die Klägerin mit einem am 2. Juni 2020 eingegangenen Schriftsatz Klage eingereicht. Sie hat insbesondere die Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mängelbeseitigung und wegen verschiedener Positionen Schadensersatz verlangt.

9

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

 

 

10

Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben.

 

 

11

Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, soweit über die Mängelansprüche betreffenden Berufungsanträge zu 1 und zu 3 bis 6 entschieden worden ist.

 

 

12

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Berufungsanträge im Umfang der Zulassung weiter.


Entscheidungsgründe:

 

 

13

Die Revision der Klägerin hat Erfolg; sie führt im Umfang der Anfechtung des Berufungsurteils zu dessen Aufhebung und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

 

 

14

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in IBR 2023, 134 = BauR 2023, 1132 veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – im Wesentlichen ausgeführt:

 

 

15

Die Berufung der Klägerin sei unbegründet.

 

 

16

Die Klage sei zulässig. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei kraft Gesetzes (§ 9a Abs. 1, Abs. 2 WEG) für die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte sowie für solche Rechte der Wohnungseigentümer, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erforderten, prozessführungsbefugt. Als hiernach der Gemeinschaft zugewiesene Rechte gälten werkvertragliche Ansprüche auf Gewährleistung. Unabhängig davon könne sich die Klägerin auf eine Prozessführungsbefugnis aus gewillkürter Prozessstandschaft stützen. Die entsprechende Ermächtigung sei dem Beschluss vom 27. November 2018 zu entnehmen.

 

 

17

Die Klage sei jedoch mit allen Anträgen unbegründet.

 

 

18

Mit dem auf Kostenvorschuss nach § 637 Abs. 3 BGB gerichteten Klageantrag zu 1 mache die Klägerin eines der in § 634 BGB vorgesehenen werkvertraglichen Mängelrechte des Bestellers geltend. Sofern ein solcher Anspruch bestehen sollte, wäre er verjährt.

 

 

19

Mängelrechte nach § 634 BGB stünden dem Besteller grundsätzlich erst nach der Abnahme des Werkes zu. An einer solchen fehle es zwar, sie sei jedoch zugunsten der Klägerin zu unterstellen.

 

 

20

Wann und wie das Gemeinschaftseigentum abgenommen worden sei, sei nicht vorgetragen. Die Erwerbsverträge sähen in § 7 Abs. 5 eine Abnahme durch den unwiderruflich seitens des Käufers bevollmächtigten Verwalter vor, bei dem es sich unstreitig um eine mit der Bauträgerin wirtschaftlich verbundene Gesellschaft gehandelt habe. Eine solche Abnahmeregelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei unwirksam. Eine – wie offenkundig hier – auf dieser Grundlage erfolgte Abnahme sei es dann auch. Ob eine andere Form der Abnahme an ihre Stelle getreten oder eine Abnahme ausnahmsweise entbehrlich sei, könne in diesem Zusammenhang offenbleiben. Soweit nämlich eine Abnahme Voraussetzung für die Geltendmachung von Mängelrechten sei, sei es der Beklagten als Verwenderin der unwirksamen Formularklausel nach Treu und Glauben verwehrt, sich darauf zu berufen, dass sich der Vertrag mangels Abnahme des Gemeinschaftseigentums insoweit noch im Erfüllungsstadium befinde. Im Rahmen der Anspruchsbegründung sei die Abnahme somit zugunsten der Klägerin zu unterstellen.

 

 

21

Davon zu unterscheiden sei die Frage, wie sich das Fehlen der Abnahme im Rahmen der Verjährung auswirke. Insoweit sei im vorliegenden Fall eine Abnahme spätestens im Jahr 2013 – nun zu Lasten der Klägerin – zu unterstellen mit der Folge, dass der Anspruch bei Klageerhebung bereits verjährt gewesen sei.

 

 

22

Nach welchen Voraussetzungen sich die Verjährung von Ansprüchen des Erwerbers gegen den Bauträger aus einem Bauträgervertrag richte, lasse sich nicht einheitlich beantworten. Für alle mit der Errichtung des Gebäudes zusammenhängenden Leistungen gelte Werkvertragsrecht. Der werkvertragliche Anspruch auf Herstellung unterliege der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB ab dem Schluss des Jahres, in dem er entstanden sei (§ 199 Abs. 1 BGB). Daneben bestünden Gewährleistungsansprüche des Erwerbers gegen den Bauträger. Im Streitfall stehe allein die mangelhafte Bauleistung in Rede, für die Werkvertragsrecht gelte. Die werkvertragliche Gewährleistung ergebe sich aus § 634 BGB. Ihre Verjährung beginne grundsätzlich mit der Abnahme des Werks, die Frist betrage bei einem Bauwerk fünf Jahre (§ 634a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BGB).

 

 

23

Da die Entstehung und Verjährung der werkvertraglichen Ansprüche unterschiedlich geregelt seien, falle grundsätzlich auch das Ende ihrer Verjährung auseinander. Es könne sogar dazu kommen, dass der Erfüllungsanspruch verjährt sei, bevor das Werk abgenommen sei und damit die Voraussetzungen für den Verjährungsbeginn der Gewährleistungsansprüche geschaffen worden seien. Ein solcher Fall liege hier vor. Der Erfüllungsanspruch aller Mitglieder der Klägerin sei im vorliegenden Fall zweifelsfrei verjährt. Alle Verträge der Bau- trägerin mit den Erwerbern datierten aus dem Jahre 2005. Die taggenaue Verjährungshöchstfrist von zehn Jahren nach § 199 Abs. 4 BGB habe durchweg im Laufe des Jahres 2015 geendet. Nach wie vor fehle es aber an einer Abnahme. Die sich in einem solchen Fall stellende Frage, ob trotz fehlender Abnahme auch Ansprüche auf Gewährleistung verjährt seien oder ob der Auftragnehmer die Gewährleistung wiederaufleben lassen könne, indem er Abnahme verlange und damit erst die Verjährungsfrist des § 634a BGB in Gang setze, müsse nicht grundsätzlich entschieden werden. Im vorliegenden Fall sei nämlich die Abnahme des Gemeinschaftseigentums im Rahmen der Verjährung zu Lasten der Klägerin zu unterstellen.

 

 

24

Dies ergebe sich zwar nicht aus der Ingebrauchnahme der Wohnungseigentumsanlage durch die Mitglieder der Klägerin. Die Parteien hätten die Unwirksamkeit der Abnahmeregelung nicht erkannt und seien deshalb von einer wirksam erfolgten Abnahme ausgegangen. Damit habe die Ingebrauchnahme des Gemeinschaftseigentums durch die Erwerber keinen eigenen Abnahmewillen zum Ausdruck gebracht.

 

 

25

Jedoch habe die Klägerin in der Vergangenheit bereits zweimal erfolgreich Gewährleistungsansprüche geltend gemacht. Sie hätten Mängel der Dach- und Balkonentwässerung in zwei verschiedenen Bereichen betroffen. Die erste Beanstandung habe die Beklagte in den Jahren 2007/2008 auf der Grundlage einer zwischen ihr, der Generalunternehmerin und den planenden Architekten getroffenen Vereinbarung beseitigt, mit der offenkundig aber auch die Klägerin einverstanden gewesen sei. Die zweite Beanstandung in den Jahren 2012/2013 habe mit einem Vergleich geendet.

 

 

26

Bereits bei der ersten Beanstandung sei das Gemeinschaftseigentum übergeben und – vermeintlich – abgenommen gewesen. Die nun erhobenen Mängelrügen müssten als Ausübung von Gewährleistungsansprüchen verstanden werden. Es wäre fernliegend, sie noch als Geltendmachung des Erfüllungsanspruchs anzusehen. Die Parteien hätten sie ersichtlich auch als Fall der Gewährleistung behandelt. Daraus folge aber auch, dass die Parteien bei der Regulierung der Mängelrügen übereinstimmend von einer bereits erfolgten Abnahme ausgegangen seien. Ohne Abnahme könnten Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 bis 4 BGB nur geltend gemacht werden, wenn der Besteller nicht mehr die Erfüllung des Vertrags verlangen könne und das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen sei. Ein solcher Fall liege hier nicht vor.

 

 

27

Die Beklagte habe die Annahme der Klägerin, das Gemeinschaftseigentum sei abgenommen, gegen sich gelten lassen. Wäre es zum Rechtsstreit gekommen, wäre die Klägerin – jedenfalls auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung – mit ihrem Gewährleistungsbegehren nur durchgedrungen, wenn sie auf eine erfolgte Abnahme hätte verweisen können oder der Beklagten verwehrt worden wäre, sich auf das Fehlen der Abnahme zu berufen und die Abnahme zugunsten der Klägerin unterstellt worden wäre.

 

 

28

Vor diesem Hintergrund widerspräche es Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn sich die Klägerin darauf berufen könnte, es fehle an einer Abnahme. Sie verhielte sich widersprüchlich. Sie habe in den Jahren 2007/2008 und 2012/2013 aus der übereinstimmenden Auffassung der Parteien, dass es eine Abnahme gegeben habe, einen Vorteil gezogen und Ansprüche durchgesetzt, die zwingend eine Abnahme zur Voraussetzung gehabt hätten. Es wäre mit Treu und Glauben nicht vereinbar, wenn die Klägerin nun Ansprüche geltend machen könnte, die nur noch durchsetzbar wären, wenn es an einer Abnahme fehle. Die Klägerin habe den aus einer Abnahme folgenden rechtlichen Vorteil in Anspruch genommen. Dann müsste sie auch den mit der Abnahme einhergehenden Nachteil tragen.

 

 

29

Sei zu Lasten der Klägerin von einer spätestens im Jahr 2013 erfolgten Abnahme auszugehen, so folge daraus die Verjährung ihrer Ansprüche aus Gewährleistung spätestens im Laufe des Jahres 2018 (§ 634a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BGB). Die Klage habe die Verjährung nicht mehr hemmen können. Zu verjährungshemmenden Verhandlungen (§ 203 BGB), die den dazwischen- liegenden Zeitraum überbrückten, sei nichts vorgetragen.

 

 

30

Die Klageanträge zu 3 bis 6 könnten ebenfalls keinen Erfolg haben, weil auch sie ausschließlich auf Gewährleistung gegründet seien. Sie seien aus den dargelegten Gründen verjährt.

II.

 

 

31

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Zurückweisung der Berufung hinsichtlich der klägerischen Berufungsanträge zu 1 und zu 3 bis 6 nicht gerechtfertigt werden.

 

 

32

1. Allerdings hat das Berufungsgericht die Klage zu Recht für zulässig erachtet. Insbesondere ist es im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Klägerin bezüglich der geltend gemachten Mängelansprüche auch insoweit für prozessführungsbefugt erachtet hat, als die Klägerin einen Anspruch auf Vorschuss für Aufwendungen zur Beseitigung von Mängeln an der Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums verlangt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 15. Februar 2023 – VII ZR 13/22, ZfBR 2023, 342; Beschluss vom 1. Februar 2023 – VII ZR 887/21, BauR 2023, 958; Urteil vom 11. November 2022 – V ZR 213/21 Rn. 18 ff., Rn. 24 ff., Rn. 30 ff., NJW 2023, 217) besteht bei einer GdWE die Prozessführungsbefugnis, die sich wie hier aus einem vor dem 1. Dezember 2020 erlassenen Vergemeinschaftungsbeschluss ergibt, auch nach der Neuregelung der Ausübungsbefugnis in § 9a Abs. 2 WEG fort. Das gilt nicht nur dann, wenn ein entsprechender (Nacherfüllungs-)Anspruch des Erwerbers auf eine kaufvertragliche Nachbesserungspflicht gestützt wird (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 2022 – V ZR 213/21 Rn. 18 ff., Rn. 24 ff., Rn. 30 ff., NJW 2023, 217), sondern auch dann, wenn ein werkvertraglicher Anspruch auf Kostenvorschuss (§ 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB) in Rede steht (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2023 – VII ZR 13/22 m.w.N., ZfBR 2023, 342; Beschluss vom 1. Februar 2023 – VII ZR 887/21, BauR 2023, 958).

 

 

33

2. Gleichfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht – von den Parteien unbeanstandet – angenommen, dass sich die von der Klägerin geltend gemachten Mängelansprüche nach Werkvertragsrecht richten (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – VII ZR 171/15 Rn. 20 ff., BGHZ 210, 206).

 

 

34

3. Auch die ebenfalls unangegriffene Annahme des Berufungsgerichts, die von der Beklagten gestellte formularmäßige Regelung bezüglich der Abnahme des Gemeinschaftseigentums in § 7 Abs. 5 der Erwerbsverträge (Anlage K 2) sei ebenso wie die auf dieser Grundlage erfolgte Abnahme unwirksam, lässt keine Rechtsfehler erkennen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. September 2013 – VII ZR 308/12 Rn. 7 ff., BauR 2013, 2020, zu einer formularmäßigen Abnahmeklausel, die die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen mit dem Bauträger wirtschaftlich oder rechtlich verbundenen Erstverwalter ermöglicht; Urteil vom 30. Juni 2016 – VII ZR 188/13 Rn. 22, BauR 2016, 1771 = NZBau 2016, 629).

 

 

35

Entsprechendes gilt für die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten sei es als Verwenderin der unwirksamen Formularklausel nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich darauf zu berufen, dass sich der Vertrag mangels wirksamer Abnahme des Gemeinschaftseigentums insoweit noch im Erfüllungsstadium befinde (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2016 – VII ZR 188/13 Rn. 20 ff., Rn. 24 ff., BauR 2016, 1771 = NZBau 2016, 629; Urteil vom 12. Mai 2016 – VII ZR 171/15 Rn. 57 ff., BGHZ 210, 206; Urteil vom 25. Februar 2016 – VII ZR 49/15 Rn. 41 ff., BGHZ 209, 128), weshalb im Rahmen der Anspruchsbegründung die Abnahme des Gemeinschaftseigentums als Voraussetzung für die Geltendmachung von Mängelansprüchen zugunsten der Klägerin zu unterstellen sei.

 

 

36

4. Der rechtlichen Nachprüfung nicht stand hält jedoch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, im Rahmen der Verjährung sei eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums spätestens im Jahr 2013 – nun zu Lasten der Klägerin – zu unterstellen mit der Folge, dass die mit der Klage geltend gemachten (Mängel-) Ansprüche bei Klageerhebung bereits verjährt gewesen seien, weil es der Klägerin wegen widersprüchlichen Verhaltens unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sei, sich im Rahmen der Verjährung auf das Fehlen der Abnahme berufen zu dürfen.

 

 

37

a) Die im Einzelfall vorzunehmende wertende Betrachtung der Gesamtumstände unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB obliegt zwar in erster Linie dem Tatgericht, kann aber vom Revisionsgericht eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob das Tatgericht die maßgeblichen Tatsachen vollständig festgestellt und gewürdigt und ob es die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (BGH, Urteil vom 6. Juli 2023 – VII ZR 151/22 Rn. 38, BauR 2023, 1672; Urteil vom 8. Juli 2021 – I ZR 248/19 Rn. 28 m.w.N., NJW 2022, 52).

 

 

38

b) Einer Überprüfung nach diesen Grundsätzen hält das Berufungsurteil nicht stand.

 

 

39

aa) Nicht jeder Widerspruch zwischen zwei Verhaltensweisen ist als unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) zu werten (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2015 – VIII ZR 154/14 Rn. 24, BGHZ 204, 145). Vielmehr ist widersprüchliches Verhalten (venire contra factum proprium) dann rechtsmissbräuchlich, wenn das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2015 – XII ZB 508/14 Rn. 12, MDR 2015, 1101; Urteil vom 4. Februar 2015 – VIII ZR 154/14 Rn. 24, BGHZ 204, 145; Urteil vom 9. Mai 2014 – V ZR 305/12 Rn. 41 m.w.N., NJW 2014, 2790). Ist durch das frühere Verhalten einer Partei kein schutzwürdiges Vertrauen der Gegenpartei begründet worden, ist ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht zu ziehen, etwa bei einem unlösbaren Widerspruch zwischen früherer und späterer Rechtsausübung (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2015 – XII ZB 508/14 Rn. 12, MDR 2015, 1101; Urteil vom 4. Februar 2015 – VIII ZR 154/14 Rn. 26 m.w.N., BGHZ 204, 145).

 

 

40

bb) Nach diesen Grundsätzen kann ein im Sinne des § 242 BGB rechtsmissbräuchliches widersprüchliches Verhalten der Klägerin nicht angenommen werden.

 

 

41

(1) Soweit die Klägerin zunächst in den Jahren 2007 und 2012 – als Prozessstandschafterin der Erwerber – mehrfach Mängelansprüche wegen Mängeln der Dach- und Balkonentwässerung geltend gemacht hat, die von der Beklagten jeweils reguliert wurden, und sich später bei der klageweisen Geltendmachung weiterer Mängelansprüche gegenüber der von der Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung auf das Fehlen einer wirksamen Abnahme des Gemeinschaftseigentums berufen hat, resultiert hieraus bereits keine sachliche Unvereinbarkeit zwischen dem früheren und dem späteren Verhalten. Denn das Verhalten der Klägerin ist vor dem Hintergrund der von der Beklagten gestellten Formular- klausel zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums (§ 7 Abs. 5 Satz 1 des Vertrags Anlage K 2) und unter Berücksichtigung der Schutzrichtung der Inhaltskontrolle zu würdigen. Die genannte Formularklausel wirkt sich für die betroffenen Erwerber – und damit auch für die als deren Prozessstandschafterin agierende Klägerin – einerseits (bezüglich der Voraussetzungen für die Geltendmachung von Mängelansprüchen, insbesondere Kostenvorschussansprüchen) günstig und andererseits (bezüglich des Beginns der Verjährung der Mängelansprüche) ungünstig aus (vgl. Rodemann, BauR 2020, 519, 522 f.); die Inhaltskontrolle dient ausschließlich dem Schutz des Vertragspartners des Verwenders, nicht dem Schutz des Verwenders (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – VII ZR 171/15 Rn. 58 m.w.N., BGHZ 210, 206; Urteil vom 20. Juli 2017 – VII ZR 259/16 Rn. 31, BauR 2017, 1995 = NZBau 2018, 29). Vor diesem Hintergrund kann angesichts der erörterten Klauselambivalenz und der Schutzrichtung der Inhaltskontrolle bereits eine sachliche Unvereinbarkeit zwischen dem früheren und dem späteren Verhalten der Klägerin nicht angenommen werden.

 

 

42

(2) Im Übrigen ist durch das frühere Verhalten der Klägerin im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Mängelansprüchen in den Jahren 2007 und 2012 ebenso wenig wie durch die Regulierung dieser Ansprüche ein vorrangig schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten dahingehend begründet worden, dass sich die Klägerin bei etwaiger erneuter späterer Geltendmachung von Mängelrechten nach Ablauf eines Zeitraums, der die Frist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB übersteigt, gegenüber der von der Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung nicht auf das Fehlen einer wirksamen Abnahme des Gemeinschaftseigentums berufen würde. Die Interessen der Beklagten erscheinen insoweit im Hinblick darauf, dass sie als Verwenderin der Formularklausel § 7 Abs. 5 Satz 1 für den Nichtbeginn der Verjährung (vgl. § 634a Abs. 2 BGB) hinsichtlich der auf Mängel an der Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums bezogenen Mängelansprüche verantwortlich ist, und im Hinblick darauf, dass sie im Antwortschreiben vom 3. September 2015 an die Verwalterin für eine erneute Abnahme des Gemeinschaftseigentums im Hinblick auf die bereits zuvor angeblich wirksam erfolgte Abnahme keinen Raum sah, nicht vorrangig schutzwürdig.

 

 

43

(3) Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin kann aus den vorstehend unter II. 4. b) bb) (1) genannten Gründen auch nicht wegen eines unlösbaren Widerspruchs zwischen dem früheren und dem späteren Verhalten der Klägerin angenommen werden.

III.

 

 

44

Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO) dar.

 

 

45

1. Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung geltend, die Beklagte dürfe dem Begehren der Klägerin die Einrede der Verjährung entgegenhalten, nachdem die Verjährungshöchstfrist des § 199 Abs. 4 BGB im Hinblick auf den Erfüllungsanspruch aus § 631 Abs. 1 BGB angeblich spätestens mit dem Ende des Jahres 2015 abgelaufen sei. Es kann dahinstehen, ob und gegebenenfalls wann die genannte Verjährungshöchstfrist abgelaufen ist. Des Weiteren kann hier offenbleiben, ob und welchen Einfluss ein Ablauf der Verjährungshöchstfrist bezüglich des Erfüllungsanspruchs grundsätzlich auf die Verjährung von Mängelansprüchen hat. Im Rahmen der gegen die geltend gemachten Mängelansprüche erhobenen Verjährungseinrede könnte die Beklagte jedenfalls aus AGB-rechtlichen Gründen den angeblichen Ablauf der Verjährungshöchstfrist bezüglich des Erfüllungsanspruchs nicht mit Erfolg geltend machen (vgl. auch Vogel, IBR Werkstatt-Beitrag). Wie bereits erörtert, ist es der Beklagten als Verwenderin der unwirksamen Formularklausel § 7 Abs. 5 Satz 1 nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich darauf zu berufen, dass sich der Vertrag mangels wirksamer Abnahme des Gemeinschaftseigentums insoweit noch im Erfüllungsstadium befinde; die Klägerin kann, wie sie das nach den nicht angefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts getan hat, trotz der nicht wirksam erklärten Abnahme des Gemeinschaftseigentums Mängelansprüche gegen die Beklagte geltend machen.

 

 

46

2. Die Verjährung der geltend gemachten Mängelansprüche kann nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand auch nicht mit der Begründung angenommen werden, die Erwerber hätten das Gemeinschaftseigentum, nachdem sie Kenntnis von der Unwirksamkeit der im Jahr 2005 erklärten Abnahme erlangt oder Zweifel bezüglich der betreffenden Wirksamkeit bekommen hätten, jeweils konkludent abgenommen, womit die Verjährung der Mängelansprüche gemäß § 634a Abs. 2 BGB jeweils mit der Folge begonnen habe, dass die Verjährungsfrist (§ 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB) vor der Einreichung der Klage im Jahr 2020 abgelaufen sei. Denn das Berufungsgericht hat zu derartigen Abnahmen – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen getroffen.

 

 

47

3. Das Berufungsurteil kann nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand schließlich auch nicht mit der Begründung aufrechterhalten werden, der klägerischen Rechtsausübung stehe, wie die Revisionserwiderung meint, der Einwand der Verwirkung entgegen. Denn das Berufungsgericht hat zu den Voraussetzungen dieses Einwands – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen getroffen.

IV.

 

 

48

Das Berufungsurteil kann nach alledem, soweit hinsichtlich der Berufungsanträge zu 1 und zu 3 bis 6 zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist, nicht bestehen bleiben. Es ist insoweit aufzuheben. Die Sache ist im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da der Senat mangels hinreichender Feststellungen nicht in der Sache selbst entscheiden kann.

 

(Hinweis der Redaktion: Die Randnummern sind amtlich und damit besonders zitiergeeignet.)

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Kurz beleuchtet – Außerordentliches Kündigungsrecht des Auftraggebers

Kurz beleuchtet - Außerordentliches Kündigungsrecht des Auftraggebers

Nach bislang richterrechtlich geprägten Grundsätzen, die zwischenzeitlich. Eingang in die seit dem 1. Januar 2018 geltende, hier gemäß Art. 229 § 39 EGBGB noch nicht unmittelbar anwendbare Vorschrift des § 648a BGB gefunden haben, besteht in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 314 BGB ein – eine Vergütungspflicht für nicht erbrachte Leistungen ausschließendes – außerordentliches Kündigungsrecht des Auftraggebers, wenn der Werkunternehmer Vertragspflichten derart verletzt, dass das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört oder die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (vgl. nur BGH, NJW 2016, 1945 [1949], Rdnr. 40 mit weiteren Nachweisen; beispielhaft aus dem Schrifttum Joussen/Vygen in: Ingenstau/Korbion, VOB, 21. Aufl. 2020, vor §§ 8, 9 VOB/B Rdnr. 14).

Unabhängig von § 8 Abs. 3 VOB/B ist der Auftraggeber also nur dann berechtigt, das Vertragsverhältnis außerordentlich zu kündigen, wenn der Auftragnehmer seine Vertragspflichten in dem vorbezeichneten Sinn gravierend verletzt.

Ein solcher Sachverhalt kann auch gegeben sein, wenn es zu einer vom Auftragnehmer zu vertretenden ganz beträchtlichen Verzögerung des Bauvorhabens gekommen ist und es dem Auftraggeber bei der gebotenen Gesamtwürdigung nicht zugemutet werden kann, eine weitere Verzögerung durch Nachfristsetzung hinzunehmen oder eine solche von vornherein keinen Erfolg verspricht (BGH, Urteil vom 08. März 2012 –VII ZR 118/10). Eine vorherige Fristsetzung und Kündigungsandrohung ist in Fällen der schwerwiegenden Vertragsverletzung grundsätzlich nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 23. Mai 1996 – VII ZR 140/95). Eine fristlose Kündigung ohne Nachfristsetzung ist jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn der Auftragnehmer trotz Abmahnungen des Auftraggebers mehrfach und nachhaltig gegen eine Vertragspflicht verstößt und wenn das Verhalten des Auftragnehmers ein hinreichender Anlass für die Annahme ist, dass der Auftragnehmer sich auch in Zukunft nicht vertragstreu verhalten wird (BGH, Urteil vom 23. Mai 1996 –VII ZR 140/95). Insbesondere ist der Auftraggeber berechtigt, einen Bauvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen, wenn der Auftragnehmer die Erfüllung des Vertrags unberechtigt und endgültig verweigert und es deshalb der vertragstreuen Partei nicht zumutbar ist, das Vertragsverhältnis fortzusetzen (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 – VII ZR 393/98).

Kurz beleuchtet – Zur Prüffähigkeit der Schlussrechnung

Kurz beleuchtet - Zur Prüffähigkeit der Schlussrechnung

Prüfbar i. S. d. § 14 Nr. 1 VOB/B ist die Rechnung, wenn sie – ggf. unter Beifügung von Aufmaßen und anderen Unterlagen – nachvollziehbar angibt, welche Massen der Auftragnehmer für welche Positionen berechnet, welche Leistungen mit diesen Positionen gemeint sind und welcher Einheitspreis für sie angesetzt wird. Eine prüffähige Abrechnung setzt voraus, dass der Besteller die Berechtigung der Forderung, gemessen an den vertraglichen Vereinbarungen, überprüfen kann. Die Voraussetzungen, unter denen diese Prüfung möglich ist, hängen von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 1999, Az. VII ZR 399/97, NJW 1999, 1867 [1868]). In vielen Fällen sind Aufmaßzeichnungen erforderlich, um dem Auftraggeber die Feststellung zu ermöglichen, worauf sich bestimmte Aufmaßblätter bzw. Aufmaßberechnungen beziehen (vgl. KG, Urteil vom 9. Juni 2009, Az. 21 U 182/0). Die Prüffähigkeit der Schlussrechnung ist aber kein Selbstzweck, sondern richtet sich danach, in welchem Umfang der Besteller im Einzelfall des Schutzes nach § 14 Nr. 1 VOB/B bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2005, Az. X ZR 191/02, NJW-RR 2005, 1103). Außerdem ist der Teil der Forderung fällig, der prüfbar abgerechnet ist und der nach Abzug der Abschlags- und Vorauszahlungen verbleibt (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2003, Az. VII ZR 288/02, NJW-RR 2004, 445 [446]).

OLG Brandenburg, Urteil vom 28.11.2023 10 U 2/23, zu der Frage, dass wenn der Ersatzauftrag in einem förmlichen Vergabeverfahren vergeben wird, gewichtige Indizien dafür sprechen, dass der gebildete Preis nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstößt

OLG Brandenburg, Urteil vom 28.11.2023 10 U 2/23, zu der Frage, dass wenn der Ersatzauftrag in einem förmlichen Vergabeverfahren vergeben wird, gewichtige Indizien dafür sprechen, dass der gebildete Preis nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstößt

1. Der Auftraggeber kann den Vertrag kündigen, wenn der Auftragnehmer mit der Vollendung in Verzug gerät und ihm der Auftraggeber erfolglos eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung gesetzt. Nach der Kündigung ist er berechtigt, den noch nicht vollendeten Teil der Leistung zu Lasten des Auftragnehmers durch einen Dritten ausführen zu lassen.
2. Die zu ersetzenden Fertigstellungsmehrkosten muss der Auftraggeber nachvollziehbar abrechnen. Der Detaillierungsgrad der Abrechnung bestimmt sich dabei nach den Kontroll- und Informationsinteressen des Auftragnehmers.
3. Der Auftragnehmer kann dem Fertigstellungsmehrkostenanspruch einen etwaigen Verstoß des Auftraggebers gegen die Schadensminderungspflicht entgegenhalten. Dabei kommt insbesondere ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot in Betracht.
4. Ein öffentlicher Auftraggeber ist bei der erneuten Beauftragung eines zuvor im Wege eines förmlichen Vergabeverfahrens vergebenen Auftrags unter Schadensminderungsgesichtspunkten regelmäßig nicht zur Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens verpflichtet.
5. Wird der Ersatzauftrag in einem förmlichen Vergabeverfahren vergeben, sprechen gewichtige Indizien dafür, dass der gebildete Preis nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstößt.
OLG Brandenburg, Urteil vom 28.11.2023 – 10 U 2/23

Gründe

I.

Von der Abfassung tatsächlicher Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat die Beklagte in dem mit der Berufung angegriffenen Umfang zu Recht zur Zahlung von 6.149.07 Euro nebst Zinsen verurteilt.

1. Der Zahlungsanspruch folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 Hs.1 iVm § 5 Abs. 4 der zwischen den Parteien vereinbarten VOB/B 2016. Danach kann der Auftraggeber den Vertrag kündigen, wenn der Auftragnehmer mit der Vollendung in Verzug gerät und ihm der Auftraggeber erfolglos eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung gesetzt. Nach der Kündigung ist der Auftraggeber berechtigt, den noch nicht vollendeten Teil der Leistung zu Lasten des Auftragnehmers durch einen Dritten ausführen zu lassen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

a) Die Beklagte befand sich mit der Ausführung der Leistung, der Lieferung und dem Einbau eines Trampolins gemäß Position 1.1.12 des Leistungsverzeichnisses gemäß § 286 BGB in Verzug. Denn der Kläger hat die Beklagte unter anderem mit Schreiben vom 8. November 2018 nach Ablauf des vereinbarten Ausführungsendes am 15. Juni 2018 erfolglos zu Lieferung und Einbau des Trampolins aufgefordert. Soweit die Beklagte vorbringt, dass das vereinbarte Trampolin herstellerseits nicht lieferbar gewesen sei und es daher am Verschulden fehle, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass dessen Beschaffung von Lieferanten nicht möglich gewesen sei.

Die gemäß § 5 Abs. 4 VOB/B 2016 erforderliche und angemessene Fristsetzung mit Erklärung, dass der Auftraggeber nach fruchtlosem Ablauf den Vertrag kündigen werde, ist mit Schreiben vom 8. März 2019 erfolgt.

b) Der Kläger hat der Beklagten daraufhin mit Schreiben vom 7. Juni 2019 wirksam gekündigt. Die deshalb zu ersetzenden Fertigstellungsmehrkosten muss der Auftraggeber nachvollziehbar gem. § 8 Abs. 3 Nr. 4 VOB/B 2016 abrechnen. Der Detaillierungsgrad der Abrechnung bestimmt sich dabei insbesondere nach den Kontroll- und Informationsinteressen des Auftragnehmers (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 1999 – VII ZR 468/98 -).

Nach diesen Maßstäben ist die Abrechnung vom 10. Januar 2020 (Bl. 53 d.A.) ordnungsgemäß. Zwar ist die Abrechnung nur wenig detailliert, gleichwohl sind die für den Trampolineinbau tatsächlich entstandenen Kosten von 11.194,31 Euro durch die ersatzweise beauftragte Firma ###, die ersparten Kosten aus dem Vertrag mit der Beklagten von 4.450 Euro und die deshalb zu erstattende Differenz von 6.744,31 Euro benannt. Angesichts des nur geringen Umfangs der betroffenen Leistungen und der geringen Komplexität der abgerechneten Positionen ist eine hinreichende Nachvollziehbarkeit noch gegeben.

c) Die Abrechnung vom 10. Januar 2020 ist auch der Höhe nach zutreffend. Der Auftraggeber hat nach Kündigung Anspruch auf Erstattung der durch die Ersatzvornahme entstandenen Mehrkosten der Fertigstellung. Dabei ist der Auftraggeber so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn der ursprüngliche Auftragnehmer das Werk ordnungsgemäß hergestellt hätte. Wird ein Einheitspreisvertrag durch einen Einheitspreisvertrag mit dem Drittunternehmer auf der Basis des ursprünglichen Leistungsverzeichnisses zu Ende geführt, sind zur Ermittlung der in Abzug zu bringenden fiktiven Vergütung des gekündigten Unternehmers für die nicht erbrachten Leistungen dessen vertragliche Einheitspreise mit den vom Drittunternehmer jeweils erbrachten Massen zu multiplizieren. (BeckOK VOB/B/Brüninghaus, 52. Ed. 31.7.2023, VOB/B § 8 Abs. 3 Rn. 27). Der Auftraggeber trägt die Darlegungs- und Beweislast für die als Ersatzvornahme erbrachten Leistungen, der dadurch entstandenen Kosten und der infolge der Kündigung nicht mehr an den Auftragnehmer zu zahlenden Vergütung sowie die Berechnung der sich daraus ergebenen Differenz (Kapellmann/Messerschmidt/Lederer, 8. Aufl. 2023, VOB/B § 8 Rn. 103). Hiernach kann der Kläger die geltend gemachten Kosten auf der Grundlage der Abrechnung der Firma ### vom 31. Dezember 2019 (K 19, Bl. 51 d.A.) ersetzt verlangen.

(1) Die Beklagte hat die abgerechnete Position 01.01.10 der Schlussrechnung der Firma ### „Ausbau ungebundener Tragschicht“ und die daraus folgende Vergütung von 274,50 Euro akzeptiert.

(2) Im Hinblick auf die Position „Kunststoff schneiden“ 01.01.20 ist die Abrechnung der Firma ### in Höhe von 96 Euro ebenfalls zutreffend. Der Ersatzfähigkeit steht nicht entgegen, dass die Position „Kunststoff schneiden“ nicht in dem mit der Beklagten ursprünglich vereinbarten Leistungsverzeichnis enthalten war. Denn der Auftraggeber darf auch solche Leistungen in die Fertigstellungsmehrkostenabrechnung einstellen, die zwar mit dem Auftragnehmer noch nicht vereinbart waren, jedoch vom Auftraggeber gem. § 1 Abs. 3 bzw. § 1 Abs. 4 VOB/B angeordnet worden wären und zu deren Ausführung der Auftragnehmer aufgrund des einseitigen Leistungsanordnungsrechtes des Auftraggebers verpflichtet gewesen wäre (BGH, Urteil vom 25. November 1999 – VII ZR 468/98 -). Das ist vorliegend der Fall.

Nach den von der Beklagten nicht bestrittenen Ausführungen des Werksleiters der Klägerin, Herrn ###, musste wegen des verzögerten Einbaus des Trampolins über das bereits für den Einbau fertiggestellte Loch eine ungebundene Tragschicht und Kunststoffbelag verlegt werden, damit der Schulhof als Pausenhof genutzt werden konnte. Für den dann erfolgten Einbau des Trampolins musste diese Schichten wieder aufgebrochen bzw. abgetragen werden. Diese Arbeiten und Kosten wären nicht erforderlich gewesen, wenn das Trampolin rechtzeitig eingebaut worden wäre. Diese zusätzlichen Tätigkeiten hätte auch die Beklagte ausführen müssen, weil sie auf den nicht fristgerechten Einbau des Trampolins durch die Beklagte zurückzuführen waren.

Gleiches gilt für solche Arbeiten, die deshalb erforderlich geworden sind, weil das Trampolin Hally-Gally andere Abmessungen als das Trampolin Eurotramp aufweist. Auch diese Arbeiten wären nicht erforderlich gewesen, wenn die Beklagte das Trampolin Eurotramp rechtzeitig eingesetzt hätte.

Entgegen der Auffassung der Beklagten sind schließlich bei der Abrechnung der Position 01.01.20 nicht nur 12 m, sondern 24 m als Mengenansatz heranzuziehen. Denn der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, dass der an sich 12 m lange Schnitt auf Grund der Dicke der Einbaustärke des Belages zweimal durchgeführt werden musste.

(3) Die unter Position 01.01.30 „Dränbeton ausbauen“ erfolgte Abrechnung von 240 Euro ist von der Beklagten akzeptiert.

(4) Die unter Position 01.01.40 Einbau Trampolin abgerechneten Kosten von 8.235,06 Euro, kann der Kläger von der Beklagten wie geschehen in Höhe der dadurch entstandenen Mehrkosten von 3.785,06 Euro ersetzt verlangen.

Zwar kann die Beklagte einem Fertigstellungsmehrkostenanspruch einen etwaigen Verstoß des Klägers gegen die Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB grundsätzlich entgegenhalten (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1998 – X ZR 17/97 -, BGHZ 139, 177-190, Rn. 36; OLG Frankfurt, Urteil vom 28. April 2017 – 29 U 166/16 -; KG, Urteil vom 21. Mai 2010 – 6 U 153/08 -; KG, Urteil vom 29. April 2008 – 6 U 17/07 -; BeckOK VOB/B/Brüninghaus, 53. Ed. 1.11.2023, VOB/B § 8 Abs. 3 Rn. 25). Ein solcher Verstoß ist von der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten jedoch nicht dargelegt.

Dabei kommt im Rahmen des Mehrkostenanspruchs insbesondere ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot in Betracht. Allerdings ist nicht ersichtlich, dass der Kläger gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen haben könnte. Zwar sind Bauleistungen zu angemessenen Preisen zu vergeben, so dass etwa ein deutliches Überschreiten des Marktpreises durch den später beauftragten Dritten vom ursprünglichen Auftragnehmer nicht ersetzt werden muss (OLG Frankfurt, Urteil vom 21. September 2011 – 1 U 154/10 -). Für eine solche Überschreitung des Marktpreises ist allerdings nichts ersichtlich.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber bei der erneuten Beauftragung eines zuvor im Wege des Vergabeverfahrens vergebenen Auftrags regelmäßig nicht zur Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens unter Schadensminderungsgesichtspunkten geboten ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. Juli 2011 – 21 U 76/09 -; NWJS/Vogel, VOB/B, 5. Aufl. 2019, § 8 Rn. 110). Daraus folgt auch, dass wenn – wie vorliegend – der Ersatzauftrag ebenfalls im Wege eines Vergabeverfahrens vergeben worden ist, zumindest gewichtige Indizien dafür sprechen, dass der im Wege des Vergabeverfahrens gebildete Preis nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstößt. Denn die Vergabeverfahren der VOB/A sind gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 VOB/A (vgl. auch § 2 UVgO) als wettbewerbliche Verfahren durchzuführen, so dass die Zuschlagserteilung nach Durchführung des Vergabeverfahrens auf eine wettbewerbliche Auftragsvergabe hindeutet. Da dieses Wettbewerbsprinzip ein Kernprinzip der öffentlichen Beschaffung darstellt (Hofmann/Lausen in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 6. Aufl., § 2 VOB/A (Stand: 15.09.2022), Rn. 17), müssten daher zumindest Anhaltspunkte dafür ersichtlich sein, dass im Ergebnis des Vergabeverfahrens dennoch ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht eingetreten sein könnte. Solche Anhaltspunkte sind aber weder vorgetragen noch ersichtlich.

Der Ersatzfähigkeit der abgerechneten Kosten für das Trampolin steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die Klägerin das Trampolin Eurotramp und die Firma ### das nahezu doppelt so teure Trampolin Hally-Gally angeboten hat. Zwar muss sich die Ersatzbeauftragung in den Grenzen des bisherigen Auftrags halten, mithin zu diesem kongruent sein (vgl. BeckOK VOB/B/Brüninghaus, 53. Ed. 1.11.2023, VOB/B § 8 Abs. 3 Rn. 24). Das war jedoch schon deshalb der Fall, weil der Kläger sowohl in dem zur Beauftragung der Beklagten führenden Vergabeverfahren als auch dem folgenden Vergabeverfahren das zu beschaffende Trampolin mit dem Zusatz „z.B.“ produktneutral ausgeschrieben hat. Wenn dann wie vorliegend im Wege eines Vergabeverfahrens das deutlich teurere Trampolin bezuschlagt wird, spricht dieser Umstand dafür, dass eben dieses teurere Trampolin im maßgeblichen Zuschlagszeitpunkt das Trampolin ist, das wettbewerblich ausgewählt worden ist. Dabei kann auch offenbleiben, unter welchen Umständen vorliegend eine produktspezifische Ausschreibung beschränkt auf das Trampolin Eurotramp bei der zweiten Ausschreibung – für die Ersatzbeschaffung – zulässig gewesen wäre. Denn eine derartige produktspezifische Ausschreibung (vgl. zu den vergaberechtlichen Anforderungen OLG Brandenburg, Beschluss vom 8. Juli 2021 – 19 Verg 2/21 -; BayObLG, Beschluss vom 25. März 2021 – Verg 4/21 -) beschränkt auf das Trampolin Eurotramp wäre schon deshalb untunlich gewesen, weil es bereits der Beklagten über einen langen Zeitraum nicht gelungen ist, das von ihr angebotene Trampolin Eurotramp zu beschaffen.

Soweit die Beklagte schließlich meint, dass die von der Firma ### abgerechneten Einbaukosten für das Trampolin nicht berücksichtigt werden dürften, steht dem schon entgegen, dass auch die von der Beklagten angebotene Position 1.1.12 des Leistungsverzeichnisses den ebenerdigen Einbau eines Trampolins umfasste und daher auch von ihr diese Kosten zu kalkulieren waren.

(5) Die pauschal abgerechnete Position 01.01.50 „Anarbeitung Fallbereich“ kann der Kläger von der Beklagten ersetzt verlangen. Die Beklagte bringt dazu vor, dass bei einer Länge von 12 Metern und einem Einheitspreis von 12 Euro pro Meter nur 144 Euro zu ersetzen seien. Dem steht allerdings entgegen, dass die Position als Pauschalposition ausgeschrieben ist und daher nicht nach den Maßstäben eines Einheitspreisvertrags abgerechnet werden kann. Es ist auch nicht vorgetragen, ob und warum insoweit ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot vorliegen könnte.

(6) Soweit die Beklagte die Abrechnung von Stundenlohnarbeiten zu Position 01.01.60 mit 48,5 Stunden für insgesamt 1.205,55 Euro als zu pauschal und daher nicht erstattungsfähig erachtet, trägt das nicht. Zwar sind im ursprünglichen Leistungsverzeichnis unter Position 1.1.70 nur 5 h als Stundenlohnarbeiten vorgesehen. Der Kläger hat allerdings in den Anlagen K 31 f. die von der Firma ### gezeichneten Stundenlohnzettel vorgelegt, auf denen die insoweit abgerechneten Tätigkeiten im Einzelnen aufgeführt sind. Es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger diesen Stundenlohnzetteln gemäß § 15 Abs. 3 VOB/B rechtzeitig Einwendungen entgegengehalten hat. Daher kann sich die Beklagte als Fachfirma jedenfalls nicht auf einfaches Bestreiten der dort angeführten Stundenlohnarbeiten beschränken.

(7) Die unter Position 01.01.70 Materialkosten erfolgte Abrechnung von 375 Euro ist von der Beklagten akzeptiert.

e) Insgesamt greifen nach dem Vorstehenden die gegen die Abrechnung der Fertigstellungsmehrkosten gerichteten Einwände der Beklagten nicht, so dass die Klage Erfolg und die Berufung keinen Erfolg hat. Dabei ist auch unerheblich, dass der Kläger der Beklagten entgegen § 8 Abs. 3 Nr. 4 VOB/B 2016 nicht innerhalb der dort vorgesehen Frist von 12 Tagen die Abrechnung übersandt hat (BGH, Urteil vom 25. November 1999 – VII ZR 468/98 -).

2. Ebenfalls zutreffend hat das Landgericht den Zinsanspruch aus §§ 280, 286, 288 Abs. 2 BGB zugesprochen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

4. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO vorliegen. Entscheidend ist vorliegend allein die Anwendung bereits geklärter Rechtsfragen im Einzelfall.

III.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 48 Abs. 1, 49 GKG iVm § 3 ZPO.