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VertragsManagement – VertragsMan ® Tiefbaurecht/ Hochbaurecht OLG Oldenburg: Architektenhonorar: Eine prüfbare Abrechnung begründet nicht nur die Fälligkeit der Honorarforderung, sondern ist auch notwendige Voraussetzung für eine schlüssige Darlegung des geltend gemachten Honorars

VertragsManagement - VertragsMan ® Tiefbaurecht/ Hochbaurecht OLG Oldenburg: Architektenhonorar: Eine prüfbare Abrechnung begründet nicht nur die Fälligkeit der Honorarforderung, sondern ist auch notwendige Voraussetzung für eine schlüssige Darlegung des geltend gemachten Honorars

vorgestellt von Thomas Ax

Auch wenn der Architekt seine Leistungen nicht vollständig erbracht hat, weil das Bauvorhaben nicht unter seiner Regie fertiggestellt und endabgenommen wurde, ist sein Honorar fällig, wenn beide Parteien klar zum Ausdruck bringen, dass eine Vertragsfortsetzung nicht mehr erwünscht ist. In dieser Situation kann der Vertrag schlussabgerechnet werden. Eine prüfbare Abrechnung begründet nicht nur die Fälligkeit der Honorarforderung, sondern ist auch notwendige Voraussetzung für eine schlüssige Darlegung des geltend gemachten Honorars. Ihr Fehlen hat die Unbegründetheit der Klage zur Folge, sobald der Auftraggeber mit dem Einwand der fehlenden Prüfbarkeit der Rechnung als Fälligkeitsvoraussetzung mangels rechtzeitiger Rüge ausgeschlossen ist. Rügt der Auftraggeber die fehlende Prüfbarkeit der Rechnung nicht oder nicht rechtzeitig, kommt eine Abweisung der Klage als derzeit unbegründet nicht mehr in Betracht. Vielmehr hat im anhängigen Prozess eine endgültige Klärung der Honorarforderung stattzufinden, wozu eine den vertraglichen Anspruchsvoraussetzungen genügende Abrechnung vorzulegen ist. Im laufenden Planungsprozess hat der Architekt durchaus Alternativleistungen zu erbringen, ohne dass hierfür ein gesondertes Honorar verlangt werden kann. So schuldet der Architekt in der Leistungsphase 2 das Erarbeiten eines Planungskonzepts einschließlich der Untersuchung von alternativen Lösungsmöglichkeiten als Grundleistung. Zusätzlich zu vergüten sind Planungsanpassungen erst, wenn es sich nicht mehr um alternative Lösungsmöglichkeiten nach gleichen Anforderungen handelt, sondern um wesentliche Änderungen. Eine an den Leistungsphasen des § 15 HOAI 1996 orientierter Architektenvertrag führt im Regelfall dazu, dass der Architekt die vereinbarten Arbeitsschritte als Teilerfolg des vereinbarten Gesamterfolgs schuldet. Erbringt der Architekt einen derartigen Teilerfolg nicht, ist sein geschuldetes Werk mangelhaft und der Auftraggeber kann das Honorar mindern. Für die Erstellung der Schlussrechnung eines bauausführenden Unternehmers (§ 14 Abs. 4 VOB/B) kann der Architekt nur dann ein zusätzliches Honorar beanspruchen, wenn ein entsprechender Auftrag des Auftraggebers vorliegt.
OLG Oldenburg, Beschluss vom 26.10.2021 – 12 U 120/18
vorhergehend:
LG Osnabrück, 27.09.2018 – 11 O 1427/18
OLG Oldenburg, 14.04.2011 – 8 U 173/10
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 01.06.2022 – VII ZR 22/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen)

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von dem Beklagten als Rechtsnachfolger seiner im Laufe des Rechtsstreits verstorbenen Ehefrau (im Weiteren: die Beklagte) die Bezahlung von Architektenhonorar.

Die Beklagte beauftragte den Kläger mit Vertrag vom 12.02.1997 mit der Erbringung von Architektenleistungen für den Neubau eines Wohnhauses (Anlage K 1, Bl. 1 AB). Mit dem Vertrag wurden dem Kläger alle Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 entsprechend § 15 Abs. 1 und 2 HOAI (1996) übertragen. Grundlage der Planung war ein Entwurfskonzept, welches ein befreundeter Designer der Beklagten erstellt hatte. Da dessen Planungsleistungen von dem Kläger nicht mehr erbracht werden mussten, einigten sich die Parteien darauf, dass die Leistungsphasen 1 bis 4 nicht mit insgesamt 27% des Gesamthonorars nach HOAI, sondern nur mit 17% berechnet werden sollten. § 9 des Vertrages regelte dessen vorzeitige Beendigung. Diese sollte nur mittels Kündigung aus wichtigem Grund möglich sein. Solange der Kläger diesen Grund nicht zu vertreten habe, sollte er Anspruch auf volle Vergütung behalten, unter Anrechnung ersparter Aufwendungen von 40% des Honorars für die noch nicht erbrachten Leistungen.

Kennzeichen des Planungskonzeptes war, dass das Haus eine strenge quadratische Grundform einhalten sollte. Das ursprüngliche Konzept sah dabei ein Grundraster von 100 x 100 cm (Größe der im Erdgeschoss zu verlegenden Fliesen) vor. Dieses ließ sich auf dem Grundstück der Beklagten nicht verwirklichen, weshalb der Entwurf auf ein Rastermaß von 90 x 90 cm verkleinert wurde. Eine auf diesem Rastermaß basierende Genehmigungsplanung hatte der Kläger beim Bauamt eingereicht. Eine entsprechende Baugenehmigung wurde erteilt. Diese Baugenehmigung ist in weiterer Folge dreimal ergänzt worden. Mit einem ersten Nachtrag wurde zusätzlich die Errichtung einer Doppelgarage sowie eine Erweiterung des Kellergeschosses genehmigt, welches ebenfalls im Wesentlichen der Unterstellung von Kraftfahrzeugen diente. Ein diesbezüglicher Zugang war über einen außenliegenden und in die Grundstücksauffahrt integrierten Aufzug vorgesehen. Der zweite Nachtrag zur Baugenehmigung betraf eine Änderung der Treppe vom ersten in das zweite Obergeschoss, die durch eine schwebend in den Raum hineinragende Rampe ersetzt wurde. Beide Nachträge hatte der Kläger beim Bauamt beantragt und hierzu Planungen erstellt. Ein dritter Nachtrag zur Baugenehmigung betraf Sichtschutzmauern sowie ein Pflanzbecken und damit Bestandteile der Außenanlagen. Auch hiermit war der Kläger befasst.

Nach Erteilung der Baugenehmigung stellte der Kläger erstmals eine Abschlagsrechnung. Dieser war eine Honorarberechnung beigefügt, die anrechenbare Baukosten von 1.155.000,- DM zugrunde legte (Bl. 40f AB). Hinsichtlich einer weiteren Kostenaufstellung, die der Kläger als Anlage C2 zur Akte gereicht hat (Bl. 65 AB) und die anhand des errechneten Bauvolumens für unterschiedliche Rastermaße unterschiedliche Baukosten ausweist, hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24.01.2017 klargestellt, dass er diese Aufstellung erst im Jahre 2006 anlässlich der Erstellung der Schlussrechnung gefertigt habe.

Auf die Abschlagsrechnungen zahlte die Beklagte insgesamt brutto 116.770,- DM. Hinsichtlich einer weiteren Zahlung von 11.600,- DM ist streitig, ob sie für Leistungen des Klägers für das streitgegenständliche Bauvorhaben erfolgte.

Im Anschluss an die Genehmigung des Bauvorhabens erfolgten Ausführungsplanung, Ausschreibung und Vergabe der Bauleistungen. Wegen seiner diesbezüglichen Tätigkeiten hat der Kläger im Wesentlichen auf Unterlagen verwiesen, die er auf einem Datenträger gespeichert zur Akte gereicht hatte (Anlage C 20, Hülle Bl. 70 AB). Die Arbeiten zur Errichtung des Gebäudes wurden aufgenommen. Bereits ab Herbst 1998 kam es insoweit zu Störungen im Bauablauf. Ende 2003 kamen die Arbeiten an dem Objekt, welches zu ca. 90% fertig gestellt war, schließlich vollständig zum Erliegen. Leistungen des Klägers wurden nicht mehr abgefragt und waren auch nicht mehr erwünscht. Eine Abschlagsrechnung des Klägers vom 17.07.2003, die auch Gegenstand eines Mahnverfahrens gewesen war (Az. 750 B 368/04), wurde nicht mehr bezahlt. Der Kläger kündigte schließlich das Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 29.12.2006 (Anlage K 2, Bl. 7 AB). Mit Schreiben vom 30.12.2006 erteilte er Schlussrechnung, die eine noch offene Honorarforderung i.H.v. 89.912,11 Euro (brutto) auswies (Anlage K 4, Bl. 9 AB). Diese Forderung war zunächst Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, den der Kläger mit Beantragung eines Mahnbescheides am 31.12.2006 anhängig machte. Nach Einleitung des Streitverfahrens rügte die Beklagte im Rahmen ihrer Klageerwiderung vom 14.05.2007 die Prüffähigkeit der Rechnung.

Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 23.08.2010 (Bl. 80 II) hat der Kläger eine neue Schlussrechnung erteilt und begehrt seitdem die Zahlung einer Restforderung i.H.v. 147.382,03 Euro (Bl. 91 II). Die auf den 30.12.2006 datierende neue Schlussrechnung (Anlage C 21, Bl 117ff AB) gliederte sich in fünf Teile:

Mit dem ersten Teil seiner Schlussrechnung (Bl. 117 AB) berechnete der Kläger Honorar i.H.v. 15.084,17 Euro (brutto) für die Entwurfsplanung auf Grundlage des ursprünglichen 100 x 100 cm Raster. Hierzu hat er geltend gemacht, dass er eine vollständige Entwurfsplanung auf Grundlage des zunächst vorgesehenen Rasters erstellt habe, die auf dem Grundstück baurechtlich auch zu realisieren gewesen wäre, jedoch kaum noch nutzbare Gartenflächen zur Folge gehabt hätte. Deshalb habe die Beklagte letztlich das ursprüngliche Planungskonzept verworfen und eine neue Planung auf Grundlage des 90 x 90 cm Rasters beauftragt, die letztlich auch realisiert worden sei. Grundlage für die Honorarberechnung bildete die vom Kläger nachträglich erstellte Kostenschätzung (Anlage C 2 = Bl. 65 AB), wonach er die anrechenbaren Baukosten anhand des Gebäudevolumens für das 100 x 100 cm Raster auf 2.265.000,- DM veranschlagte. Vereinbarungsgemäß sei unter Berücksichtigung der bereits vorhandenen Vorleistungen das Honorar für die Leistungsphasen 1 und 2 i.H.v. 10% des Gesamthonorars nicht berechnet worden.

Mit dem zweiten Teil seiner Schlussrechnung (Bl. 118 AB) berechnete der Kläger Honorar i.H.v. insgesamt 12.872,77 Euro (brutto) für die Entwurfs- und Genehmigungsplanung auf Grundlage des Rasters 90 x 90 cm. Er hat hierzu die Ansicht vertreten, dass es sich insoweit um eine neue Planung mit grundsätzlich verschiedenen Anforderungen gehandelt habe, weshalb die Entwurfsplanung erneut zu vergüten sei. Dem Umstand, dass bei der neuen Planung erhebliche Vorleistungen aus der vorangegangenen Planung zum 100 x 100cm Raster übernommen werden konnten und nicht erbracht werden mussten, werde dadurch Rechnung getragen, dass insoweit nur noch 50% des für diese Leistungsphase vorgesehenen Honorarsatzes, mithin 5,5% vom Gesamthonorar geltend gemacht werde. Das Honorar für die Genehmigungsplanung, die erstmals für das 90 x 90cm Raster erbracht worden sei und zur Erteilung der Baugenehmigung geführt habe, sei insoweit zum vollen Satz i.H.v. 6% des Gesamthonorars geschuldet. Grundlage auch dieser Honorarberechnung bildete die nachträglich erstellte Kostenschätzung (Anlage C 2), wonach der Kläger die anrechenbaren Baukosten für das 90 x 90 cm Raster – wiederum anhand des Gebäudevolumens – mit 1.800.000,- DM veranschlagt hatte.

Mit dem dritten Teil seiner Schlussrechnung (Bl. 119-121 AB) berechnete der Kläger sein Honorar für das teilweise fertig gestellte Gebäude i.H.v. 103.792,33 Euro. Dabei forderte der Kläger erneut Honorar für die Leistungsphasen 3 und 4, weil infolge der ersten beiden Nachträge zur Baugenehmigung wiederum neue Leistungen in diesen beiden Phasen erforderlich gewesen wären. Insoweit hat er nochmals 50% des für die Leistungsphase 3 vorgesehenen Honorarsatzes und nochmals den vollen Honorarsatz für die Leistungsphase 4 berechnet. Diese Berechnung bezog sich diesmal auf anrechenbare Baukosten i.H.v. 1.839.500 Euro – die der Kläger wiederum in der Anlage C2 auf Grundlage des erweiterten Bauvolumens infolge des leicht vergrößerten Kellers sowie der oberirdisch zu errichtenden Doppelgarage geschätzt hatte. Ferner berechnete der Kläger ein ungekürztes Honorar für die Leistungsphasen 5 bis 7 (insgesamt 39% des Gesamthonorars), welches er auf Grundlage anrechenbarer Baukosten i.H.v. 1.965.000,- DM ermittelte. Der Kläger hat behauptet, bereits im Jahr 1999 einen Kostenanschlag erstellt zu haben, der Kosten i.H.v. 1.935.127,- DM aufweise (Anlage C 19, Bl. 77ff AB). Ferner hat sich der Kläger wegen der anrechenbaren Kosten auf – von ihm als Kostenfeststellung bezeichnete – Kostenermittlungen berufen, die er als Anlagen C 5 (Bl. 71 AB) bzw. F 1 (Bl. 223 III d.A) zur Akte reichte, die Kosten i.H.v. 1.091.799,22 Euro ausweisen. Schließlich berechnete der Kläger Honorar für die Leistungsphasen 8 und 9. Dieser Rechnung legte der Kläger anrechenbare Baukosten von 1.091.799,22 Euro zugrunde. Hierzu hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass die Beklagte die Beendigung des Vertrages zu vertreten habe, weswegen er auch für die nicht erbrachten Leistungsanteile in diesen beiden Leistungsphasen volles Honorar beanspruchen könne, insoweit allerdings nur die Nettobeträge und ohne Berücksichtigung der Nebenleistungen.

Mit dem 4. Teil seiner Schlussrechnung (Bl. 122ff AB) berechnete der Kläger Honorar i.H.v. 29.006,86 Euro für seine Leistungen im Zusammenhang mit der Gestaltung der Außenanlage. Diese Forderung setzte sich zusammen aus Honorar für die ersten vier Leistungsphasen zu vollen Sätzen (insgesamt 34%) bezogen auf anrechenbare Baukosten i.H.v. 200.000,- Euro, aus Honorar für die Leistungsphasen 5 bis 7 (insgesamt 34%), diesmal bezogen auf anrechenbare Baukosten i.H.v. 150.000,- Euro, sowie aus Honorar für die Leistungsphase 8 (31%) unter Berücksichtigung anrechenbarer Kosten i.H.v. 156.483,34 Euro.

Mit dem 5. Teil seiner Schlussrechnung berechnete der Kläger Honorar für besondere Leistungen i.H.v. insgesamt 43.578,05 Euro. Im Einzelnen forderte er für die Erstellung eines Modells im Maßstab 1:20 einen Betrag i.H.v. 6.465,52 Euro (netto). Für diese Leistung hatten die Parteien im schriftlichen Architektenvertrag eine Vergütung von 15.000,- DM (brutto) vereinbart. Unstreitig hatte der Kläger ein entsprechendes Modell errichtet und der Beklagten zumindest an einem Termin auch präsentiert. Der Kläger hat darüber hinaus behauptet, dass das Modell zu diesem Termin auch fertiggestellt gestellt und der Beklagten zumindest zeitweise übergeben worden sei. Weitere 3.085,38 Euro (netto) forderte er für die Umplanung der KFZ-Aufzuganlage, da die von der Herstellerin gelieferte Anlage eine zu geringe Tragkraft aufgewiesen habe. Der Kläger hat behauptet, dass zwischen den Parteien Einigkeit bestanden habe, dass er für diese Tätigkeit zu vergüten sei. Die Beklagte habe dieses Honorar von der Schlussrechnung der Aufzugsherstellerin in Abzug bringen wollen. Schließlich berechnete er weitere 28.016,39 Euro (netto) für die Aufstellung der Schlussrechnung des Rohbauunternehmers. Der Kläger hat hierzu behauptet, dass der Rohbauunternehmer keine prüffähige Schlussrechnung erteilt habe, weshalb er – der Kläger – von der Beklagten beauftragt worden sei, diese zu erstellen. Auch insoweit habe die Beklagte das angefallene Zeithonorar von der Forderung des Rohbauunternehmers in Abzug bringen wollen.

Mit einem ersten Urteil vom 24.09.2010 hatte das Landgericht Osnabrück die Klage mangels Fälligkeit abgewiesen, da die Honorarrechnung des Klägers nicht den Anforderungen der HOAI oder des Vertrages entspreche und nicht prüfbar sei. Auf die Berufung des Klägers hat der damals zuständige 8. Zivilsenat des Oberlandesgericht Oldenburg mit Urteil vom 14.04.2011 das vorgenannte Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Die Klage könne nicht wegen fehlender Prüffähigkeit der Schlussrechnung zurückgewiesen werden, da die Beklagte eine entsprechende Rüge nicht innerhalb der Zweimonatsfrist erhoben habe. Im Übrigen leide die Entscheidung an wesentlichen Verfahrensfehlern, die es gebieten würden, die Sache aufzuheben und zur Durchführung der erforderlichen Beweisaufnahme an das Landgericht zurückzuverweisen. U.a. habe das Landgericht die Klage i.H. der neuen Schlussrechnungsforderung abgewiesen, ohne dass der Kläger bis dahin Gelegenheit gehabt habe, einen entsprechenden Antrag im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu stellen. Der Streit der Parteien gehe im Wesentlichen über die Höhe der anrechenbaren Kosten. Hierzu habe der Kläger zwar während seiner Tätigkeit für die Beklagte keine Ermittlungen angestellt. Diese könne er aber im Rahmen seiner Abrechnung nachholen. Insoweit werde der Kläger zur Höhe der anrechenbaren Kosten entsprechend § 10 Abs. 2 HOAI und der DIN 276 vorzutragen haben, indem er nach sorgfältiger Auswertung aller ihm zugänglicher Unterlagen und Informationen die geschätzten Berechnungsgrundlagen darlegte.

Vor dem Landgericht hat der Kläger seine Forderung aus dem Schriftsatz vom 23.08.2010 weiterverfolgt und beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 147.382,03 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.01.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat den Architektenvertrag angefochten, da der Kläger unautorisiert Veränderungen am Vertragstext vorgenommen habe, und die Richtigkeit einzelner Ansätze der Kostenfeststellung des Klägers bestritten. Ferner hat sie die fehlende Prüffähigkeit bzw. Schlüssigkeit der klägerischen Abrechnung gerügt. Die Beklagte hat behauptet, dass sich die Parteien auf eine Baukostenobergrenze von 1.155.000,- DM verständigt hätten. Bis Ende 1999 sei sie davon ausgegangen, dass dieser Kostenrahmen einzuhalten sei, da der Kläger seine Abschlagsrechnungen immer auf Grundlage dieser Kostenvorgabe abgerechnet habe. Sie hat gerügt, dass der Kläger sämtliche Maßnahmen der Kostenermittlung bzw. -fortschreibung unterlassen habe. Die unerwartete Baukostenüberschreitung und die Mängel der Bauausführung hätten sie letztlich gezwungen, mehrere Gewerke nicht mehr in Auftrag zu gegeben, weswegen der Bau zum Erliegen gekommen sei und nicht bezogen werden konnte. Ferner habe der Kläger seine Bauaufsicht mangelhaft ausgeübt, weshalb Leistungen der bauausführenden Unternehmen mangelhaft ausgeführt worden seien, was zu Rechtsstreitigkeiten mit diesen Unternehmen geführt und unter anderem zur Verzögerung der Bauausführung beigetragen habe. Hilfsweise hat die Beklagte die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen Mängeln an der Gartenmauer und dem Fußbodenaufbau i.H.v. 35.000,- Euro bzw. 69.500,- Euro erklärt, für die der Kläger im Rahmen seiner mangelhaft ausgeführten Bauaufsicht Verantwortung trage.

Die Beklagte hat im Verlaufe des Rechtsstreits das streitgegenständliche Grundstück zunächst auf eine 100% von ihr gehaltene GmbH&Co.KG übertragen. Diese hat schließlich das Grundstück für 790.000,- Euro veräußert. Die Beklagte hat behauptet, dass bei der Kaufpreisfindung insoweit ein Abzug für Mängel i.H.v. 180.000,- Euro Berücksichtigung gefunden habe, wovon 69.500,- Euro auf den von dem Kläger zu verantwortenden Mangel am Fußbodenaufbau und weitere 35.000,- Euro auf die Mängel an der Gartenmauer entfielen.

Mit Urteil vom 27.09.2018 hat das Landgericht Osnabrück unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte verurteilt, an den Kläger 27.610,42 Euro zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Kläger insgesamt ein Architektenhonorar i.H.v. 87.313,97 Euro zustehe, wovon er nach Abzug geleisteter Abschlagszahlungen in Höhe von 59.703,55 Euro noch einen Restbetrag i.H.v. 27.610,42 Euro fordern könne. Der Architektenvertrag sei wirksam und die Beklagte nicht zu dessen Anfechtung berechtigt. Soweit der Kläger tatsächlich Änderungen in die vorgelegte Vertragsfassung eingefügt habe, hätten diese nur eine Konkretisierung der vertraglichen Abrede enthalten, deren Inhalt zwischen den Parteien unstreitig sei. Vor diesem Hintergrund sei eine zur Anfechtung berechtigende arglistige Täuschung des Klägers nicht zu erkennen. Ferner sei die Schlussrechnung des Klägers als prüffähig zu behandeln, da die Beklagte nicht rechtzeitig die fehlende Prüffähigkeit gerügt habe. Auch habe sich nicht erwiesen, dass sich die Parteien auf einen verbindlichen Kostenrahmen von 1,155 Mio. DM geeinigt hätten. Die mit dem ersten Teil der Schlussrechnung berechneten 15.094,17 Euro könne der Kläger allerdings nicht beanspruchen, da sich nicht erwiesen habe, dass der Kläger eine entsprechende Entwurfsplanung im Raster 100 x 100 cm erstellt habe. Die diesbezüglich vorgelegten Zeichnungen seien nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen hierzu nicht ausreichend. Für die Leistungsphasen 1-4 könne der Kläger ein Honorar von 13.081,70 Euro beanspruchen. Insoweit sei allerdings nur von anrechenbaren Kosten i.H.v. 1.155.000,- DM auszugehen. Hinsichtlich der erst später vorgelegten Kostenschätzung aus dem Jahr 2006 habe der Kläger nicht hinreichend dargelegt, dass seine zugrunde gelegten Werte auch dem damaligen Planungsstand entsprachen. Die diesbezüglich beabsichtigte Beweisaufnahme durch weitere Einvernahme der Sachverständigen habe nicht erfolgen können, nachdem der Kläger weder der ihm gesetzten Auflage zur Vorlage weiterer Unterlagen nachgekommen sei, noch den geforderten Vorschuss eingezahlt habe. Vor diesem Hintergrund sei auch eine weitere Aufklärung der Berechtigung der mit dem dritten Teil der Schlussrechnung geltend gemachten Honorarforderung für die Leistungsphasen 3 und 4 anlässlich der beiden Nachträge zur Baugenehmigung unterblieben und der Kläger auch insoweit beweisfällig geblieben. Aus diesem Teil der Schlussrechnung könne der Kläger daher nur Honorar für die Leistungsphasen 5 bis 8 beanspruchen und dieses nur in Höhe von 59.152,99 Euro. Insoweit seien für diese Leistungsphasen anrechenbare Kosten in Höhe von 1.702.336,83 DM anzusetzen, welche die Sachverständige bereits in ihrem schriftlichen Gutachten bestätigt habe. Für weitergehende Kosten i.H.v. 156.000,- DM hätten der Sachverständigen dagegen keine Nachweise vorgelegen. Soweit diesbezüglich eine weitere Beweisaufnahme beabsichtigt gewesen sei, sei diese wiederum an der fehlenden Vorschusszahlung des Klägers gescheitert. Soweit die Sachverständige weitergehende Abschläge wegen nicht vollständig erbrachter Leistungen in den Leistungsphasen 5 und 6 vorgenommen habe, seien diese aus Rechtsgründen nicht vorzunehmen. Diese Leistungsphasen wären abgeschlossen gewesen, so dass insoweit nur noch Minderungsansprüche in Betracht gekommen wären, welche die Beklagte aber nicht geltend gemacht habe. Für die Leistungsphase 8 sei dagegen nur noch ein Honorarsatz von 16% anzusetzen. Insoweit habe die Sachverständige festgestellt, dass die in dieser unstreitig nicht abgeschlossenen Leistungsphase nicht mehr fertig gestellten Leistungen zwischen 11% und 19%, im Mittel daher mit 15% zu bewerten seien, so dass der Kläger von der insgesamt mit 31% bewerteten vollständigen Leistungsphase lediglich 16% erbracht habe. Ferner könne der Kläger weitere 6.357,69 Euro als Honorar für nicht erbrachte Leistungen in den Phasen 8 und 9 beanspruchen, da der Vertrag letztlich nach dreijährigem Stillstand der Arbeiten einvernehmlich aufgehoben worden sei, weshalb der Kläger seinen Honoraranspruch unter Anrechnung ersparter Aufwendungen behalte. Die Beklagte habe insoweit nicht ausreichend dargelegt, dass der Kläger die Vertragsaufhebung zu verantworten habe. Hinsichtlich der mit dem 4. Teil der Schlussrechnung abgerechneten Leistungen für die Freianlagen könne der Kläger lediglich ein Honorar i.H.v. 3.860,16 Euro für die Leistungsphasen 1 bis 4 unter Zugrundelegung anrechenbarer Kosten i.H.v. 123.664,823 DM und für die Leistungsphasen 5 bis 9 i.H.v. 4.861,43 Euro unter Zugrundelegung anrechenbarer Kosten i.H.v. 154.509,31 Euro beanspruchen. Weitergehende Leistungen des Klägers in diesem Zusammenhang hätten sich nicht erwiesen. Die weiteren Honorarforderungen, wie der Kläger sie im 5. Teil seiner Schlussrechnung berechnet habe, stünden diesem nicht zu. Hinsichtlich des Modells fehle es an einer dauerhaften Übergabe an die Beklagte, die vertraglich geschuldet gewesen sei. Hinsichtlich des beanspruchten Honorars für die Umplanung des Autoaufzuges und die Erstellung einer Schlussrechnung anstelle des ausführenden Rohbauunternehmens hätten sich entsprechende Beauftragungen des Klägers nicht erwiesen. Der damit noch i.H.v. 27.610,42 Euro verbleibende Restanspruch des Klägers sei auch nicht durch die Aufrechnungen mit Schadensersatzansprüchen durch die Beklagte untergegangen. Zwar stehe diesen Aufrechnungen nicht der in § 4.9 des Architektenvertrages vereinbarte Aufrechnungsausschluss für bestrittene Forderungen entgegen, die Beklagte habe aber das Entstehen eines entsprechend zu ersetzenden Schadens nicht dargetan. Soweit diese ihren Schaden fiktiv auf Grundlage zu erwartender Mängelbeseitigungskosten errechnet habe, komme eine solche Berechnung nach jüngster BGH-Rechtsprechung nicht mehr in Betracht. Soweit die Beklagte den behaupteten Schaden auf einen Minderwert des Grundstücks stützte, fehle es an einer hinreichenden Darlegung, dass ein Minderwert anlässlich der Übertragung des Grundstücks auf die KG bilanziell Berücksichtigung gefunden habe. Aus dem Umstand des späteren Verkaufs des Grundstücks aus dem Vermögen der KG könne die Beklagte einen eigenen Schaden nicht ableiten.

Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen. Die Beklagte ist im Laufe des Berufungsverfahrens verstorben. Ihr Ehemann hat den Rechtsstreit als ihr Erbe aufgenommen.

Der Kläger verteidigt seine Abrechnungen und vertritt die Ansicht, dass deren Richtigkeit weiterhin durch Sachverständigengutachten zu überprüfen sei. Soweit das Landgericht die Beweisaufnahme nicht fortgesetzt habe, sei keine Zurückweisung nach § 296 ZPO erfolgt, so dass eine Fortsetzung in der Berufungsinstanz möglich bleibe. Ferner habe das Landgericht bei Zurückweisung der Forderung aus dem ersten Teil der Schlussrechnung verkannt, dass die Sachverständige lediglich die Erfüllung einer Genehmigungsplanung im Raster 100 x 100cm verneint habe. Hiermit sei keine Aussage im Hinblick auf die abgerechnete Entwurfsplanung verbunden. Soweit eine Vergütung für den ersten Teil der Schlussrechnung verneint werde, sei es überdies nicht mehr gerechtfertigt, die mit dem zweiten Teil der Schlussrechnung abgerechnete Entwurfsplanung für das 90 x 90 cm Raster nur noch mit 50% des hierfür anfallenden Honorars zu berechnen. Hinsichtlich der Vergütung für das Modell habe das Landgericht dessen Zwecksetzung verkannt. Dieses sollte der Visualisierung während der Planungs- und Ausschreibungsphase dienen. Diesen Zweck habe das Modell erfüllt, so dass es auch zu bezahlen sei. Soweit das Landgericht eine Vergütung für die Aufzugsumplanung wegen fehlenden Auftrages verneint habe, liege eine unvollständige Beweisaufnahme vor, da der hierfür mit Schriftsatz vom 28.11.2007 benannte Zeugen nicht vernommen worden sei. Der Kläger vertritt entgegen der Wertung des Landgerichts weiterhin die Auffassung, dass sich aus dem Schreiben des Ehemannes der Beklagten vom 14.08.2000 (Bl. 17 V) ein Auftrag zur Erstellung einer Schlussrechnung für das Gewerk des Rohbauunternehmers ergebe.

Zur Erfüllung einer ihm erteilten gerichtlichen Auflage hat der Kläger mit Schriftsatz vom 15.01.2021 ergänzend vorgetragen. Hierbei machte er nähere Angaben zum erreichten Herstellungsstand des Gebäudes und zum Umfang seiner in Bezug auf die einzelnen Gewerke geleisteten Bauüberwachungstätigkeiten, namentlich in Abgrenzung zu entsprechenden Tätigkeiten einer von der Beklagten zusätzlich beauftragen Innenarchitektin (Bl. 184 bis 189 VII). Ferner hat der Kläger weitere Anlagen vorgelegt, namentlich zwei als Kostenverfolgung betitelte Tabellen, die Angaben zur Kostenschätzung, Kostenberechnung, Kostenanschlag und Kostenfeststellung zum einen für die Errichtung des Gebäudes (Bl. 215 VII) und zum anderen für die Gestaltung der Außenanlagen (Bl. 213 VII) enthalten, sowie weitere als Kostenberechnungen betitelte Anlagen (Bl. 202ff VII). Die Teile 2 bis 4 seiner Schlussrechnung wurden neu berechnet. So weist die Berechnung für die Vergütung der Leistungsphasen 1 bis 4 bis zur ersten Baugenehmigung (entspricht Teil 2 der Schlussrechnung) nunmehr ein Brutto-Honorar (17%) von 19.561,15 Euro aus, unter Zugrundelegung anrechenbarer Baukosten von 1.839.500,- DM (Bl. 194 VII). Für die Einreichung von 2 Nachträgen zur Baugenehmigung (Bestandteil des 3. Teils der Schlussrechnung) berechnet der Kläger für die Wiederholung von Grundleistungen in den Leistungsphasen 3 und 4 ein Brutto-Honorar (9%) von 10.355,91 Euro unter Zugrundelegung anrechenbarer Baukosten i.H.v. ebenfalls 1.839.500,- DM (Bl. 197 VII). Für die erbrachten Leistungen in den Phasen 5 bis 7 berechnet der Kläger jetzt ein Bruttohonorar (37,6%) von 49.441,01 Euro (Bl. 195 VII) und für die erbrachten Leistungen in der Phase 8 ein Brutto-Honorar von 36.817,76 Euro (Bl. 196 VII), jeweils unter Berücksichtigung anrechenbarer Baukosten i.H.v. 2.140.129,29 DM (ebenfalls Bestandteil des 3. Teils der Schlussrechnung). Für seine Leistungen in Bezug auf die Außenanlagen (entspricht Teil 4 der Schlussrechnung) berechnet der Kläger für die Leistungsphasen 1 bis 4 ein Brutto-Honorar (34%) von 14.806,45 Euro unter Berücksichtigung anrechenbarer Baukosten von gerundet 200.000,- Euro (Bl. 198 VII), für die Leistungsphasen 5 bis 7 ein Brutto-Honorar (29%) von 11.448,99 Euro und für die Leistungsphase 8 ein Bruttohonorar (26%) von 10.264,61 Euro jeweils unter Berücksichtigung anrechenbarer Baukosten von 348.374,81 Euro. Ferner trägt der Kläger vor, dass die Beklagte das Modell benutzt habe, um ein Gartenbauunternehmen hieran Planungen für die Außenanlage vornehmen zu lassen, und sieht hierin eine faktische Abnahme des Modells. Er behauptet, die Beklagte bereits anlässlich der ersten Besprechung auf ein zu erwartendes Kostenvolumen von 2,1 bis 2,6 Mio. DM hingewiesen zu haben.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils und unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten, diesen zur Zahlung weiterer 119.771,61 Euro nebst Verzugszinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.01.2007 zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte rügt, dass nach den Feststellungen der Sachverständigen die Kostenermittlungen des Klägers grundsätzlich unzulässig seien. Nach Ansicht der beklagten Partei könne der Kläger daher nur auf Grundlage anrechenbarer Baukosten von 1.155.000,- DM abrechnen, die er auch all seinen Abschlagsrechnungen zugrunde gelegt habe. Auch wenn sich eine Einigung auf eine verbindliche Kostenobergrenze nicht erwiesen haben sollte, sei zu berücksichtigen, dass der Architekt gleichwohl immer einen gewissen Kostenrahmen einzuhalten habe, der hier durch die von ihm angegebenen voraussichtlichen Baukosten von 1.155.000,- Euro vorgegeben wurde. Diese prognostizierten Baukosten seien vorliegend um mehr als 67% überschritten worden, wodurch der Kläger seine Pflicht, die wirtschaftlichen Belange des Auftraggebers zu wahren, verletzt habe. Durch das Fehlen jeglicher Kostenfortschreibung habe der Kläger einen wichtigen Grund für die Beklagte gesetzt, keine Leistungen mehr abzurufen. Daher könne er – entgegen den Ausführungen der angefochtenen Entscheidung – auch keine Vergütung für nicht erbrachte Leistungen beanspruchen. Fehlerhaft habe das Landgericht auch die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen nicht berücksichtigt. Eine Abrechnung auf Grundlage fiktiver Mängelbeseitigungskosten sei möglich. Die neue Rechtsprechung des BGH gelte für das vorliegende Vertragsverhältnis, welches noch dem alten Schuldrecht unterfalle, nicht. Unabhängig davon sei auch das Vermögen der Beklagten weiterhin um den Wert der mangelhaften Architektenleistung gemindert gewesen. Ab Einbringung des Grundstücks in die KG habe sich dieser Schaden in dem geminderten Wert ihrer Gesellschaftsbeteiligung fortgesetzt.

Auch der Beklagte hat ergänzend vorgetragen. Er rügt, dass die nunmehr vom Kläger vorgelegten Berechnungen für ihn als Bauherrn weiterhin nicht nachzuvollziehen seien. Die Abrechnung der lediglich teilweise ausgeführten Leistungen erfolge weiterhin fehlerhaft durch Kürzung der anrechenbaren Baukosten, die der Kläger willkürlich und nicht nachvollziehbar vornehme. Einzelpositionen der Kostenberechnung seien zudem inhaltlich falsch. So weise diese bei den Bodenbelagsarbeiten Flächen aus, die gut um das Doppelte größer seien als im Objekt tatsächlich vorhanden. Vor diesem Hintergrund bestreitet der Beklagte, dass die in der nunmehr vorgelegten Kostenberechnung dargelegten Positionen, Zahlen und Beträge der tatsächlichen Ausführung des Bauvorhabens entsprechen. Darüber hinaus hat der Beklagte unter Vorlage eines zur Beweissicherung erstellten Gutachtens vom 08.09.2016 (Bl. 23ff VII) näher zum Mängelvorwurf betreffend die gerügte fehlerhafte Verlegung des Heizestrichs vorgetragen, dessentwegen er eine Gegenforderung i.H.v. nunmehr 90.000,- Euro hilfsweise zur Aufrechnung stellt. Er behauptet, dass die Dehnungsfugen fehlerhaft in Form eines Kellenschnitts ausgeführt worden seien und großflächige Mörtelbrücken vorhanden gewesen seien, weshalb die Dehnungsfugen ihre Aufgabe der strikten Trennung der einzelnen Heizfelder nicht hätten erfüllen können. Der Kläger habe diese Arbeiten überwacht und abgenommen, weshalb er nach Ansicht des Beklagten für die Mängelbeseitigungskosten einzustehen habe. Auch sei das Einbringen einer nur 3 cm dicken Styrodurdämmplatte nicht ausreichend, um ausreichend Wärmeschutz gegenüber dem Kellergeschoss herzustellen. Es hätte der Verlegung von 5 cm dicken Platten bedurft, was der Kläger anlässlich des Einbringens des Estrichs ebenfalls hätte erkennen müssen. Zur Beseitigung vorstehender Mängel sei es erforderlich, die Granitplatten sowie den gesamten Heizestrich einschließlich der darin befindlichen Heizrohre zu entfernen und diese Leistungen neu zu erstellen.

Der Kläger bestreitet, die Arbeiten zur Einbringung des Heizestrichs überwacht zu haben. Dies sei in den Aufgabenbereich des Ingenieurbüros gefallen, welches mit der Planung und Überwachung der technischen Gebäudeausstattung beauftragt worden sei.

Ergänzend wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

II.

Die Berufungen beider Parteien sind zulässig. Die Berufung des Beklagten, der den Rechtsstreit seiner im Verlauf des Berufungsverfahrens verstorbenen Ehefrau als deren Rechtsnachfolger wirksam aufgenommen hat (§§ 246 Abs. 1, 2. HS, Abs. 2, 239 Abs. 1, 250 ZPO), hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung und zur Abweisung der Klage. Die Berufung des Klägers bleibt dagegen ohne Erfolg. Seine zulässige Klage ist unbegründet.

1. Zwar steht dem Kläger dem Grunde nach ein Honoraranspruch aus § 631 Abs. 1 BGB a.F. i.V.m. § 4 HOAI (1996) und i.V.m. dem zwischen den Parteien am 12.02.1997 geschlossenen Architektenvertrag zu. Dieser Vertrag ist nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung wirksam, was von der beklagten Partei im Rahmen des Berufungsverfahrens auch nicht mehr in Zweifel gezogen wird.

Das mit diesem Vertrag vereinbarte Architektenhonorar des Klägers ist auch fällig. Zwar hat der Kläger seine vertraglich übernommenen Pflichten nicht vollständig erfüllt, da das Bauvorhaben unter seiner Regie nicht mehr fertiggestellt und endabgenommen worden ist. Letztlich haben aber beide Vertragsparteien klar zum Ausdruck gebracht, dass eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr erwünscht ist mit der Folge, dass der Vertrag in dieser Situation schlussabgerechnet werden kann (vgl. BGH BauR 1986, 596).

Eine Schlussrechnung durch den Kläger ist auch erfolgt, ohne dass die Beklagte innerhalb der gebotenen Prüfungsfrist von zwei Monaten die mangelnde Prüffähigkeit der Rechnung gerügt hätte, wie das Berufungsgericht bereits durch die Entscheidung des 8. Senats vom 14.04.2011 (Az. 8 U 173/10, OLG Oldenburg) festgestellt hat. Diese Feststellung ist für den erkennenden Senat nach § 318 ZPO bindend (vgl. Zöller/Feskorn, ZPO (33. Aufl.) § 318 RN 14 m.w.N.), da es sich um eine tragende Feststellung des erstmals mit der Sache befassten Berufungsgerichts handelte, auf deren Grundlage eine Entscheidungsreife zum damaligen Zeitpunkt verneint und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Ausgangsinstanz zurückverwiesen wurde (vgl. S. 9 des Urteils vom 14.04.2011 = Bl. 223 II d.A.). Sie wird im übrigen von dem erkennenden Senat aus den zutreffenden Gründen der Entscheidung des 8. Zivilsenats auch in der Sache geteilt.

2. Im Hinblick auf die Höhe der Forderung lässt sich aber nicht feststellen, dass der Kläger noch über die Summe der unstreitig bereits geleisteten Abschlagszahlungen von 116.700,- DM (= 59.667,76 Euro) hinaus weiteres Honorar beanspruchen kann. So sind Teilforderungen des von ihm in einer Gesamtsumme von 204.334,43 Euro schlussabgerechneten Honorars (Seite 12 des Schriftsatzes vom 23.08.2010 = Bl. 91 II d.A.) bereits dem Grunde nach nicht gegeben.

Darüber hinaus ist das geltend gemachte Honorar in weiten Teilen für das Gericht nicht nachvollziehbar und nicht prüffähig abgerechnet worden. Da eine prüfbare Abrechnung aber nicht nur die Fälligkeit der Forderung begründet, sondern notwendige Voraussetzung für eine schlüssige Darlegung des geltend gemachten Honoraranspruches ist, hat ihr Fehlen die Unbegründetheit der Klage zur Folge, sobald die beklagte Partei mit dem Einwand der fehlenden Prüffähigkeit der Rechnung als Fälligkeitsvoraussetzung mangels rechtzeitiger Rüge ausgeschlossen ist. Rügt der Auftraggeber die fehlende Prüffähigkeit der Rechnung nicht oder nicht rechtzeitig, kommt eine Abweisung der Klage als derzeit unbegründet nicht mehr in Betracht. Vielmehr hat im anhängigen Prozess eine endgültige Klärung der Werklohnforderung stattzufinden, wozu eine den vertraglichen Anspruchsvoraussetzungen genügende Abrechnung vorzulegen ist (vgl. BGH BauR 2007, 1577; OLG Düsseldorf, NZBau 2014, 707; OLGR Celle 2008, 509; Koeble in Locher u.a., HOAI (15. Aufl.) § 6 RN 15 + 21). Dieses ist vorliegend für weite Teile der geltend gemachten Honorarforderung unterblieben.

Es verbleiben lediglich schlüssig dargelegte – in ihren tatsächlichen Voraussetzungen allerdings weiterhin strittige – Honoraranteile i.H.v. insgesamt 31.985,42 Euro, die mittels unstreitiger Abschlagszahlungen i.H.v. insgesamt 59.667,76 Euro aber bereits abgegolten sind. Vor diesem Hintergrund bedarf es weder weiterer Beweisaufnahmen zu den insgesamt strittigen Darlegungen des Klägers, noch werden die hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen des Beklagten streiterheblich.

Im Einzelnen gilt:

a) Soweit der Kläger in seinem ersten Teil der mit Schriftsatz vom 23.08.2010 eingereichten Schlussrechnung (Anlage C 21, Bl. 117 AB) ein Honorar von 15.084,17 Euro (brutto) für die Entwurfsplanung des Objektes im Raster 100 x 100 cm geltend macht, besteht ein entsprechender Anspruch nicht.

Auch das Landgericht hat diese Forderung mit der angefochtenen Entscheidung abgewiesen, da sich nach den Feststellungen der Sachverständigen insoweit nicht erwiesen habe, dass er in Bezug auf das Raster 100 x 100 cm eine vollständige Genehmigungsplanung erbracht habe. Gegenüber dieser Begründung rügt die Berufung des Klägers zutreffend, dass er keine Vergütung für die Genehmigungsplanung (Grundleistungen der Leistungsphase 4), sondern nur für die Entwurfsplanung (Grundleistungen der Leistungsphase 3) beanspruche.

Gleichwohl liegen die Voraussetzungen für eine gesonderte Vergütung dieser Leistung nicht vor. So begehrt der Kläger sowohl in dem ersten, wie in dem zweiten und dritten Teil seiner Schlussrechnung jeweils eine Vergütung für die Entwurfsplanung. Er rechnet mithin die gleichen Grundleistungen mehrfach ab. Dieses ist möglich, wenn tatsächlich entsprechende Grundleistungen wiederholt erbracht werden, namentlich dann, wenn die entsprechende Leistungsphase abgeschlossen ist und der Architekt wegen später anfallender Änderungen erneut die bereits abgeschlossene Planung aufnehmen und ändern muss, mithin erneut Grundleistungen aus der bereits abgeschlossenen Leistungsphase erbringt. Eine derartige mehrfache Erbringung der gleichen Planungsleistung ist von der vereinbarten Vergütung regelmäßig nicht mehr gedeckt und daher grundsätzlich erneut zu vergüten (BGHZ 173, 314).

Vorliegend lässt sich jedoch nicht feststellen, dass die Entwurfsplanung in Bezug auf ein Objekt mit dem Raster 100 x 100 cm bereits abgeschlossen war, mit der Folge, dass die Aufnahme von Planungen für ein Raster von 90 x 90 cm eine Wiederholung von Grundleistungen darstellen würde. Dieses wird zwar von dem Kläger behauptet; hierzu hat die Sachverständige aber festgestellt, dass bereits vor Abschluss des Architektenvertrages am 12.02.1997 mit den Planungen auf Grundlage eines 90 x 90 cm Rasters begonnen wurde (2. GA S. 15 = Bl. 62 IV d.A.). Bei dieser Sachlage muss davon ausgegangen werden, dass die Parteien noch kein Einvernehmen über den Abschluss der Entwurfsplanung gefunden hatten, sondern sich diese noch in einem fortschreitenden Prozess befand, da anderes in dem Vertrag seinen Niederschlag gefunden hätte.

Im laufenden Planungsprozess ist jedoch zu beachten, dass der Architekt durchaus Alternativleistungen zu erbringen hat, ohne dass hierfür ein gesondertes Honorar verlangt werden kann. So wird von dem Architekten in der Leistungsphase 2 das Erarbeiten eines Planungskonzeptes einschließlich der Untersuchung von alternativen Lösungsmöglichkeiten als Grundleistung geschuldet (vgl. OLG Stuttgart, NJW 2018, 1263; Werner in Werner/Pastor, Der Bauprozess (16. Aufl.) RN 963). Auch der Kläger war vorliegend grundsätzlich mit der Erstellung derartiger alternativer Lösungskonzepte beauftragt. Dies folgt daraus, dass ihm nach dem Vertrag nicht etwa nur die Grundleistungen der Leistungsphasen 3 und 4 übertragen waren, sondern alle Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 4. Der Umstand, dass bereits Vorleistungen eines anderen Planers vorhanden waren, auf die der Kläger seine Planung aufbauen konnte, sollte nur durch einen prozentualen Abschlag der Vergütung für die ersten vier Leistungsphasen im Rahmen der Honorierung Berücksichtigung finden. Eine Verringerung des Vertragssolls gegenüber dem so genannten Vollarchitekturvertrag war hiermit jedoch nicht verbunden. Soweit sich daher im Rahmen des Planungsprozesses herausstellte, dass das Grundstück für das ursprünglich angedachte Raster von 100 x 100 cm zu klein war (nicht wegen baurechtlich einzuhaltender Grenzabstände, sondern wegen fehlender Nutzungsmöglichkeiten der verbleibenden Gartenfläche), handelt es sich um einen Gesichtspunkt, der durchaus von dem Kläger im Rahmen seines Auftrages zu ermitteln war und aufgrund dessen er gehalten war, das Planungskonzept anzupassen.

Zusätzlich zu vergüten sind derartige Planungsanpassungen erst dann, wenn es sich nicht mehr um alternative Lösungsmöglichkeiten nach gleichen Anforderungen handelt, sondern um wesentliche Änderungen (vgl. BGHZ 173, 314; Werner, a.a.O., RN 964). Hierzu hat die Sachverständige sowohl in ihrem zweiten Gutachten vom 02.10.2014 (Bl. 48/62 IV) als auch anlässlich ihrer Anhörung am 24.01.2017 (Bl. 172/173 V) ausgeführt, dass es sich bei der hier erfolgten bloßen Verkleinerung der Grundfläche um keine Planungsleistung nach grundsätzlich verschiedenen Anforderungen handelt, da letztlich beide Ansätze weiterhin auf dem prägenden Planungskonzept der vorhandenen Vorplanung beruhten. Diese fachliche Wertung der Sachverständigen ist nachvollziehbar und wird vom Senat geteilt. Zwar hat die Verkleinerung der Grundfläche natürlich erheblichen Einfluss auf das Volumen des Baukörpers mit der Folge, dass Zeichnungen vollständig neu gefertigt werden mussten. Die Änderung ist insoweit aber in einer frühen Planungsphase – noch vor Vertragsschluss – erfolgt, bei der derartige Anpassungen noch zum notwendigen Optimierungsprozess des dynamischen Planungsvorganges gehören. Wesentliche Planungsentscheidungen, vorliegend insbesondere die prägende Gestaltung der quadratischen Grundform des Objektes, seine Raumaufteilung sowie dessen Fassadengestaltung, sind von dieser Anpassung unberührt geblieben.

b) Das mit dem zweiten Teil der Schlussrechnung beanspruchte Honorar für die bis zur Erteilung der ersten Baugenehmigung erbrachten Grundleistungen des Klägers in Bezug auf das Raster 90 x 90 cm ist in Höhe eines Betrages von 12.502,18 Euro (brutto) schlüssig dargelegt. Mit Erteilung der Baugenehmigung am 09.06.1997 ist der für den Abschluss der Leistungsphase 4 erforderliche Erfolg eingetreten. Die Leistungen des Klägers in den Phasen 1 bis 4 sind damit zu vergüten.

Abschläge für eine Wiederholung der Grundleistungen, wie sie der Kläger mit dem zweiten Teil seiner Schlussrechnung zunächst vorgesehen hatte, sind tatsächlich nicht vorzunehmen, da ein Anspruch auf eine gesonderte Vergütung der Planungen für das Raster 100 x 100 cm – wie vorstehend ausgeführt – nicht besteht und daher insoweit keine bereits vergüteten Vorleistungen vorliegen, die der Kläger nunmehr nicht mehr erbringen musste. Derartige Vorleistungen lagen jedoch mit den Vorplanungen des mit den Bauherren befreundeten Designers vor. Insoweit haben sich die Parteien in dem Architektenvertrag darauf verständigt, diese Vorleistungen mit 10% des Honorars zu bewerten, so dass dem Kläger für die Erfüllung der Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 4 insgesamt ein Honorar von 17% zustände (3% + 7% + 11% + 6% – 10%), die der Kläger mit seiner im Berufungsverfahren vorgelegten neuen Honorarberechnung (Bl. 194 VII) nunmehr auch beansprucht.

Von diesen berechneten 17% ist jedoch ein weiterer Abzug von weiteren 2 Prozentpunkten vorzunehmen, da der Kläger ursprünglich keine Kostenberechnung nach DIN 276 (1981) erstellt hatte, die nach dem Leistungsbild der HOAI in Leistungsphase 3 zu erstellen gewesen wäre und dort eine Kostenkontrolle im Form eines Abgleiches mit der vorher zu erstellenden Kostenschätzung ermöglicht hätte. Zu der Problematik der Nichterfüllung einzelner Grundleistungen hat der BGH ausgeführt, dass sich der vom Architekten geschuldete Erfolg regelmäßig nicht nur darin beschränkt, dass er Aufgaben übernimmt, die für die Errichtung des Gebäudes erforderlich sind. Umfang und Inhalt der geschuldeten Leistung des Architekten seien, soweit einzelne Leistungen des Architekten nicht als selbständige Teilerfolge ausdrücklich vereinbart worden sind, durch Auslegung zu ermitteln. Nach dem Grundsatz einer interessengerechten Auslegung müssten dabei die durch den konkreten Vertrag begründeten Interessen des Auftraggebers an den Arbeitsschritten berücksichtigt werden, die für den vom Architekten geschuldeten Werkerfolg erforderlich sind (BGHZ 159, 376). Eine an den Leistungsphasen des § 15 HOAI orientierte vertragliche Vereinbarung – wie sie vorliegend mit dem zwischen den Parteien vereinbarten Einheitsarchitektenvertrag unter ausdrücklichem Verweis auf die Regelung in § 15 Abs. 2 HOAI (1996) vorliegt – begründe im Regelfall, dass der Architekt die vereinbarten Arbeitsschritte als Teilerfolg des geschuldeten Gesamterfolges schulde. Erbringe der Architekt einen derartigen Teilerfolg nicht, sei sein geschuldetes Werk mangelhaft, mit der Konsequenz, dass der Auftraggeber unter den Voraussetzungen von § 634 BGB a.F. die Vergütung mindern könne (a.a.O., RN 29f).

Auf eine entsprechende Minderung haben sich auch der Beklagte bzw. vor ihm seine verstorbene Ehefrau berufen. So hat sich die Beklagte bereits mit der Klageerwiderung vom 14.05.2007 gegen die Honorarforderung des Klägers mit der Rüge verteidigt, dass der Kläger keine Kostenkontrolle vorgenommen habe, wodurch eine erhebliche Überschreitung des ursprünglich vorgesehenen Kostenrahmens nicht aufgefallen sei, die sie letztlich gezwungen hätte, mehrere Gewerke nicht mehr in Auftrag zu geben und einbauen zu lassen. Tatsächlich hat der Architekt die in der HOAI als Grundleistungen vorgesehenen Maßnahmen zur Kostenermittlung nicht nur im eigenen Interesse zu erbringen, um eine prüfbare Honorarrechnung erstellen zu können. Diese Maßnahmen, namentlich auch die in der Leistungsphase 3 zu erstellende Kostenberechnung, beinhalten vielmehr ein wesentliches Leistungselement zugunsten des Bauherrn, der anhand der Kostenberechnung entscheiden können soll, ob die Planung umgesetzt und ein entsprechendes Bauvorhaben von ihm überhaupt finanziert werden kann. Dieser Leistungserfolg ist auch im Regelfall nicht mehr nachholbar. Sobald das Bauvorhaben – wie hier – weiter fortgesetzt worden ist, kann eine nachgeholte Kostenberechnung ihre Zielsetzung, dem Bauherrn eine Entscheidungsgrundlage für die Fortsetzung des Bauvorhabens zu liefern, nicht mehr erfüllen. Von daher haben bereits mehrere Oberlandesgerichte entschieden, dass das Unterbleiben einer Kostenberechnung wegen deren zentraler Bedeutung für die Entscheidung, ob die Planung umgesetzt werden soll und finanziert werden kann, eine Kürzung des Honorars um 1,5 bis 2 Prozentsätze rechtfertige (vgl. OLG Brandenburg, BauR 2014, 1804; OLGR Celle, 2007, 39; OLG Hamm, NJW-RR 1994, 982 (983); OLG Köln, NJW-RR 1992, 667 (667)).

Dem ist auch für den vorliegenden Sachverhalt beizupflichten. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist hier ebenfalls eine Minderung des Honorars um 2 Prozentpunkte anzusetzen, zumal beim streitgegenständlichen Bauvorhaben bei Abschluss der Leistungsphase 3 noch nicht einmal eine belastbare Kostenschätzung vorlag. Die als Anlage C 2 (Bl. 65 AB) vorgelegte Schätzung, welche die zu erwartenden Baukosten anhand einer einfachen Volumenrechnung ermittelte, hat der Kläger eigenen Angaben zufolge erst zusammen mit der Schlussrechnung erstellt.

Für die Berechnung des Honorars sind ferner anrechenbare Kosten i.H.v. 1.271.453,79 DM (= 650.084,- Euro) schlüssig dargelegt worden. Insoweit gilt, dass die anrechenbaren Kosten nach § 10 Abs. 2 Nr. 1 HOAI (1996) für die hier gegenständlichen Leistungsphasen 1 bis 4 nach der Kostenberechnung gemäß DIN 276 (1981) zu ermitteln sind. Wie ausgeführt, wäre die Kostenberechnung spätestens mit Abschluss der Leistungsphase 3 zu erstellen gewesen. Die Abrechnung der vollbeendeten Leistungsphasen 1 bis 4 auf Basis einer bloßen Kostenschätzung kommt damit nicht mehr in Betracht. Hat der Architekt – wie hier – eine Kostenberechnung in dieser Zeit tatsächlich nicht erbracht, muss er diese, um sein Honorar prüfbar abrechnen zu können, nachholen (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1994, 18 (19); OLG Köln, NJW-RR 1992, 667 (667); Korbion in Hesse u.a., HOAI (5. Aufl.) § 10 RN 10; Locher u.a., HOAI (7. Aufl.) § 10 RN 50 m.w.N.).

Eine zur schlüssigen Darlegung seiner Honorarforderung erforderliche Kostenberechnung hatte der Kläger bislang nicht vorgetragen, obwohl schon der 8. Zivilsenat in dem ersten Berufungsurteil vom 14.04.2011 darauf hingewiesen hatte, dass der Kläger noch zur Höhe der anrechenbaren Kosten entsprechend der DIN 276 vorzutragen habe (Urteil S. 14f = Bl. 228f II d.A.). Seine Abrechnung der auf die Leistungsphasen 1 bis 4 entfallenden Honorarforderungen hatte der Kläger bislang auf Basis der als Anlage C 2 vorgelegten Gegenüberstellung der zu erwartenden Baukosten bei unterschiedlich großen Flächenrastern vorgenommen.

Hierbei handelte es sich jedoch nicht um eine Kostenberechnung i.S.d. DIN 276. Vielmehr sind die zu erwartenden Baukosten für die verschiedene Rastermaße allein anhand des Bauvolumens ermittelt worden. Dieses ist allenfalls noch bei der Kostenschätzung zulässig, nicht mehr jedoch bei der Kostenberechnung, die der Ermittlung der angenäherten Gesamtkosten auf Grundlage genauer Bedarfsangaben, Planungsunterlagen und ausführlicher Erläuterungen dient. Hierzu sollen in der Kostenberechnung alle Leistungen innerhalb einer Kostengruppe bis zur Spalte 3 der Kostengliederung erfasst und aufgegliedert werden. Die Kosten sollen, soweit nicht Erfahrungswerte oder pauschalierte Angaben vorliegen, aus Mengen- und Kostenansatz summarisch ermittelt werden. Ergänzende Berechnungen sind beizufügen (DIN 276 (1981) Teil 3 Seite 2 Nr. 2). Diesen Anforderungen genügte die vom Kläger seiner Abrechnung zugrunde gelegte Anlage C 2 nicht.

Vor diesem Hintergrund hat der erkennende Senat dem Kläger mit Hinweis- und Auflagenbeschluss vom 07.07.2020 (Bl. 132ff VII) noch einmal ausdrücklich aufgegeben, zur Berechnung seines Honorars für die Leistungsphasen 1 bis 4 eine Kostenberechnung anhand der Vorgaben der DIN 276 (1981) auf Grundlage seiner Entwurfsplanung zu erstellen, die der Erteilung der Baugenehmigung zugrunde lag, und dabei die damaligen Herstellungskosten zu berücksichtigen (Ziffer II.1 i.V.m. Ziffer I.4.2 des Beschlusses). Der Kläger hat hierauf verschiedene Abrechnungen mit voneinander abweichenden Ergebnissen vorgelegt, wobei er seine Klageforderung – die er für die Leistungsphasen 1 bis 4 neu berechnet hat (Bl. 194 VII), erkennbar in erster Linie auf die so betitelte „Kostenverfolgung Gebäude“ stützt, welche in verschiedenen Spalten Kostenschätzung, Kostenberechnung, Kostenanschlag und Kostenfestsetzung nebeneinanderstellt. Die Spalte Kostenberechnung weist dabei in Summe anrechenbare Kosten von 1.838.500,- DM aus und entspricht damit exakt dem Betrag, den der Kläger bereits mittels der Anlage C2 für das erweiterte Bauvolumen nach der ersten Nachtragsgenehmigung geschätzt hatte. Auch wenn in dieser Spalte nunmehr einzelne Kostengruppen ausgewiesen werden, genügt diese Aufstellung weiterhin nicht den Anforderungen an eine Kostenberechnung nach DIN 276 (1981), da ihre Grundlagen nicht erkennbar sind. Es handelt sich vielmehr um die bloße Auflistung einzelner Pauschalbeträge, die in der Summe wieder zu dem Schätzwert führen, den der Kläger zuvor anhand einer Volumenberechnung ermittelt hatte. Die aufgeführten Kosten sind damit nicht anhand der Entwurfsplanung und daraus abgeleiteter Mengensätze gewonnen worden, wie es für eine Kostenberechnung erforderlich ist.

Eine derartige, den Anforderungen der DIN 278 genügende, Berechnung hat der Kläger jedoch mit der als „Kostenberechnung LP 1-4 1997“ vorgelegt, die in der Summe allerdings nur anrechenbare Kosten i.H.v. netto 1.271.453,79 DM (= 650.081,61 Euro) ausweist. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Kläger seine Honorarforderung zumindest hilfsweise auf diese, ebenfalls von ihm selbst vorgelegte, Berechnung stützen will. Dieser deutlich detaillierteren Aufstellung liegen zahlreiche Mengenermittlungen zugrunde, die eine entsprechende Planungsgrundlage voraussetzen. Sie genügt damit den Anforderungen der DIN 276 (1981), wonach die Kosten auf Grundlage genauer Bedarfsangaben in Form einer summarischen Aufstellung aus Mengen- und Kostenansätzen ermittelt werden sollen.

Die einzelnen Mengenansätze dieser Berechnung sind allerdings weiterhin strittig und – wie der Beklagte unter Verweis auf die viel zu großen Flächenansätze bei den Bodenbelagsarbeiten zutreffend rügt – teilweise sogar offenkundig unzutreffend. Entsprechende Rügen des Beklagten sind entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht verspätet. Der Beklagte hat nicht etwa die vom Kläger im Rahmen der Genehmigungsplanung erstellten Flächenberechnungen (Ordner 1, Fach 1) bestritten, welche etwa für das Erdgeschoss eine Grundfläche von 208,94 m² ausgewiesen hat, sondern die Richtigkeit der im Rahmen der erstmals vorgelegten Kostenberechnung angesetzten Vordersätze, die unter der Kostenposition 352 etwa für die Estrich- und Natursteinarbeiten im Erdgeschoss eine Fläche von 264 m² zugrundelegen. Diese Mengenangabe weicht deutlich von der eigenen vorgenannten Flächenberechnung des Klägers ab, zumal letztere auch noch die gut 20 m² große Glasfläche umfassen dürfte, auf der weder Estrich- noch Bodenbelagsarbeiten vorzunehmen waren. In Anbetracht dieser offenkundigen Mengenabweichungen sind durchaus die vom Beklagten geäußerten Zweifel angebracht, ob die in der vorgelegten Kostenberechnung zugrundegelegten Massen tatsächlich vom Kläger aus der Entwurfsplanung abgeleitet wurden, wie dies nach der DIN 278 erforderlich ist. Letzteres ist aber prüfbar und betrifft damit nicht die Schlüssigkeit der klägerischen Abrechnung, sondern deren sachliche Richtigkeit, die – soweit streiterheblich – im Rahmen einer Beweisaufnahme geklärt werden könnte.

Aus diesen schlüssig dargelegten anrechenbaren Kosten i.H.v. netto 650.084,- Euro folgt unter Zugrundelegung des vertraglich vereinbarten Mindestsatzes der Honorarzone IV der HOAI (1996) ein Gesamthonorar (100%) von netto 69.025,15 Euro (lt. IBR-Online-Rechner HOAI 1996). Hiervon könnte der Kläger 10.353,77 Euro (15%) zzgl. vereinbartem Zuschlag von 5% für Nebenkosten i.H.v. 517,69 Euro und zzgl. der 1997 noch gültigen Mehrwertsteuer von 15% i.H.v. 1.630,72 Euro für die Leistungsphasen 1 bis 4 beanspruchen, so dass ein Teilhonorar für die bis zur Erteilung der ersten Baugenehmigung erbrachten Leistungen i.H.v. insgesamt 12.502,18 Euro (brutto) schlüssig dargelegt ist.

c) Mit dem dritten Teil seiner als Anlage C 21 vorgelegten Schlussrechnung hat der Kläger wiederum zunächst Honorar für die Leistungsphasen 3 und 4 geltend gemacht. Eine entsprechende Abrechnung nimmt der Kläger auch mit seiner im Berufungsverfahren neu vorgelegten Honorarberechnung (Bl. 197 VII) vor. Auch insoweit ist zumindest in Höhe eines Teilbetrages der Forderung – konkret i.H.v. 8.234,82 Euro – ein Honoraranspruch des Klägers schlüssig dargelegt.

Die erneute Abrechnung von Honorar für die Leistungsphasen 3 und 4 beruht auf dem Umstand, dass der Kläger nach bereits erteilter Baugenehmigung zwei Nachträge beim Bauamt eingereicht hatte, die ebenfalls genehmigt wurden. Mit diesen Leistungen hat der Kläger tatsächlich Grundleistungen wiederholen müssen, die nach der bereits am 09.06.1997 erteilten Genehmigung des Bauvorhabens abgeschlossen waren. Dies hat – wie bereits unter 2.a) ausgeführt – zur Folge, dass derartige zusätzlich erbrachte Leistungen auch zusätzlich zu vergüten sind. Während ein entsprechender zusätzlicher Aufwand des Klägers im Hinblick auf den Nachtrag bezüglich der Kellererweiterung und der Doppelgarage von vornherein eindeutig gegeben war, stellte sich bezüglich der mit dem zweiten Nachtrag genehmigten Rampenkonstruktion zunächst die Frage, inwieweit der Kläger hierfür Leistungen erbracht hatte. Insoweit konnte aber im Termin vor dem Landgericht am 24.01.2017 eine Klärung herbeigeführt werden, in dem auch die Sachverständige bestätigte, dass der Kläger auch für diesen Nachtrag Planungsleistungen erbracht hatte, die auch zusätzlich zu vergüten wären. Zur Höhe des hieraus folgenden zusätzlichen Honoraranspruches vermochte sich die Sachverständige in dem Termin allerdings noch nicht zu äußern.

Letzteres richtet sich grundsätzlich nach dem Prozentsatz der jeweils wiederholten Leistungsphase (OLG Düsseldorf, NZBau 2007, 109; Werner in Werner/Pastor, Der Bauprozess (17. Aufl.) RN 972). Zu beachten ist allerdings, dass es zur Erstellung der beiden Nachträge keinesfalls einer kompletten Wiederholung sämtlicher Grundleistungen der erneut abgerechneten Leistungsphasen bedurfte, sondern der Kläger nur Teilbereiche des bereits geplanten und genehmigten Objektes umgeplant hat. In jeder Leistungsphase konnte der Kläger daher auf bereits vergütete Vorleistungen, die er für die ursprüngliche Planung bereits erbracht hatte, zurückgreifen. Dies berücksichtigend ist die Vergütung in derartigen Fällen derart vorzunehmen, dass nur ein bestimmter Anteil des für die jeweilige Leistungsphase abrechenbaren Prozentsatzes berechnet werden kann (vgl. Werner, a.a.O.). Dies hat auch der Kläger im Rahmen seiner Berechnungen berücksichtigt, indem er im Rahmen seiner Schlussrechnung (C 21) für die zweimalige Wiederholung von Grundleistungen infolge der Erstellung zweier Nachträge zur Baugenehmigung für die Leistungsphase 3 nur die Hälfte des hierfür vorgesehenen Honorarsatzes berechnete (5,5% anstelle von 11%) und den für die Leistungsphase 4 vorgesehenen Prozentsatz von 6% nur einmal. Mit seiner im Berufungsverfahren neu vorgelegten Berechnung berechnet der Kläger für die Wiederholung der Leistungen in der Leistungsphase 3 sogar nur noch 3% (Bl. 197 VII).

Die Abrechnung des Klägers ist in diesem Punkte schlüssig. Inwieweit die angesetzten Prozentsätze zutreffend sind, ist einer sachverständigen Überprüfung zugänglich. Diese konnte im Rahmen der Anhörung der Sachverständigen im Termin vor dem Landgericht am 24.01.2017 zeitbedingt nicht mehr erfolgen. Die Beweisaufnahme sollte gemäß den Anordnungen Nrn. 2 und 3 der Verfügung vom 27.01.2017 in diesem Punkte fortgesetzt werden, was in weiterer Folge mangels Einzahlung des geforderten Kostenvorschusses durch den Kläger jedoch unterblieb. Eine Fortsetzung der Beweisaufnahme wäre aber – wenn streiterheblich – in der Berufungsinstanz noch möglich gewesen, worauf der Senat unter I.5.1.1. des Beschlusses vom 07.07.2020 hingewiesen hat.

Problematisch sind hier wiederum die Darlegungen des Klägers zu den anrechenbaren Kosten. Auch diese sind für die abrechneten Leistungsphasen 3 und 4 entsprechend einer dem Planungsfortschritt angepassten Kostenberechnung nach DIN 276 (1981) zu ermitteln, worauf der Senat ebenfalls unter Ziffer I.5.1.2 des vorgenannten Beschlusses hingewiesen hat. Wiederum stützt der Kläger seine Berechnung auf die von ihm so betitelte „Kostenverfolgung Gebäude“, die für die Kostenberechnung einen Wert von 1.838.500,- DM ausweist. Wie schon vorstehend unter 2.b) dargelegt wurde, genügt diese Darstellung den Anforderungen einer Berechnung nach DIN 276 (1981) nicht. Aber auch hinsichtlich der Kostenberechnung für das erweiterte Bauvolumen gilt, dass der Kläger mit der als „Kostenberechnung 1998“ betitelten Anlage eine Berechnung vorgelegt hat, die diesen Anforderungen entspricht und prüfbar ist. Diese Berechnung ermittelt unter Berücksichtigung der genehmigten Erweiterungen des Bauvorhabens anrechenbare Kosten i.H.v. nunmehr 1.407.546,28 DM (= 719.667,- Euro). Auch hier gilt, dass die Richtigkeit der in der Berechnung zugrunde gelegten Vordersätze von dem Beklagten mit Schriftsatz vom 01.06.2021 bestritten worden sind. Dies führt aber nur zur Beweisbedürftigkeit der entsprechenden Darlegungen des Klägers, ändert aber nichts daran, dass anrechenbare Kosten in entsprechender Höhe durch Vorlage einer den Anforderungen der DIN genügenden Kostenberechnung von ihm schlüssig dargelegt worden sind. Aus den dargelegten Kosten i.H.v. 719.667,- Euro folgt unter Zugrundelegung des vereinbarten Mindestsatzes der Honorarzone IV ein Honorar (100%) von netto 75.121,46 Euro (lt. IBR-Online-Rechner HOAI 1996). Hiervon begehrt der Kläger nunmehr insgesamt noch 9 Prozentpunkte zur Honorierung seiner wiederholt ausgeführten Leistungen. Dies wären 6.760,93 Euro zzgl. vereinbartem Zuschlag von 5% für Nebenkosten i.H.v. 338,05 Euro und zzgl. der im Jahr 1998 gültigen Mehrwertsteuer von 16% i.H.v. 1.135,84 Euro, so dass insoweit ein weiterer Teilanspruch von 8.234,82 Euro (brutto) schlüssig dargelegt ist.

d) Dagegen bleibt das Klagevorbringen – auch nach den vom Senat mit Beschluss vom 07.07.2020 erteilten Hinweisen – unschlüssig, soweit der Kläger mit dem dritten Teil seiner Schlussrechnung auch eine Vergütung seiner – kündigungsbedingt nur noch teilweise – erbrachten Leistungen für das Gebäude in den Leistungsphasen 5 bis 8 begehrt. Auf die Berufung des Beklagten ist daher das landgerichtliche Urteil, welches dem Kläger für diese Leistungsphasen noch ein Honorar i.H.v. 59.129,99 Euro zuerkannt hat, in diesem Punkte abzuändern.

Auf Grundlage des klägerischen Vorbringens lassen sich bereits die anrechenbaren Kosten zur Berechnung des von dem Kläger für diese Leistungsphasen zu beanspruchenden Honorars nicht feststellen. Dieser Honorarparameter hat jedoch entscheidende Bedeutung für die Errechnung des Honorars auf Grundlage der Honorartafeln nach § 16 HOAI (1996). Er muss daher unter Beachtung des Systems der jeweiligen Kostenermittlungen nach § 10 Abs. 2 HOAI (1996) ermittelt und dargelegt werden. Dies ist nicht nur zur Erteilung einer prüffähigen Schlussrechnung als Fälligkeitsvoraussetzung erforderlich, sondern notwendiger Tatsachenvortrag, um einen Honoraranspruch des Klägers überhaupt feststellen zu können (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2010, m.w.N.). Insoweit genügt es auch nicht, die jeweiligen Werte anzugeben, die der Honorarforderung für die jeweilige Leistungsphase von der klagenden Partei als anrechenbare Kosten zugrunde gelegt werden. Um die Begründetheit der geltend gemachten Honorarforderung – ggfs. unter Hinzuziehung sachverständiger Hilfe – prüfen zu können, reicht es nicht, nur die Ergebnisse der jeweiligen Kostenermittlung mitzuteilen; vielmehr müssen auch die dieser zugrundeliegenden Kriterien angegeben werden (OLG Düsseldorf, NZBau 2014, 707).

Vorliegend sind die anrechenbaren Kosten für die erbrachten Leistungen der Phasen 5 bis 8 einheitlich nach dem Kostenanschlag zu ermitteln. Für die Leistungsphasen 5 bis 7 folgt dies aus § 10 Abs. 2 Nr. 2 HOAI (1996) und dem Umstand, dass die Leistungsphase 7 zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses bereits abgeschlossen und daher schon zu diesem Zeitpunkt ein Kostenanschlag vom Kläger gemäß § 15 Abs. 2 HOAI (1996) geschuldet war. Da der Kläger diese geschuldete Leistung während der Vertragslaufzeit nicht erbracht hatte, gilt auch hier, dass er diese Leistung zur schlüssigen Darlegung seines Honorars nachzuholen hat (vgl. oben 2.b)). Für die Leistungsphase 8 folgt dies aus § 10 Abs. 2 Nr. 3 HOAI (1996). Das Vertragsverhältnis ist von den Parteien bereits vor Fertigstellung des Bauwerks beendet worden. Die notwendige Voraussetzung zur Erstellung einer Kostenfeststellung, nach der grundsätzlich gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 3 HOAI (1996) die anrechenbaren Kosten für die Leistungsphase 8 ermittelt werden, lagen damit zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung nicht vor. Dementsprechend konnte der Kläger noch keine Kostenfeststellung fertigen. Für diesen Fall sieht die Honorarordnung vor, dass die anrechenbaren Kosten auch für die Leistungsphase 8 noch nach dem Kostenanschlag zu ermitteln sind.

Der Kläger sieht sich durch diese Form der Kostenermittlung benachteiligt, da sie Kostensteigerungen während der Ausführungsphase, die ihre Grundlage in Änderungswünschen der Bauherrenschaft finden, nicht berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund war der Kläger über den gesamten Verlauf des Rechtsstreits bestrebt, eine Kostenfeststellung zu erstellen, die den tatsächlichen Kostenaufwand für das in großen Teilen bereits fertig gestellte Gebäude wiedergeben sollte. Die entsprechenden Kostenermittlungen, die der Kläger zunächst als Anlage C 5 (Bl. 71 AB) und später als Anlage F 1 (Bl. 223 III d.A.) vorlegte, beinhalteten infolge dessen Mischformen zwischen Kostenanschlag und Kostenfeststellung, die das System der Kostenermittlungen nach § 10 Abs. 2 HOAI (1996) i.V.m. DIN 276 (1981) verließen und damit keine Grundlage bildeten für eine ordnungsmäßige Berechnung des klägerischen Honoraranspruches.

Dieses war bereits von der Sachverständigen im Verlaufe der ersten Instanz immer wieder kritisiert worden. Schon in ihrem Grundgutachten vom 26.06.2008 führte die Sachverständige u.a. aus, dass die vorgelegte Kostenaufstellung des Klägers dahingehend zu korrigieren sei, dass die darin enthaltenen Abrechnungssummen zu ersetzen seien durch die jeweiligen Angebotsbeträge der mit der Bauausführung beauftragten Unternehmen (Seite 18 des GA = Bl. 154 I d.A.). Sie bekräftigte dieses im Rahmen ihrer ersten Anhörung vor dem Landgericht am 15.07.2010 (Seite 3 des Sitzungsprotokolls = Bl. 46 II d.A.). Das Landgericht folgte diesen Ausführungen in seinem ersten Urteil, welches am 24.09.2010 verkündet wurde. Zur Bestimmung einzelner Kostenpositionen könne sich der Kläger nicht einfach auf spätere Rechnungssummen stützen. Im Rahmen des hier maßgeblichen Kostenanschlages sei auf Auftragnehmerangebote, Eigenberechnungen sowie Honorar- und Gebührenberechnungen abzustellen. Sollten für einzelne Positionen Angebote der Unternehmer fehlen, sei durch Eigenberechnungen mit konkreten Bedarfsberechnungen, Planunterlagen und Erläuterungen zur Bauausführung verständlich darzutun, welche konkreten Kosten damals für einzelne Gewerksleistungen anzusetzen gewesen wären (Urteil S. 21f = Bl. 143f II d.A.). Diese zutreffenden Ausführungen des Landgerichts sind durch die aufhebende Entscheidung des 8. Zivilsenats des hiesigen Gerichts vom 14.04.2011 keineswegs obsolet geworden. Vielmehr wurde der Kläger auch mit diesem Urteil darauf hingewiesen, dass er insbesondere noch zur Höhe der anrechenbaren Kosten entsprechend § 10 Abs. 2 HOAI und der DIN 276 (Fassung April 1981) vorzutragen habe, indem er nach sorgfältiger Auswertung aller ihm zugänglicher Unterlagen und Informationen die geschätzten Berechnungsgrundlagen darlege (Urteil Seite 14f = Bl. 228f II d.A.). Zu der daraufhin vom Kläger neu erstellten Anlage F 1 führte die Sachverständige in ihrem Gutachten vom 02.10.2014 aus, dass auch die darin enthaltenen Schätzkosten zu beanstanden seien, weil sie vom Kläger nicht – der DIN 276 (1981) entsprechend – aus Leistungspositionen und ortsüblichen Preisen ermittelt worden wären. Auch in die Anlage F 1 seien wiederum Schlussrechnungen von beteiligten Unternehmen aufgenommen worden, was erneut zu beanstanden sei. Anhand der zur Verfügung gestellten Planungsunterlagen ließen sich die in einen Kostenanschlag aufzunehmenden Kosten nicht ermitteln (GA Seite 24f = Bl. 71 f IV d.A.). In ihrem Ergänzungsgutachten vom 29.09.2015 führte die Sachverständige weiter aus, dass die vom Kläger in seinem Kostenanschlag eingestellte Mischung aus Angeboten, Aufträgen, eigenen Schätzungen ohne Angabe der Berechnungsgrundlagen und Schlussrechnungen von Gewerken aus sachverständiger Sicht zu beanstanden sei. Zwar dürfe der Architekt bei fehlender Kenntnis von Angebotsbeträgen die Kosten im Wege der Schätzung ermitteln; hierzu müsse er aber die Berechnungsgrundlagen – wie z.B. Mengen, Art der Ausführung und ortsübliche Einheitspreise – darlegen, auf denen seine Schätzungen beruhten (Erg.GA S. 12).

Der erkennende Senat teilt diese von der Sachverständigen geäußerten Bedenken gegen die vom Kläger vorgelegten Kostenermittlungen, die er zur Grundlage seiner Schlussrechnung und damit zur Grundlage seines Klagevorbringens machte. Dies wurde dem Kläger bereits anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2020 verdeutlicht. Sodann wurde dem Kläger unter I.5.2.3 des Beschlusses vom 07.07.2020 ausdrücklich noch einmal folgender Hinweis erteilt:

„Erneut stellt sich das Problem der anrechenbaren Kosten. Diese ermitteln sich gemäß § 10 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 HOAI vollständig nach dem Kostenanschlag, da die Leistungsphase 7 abgeschlossen sein soll und eine Kostenfeststellung mangels Beendigung der Leistungsphase 8 nicht erstellt werden kann. Für die Kostenansätze des Kostenanschlags sind dabei gemäß DIN 276 entweder die Einheitspreise aus den Angeboten oder – soweit diese nicht vorliegen – aus der Erfahrung gewonnene Preise einzusetzen, die nicht denjenigen entsprechen, die später tatsächlich abgerechnet werden. Vielmehr ist auf Mengen und Preise abzustellen, die dem Architekten zum Zeitpunkt der Beendigung der Leistungsphase 7 zur Verfügung standen, mithin die kalkulierten Mengen aus der Planung, nicht diejenigen, die im Rahmen der späteren Bauausführung realisiert wurden. Demgegenüber hat der Kläger sowohl mit der Anlage C 5 als auch mit der Anlage F 1 eine Mischform zwischen Kostenanschlag und Kostenfeststellung vorgelegt, da hierin zahlreiche Werte aus den während des Bauablaufs erstellten Schlussrechnungen der ausführenden Unternehmen enthalten sind. Dies hat die Sachverständige im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens zu Recht immer wieder gerügt. Dieser Umstand führt aus Sicht des Senats zur Unschlüssigkeit des Klägervorbringens. Das Landgericht hat dies offenbar anders gesehen, da es anrechenbare Kosten durch die Sachverständige ermitteln ließ und diese Ermittlungen letztlich seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Tatsächlich ist es nicht Aufgabe der Sachverständigen, anstelle des Klägers einen richtigen Kostenanschlag zu erstellen. Dies bleibt Aufgabe des Klägers, dem hierzu nur deshalb noch einmal Gelegenheit eingeräumt wird, weil er erstinstanzlich nicht mit der nötigen Deutlichkeit auf die Unschlüssigkeit seiner Abrechnung hingewiesen worden ist und anstelle dessen weitestgehend die Sachverständige mit diesbezüglichen Ermittlungen beauftragt wurde.“

Sodann wurde dem Kläger mit II.4. des Beschlusses ausdrücklich die Auflage erteilt, einen Kostenanschlag für das mit dem dritten Teil der Schlussrechnung geltend gemachte Honorar gemäß Ziffer 5.2.3. der vorstehenden Hinweise zu erstellen und vorzutragen. Diese Auflage hat der Kläger nicht erfüllt, sondern mit Schriftsatz vom 15.01.2021 lediglich die bereits vorstehend unter 2.b) erwähnte „Kostenverfolgung Gebäude DIN 276 1981“ vorgelegt, die auch eine Spalte für den Kostenanschlag enthält und für diesen in der Summe Nettokosten i.H.v. 2.140.080,29 DM bzw. 1.094.205,68 Euro ausweist. Diese Summe bildet sich aus einzelnen Kostenpositionen, die in der Tabelle teilweise bis zur vierten Gliederungsebene dargestellt werden. Nähere Erläuterungen zu den Grundlagen dieser Beträge fehlen jedoch. Vielmehr trägt der Kläger vor, dass auch diese Aufstellung auf seiner zuvor vorgelegten Anlage F 1 basiere und bei den einzelnen Kostenpositionen auf die von ihm vorgelegten Unterlagen im Anlagenordner 2 verwiesen würde (Seite 2 des Schriftsatzes = Bl. 182 VII d.A.). Wie der Kläger selber betont, lag dieser Ordner bereits der Sachverständigen vor. Er enthält gerade die von der Sachverständigen vielfach kritisierte Zusammenstellung verschiedenster Unterlagen, namentlich zahlreiche Schlussrechnungen der ausführenden Unternehmen, die keine geeignete Grundlage bilden für einen Kostenanschlag, der den Anforderungen der DIN 276 (1981) entspricht.

Auch in dieser Bewertung der vorgelegten Unterlagen schließt sich der Senat der wiederholt vorgebrachten Kritik der Sachverständigen an. Abgesehen davon, dass der bloße Verweis auf ein Anlagenkonvolut keinen – vom Senat ausdrücklich geforderten – Sachvortrag ersetzt, lassen sich auch anhand dieser Zusammenstellung die von dem Kläger für seinen Kostenanschlag angesetzten Werte in weiten Teilen nicht nachvollziehen. Dies betrifft vorrangig die gesamten Rohbauarbeiten, die der Kläger mit 639.685,97 DM ansetzt. Eine nachvollziehbare Aufgliederung dieser Kosten fehlt. Im Fach 2 des in Bezug genommenen Anlagenordners 2 wird insoweit in erster Linie auf die – dort nicht enthaltene – Schlussrechnung verwiesen, deren Inhalt allerdings offenbar selbst vom Architekten nicht anerkannt wurde und welche Gegenstand eines Rechtsstreits mit dem ausführenden Unternehmen war. Ob ein Angebot bezüglich dieser Arbeiten jemals vorgelegen hat, bleibt unklar. Bereits in ihrer Klageerwiderung hatte die Beklagte vorgetragen, dass der Kläger von ihr auf Empfehlung des Bauunternehmers hinzugezogen worden sei. Damit stand offenbar von vornherein fest, dass die Arbeiten von der Fa. DD ausgeführt werden sollten, weshalb ggfs. von einem detaillierten Angebot für dieses kostenträchtige Gewerk abgesehen wurde. Für den Kostenanschlag hätte daher auf eine Schätzung zurückgegriffen werden müssen, die jedoch nicht rückwärtsgerichtet (auf Grundlage der später abgerechneten Preise), sondern auf Grundlage des Kenntnisstandes zum Zeitpunkt der Auftragserteilung vorzunehmen gewesen wäre. Die voraussichtlichen Massen hätten daher – vergleichbar dem Vorgehen bei der Kostenberechnung – aus den Planungsunterlagen ermittelt und mit ortsüblichen Einheitspreisen multipliziert werden müssen. Auch für die Kosten für die Herrichtung des Grundstückes (Fach 1) liegt kein Angebot vor. Hierfür hat der Kläger durchgehend einen Schätzbetrag von 5.000,- DM angesetzt, ohne diese Schätzung näher zu erläutern. Dabei sollte sich aus der Planung ohne weiteres das Aushubvolumen, welches mit ortsüblichen Einheitspreisen zu multiplizieren wäre, ermitteln und darstellen lassen. Auch die anrechenbaren Kosten für die Zimmererarbeiten (Fach 3) wurden anhand der Schlussrechnung, nicht jedoch auf Grundlage eines Angebots oder einer aus der Planung hergeleiteten Schätzung ermittelt. Für die Trockenbauarbeiten (Fach 6) liegen sogar Angebote über einen Gesamtbetrag von 88.956,55 DM (31.080,- + 51.725,55 + 6.151,- DM) vor; in den Kostenanschlag hat der Kläger jedoch anrechenbare Kosten von insgesamt 94.614,55 DM eingestellt, ohne dass die Differenz von 5.658,- DM näher erläutert würde. Die diversen Arbeiten der Fa. EE (Fenster, Rampe, Geländer, Fach 7) werden wiederum nur mit Schlussrechnungsbeträgen berücksichtigt. Hinsichtlich der Lackierung der Rampe enthält der Anlagenordner (Fach 8) den Hinweis, dass Angebote wegen der Sonderkonstruktion nicht eingeholt werden konnten. Der Kläger schätzte den Aufwand auf 30.000,- DM und begründete dies durchaus nachvollziehbar mit der Erwägung, dass die Arbeiten den Umfang von etwa 15 PKW-Lackierungen entsprächen. Nicht nachvollziehbar ist jedoch, warum der Kläger anstelle dieses ordnungsgemäß ermittelten Schätzbetrages in den Kostenanschlag nunmehr anrechenbare Kosten i.H.v. 50.000,- Euro aufgenommen hat. Die anrechenbaren Kosten für den Autoaufzug i.H.v. 54.650,- DM hat der Kläger wiederum einer (gekürzten) Schlussrechnung entnommen, obwohl für diese Kostenposition sogar ein Angebot vorliegt, welches sich allerdings nur über 45.135,- DM beläuft (Fach 12). Für die Estricharbeiten liegt ein Angebot über 3.012,- DM für das Kellergeschoss vor (Fach 14), welches auch im Kostenanschlag berücksichtigt worden ist. Weitere 5.000,- DM hat der Kläger geschätzt (Fach 13). Die Gründe hierfür erschließen sich nicht. Die für Putzarbeiten veranschlagten Kosten (Fach 15) setzen sich zusammen aus einem Angebotspreis (19.292,85 DM) und weiteren Kosten, die einer Rechnung entnommen wurden (3.224,96 DM). Als Nachweis für die Gerüstkosten findet sich im Anlagenordner (Fach 17) lediglich eine Rechnung über 7.683,43 DM. In den Kostenanschlag wurden demgegenüber zwei Pauschalbeträge von 3.000,- bzw. 7.500,- DM eingestellt. Eine Grundlage hierfür ist weder benannt, noch ersichtlich. Für die Fliesenarbeiten in den Bädern hat der Kläger im Kostenanschlag insgesamt 29.059,- DM angesetzt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus einem Angebot über 9.059,- DM für die Arbeiten im Keller und einer groben Schätzung von 20.000,- DM für die übrigen Bäder. Zur Begründung wurde angegeben, dass entsprechende Kosten im erheblichen Umfang vom Steintyp, der Bearbeitungsart und des Umfanges der Verkleidungen abhängen würde und ein Natursteinbad daher durchaus weit über 100.000,- DM kosten könne. Dem Erfordernis einer aus der Planung für das konkrete Objekt hergeleiteten Schätzung der anrechenbaren Kosten genügt diese Begründung offenkundig nicht. Für die Malerarbeiten im Innenbereich liegen zwei Angebote über insgesamt 13.473,09 DM vor (Fach 24). Warum der Kläger diese Arbeiten im Kostenanschlag mit einem Betrag von 28.473,09 DM angesetzt hat, erschließt sich nicht. Diverse Metallarbeiten, die von der Fa. FF an dem Objekt ausgeführt wurden, sind im Kostenanschlag des Klägers mit anrechenbaren Kosten i.H.v. 11.500,- DM berücksichtigt worden. Die Zusammensetzung dieses Betrages erschließt sich mit Blick auf das in Bezug genommene Ordnerfach 26 nicht. Dort werden zahlreiche Kosten auf Grundlage von Schätzungen, Rechnungen und Angeboten aufgeführt, die in der Summe 63.875,72 DM betragen sollen. Welche dieser Arbeiten in dem Kostenanschlag berücksichtigt wurden, bleibt unklar. Soweit die Kosten der Beleuchtung vom Kläger im Fach 29 des Anlagenordners grob mit 5.000,- DM geschätzt wurden, ist diese Schätzung ersichtlich nicht aus der Planung abgeleitet worden. Die im Kostenanschlag berücksichtigen Kosten für zwei Tore i.H.v. 7.581,- DM wurden einer Rechnung entnommen (Fach 36). Die Grundlage für die weiteren angesetzten Kosten von 21.980,- DM erschließt sich nicht. Eine Grundlage für die angesetzten Kosten i.H.v. 65.000,- DM für Möbel ist nicht benannt. Es handelt sich augenscheinlich um eine grobe Schätzung. Warum diese für den Kostenanschlag um 20.000,- DM höher ausfällt als bei der Kostenberechnung, die hierfür 45.000,- DM berücksichtigte, erschließt sich nicht. Entsprechende Kosten dürften nach § 10 Abs. 5 Nr. 7 HOAI (1996) vorliegend ohnehin nicht anrechenbar sein (vgl. Seite 13 d. Erg-GA).

Entgegen der Auffassung des Landgerichts können die anrechenbaren Kosten zur Ermittlung des vom Kläger für die Leistungsphasen 5 bis 8 zu beanspruchenden Honorars auch nicht auf Grundlage der Berechnungen der Sachverständigen im Gutachten vom 02.10.2014 mit 1.702.336,83 DM angesetzt werden. Die entsprechenden Berechnungen der Sachverständigen mögen nachvollziehbar und – so das Landgericht – überzeugend sein. Dies ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass auch die Berechnungen der Sachverständigen in der Honorarordnung, deren Geltung die Parteien selber vertraglich vereinbart haben, keine Grundlage finden. Hierauf hat die Sachverständige selber in dem genannten Gutachten hingewiesen, indem sie anmerkte, dass sie die in den Kostenanschlag aufzunehmenden Kosten anhand der ihr zur Verfügung gestellten Planungsunterlagen tatsächlich nicht ermitteln könne und sie daher für ihre Berechnungen ebenfalls auf die in der vorgelegten Anlage F1 enthaltenen Rechnungsbeträge zurückgreifen müsse (vgl. Seite 24f des Gutachtens = Bl. 71f Bd. IV d.A.). Die Berechnungen der Sachverständigen mögen daher einen guten Näherungswert liefern, auf dessen Grundlage etwa Vergleichsverhandlungen geführt werden können. Einen fehlenden schlüssigen Sachvortrag des Klägers vermögen sie jedoch nicht zu ersetzen. Dies hat auch die Sachverständige selber anlässlich ihrer mündlichen Anhörung vom 24.01.2017 klargestellt, indem sie noch einmal grundsätzlich ausführte, dass der Kläger die anrechenbaren Kosten zum Teil auf Basis von Schlussrechnungen, zum Teil auf Basis von Schätzungen und zum Teil auf Basis von Kostenanschlägen ermittelt habe. Sie selber habe diese Beträge ebenfalls ihrer Berechnung zugrunde gelegt. Dieses Vorgehen sei jedoch grundsätzlich unzulässig (Protokoll Seite 7 = Bl. 178 V d.A.).

Es besteht kein Anlass, dem Kläger seine Darlegungslast nachzulassen und anstelle schlüssigen Sachvortrages auf die Berechnungen der Sachverständigen zurückzugreifen, welche von ihr selber als unzulässig bewertet werden. Was von dem Kläger an Darlegungen gefordert wird, hatte er nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vollarchitekturvertrag ohnehin zu erbringen. Der Kläger macht geltend, die Grundleistungen der Honorarphase 7 erbracht zu haben. Damit sollte es ihm auch möglich sein, einen Kostenanschlag anhand der Angebotspreise zu erstellen. Selbst wenn ihm die Angebote selber nicht mehr vorliegen sollten, müsste er zumindest noch über die Preisspiegel verfügen, die er in dieser Leistungsphase zu erstellen hatte und denen er ebenfalls entsprechende Kosten entnehmen könnte. Jedenfalls liegen dem Kläger aber seine eigenen Planungen vor, anhand derer er die zur Errichtung des Bauwerks erforderlichen Material- und Mengenangaben ableiten kann, die er einer ihm ebenfalls gestatteten Schätzung zugrundelegen müsste. Auch eine derartige Ermittlung und Zusammenstellung von Mengen hatte er bereits auf Grundlage des Vertrages geschuldet. Es handelt sich um Grundleistungen der Leistungsphase 6, die erforderlich sind, um Leistungsverzeichnisse erstellen zu können. Derartige Ermittlungen nunmehr im Nachhinein durchzuführen, ist zweifellos mit erheblichen Mühen verbunden. Dem Kläger diese Mühsal zu erlassen und an ihrer Stelle großzügig auf Schätzungen zurückzugreifen, die auf den späteren – erfahrungsgemäß deutlich kostenträchtigeren – Schlussrechnungen basieren, liefe jedoch auf eine unbillige Bevorteilung des mangelhaft leistenden Architekten hinaus, der während der Erfüllungsphase des Vertrages offenkundig vertraglich geschuldete Leistungen versäumt haben muss, wenn er im Prozess gezwungen ist, diese für eine schlüssige Honorarforderung nachzuholen.

e) Auch soweit der Kläger mit dem dritten Teil seiner Schlussrechnung schließlich Honorar für – kündigungsbedingt – nicht mehr erbrachte Leistungen fordert, steht ihm ein entsprechender Anspruch nicht zu. Die angefochtene Entscheidung, die ihm hierfür noch einen Betrag i.H.v. 6.357,69 Euro zuerkannt hat, war auf die Berufung des Beklagten entsprechend abzuändern.

Allerdings haben die Parteien mit § 9 des Vertrages grundsätzlich vereinbart, dass der Kläger auch für Leistungsanteile, die er infolge einer vorzeitigen Vertragsbeendigung nicht mehr erbringen kann, seinen Vergütungsanspruch behält, er sich jedoch ersparte Aufwendungen von pauschal 40% des auf diesen Anteil entfallenden Honorars anrechnen lassen muss. Diesen Anspruch verliert der Kläger jedoch, wenn er den Grund für die vorzeitige Vertragsbeendigung zu vertreten hat.

AGB-rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Klausel bestehen nicht. Ihr wesentlicher Regelungsgehalt entspricht der damaligen Gesetzeslage mit § 649 BGB a.F. Soweit die Parteien eine pauschale Abgeltung der ersparten Aufwendungen vereinbart haben, belastet dies die beklagte Partei nicht, da ihr der Nachweis höherer ersparter Aufwendungen gestattet bleibt. Soweit der Kläger selbst durch den pauschalen Abzug belastet wird, kann er sich auf eine etwaige Unwirksamkeit als Verwender der Klausel nicht berufen.

Anders als das Landgericht ist der Senat jedoch davon überzeugt, dass der Kläger die vorzeitige Vertragsbeendigung zu vertreten hat, so dass ein Anspruch auf Vergütung der infolgedessen nicht mehr erbrachten Leitungen nach dieser Vereinbarung entfällt. Die verstorbene Ehefrau des Beklagten hatte bereits in ihrer Klageerwiderung geltend gemacht, dass unerwartete Baukostenüberschreitungen infolge fehlender Kostenkontrolle durch den Kläger und die Mängel der Bauausführung sie letztlich gezwungen hätten, mehrere Gewerke nicht mehr in Auftrag zu geben, weswegen der Bau zum Erliegen gekommen sei (Seiten 3/4 des Schriftsatzes vom 19.04.2007 = Bl. 26f I d.A.). Tatsächlich hat der Kläger vorliegend eine erhebliche Baukostenüberschreitung zu verantworten. Zwar hat sich die Behauptung der verstorbenen Beklagten, wonach sich die Parteien von Anfang an auf eine bestimmte Bausumme verständigt hätten, nach den insoweit zutreffenden Feststellungen des Landgerichts nicht erwiesen. Dies bedeutet indes nicht, dass der Kläger völlig frei von jeglichen Kostenbeschränkungen agieren und planen konnte. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung hat der Architekt immer – auch ohne Vereinbarung einer Kostenobergrenze – die Vorgaben des Bauherrn zu den Herstellungskosten des Bauwerks zu beachten. Vielmehr ist der Architekt im Rahmen eines Vollarchitekturvertrages sogar verpflichtet, derartige Vorstellungen des Bauherrn zu ermitteln und bei den weiteren Planungen zu berücksichtigen. Insbesondere beim privaten Auftraggeber, dessen wirtschaftliche Verhältnisse nicht offen liegen und der die ihm aufgrund seiner Bauvorstellungen entstehenden Kosten regelmäßig schlecht einschätzen kann, ist eine gründliche Aufklärung notwendig. Der Architekt verletzt regelmäßig seine Vertragspflichten, wenn er ohne verlässliche Kenntnis von den wirtschaftlichen Möglichkeiten des privaten Auftraggebers die Planung des Wohnhauses vornimmt (vgl. BGHZ 197, 93; BGH NJW-RR 2005, 318).

Vorstehend genannte Vertragspflichten hat der Kläger nicht erfüllt. Anstehende Kostenermittlungen in Form von Kostenberechnung und Kostenanschlag hat er nicht vorgenommen. Die einzige Aussage des Klägers, die sich während der Vertragslaufzeit zu den zu erwartenden Kosten feststellen lässt, ist die Angabe zu den anrechenbaren Baukosten, die dieser in der Honorarberechnung seiner ersten Abschlagsrechnung getroffen hatte. In Ermangelung anderer Anhaltspunkte bildete diese Summe von 1.155.000,- DM den von ihm zu beachtenden Kostenrahmen. Tatsächlich hatte der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits die Genehmigungsplanung abgeschlossen und wäre daher zu einer wesentlich genaueren Einschätzung der zu erwartenden Kosten in der Lage und nach dem Vertrag hierzu auch verpflichtet gewesen. In diesem Planungsstadium können von dem Architekten deutlich validere Kostenangaben erwartet werden; allenfalls ist noch ein Toleranzrahmen von 20 bis 25% zu akzeptieren (vgl. Werner, a.a.O., RN 2281 m.w.N.).

Soweit der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 15.01.2021 nunmehr erstmalig in der Berufungsinstanz vorträgt, dass er die Ehefrau des Beklagten bereits zu Beginn des Vertragsverhältnisses auf deutlich höhere zu erwartende Baukosten hingewiesen habe und zum Beweis für diese Behauptung auch einen Zeugen benennt, ist dieses neue Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zuzulassen. In erster Instanz war unstreitig, dass die Beklagte lediglich über die Information aus den Abschlagsrechnungen verfügte, wonach sich die zu erwartenden Baukosten auf 1.155.000,- DM beliefen. Dies war ein wesentliches Verteidigungsvorbringen der damaligen Beklagten. Damit hätte längst Anlass bestanden, einen erfolgten Hinweis auf zu erwartende höhere Baukosten vorzutragen und unter Beweis zu stellen. Das jetzige Vorbringen ist von dem Beklagten im Rahmen seiner Erwiderung vom 01.06.2021 auch noch einmal ausdrücklich bestritten worden.

Wieviel Baukosten für das Objekt tatsächlich angefallen sind, ist letztlich immer noch nicht geklärt, da mehrere bauausführende Unternehmen wegen Werklohnstreitigkeiten mit der Beklagten nicht mehr schlussabgerechnet haben und eine Kostenfeststellung wegen der vorzeitigen Beendigung des Vertrages unterblieben ist. Im Rahmen der bereits angesprochenen Berechnungen im Gutachten vom 02.10.2014 hat die Sachverständige aber bereits Baukosten allein für das Objekt (ohne Berücksichtigung der Außenanlagen) i.H.v. 1.938.474,67 DM ermittelt, von denen 1.702.336,83 DM für die Ermittlung des Architektenhonorars anrechenbar wären. Dies bedeutet eine Kostenüberschreitung von 68 bzw. 47 Prozent. Dies liegt außerhalb der Toleranzgrenze, was auch unter Berücksichtigung des Umstandes gilt, dass die Baukosten sicherlich auch durch weitere von der Bauherrenschaft veranlasste Planungsänderungen und Sonderwünsche gegenüber dem ursprünglichen Planungsstand gestiegen sein dürften. Denn auch insoweit war der Kläger vertraglich verpflichtet, seine Auftraggeberin über die hiermit verbundenen Konsequenzen in Bezug auf die Gesamtkosten des Bauvorhabens aufzuklären.

f) Auch in Bezug auf das mit dem vierten Teil seiner Schlussrechnung geltend gemachte Honorar betreffend die Außenanlagen ist die Forderung des Klägers unbegründet und unterliegt seine Klage der Abweisung. Soweit das Landgericht mit der angefochtenen Entscheidung noch eine Vergütung für Leistungen des Klägers in diesem Zusammenhang i.H.v. insgesamt 8.721,59 Euro (3.660,16 + 4.861,43 Euro) zugesprochen hat, war diese Entscheidung auf die Berufung des Beklagten ebenfalls abzuändern. Wiederum hat der Kläger einen Honoraranspruch nicht schlüssig dargelegt.

(1) Dem Klagevorbringen lässt sich bereits nicht entnehmen, welche Leistungen der Kläger tatsächlich in Bezug auf die Außenanlagen erbracht hat, welchen Fertigstellungsgrad diese erreichten und inwieweit er diesbezüglich auch im Einzelnen beauftragt war. Auf entsprechende Mängel des Klagevorbringens hat bereits das Landgericht mit der angefochtenen Entscheidung aufmerksam gemacht, indem es ausführte, dass weder auf Grundlage des Vortrags der Parteien noch auf Grundlage des Sachverständigengutachtens Feststellungen möglich wären, ob der der Kläger überhaupt Leistungen in den Phasen 5 bis 9 erbracht habe. Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht nur eine Vergütung für nicht erbrachte Leistungen zugesprochen und insoweit den vereinbarten Pauschalabzug von 40% berücksichtigt. Auch der Senat hat mit Beschluss vom 07.07.2020 unter I.6.1 darauf hingewiesen, dass das Hauptproblem hinsichtlich dieses Teils der Schlussrechnung darin bestünde, dass unklar und nicht hinreichend vorgetragen sei, was der Kläger in Bezug auf die Außenanlagen tatsächlich geleistet habe und womit er insoweit auch beauftragt gewesen sei. Diesbezüglich ist dem Kläger mit II.5. des Beschlusses ausdrücklich aufgegeben worden vorzutragen, womit er in Bezug auf die Außenanlagen im Einzelnen beauftragt gewesen sei, welche Leistungen er in diesem Zusammenhang erbracht habe und welchen Fertigstellungsgrad diese bei Beendigung des Vertragsverhältnisses aufwiesen. Diese Auflage ist eindeutig. Ihr ist der Kläger nicht nachgekommen. Anstelle – wie gefordert – zu seinen tatsächlich erbrachten Leistungen vorzutragen hat er in seinem Schriftsatz vom 15.01.2021 in drei knappen Absätzen beschrieben, welche Leistungen nicht erbracht wurden (Seite 10f des Schriftsatzes = Bl. 190f VII d.A.). Es ist offensichtlich, dass diese Ausführungen nicht genügen, die erteilte Auflage zu erfüllen.

Dabei soll nicht in Abrede gestellt werden, dass der Kläger mit Leistungen in Bezug auf die Gestaltung der Außenanlagen beauftragt war und er insoweit auch Leistungen erbracht hat. Wie der Kläger im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 09.11.2021 zutreffend ausführt, ergibt sich ein diesbezüglicher Auftrag bereits aus dem Vertrag vom 12.02.1997, mit dem die Parteien unter Ziffer 2.1.6 vereinbarten, dass der Kläger als sonstige Leistung auch die „Planung und Gestaltung der Außenanlagen“ erbringen sollte. Gegenteiliges ist auch von den Beklagten nicht behauptet worden. Dies bedeutet indes nicht, dass damit auch schon der Umfang des klägerischen Auftrages hinreichend vorgetragen wäre. Vielmehr bedarf ein derart offener Planungsauftrag notwendig der Konkretisierung, die regelmäßig dadurch erfolgt, dass sich Architekt und Auftraggeber in den ersten beiden Leistungsphasen auf ein Entwurfskonzept verständigen, in dessen Grenzen sodann die Planungen fortzuschreiben sind. Keinesfalls ermöglicht ein derart offener Planungsauftrag es dem Architekten, durch eine erste ambitionierte Planungsleistung einseitig den Auftragsumfang und damit die Grundlagen seines Honoraranspruches zu bestimmen. Erforderlich bleibt, dass ein entsprechendes Planungskonzept auch die Billigung des Auftraggebers gefunden hat. Es obliegt dabei dem Architekten, der seinen Honoraranspruch geltend macht, dazulegen, auf welchen konkreten Leistungsumfang sich die Parteien verständigt haben.

Konkreter Sachvortrag des Klägers hierzu fehlt. Im Gegenteil hatte der Kläger bereits mit seiner Replik auf die Klageerwiderung selber vorgetragen, dass bei der Beauftragung der Gartenbaufirma GG nur ein Teil der ursprünglichen Gartenplanung übernommen worden sei. Auch die technischen Lösungen betreffend die Wasserbecken seien komplett geändert worden (Seite 11 des Schriftsatzes vom 18.06.2007 = Bl. 46I d.A.). Zuvor hatte die Beklagte schon in ihrer Klageerwiderung bestritten, eine Wasserbeckentechnik beauftragt zu haben. Eine Billigung des Planungsentwurfs des Klägers durch die Beklagte kommt in diesem wechselseitigen Parteivorbringen nicht zum Ausdruck.

Auch die Sachverständige konnte lediglich feststellen, dass der Kläger in Bezug auf die gesamte Gartenplanung lediglich Leistungen der Vorplanung erbracht habe. In ihrem Ergänzungsgutachten vom 29.09.2015 führte sie aus, dass der im Fach 22 des Anlagenordners 1 abgelegte Gartenplan dem Planungsinhalt nach der Leistungsphase 2 zuzurechnen sei. Weitere Leistungen des Klägers im Rahmen der Entwurfs- und Ausführungsplanung der Gartenanlagen ließen sich nicht feststellen. Die Planungstätigkeiten des Klägers in diesem Bereich beschränkten sich hiernach vielmehr auf die baulichen Anlagen, wie Gartenmauern sowie jeweils ein Pflanz- und Wasserbecken, für die auch ein Bauantrag gestellt worden war (S. 22 d. Erg-GA).

Vor diesem Hintergrund vermag der Senat eine Berechtigung des Klägers, seinem Honoraranspruch auch die Kosten der Gartengestaltung und Wassertechnik zugrundezulegen, die mit veranschlagten Kosten von insgesamt 165.640,- DM (Kostenpositionen 5.8.2 und 5.2.8) gut die Hälfte der vom Kläger in seinem Kostenanschlag „Kostenverfolgung Gartenanlage“ angesetzten Kosten ausmachen, nicht zu erkennen.

(2) Dies bedeutet nicht, dass der Kläger keinen Honoraranspruch für Leistungen betreffend die Außenanlagen hätte. Wie bereits im Hinweisbeschluss vom 07.07.2020 ausgeführt wurde, ist unzweifelhaft, dass der Kläger in diesem Bereich Leistungen erbrachte, namentlich bezogen auf die baulichen Anlagen. Insoweit ist, anders als es das Landgericht seiner Entscheidung zugrundelegte, auch davon auszugehen, dass der Kläger bis in die Phase der Bauaufsicht hinein Leistungen erbrachte und hiermit auch beauftragt war. Seiner Klage bleibt allerdings auch insoweit der Erfolg versagt, da der Kläger wiederum die anrechenbaren Kosten nicht entsprechend den Anforderungen von § 10 Abs. 2 HOAI (1996) ermittelt hat, so dass es auch insoweit an einer schlüssigen Darlegung dieser für seinen Honoraranspruch wesentlichen Tatsachengrundlage fehlt.

Auch hierauf ist der Kläger mit Beschluss vom 07.07.2020 unter I.6.2 hingewiesen worden. Ihm wurde zudem mit den Auflagen unter II.7. und II.8. des Beschlusses ausdrücklich aufgegeben, die notwendigen Kostenermittlungen in Form einer Kostenberechnung für die Leistungsphasen 1 bis 4 bzw. in Form eines Kostenanschlages für die Leistungsphasen 5 bis 8 zu erstellen und vorzutragen. Hierzu hat der Kläger mit Schriftsatz vom 07.12.2020 eine weitere mit „Kostenverfolgung Gartenanlage“ betitelte Tabelle vorgelegt, in welcher erneut in vier Spalten die vier Kostenermittlungsarten nach § 10 Abs. 2 HOAI (1996) nebeneinander aufgeführt werden.

Vergleichbar der entsprechenden Darstellung beim Gebäude handelt es sich jedoch auch bei dieser Kostenberechnung lediglich um eine Auflistung einzelner Pauschalbeträge, die in der Summe zu einem Wert von 391.271,69 DM führen. Lediglich für die Kostenposition 5.1.1 weist die Kostenberechnung mit 7.271,69 DM einen individuell ermittelten Wert aus, dessen Grundlagen allerdings auch nicht näher dargelegt werden. Vielmehr folgt aus dem in Bezug genommenen Fach 34 des Anlagenordners 2, dass der Kläger diesen Wert anhand zweier Rechnungen und einem Angebot der Fa. HH für Malerarbeiten ermittelt hatte, was wiederum nicht den Anforderungen der DIN 276 (1981) genügt, wonach die Kostenberechnung anhand der aus der Entwurfsplanung ermittelten Bedarfsangaben zu ermitteln ist. Eine diesen Anforderungen genügende Kostenberechnung hat der Kläger – anders als beim Gebäude der Fall – für die Gartenanlage nicht vorgelegt, so dass sich hier die anrechenbaren Kosten auch nicht auf ein entsprechendes Hilfsvorbringen des Kläger ermitteln lassen.

Hinsichtlich des in der Tabelle enthaltenen Kostenanschlages gilt auch hier – vergleichbar den vorstehenden Ausführungen unter 2.d) zur entsprechenden Darstellung für das Gebäude -, dass nähere Erläuterungen dieser Beträge fehlen, der Kläger vielmehr als Grundlage für seine Kostenermittlung auf seine bereits vorgelegte Anlage F2 und der dieser zugrundeliegenden Unterlagen aus dem Anlagenordner 2 verweist, welche der Sachverständigen bereits vorgelegen haben und auf deren Grundlage sich die anrechenbaren Kosten für die Leistungsphasen 5 bis 8 nicht in zulässiger Weise ermitteln ließen. Auch die Anlage F 2 sowie die ihr zugrundeliegenden Unterlagen aus dem Anlagenordner 2 hatte die Sachverständige bereits als unzulässige Mischung von Schlussrechnungen, Angeboten und eigenen Schätzungen kritisiert. Die abgewandelte Darstellung des Kostenanschlages in der vorgelegten Tabelle „Kostenverfolgung Gartenanlage“ leidet daher weiterhin an dem von der Sachverständigen bereits im Rahmen der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme aufgezeigten Grundmangel und genügt nicht den Anforderungen an einen Kostenanschlag, der anhand der Angebotspreise bzw. -soweit diese nicht vorliegen – anhand einer aus der Planung abgeleiteten Schätzung zu erstellen ist.

Auch in diesem Punkte teilt der Senat diese Wertung der Sachverständigen. Die ersten vier Beträge in dem neu dargestellten Kostenanschlag entsprechen denjenigen der Anlage F2 (67.369,91 DM, 10.000,- DM, 2.798,- DM und 16.980,- DM). Nähere Grundlagen hierfür werden weder im Schriftsatz vom 07.12.2020 noch in den Anlagen selbst benannt. Erst im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 09.11.2021 trägt der Kläger hierzu näher vor (Seite 9 des Schriftsatzes = Bl. 95 VIII d.A.). Bei dem Betrag i.H.v. 67.369,91 DM soll es sich danach um einen Angebotspreis handeln. Vorgelegt wird ein solches Angebot allerdings nicht. Welches Gewerk hier überhaupt angesetzt wird, wird ebenfalls nicht vorgetragen. Nur aus der Anlage F2 folgt insoweit, dass es sich wohl um die Rohbauarbeiten der Fa. DD handelt. Eine nähere Aufschlüsselung nach einzelnen Leistungspositionen oder zumindest nach einzelnen Objekten (nördliche bzw. südliche Gartenmauer, Pflanzbecken) fehlt. Bei den mit 10.000,- DM angesetzten Leistungen sollen laut den Angaben im Schriftsatz vom 09.11.2021 überhaupt keine Ausschreibungen erfolgt sein. Ein Vortrag, um was für Leistungen es sich überhaupt handelt, fehlt. Lediglich die Anlage F2 enthält den Hinweis, dass es sich um Aluminiumarbeiten handelt. Bestandteil soll danach aber auch ein Innenbalkon sein, der aber nicht zu den Außenanlagen gehört. In Ermangelung von Angeboten wäre es geboten gewesen, eine Schätzung anhand der aus der Planung hergeleiteten Massen vorzunehmen. Anstelle dessen wurde nur ein Pauschalbetrag von 10.000,- DM angesetzt. Auch die Grundlagen für die angesetzten Kosten für die weiteren Metallbauarbeiten der Fa. FF (2.798,- und 16.980,- DM) wurden zunächst nicht benannt. Erst mit dem nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 09.11.2021 hat der Kläger vorgetragen, dass es sich um Ausschreibungsbeträge handeln soll, ohne allerdings entsprechende Angebote oder zumindest von dem Kläger erstellte Preisspiegel vorzulegen. Bei den Putzarbeiten der Fa. JJ hat der Kläger wiederum den Rechnungsbetrag zugrunde gelegt. Die Aussage im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 09.11.2021 hierzu, dass Angebot und Rechnung identisch ausfielen, trifft nicht zu. Im Fach 32 des Anlagenordners 2 ist das Angebot vom 28.06.1999 enthalten. Angeboten wird lediglich ein Einheitspreis von 45,60 DM/m². Mengen werden nicht genannt und wären aus der Planung herzuleiten gewesen. Weitere Positionen der späteren Rechnung, wie Dehnungsfugen und Eckprofile wurden nicht angeboten. Die angesetzten Kosten der Fa. KK i.H.v. 43.000,- DM beruhen tatsächlich auf einem entsprechenden Festpreisangebot vom 06.09.2000 (Fach 33 des Anlagenordners 2), beinhalten allerdings auch Arbeiten an der Garage und damit Kosten, die beim Gebäude zu berücksichtigen sind. Gleiches gilt für die Kosten der Fa. LL (Fach 5 des Anlagenordners), mit denen Abdichtungsarbeiten für ein Flachdach angeboten werden. Unter Position 5.1.9 werden unter Bezugnahme auf das Fach 35 des Anlagenordners 2 weitere 2.500,- DM für Edelstahlarbeiten angesetzt. Die angesetzten Kosten wurden geschätzt, die Schätzungsgrundlagen jedoch nicht mitgeteilt. Soweit für die Malerarbeiten auch beim Kostenanschlag ein Betrag von 7.271,69 DM angesetzt wurde, ist schon zu dem entsprechenden Ansatz in der Kostenberechnung ausgeführt worden, dass der Kläger auch insoweit wieder Beträge aus Rechnungen und einem Angebot unzulässig vermengt hat.

g) Soweit der Kläger mit dem 5. Teil seiner Schlussrechnung die Bezahlung weiterer 15.000,- DM (brutto) für die Erstellung eines Modells fordert, folgt ein entsprechender Anspruch grundsätzlich aus der gesonderten Vergütungsabrede unter Ziffer 4.3 des Vertrages vom 12.02.1997. Entscheidend für die Fälligkeit der Vergütung ist, ob diese besondere Leistung des Klägers auch von der Bauherrin abgenommen worden ist, da sich das Modell gegenwärtig unstreitig nicht mehr in einem abnahmefähigen Zustand befindet. Der Kläger hat hierzu mit Schriftsatz vom 15.01.2021 vorgetragen, dass die Beklagte das Modell gegenüber der Fa. GG benutzt habe, um hieran die Gartenplanung vornehmen zu lassen. Der Beklagte hat dieses Vorbringen mit seiner Erwiderung vom 01.06.2021 nicht bestritten, sondern lediglich die Ansicht vertreten, dass sich aus dem vorgelegten Schreiben an die Fa. GG keine Billigungserklärung ergebe. Tatsächlich dürfte in einer entsprechenden Verwendung des Modells jedoch grundsätzlich eine zumindest konkludent zum Ausdruck gebrachte Billigung der Bauherrin zu sehen sein, zumal es gerade dem vorgesehenen Verwendungszweck des Modells entsprach, eine Visualisierung des Objektes als Grundlage für weitere Planungen während der Ausführungsphase zu ermöglichen. Seinen entsprechend schlüssigen Vortrag hat der Kläger allerdings selber wieder mit seinen Ausführungen im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 09.11.2021 infrage gestellt, mit dem er ausführte, dass die Gartengestaltung anhand eines anderen Modells im Maßstab 1:50 geplant worden sei (Seite 5 des Schriftsatzes = Bl. 91 VIII d.A.). Letztlich kann die Frage, ob eine fälligkeitsbegründende (Teil-)Abnahme erfolgte, dahinstehen, da auch bei Bejahung ein entsprechender Honoraranspruch i.H.v. umgerechnet 7.669,38 Euro durch die unstreitig erfolgten Abschlagszahlungen der beklagten Partei bereits erfüllt wäre.

h) Gleiches gilt für die ebenfalls noch streitbefangene Forderung aus dem 5. Teil der Schlussrechnung, mit welcher der Kläger die Zahlung von weiteren 7.000,- DM (brutto) für die Umplanung des Autoaufzuges begehrt. Die Beweisaufnahme zu der von dem Kläger behaupteten Absprache mit dem Beklagten, wonach ein entsprechender Betrag der ausführenden Firma in Rechnung gestellt bzw. von ihrer Werklohnforderung abgezogen werden sollte, ist unvollständig geblieben, weil ein vom Kläger hierfür benannter Zeuge nicht vernommen wurde. Einer Wiederholung der Beweisaufnahme in zweiter Instanz bedarf es gleichwohl nicht, da auch im Falle des Nachweises einer derartigen Abrede ein hieraus folgender Honoraranspruch des Klägers i.H.v. umgerechnet 3.579,04 Euro durch die bereits erfolgten Abschlagszahlungen der beklagten Partei abgegolten wäre.

i) Soweit der Kläger schließlich mit dem 5. Teil seiner Schlussrechnung noch die Zahlung eines Honorars von netto 28.016,39 Euro für das Erstellen einer Schlussrechnung der Rohbaufirma fordert, damit diese im Abrechnungsstreit mit diesem Unternehmen Verwendung finden konnte, hat bereits das Landgericht einen entsprechenden Vergütungsanspruch des Klägers in der angefochtenen Entscheidung zutreffend mangels Nachweis einer Auftragserteilung verneint. Dem hiergegen gerichteten Einwand der Berufung, wonach sich ein entsprechender Auftrag aus dem Schreiben des Beklagten vom 14.08.2000 (Bl. 17 V d.A.) ergebe, kann nicht gefolgt werden. Zwar sollte der Kläger hiernach eine eigene Massenaufstellung fertigen. Hierin liegt aber kein Auftrag, eine eigene Schlussrechnung anstelle des ausführenden Unternehmens gemäß § 14 Nr. 4 VOB/B (1996) zu erstellen, was sicherlich eine besondere Leistung des Architekten darstellen würde, die auch gesondert zu vergüten wäre. Die Fertigung einer eigenen Massenaufstellung ist dagegen eine von der Gesamtvergütung abgegoltene Grundleistung, die der Architekt – wie bereits ausgeführt – schon in Leistungsphase 6 geschuldet hätte. Sie ist notwendige Voraussetzung zur Erfüllung weiterer Grundleistungen, namentlich der Verpflichtung in Leistungsphase 8, die vom Unternehmer gestellte Schlussrechnung auf sachliche Richtigkeit zu überprüfen. Die Erstellung einer eigenen Schlussrechnung hatte die Beklagte dagegen mit Schreiben vom 31.08.2000 (Bl. 97 IV) eindeutig abgelehnt.

3. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung sind weitere Schriftsätze des Klägers eingegangen. Namentlich mit den Schriftsätzen vom 09.11.2021 und vom 03.12.2021 hat sich der Kläger auch zur Sache weiter eingelassen. Das Gericht hat geprüft, ob dieser Vortrag nach § 283 ZPO zu berücksichtigen ist oder nach §§ 296a, 156 ZPO Anlass gibt, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

Eine Berücksichtigung nach § 283 ZPO bedarf es nicht. Zwar war dem Kläger Schriftsatznachlass gewährt worden. Dieser bezog sich jedoch nur auf den vorangegangenen Vortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 19.10.2021. Dieser Schriftsatz verhält sich jedoch nur zu den zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen des Beklagten, die vorliegend nicht entscheidungserheblich geworden sind. Insoweit bedarf es auch keiner Berücksichtigung der in dem Schriftsatz vom 09.11.2021 hierzu enthaltenen Erwiderungen des Klägers. Dies gilt unabhängig davon, dass der Kläger mit dem vorgenannten Schriftsatz auch die ihm nachgelassene Frist nicht eingehalten hat. Die weiteren Ausführungen des Klägers in diesem Schriftsatz zum Ergebnis der mündlichen Verhandlung bzw. zu den Gegenständen des vorangegangenen Hinweisbeschlusses vom 07.07.2020 waren dagegen vom Schriftsatznachlass nicht umfasst, so dass diese Ausführungen ohnehin nicht nach § 283 ZPO hätten Berücksichtigung finden können (vgl. BGH WM 1992, 854).

Auch eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach §§ 296, 156 ZPO ist nicht geboten. Eine Gehörsverletzung des Klägers lässt sich nicht feststellen. Vielmehr hat der Senat mit dem Beschluss vom 07.07.2020 umfassend auf die weiterhin noch bestehenden Schlüssigkeitsmängel des Klagevorbringens hingewiesen, die der Kläger auch innerhalb der ihm großzügig eingeräumten Frist von 6 Monaten nicht beseitigt hat. Dabei hatte bereits die Sachverständige im Rahmen ihrer in erster Instanz erstellten Gutachten immer wieder auf die Mängel der Abrechnung des Klägers aufmerksam gemacht und schon dort eindeutige Hinweise erteilt, wie diese zu beseitigen sind. Weitere Hinweise des Senats hätten lediglich in einer Wiederholung dieser bereits hinlänglich erteilten Hinweise bestehen können, was dem Kläger ersichtlich nicht weitergeholfen hätte (vgl. BGH NJW 2008, 2036).

Missverständnisse des anwaltlich vertretenen Klägers, die durch zusätzliche Hinweise hätten ausgeräumt werden können, werden auch durch seine nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsätze nicht aufgezeigt. Sie bestätigen vielmehr, dass der Kläger die Hinweise des Gerichts vom 07.07.2020 durchaus zutreffend aufgenommen hat. So führt er etwa auf Seite 7 des Schriftsatzes vom 09.11.2021 aus, dass der Senat in dem Hinweisbeschluss zwar von einem Auftrag für die Außenanlagen ausgegangen sei; diesem aber nicht gegenwärtig gewesen sei, in welchem Umfang dieser Auftrag bestanden habe (Bl. 93 VIII d.A.). Genau dieses umschreibt das Problem, so dass unerklärlich bleibt, weshalb der Kläger in seinem Schriftsatz vom 15.01.2021 mit keinem Wort hierauf eingegangen ist und selbst im Schriftsatz vom 09.11.2021 Ausführungen dazu unterlässt, die verdeutlichen würden, womit er seines Erachtens in Bezug auf die Arbeiten der Fa. GG selber beauftragt gewesen sei. Auch die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 09.11.2021, mit denen der Kläger – erstmalig – näher zu seinen bislang lediglich in Tabellenform vorgelegten Kostenermittlungen vorträgt, zeigen, dass ihm durchaus bewusst ist, dass er die anrechenbaren Kosten im Kostenanschlag nicht auf Grundlage der Rechnungsbeträge ermitteln darf, sondern er auf die Angebotspreise, notfalls auf Schätzungen zurückgreifen muss. Auch hier bleibt unerklärlich, warum der Kläger seine Kostenermittlungen gleichwohl weiterhin auf die von der Sachverständigen immer wieder als unzureichend kritisierten Unterlagen stützt, die neben Angeboten im großen Umfang auch Rechnungen beinhalten sowie Schätzungen, deren Grundlagen völlig im Unklaren bleiben.

4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht.

VertragsManagement – VertragsMan ® Tiefbaurecht/ Hochbaurecht OLG FFM: Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung ist der Unternehmer in einem BGB-Bauvertrag verpflichtet, die anerkannten Regeln der Technik einzuhalten

VertragsManagement - VertragsMan ® Tiefbaurecht/ Hochbaurecht OLG FFM: Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung ist der Unternehmer in einem BGB-Bauvertrag verpflichtet, die anerkannten Regeln der Technik einzuhalten

vorgestellt von Thomas Ax

Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung ist der Unternehmer auch bei einem BGB-Bauvertrag verpflichtet, die anerkannten Regeln der Technik einzuhalten (vgl. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 6. Teil, Rn. 31 m.w.N.). Anerkannte Regeln der Technik sind diejenigen technischen Regeln für den Entwurf und die Ausführung baulicher Anlagen, die in der technischen Wissenschaft als theoretisch richtig erkannt sind und feststehen sowie insbesondere in dem Kreise der für die Anwendung der betreffenden Regeln maßgeblichen, nach dem neuesten Erkenntnisstand vorgebildeten Techniker durchweg und aufgrund fortdauernder praktischer Erfahrung als technisch geeignet, angemessen und notwendig anerkannt sind (vgl. Ingenstau/Korbion-Oppler, VOB, 18. Auflage, § 4 Abs. 2 Rn. 48). Darunter fallen alle überbetrieblichen technischen Normen, zu denen insbesondere die DIN-Normen, die Einheitlichen Technischen Baubestimmungen des Instituts für Bautechnik, die Richtlinien des VDI, die Flachdachrichtlinien und auch mündlich überlieferte technische Regeln (vgl. BGH NJW-RR 1995, 472). Die jeweils maßgeblichen anerkannten Regeln der Technik sind für jeden Einzelfall zu bestimmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die anerkannten Regeln der Technik zwar in der Regel durch die technischen Regelwerke konkretisiert werden (vgl. Kniffka/Koeble, a.a.O., Rn 32). Dabei handelt es sich aber nicht um Rechtsnormen, sondern nur um technische Regelungen mit Empfehlungscharakter (vgl. Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel-von Hay-Habermann, VOB/B, 4. Auflage 2016, § 13 Rn. 63 m.w.N.). Oberster Prüfungsmaßstab bleiben deshalb die anerkannten Regeln der Technik, unabhängig von der formellen Geltung einschlägiger technischer Regelwerke. Auch können die technischen Regelwerke, wie insbesondere die DIN-Normen, ausgelegt werden, um im Einzelfall die anerkannten Regeln der Technik zu bestimmen. Dabei kann sich das Gericht der Hilfe eines Sachverständigen bedienen, muss dessen Auslegung aber selbständig nachvollziehen (vgl. Kniffka/Koeble, a.a.O., Rn. 33 m.w.N.). Nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik ist bei der Ausführung eines Tiefgaragenbodens ein Oberflächenschutzsystem aufzubringen. Anderenfalls ist die Leistung mangelhaft, auch wenn keine DIN-Norm direkt einschlägig ist.

OLG Frankfurt, Urteil vom 20.11.2019 – 29 U 134/16
vorhergehend:
LG Frankfurt/Main, 26.01.2016 – 2-20 O 359/14
nachfolgend:
BGH, Beschluss vom 09.03.2022 – VII ZR 263/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt einen Kostenvorschuss für die Beseitigung von Mängeln in einer Tiefgarage.

Der Beklagte errichtete die Wohnungseigentumsanlage „Straße1“ in Stadt1. Das Bauwerk wurde am 26. Juli 2004 abgenommen. Nachdem sich in der Tiefgarage Feuchtigkeitsschäden gezeigt hatten und die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft diese hatte begutachten lassen, forderte sie den Beklagten mit Schreiben vom 26. Mai 2009 zur Mangelbeseitigung auf. Daraufhin beseitigte der Beklagte einige der gerügten Mängel.

Die Klägerin hat hinsichtlich der restlichen gerügten Mängel vor dem Landgericht Frankfurt am Main ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet, Az.: …/10. Der Sachverständige A hat unter dem 30. August 2011 sein schriftliches Gutachten nebst schriftlichen Ergänzungen vom 30. April 2012, 24. April 2013 und 14. Oktober 2013 vorgelegt.

Danach erkannte der Beklagte weitere Mängel an. Hinsichtlich des Mangels Nr. 5 aus dem Gutachten des Sachverständigen A bot der Beklagte an, den in der Doppeldecke vorhandenen Pilzbefall einzukoffern.

Die Parteien streiten in der Berufung nur noch um die Mängel Nr. 3 und 5 aus dem gerichtlichen Sachverständigengutachten.

Die Klägerin hat behauptet, dass der Aufbau des Tiefgaragenbodens und seiner Entwässerung nicht den anerkannten Regeln der Technik entspreche (Mangel Nr. 3 des Gutachtens aus dem selbständigen Beweisverfahren). Zur Beseitigung dieses Mangels müsse insbesondere ein Oberflächenschutzsystem auf den Boden der Tiefgarage aufgebracht werden. Die Kosten für die Beseitigung dieses Mangels beliefen sich gemäß den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen auf insgesamt 96.985,- Euro brutto.

Ferner sei die Ausführung der Deckenkonstruktion als Doppeldecke mangelhaft (Mangel Nr. 5 des Gutachtens aus dem selbständigen Beweisverfahren). Dabei handele es sich um eine öffentlich-rechtlich rechtswidrige Konstruktion, so dass eine Nachtragsbaugenehmigung eingeholt werden müsse. Dafür fielen Kosten von 1.000,- Euro an. Ferner müsse die Revisionierbarkeit des Hohlraums hergestellt werden, wofür weitere 350,- Euro anzusetzen seien. Schließlich müssten für die Untersuchung des im Hohlraum vorhandenen Pilzbefalls und für die sich daraus ergebenden Mangelbeseitigungsarbeiten weitere 5.500,- Euro veranschlagt werden.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass sich die Notwendigkeit des Einbaus eines Oberflächenschutzsystems aus der DIN 1045, Fassung 2001, ergebe.

Sie hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu Händen des sie vertretenden Hausverwalters, Herrn B, als Inhaber der Fa. B1 Hausverwaltung, Straße2, Stadt2 einen Betrag von EUR 109.420,50 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit als Kostenvorschuss für die Mangelbeseitigung zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, über die Anforderung des Vorschusses zur Mangelbeseitigung gemäß Antrag zu 1.) hinaus, sämtliche weitere Kosten, die für die Mängelbeseitigung aufgewendet werden müssen, an die Klägerin zu zahlen,

3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Schäden, Kosten und Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Mangelbeseitigung und deren Durchsetzung entstehen, zu ersetzen bzw. zu zahlen,

4. den Beklagten zu verurteilen, die Kosten des vorangegangenen selbständigen Beweisverfahrens, Az. …/10, in Bezug auf die Mängelpositionen 3, 5 und 11 des Beweisbeschlusses vom 28.08.2010 zu tragen,

5. den Beklagten zu verurteilen, einen Betrag in Höhe von EUR 4.847,85 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu Händen des sie vertretenden Hausverwalters, B, als Inhaber der Fa. B1 Hausverwaltung, Straße2, Stadt2, zu zahlen,

6. festzustellen, dass der Beklagte aufgrund des Ausgangs des selbständigen Beweisverfahrens vor dem LG Frankfurt, Az. …/10, verpflichtet ist, die Mängelbeseitigung in Bezug auf die von ihm anerkannten Mängelpositionen 1, 4, 8, 10, 12 des Beweisbeschlusses vom 28.06.2010 vorzunehmen,

7. den Beklagten zu verurteilen, einen Betrag von EUR 32.281,75 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu Händen des sie vertretenden Hausverwalters, Herrn B, als Inhaber der Fa. B1 Hausverwaltung, Straße2, Stadt2, zu zahlen,

8. den Beklagten zu verurteilen, einen Betrag in Höhe von EUR 3.089 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu Händen des sie vertretenden Hausverwalters, Herrn B, als Inhaber der Fa. B1 Hausverwaltung, Straße2, Stadt2, zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht gewesen, dass die DIN 1045 in Fassung von 2001 nicht einschlägig sei. Dort werde ein Oberflächenschutzsystem nur dann für erforderlich gehalten, wenn es sich um ein direkt befahrbares Parkdeck handele. Dies sei hier nicht der Fall, da der Betonboden der Tiefgarage unstreitig mit Pflastersteinen belegt worden sei. Auch sei für die ausgeführte Deckenkonstruktion die Einholung einer Nachtragsbaugenehmigung nicht vorgeschrieben. Die Mangelbeseitigung wegen des Pilzbefalls in dem Hohlraum könne die Klägerin nicht mehr verlangen, nachdem sie sein Angebot, diesen einzukoffern, abgelehnt habe.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat der Klage in der Hauptsache in Höhe von 104.720,- Euro stattgegeben. Ferner hat es festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, alle weiteren Kosten, die für die Mängelbeseitigung aufgewendet werden müssen, sowie sämtliche Schäden, Kosten und Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Mangelbeseitigung und deren Durchsetzung entstehen, zu zahlen bzw. zu ersetzen hat. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Werk des Beklagten teilweise mangelhaft sei. Dabei handele es sich um die Mängel Nr. 3 und 5 des im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachtens. In der Tiefgarage hätte nach der DIN 1045 ein Oberflächenschutzsystem aufgebracht werden müssen. Anderenfalls könne Chlorid haltiges Wasser, das von den Fahrzeugen in die Tiefagarage mitgeschleppt werde, durch die Fugen des Pflasters an die Betonbodenplatte gelangen. Wegen der ausgeführten Doppeldecke müsse eine Nachtragsbaugenehmigung eingeholt werden. Auch müsse der dort vorhandene Pilzbefall untersucht und danach geeignete Mangelbeseitigungsarbeiten durchgeführt werden. Die Klägerin habe sich nicht auf das Angebot des Beklagten, den Pilzbefall einzukoffern, einlassen müssen, da damit die endgültige Mangelbeseitigung nicht gewährleistet sei. Die Errichtung einer revisionsfähigen Deckenkonstruktion sei nach den Angaben des Sachverständigen in seinem dritten Ergänzungsgutachten nicht erforderlich.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in dem landgerichtlichen Urteil Bezug genommen, soweit ihnen nicht die Feststellungen in dem Berufungsurteil entgegenstehen, § 540 Abs. 1 ZPO.

Gegen das dem Beklagten am 29. Februar 2016 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung. Der Beklagte hat am 21. März 2016 Berufung eingelegt und diese am 27. April 2016 begründet.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags begehrt der Beklagte mit der Berufung die Abweisung der Klage.

Er ist der Ansicht, der Sachverständige habe bereits auf die falsche Fassung der DIN 1045 abgestellt. Denn bei der DIN 1045, Fassung 1988, sei eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2004 vorgesehen gewesen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, welche Fassung der DIN anzuwenden sei, sei die Erteilung der Baugenehmigung am 13. April 2003. Insofern habe der Beklagte zu Recht diese DIN in der Fassung von 1988 anwenden dürfen. Darin sei unstreitig ein Oberflächenschutzsystem nicht vorgesehen. Zum könne die DIN, selbst wenn die Fassung von 2001 zugrunde zu legen sei, nicht einfach entsprechend auf den vorliegenden Fall angewendet werden. Auch sei weder der Sachverständige noch das Gericht befugt, eine DIN auszulegen.

Schließlich sei gegenüber den Feststellungen des Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren einzuwenden, dass dieser überhaupt nicht untersucht habe, ob tatsächlich Schleppwasser bis zur Betonschicht vordringen könne. Dabei hätte der Sachverständige berücksichtigen müssen, dass es sich nur um eine kleine Tiefgarage handele, und dass in dem Tiefgaragenboden Entwässerungsgullys mit dem erforderlichen Gefälle eingebaut worden seien. Im Übrigen könne auch mit einem Oberflächenschutzsystem nicht ausgeschlossen werden, dass Wasser bis zu dem Betonboden eindringe. Die für den Einbau eines Oberflächenschutzsystems angesetzten Kosten von fast 100.000,- Euro seien deshalb unverhältnismäßig.

Der Beklagte ist zudem der Auffassung, dass das Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass für die ausgeführte Doppeldecke eine Nachtragsbaugenehmigung eingeholt werden müsste. Der Beklagte habe durch Vorlage der Anlage AG 2 nachgewiesen, dass das Bauamt einen förmlichen Antrag gar nicht für erforderlich halte. Jedenfalls liege kein baurechtswidriger Zustand vor. Auch habe das Landgericht unbegründet angenommen, dass nochmals eine Schimmelpilzuntersuchung durchgeführt werden müsse. Denn eine solche sei bereits im selbständigen Beweisverfahren durchgeführt worden. Zudem entspreche der Vorschlag des Beklagten, den Schimmel abzuschotten, um die Revisionierbarkeit der Abwasserrohre zu erhalten, genau den vom Sachverständigen für erforderlich gehaltenen Mangelbeseitigungsarbeiten.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, verkündet am 24.02.2016 und zugestellt am 29.02.2016, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Der Senat hat am 27. Dezember 2016 entschieden, dass der Beklagte unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung verurteilt wird, an die Klägerin 103.530,- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Januar 2015 zu zahlen. Die Klage und die Berufung im Übrigen hat der Senat abgewiesen. Auf die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Bundesgerichtshof diese Entscheidung mit Beschluss vom 6. März 2019, Az.: VII ZR 303/16, im Kostenpunkt und soweit der Beklagte zur Zahlung von 96.985,- Euro verurteilt wurde aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden.

In der Sache ist sie aber nur in geringem Umfang begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von 1.000,- Euro netto als Vorschuss für die Einholung einer Nachtragsbaugenehmigung zu. Ansonsten beruht die angefochtene Entscheidung weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.

1. Die Klägerin kann trotz des Wegfalls der Position „Pilzuntersuchung“ den vom Landgericht zugesprochenen Betrag von 5.500,- Euro netto, mithin 6.545,- Euro brutto für die Mangelbeseitigung im Bereich der Doppeldecke beanspruchen. Diesen Teil der Entscheidung des Senats vom 4. November 2016 hat der Beklagte mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde ausdrücklich nicht angegriffen, so dass dieser rechtskräftig ist.

2. Das Landgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin für die Mängelbeseitigung am Tiefgaragenboden einen Kostenvorschuss von 96.985,- Euro brutto gemäß § 637 Abs. 3 BGB beanspruchen kann. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass insgesamt schätzungsweise ein Betrag von 81.500,- Euro netto für die Beseitigung der Mängel am Tiefgaragenboden aufgewendet werden müsse.

Die Ausführung des Tiefgaragenbodens im streitgegenständlichen Mehrfamilienhaus ist auch gemäß § 633 BGB mangelhaft. Bei dem Tiefgaragenboden ist ein Oberflächenschutzsystem nicht aufgebracht worden. Nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik wäre ein solches System aber erforderlich gewesen.

Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung ist der Unternehmer auch bei einem BGB-Bauvertrag verpflichtet, die anerkannten Regeln der Technik einzuhalten (vgl. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, 6. Teil, Rn. 31 m.w.N.). Anerkannte Regeln der Technik sind diejenigen technischen Regeln für den Entwurf und die Ausführung baulicher Anlagen, die in der technischen Wissenschaft als theoretisch richtig erkannt sind und feststehen sowie insbesondere in dem Kreise der für die Anwendung der betreffenden Regeln maßgeblichen, nach dem neuesten Erkenntnisstand vorgebildeten Techniker durchweg und aufgrund fortdauernder praktischer Erfahrung als technisch geeignet, angemessen und notwendig anerkannt sind (vgl. Ingenstau/Korbion-Oppler, VOB, 18. Auflage, § 4 Abs. 2 Rn. 48). Darunter fallen alle überbetrieblichen technischen Normen, zu denen insbesondere die DIN-Normen, die Einheitlichen Technischen Baubestimmungen des Instituts für Bautechnik, die Richtlinien des VDI, die Flachdachrichtlinien und auch mündlich überlieferte technische Regeln (vgl. BGH NJW-RR 1995, 472).

Die jeweils maßgeblichen anerkannten Regeln der Technik sind für jeden Einzelfall zu bestimmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die anerkannten Regeln der Technik zwar in der Regel durch die technischen Regelwerke konkretisiert werden (vgl. Kniffka/Koeble, a.a.O., Rn 32). Dabei handelt es sich aber nicht um Rechtsnormen, sondern nur um technische Regelungen mit Empfehlungscharakter (vgl. Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel-von Hay-Habermann, VOB/B, 4. Auflage 2016, § 13 Rn. 63 m.w.N.). Oberster Prüfungsmaßstab bleiben deshalb die anerkannten Regeln der Technik, unabhängig von der formellen Geltung einschlägiger technischer Regelwerke. Auch können die technischen Regelwerke, wie insbesondere die DIN-Normen, ausgelegt werden, um im Einzelfall die anerkannten Regeln der Technik zu bestimmen. Dabei kann sich das Gericht der Hilfe eines Sachverständigen bedienen, muss dessen Auslegung aber selbständig nachvollziehen (vgl. Kniffka/Koeble, a.a.O., Rn. 33 m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben schuldete der Beklagte im vorliegenden Fall den Einbau eines Oberflächenschutzsystems in die Tiefgarage der Beklagten. Dies ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung der DIN 1045 in der Fassung von 2001.

Der von dem Beklagten errichtete Tiefgaragenboden war nicht bereits deshalb als mangelhaft anzusehen, weil er als oberste Schicht einen Pflasterbelag aufweist. Hierzu hat der Sachverständige in seinem Gutachten auf Seite 43 eindeutig festgestellt, dass der Einbau eines Pflasters in einer Tiefgarage eine technisch grundsätzlich mögliche Ausführung darstellt. Er hat allerdings darauf verwiesen, dass für diese Art der Ausführung keine konkreten Vorschriften und Regelwerke existieren. Dies hat er bei seiner mündlichen Anhörung vor dem Senat nochmals ausdrücklich bestätigt. Letztlich besteht zwischen den Parteien über diese Punkte auch kein Streit.

Die DIN 1045 in der Fassung von 2001 ist im vorliegenden Fall entsprechend anzuwenden. Diese sieht, anders als noch die DIN 1045 in der Fassung von 1988, für direkt befahrene Böden in einer Tiefgarage ein Oberflächenschutzsystem vor. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, das Eindringen von Chlorid haltigem Wasser, das durch die Fahrzeuge in die Tiefgarage geschleppt wird, in die Stahlbetonbodenplatte zu verhindern. Zwar wird bei einem mit Pflaster belegten Tiefgaragenboden der Betonboden nicht unmittelbar befahren. Dieser Fall ist aber hinsichtlich des Schutzzwecks mit einem direkt befahrenen Boden vergleichbar. Denn durch die Fugen des Pflasterbelags kann Chlorid haltiges Schleppwasser ebenfalls bis zur Stahlbetonbodenplatte gelangen. Insofern besteht auch bei einem Bodenaufbau mit Pflasterbelag die Notwendigkeit, einen Schutz vor eindringendem Schleppwasser einzubauen.

Diese Einschätzung des Senats ist vom Sachverständigen schriftlich und bei seiner mündlichen Anhörung ausdrücklich bestätigt worden. Der Sachverständige hat bei der Anhörung gut nachvollziehbar und widerspruchsfrei dargelegt, weshalb er die DIN 1045 in der Fassung von 2001 für entsprechend anwendbar hält. Er hat insofern betont, dass der maßgebliche Grund für die entsprechende Anwendung der DIN in ihrer Schutzwirkung liegt, nämlich dem Schutz von Tiefgaragenböden vor Chloriden. Dies ist ohne weiteres nachvollziehbar, da im Fall von Rissen im Betonboden das Chlorid haltige Wasser an die Stahlteile im Boden gelangen und dies zur Korrosion führen kann. Dass Chlorid haltiges Wasser durch Schneeanhaftungen an den in die Tiefgarage fahrenden Autos auf den Boden gelangen kann, ist bereits nach allgemeiner Lebenserfahrung anzunehmen. Der Sachverständige hat hierzu ausdrücklich erklärt, dass das Wasser infolge des Pflasterbelags und des in den Fugen befindlichen Splits zeitverzögert auf der Bodenplatte ankommt und ein Teil des Wassers im Split hängen bleibt. Dabei ist aber offensichtlich, dass ein Teil des Schleppwassers auf die Bodenplatte fließen kann. Das Ablaufen nach unten kann vernünftigerweise nicht ausgeschlossen werden.

Die entsprechende Anwendung der DIN 1045 in der Fassung 2001 ist auch nicht ausgeschlossen, weil zum Zeitpunkt der Abnahme der Tiefgarage noch die Übergangsfrist der vorherigen DIN 1045, Fassung 1988, lief. Die DIN in jener Fassung sieht noch kein Oberflächenschutzsystem für direkt befahrene Böden in einer Tiefgarage vor. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, welcher Stand der allgemein anerkannten Regeln der Technik zugrunde zu legen ist, ist der der Abnahme (Nicklisch, a.a.O., § 13 Rn. 43 m.w.N.). Diese fand hier am 26. Juli 2004 statt und damit noch innerhalb der Übergangsfrist der DIN 1045, Fassung 1988, bis zum 31. Dezember 2004. Wie oben bereits ausgeführt, kommt es bei der Prüfung der Mangelhaftigkeit eines Bauwerks nicht allein darauf an, welche technischen Regelwerke zum Zeitpunkt der Abnahme formell galten, sondern wie der Stand der anerkannten Regeln der Technik zu diesem Zeitpunkt tatsächlich war. Gegen die entsprechende Anwendung der DIN in der Fassung von 2001 spricht nach den getroffenen Ausführungen auch gerade nicht, dass die DIN ihrem Wortlaut nach für direkt befahrene Tiefgaragenböden gilt. Denn bei der hier gewählten Ausführung mit dem Pflasterbelag auf dem Betonboden wird dieser mittelbar befahren. Da die DIN einen Schutz vor Wasser, das von den auf dem Boden fahrenden Fahrzeugen bezweckt, ist dieser Schutzzweck auch berührt, wenn der Boden mittelbar befahren wird. Denn durch die Schwerkraft wird das von den Fahrzeugen abfließende Wasser immer nach unten zu dem dort befindlichen Betonboden laufen.

Für die Bestimmung der anerkannten Regeln der Technik ist nochmals festzustellen, dass keine DIN-Norm für den von dem Beklagten ausgeführten Bodenaufbau direkt einschlägig ist. Die DIN 1045 kann nur in entsprechender Anwendung zur Bestimmung dessen, was im Jahr 2004 Stand der anerkannten Regeln der Technik war, herangezogen werden. Insofern ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass die DIN 1045 in der Fassung 2001 zum Zeitpunkt der Abnahme bereits seit drei Jahren allgemein bekannt war. Zudem geht der Änderung oder Ergänzung einer DIN-Norm, wie hier die Ergänzung des Erfordernisses eines Oberflächenschutzsystems, regelmäßig eine erhebliche Diskussion der betroffenen Fachkreise voraus. Es kann deshalb angenommen werden, dass im Jahr 2004 hinlänglich bekannt und damit Stand der allgemein anerkannten Regeln der Technik war, dass bei direkt befahrenen Tiefgaragenböden der Auftrag eines Oberflächenschutzsystems erforderlich ist. Demgegenüber tritt der Umstand, dass die Übergangsfrist der vorangegangenen DIN-Norm noch nicht abgelaufen war, zurück. Dies ist von dem Sachverständigen auch bei seiner mündlichen Anhörung so dargestellt worden. Er hat überzeugend dargelegt, dass im Jahr 2004 in Fachkreisen bekannt war, dass Tiefgaragenböden vor Chloriden zu schützen sind und dass dies schon damals Stand der Technik war. Er hatte dazu zwar keine Unterlagen vorliegen, was im Moment der mündlichen Anhörung auch nicht erwartet werden kann, hat während des Termins aber in seinem Computer nachgesehen und dort direkt ein Merkblatt der Bauberatung Zement von Januar 2003 gefunden, das sich mit diesem Thema beschäftigt. Der Senat hat nach der mündlichen Anhörung des Sachverständigen keinerlei Zweifel daran, dass schon im Jahr 2004 der Schutz von Tiefgaragenböden vor Chloriden Stand der Technik war. Die Darlegungen des Sachverständigen waren von erheblicher Sachkunde getragen. Er hat die Fragen des Gerichts sehr gründlich beantwortet und hat bei Fragen der Parteien bzw. der anwesenden Privatsachverständigen detailliert geantwortet. Wenn ihm bestimmte Unterlagen zur Beantwortung fehlten, hat er dies unumwunden mitgeteilt und nicht versucht, bloße Vermutungen als Kenntnisse darzustellen.

Die Ausführung des Tiefgaragenbodens war wegen der entsprechenden Geltung der DIN 1045 in der Fassung von 2001 auch nicht darauf zu überprüfen, ob sie die Vorgaben dieser DIN in der Fassung von 1988 erfüllte. Der entsprechende Antrag des Beklagten wird deshalb zurückgewiesen, ebenso wie der Antrag auf nochmalige Anhörung des Sachverständigen zu dieser Frage. Wenn zum Zeitpunkt der Abnahme im Jahr 2004 Stand der anerkannten Regeln der Technik war, einen Schutz der Oberfläche des Tiefgaragenbodens vorzusehen, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Anforderungen der DIN in der Fassung von 1988 eingehalten sind. Insofern kann auch dahinstehen, inwieweit der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung Fragen zu der DIN in der Fassung von 1988 beantworten konnte. Etwas Anderes folgt auch nicht unter Berücksichtigung der vorgelegten Ausführungen von dem Privatsachverständigen C, Anlage K 28, die als qualifizierter Parteivortrag anzusehen sind. Denn der Senat hält die DIN 1045 in der Fassung von 1988 aus den dargelegten Gründen nicht für maßgeblich bei der Bestimmung der anerkannten Regeln der Technik. Prüfungsmaßstab für die Frage der Mangelhaftigkeit der Ausführung des Tiefgaragenbodens ist die DIN in der Fassung von 2001.

Entgegen der Ansicht des Beklagten kommt es auch nicht darauf an, ob der Sachverständige im Rahmen der Gutachtenerstellung Untersuchungen dazu durchgeführt hat, ob tatsächlich Wasser auf die Betonbodenplatte durchdringen kann. Da zwischen den auf dem Betonboden aufgebrachten Pflastersteinen Fugen vorhanden sind, besteht bereits nach allgemeiner Lebenserfahrung – wie oben bereits ausgeführt – die Möglichkeit, dass von Fahrzeugen hereingeschlepptes Wasser bis auf den Betonboden durchsickert. Der Sachverständige hat sich zudem auch damit auseinandergesetzt, dass die Tiefgarage mit 26 Fahrzeugen nur gering frequentiert ist und dass der Beklagte in den Boden eine Entwässerungsrinne mit beidseitigem Gefälle eingebaut hat (vgl. Seiten 30 und 34 des Sachverständigengutachtens). Trotz dieser Umstände hat er das Eindringen von Chlorid haltigem Schleppwasser für möglich gehalten. Dies ist nach allgemeiner Lebenserfahrung auch nachvollziehbar. So kann bei winterlichen Verhältnissen besonders viel Wasser in die Tiefgarage geschleppt werden, wozu auch schon das Ein- und Ausfahren von einigen Fahrzeugen ausreichen kann. In solchen Situationen muss es auch als möglich angesehen werden, dass Fahrzeuge erheblich mit Schnee und angefrorenem Matschwasser von der Straße behaftet sind und die vorhandene Entwässerung bei einem Auftauen nicht alle Wassermengen auf einmal aufnehmen kann. Das dann stehenbleibende Wasser kann durch die Fugen zwischen dem Pflaster und die darunter befindliche Splittschicht auf die Stahlbetonbodenplatte gelangen. Dies hat der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung auch nochmals eindeutig betätigt. Entgegen der Ansicht des Beklagten hat er das Risiko, dass Wasser auf den Boden gelangen kann, auch nicht mit 0 % angegeben. Er hat vielmehr immer wieder betont, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass im Winter Chlorid haltiges Wasser auf den Betonboden läuft. Seine Einschätzung eines Risikos von 0-100 % bezog sich auf die Frage, ob Chlorid haltiges Wasser durch Risse bis an die Stahlteile im Beton gelangt ist. Dieses Risiko hat der Sachverständige bei seiner Anhörung als unabsehbar und ganz erheblich bezeichnet.

Bei der Beweiserhebung war auch nicht zu überprüfen, ob der Betonboden tatsächlich schon Risse aufweist und ob Chlorid haltiges Wasser tatsächlich in den Boden eingedrungen ist. Denn der Mangel der Ausführung besteht hier schon in der nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Ausführung. Das Vorliegen eines Schadens ist für den geltend gemachten Anspruch nicht erforderlich.

Der Höhe nach kann die Klägerin den von dem Sachverständigen ermittelten Betrag für das Aufbringen eines Oberflächenschutzsystems von 81.500,- Euro netto, mithin 96.985,- Euro brutto als Vorschuss verlangen. Diese Kosten sind auch nicht unverhältnismäßig. Denn der Sachverständige hat bei seiner mündlichen Anhörung eindeutig bestätigt, dass eine bloße Sichtkontrolle des unter dem Pflasterbelag liegenden Bodens darauf, ob schon Risse aufgetreten sind, mit vertretbarem Aufwand nicht möglich ist. Ebenso hat er dargelegt, dass auch die Art des hergestellten Betonbodens nur durch aufwändige Bauteilöffnungen festgestellt werden kann und im Falle, dass der Beton nicht die besondere Qualität aufweist, die das Aufbringen eines Oberflächenschutzsystems ausnahmsweise erübrigen könnte, dennoch das Oberflächenschutzsystem erforderlich wird. Vor diesem Hintergrund hält der Senat das Aufbringen eines oberflächlichen Schutzes, wie sie in der DIN 1045 in der Fassung von 2001 vorgesehen ist, für eine sachgerechte und verhältnismäßige Maßnahme.

3. Der Zinsanspruch hinsichtlich des Gesamtkostenvorschusses in Höhe von 103.530,- Euro brutto folgt aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 2, 288 Abs. 1 BGB.

4. Die Klägerin kann auch die Feststellung beanspruchen, dass der Beklagte verpflichtet ist, sämtliche weiteren Kosten, die für die Mangelbeseitigung aufgewendet werden müssen, und alle weiteren Schäden, Kosten und Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Mangelbeseitigung stehen, zu zahlen bzw. zu ersetzen hat. Insofern kann auf die zutreffende Begründung im landgerichtlichen Urteil verwiesen werden.

5. Der Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus § 280 Abs. 1 BGB

6. Die Kostenentscheidung für die erste Instanz beruht auf § 92 Abs. 1 LGZPO, die des Berufungsverfahrens auf §§ 97, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung für die Berufung. Das Obsiegen des Beklagten in der Berufung ist mit weniger als 1 % verhältnismäßig geringfügig und hat keine besonderen Kosten veranlasst.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.

7. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern.

VertragsMan ® Dienstleistungen: Unser erprobter Rahmenvertrag für IT-Beratungs- und Unterstützungsleistungen auf dienstvertraglicher Basis

VertragsMan ® Dienstleistungen: Unser erprobter Rahmenvertrag für IT-Beratungs- und Unterstützungsleistungen auf dienstvertraglicher Basis

Rahmenvertrag

zwischen

Auftraggeber

– nachstehend Auftraggeber (AG) genannt –

und

Auftragnehmer

– nachstehend Auftragnehmer (AN) genannt –

– AG und AN nachstehend einzeln auch Partei und zusammen die Parteien genannt –

wird folgender Rahmenvertrag geschlossen:

Übersicht

Präambel

Teil A – Allgemeine Bestimmungen

  1. Vertragsgegenstand
  2. Vertragsbestandteile
  3. Kooperationspflicht

Teil B – Besondere Bestimmungen

  1. Einsatzzeit und -ort
  2. Bestimmungen zur Leistungserbringung.Vergütung
  3. Herausgabe von Unterlagen/Zurückbehaltungsrechte
  4. Nutzungsrechtseinräumung
  5. Laufzeit
  6. Haftung

Teil C – Sonstiges

  1. Geheimhaltung
  2. Datenschutz
  3. Sonstige Vereinbarungen

Präambel

Der AG ist …

Der AN betreibt ein Unternehmen, dessen Gegenstand u.a. die Erbringungen von Beratungsleistungen im Bereich IT ist.

Teil A – Allgemeine Bestimmungen

1. Vertragsgegenstand

1.1.        Gegenstand dieses Vertrages ist die Durchführung der nachfolgend beschriebenen Beratungs- und Unterstützungsleistungen auf dienstvertraglicher Basis:

„…“

1.2.        Nach derzeitigem Kenntnisstand werden die beschriebenen Dienstleistungen im in Anlage 1 Leistungsbeschreibung dargestellten Umfang erbracht.

2. Vertragsbestandteile

2.1.        Dieser Rahmenvertrag gliedert sich in folgende Teile:

(1)          Teil A – Allgemeine Bestimmungen

(2)          Teil B – Besondere Bestimmungen

(3)          Teil C – Sonstiges

2.2.        Folgende Anlagen sind diesem Rahmenvertrag beigefügt:

(1)          Anlage 1 – Leistungsbeschreibung

(2)          Anlage 2 – Vereinbarung zur Auftragsverarbeitung gemäß Art. 28 EU-DSGVO

(3)          Anlage 3 – Datenschutzhinweise (abrufbar auf …)

2.3.        Für die Erbringung der Leistung gelten die Bestimmungen dieses Rahmenvertrages.

2.4.        Bei Widersprüchen zwischen dem Rahmenvertrag und den Anlagen gehen die Bestimmungen des Rahmenvertrags vor.

2.5.        Vereinbarungen, die vor Abschluss dieses Rahmenvertrags geschlossen wurden, sind nicht Teil dieses Rahmenvertrages.

2.6.        Allgemeine Geschäftsbedingungen beider Parteien sind nicht Vertragsbestandteil und werden dies auch dann nicht, wenn diese im Rahmen von Angeboten, Bestellungen, Leistungsschein und/oder gesonderten schriftlichen Vereinbarung in Bezug genommen werden und die andere Partei dem nicht widerspricht.

3. Kooperationspflicht

Die Parteien verpflichten sich zu einer engen und fairen Kooperation. Sie wissen, dass die einzelnen Vorhaben nur bei gemeinsamer Anstrengung erfolgreich durchgeführt werden können.

Teil B – Besondere Bestimmungen

1. Einsatzzeit und -ort

1.1.        Soweit zwischen den Parteien nicht abweichend vereinbart, hat der AN die von ihm geschuldeten Beratungsleistungen auf der Basis eines zu vereinbarenden Terminplans zu erfüllen. Der AN hat spätestens eine Woche nach Zugang der Bestellung einen Terminplan zu erstellen und dem AG zu übergeben. Daraus müssen sich sämtliche kontrollfähige Beratungsschritte und der Abschluss der einzelnen bis zur Erreichung des Projektziels erforderlichen Leistungen und Lieferungen durch den AN ergeben. Diesen Terminplan, der Vertragsbestandteil der Bestellung durch den AG wird, hat der AN gemeinsam mit dem AG abzustimmen.

1.2.        Soweit nicht anders vereinbart, sind solche Termine verbindlich einzuhalten. Bei Verzögerungen, die der AN nicht zu vertreten hat, verschieben sich die von der Verzögerung betroffenen Ausführungsfristen angemessen; die gesetzlichen Ansprüche der Parteien bleiben hiervon unberührt.

1.3.        Genereller Einsatzort für die Projektdurchführung sind die Geschäftsräume des AG in Köln. Projektarbeiten, die keine lokale Präsenz beim AG erfordern, können in den Räumlichkeiten des AN durchgeführt werden.

2. Bestimmungen zur Leistungserbringung

2.1.        Nach Auswahl des AN wird der AG dem AN mitteilen, welche Leistungen er benötigt, und der AN wird ein entsprechendes Angebot unterbreiten. Der AG ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, den AN mit der Durchführung der in Anlage 1 Leistungsbeschreibung umschriebenen Leistungen zu beauftragen. Der Umfang und die detaillierte Beschreibung der vom AN zu erbringenden Leistungen wird in jeweils abzuschließenden Leistungsscheinen definiert.

2.2.        Der AN schuldet eine sorgfältige Leistungserbringung, die dem zum Zeitpunkt der Leistungserbringung jeweils aktuellen Stand der Technik auf dem Gebiet der Beauftragung entspricht, soweit nichts anderes vereinbart ist. Die Leistung ist in deutscher Sprache zu erbringen, soweit nichts anderes vereinbart ist.

2.3.        Der AN ist verpflichtet, sämtliche erforderlichen und zweckmäßigen Leistungen, Aufgaben und Pflichten zu erfüllen, die für die Erreichung des in Anlage 1 Leistungsschein definierten Beratungsziels notwendig sind. Der AN erbringt die durch AG beauftragten Leistungen selbständig und eigenverantwortlich. Soweit für die Leistungserbringung durch den AN Mitwirkungsleistungen des AG notwendig sind, beschränken sich diese grundsätzlich auf die in diesem Vertrag über die Beratungsleistungen festgelegten oder auf die in einer diesem Vertrag zugrundeliegenden Bestellung festgelegten Mitwirkungsleistungen.

2.4.        Die Leistungserbringung durch den AN erfolgt grundsätzlich durch eigene angestellte Mitarbeiter. Eine Übertragung von Leistungen auf Dritte (z.B. Subunternehmer oder freie Mitarbeiter) durch den Leistungserbringer ist nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung des AG zulässig.

2.5.        Der AN hat ausschließlich die Weisungen und Anordnungen des AG zu beachten und bei seiner Leistungserbringung umzusetzen. Andere Projektbeteiligte oder als Vertreter des AG auftretende Personen sind dem AN gegenüber nur nach ausdrücklicher vorheriger Zustimmung durch den AG weisungsbefugt.

2.6.        Der AN darf den AG rechtsgeschäftlich nicht vertreten. Er ist jedoch berechtigt, Anordnungen zu treffen, die zur vertragsgemäßen Ausführung der beauftragten Beratungsleistungen, zur Zielerreichung des Projekts und zur Sicherstellung eines einwandfreien Projektablaufes notwendig sind. Dies gilt auch für Erklärungen des AG, die für die Wahrnehmung des Auftrages zur Koordinierung und Betreuung der Beratungsleistungen zur Zielerreichung des Projekts sachlich notwendig sind.

2.7.        Der AG stellt für den AN, soweit erforderlich, den Zugang zu den Kommunikations- und Datenverarbeitungssystemen des AG sicher. Der Zugang erfolgt über Arbeitsplätze beim AG und, soweit erforderlich, über eine Remote-Anbindung für den AN.

2.8.        Der AG kann nach Vertragsschluss jederzeit Änderungen des Umfangs der Leistungen verlangen, es sei denn, dies ist für den AN unzumutbar. Ändert sich der Umfang der vereinbarten Leistungen des AN, kann der AN verlangen, dass der Vertrag entsprechend angepasst wird.

3. Vergütung

3.1.        Die Dienstleistungen werden zu nachfolgenden Konditionen vereinbart: XXX.XXX,- EUR je Beratertag. Der Beratungstag umfasst durchschnittlich acht Stunden. Beratungstage, die in geringerem oder höherem Umfang erbracht werden, werden anteilig auf Stundenbasis abgerechnet. Der Preis enthält alle Nebenkosten für den Einsatz in Köln.

3.2.        Der AN teilt vor Beginn der Ausführung den Auftrag in sinnvolle Arbeitspakete nebst Budgetlimit auf und legt die Aufteilung dem AG zur Bestätigung in Textform vor. Soweit nicht ausdrücklich anders vereinbart, gelten Schätzungen des AN zum voraussichtlichen Zeit- oder Vergütungsumfang als vereinbartes Budgetlimit.

3.3.        Ein Status über durchgeführte Leistungen mit den dafür verbrauchten Beratungsaufwänden wird durch den IT-Dienstleister geführt und kann vom Kunden jederzeit eingesehen werden. Wird erkennbar, dass das vereinbarte Kostenlimit bei der weiteren Verfolgung nicht eingehalten werden kann, hat der AN den AG unverzüglich die Gründe für die Abweichung schriftlich mitzuteilen, den AG über die Auswirkungen schriftlich zu unterrichten und den AG sämtliche möglichen Handlungsalternativen insbesondere Einsparungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Bis zur Entscheidung des AG, ob auf Grundlage der neuen Erkenntnisse die Beauftragung der Beratungsleistungen weiter Bestand haben soll, darf die Bearbeitung durch den AN nicht weiter geführt werden.

3.4.        Soweit nicht ausdrücklich anders ausgewiesen, verstehen sich alle Preisangaben zuzüglich der jeweils gültigen Umsatzsteuer. Die erbrachten Leistungen werden monatlich nachträglich in Rechnung gestellt. Die Rechnungen sind nach Zugang zur Zahlung fällig und sofort zahlbar ohne Ab­zug.

3.5.        Ist eine zeitabhängige Vergütung vereinbart, wird der AN Leistungsnachweise an den AG über die erbrachte Tätigkeit sowie aufgelaufene Zeit und Vergütung in Textform übermitteln. Ein Leistungsnachweis ist alle vier Wochen, spätestens jedoch bei Überschreitung eines Volumens von 20.000 € netto seit vorangegangenem Leistungsnachweis fällig.

3.6.        Soweit nicht schriftlich oder per E-Mail durch den Auftraggeber freigegeben, sind Präsenzsitzungen, Telefonkonferenzen, die unter mehreren Beratern des AN stattfinden, ohne dass ein Vertreter des AG teilnimmt, höchstens bis zum Umfang von einer Honorarstunde je Beratung abrechenbar. Nehmen an einer Beratung mehrere Vertreter des AN teil, wird der AN lediglich das Honorar für einen Berater abrechnen und zwar für den vom AG angeforderten, hilfsweise für den Teilnehmer mit dem höchsten vereinbarten Stundensatz.

3.7.        Alternativ können zwischen den Parteien Festpreise oder Arbeitspakete mit Budgetlimit vereinbart werden.

3.8.        Die in der Bestellung vereinbarten Tagessätze oder Festpreise verstehen sich inklusive sämtlicher Reise- und Nebenkosten. Warte- und Reisezeiten werden nicht gesondert vergütet, es sei denn es ist vertraglich etwas anderes vereinbart.

4. Herausgabe von Unterlagen/Zurückbehaltungsrechte

4.1.        Die vom AN zur Erfüllung des Auftrags angefertigten Originalunterlagen (Präsentationen, Protokolle usw.) sind dem AG übersichtlich und vollständig und auf Verlangen des AG als sonstige elektronische Medien beziehungsweise auf Datenträger auszuhändigen.

4.2.        Ein Zurückbehaltungsrecht des AN an den von ihm erstellten Unterlagen bzw. Leistungen, die für die Durchführung der Beratungsleistungen erforderlich sind, ist ausgeschlossen. Der AN ist insoweit bis zur Fertigstellung der geschuldeten Leistungen vorleistungspflichtig. Etwas anderes gilt bei einer Kündigung durch den AG oder bei einer Kündigung durch den AN aus Gründen, die der AG zu vertreten hat. In diesen Fällen steht dem AN bis zur Ausgleichung berechtigter und fälliger Honoraransprüche durch den AG ein Zurückbehaltungsrecht an den vom AN erstellten Unterlagen zu.

5. Nutzungsrechtseinräumung

5.1.        Dem AG steht, soweit nicht abweichend vereinbart, das ausschließliche, unentgeltliche, unbeschränkte, unwiderrufliche und übertragbare Nutzungsrecht an den Arbeitsergebnissen zu. Alle Unterlagen, Präsentationen, Berichte, Protokolle, die der AN in Zusammenhang mit der Leistungserbringung für seine Leistung anfertigt, unterliegen dem uneingeschränkten Eigentums- und Verfügungsrecht des AG, ohne dass es einer zusätzlichen Vergütung durch den AG bedarf.

5.2.        Der AN überträgt dem AG die Nutzungs- und Verwertungsbefugnisse an allen urheberrechtlich geschützten Leistungen im Zusammenhang mit der Durchführung des Vertrages. Des Weiteren versichert der AN, dass ihm keine Umstände bekannt sind, insbesondere keine Schutzrechte Dritter, die es erschweren oder unzulässig machen, die zur Erfüllung des Vertrages notwendigen Gegenstände und Verfahren herzustellen sowie, dass keine Ansprüche wegen Verletzung gewerblicher Schutzrechte gegen ihn geltend gemacht worden sind oder geltend gemacht werden können.

5.3.        Der AN stellt dem AG von allen Ansprüchen Dritter aus der Verletzung von Schutzrechten, die infolge eines Verstoßes des AN gegen die vorgenannten Pflichten entstehen, frei.

6. Laufzeit

6.1.        Dieser Rahmenvertrag tritt mit der Unterzeichnung durch beide Vertragsparteien in Kraft und hat eine Laufzeit bis zum XX.XX.XXXX.

6.2.        Das Recht beider Parteien zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. Ein solcher liegt u.a. vor, wenn:

a) die andere Vertragspartei gegen wesentliche Bestimmungen dieses Vertrages verstößt und etwaige Folgen dieses Verstoßes nicht innerhalb von 14 Tagen ab schriftlicher Anzeige (eingeschriebener Brief) durch die andere Partei beseitigt werden,

b) die andere Vertragspartei ihre Zahlungen einstellt,

c) wenn Tatsachen gegeben sind, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen der Vertragsteile die Fortsetzung des Vertrags nicht mehr zugemutet werden kann. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn eine Partei ihre durch diesen Vertrag übernommene Verpflichtung in nicht unerheblicher Weise verletzt, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird.

6.3.        Sämtliche Kündigungen bedürfen der Schriftform.

6.4.        Die Beendigung dieses Rahmenvertrages berührt die bis zum Zeitpunkt seiner Beendigung auf seiner Grundlage geschlossenen Leistungsscheine oder gesonderten schriftlichen Vereinbarungen nicht. Die Bestimmungen dieses Rahmenvertrages gelten für die zum Zeitpunkt der Beendigung des Rahmenvertrages noch nicht vollständig erfüllten und auf der Grundlage dieses Rahmenvertrages geschlossenen Leistungsscheine oder gesonderten schriftlichen Vereinbarungen unverändert bis zu ihrer vollständigen Erfüllung fort.

7. Haftung

7.1.        Der AN haftet unbeschränkt, soweit die Schadensursache auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht. Ferner haftet der AN für die leicht fahrlässige Verletzung von wesentlichen Pflichten, deren Verletzung die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet, oder für die Verletzung von Pflichten, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der AG regelmäßig vertrauen darf. In diesem Fall haftet der AN jedoch nur für den vorhersehbaren, vertragstypischen Schaden. Der AN haftet nicht für die leicht fahrlässige Verletzung anderer als der in den vorstehenden Sätzen genannten Pflichten.

7.2.        Die vorstehenden Haftungsbeschränkungen gelten nicht bei Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit, bei arglistig verschwiegenen Mängeln. Die Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz bleibt unberührt.

7.3.        Soweit die Haftung des AN ausgeschlossen oder beschränkt ist, gilt dies auch für die persönliche Haftung von Arbeitnehmern, Vertretern und Erfüllungsgehilfen.

Teil C – Sonstiges

1. Geheimhaltung

1.1.        Der AN ist verpflichtet, über vertrauliche Informationen des AG Stillschweigen zu bewahren und keinem Dritten – mit Ausnahme eigener Mitarbeiter und Erfüllungsgehilfen – zugänglich zu machen.

1.2.        Der AN verpflichtet sich, seinen Mitarbeitern und Erfüllungsgehilfen dieselbe Verpflichtung zur Geheimhaltung aufzuerlegen.

1.3.        Vertrauliche Informationen im Sinne dieses Rahmenvertrages sind alle im Laufe der Geschäftsverbindung zwischen den Parteien durch den AN erlangten oder erhaltenen Informationen, die von dem AG als vertraulich gekennzeichnet wurden oder deren Vertraulichkeit sich aus den Umständen ergibt.

1.4.        Von der Verpflichtung ausgenommen sind solche vertraulichen Informationen:

(1)          die dem AN bereits zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme im Rahmen der Zusammenarbeit bekannt waren,

(2)          die ohne einen Verstoß des AN gegen diesen Rahmenvertrag öffentlich bekannt wurden oder werden,

(3)          die durch den AN unabhängig vom AG und ohne unmittelbare oder mittelbare Nutzung der vertraulichen Informationen entwickelt wurden,

(4)          die der AN von einem Dritten ohne Verletzung einer Vertraulichkeitsverpflichtung gegenüber dem AG zugänglich gemacht wurden,

(5)          hinsichtlich der der AN erklärt hat, dass es sich nicht um vertrauliche Information handelt, oder

(6)          die aufgrund einer vollstreckbaren Anordnung eines deutschen Gerichts oder einer deutschen Behörde herauszugeben bzw. zu veröffentlichen sind, wobei der AN dazu verpflichtet ist, den Mieter von dieser Anordnung unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen und – soweit zeitlich möglich – Gelegenheit zur Abwehr und/oder Reduzierung der Herausgabeverpflichtung zu geben.

1.5.        Die Verpflichtung zur Geheimhaltung besteht für die Vertragslaufzeit dieses Rahmenvertrages sowie für einen Zeitraum von 5 (fünf) Jahren nach Beendigung dieses Rahmenvertrages fort.

2. Datenschutz

2.1.        Als Verantwortliche im Sinne des Datenschutzes hat der AG, den AN darauf hingewiesen, dass die Tätigkeiten des AG in der Regel erfordert, personenbezogene Daten automatisiert und / oder anderweitig zu verarbeiten. Details zu der bei dem AG erfolgenden Datenverarbeitung, den Rechten der betroffenen Personen und den Datenschutz-Ansprechpartnern finden sich unter ….

Abhängig von Art und Umfang der im Rahmen dieses Vertrages erfolgenden Verarbeitungen personenbezogener Daten ist ggf. eine vertragliche Zusatzvereinbarung in Form einer Vereinbarung zum Umgang mit wechselseitigen Übermittlungen von personenbezogenen Daten oder zur Auftragsverarbeitung zu schließen. Diese Zusatzvereinbarung wird diesem Vertrag als Anlage beigefügt und Bestandteil dieses Vertrages. In der Zusatzvereinbarung im Hinblick auf den Datenschutz getroffene Vereinbarungen gehen dem Vertragstext sowie anderen Vertragsanlagen in der Rangfolge der Gültigkeit vor.

AxProjects: Wir.machen.Schulen.zukunftssicher – Aktionsprogramm 2023/24

AxProjects: Wir.machen.Schulen.zukunftssicher - Aktionsprogramm 2023/24

Wir unterstützen öffentliche Auftraggeber bei der Erweiterung und energetischen Sanierung von Schulen. Steigende Schüler*innenzahlen, ein steigender Bedarf nach Ganztagsbetreuung und Fehlbedarfe in den Bestandsräumlichkeiten erfordern eine bauliche Erweiterung und Umbaumaßnahmen. Wir gestalten und implementieren interessengerechte GP-Verträge und führen die notwendigen Vergaben durch. Eine energetische Gesamtbetrachtung von Bestandsgebäuden und Neubau soll erfolgen. Erforderliche Sanierungen an der Bausubstanz der Gebäudehülle sind zu erfassen und zu planen. Grundsätzliches Planungsziel ist die Schaffung von funktionsgerechten, ästhetischen und nachhaltigen Gebäuden. Die Nachhaltigkeit betrifft sowohl die Energiebedarfsreduzierung, die Nutzung regenerativer Energien und Wartungs- u. verbrauchsarmer Technik, als auch die Verwendung langlebiger und ökologischer Baumaterialien. Bei der Planung ist zudem besonderer Wert auf die Wirtschaftlichkeit der Gesamtmaßnahme und auf höchsten energetischen Standard zu legen. Der AN soll darauf hinwirken, dass eine DGNB-Zertifizierung erreicht werden kann.

Worauf wir insbesondere achten und was wir insbesondere sicherstellen.

1.Die vom AN zu erbringenden Leistungen müssen eine wirtschaftliche Lösung unter Einbeziehung von Unterhaltungs- bzw. Betriebskosten berücksichtigen.

2.Ferner muss der AN darauf abzielen, die bislang nur in Aussicht gestellten Fördermittel endgültig zu sichern und alle Vorgaben/Auflagen des Fördermittelgebers einzuhalten.

3.Der AN hat im Zuge der Kostenkontrolle die Baukosten kontinuierlich zu beobachten, die Kostenentwicklung des Projekts zu dokumentieren und den
AG zeitnah über Veränderungen zu informieren, wobei die Kostenermittlungen nach Maßgabe der DIN 276:2018 zu erfolgen haben.

Muster GP-Vertrag (Teil 1):

§ 1

Projektbeschreibung / Projektziele

1. Die Stadt … plant die Erweiterung und energetische Sanierung der … Schule. Eine energetische Gesamtbetrachtung von Bestandsgebäuden und Neubau soll erfolgen. Erforderliche Sanierungen an der Bausubstanz der Gebäudehülle sind zu erfassen und zu planen. Grundsätzliches Planungsziel ist die Schaffung von funktionsgerechten, ästhetischen und nachhaltigen Gebäuden. Die Nachhaltigkeit betrifft sowohl die Energiebedarfsreduzierung, die Nutzung regenerativer Energien und Wartungs- u. verbrauchsarmer Technik, als auch die Verwendung langlebiger und ökologischer Baumaterialien. Die Stadt … strebt eine Zertifizierung z.B. DGNB an.

Für das Projekt Erweiterungsbau wurden Kosten in Höhe von insgesamt ca. 4,9 Mio. Euro brutto (KG 200 bis 500) geschätzt:
– KG 200: ca. … Mio. Euro (brutto)
– KG 300: ca. … Mio. Euro (brutto)
– KG 400: ca. … Mio. Euro (brutto)
– KG 500: ca. … Mio. Euro (brutto)

Für das Projekt „energetische Sanierung Bestandsgebäude“ erfolgen Kostenermittlungen im Zuge der Generalplanungsleistung. Der zu beauftragende Generalplaner soll folgende Leistungen erbringen:

· Objektplanung Gebäude und Innenräume
· Fachplanung Tragwerksplanung
· Fachplanung Technische Ausrüstung für die Anlagengruppen 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 8
· Außenanlagenplanung
· Thermische Bauphysik

Folgende Leistungen wird der AG selbst beauftragen. Die Ergebnisse sind vom Generalplaner zu berücksichtigen, und die Leistungen der beauftragten Beteiligten soweit notwendig zu koordinieren.

· SiGeKo
· Vermessung
· Baugrundgutachter
· Brandschutzgutachter
· Schadstoffgutachter
· Kampfmittelsondierung in Form einer Luftbildauswertung
· Bau- und Raumakustik

Gegenstand dieses Vertrages sind zur Durchführung dieses Vorhabens erforderliche Generalplanungsleistungen.

2. Der AN hat im Rahm en seiner Planungsleistungen zwingend folgende Projektziele des AG zu berücksichtigen:

– Kostenziel Erweiterungsbau: Einhaltung eines Budgets in Höhe von … Mio. € brutto (KG 300-700) als absolute Kostenobergrenze.

– Kostenziel Bestandsgebäude: Einhaltung eines Budgets in Höhe von … Mio. € brutto (KG 300-500) als absolute Kostenobergrenze.

– Qualitätsziel: Qualitative Vorgaben gemäß Leistungsbeschreibung mit möglichst vollständiger Umsetzung aller Projekte der Priorisierung

– Terminziel 1: Fertigstellung des Erweiterungsbaus bis … (Schuljahrbeginn)

– Terminziel 2: Sanierung Bestandsgebäude bis ….

Die vorstehend genannten Projektziele sind im Rahmen der Planung unbedingt zu berücksichtigen und stellen vereinbarte Beschaffenheiten der zu erbringenden Leistungen dar. Von ihnen darf nur mit ausdrücklicher schriftlicher Zustimmung des AG abgewichen werden. Der AN hat seine Leistungen m angelfrei und unter Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und Baukunst zu erbringen und insbesondere darauf auszurichten, dass die Projektziele eingehalten werden.

§ 2
Vertragsgrundlagen

Diesem Vertrag liegen in folgender Reihenfolge zugrunde:

1. Bestimmungen dieses Vertrages,
2. Leistungsbild vom *** – Anlage 1
3. Planungsgrundlagen des AG nebst Anlagen gemäß Verzeichnis vom xx.xx.20… – Anlage 2
4. Grobterminplan Stadt … vom xx.xx.20… – Anlage 3
5. Angebot des AN inkl. Honorarblatt vom *** – Anlage 4
6. allgemein anerkannten Regeln der Technik und der Baukunst und die einschlägigen öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, soweit sie für dieses Projekt relevant sind,
7. Bestimmungen des BGB.

Angebotsbedingungen des AN werden nicht Vertragsbestandteil, es sei denn, in diesem Vertrag wird darauf ausdrücklich verwiesen und sie stehen nicht mit Regelungen dieses Vertragstextes im Widerspruch. Bei Widersprüchen geht die höherrangige der nachrangigen Bestimmung vor. Ein Widerspruch liegt jedoch nicht vor, soweit die höherrangige Bestimmung lediglich allgemeine Vorgaben für die zu erbringende Leistung enthält, die durch die nachrangige Regelung konkretisiert werden. Vorrangig ist jedoch immer der Text dieses Vertrages. Im Zweifelsfall hat der AN dem AG den aus seiner Sicht bestehenden Widerspruch zur Entscheidung vorzulegen, wobei der AG eine Entscheidung unter Berücksichtigung der wechselseitig berechtigten Interessen und Projekterfordernisse trifft; in diesem Fall steht dem AN kein zusätzlicher Vergütungsanspruch zu.

§ 3
Umfang der Auftragserteilung

1. Zur Realisierung der in diesem Vertrag und den Anlagen 1 und 2 beschriebenen Maßnahme beauftragt der AG den AN im Rahm en der stufenweisen Beauftragung gemäß Ziffer 2 mit folgenden Leistungen, wobei die nachfolgenden Bezugnahm en auf die Leistungsbilder der HOAI nicht allein zur Honorarermittlung, sondern auch zur Konkretisierung der auftragnehmerseitigen Leistungspflichten dienen. Die in der Anlage 1 genannten Grundleistungen der jeweiligen Leistungsbilder sind werkvertragliche Teilerfolge der beauftragten Leistungen:

– Leistungsbild Objektplanung Gebäude und Innenräume nach § 34 HOAI i.V. mit Anlage 10, (Leistungsphasen 1 bis 9); Grundleistungen und Besondere Leistungen,
– Leistungsbild Tragwerksplanung nach § 51 HOAI i.V. mit Anlage 14, (Leistungsphasen 1-6); Grundleistungen und Besondere Leistungen),
– Leistungsbild Technische Ausrüstung nach § 54 HOAI mit den Anlagengruppen 1-8, jedoch ohne 7, i. V. mit Anlage 15, (Leistungsphasen 1 bis 9); Grundleistungen und Besondere Leistungen,
– Leistungsbild Bauphysik für Wärmeschutz und Energiebilanzierung nach Ziffer 1.2 der Anlage 1 HOAI, (Leistungsphasen 1 bis 9); Grundleistungen
und Besondere Leistungen,
– Leistungsbild Objektplanung Freianlagen nach § 39 i.V.m. Anlage 11 (Leistungsphasen 1-9); Grundleistungen und Besondere Leistungen für alle vorstehenden Planungsgewerke jeweils nach näherer Maßgabe der in Ziffer 4.1 ff. der Anlage 1 aufgeführten Leistungsbilder, die den Leistungsumfang der vorstehenden Leistungsbilder der HOAI ergänzen (Besondere Leistungen) und konkretisieren (Grundleistungen). In der Anlage 1 sind die Abweichungen von den Leistungsbildern der HOAI in Fettdruck hervorgehoben oder als Streichung kenntlich gemacht.

Der AN schuldet für jede beauftragte Leistungsphase alle zur Erreichung des Planungserfolges erforderlichen Leistungen. Sie sind durch das vereinbarte Honorar abgegolten, d.h. sie werden nicht zusätzlich vergütet, es sei denn, es werden zusätzlich zum Vertrag Besondere Leistungen erforderlich.

2. Im Rahmen der stufenweisen Beauftragung beauftragt der AG mit Abschluss dieses Vertrages zunächst nur die Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 2 für den Bauabschnitt 1 (Erweiterungsbau). Der AG ist jederzeit berechtigt, jedoch nicht verpflichtet, den AN auch mit der Erbringung weiterer Leistungen der unter Ziffer 1 aufgeführten Leistungsbilder zu beauftragen und zwar in folgenden Stufen:

– Stufe 2: LPH 3 und 4 – Bauabschnitt 1
– Stufe 3: LPH 5 bis 9 – Bauabschnitt 1
– Stufe 4: LPH 1 und 2 – Bauabschnitt 2
– Stufe 5: LPH 3 und 4 – Bauabschnitt 2
– Stufe 6: LPH 5 bis 9 – Bauabschnitt 2
– Stufe 7: Energetische Gesamtbetrachtung

Der Auftraggeber behält sich im Übrigen vor, bei mehreren Leistungsphasen in einer Stufe, diese nicht in Gänze, sondern nur teilweise zu beauftragen. Der AG ist berechtigt, die Leistungsstufen nicht nach der ziffernmäßigen Abfolge, sondern nach sachgerechtem Bedarf abzurufen, insbesondere die Leistungen zum Bauabschnitt 2 und zur energetischen Gesamtbetrachtung bei Bedarf jederzeit abzurufen.

Der AN hat den AG rechtzeitig auf die Erforderlichkeit der Beauftragung weiterer Leistungen zur Vermeidung von Planungs- und Bauverzögerungen hinzuweisen. Der AN wird von der Verpflichtung zur Erbringung weiterer Leistungen aus den Stufen 2 ff auch dann nicht frei, wenn zwischen dem Abschluss (d.h. Erfolgseintritt) der zuletzt beauftragt en Leistung und der Anschlussbeauftragung ein Zeitraum von m ehr als 2 Jahren liegt. Diese Regelung ist den langen Entscheidungsprozessen beim Auftraggeber, der jeweiligen Haushaltslage geschuldet. Liegt der Zeitraum für den Abruf weiterer Stufen allerdings über 1 Jahr nach dem Abschluss der vorangegangenen Stufe, verhandeln die Parteien partnerschaftlich über eine mögliche Vergütungsanpassung auf der Basis vom AN nachzuweisender Kostensteigerungen.

3. Klarstellend halten die Parteien fest, dass sämtliche Regelungen dieses Vertrages auch für nachträgliche Beauftragungen gelten. Aus der stufenweisen Beauftragung kann der AN keine Erhöhung seines Honorars ableiten. Sollte der AN nicht mit der Durchführung weiterer Leistungen beauftragt werden, so kann er hieraus keine Rechte geltend machen. Der AN ist verpflichtet, diese weiteren Leistungen zu erbringen, wenn sie ihm vom AG übertragen werden, und hat den AG so zu stellen, als sei er von vornherein im letztlich abgerufenen Um fang beauftragt worden.

4. Bei der Planung ist neben den bereits genannten Projektzielen zudem besonderer Wert auf die Wirtschaftlichkeit der Gesamtmaßnahme und auf
höchsten energetischen Standard zu legen. Der AN soll darauf hinwirken, dass eine DGNB-Zertifizierung erreicht werden kann. Die vom AN zu erbringenden Leistungen müssen ferner eine wirtschaftliche Lösung unter Einbeziehung von Unterhaltungs- bzw. Betriebskosten berücksichtigen. Ferner muss der AN darauf abzielen, die bislang nur in Aussicht gestellten Fördermittel endgültig zu sichern und alle Vorgaben/Auflagen des Fördermittelgebers einzuhalten.

Der AN hat im Zuge der Kostenkontrolle die Baukosten kontinuierlich zu beobachten, die Kostenentwicklung des Projekts zu dokumentieren und den
AG zeitnah über Veränderungen zu informieren, wobei die Kostenermittlungen nach Maßgabe der DIN 276:2018 zu erfolgen haben. Für den AG ist die Einhaltung der unter § 1 Ziffer 2 aufgeführten Kostenziele vor dem Hintergrund der begrenzten Haushaltsmittel von entscheidender Bedeutung. Diese Kostenobergrenze ist für die weiteren Leistungen des AN spätestens mit der Verabschiedung einer genehmigten Kostenberechnung eine Beschaffenheitsvereinbarung, von der nur nach ausdrücklicher schriftlicher Freigabe des AG abgewichen werden darf. Sobald die Gefahr besteht, dass das unter § 1 Ziffer 2 aufgeführte Kostenziel nicht erreicht wird, hat der AN den AG hierauf ausführlich in Textform hinzuweisen und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Jegliche Änderungen der geforderten Qualitäten und Flächen sowie jegliche Umplanungen des AN sind in enger Abstimmung mit dem AG zu entwickeln. Sie sind nur zulässig, wenn eine ausdrückliche Zustimmung des AG in Textform vor jedweder Änderung vorliegt. Dem AN steht keine gesonderte Vergütung für solche Planungsänderungen zu, die er zur Einhaltung der vorgenannten Kostenziele vornehmen muss, es sei denn, die Einhaltung ist nur unter Änderung der vertraglich geforderten Qualitäten und Flächen möglich.

5. Etwaige Eingaben/Anträge an die Genehmigungsbehörde wird der AN nach Freigabe durch den AG persönlich einreichen und ggf. technische Details gegenüber der Genehmigungsbehörde persönlich erläutern.

6. Erforderliche Unterlagen Dritter sind im Rahm en seiner fachlichen Kompetenz zu überprüfen und ggf. Korrekturen mit dem AG bzw. mit dem Dritten abzustimmen und zu koordinieren. Etwaige Auflagen, Bedingungen und Eintragungen der prüfenden Stellen / Behörden sind in die Planung einzuarbeiten.

7. Der AN wird den AG kontinuierlich im Rahm en der Planungs- und Baubesprechungen über die gemachten Fortschritte, Verhandlungen und Klärungen informieren. Der Inhalt der Bauherrenbesprechungen wird vom AN protokolliert nach Vorgabe und Freigabe des AG und an die Projektbeteiligten verteilt. Etwaige Widersprüche des AG zu den Protokollen hat der AN aufzunehmen.

In den Planungs- und Baubesprechungen wird entweder mindestens der GP – Projektleiter oder der stellvertretende GP-Projektleiter des AN zugegen sein. Auf Wunsch des AG sorgt der AN außerdem verpflichtend für die Teilnahme der von ihm beauftragten Fachplaner. Eine abweichende personelle Vertretung ist nur mit schriftlicher Zustimmung des AG zulässig. Der GP -Projektleiter und der stellvertretende GP -Projektleiter sind jeder für sich befugt, alle vertragsrelevanten Willenserklärungen für den AN gegenüber dem AG abzugeben und entgegenzunehmen. Entsendet der AN im Ausnahmefall einen Projektmitarbeiter mit Zustimmung des AG in die Besprechung, gilt Entsprechendes für ihn. Der AN ist zudem verpflichtet, dem AG sämtliche Informationen zur Verfügung zu stellen, damit dieser stets über den Stand des Projektes unterrichtet ist.

Der AN führt verpflichtend regelmäßige Planungsbesprechungen durch und protokolliert die wesentlichen Inhalte, Besprechungsthemen und Besprechungsergebnisse. Er wird die Protokolle spätestens innerhalb von drei Arbeitstagen an die Projektbeteiligten unter Einbeziehung des AG versenden.

8. Jeweils zum Abschluss der Leistungsphase 2 und 3 (Vor-/ und Entwurfsplanung) wird der AN dem AG einen Erläuterungsbericht übergeben, der einen Status über den aktuellen Projektstand (insbesondere Kosten, Termine, etwaige Projektstörungen, Projektrisiken, anstehende Entscheidungen etc.) beinhaltet.

9. Der AN stimmt alle wesentlichen Planungs- und Konstruktionsfestlegungen vor ihrer endgültigen Ausarbeitung mit dem AG ab. Ferner führt der AN rechtzeitig und innerhalb angemessener Fristen – unter Mitteilung der terminlichen Vorgaben – Entscheidungen des AG herbei. Der AG ist seinerseits verpflichtet, über die ihm insoweit vorgelegten Fragen binnen angemessener Frist zu entscheiden.

10. Sämtliche im Büro des AN erstellten, entscheidungsrelevanten Pläne sind vom AG abzuzeichnen, wobei die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit der Planungsergebnisse/Pläne ausschließlich beim AN verbleibt. Anregungen, Sicht- und Prüfvermerke des AG entbinden den AN nicht von der Haftung für die von ihm zu erbringenden Leistungen. Dies gilt auch für ausdrückliche Weisungen und Anordnungen des AG gegenüber dem AN, sofern Letzterer hiergegen nicht offensichtlich begründete Bedenken in schriftlicher Form anmeldet.

11. Vor Bearbeitungsbeginn haben AG und AN zu regeln, in welcher Form Planungsleistungen (CAD oder GIS) zu erbringen sind. Für CAD -Zeichnungen wird gemäß CAD-Richtlinie das Dateiform at.dwg festgelegt. Lieferungen in geographischen Informationssystem (GIS) müssen im aktuellen ESRI-Format samtgrafischer Ausgestaltung erfolgen.

12. Die Abschlüsse der ersten Beauftragungsstufe und der etwa gemäß § 3 Ziffer 2 weiter abgerufenen Leistungen (d.h. jeweils für die abgerufenen
„Leistungspakete“) hat der AN komplett dokumentiert als Papierdokument (2 – fach) und auf Datenträger (1-fach) dem AG unmittelbar zu übergeben.
Im Übrigen stellt der AN dem AG und von ihm benannten Dritten alle Planungen und Ausarbeitungen als PDF-Datei, DWG-Datei und DXF-Datei zur Verfügung, mit dem uneingeschränkten Recht zur Vervielfältigung. Schließlich sind dem AG sämtliche Eingaben und Anträge bei Behörden usw. und auch die Zeichnungen und Pläne in der geforderten Anzahl, farbig angelegt, zu überlassen. Soweit die Leistungsbeschreibung eine 3-D Gebäudemodellbearbeitung bzw. die Erstellung eines digitalen Modells vorgibt, wird klargestellt, dass der AN u.a. eine integrierte, dreidimensionale Planung schuldet, dass aber kein BIM
eingesetzt werden muss. Nach vollständiger Fertigstellung einer Leistungsphase hat der AN dem AG die Arbeitsergebnisse und alle Unterlagen in Ordnern gesammelt mit Planlisten und zusätzlich auf Anforderung auf weiterverarbeitungsfähigen Datenträger zu übergeben, die Planungsergebnisse in einen Statusbericht zu dokumentieren und zusammenzufassen.

13. Der AN hat Änderungen in seinen Plänen/Zeichnungen durch „Einwolken“ kenntlich zu machen. Es genügt nicht, die mit Änderungsvermerken im Plankopf versehene Zeichnung/Planung. Der AN stellt jeweils aktualisierte Planlisten auf und übergibt diese dem AG.

14. Der AG wird für die Kommunikation mit den Projektbeteiligten und der Projektbeteiligten untereinander ggf. ein servergestütztes Projektkommunikationssystem (PKMS) einrichten und dem AN Zugriffsrechte einräumen. Sollte das PKMS zum Einsatz kommen, ist der AN verpflichtet, den relevanten projektbezogenen Schriftverkehr und die Dokumentation über das PKMS zu führen und seine Planung und sonstige Ausarbeitungen über das PKMS dem AG und den übrigen Projektbeteiligten in dem erforderlichen Umfang zur Verfügung zu stellen. Die Mitarbeit und Teilnahme an dieser Projektplattform ist, insofern diese eingesetzt wird, für alle Beteiligten bindend. Die hierfür erforderlichen Leistungen für die Nutzung (Personaleinsatz und Um lagekosten) sind in der Nebenkostenpauschale entsprechend zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist der AN zur umfassenden Unterrichtung und Beratung hinsichtlich aller die Durchführung seiner Aufgaben betreffenden Angelegenheiten verpflichtet.

15. Zwischen dem AG und dem AN besteht ein besonderes Vertrauensverhältnis; als Sachwalter des AG darf der AN keine Unternehmer- oder Lieferanteninteressen vertreten. Der AN darf im Zusammenhang mit dem in vorstehendem § 1 bezeichneten Projekt nicht für Dritte tätig werden.

16. Der AN hat grundsätzlich keine Vertretungsmacht für den AG, insbesondere kann er für den AG keine Verträge abschließen, aufheben oder ändern. Ebenfalls ist der AN nicht berechtigt, Nachträge zu beauftragen, Anerkenntnisse abzugeben und/oder Abnahmen zu erklären. Er darf jedoch für den AG Vorbehalte z.B. wegen Schadenersatzforderungen und Vertragsstrafen geltend machen und Vertragspartner des AG zur Mängelbeseitigung auffordern. Im Rahm en seiner Aufgabenstellung kann der AN auf der Grundlage von abgeschlossenen Verträgen des AG mit Dritten gegenüber diesen Anordnungen treffen, soweit dadurch keine Termin- oder Kostenüberschreitungen oder nicht unerhebliche Qualitätsabweichungen verbunden sind.

17. Der AN ist verpflichtet, an behördlich vorgeschriebenen oder anderweitig vereinbarten Terminen, Beratungen, Prüfungen usw. im Rahm en der beauftragten Leistungen teilzunehmen.

18. Der AN sichert zu, die ihm nach diesem Vertrag obliegenden Leistungen durch qualifiziertes Personal seines/seiner Büros zu erbringen. Der AN stellt dem AG das nachfolgend genannte Kernteam zusammen, welches für die Dauer der Projektlaufzeit aufrecht zu erhalten ist:

– GP-Projektleiter*in: ***
– Stellvertretende*r GP-Projektleiter*in: ***
– Projektleitung Objektplanung: ***
– Projektleitung Technische Ausrüstung: ***

Der AG ist berechtigt, den Austausch einzelner mit dem Projekt befasster Mitarbeiter zu verlangen, wenn dies aus sachlichem, in der Person des jeweiligen Mitarbeiters liegendem Grunde gerechtfertigt ist. Davon abgesehen darf der AN die o.g. Projektleitungen, und Nachunternehmer nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung des AG austauschen, wobei der AG die Zustimmung nur aus wichtigem Grund verweigern darf. Grundvoraussetzung ist jedoch, dass alle erforderlichen Nachweise zur Qualifikation der Person mindestens gleichwertig vorliegen müssen. Grundsätzlich hat der AN die beauftragten Leistungen persönlich bzw. im eigenen Unternehmen zu erbringen. Die Hinzuziehung von Sonderfachleuten und/oder Nachunternehmern, abseits der hier vertraglich benannten, zur Erfüllung dieser Leistungen bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Auftraggebers.

19. Der AN hat den AG bei den außergerichtlichen, gerichtlichen und gutachterlichen Verfahren sowie Streitigkeiten, die das Projekt betreffen, zu unterstützen. Die Unterstützungspflicht erstreckt sich insbesondere auch auf etwaige Baubehinderungen, Bedenkenanmeldungen und Nachtragsforderungen. Sie beschränkt sich auf die eigenen Kenntnis – und Tätigkeitsbereiche des AN im Rahmen der Projektbearbeitung.

OLG Nürnberg: Ausführungsplanung durch Generalunternehmervertrag in den Verantwortungsbereich des Auftraggebers gestellt, aber keine ausführungsreife Planung vorgelegt: Anspruch auf Mängelbeseitigung nicht fällig

OLG Nürnberg: Ausführungsplanung durch Generalunternehmervertrag in den Verantwortungsbereich des Auftraggebers gestellt, aber keine ausführungsreife Planung vorgelegt: Anspruch auf Mängelbeseitigung nicht fällig

vorgestellt von Thomas Ax

Wenn die Ausführungsplanung durch Generalunternehmervertrag in den Verantwortungsbereich des Auftraggebers gestellt wird, ist diese unverzichtbare, den Auftraggeber verpflichtende Mitwirkungshandlung für die Nachbesserung.

Solange – bei auftraggeberseitiger Ausführungsplanung – eine vollständige, mangelfreie Ausführungsplanung nicht vorliegt, ist der Anspruch auf Nachbesserung nicht fällig und eine Klage auf Mängelbeseitigung als derzeit unbegründet abzuweisen.
OLG Nürnberg, Urteil vom 23.11.2021 – 6 U 4362/19

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Beseitigung von Baumängeln in Anspruch.

Die Klägerin beauftragte die Beklagte durch VOB/B-Generalunternehmervertrag vom 21.06.2006 mit der schlüsselfertigen Modernisierung einer Eigentumswohnanlage einschließlich der Errichtung eines Neubaus in Nürnberg (Anlage K 1; Bauvorhaben ###). Sonder- und Gemeinschaftseigentum wurden 2008 abgenommen.

An der Nordseite des Neubaus sah die von der Klägerin gestellte Planung in den Wohnungen Nr. 8 und Nr. 9 eine schräge Glasfassade vor. Diese Glasfassade war schon im Zeitpunkt der Abnahme 2008 unstreitig mangelhaft. Sie war zum einen undicht und es trat Niederschlagswasser in die Innenräume ein. Zum anderen bildete sich an der Innenseite erhöht Kondensat (Tauwasser).

Am 19.06.2013/01.07.2013 schlossen die Parteien deshalb eine Vereinbarung (Anlage K 11), nach der sich die Beklagte verpflichtete, „in Ansehung des Mangels „schräge Glasfassade“, betreffend die Wohnungen Nr. 8 und Nr. 9 im Objekt, die Mängelbeseitigungsleistungen in Form des Konzepts der Firma ### vom 30.04.2013 bis spätestens 30.09.2013 zu erbringen.“ Für den Fall der Erfolglosigkeit vereinbarten die Parteien Folgendes: „Sollte die Sanierung nicht erfolgreich gewesen sein, ist ### verpflichtet, die Leistungen nachzubessern bzw. den Mangel entsprechend anderweitig zu beseitigen“ (Anlage K 11 Ziffer 1 b).

Im Jahr 2016 rügte die Klägerin die Erfolgslosigkeit der auf Grundlage dieser Vereinbarung durchgeführten Mangelbeseitigungsmaßnahmen und forderte die Beklagte erneut unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung auf.

Erstinstanzlich beantragte die Klägerin,

I.

die Beklagte zu verurteilen, in dem Bauvorhaben ### die schräge Glasfassade der Wohnungen Nr. 8 und Nr. 9 im 1. Obergeschoss, ### Nürnberg funktionsfähig nachzubessern oder neu herzustellen, so dass Folgendes nicht mehr auftritt:

– erhöhte Kondensatbildung an den zum jeweiligen Wohnungsinneren liegenden Glasflächen, insbesondere in den Randbereichen

– an den zum jeweiligen Wohnungsinneren liegenden Glasflächen selbst und/oder an den angrenzenden Bauteilen hinunterlaufendes und tropfendes Wasser,

– Verfärbungen im Bereich über der Glasfassade mit Schimmelbildung

– Rissbildung im Anschluss der Glasfassade an die angrenzenden Bauteile und in den angrenzenden Wänden.

II.

die Beklagte zu verurteilen, an die Wohnungseigentümergemeinschaft ### Nürnberg 4.845,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

III.

die Beklagte zu verurteilen, an Frau ### 4.638,25 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

IV.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren Schäden, die der Klägerin aus den in Klageantrag Ziffer I. bezeichneten Mängeln entstanden sind oder weiter entstehen zu ersetzen.

Die Beklagte beantragte

Klageabweisung.

Sie vertrat die Auffassung, dass ihre Maßnahmen zur Mangelbeseitigung nach dem Konzept der ### erfolgreich gewesen seien und erhob die Einrede der Verjährung. Ein eventuell noch bestehender Mangel beruhe auf einem Planungsfehler seitens der Klägerin. Für den Fall, dass die Beklagte zur Beseitigung der Mangelbehauptung „Kondensatbildung an den Innenseiten der Schrägglasfassade und an den Innenseiten der Schrägglasfassade und der angrenzenden Bauteile ablaufendes Kondensat“ verpflichtet, oder die Klage in Antrag I. begründet sei, erhob die Beklagte

Hilfswiderklage

mit der sie beantragte

festzustellen, dass die Klägerin und Widerbeklagte verpflichtet ist, der Beklagten und Widerklägerin folgende Kosten der Mängelbeseitigung zu ersetzen:

– 95 % der erforderlichen Kosten der Beseitigung der Mangelbehauptung „An der schrägen Glasfassade der Wohnungen Nr. 8 und Nr. 9 im 1. OG, ### Nürnberg tritt eine erhöhte Kondensatbildung an den zum jeweiligen Wohnungsinneren liegenden Glasflächen, insbesondere in den Randbereichen auf und es tritt an den zum jeweiligen Wohnungsinneren liegenden Glasflächen selbst und/oder an den angrenzenden Bauteilen hinunterlaufendes Kondensat auf„, ausgenommen diejenigen Kosten der Mangelbeseitigung, die bei erstmaliger Ausführung ebenfalls zusätzlich durch die Klägerin und Widerbeklagte zu vergüten gewesen wären; sowie

– diejenigen Kosten der Beseitigung der Mangelbehauptung „An der schrägen Glasfassade der Wohnungen Nr. 8 und 9 im 1. OG, ### Nürnberg tritt eine erhöhte Kondensatsbildung an den zum jeweiligen Wohnungsinneren liegenden Glasflächen, insbesondere in den Randbereichen auf und es tritt an den zum jeweiligen Wohnungsinneren liegenden Glasflächen selbst und/oder an den angrenzenden Bauteilen hinunterlaufendes Kondensat auf„, die bei erstmaliger Ausführung ebenfalls durch die Klägerin und Widerbeklagte zusätzlich zu vergüten gewesen wären.

Die Klägerin beantragte,

die Hilfswiderklage abzuweisen.

Die Streitverkündeten Wohnungseigentümergemeinschaft ### Nürnberg und ### traten dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin bei. Die Streitverkündete ### trat dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten bei.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft ### begründete in der Folge ergänzend zum Klägerinvortrag den Anspruch auf Ersetzung der Rechtsverfolgungskosten und des Mietausfallschadens.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der in erster Instanz gestellten Klageanträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht erhob Beweis durch Erholung eines Gutachtens des Sachverständigen ###.

Am 10.10.2019 erließ es folgendes Endurteil:

I. Die Beklagte wird verurteilt, in dem Bauvorhaben ### die schräge Glasfassade der Wohnungen Nr. 8 und Nr. 9 im 1. Obergeschoss, ### Nürnberg durch Behebung der auf Ausführungsfehlern beruhenden Undichtigkeit der Fassade funktionsfähig nachzubessern oder neu herzustellen.

II. Hinsichtlich des Antrags, die Beklagte zu verurteilen, in dem Bauvorhaben die schräge Glasfassade der Wohnungen Nr. 8 und Nr. 9 im 1. Obergeschoss, Nürnberg funktionsfähig nachzubessern oder neu herzustellen, so dass Folgendes nicht mehr auftritt:

– erhöhte Kondensatbildung an den zum jeweiligen Wohnungsinneren liegenden Glasflächen, insbesondere in den Randbereichen

– an den zum jeweiligen Wohnungsinneren liegenden Glasflächen selbst und/oder an den angrenzenden Bauteilen hinunterlaufendes und tropfendes Wasser,

– Verfärbungen im Bereich über der Glasfassade mit Schimmelbildung, wird die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Wohnungseigentümergemeinschaft ### Nürnberg 1.590,91 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.10.2016 und an Frau ### 2.847,54 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.10.2016 zu zahlen.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren Schäden, die der Klägerin aus den auf Ausführungsfehlern beruhenden Mängeln der schrägen Glasfassade der Wohnungen Nr. 8 und Nr. 9 im 1. Obergeschoss, ### Nürnberg, entstanden sind oder weiter entstehen, zu ersetzen.

V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VI. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. Die Beklagte trägt 1/2 der Kosten der ### Nürnberg und der ###.

Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Landgericht aus, dass Mangelbeseitigungsansprüche der Klägerin nicht verjährt seien. Ausgenommen davon sei nur die Rissbildung, die noch nicht Gegenstand der Vereinbarung vom 19.06.2013/01.07.2014 (Anlage K 11, Anerkenntnis) oder vom 01.12.2014 (Verzicht auf die Einrede der Verjährung) gewesen sei. Die Undichtigkeit der Fassade mit Eintritt von Niederschlagswasser beruhe auf Ausführungsfehlern der Beklagten, die Beklagte sei insoweit zur Mangelbeseitigung verpflichtet. Zwar stelle auch die Kondensatbildung einen Mangel dar, die Klägerin schulde aber insoweit die Vorlage vollständiger und mangelfreier Ausführungspläne und damit eine Vorleistung, die noch nicht erbracht sei.

Vor Erfüllung der Planungsaufgabe sei der Mängelbeseitigungsanspruch betreffend die Kondenswasserbildung nicht fällig. Die Klägerin habe auch einen Schadensersatzanspruch betreffend die von ihr zu tragenden Mietausfälle der Eigentümerin der Wohnungen Nr. 8 und Nr. 9 und deren Rechtsverfolgungskosten sowie der Rechtsverfolgungskosten der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Während die Mietausfälle nachgewiesen seien, seien die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten statt der geltend gemachten 2,5 Geschäftsgebühr auf eine 1,3 Gebühr zu kürzen. Das Feststellungsinteresse bezüglich weiterer Schäden sei zu bejahen.

Wegen Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichtes Bezug genommen.

Die Klägerin hat gegen das Urteil Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge vollumfänglich weiter verfolgt, soweit ihnen nicht stattgegeben wurde. Sie fordert eine Mangelbeseitigung auch bezüglich der erhöhten Kondensatbildung an den Innenflächen und/oder an den angrenzenden Bauteilen herablaufendes und tropfendes Wasser, Verfärbungen im Bereich über der Glasfassade und Schimmelbildung, und Rissbildung im Anschluss an die Glasfassade nebst Feststellung der entsprechenden Schadensersatzpflicht. Außerdem verlangt sie den vollen Ersatz der geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten der ### bzw. der Wohnungseigentümerin ###.

Die Klägerin rügt:

Die Beklagte habe mit der Vereinbarung vom 19.06.2013/1.07.2013 (Anlage K 11) ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis abgegeben und sei mit den ihr damals bekannten Einwendungen (Fehlen einer weiteren Ausführungsplanung) daher ausgeschlossen. Sie habe spätestens mit dieser Vereinbarung auch die Planungsverantwortung für die Glasfassade vollständig und vorbehaltslos übernommen. Die Beklagte trage die Planungsverantwortung aber ohnehin schon nach dem Generalunternehmen/ertrag. Bei der ein Kondensat vermeidenden Planung handle es sich nämlich um Sonderfachingenieurplanung.

Hilfsweise und vorsorglich trägt die Klägerin vor, dass sie inzwischen eine korrigierte Ausführungsplanung habe erstellen lassen (Anlage ### B 1) und der Beklagten übermittelt habe. Da-

mit habe sie ihre Mitwirkungspflicht erfüllt. Im Schriftsatz vom 4.10.2021 hat die Klägerin erstmals geltend gemacht, wenn wie vom Sachverständigen und vom Erstgericht gefordert eine Mängelbeseitigung nach aktuellem Standard geschuldet sei, und hierzu auch eine Dreifachverglasung gehöre, bedürfe es bei Beachtung der aktualisierten Vorgaben zur Dicke der Querriegel und dem Einbau von Fenstern mit Lüftungsklappe keiner weiteren Maßnahmen im Bereich Lüftung/Heizung, welche separat geplant werden müssten (Bl. 572 d.A.).

Ansprüche wegen der Rissbildung seien nicht verjährt. Es handele sich nur um ein Symptom bzw. einen Mangelfolgeschaden der Feuchtigkeitserscheinungen. Der Einwand des Mitverschuldens für Planungsfehler ihres Architekten sei aufgrund des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses der Beklagten (Anlage K 11) ausgeschlossen. Sowieso-Kosten gäbe es nicht. Der entsprechende Einwand sei überdies gemäß dem Anerkenntnis (Anlage K 11) ebenfalls ausgeschlossen.

Zu den streitgegenständlichen Rechtsverfolgungskosten der ### bzw. der Wohnungseigentümerin Frau ### rügt die Klägerin, das Landgericht habe die vorgenommene Kürzung der

geltend gemachten Geschäftsgebühr von 2,5 auf 1,3 nicht näher begründet, und sich nicht mit dem Vortrag zum Umfang und der Schwierigkeit der Anwaltstätigkeit auseinandergesetzt. Zur weiteren Begründung des Rechtsmittels hat die Klägerin auf das Vorbringen der Streithelferinvertreter Bezug genommen. Diese haben mit Schriftsatz vom 21.09.2020 einen unterbliebenen Hinweis des Landgerichts gerügt, dass es das Vorbringen zur Begründung des Gebührensatzes als nicht ausreichend erachtet habe, und umfangreich ergänzend zu dem Umfang und der Schwierigkeit der von ihnen entfalteten Tätigkeit vorgetragen (Bl. 500 – 506 d.A.).

Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren,

I. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth in Sachen 3 HK 0 6528/16 vom 10.10.2019 wird in Punkt II abgeändert und wie folgt gefasst:

die Beklagte wird verurteilt, in dem Bauvorhaben ### die schräge Glasfassade der Wohnungen Nr. 8 und Nr. 9 im 1. Obergeschoss, ### Nürnberg funktionsfähig nachzubessern oder neu herzustellen, so dass Folgendes nicht mehr auftritt:

– Erhöhte Kondensatbildung an den zum jeweiligen Wohnungsinneren liegenden Glasflächen, insbesondere in den Randbereichen

– An den zum jeweiligen Wohnungsinneren liegenden Glasflächen selbst und/oder an den angrenzenden Bauteilen hinunterlaufendes und tropfendes Wasser,

– Verfärbungen im Bereich über der Glasfassade mit Schimmelbildung

– Rissbildung im Anschluss der Glasfassade an die angrenzenden Bauteile und in den angrenzenden Wänden.

II. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth in Sachen 3 HK 0 6528/16 vom 10.10.2019 wird in Punkt III abgeändert und wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Wohnungseigentümergemeinschaft ### Nürnberg Euro 4.845,58 und an Frau ### Euro 4.638,25 jeweils nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

III. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth in Sachen 3 HK 0 6528/16 vom 10.10.2019 wird in Punkt IV abgeändert und wie folgt gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren Schäden, die der Klägerin aus den in Punkt I. des Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth in Sachen 3 HK 0 6528/16 vom 10.10.2019 und in Berufungsantrag Ziffer I. bezeichneten Mängeln entstanden sind oder weiter entstehen, zu ersetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Ersturteil als richtig. Zu der vorgelegten „Ausführungsplanungsergänzung Tauwasserfreihaltung“ rügt die Beklagte, mit dieser Planung erfülle die Klägerin ihre Mitwirkungspflicht weiterhin nicht, außerdem sei das neue Vorbringen nach §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Darüber hinaus habe die Beklagte bereits schriftlich Bedenken gegenüber der Klägerin angemeldet, und diese zur Sicherheit in Höhe von 70.000 Euro aufgefordert (Anlage BB 2).

An ihrer hilfsweise erhobenen Widerklage (siehe oben S. 5) hält die Beklagte fest. Diesbezüglich beantragt die Klägerin die Abweisung der Widerklage.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Sachvortrags im Berufungsverfahren wird auf das wechselseitige Berufungsvorbringen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig.

Sie ist aber nur insoweit teilweise begründet, als sie sich gegen die Abzüge des Ersturteils von den als Schadensersatz verlangten Rechtsverfolgungskosten wendet (Nr. III). Diese Rechtsverfolgungskosten sind auf der Grundlage des ergänzenden Sachvortrages im Schriftsatz der Streithelferinvertreter Kanzlei ### vom 21.09.2020 (Bl. 500 – 506 d.A.) zwar in der geltend gemachten Höhe angemessen, es ist aber von den Rechtsanwaltskosten der ein Abzug von 1.401,58 Euro vorzunehmen, In dieser Höhe ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Rechtsverfolgungskosten bereits durch den Vergleichsbetrag in Ziffer 1 c) der Vereinbarung der Parteien vom 19.06.2013/1.07.2013 (Anlage K 11) abgegolten. Dies haben die Streithelfervertreter im Schriftsatz vom 5.01.2017 auf S. 2, letzter Absatz (= Bl. 78 d.A.) selbst eingeräumt, ohne dass dies in der Antragstellung der Klagepartei berücksichtigt wurde.

Im Übrigen ist die Berufung unbegründet und wird zurückgewiesen.

Das Landgericht hat zu Recht die Auffassung vertreten, die Klägerin habe der Beklagten als Vorleistung vor Durchführung von Nachbesserungsarbeiten oder Neuherstellung der Glasfassade zur Verhinderung von Tauwasserbildung die nötigen Ausführungspläne vollständig und ohne Planungsmängel zu übergeben. Bis dahin sind die entsprechenden, durch die Beklagte zu erbringenden Mängelbeseitigungsleistungen zur Behebung der Kondensatbildung nicht fällig. Die Klage ist insoweit als derzeit unbegründet abzuweisen. Zur Begründung nimmt der Senat Bezug auf die in diesem Punkt uneingeschränkt zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung. Der Senat teilt auch die Auffassung des Landgerichts, dass sich das Anerkenntnis und der Verjährungsverzicht der Beklagten nicht auf die in den getroffenen Vereinbarungen nicht ausdrücklich erwähnte Rissbildung beziehen. Angesichts der ansonsten detaillierten Regelungen der Parteien kann nicht allein aufgrund der Symptomrechtsprechung des BGH auf einen Willen zur Einbeziehung dieser Mangelfolgen geschlossen werden.

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist Folgendes ergänzend auszuführen:

1. Nach den durch das Berufungsgericht gern. § 529 Abs. 1 ZPO seiner Entscheidung zugrundezulegenden tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts, die dieses auf Grundlage des überzeugenden Gutachtens des Sachverständigen ### getroffen hat, sind Ausführungsfehler der Beklagten für die Undichtigkeit der Glasfassade verantwortlich, während Planungsdefizite die Hauptursache für die unstreitig auftretende Kondenswasserbildung an der Innenseite der Glasfassade und deren Folgen sind.

Die Art der Ausführung, nämlich vorspringende Querriegel in der Verglasungskonstruktion (Gutachten S. 20; „konvektionsbehindernde Bauteile„), war von der durch die Klägerin an die Beklagte übergebenen Planung vorgegeben. Sie schränkt die freie Konvektion und Luftströmung stark ein. Diesem zum Bauzeitpunkt schon allgemein bekannten Effekt hätte neben der Vermeidung konvektionsbehindernder Bauteile vor allem mit der Art der Beheizung und der Lüftung Rechnung getragen werden müssen. Es hätte eines einheitlichen Fassaden-, Heizungs- und Lüftungskonzepts sowie eines Nutzungskonzepts bedurft, zumal die Glasfassade an einer Nordseite geplant wurde (Gutachten S. 22/23). Der Planer hätte entweder schon vorgeben müssen, dass konvektionsbehindernde Bauteile (wie die Querriegel) gänzlich vermieden werden oder er hätte alternativ Durchbrüche in der Konstruktion vorsehen müssen, die die Lüftung verbessern.

Erschwerend kam hinzu, dass der zweite Rettungsweg in der Planung in das Glasdach verlegt wurde (Gutachten, S. 22; „komplexe Gemengelage„, S. 24). Damit waren auch Zusatzmaßnahmen bzgl. der Heizung und Lüftung erforderlich (Stellungnahme des Sachverständigen vom 30.07.2019, S. 3, Bl. 374 d.A.). Hierbei handelt es sich nach der fachlichen Einschätzung des Sachverständigen um eine typische Planungsaufgabe des planenden Architekten (gewerkübergreifende Planung, Gutachten S. 22), die im Vorfeld (Gutachten, S. 24) hätte vorgegeben werden müssen. Es sei durchaus üblich, dafür einen Sonderfachmann für Bauphysik oder einen speziell geschulten Fassadenplaner einzuschalten (GA, S. 23). Es handle sich um eine anspruchsvolle Planungsaufgabe (GA, S. 29). Unzureichende Planungsvorgaben seien Hauptursache der Tauwasserbildung und der davon abgeleiteten Schäden (GA, S. 24). Eine schräge Glasfassade, wie sie am streitgegenständlichen Bauvorhaben vorhanden ist, konnte sowohl 2006, als auch heute mit den zur Verfügung stehenden Mitteln funktionsgerecht und nutzerfreundlich erstellt werden. Der durch die Klägerin vorgegebene, schon relativ detaillierte Architektenplan vom 13.2.2006 mit den hohen Querriegeln berücksichtigte wesentliche bauphysikalische Gesichtspunkte (Luftführung; abgestimmte Beheizmaßnahmen), die schon in der Werksplanungsphase hätten Berücksichtigung finden müssen, nicht.

2. Die Erstellung der notwendigen vollständigen und insbesondere gewerkübergreifenden mangelfreien Ausführungsplanung lag entgegen der Ansicht der Berufung gemäß dem Generalunternehmervertrag (Anlage K 1) im Verantwortungsbereich der Klägerin und nicht in dem der Beklagten. Daran hat sich durch die Vereinbarung der Parteien vom 19.06.2013/1.07.2013 (Anlage K 11) nichts geändert.

2.1. Sowohl nach der VOB/B als auch nach dem Generalunternehmervertrag schuldete die Klägerin die komplexe fachübergreifende Planung.

a) Die Parteien haben die VOB/B in den Vertrag einbezogen (§ 2 Abs. 1 Nr. 18 des Generalunternehmervertrages, K 1).

Das von der VOB/B zugrunde gelegte Bauvertragsmodell trennt in den §§ 3 und 4 deutlich zwischen Planung samt Koordination als Aufgaben des Auftraggebers, und der Ausführung als Aufgabe des Auftragnehmers. Es differenziert somit systematisch zwischen der Planungsverantwortung des Bestellers und der Ausführungsverantwortung des Bauunternehmers (vgl. Hartung in Beck’scher VOB-Kommentar, VOB Teil B, 3. Auflage, Vorbemerkung § 3, Rn. 13). Dem Besteller obliegt es grundsätzlich, dem Unternehmer zuverlässige Pläne und Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

Bedient er sich für die ihm obliegenden Planungsaufgaben eines Architekten, ist dieser sein Erfüllungsgehilfe im Verhältnis zum Bauunternehmer, so dass der Besteller für das Verschulden des Architekten einstehen muss (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2014 – VII ZR 152/12 -, Rn. 24; vgl. auch Gartz in Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B, 5. Aufl. § 3 Rn. 3).

Dementsprechend regelt § 3 Abs. 1 VOB/B auch, dass die für die Ausführung nötigen Unterlagen dem Auftragnehmer unentgeltlich und rechtzeitig zu übergeben sind.

b) Die Parteien haben in § 3 Abs. 5 des Generalunternehmervertrages ausdrücklich geregelt, dass zum Leistungsumfang des Auftragnehmers nicht die Architekten-Planungsleistungen gehören. Die Gewährleistung für die dem Auftragnehmer überlassenen Planungsunterlagen liegt nach der ausdrücklichen Abrede ausschließlich beim Planverfasser. Daran ändert die festgelegte Verpflichtung des Auftragnehmers, alle Pläne und Maße vor Baubeginn zu prüfen, und Bedenken dem Auftraggeber unverzüglich mitzuteilen, nichts.

c) Auch aus der fachlichen Sicht des Sachverständigen ### handelt es sich bei der erforderlichen fach- und gewerkübergreifenden Planung der schrägen Glasfassade typischerweise um eine Architektenleistung, die gerade von der Klägerin zu stellen gewesen wäre.

Zwar können die Parteien im Vertrag vom Grundsatz der §§ 3 und 4 VOB/B abweichende Regelungen treffen. Dies haben sie aber vorliegend nicht getan, sondern es bei der Planungsverantwortung der Klägerin belassen.

d) Aus der Rolle der Parteien lässt sich keine stillschweigende Abweichung von der systematischen Aufgabenverteilung herleiten. Die Klägerin war als Bauträgerin – jedenfalls üblicherweise – ihren Endkunden (Wohnungskäufern) gegenüber zu einem „Planen und Bauen aus einer Hand“ verpflichtet (vgl. Gartz aaO Rn 6). Begriffe wie „schlüsselfertig“ oder wie hier auch „gebrauchsfertig“ und „funktionsfähig“ (§ 2 Abs. 1 S. 1 des Vertrages) lassen keine eindeutige Zuordnung der Planungsaufgaben auf den Generalunternehmer erkennen (Gartz aaO).

e) Entgegen der unter Bezugnahme auf die Anmerkung auf Anlage K 5 – „Die Detaillierung/ Dimensionierung/ Statik hat durch den Fensterbauer zu erfolgen“ vertretenen Auffassung der Klägerin, die Beklagte habe damit die Detailplanung der schrägen Glasfassade übernommen, bezieht sich dieser Hinweis schon nicht erkennbar auf die insoweit problematischen und schon vorgegebenen Querriegel. Zwar kann der Hinweis noch so ausgelegt werden, dass eine Detailplanung der Ausführung der Glasfassade der Beklagten überlassen war. Vorliegend ist aber der Planungsmangel nicht auf die Detailplanung der Glasfassade begrenzt. Vielmehr war und ist ein fach- und gewerkübergreifendes Heizungs-, Lüftungs- und Nutzungskonzept für eine Glasfassade mit den (planerisch schon vorgegebenen) problematischen Querriegeln nötig. Deshalb kann selbst aus einer unterstellten Pflicht der Auftragnehmerin zur Detailplanung der Fassade nicht die Verpflichtung der Beklagten abgeleitet werden, das gesamte Fassadenkonzept – und damit gerade das Gegenteil eines bloßen Details – zu erarbeiten, wie die Klägerin meint. Die Auffassung der Klägerin, dass die Beklagte auf Grundlage der Vorabplanung des Architekturbüros (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 des Generalunternehmer-Vertrages) und der groben Vorgaben: Pfosten-Riegel-Konstruktion; Nordseite; Anordnung des Bades; Fußbodenheizung; keine zentrale Lüftungsanlage, als Generalunternehmer die Planung hätte fortschreiben müssen, weil sie ein funktionsfähiges schlüsselfertiges Werk schuldete, trägt nicht. Eine Fortschreibung im Sinne einer Ergänzung ist von der vollständigen Planung eines fachübergreifenden Gesamtkonzepts, wie sie hier erforderlich gewesen wäre und weiterhin ist, eindeutig zu unterscheiden.

Aus § 3 Abs. 2, 3 und 4 des Generalunternehmervertrages lässt sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht entnehmen, dass die Beklagte die weitere Planungsverantwortung übernommen habe.

Gemäß § 3 Abs. 2 waren sich die Parteien darüber einig, dass zur vertragsgemäßen Fertigstellung auch solche Leistungen erforderlich werden können, die in den Anlagen zu diesem Vertrag nicht, nicht exakt oder nicht vollständig beschrieben sind, aber zur schlüsselfertigen Herstellung des Gebäudes oder der Außenanlagen notwendig sind. Sie vereinbarten, dass auch diese Leistungen in einer den beschriebenen Leistungen und dem Niveau des Hauses entsprechenden Qualität und Frist auszuführen und im Pauschalpreis enthalten seien.

In § 3 Abs. 3 ist weiter geregelt, dass der Auftrag insbesondere die Erfüllung aller Auflagen und Bedingungen der Baugenehmigung inklusive der Auflagen der am Bau beteiligten Behörden, die Leistungen der Sonderfachingenieure, sowie sämtliche Arbeiten, Leistungen und Lieferungen, die zur vertragsgegenständlichen, kompletten, schlüssel- und gebrauchsfertigen, funktionstüchtigen und mängelfreien Herstellung erforderlich sind, einschließt.

Nach § 3 Abs. 4 gehören zum Leistungsumfang sämtliche haustechnischen Leistungen bei der technischen Ausrüstung für alle Anlagengruppen insbesondere Heizung, Lüftung (ohne Tiefgarage), Sanitär, Fördertechnik, Elektro.

Diese Vereinbarungen zielen nach Auffassung des Senats aber im Wesentlichen auf die Kostentragungspflicht für die genannten Maßnahmen ab, nicht jedoch auf die Architekten- und Planungsleistungen insgesamt, die unmittelbar darauf folgend in § 3 Abs. 5 des Generalunternehmervertrages namentlich genannt und ausdrücklich nicht dem Leistungsumfang des Auftragnehmers zugewiesen werden.

Zudem war nach § 2 Ziff. 17 des Generalunternehmervertrages Grundlage des Vertrages und Grundlage der Ausführung der Arbeiten die haustechnische Planung des Ingenieurbüros ###.

Die Beklagte schuldete nach dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Generalunternehmervertrag deshalb keine von dieser Planung abweichende fachübergreifende Planung und Ausführung der Heizungs- und Lüftungsanlage, wie sie zur mangelfreien Herstellung der Fassade aber unbedingt notwendig gewesen wäre.

2.2. Vor dem Hintergrund, dass sowohl die VOB/B, als auch die Absprachen der Parteien die Planungsverantwortung eindeutig der Klägerin zuweisen, lässt sich aus der Vereinbarung der Parteien von 2013 (Anlage K 11) in einer Zusammenschau mit dem als Anlage K 24 vorgelegten vorangegangenen Schriftwechsel nicht herleiten, dass die Beklagte im Jahr 2013 die Planungsverantwortung (im Nachhinein) insgesamt übernehmen wollte, bzw. dass die Beklagte mit dem Einwand, die Klägerin schulde zur Mangelbeseitigung (Kondenswasser) einen Ausführungsplan, ausgeschlossen ist.

Die Bereitstellungspflichten nach § 3 VOB/B stellen grundsätzlich Mitwirkungspflichten des Auftraggebers im Sinne des § 642 BGB dar (BeckOK VOB/B/Fuchs, 44. Ed. 31.1.2021, VOB/B § 3 Abs. 1 Rn. 10; Palandt/Retzlaff, BGB 80. Auflage, § 642 Rn. 3).

Die Beklagte wusste zwar bei Abschluss der Vereinbarung, dass es zur Mangelbeseitigung einer weiteren Ausführungsplanung bedarf, da sie schon zuvor auf die Planungsdefizite hingewiesen und ein eigenes Sanierungskonzept beigebracht hatte. Gleichzeitig hat die Beklagte aber zu erkennen gegeben, eine Ausführungsplanung seitens der Klägerin zu erwarten (Anlage K 24). Die Parteien haben sich in der Vereinbarung auf ein bestimmtes Sanierungskonzept geeinigt. Dieses hatte für die Beklagte den offensichtlichen Vorteil, dass es nicht die Erneuerung der gesamten Fassadenkonstruktion vorsah. Dass die Beklagte aber darüberhinausgehend beim Scheitern dieses Sanierungsversuchs die Planungsverantwortung auch insoweit übernehmen wollte, als sie bislang bei der Klägerin lag, lässt sich weder der Wortlaut der Abrede, noch dem vorausgegangenen E-Mail -Verkehr mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen. Die Vereinbarung der Parteien stellt nur klar, dass die Beklagte bei einem Scheitern des Sanierungsversuchs nicht von ihren Verpflichtungen frei wird, ohne aber neue zusätzliche Planungsverpflichtungen der Beklagten zu begründen.

3. Das Landgericht hat deshalb zu Recht alle Mangelbeseitigungsmaßnahmen, die sich auf die erhöhte Kondensatbildung beziehen, als derzeit nicht fällig angesehen, weil Ursache der fehlenden Funktionstauglichkeit des Werkes in Bezug auf das Kondensat und dessen Folgen die von der Klägerin geschuldete Planung ist, und (in erster Instanz aber auch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung) von der Klägerin keine neue mangelfreie Planung vorgelegt wurde.

An diesem Ergebnis ändert auch die von der Klägerin im Berufungsverfahren hilfsweise und vorsorglich vorgelegte geänderte Ausführungsplanung (Anlage Klagepartei B 1) nichts. Sie sieht als konkrete Maßnahme lediglich eine Verringerung der Dimensionierung der Querriegel auf maximal 60 mm vor. Zu Gewerken außerhalb der Glasfassade enthält die „Ausführungsplanungsergänzung Tauwasserfreihaltung“ nur den Satz: „Erforderliche Lüftungs- und Heizungsanlagen zur Unterstützung der Tauwasserfreihaltung nach Anforderung und ggf. Planung Sonderfachmann.“ Damit genügt auch diese Planungsergänzung nicht den Mitwirkungspflichten der Klägerin. Der Sachverständige ### hat in seiner mündlichen Anhörung durch das Landgericht am 30.07.2019 bereits überzeugend dargelegt, dass durch eine nachträgliche Einkürzung der Querriegel zwar die Kondensatbildung minimiert werden könne, dadurch aber das zweite Problem, nämlich dass der Warmluftstrom nicht bis oben hin kommt, wenn nur eine Fußbodenheizung eingebaut ist, nicht gelöst wird (Bl. 374 d.A.).

Grundsätzlich schuldet der Unternehmer ein funktionstaugliches Werk („funktionaler Mangelbegriff‘; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aug S. 1180, Rn. 1922; S. 1276 Rn. 2005 ff – im Folgenden nur W/P). Ein Mangel liegt selbst dann vor, wenn die Ursache der fehlenden Funktionstauglichkeit auf der vom Auftraggeber erstellten Planung oder einer mangelhaften Vorleistung beruht (W/P, a.a.O., Rn. 2006, S. 1276). Der Unternehmer wird aber von der Mangelhaftung frei, wenn er die ihm obliegenden Prüfungs- und Hinweispflichten (§ 13 Abs. 3 VOB/B) nachgekommen ist bzw. keine Hinweispflicht besteht. Liegt die Ursache des Mangels in einem Planungsfehler, ist die Vorlage einer neuen Planung Sache des Bestellers (W/P, a.a.O., Rn. 2006, S. 1277).

Nach diesen Maßgaben muss die Beklagte zwar nicht nur für ihre Ausführungsfehler, die zur Undichtigkeit der Glasfassade geführt haben, sondern auch für den auf den Planungsfehlern beruhenden Mangel Kondensatbildung einstehen, weil sie die Klägerin nicht auf Bedenken hingewiesen hat. Dies ändert nach der Rechtsprechung des BGH aber nichts daran, dass sich die Beklagte erfolgreich darauf berufen kann, die Klägerin müsse erst durch Änderung der Planung die Voraussetzungen für die Nachbesserung schaffen, obwohl ihr grundsätzlich die Entscheidungsfreiheit zusteht, auf welche Art und Weise sie nachbessert.

Soweit die Berufung auf Rechtsprechung hinweist, nach der ein Auftragnehmer der ohne ausreichende Planung arbeitet, sich im Rahmen der Mangelbeseitigung nicht auf eine Mitwirkungspflicht des Auftraggebers berufen kann, steht dies der Ansicht des Senats nicht entgegen. Die Sachverhalte, die den Entscheidungen zugrunde lagen, sind mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar.

In dem vom OLG Celle entschiedenen Fall Az. 14 U 26/04 war der Auftragnehmer nur mit Grundrissplänen des Bauobjektes ausgestattet worden. Er hatte ohne jede Fachplanung eine Heizungsanlage eingebaut. Nach den Feststellungen des Gerichts hatte es keinerlei Planung gegeben, die ihm die Ausführung der Heizung vorgeschrieben hätte. Dass sich ein Auftragnehmer, der auf dieser Grundlage ein mangelhaftes Werk errichtet, nicht auf einen Planungsfehler des Auftraggebers berufen kann, liegt auf der Hand.

Das OLG Frankfurt hat zu einem BGB-Werkvertrag entschieden, dass für die Frage, welche Mitwirkungsobliegenheiten den Besteller treffen, primär der Bauvertrag maßgebend ist. Der Besteller sei nicht ohne Weiteres dazu verpflichtet, dem Unternehmer eine (detaillierte) Planung eines Architekten oder Ingenieurs zur Verfügung zu stellen, insbesondere nicht bei einem Vertrag, der die VOB/B nicht einbezieht. Der Unternehmer könne sich sehr wohl dazu verpflichten, die für seine Werkleistung erforderliche (Detail-) Planung selbst zu erbringen. Die Bereitstellung fehlerhafter Pläne sei nicht mit dem völligen Unterbleiben einer Planung seitens des Bestellers gleichzusetzen, eben weil dies darauf hindeute, dass der Unternehmer die Planungsverantwortung übernommen habe (OLG Frankfurt, Urteil vom 14. März 2011 –1 U 55/10 -, Rn. 18).

Im vorliegenden Fall lag jedoch die Planungsverantwortung vereinbarungsgemäß bei der Klägerin.

Dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 22.11.2013, Az. 22 U 32/13 lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem ein Teilbereich von der Auftraggeberin vertragswidrig überhaupt nicht geplant worden war. Davon kann vorliegend ebenfalls nicht die Rede sein.

Die Entscheidung des Kammergerichts vom 22.04.2016, Az. 21 U 119/14 betrifft einen ebenfalls nicht vergleichbaren Sachverhalt. Dort hatte sich die Unternehmerin nach den Regelungen des Vertrages zur schlüsselfertigen Erstellung von Gebäuden auf der Grundlage bestimmter Pläne unter Verpflichtung der Erstellung der Statik und der Werkplanung verpflichtet. (KG Berlin, Urteil vom 22. April 2016 – 21 U 119/14 -, Rn. 89).

Es kann dahinstehen, ob das neue Vorbringen der Klägerin zur geänderten Ausführungsplanung Tauwasserbildung in der Berufungsinstanz noch zuzulassen ist. Denn die vorgelegte Ausführungsplanungsergänzung ist schon nach den bisher vorliegenden Gutachten des Sachverständigen erkennbar unzureichend und keine geeignete Grundlage der Mangelbeseitigung. Der Sach-

verständige ### hat bereits in seiner mündlichen Anhörung durch das Landgericht am 30.07.2019 festgestellt, dass durch eine nachträgliche Einkürzung der Querriegel zwar die Kondensatbildung minimiert werden könne, dadurch aber das zweite Problem, nämlich dass der Warmluftstrom nicht bis oben hin kommt, wenn nur eine Fußbodenheizung eingebaut ist, nicht gelöst wird (Bl. 374 d.A.). Aus der vom Sachverständigen übergebenen „Tischvorlage„, die als Anlage zum Protokoll genommen wurde, ergibt sich weiter, dass er bei seinen Überlegungen schon von einer nach heutigen Maßstäben erforderlichen Dreifachverglasung ausging (Tischvorlage S. 8). Eine für die Beseitigung des Mangels Tauwasserbildung nach der überzeugenden Darstellung des Sachverständigen weiterhin erforderliche gewerkübergreifende Planung, welche von der Klägerin zu stellen ist, fehlt nach wie vor.

Die Berufung der Klägerin hat deshalb mit den Anträgen 1 und III keinen Erfolg und wird zurückgewiesen.

4. Soweit sich die Klägerin mit ihrem Berufungsantrag II gegen die Abzüge des Ersturteils von den als Schadensersatz verlangten Rechtsverfolgungskosten wendet (Nr. III), ist die Berufung teilweise begründet. Das Landgericht erkannte der Klägerin nur einen Teil des Schadens zu, weil die Rechtsanwaltsgebühren auf eine 1,3fache Geschäftsgebühr zu kürzen seien und eine Einigungsgebühr nicht zum Ansatz komme. Diese nicht weiter begründeten Kürzungen sind nicht gerechtfertigt.

a) Bei der Geschäftsgebühr nach Ziff. 2300 W-RVG handelt es sich um eine Rahmengebühr (§ 14 RVG). Ein höherer als der 1,3fache Satz darf nur gefordert werden, wenn die Sache umfangreich oder schwierig war. Zudem steht einem Rechtsanwalt bei Rahmengebühren im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG, zu denen die Geschäftsgebühr im Sinne der Nr. 2300 RVG-NA/ zählt, nach gängiger Rechtsprechung ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 % zu (BGH, Urteil vom 08. Mai 2012 – VI ZR 273/11).

Auf der Grundlage des umfangreichen Sachvortrages im Schriftsatz der Streithelferinvertreter Kanzlei ### vom 21.09.2020 (Bl. 500 – 506 d.A.) und der hierzu vorgelegten Anlagen ist der

Ansatz einer 2,5 Geschäftsgebühr nicht zu beanstanden. Die Beklagte geht in ihrer Berufungsduplik auf diesen Vortrag nicht ein, sondern verweist lediglich pauschal auf S. 17 bis 19 ihrer Berufungserwiderung vom 25.05.2020 (Bl. 528 d.A.). Die Berufungserwiderung beschäftigt sich jedoch schon aufgrund der zeitlichen Abfolge nicht mit dem Schriftsatz der Streithelferin vom 21.09.2020. Der Senat sieht deshalb den Nachweis als erbracht an, dass der Ansatz einer 2,5 Gebühr nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalls angemessen ist. Der Erholung eines Gutachtens der Rechtsanwaltskammer zur Gebührenhöhe gemäß § 14 Abs. 3 RVG bedurfte es nicht. Diese Vorschrift ist bei einem sachlich-rechtlichen Schadensersatzanspruch (BVerfG JurBüro 1982, 857) oder im Kostenfestsetzungsverfahren gegen den Prozessgegner des Auftraggebers des Anwalts nicht anzuwenden (BeckOK RVG/v. Seltmann, 53. Ed. 1.9.2021, RVG § 14 Rn. 57).

b) Eine Einigungsgebühr ist jedenfalls nach dem detaillierten Vortrag im Berufungsverfahren angefallen und damit ein ersatzfähiger Schaden. Der Vergleich über die Mängelbeseitigung sowie ein Verzicht auf die Einrede der Verjährung stellen eine Einigung dar.

c) Der Gegenstandswert von 40.000,- EUR ist nicht zu beanstanden. Er entspricht dem Vortrag der Klägerin und Berufungsklägerin. Ein von der Streithelferin hilfsweise und im Widerspruch dazu in den Raum gestellter höherer Gegenstandswert ist nicht zu berücksichtigen.

d) Von den streitgegenständlichen Rechtsanwaltskosten der Wohnungseigentümergemeinschaft ist jedoch ein Abzug von 1.401,58 Euro vorzunehmen. In dieser Höhe ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Rechtsverfolgungskosten bereits durch den Vergleichsbetrag in Ziffer 1 c) der Vereinbarung der Parteien vom 19.06.2013/1.07.2013 (Anlage K 11) abgegolten. Dies haben die Streithelfervertreter im Schriftsatz vom 5.01.2017 auf S. 2, letzter Absatz (= Bl. 78 d.A.) selbst eingeräumt, ohne dass dies in der Antragstellung der Klagepartei berücksichtigt wurde.

Insoweit ist die Berufung zu Ziffer III. des landgerichtlichen Urteils deshalb unbegründet und wird zurückgewiesen.

Im Ergebnis ist Ziffer III des Ersturteils somit dahingehen abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Wohnungseigentümergemeinschaft ### Nürnberg 3.444,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.10.2016, und an Frau ### 4.638,25 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.10.2016 zu bezahlen.

III.

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1.1 Allgemeines
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1.3 Unterschreitung des Mengenansatzes (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B)
1.4 Übernahme von beauftragten Leistungen durch die Auftraggeberin/ den Auftraggeber (§ 2 Abs. 4 VOB/B)
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1.6 Zusätzliche Leistung (§ 2 Abs. 6 VOB/B)
1.7 Vergütungsanpassung bei vereinbarten Pauschalsummen (§ 2 Abs. 7 VOB/B)
1.8 Leistungen des Auftragnehmers ohne Auftrag (§ 2 Abs. 8 VOB/B)
1.9 Vom AG verlangte Zeichnungen, Berechnungen oder andere Unterlagen (§ 2 Abs. 9 VOB/B)
1.10 Stundenlohnarbeiten (§ 2 Abs. 10 VOB/B)
1.11 Wegfall von Teilleistungen (§ 8 Abs. 1 VOB/B)
1.12 Änderung des Bauvertrages zum Nachteil der AG/ des AG (z. B. § 58 LHO)

1. Nachträge

1.1 Allgemeines

1.1.1 Erforderliche Änderungen oder Ergänzungen des Bauvertrages sind in einer schriftlich zu vereinbarenden Nachtragsvereinbarung vorzunehmen.
Die Leistungsbeschreibung der Nachträge hat eindeutig und erschöpfend im Sinne von § 7 VOB/A zu erfolgen. Dabei sind – soweit möglich – Texte des Standardleistungskataloges (STLK) zu verwenden. Insbesondere sollen hierbei auch die den Preis bestimmenden Faktoren, wie z. B. Transportweiten, Abmessungen, Material im Positionstext ausgewiesen sein.

1.1.2 Die Nachträge sind zeitnah, möglichst vor Ausführung der Leistungen, abschließend zu bearbeiten. Der gesamte Bearbeitungsvorgang von jedem Nachtrag ist in der Regel im Vermerk Nachtragsbearbeitung festzuhalten, der den Vertragsunterlagen beizufügen ist. Verzögert sich – aus welchen Gründen auch immer – eine zeitnahe Nachtragsvereinbarung, ist wegen der erhöhten Kooperationspflicht beider Parteien beim VOB/B-Vertrag das unbestrittene Guthaben analog § 16 Abs. 3 Nr. 1 Satz 3 VOB/B unverzüglich zu zahlen. Kommt eine Vereinbarung nicht vor, während oder nach der Ausführung geänderter oder zusätzlicher Leistung(en) zustande, so ist vom Auftraggeber die Höhe der Vergütung auf den vertraglichen Grundlagen bzw. nach § 632 Abs. 2 BGB einseitig festzulegen und der weiteren Vertragsabwicklung zu Grunde zu legen.

1.1.3 Vor Abschluss eines Nachtrages ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen hierfür nach dem Bauvertrag vorliegen. Verlangt der Auftragnehmer einen Nachtrag unter Bezug auf Unklarheiten in den Vergabeunterlagen, so ist zu prüfen, ob er seiner Hinweispflicht nachgekommen ist; ansonsten ist der Nachtrag abzulehnen. Im Vermerk Nachtragsbearbeitung sind sämtliche mit dem betreffenden Sachverhalt zusammenhängende Regelungen festzuhalten. Hierzu gehört insbesondere die OZ-weise Prüfung der Nachtragspositionen hinsichtlich nachfolgender Punkte:
– ist die Nachtragsposition Bestandteil der vertraglichen Leistung (§ 2 Abs. 1 VOB/B),
– ist die Nachtragsposition vollständig und prüffähig,
– welche Anspruchsgrundlage ist einschlägig,
– Prüfung der Elemente der Preisermittlung der Nachtrags-OZ unter Berücksichtigung der Leistungs-
und Mengenansätze.
Vorgenannte Sachverhaltsfeststellungen sind schriftlich zu dokumentieren. Hierzu kann das Formular OZ-weise Prüfung Nachtrag oder eine mit den entsprechenden Angaben ausgefüllte Excel-Tabelle verwendet werden. Die jeweilige Unterlage ist als Anlage dem Vermerk
Nachtragsbearbeitung beizufügen.

1.1.4 Weiterhin ist zu beachten, dass eine Änderung des Bauvertrages zum Nachteil des Auftraggebers nach den haushaltsrechtlichen Bestimmungen nur in besonders begründeten Ausnahmefällen zulässig ist. Vertragsänderungen, die eine höhere Vergütung oder eine
Veränderung von Vertragsbedingungen zugunsten des Auftragnehmers zum Inhalt haben, sind dann nicht als nachteilig für den Auftraggeber anzusehen, wenn der Auftragnehmer einen vertraglichen oder gesetzlichen Anspruch darauf hat.

1.1.5 Werden bei Nachträgen vertragliche Preise geändert oder neue Preise vereinbart, ist von der Preisermittlung des Auftragnehmers für die vertragliche Leistung auszugehen. Ist diese Preisermittlung nicht sachgerecht oder für den Auftraggeber nicht nachvollziehbar, so sind die Ansätze auf der Grundlage der Vertragspreise besonders sorgfältig zu prüfen. Der Auftraggeber darf zur Vereinbarung neuer Preise oder zur Prüfung sonstiger vertraglicher Ansprüche die Preisermittlung (Urkalkulation) öffnen und einsehen. Die Preisermittlung wird danach wieder verschlossen. Sie wird nach vorbehaltloser Annahme der Schlusszahlung zurückgegeben.

1.1.6 Die einzelnen Elemente einer Preisermittlung sind unterschiedlich zu behandeln, wobei zu unterscheiden ist zwischen
− positionsbezogenen,
− auftragsbezogenen und
− firmenbezogenen
Preiselementen.

1.1.7 Als „positionsbezogene“ Preiselemente sind die unmittelbar leistungsabhängigen Kosten anzusehen:
− Lohnkosten einschließlich lohngebundener Kosten,
− Stoffkosten frei Baustelle,
− Betriebskosten der Geräte, d. h. Kosten für Betriebsstoffe, gegebenenfalls Bedienung, laufende Reparaturen, jedoch ohne Ansätze für Abschreibung und Verzinsung,
jeweils ohne Gemeinkostenzuschlag.

1.1.8 Als „auftragsbezogene“ Preiselemente sind die nicht oder nur mittelbar leistungsabhängigen Kosten
anzusehen:
– Gemeinkosten der Baustelle, d. h. Kosten für Baustelleneinrichtung und -räumung sowie für Verkehrssicherung und -regelung (soweit nicht in eigenen Positionen erfasst), für Vorhaltung der Baustelleneinrichtung, für allgemeines Baustellenpersonal, für allgemeine Baustellengeräte und dergleichen,
– etwaige Sonderkosten, z. B. besondere Versicherungen, Entwurfskosten, Lizenzgebühren und dergleichen.

1.1.9 Als „firmenbezogene“ Preiselemente sind anzusehen Ansätze für:
− Geräteabschreibung und -verzinsung,
− Allgemeine Geschäftskosten,
− Wagnis und Gewinn.

1.1.10 Zusammenhängende Leistungen sind im gleichen Nachtrag zu regeln und nicht zu splitten. Erforderliche Bauzeitverlängerungen insbesondere bei Ausgleich von Gemeinkosten oder sonstiger zeitabhängiger Kosten sind eingehend und nachvollziehbar zu begründen. Bauzeitverlängerungen können nur dann gewährt werden, wenn die Leistungen auf dem „kritischen Weg“ der Bauzeit liegen. Eventuell notwendige Baufristenveränderungen und Gemeinkostenregelungen sind nach Möglichkeit in den Nachtrag aufzunehmen. Dabei ist zu beachten, dass dies eine mögliche Vertragsstrafenregelung beeinflusst.

1.1.11 Lässt sich zum Zeitpunkt des Abschlusses eines Nachtrags der Ausgleich der Gemeinkosten, Ansprüche aus Behinderung, Ansprüche aus Bauzeitverlängerung o.ä. noch nicht abschließend regeln, ist dies in der Nachtragsvereinbarung unter Punkt „Sonstiges“ festzuhalten.

1.1.12 Nachtragsforderungen/-angebote und der die Nachträge betreffende Schriftwechsel mit dem Auftragnehmer, der Vermerk Nachtragsbearbeitung einschl. der zugehörigen Anlagen sowie die Begründungen und Ermittlungen für alle Vereinbarungen im Nachtrag, insbesondere die Preisermittlungen, sind ggf. den „Unterlagen für die Abschlussakte“ beizufügen.

1.1.13 Die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) ist gesondert zu betrachten, da alle Preise als Netto-Preise vereinbart sind.

1.2 Überschreitung des Mengenansatzes (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B)

1.2.1 Bei Überschreitung des Mengenansatzes von Positionen um mehr als 10 % ist, sobald der Umfang der Mengenänderung überschaubar ist, zu prüfen, ob gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B eine Herabsetzung der Preise zu verlangen.
Eine Herabsetzung ist immer dann zu verlangen, wenn erkannt wird, dass der Auftragnehmer
− durch die Überschreitung erhebliche positions- oder auftragsbezogene Kosten einsparen würde,
− positionsbezogene Kosten von vornherein erheblich zu hoch angesetzt hat („Kalkulationsfehler“) und dem Auftraggeber ein Festhalten an den ursprünglichen Ansätzen nicht zumutbar ist, oder
− durch marktbedingte Senkung von Stoffpreisen erhebliche positionsbezogene Kosten einsparen würde, es sei denn, für diese Stoffe ist eine Stoffpreisgleitklausel vereinbart.
Das Ergebnis der Prüfung ist aktenkundig zu machen.

1.2.2 Verlangt dagegen der Auftragnehmer bei Überschreitung des Mengenansatzes von mehr als 10 % eine Erhöhung der Preise, so ist zunächst zu prüfen, ob er seiner Ankündigungspflicht nachgekommen ist. Ist dies nicht der Fall, dann ist der Anspruch nur insoweit abzulehnen, als
− der Auftraggeber sonst Maßnahmen hätte ergreifen können, durch welche die Mehrkosten verringert oder vermieden worden wären oder
− dadurch dem Auftraggeber sonstige Nachteile entstanden sind.
− vom Auftragnehmer ist ein prüfbarer Nachweis seiner durch die Überschreitung des Mengenansatzes bedingten Mehrkosten auf Grund einer objektbezogenen detaillierten Berechnung zu verlangen, bei deren Prüfung folgendermaßen zu verfahren ist:
− Positionsbezogene Mehrkosten sind anzuerkennen. Die durch eine vereinbarte Lohn- oder Stoffpreisgleitklausel abgedeckten Mehrkosten sind unberücksichtigt zu lassen. Eine Änderung nicht angemessener oder falscher Ansätze bei der Preisermittlung („Kalkulationsfehler“) auf angemessene Ansätze ist erst vorzunehmen, wenn dem Auftragnehmer oder dem Auftraggeber bezogen auf die Abrechnungssumme des Gesamtvertrages ein Festhalten an den ursprünglichen Ansätzen nicht zumutbar ist.
− Auftragsbezogene Mehrkosten sind anzuerkennen, wobei die Verringerung einzelner Kosten (siehe Nr. (1.2.1)) gegenzurechnen ist.
− Eine Veränderung der firmenbezogenen Ansätze ist abzulehnen.

1.2.3 Über die zu vereinbarenden neuen Preise für die 110 % des Mengenansatzes überschreitenden Mengen ist ein Nachtrag zum Bauvertrag abzuschließen.

1.3 Unterschreitung des Mengenansatzes (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B)

1.3.1 Verlangt der Auftragnehmer bei der Unterschreitung des Mengenansatzes von Positionen um mehr als 10 % gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B eine Erhöhung der Einheitspreise dieser Positionen, dann ist vom Auftragnehmer eine detaillierte Berechnung seiner auszugleichenden Kosten zu fordern und bei deren Prüfung nach den folgenden Regelungen zu verfahren.

1.3.2 Bei den Positionen mit Mengenansatz-Unterschreitungen sind nur die Positionen
– deren Menge sich um mehr als 10 % des Mengenansatzes verringert hat und
– bei diesen jeweils die Differenzmenge von 100 % des Mengenansatzes bis zu der tatsächlichen
Menge zu betrachten.
Für diese Differenzmengen sind je Position die mengenunabhängigen (fixen) auftrags- und firmenbezogenen Kosten und letztlich deren Summe als Betrag für die Ausgleichsberechnung zu ermitteln.

1.3.3 Für den „Ausgleich“ gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 Halbsatz 2 VOB/B sind alle Positionen
– deren Menge sich auf über 110 % des Mengenansatzes erhöht hat und
– bei diesen jeweils die Differenzmenge von 110 % des Mengenansatzes bis zur tatsächlichen Menge
zu betrachten.

Für diese Differenzmengen sind ebenfalls je Position die mengenunabhängigen (fixen) auftrags- und firmenbezogenen Kosten und letztlich deren Summe als Betrag für die Ausgleichsberechnung zu ermitteln.

Positionen,
− deren Menge sich um mehr als 10 % des Mengenansatzes erhöht hat und
− für die ein neuer Preis nach den Nrn. 1.2.1 und 1.2.2 unter Ausgleich der auftragsbezogenen Kosten vereinbart worden,
sind in der Ausgleichsberechnung nur hinsichtlich der firmenbezogenen Kosten einzubeziehen.
Ein Ausgleich in anderer Weise (z. B. durch zusätzliche Leistungen) ist gegebenenfalls zu berücksichtigen.

1.3.4 Die nach den Nrn. 1.3.2 und 1.3.3 ermittelten Beträge sind zu saldieren.
Ist der nach Nr. 1.3.2 ermittelte Betrag größer als der nach Nr. 1.3.3 ermittelte, dann ist die Differenz entweder als gesonderter Betrag oder durch Umlegung auf die Positionen der Nr. 1.3.2 zu vergüten.
Hierüber ist ein Nachtrag zum Bauvertrag abzuschließen. Ist der nach Nr. 1.3.2 ermittelte Betrag kleiner als der nach Nr. 1.3.3 ermittelte, dann ist eine Änderung der vertraglichen Vergütung wegen Unterschreitung des Mengenansatzes nicht vorzunehmen.

1.4 Übernahme von beauftragten Leistungen durch die Auftraggeberin/ den Auftraggeber (§ 2 Abs. 4 VOB/B)

1.4.1 Die Übernahme von beauftragten Leistungen durch den Auftraggeber hat die Vergütungsrechtsfolgen wie bei einer Kündigung nach § 8 Abs. 1 VOB/B.
Sie setzt zwingend voraus, dass der Auftraggeber die Leistung (z. B. Lieferung von Bau-, Bauhilfs- und Betriebsstoffen) selbst ohne anderweitige Fremdbeauftragung durchführt. Sonst steht dem Auftragnehmer die vereinbarte Vergütung ungekürzt zu.
Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 VOB/B steht dem Auftragnehmer zwar die vereinbarte Vergütung zu; er muss sich aber nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B anrechnen lassen, was er dadurch an Kosten erspart, oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft und seines Betriebes erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt (§ 649 BGB):

1.5 Änderung der Leistungen oder andere Anordnungen der AG/ des AG (§ 2 Abs. 5 VOB/B)

1.5.1 Bei einer Änderung des Bauvertrages aufgrund von Entwurfsänderungen oder bei über die vertragliche Leistung hinausgehenden Anordnungen des Auftraggebers ist stets ein Nachtrag zum Bauvertrag abzuschließen.
Dabei ist zu prüfen, ob gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B ein neuer Preis zu vereinbaren ist, weil sich die Grundlagen der Preise für die betroffenen Positionen geändert haben. Trifft dies zu, ist der Auftragnehmer zur Abgabe eines Nachtragsangebotes mit neuen Preisen (in der Regel keine Zulagepreise) aufzufordern.

1.5.2 Bei der Vereinbarung eines neuen Preises ist wie folgt zu verfahren:
− Bei den positions- und auftragsbezogenen Preiselementen sind nur die durch die Leistungsänderung bedingten Mehr- oder Minderkosten anzuerkennen.
− Bei den von der Änderung betroffenen Preiselementen sind nicht angemessene oder falsche Ansätze bei der Preisermittlung für die ursprüngliche Leistung („Kalkulationsfehler“) nicht zu korrigieren; in diesem Falle sind die Mehr- oder Minderkosten fiktiv zu ermitteln.
− Bei den firmenbezogenen Preiselementen ist eine Änderung des Ansatzes abzulehnen.

1.5.3 Ist kein Nachtrag abgeschlossen worden und beansprucht der Auftragnehmer nach Beginn der Ausführung eine erhöhte Vergütung, so ist der Anspruch nur insoweit zurückzuweisen, als
− die erhöhten Kosten bei rechtzeitiger Ankündigung zu vermeiden gewesen wäre oder
− dadurch dem Auftraggeber sonstige Nachteile entstanden sind.

1.6 Zusätzliche Leistung (§ 2 Abs. 6 VOB/B)

1.6.1 Ist eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung („zusätzliche Leistung“) auszuführen, dann ist zu prüfen, ob
− diese Leistung zur Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich ist und
− der Betrieb des Auftragnehmers oder eines von ihm eingesetzten Nachunternehmers auf eine derartige Leistung eingerichtet ist sowie
− diese Leistung insgesamt nur mit Nachteilen für den Auftraggeber (Behinderung der Ausführung, Erhöhung der Kosten) von einem anderen Unternehmer ausgeführt werden kann.

1.6.2 Treffen alle drei Voraussetzungen zu, dann ist gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 VOB/B die Ausführung der zusätzlichen Leistung vom Auftragnehmer zu verlangen und er zur Abgabe eines entsprechenden Nachtragsangebotes aufzufordern. Dazu ist von ihm gemäß § 2 Abs. 6 VOB/B eine detaillierte, auf der Grundlage der Preisermittlung für die vertragliche Leistung aufbauende Berechnung seiner Preise für die zusätzliche Leistung zu fordern, bei deren Prüfung folgendermaßen zu verfahren ist:
− Bei den positionsbezogenen Preiselementen sind die jeweiligen Ansätze anzuerkennen, wenn sie angemessen sind und den Ansätzen bei vergleichbaren vertraglichen Leistungen entsprechen. Die durch eine vereinbarte Lohn- und Stoffpreisgleitklausel abgedeckten Mehr- oder Minderkosten sind unberücksichtigt zu lassen.
− Für die auftrags- und firmenbezogenen Preiselemente ist eine Änderung der ursprünglichen Ansätze abzulehnen.

1.6.3 Ist die zusätzliche Leistung zur Ausführung der vertraglichen Leistung nicht erforderlich, erscheint ihre gleichzeitige Durchführung jedoch für den Auftraggeber vorteilhaft, dann kann eine Ausführung durch den Auftragnehmer gemäß § 1 Abs. 4 Satz 2 VOB/B angestrebt und er zur Abgabe eines Nachtragsangebotes aufgefordert werden.
Dabei ist nach § 3, gegebenenfalls § 3 EG VOB/A zu prüfen, ob auch die Einholung von Angeboten anderer Unternehmer im Rahmen einer Freihändigen Vergabe oder ob eine Ausschreibung erforderlich ist.
Im Falle der Vergabe einer solchen zusätzlichen Leistung an den Auftragnehmer kann ihm eine, von den Preisermittlungsgrundlagen für die vertragliche Leistung abweichende Preisermittlung nach Kostenlage zugestanden werden. Der Angebotspreis ist dabei auf Wirtschaftlichkeit zu prüfen.

1.6.4 Über die Preise für zusätzliche Leistungen und gegebenenfalls die sonstigen vertraglichen Auswirkungen ist ein Nachtrag zum Bauvertrag abzuschließen.

1.6.5 Hat der Auftragnehmer mit der Ausführung der zusätzlichen Leistung begonnen, ohne dass Einvernehmen mit dem Auftraggeber über die Art der Ausführung bestand und ohne dass der Auftragnehmer seinen Anspruch auf besondere Vergütung angekündigt hat, dann ist eine besondere Vergütung nur insoweit anzuerkennen, als sie ohnedies anzuerkennen gewesen sein würde (§ 2 Abs. 8 Nr. 2 und 3 VOB/B).

1.7 Vergütungsanpassung bei vereinbarten Pauschalsummen (§ 2 Abs. 7 VOB/B)

1.7.1 Die Anwendung des § 2 Abs. 7 VOB/B setzt voraus, dass unter strenger Beachtung der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1b) VOB/A Pauschalsummen vereinbart worden sind. Deshalb bestimmt § 2 Abs. 7 Nr. 1 Satz 1 VOB/B, dass die Vergütung unverändert bleibt.

1.7.2 Eine Vergütungsanpassung kann nach § 2 Abs. 7 VOB/B nur in Betracht kommen, wenn die ausgeführte Leistung von der vertraglich vorgesehenen Leistung so erheblich abweicht, dass ein Festhalten an der Pauschalsumme für eine oder beide Vertragsparteien nicht zumutbar ist. Diese Anpassungsregelung ist eine einzelfallbezogene Billigkeitsregelung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und dem dazu entwickelten Rechtsinstituts der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) für den geschlossenen Vertrag. Folglich kann eine Vergütungsanpassung nur bei einer für das Vertragsverhältnis gewichtigen Änderung der vertraglich vorgesehenen Leistung in Betracht kommen. Dabei kann es sich um eine qualitative Leistungsänderung oder um eine quantitative Änderung des gesamten Leistungsvolumens von 20 % oder mehr handeln. Entscheidend bleiben aber immer die Umstände des Einzelfalls.

1.7.3 Die jeweils betroffene Vertragspartei (Auftraggeber oder Auftragnehmer) kann dann zusätzlich zur vereinbarten Pauschalsumme einen Ausgleich unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten verlangen, bis die Zumutbarkeit für ein Festhalten an der Pauschalsumme wieder erreicht ist (siehe § 2 Abs. 7 Nr. 1 Satz 2 VOB/B). Bei der Bemessung des Ausgleichs ist von den Grundlagen der Preisermittlung des beauftragten Angebotes auszugehen. Beruht die Abweichung von der vertraglich vorgesehenen Leistung aber auf Anordnungen oder Forderungen des Auftraggebers, so ist insoweit wie bei einem Einheitspreisvertrag immer eine Vergütungsanpassung nach § 2 Abs. 4, 5 oder 6 VOB/B vorzunehmen.

1.8 Leistungen des Auftragnehmers ohne Auftrag (§ 2 Abs. 8 VOB/B)

1.8.1 Hat der Auftragnehmer Leistungen ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Vertrag ausgeführt, ist unverzüglich zu prüfen, ob diese Leistungen anerkannt werden können oder die Voraussetzungen des § 2 Abs. 8 Nr. 2 Satz 2 VOB/B vorliegen. Dem Auftragnehmer ist schriftlich mitzuteilen, ob diese Leistungen
− nachträglich anerkannt oder
− nur ohne Vergütung geduldet werden oder
− abgelehnt und
− deren Beseitigung und die Erbringung der vertragsgerechten Leistung gefordert,
− Ersatzmaßnahmen zur Beseitigung angedroht,
− Schadensersatzforderung im Übrigen (z. B. wegen längerer Beibehaltung einer Anmietung,
verzögerter Inbenutzungnahme) vorbehalten wird.

1.8.2 Soweit dem Auftragnehmer eine Vergütung nach § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B zusteht, ist der Preis entsprechend der Regelung nach § 2 Abs. 5 und Abs. 6 VOB/B zu ermitteln.

1.9 Vom AG verlangte Zeichnungen, Berechnungen oder andere Unterlagen (§ 2 Abs. 9 VOB/B)

1.9.1 Vom Auftraggeber verlangte besondere Leistungen des Auftragnehmers wie Zeichnungen, Berechnungen oder andere Unterlagen, die er nicht vertraglich, insbesondere nicht nach den Technischen Vertragsbedingungen oder der gewerblichen Verkehrssitte zu erbringen hat, sind gesondert zu vergüten. Da diese Leistungen innerhalb eines Bauvertrages nach VOB/B erbracht werden, gelten insoweit für die Vergütung nicht die Bestimmungen der HOAI.

1.10 Stundenlohnarbeiten (§ 2 Abs. 10 VOB/B)

1.10.1 Vor einer Beauftragung/Abrufung von Stundenlohnarbeiten ist immer zu prüfen, ob diese Arbeiten einer bereits beauftragten Leistungsposition zugeordnet oder als eine Leistungsposition neu festgelegt werden können. Nur wenn beides nicht möglich ist, kann eine Beauftragung von Stundenlohnarbeiten in Betracht gezogen werden. Das Vorliegen der Voraussetzungen und deren Auswirkung auf die Gesamtvergütung ist aktenkundig zu machen.

1.10.2 Die Beauftragung von Stundenlohnarbeiten setzt voraus, dass es sich
− um Bauleistungen geringen Umfangs handelt, die überwiegend Lohnkosten verursachen (siehe § 5 Nr. 2 VOB/A),
− die Ausführung vor ihrem Beginn ausdrücklich vereinbart (§ 2 Abs. 10 VOB/B) wird und
− der Auftraggeberin/ dem Auftraggeber angezeigt worden ist (§ 15 Abs. 3 Satz 1 VOB/B).

Bei der Vereinbarung der Vergütung für Stundenlohnarbeiten ist der Vorrang der ortsüblichen Vergütung (§ 15 Abs. 2 Nr 2 VOB/B) zu beachten.

1.11 Wegfall von Teilleistungen (§ 8 Abs. 1 VOB/B)

1.11.1 Für Teilleistungen (in der Regel handelt es sich dabei um OZ), die ausnahmsweise ersatzlos entfallen, wird die Vergütung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B bestimmt.
In diesen Fällen sind die Auswirkungen auf die Gesamtvergütung in einer Ausgleichsberechnung (siehe Nr. 1.3.2 bis 1.3.4 zur Vergütungsvereinbarung darzustellen. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B muss sich der Auftragnehmer anrechnen lassen, was er dadurch an Kosten erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft und seines Betriebs erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt (§ 649 BGB). Zum anderweitigen Erwerb können tatsächliche Mengenmehrungen in anderen Leistungspositionen, Leistungsänderungen auf Grund von Anordnungen des Auftraggebers nach § 1 Nr. 3 VOB/B, vom Auftraggeber nach § 1 Abs. 4 Satz 1 VOB/B verlangte erforderliche Zusatzleistungen im Rahmen des erteilten Auftrags oder im Einzelfall auch ein neuer Auftrag als zeitnaher Anschlussauftrag nach § 1 Abs. 4 Satz 2 VOB/B gehören.
Der Auftragnehmer muss zur Begründung seines Vergütungsanspruchs die vergütungsmindernden Umstände nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B, um die sein Vergütungsanspruch von vornherein beschränkt ist, offen legen und nachweisen. Andernfalls ist sein Vergütungsanspruch insoweit nicht prüfbar und wird daher nicht fällig.

1.12 Änderung des Bauvertrages zum Nachteil der AG/ des AG

1.12.1 Eine Änderung bestehender Vertragsverhältnisse zum Nachteil der AG/ des AG kommt nur in besonders begründeten Ausnahmefällen in Betracht.
Soweit bei den Baudienststellen Anträge von Auftragnehmern auf Preisänderungen eingehen, z. B. wegen starker Stoffpreissteigerungen in Bauverträgen ohne Stoffpreisgleitklausel, sind diese für Baumaßnahmen nach § 58 LHO zu beurteilen. Ein besonders begründeter Ausnahmefall ist anzunehmen, wenn nach Prüfung der Baudienststelle der Auftragnehmer zwar keinen Rechtsanspruch auf Änderung oder Aufhebung des Vertrages hat, ihn aber ein Festhalten am Vertrag nach Lage des Einzelfalles unbillig benachteiligt, weil seine wirtschaftlichen Verhältnisse bei Vertragserfüllung infolge ihm nicht zuzurechnender Umstände erheblich verschlechtern würden.

1.12.2 Der Auftragnehmer hat die erhebliche Verschlechterung durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachzuweisen. Dabei ist auf die Gesamtvermögenslage des Auftragnehmers, bei Arbeitsgemeinschaften der einzelnen Mitglieder, abzustellen; in der Regel ist nachzuweisen, dass der Auftragnehmer bei Erfüllung des Vertrages von der Insolvenz bedroht wäre. Nicht ausreichend ist, dass dem Auftragnehmer bei Erfüllung des Vertrages finanzielle Verluste entstehen, ebenso ist ein Abwälzen von Kalkulationsfehlern auszuschließen.

Mindestens sind folgende Unterlagen zur Einzelfallprüfung gemäß § 58 LHO vom Auftragnehmer vorzulegen:
− Unternehmensbilanz des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahres zum Nachweis über die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage als Auswirkung z. b. der Stoffpreiserhöhung,
− entsprechende Wirtschaftsdaten der letzten drei Monate,
− aktuelle Daten über Auftragsbestand, Verbindlichkeiten, Guthaben und Vermögenswerte als Nachweis der Existenzgefährdung durch die gestiegenen Preise,
− konkrete Belege über die aktuellen Einkaufspreise der Stoffe,
− Nachweis der durch die Preissteigerungen vertragsindividuell (getrennt nach Anteil des der Auftragnehmerin/ Auftragnehmers und dessen eventuellen Nachunternehmen) entstandenen Mehrkosten.

Die o. g. Nachweise sind, ggf. auch nachträglich, durch einen vereidigten Wirtschaftsprüfer zu bestätigen.
1.12.3 Die Anträge von Auftragnehmern sind von der Baudienststelle unverzüglich unter Berücksichtigung vorstehender Punkte zu prüfen und zu entscheiden.

VertragsManagement – VertragsMan Bau ®: Volltext-Entscheidungen: Oberlandesgericht Hamm, 24 U 198/20

VertragsManagement - VertragsMan Bau ®: Volltext-Entscheidungen:
Oberlandesgericht Hamm, 24 U 198/20:

Ein Verbraucherbauvertrag im Sinne des § 650i Abs. 1, 1. Alt. BGB kann auch bei gewerkeweiser Vergabe vorliegen, wenn die Beauftragung zeitgleich oder in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Erstellung eines neuen Gebäudes erfolgt, die Erstellung eines neuen Gebäudes für den Unternehmer ersichtlich ist und die Gewerke zum Bau des neuen Gebäudes selbst beitragen

1.

Ein Teilurteil darf nicht erlassen werden, wenn es die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen schafft. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht oder Rechtsmittelgericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Dies gilt auch dann, wenn mit dem Hauptantrag eine Bauhandwerkersicherung im Sinne des § 650f BGB und mit dem Hilfsantrag Zahlung restlichen Werklohns begehrt wird, wenn wegen der Ausnahmeregelung des § 650f Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 BGB im Rahmen des Hilfsantrages über die Verbraucherbauvertragseigenschaft des geschlossenen Werkvertrages zu entscheiden ist und im Rahmen des Hilfsantrages im Hinblick auf die Frage des vertraglich vereinbarten Vertragssolls die Auslegungsregel des § 650k Abs. 2 BGB Anwendung finden kann.

2.

Ein Verbraucherbauvertrag im Sinne des § 650i Abs. 1, 1. Alt. BGB kann auch bei gewerkeweiser Vergabe vorliegen, wenn die Beauftragung zeitgleich oder in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Erstellung eines neuen Gebäudes erfolgt, die Erstellung eines neuen Gebäudes für den Unternehmer ersichtlich ist und die Gewerke zum Bau des neuen Gebäudes selbst beitragen.

Gründe:

2

I.

3

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit, hilfsweise restlichen Werklohn. Die Beklagte macht im Wege der Widerklage Ansprüche wegen streitiger Mängel geltend.

4

Die Klägerin betreibt einen Handwerksbetrieb aus dem Bereich Stahl- und Hallenbau. Die Beklagte beauftragte die Klägerin mit Auftragsbestätigung vom 11.04.2019 (Anl. K1, Bl. 7-13 d.A.), unterzeichnet mit der Unterschrift „T. H“, mit der Errichtung einer Mehrzweck-Industriehalle auf dem Grundstück Mstr. 00 in K. Das Fundament der Industriehalle wurde durch Drittunternehmer errichtet.

5

Mit Nachtragsangebot vom 06.02.2019 (Anl. K7, Bl. 79-81 d.A.), adressiert an „C Metallverarbeitung Zu Hd. Herrn Tfg H“ und unterzeichnet mit der Unterschrift des Ehemanns der Beklagten, „T. H“, wurde die Klägerin mit der Erbringung weiterer Leistungen beauftragt.

6

Der Ingenieur für Tragwerksplanung, P (im Folgenden: der Statiker), übermittelte mit Schreiben vom 05.06.2019 (Anlage K 16) dem Streithelfer die statische Berechnung mit den Konstruktionszeichnungen zur Überprüfung.

7

Die Klägerin erbrachte ihre Leistungen. Das Abnahmeprotokoll vom 25.09.2019 (Anlage K 11, Bl. 86-87 d.A.) wurde vom Ehemann der Beklagten unterschrieben.

8

Die seitens der Klägerin errichtete Halle ist vermietet an das Unternehmen C GmbH Metallverarbeitung, deren Geschäftsführer der Ehemann der Beklagten ist.

9

Die Klägerin stellte ihre Schlussrechnung vom 01.10.2019 (Anl. K2, Bl. 14-26 d.A.) über insgesamt 206.311,05 € brutto und errechnete unter Berücksichtigung von Abschlagszahlungen einen ausstehenden Betrag in Höhe von 30.383,79 € brutto und ihre Nachtragsrechnung vom 22.11.2019 über 669,38 € (Anl. K3, Bl. 27 d.A.) über Wind- und Regenwächter. Darüber hinaus stellte sie Rechnungen vom 09.12.2019 (Anlage K9, Bl. 84 d.A.) i.H.v. 1.755,25 € und vom 27.01.2020 (Anlage K 10, Bl. 85 d.A.) in Höhe von weiteren 2.680,48 € (Bl. 4 d.A.). Sämtliche Rechnungen waren an die Privatanschrift der Beklagten adressiert.

10

Mit an die „C Metallverarbeitung Zu Hd. Herrn Tfg H“ adressiertem Schreiben vom 12.11.2019 (Anl. K5, Bl. 70-71 d.A.) wandte sich die Klägerin an den Ehemann der Beklagten, den sie als „Bauherrn“ bezeichnete und übermittelte ihm Zeichnungen (Anl. K5, Bl. 72-73 d.A.). Mit E-Mail vom 13.11.2019 (Anl. K5, Bl. 74 d.A.), adressiert an die E-Mail-Anschrift H@C-metallverarbeitung.de, übermittelte die Klägerin ein weiteres Schreiben. Mit Schreiben vom 06.01.2020 (Anl. K5, Bl. 75 d.A.), wiederum adressiert an die „C Metallverarbeitung Zu Hd. Herrn Tfg H“, wandte sich die Klägerin erneut an den Ehemann der Beklagten. Mit E-Mail vom 07.01.2020 (Anl. K5, Bl. 77 d.A.), wiederum adressiert an die E-Mail-Anschrift H@C-metallverarbeitung.de, übermittelte die Klägerin ein weiteres Schreiben.

11

Die Klägerin mahnte mit anwaltlichem Schreiben vom 04.02.2020 (Anl. K4, Bl. 28. 35 d.A.) die offenen Rechnungsbeträge unter Fristsetzung bis zum 14.02.2020, verlängert bis zum 18.02.2020, an.

12

Die Klägerin hat die Meinung vertreten, die Beklagte sei nicht Verbraucherin und es obliege der Beklagten, darzulegen und zu beweisen, dass sie Verbraucherin sei. Zur Bejahung der Verbrauchereigenschaft komme es auch nicht auf den subjektiven Willen der Parteien, einen Vertrag als Verbraucher abzuschließen, sondern darauf an, wie sich das Geschäft für einen objektiven Dritten darstelle. Die Auftragsbestätigung vom 11.04.2019 (Anl. K1, Bl. 7-13 d.A.) sei vom Ehemann der Beklagten unterzeichnet, was darauf deute, dass nicht die Beklagte, sondern ihr Ehemann das Werk in Auftrag gegeben habe. Ursprünglich hat die Klägerin gemeint, dass der Ehemann der Beklagten Vertragspartner geworden sei. Sodann hat die Klägerin unstreitig gestellt, dass Vertragspartnerin die Beklagte sei.

13

Überdies liege auch kein Verbraucherbauvertrag vor. Ein Verbraucherbauvertrag liege nur vor, wenn sich die Herstellungspflicht auf „das Gebäude“ beziehe, mithin wenn sämtliche Leistungen aus einer Hand angeboten würden, was also Generalunternehmerverträge und Generalübernehmerverträge betreffe. Sofern mithin mehrere Unternehmer an dem Vorhaben beteiligt seien, griffen nicht die Schutzvorschriften des Verbraucherbauvertragsrechts. Sie, die Klägerin, sei ausschließlich mit der Kernleistung beauftragt gewesen, also mit der Errichtung der Halle oberhalb des Fundamentes; Erdarbeiten, die Errichtung des Fundamentes, die Herstellung der Prüfstatik und auch das Gewerk der Elektrik gehörten nicht zu ihrem Leistungsumfang, sondern seien durch die Beklagte anderweitig vergeben worden. Zudem habe sich die Beklagte selbst um die Anschaffung zweier Kräne gekümmert und sie, die Klägerin, sei nur noch beauftragt gewesen, die passenden Laufschienen herzustellen und zu installieren. Dies habe zur Folge, dass durch das einseitige Herauslösen von Einzelleistungen aus dem geplanten Gesamtwerk die eigenverantwortliche Werkerstellung im Gesamtumfang verhindert worden sei, was unweigerlich zum Verlust der Schutzvorschriften des Verbraucherbauvertragsrechts führe. In diesen Fällen stehe der Verbraucher nicht einem – finanziell und wesensmäßig – überlegenen Unternehmer gegenüber. Vielmehr stehe der Verbraucher einer Mehrzahl von kleineren Unternehmen auf Augenhöhe gegenüber, so dass es des Schutzes der Verbraucherbauvertragsvorschriften nicht bedürfe. Hätte der Gesetzgeber auch eine entsprechende Einbeziehung gewollt, so hätte er diese auch ausdrücklich angeordnet.

14

Die mit Rechnung vom 22.11.2019 (Anl. K3, Bl. 27 d.A.) abgerechneten Leistungen seien beauftragt worden. Die Rechnung vom 09.12.2019 (Anl. K9, Bl. 84 d.A.) sei deswegen gestellt worden, weil sie im Auftrag der Beklagten die zu errichtende Kranbahn nachträglich habe ändern müssen, weil der Kranlieferant, das Unternehmen J, den Kran nicht entsprechend der vom Streithelfer freigegebene Zeichnungen beschafft habe. Die Rechnung vom 27.01.2020 (Anlage K 10, Bl. 85 d.A.) sei deswegen gestellt worden, weil sie im Rahmen vermeintlicher Nachbesserungsarbeiten vor Ort und Stelle erschienen sei und die Beklagte die Nachbesserung ausdrücklich verweigert und sie unter Androhung von Polizei vom Gelände verwiesen habe.

15

Sie, die Klägern, habe ihre Leistungen vollständig und mangelfrei erbracht und ausweislich des Abnahmeprotokolls sei eine Abnahme erfolgt. Etwaige gerügte bzw. vorbehaltene Mängel seien sämtlich abgearbeitet oder aber die Beklagte habe Nachbesserungsarbeiten verweigert.

16

Die Klägerin hat beantragt,

17

1. die Beklagte zu verurteilen, ihr zu dem zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrag vom 11.04.2019, bezogen auf das Bauvorhaben Industriehalle, Mstr. 00, 00000 K, eine Sicherheit gemäß § 650f BGB i.V.m. §§ 232 ff. BGB i.H.v. 31.053,17 € zu stellen.

18

2. die Beklagte weiterhin zu verurteilen, ihr vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu erstatten i.H.v. 1.336,90 € netto nebst einem Verzugszins i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2020.

19

Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem 1. Klageantrag,

20

die Beklagte zu verurteilen, an sie 35.488,90 € zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Teilbetrag i.H.v. 30.383,79 € seit dem 31.10.2019, einem weiteren Teilbetrag i.H.v. 669,38 € seit dem 22.10.2090, einen weiteren Teilbetrag i.H.v. 1.755,25 € seit dem 08.01.2020 sowie einem letzten Teilbetrag i.H.v. 2.680,48 € seit dem 26.02.2020.

21

Die Beklagte hat beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Die Beklagte hat behauptet, sie sei Hausfrau und lediglich geringfügig beschäftigt in dem Unternehmen ihres Ehemannes. Soweit ihr Ehemann tätig geworden sei, sei dieser nicht im Namen seines Unternehmens, sondern ausschließlich für sie tätig geworden und er habe in Abstimmung und mit ihrer Vollmacht die entsprechenden Angebote unterzeichnet. Überdies sei es auch nicht ungewöhnlich, den Mieter einzuschalten, wenn es darum gehe, das Interieur einer Gewerbehalle zu beschaffen. Demgemäß sei sie Verbraucherin, so dass die Klägerin von ihr die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit nicht verlangen könne. Die Errichtung und anschließende Vermietung der Halle habe allein der privaten Vermögens- und Altersvorsorge gedient. Die Verwaltung dieser Vermögensanlage habe – wenn überhaupt – lediglich einen minimalen bürotechnischen Aufwand bedingt, da ein langfristiger Mietvertrag mit nur einem Mieter vorliege.

24

Die Klägerin habe Kranlaufschienen falsch geliefert und montiert, so dass sie das Unternehmen J im Wege der Ersatzvornahme nach Setzung einer Mängelbeseitigungsfrist beauftragt habe, diese Schienen zu verbreitern, wofür sie 7.977,96 € aufgewendet habe, so dass der Vergütungsanspruch der Klägerin in dieser Höhe erloschen sei. Ungeachtet dessen habe auch die Klägerin zugesagt, diese Kosten zu übernehmen. Trotz mehrfacher Aufforderung sei auch der Schweißnachweis nicht erbracht worden und überdies sei die Verschweißung krumm. Eine Abnahme sei überdies nicht erfolgt. Abnahmevoraussetzung sei, dass die Kranbahnen in der Ausführungsklasse EXC3 (Schweißzeugnis) einzugruppieren seien; diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Ein Anspruch auf Zahlung der Rechnung vom 09.12.2019 (Anl. K9, Bl. 84 d.A.) bestehe nicht, da die durch die Klägerin beauftragte Statik falsch sei, da ein falsches Maß der Spurbreite der Kranlaufbahnschienen errechnet worden sei. Ein Anspruch auf Zahlung der Rechnung vom 22.11.2019 (Anl. K3, Bl. 27 d.A.) bestehe ebenfalls nicht, da eine entsprechende Bestellung insoweit nicht erfolgt sei.

25

Das Landgericht hat mit am 03.12.2020 verkündetem Teilurteil die Klage hinsichtlich der Hauptanträge abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Klägerin kein Anspruch auf Stellung der Bauhandwerkersicherheit zustehe. Die Beklagte sei Verbraucherin. Die Klägerin sei dem Vortrag der Beklagten, sie sei Hausfrau und lediglich geringfügig in dem Unternehmen ihres Ehemannes beschäftigt, nicht erheblich entgegengetreten. Dass der Ehemann der Beklagten den Vertrag unterzeichnet und abgewickelt habe, sei nicht maßgeblich, da es nicht darauf ankomme, wer für die Beklagte aufgetreten sei. Dass die Beklagte das Objekt an das Unternehmen ihres Ehemannes für den Betrieb eines Gewerbebetriebes vermietet habe, führe nur zu der Annahme der Verwaltung eigenen Vermögens durch Immobilienverwaltung, so dass die Verbrauchereigenschaft deswegen nicht entfalle. Anhaltspunkte dafür, dass die Umstände für die Klägerin eindeutig und zweifelsfrei auf einen unternehmerischen Zweck hingedeutet hätten, fehlten. Für die Klägerin sei offensichtlich gewesen, dass die Beklagte als Vertragspartnerin von ihrem handelnden Ehemann und dessen Unternehmen personenverschieden gewesen sei und keinerlei Ähnlichkeit zwischen der Firma und dem Namen der Beklagten bestanden habe. Dass eine E-Mail-Adresse des Unternehmens verwendet worden sei, führe angesichts der genauen Bezeichnung der Beklagten als Vertragspartnerin zu keiner anderen Wertung. Überdies sei die Rechnung an die Privatanschrift der Beklagten erfolgt, so dass der Klägerin die Personenverschiedenheit der Beteiligten bewusst gewesen sei.

26

Es handele sich überdies um einen Verbraucherbauvertrag; ob bei einer Vergabe von Neubauarbeiten in Einzelgewerken ein Verbraucherbauvertrag anzunehmen sei, sei zwar umstritten. Der Wortlaut der Vorschrift spreche aber dafür, auch bei der Vergabe von Einzelgewerken von einem Verbrauchervertrag auszugehen. Eine Beschränkung auf Generalunternehmer- oder Generalübernehmerverträge sei nicht erfolgt. Dies entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, der lediglich kleinere Umbaumaßnahmen als ausgenommen angesehen habe. Die Übernahme der Formulierung des § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB a.F. stehe dem nicht entgegen, da diese Vorschrift restriktiv ausgelegt worden sei, während § 650i BGB gerade dem Verbraucherschutz diene, so dass eine restriktive Auslegung diesen konterkarierte. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift zeigten, dass Verbraucher bei der Vergabe von Neubauarbeiten an Einzelgewerken vor mindestens genauso komplexe Fragestellungen gestellt würden wie bei dem Abschluss eines Generalunternehmer- oder Generalübernehmervertrages. Gleiches gelte sinngemäß für die wirtschaftliche Tragweite. Gerade der streitgegenständliche Vertrag mit einer 200.000,00 € übersteigenden Rechnungssumme zeige, dass auch bei der Vergabe von Einzelverträgen wirtschaftliche Dimensionen erreicht würden, die einen nicht unerheblichen Teil der Generalübernehmer- und Generalunternehmerverträge bei der Errichtung von Wohnimmobilien überstiegen. Beachtlich sei auch, dass § 650f Abs. 6 Nr. 2 BGB an die Stelle des § 648a Abs. 6 Nr. 2 BGB a.F., der unstreitig auch Einzelgewerke umfasst habe, getreten sei und die Gesetzesänderung gerade dem Ausbau des Verbraucherschutzes gedient habe, so dass eine wesentliche Einschränkung des Anwendungsbereichs gerade nicht beabsichtigt gewesen sei. Mithin könne auch dahinstehen, ob das Verbraucherbauvertragsrecht bei der Neuerrichtung von Gebäuden auf sämtliche Gewerke oder nur auf Gewerke anzuwenden sei, die zu einer wesentlichen Umgestaltung des Grundstücks führten. Soweit teilweise eine Beschränkung auf Wohngebäude angenommen werde, könne dem angesichts des klaren Wortlauts nicht gefolgt werden. Der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sei nicht schlüssig dargetan.

27

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie rügt, das Landgericht habe verkannt, dass die Beklagte gerade nicht Verbraucherin sei. Maßgeblich sei darauf abzustellen, wie sich das Geschäft für einen objektiven Dritten darstelle. Die Auftragsbestätigung vom 11.04.2019 sei zwar an die Beklagte adressiert, indes mit „T. H“ unterschrieben worden. Die Anschreiben vom 12.11.2019 (Anl. K5, Bl. 70-71 d.A.) und 06.01.2020 (Anl. K5, S. 75 d.A.) seien direkt an die „C Metallverarbeitung Zu Hd. Herrn Tfg H“ adressiert gewesen und der Ehemann der Beklagten sei auch ausdrücklich als „Bauherr“ bezeichnet worden. Das Nachtragsangebot sei direkt an den Ehemann der Beklagten gerichtet gewesen und die Auftragsbestätigung sei von diesem unterschrieben worden. Die Zeichnungen seien dem Ehemann der Beklagten übermittelt worden; gleiches gelte auch für das Schreiben des Streithelfers. Auch sämtliche Kommunikation habe mit dem Ehemann der Beklagten stattgefunden. Daher scheine es, dass die Beklagte mit dem Gewerk nichts tun gehabt habe, und die Beklagte sei ihr, der Klägerin, ausschließlich namentlich bekannt gewesen. Die dargelegten Hintergründe zeigten rein geschäftliche Verhältnisse.

28

Unzutreffend habe das Landgericht auch einen Verbraucherbauvertrag angenommen und verkannt, dass sie, die Klägerin, ausschließlich mit der Kernleistung beauftragt gewesen sei, was die Errichtung der Halle oberhalb des Fundamentes umfasst habe. Sämtliche Erdarbeiten sowie die Errichtung des Fundamentes seien von anderen Werkunternehmern ausgeführt worden; auch die Prüfstatik und das Gewerk der Elektrik sei durch die Beklagte anderweitig vergeben worden. Die Beklagte habe sich überdies selbst um die Anschaffung zweier Kräne gekümmert und das Unternehmen J am 10.07.2019 beauftragt; sie, die Klägerin, habe lediglich die passenden Laufschienen hergestellt und installiert. Demgemäß sei sie, die Klägerin, nicht nur auf eine Kommunikation mit der J angewiesen gewesen; vielmehr habe die Beklagte Einzelleistungen aus dem geplanten Gesamtgewerk einseitig herausgelöst und die eigenverantwortliche Werkerstellung im Gesamtumfang, wie sie für einen Generalunternehmervertrag üblich sei, behindert, was unweigerlich zum Verlust der Schutzvorschriften des Verbraucherbauvertragsrechts führe, da die Beklagte das Vorhaben durch mehrere Unternehmer in einzelnen Gewerken habe ausführen lassen. Denn in diesem Falle sehe sich der Verbraucher nicht einem finanziell oder auch hinsichtlich des Know-Hows überlegenen Unternehmer gegenüber, sondern einer Mehrzahl von kleineren Unternehmen, mit denen grundsätzlich eine Kommunikation auf Augenhöhe möglich sei. Die Rechnungssumme als solche sei bei dieser Fallgestaltung nicht maßgebend, zumal die Komplexität vorliegend dadurch verursacht worden sei, dass die Beklagte eine unübersichtliche Aufspaltung in Einzelgewerken vorgenommen habe. Überdies sei anzunehmen, dass der Gesetzgeber eine ausdrückliche Erweiterung der Rechte des Verbrauchers vorgenommen hätte, sofern diese Erweiterung beabsichtigt gewesen sei.

29

Die Klägerin beantragt,

30

das Teilurteil des Landgerichts Münster vom 03.12.2020 abzuändern und:

31

1. die Beklagte zu verurteilen, ihr zu dem zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrag vom 11.04.2019, bezogen auf das Bauvorhaben Industriehalle, Mstr. 00, 00000 K, eine Sicherheit gemäß § 650f BGB i.V.m. §§ 232 ff. BGB i.H.v. 31.053,17 € zu stellen.

32

2. Der Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu erstatten i.H.v. 1.336,90 € netto nebst einem Verzugszins i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2020.

33

und

34

die Revision zuzulassen.

35

Die Beklagte beantragt,

36

die Berufung zurückzuweisen.

37

Widerklagend beantragt die Beklagte,

38

die Klägerin zu verurteilen, an sie 22.099,97 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

39

Die Beklagte meint, von dem Restwerklohns der Klägerin in Höhe von 30.838,79 € sei ein Betrag von 7.204,00 €, die sie an die J GmbH & Co. KG gezahlt habe, abzusetzen. Im Übrigen steht ihr ein Anspruch auf Zahlung 44.506,00 € für die Instandsetzung der Anlage zu, so dass ihr der die verbleibende Restwerklohnforderung überschießende Betrag in Höhe von 22.099,97 € zustehe.

40

II.

41

Die zulässige Berufung der Klägerin hat mit der Maßgabe Erfolg, dass das angefochtene Teilurteil gemäß § 301 ZPO unzulässig, daher aufzuheben und die Sache gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 ZPO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Münster zurückzuverweisen ist.

42

1.

43

Das angefochtene Teilurteil ist gemäß § 301 ZPO unzulässig, weil die Entscheidung über das Sicherheitsverlangen der Klägerin (Hauptantrag) nicht unabhängig davon ist, wie das Landgericht Münster durch Schlussurteil über den Rest des noch anhängigen Streitgegenstandes (Hilfsantrag und Widerklage) entscheiden wird. Es besteht die Gefahr, dass es im Teil- und Schlussurteil zu widersprüchlichen Entscheidungen kommt, da die Entscheidung über den dem Teilurteil zugrundeliegenden Teil des Streitgegenstandes präjudizielle Vorfragen umfasst, die auch Gegenstand des beim Landgericht verbliebenen Teils des Rechtsstreits sind.

44

a)

45

Der Verfahrensmangel des Erlasses eines unzulässigen Teilurteils ist in der Berufungsinstanz von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2011 – VIII ZR 42/10 – NJW 2011, 2736) und es bedarf nach § 529 Abs. 2 Satz 2 ZPO keiner entsprechenden Berufungsrüge (vgl. Senat, Urteil vom 03. Dezember 2020 – I-24 U 14/20 – NJW-RR 2021, 268; OLG Nürnberg, Urteil vom 17. September 2020 – 8 U 1311/20 – zitiert nach juris).

46

b)

47

Ein Teilurteil kann nach § 301 ZPO nur ergehen, wenn über den hiervon betroffenen Prozessstoff unabhängig vom Rest des Streitgegenstandes entschieden werden kann; demgemäß darf ein Teilurteil nicht erlassen werden, wenn es die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen schafft (vgl. Senat, Urteil vom 03. Dezember 2020 – I-24 U 14/20 – NJW-RR 2021, 268; OLG Nürnberg, Urteil vom 17. September 2020 – 8 U 1311/20 – zitiert nach juris; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 13. August 2020 – 4 U 100/19 – zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, Teilurteil vom 17. Juli 2019 – 14 U 107/15 – zitiert nach juris). Dabei ist auch die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung durch ein Rechtsmittelgericht zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 2015 – VI ZR 279/14 – zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 29. März 2011 – VI ZR 117/10 – NJW 2011, 1815; Senat, Urteil vom 03. Dezember 2020 – I-24 U 14/20 – NJW-RR 2021, 268; Senat, Urteil vom 24. Mai 2016 – I-24 U 10/14 – zitiert nach juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. September 2018 – 6 U 84/17 – WRP 2019, 117). Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist namentlich dann gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2011 – VI ZR 117/10 – NJW 2011, 1815; Senat, Urteil vom 03. Dezember 2020 – I-24 U 14/20 – NJW-RR 2021, 268; OLG Nürnberg, Urteil vom 12. November 2015 – 13 U 577/12 – zitiert nach juris).

48

Dies gilt in gleicher Weise, wenn ein Anspruch auf Leistung einer Sicherheit nach § 650f BGB und auf Werklohn, wie hier, geltend gemacht werden (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 19. Juni 2012 – 14 U 1/12 – NZBau 2013, 48). Auch hier ist ein Teilurteil unzulässig, wenn die Entscheidung über den dem Teilurteil zu Grunde liegenden Teil des Streitgegenstandes präjudizielle Vorfragen erfasst, die Gegenstand des beim LG verbliebenen Teils des Rechtsstreites sind (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 19. Juni 2012 – 14 U 1/12 – NZBau 2013, 48; OLG Düsseldorf, Urteil vom 25. Februar 2011 – I-23 U 150/10 – zitiert nach juris). Vorliegend begehrt die Klägerin mit ihrem Hauptantrag eine Bauhandwerkersicherung und mit ihrem Hilfsantrag Zahlung restlichen Werklohns. Bei der eventuellen Klagehäufung, also der Verbindung des Hauptantrags mit einem echten Hilfsantrag, kann zwar dem Grunde nach über den Hauptantrag durch Teilurteil entschieden werden (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 09. Dezember 2020 – 4 U 76/20 – zitiert nach juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. Juni 2020 – 4 U 215/19 – zitiert nach juris). Indes gilt dies nur dann, wenn keine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen besteht.

49

Vorliegend besteht die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen. Würde das landgerichtliche Urteil bestätigt, wäre beachtlich, dass das Landgericht die Verbrauchereigenschaft der Beklagten und das Vorliegen eines Verbraucherbauvertrages im Sinne des § 650i BGB bejaht hat. Dann aber wäre eine Entscheidung über den Hilfsantrag zu treffen. Da die Parteien nachhaltig über Mängel der Leistung der Klägerin streiten – die Beklagte behauptet, die Klägerin habe Kranlaufschienen falsch geliefert und montiert, die Verschweißung sei krumm, trotz mehrfacher Aufforderung sei der Schweißnachweis nicht erbracht worden und obgleich die Kranbahnen der Ausführungsklasse EXC3 (Schweißzeugnis) zuzuordnen seien, verfüge die Klägerin nicht über die notwendige Zertifizierung und die eingereichte Konformitätserklärung sei eine reine Gefälligkeitserklärung – wäre bei Erfolglosigkeit des Hauptantrages im Rahmen des Hilfsantrages über den Restwerklohnanspruch und die Widerklage zu entscheiden. Im Hinblick auf die Frage des vertraglich vereinbarten Vertragssolls kann die Anwendung der Auslegungsregel des § 650k Abs. 2 BGB, wonach Auslegungszweifel nach § 650k Abs. 2 Satz 2 BGB zu Lasten des Unternehmers gehen, nicht ausgeschlossen werden. Im Rahmen des § 650k Abs. 2 BGB stellt sich aber ebenfalls die Frage, ob die Beklagte Verbraucherin ist und ein Verbraucherbauvertrag vorliegt, die vom Landgericht abweichend vom Senat beantwortet werde könnte. Denn eine etwaige Entscheidung des Senats zur Verbrauchereigenschaft der Beklagten und des Vorliegens eines Verbraucherbauvertrages erwüchse nicht in Rechtskraft und bände das Landgericht nicht. Präjudizielle Rechtsverhältnisse werden nicht rechtskräftig festgestellt, wenn sie lediglich als Vorfragen beurteilt werden (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2017 – I ZR 64/16 – NJW 2018, 235), sondern nur wenn sie (wie etwa bei einer Zwischenfeststellungsklage) selbst Streitgegenstand sind (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 – I ZR 269/00 – MDR 2003, 1247). Nach § 322 Abs. 1 ZPO ist ein Urteil insoweit der Rechtskraft fähig, als darin über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. Identität der Streitgegenstände ist dabei zwar nicht nur dann anzunehmen, wenn im zweiten Prozess der nämliche Streitgegenstand zwischen denselben Parteien nochmals rechtshängig gemacht wird, sondern auch dann, wenn dort das mit dem Rechtsausspruch im ersten Prozess unvereinbare „kontradiktorische Gegenteil“ begehrt wird (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 – I ZR 269/00 – MDR 2003, 1247; Vollkommer, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, Vorbemerkungen zu § 322 ZPO Rn. 20). Zudem besteht, wenn die im ersten Prozess rechtskräftig entschiedene Rechtsfolge im zweiten Prozess nicht die Hauptfrage, sondern eine Vorfrage darstellt, die Wirkung der Rechtskraft in der Bindung des nunmehr entscheidenden Gerichts an die Vorentscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 – I ZR 269/00 – MDR 2003, 1247). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Bestimmung des § 322 Abs. 1 ZPO der Rechtskraft eines Urteils bewusst enge Grenzen gesetzt hat dergestalt, dass diese sich auf den unmittelbaren Gegenstand des Urteils, d.h. die Rechtsfolge beschränkt, die den Entscheidungssatz bildet, nicht aber auf einzelne Urteilselemente, tatsächliche Feststellungen und rechtliche Folgerungen erstreckt, auf denen die getroffene Entscheidung aufbaut (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 – I ZR 269/00 – MDR 2003, 1247; BGH, Urteil vom 11. November 1994 – V ZR 46/93 – zitiert nach juris). Dementsprechend beschränkt sich die Bindungswirkung auf den Streitgegenstand des früheren Rechtsstreits, wobei dieser Streitgegenstand durch den dortigen prozessualen Anspruch und den ihm zugrundeliegenden Lebenssachverhalt bestimmt wird (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 – I ZR 269/00 – MDR 2003, 1247). Eine Bindungswirkung ergäbe sich damit nicht hinsichtlich der Verbrauchereigenschaft der Beklagten und des Vorliegens eines Verbraucherbauvertrages.

50

Bejahte der Senat die Verbrauchereigenschaft der Beklagten und das Vorliegen eines Verbraucherbauvertrages im Sinne des § 650i BGB könnte nicht ausgeschlossen werden, dass das Landgericht im Rahmen der Entscheidung über den Hilfsantrag und den Widerklageantrag gleichwohl bei abweichender Würdigung zur Anwendung der Auslegungsregel des § 650k Abs. 2 BGB gelangte. Lediglich dann, wenn der Senat die Verbrauchereigenschaft der Beklagten und das Vorliegen eines Verbraucherbauvertrages im Sinne des § 650i BGB verneinte, wäre dem Hauptantrag in Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung mit der Folge stattzugeben, dass die innerprozessuale Bedingung, um den Hilfsantrag einer Entscheidung zuzuführen, nicht einträte, so dass keine Entscheidung über den Hilfsantrag erfolgte. Die – bereits mit Klagezustellung eingetretene – Rechtshängigkeit des Hilfsantrages entfiele rückwirkend und eine etwaig zwischenzeitlich getroffene Entscheidung über den Hilfsantrag würde gegenstandslos (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 09. Dezember 2020 – 4 U 76/20 – zitiert nach juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 24. Juni 2020 – 4 U 215/19 – zitiert nach juris). Soweit der Widerklageantrag betroffen ist, ist beachtlich, dass die Erhebung einer Widerklage im isolierten Sicherungsverfahren nicht möglich ist. Gemäß § 650f Abs. 1 Satz 4 BGB bleiben streitige Gegenansprüche, mit denen der Besteller gegen den Anspruch des Unternehmers auf Vergütung aufrechnen kann, im Sicherungsverfahren unberücksichtigt (vgl. Seewald, in: Motzke/Bauer/Seewald, Prozesse in Bausachen, 3. Auflage 2018, A. Vergütungsklage des Unternehmers Rn. 658; Cramer, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 650f BGB Rn. 83). Die Widerklage wird auf behauptete Mängel der Leistung der Klägerin gestützt; die Beklagte macht widerklagend einen Betrag von 22.099,97 € nebst Zinsen geltend. Sie errechnet auf der Grundlage des Restwerklohns der Klägerin in Höhe von 30.838,79 € einen Abzugsbetrag von 7.204,00 €, die sie an die J GmbH & Co. KG für die Änderung der Kranbrücken ausweislich deren Rechnung vom 23.09.2019 (Anl. B1, Bl. 98-99 d.A.) gezahlt habe, und macht im Übrigen einen Betrag in Höhe von 44.506,00 € für die Instandsetzung der Anlage geltend und verlangt den überschießenden Betrag von 22.099,97 € (rechnerisch richtig wohl 20.871,21 € (30.838,79 € abzgl. 7.204,00 € abzgl. 44.506,00 €)) im Wege der Widerklage.

51

Wegen § 650f Abs. 1 Satz 4 BGB scheidet aber im Sicherungsverfahren die auf streitige Gegenansprüche gestützte Widerklage aus (vgl. OLG Köln, Urteil vom 17. Juni 2020 – I-11 U 186/19 – MDR 2020, 1243; Hildebrandt, in: Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B, 5. Auflage 2019, § 650f BGB Rn. 48). Zwar stünden etwaige Gegenansprüche nach § 33 ZPO in einem Sachzusammenhang mit der erhobenen Klage auf Sicherheit zu der offenen Restvergütung. Jedoch ist deren Zulassung ausgeschlossen, weil es jeweils nur um einen vom Gesetz erlaubten Zusammenhang gehen kann; aus diesem Grund muss das damit verfolgte Verteidigungsmittel auch sachlich zulässig sein, was es gerade wegen der eindeutigen Regelung in § 650f Abs. 1 Satz 4 BGB nicht ist (vgl. OLG Köln, Urteil vom 17. Juni 2020 – I-11 U 186/19 – MDR 2020, 1243). Zudem widerspricht die Widerklage auch dem Charakter des Sicherungsverfahrens, welches ähnlich dem einstweiligen Verfügungsverfahren auf eine möglichst schnelle Abwicklung gerichtet ist (vgl. OLG Köln, Urteil vom 17. Juni 2020 – I-11 U 186/19 – MDR 2020, 1243). Dem einstweiligen Verfügungsverfahren ist jedoch eine Widerklage fremd (vgl. Schultzky, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 33 ZPO Rn. 23).

52

Da aber bei Erlass des Teilurteils auch mit einer abweichenden Entscheidung des Senats als Rechtsmittelgericht zu rechnen war, bestand die Gefahr widersprechender Entscheidungen.

53

c)

54

Anerkannt ist zwar, dass ein unzulässiges Teilurteil nicht aufgehoben werden muss, wenn sich die prozessuale Situation so entwickelt hat, dass es nicht mehr zu widersprüchlichen Entscheidungen kommen kann (vgl. BGH, Urteil vom 08. Mai 2014 – VII ZR 199/13 – VersR 2014, 1264; OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. September 2018 – 6 U 84/17 – WRP 2019, 117). Indes hat sich die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen durch die eventuelle Klagehäufung und die Erhebung der Widerklage ergeben. Die Sache ist indes hinsichtlich des Hilfsantrages und der Widerklage nicht entscheidungsreif, so dass eine Widersprüchlichkeiten vermeidende Gesamtentscheidung nicht getroffen werden kann.

55

d)

56

Ein Teilurteil ist zwar auch dann zulässig, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen besteht, aber diese Gefahr weder dadurch geschaffen noch verstärkt wird, das über den Hauptantrag eine Entscheidung im Wege des Teilurteils getroffen wird (vgl. Senat, Urteil vom 03. Dezember 2020 – I-24 U 14/20 – NJW-RR 2021, 268; OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. September 2018 – 6 U 84/17 – WRP 2019, 117; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Teilurteil vom 11. Dezember 2006 – 8 U 274/01 – 62 – zitiert nach juris). So liegen die Dinge hier indes nicht. Etwaige Widersprüche der vom Landgericht zu treffenden Entscheidung zur Begründung des Schlussurteils wären jedenfalls im Hinblick auf die mögliche Entscheidung zum Hilfsantrag und zur Widerklage und die in diesem Zusammenhang nicht auszuschließende Anwendung der Auslegungsregel des § 650k Abs. 2 BGB nur durch eine Aufhebung des Teilurteils zu vermeiden.

57

e)

58

Auch vor dem Sinn des § 650f BGB kann die Zulässigkeit des Teilurteils trotz der beschriebenen Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen nicht bejaht werden. Zwar will der Gesetzgeber dem Werkunternehmer eine rasche Entscheidung zur Bauhandwerkersicherung ermöglichen. Gleichwohl führt dies nicht zur Annahme, dass der Gesetzgeber deswegen die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen jedenfalls dann in Kauf zu nehmen gewillt ist, wenn mit dem Teilurteil über die Bauhandwerkersicherung zu entscheiden ist.

59

aa)

60

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll dem Werkunternehmer die Möglichkeit der Erlangung einer effektiven und zügigen Sicherung eröffnet werden.

61

Der Anspruch des Unternehmers auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung ist durch das Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Bauhandwerkersicherung) und anderer Gesetze vom 27.04.1993 (BGBl. 1993 I 509), sog. Bauhandwerkersicherungsgesetz, mit Wirkung vom 01.05.1993 als § 648a BGB a.F. in das Werkvertragsrecht des BGB inkorporiert worden. Mit dem Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30.03.2000 (BGBl. 2000 I 330) wurden § 648a Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB geändert und § 648a Abs. 5 Satz 3 und 4 neu in die Vorschrift eingefügt. Das am 01.01.2009 in Kraft getretene Gesetz zur Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen (Forderungssicherungsgesetz – FoSiG) vom 23.10.2008, BGBl. 2008 I 2022) brachte weitere Änderungen durch die Neufassung. Mit dem Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts hat die Vorschrift des § 648a BGB a.F. mit Wirkung zum 01.01.2018 ihren Standort gewechselt und ist nunmehr als § 650f BGB systematisch im Kapitel zum Bauvertragsrecht angesiedelt (vgl. Wittler/Zander, NJW 2021, 32 (34)).

62

Der Gesetzgeber erstrebte bereits mit dem Bauhandwerkersicherungsgesetz, dass der Unternehmer Sicherheit für die von ihm zu erbringenden Vorleistungen verlangen kann und er zu Vorleistungen nur gegen entsprechende Sicherheit für seinen voraussichtlichen Vergütungsanspruch verpflichtet sein soll (vgl. BT-Drs. 12/1836, 8). Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen ausdrücklich klargestellt, dass die Möglichkeiten des Werkunternehmers, fällige Ansprüche zügig gerichtlich geltend zu machen, verbessert werden sollen (vgl. BT-Drs. 14/1246, 1). Mit dem Forderungssicherungsgesetz sollte die Geltendmachung des Anspruchs auf Gewährung einer Bauhandwerkersicherung vereinfacht werden (vgl. BT-Drs. 16/511, 17). Dem Verlangen auf Sicherheitsleistung soll daher zügig entsprochen werden, weil sonst der gesetzliche Anspruch entwertet würde (vgl. BGH, Urteil vom 06. März 2014 – VII ZR 349/12 – NZBau 2014, 343), so dass entsprechende Einwendungen des Bestellers unberücksichtigt zu lassen sind, da eine Beweisaufnahme gerade nicht in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 06. März 2014 – VII ZR 349/12 – NZBau 2014, 343; KG Berlin, Urteil vom 15. Juni 2018 – 21 U 140/17 – zitiert nach juris). Die Folge ist, dass über den Sicherungsanspruch auf erkannt unsicherer und nicht abschließend geklärter Tatsachengrundlage zu entscheiden ist (vgl. KG Berlin, Urteil vom 26. Juli 2019 – 21 U 3/19 – zitiert nach juris).

63

bb)

64

Gleichwohl führt dies nicht zur Annahme, dass der Gesetzgeber die – hier gegebene – Gefahr sich widersprechender Entscheidungen jedenfalls hinsichtlich der Entscheidung über die Bauhandwerkersicherung zumindest hinnehmen wollte.

65

Der Gesetzgeber hat zwar im Entwurf des Forderungssicherungsgesetzes als misslich empfunden, dass die Rechtsprechung von der Möglichkeit des Erlasses eines Teilurteils nur zurückhaltend Gebrauch mache, was dazu führe, dass dem Werkunternehmer ein möglicher frühzeitiger Vollstreckungstitel vorenthalten werde (vgl. BT-Drs. 16/511, 11), was den gesetzgeberischen Willen, dem Verlangen auf Sicherheitsleistung zügig zu entsprechen, konterkariere. Dementsprechend sah der Entwurf des Forderungssicherungsgesetzes vor, der Entscheidung durch Teilurteil größere Bedeutung zu verschaffen und zu diesem Zweck § 301 Abs. 2 ZPO zu streichen, so dass vom Erlass eines Teilurteils nur noch in zwei, im Gesetzentwurf ausdrücklich genannten Ausnahmefällen habe abgesehen werden können (vgl. BT-Drs. 16/511, 11). Indes ist diese Änderung des § 301 ZPO letztlich gesetzgeberisch gerade nicht umgesetzt worden.

66

dd)

67

Ungeachtet dessen bedarf es des Erlasses eines Teilurteils über den Hauptantrag trotz der Gefahr widersprechender Entscheidungen schon deswegen nicht, weil der Klägerin zwar nicht wie im Falle der Bauhandwerkersicherungshypothek die Möglichkeit offenstand, nach §§ 650e BGB, 883, 885 ZPO im Wege der einstweiligen Verfügung die Eintragung einer Vormerkung zu erwirken, ohne dass ein Verfügungsgrund glaubhaft gemacht werden muss (vgl. Scheuch, in: Schulze, Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Auflage 2019 Rn. 8). Indes stand ihr die Möglichkeit offen, nur den Hauptantrag ohne Verknüpfung mit dem Hilfsantrag zu stellen. In diesem Falle wäre eine Anwendung der Auslegungsregel des § 650k Abs. 2 BGB im Rahmen eines Hilfsantrages nicht zu befürchten und zudem – wie bereits ausgeführt – die Erhebung der auf streitigen Gegenansprüchen gründenden Widerklage nicht möglich gewesen. Verknüpft die Klägerin indes ihr mit dem Hauptantrag verfolgtes Sicherungsverlangen innerprozessual mit dem mittels Hilfsantrag verfolgten Restwerklohnanspruchsbegehren, so bedingt sie erst hierdurch die Gefahr einer abweichenden Entscheidung zu § 650k Abs. 2 BGB und eröffnet die Möglichkeit, dass die Beklagte jedenfalls im Rahmen des Hilfsantrages ihre auf Mängel der Leistung gestützte Widerklage in zulässiger Weise erheben kann.

68

2.

69

Der Senat weist im Hinblick auf den Einwand der Klägerin, die Beklagte sei nicht Verbraucherin, vorsorglich darauf hin, dass das Landgericht wohl zutreffend angenommen hat, dass die Beklagte Verbraucherin ist.

70

Verbraucher ist gem. § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können (vgl. Merkle, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.01.2021, § 650i BGB Rn. 21). Auf Bauverträge, die ausschließlich den gewerblichen oder den selbstständigen beruflichen Zwecken des Bauherrn dienen, ist damit die Anwendung der verbraucherschützenden Vorschriften der §§ 650i ff. BGB von vornherein ausgeschlossen (vgl. Merkle, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.01.2021, § 650i BGB Rn. 27).

71

Vorliegend ist Gegenstand des Bauvertrages die Errichtung einer Halle, mit der die Beklagte Mieteinnahmen erzielt. Die Verwaltung eigenen Vermögens ist, unabhängig von dessen Höhe, grundsätzlich keine gewerbliche Tätigkeit (vgl. BGH, Urteil vom 03. März 2020 – XI ZR 461/18 – VersR 2020, 916; BGH, Urteil vom 20. Februar 2018 – XI ZR 445/17 – NJW 2018, 1812; BGH, Urteil vom 23. Oktober 2001 – XI ZR 63/01 – NJW 2002, 368). Die Vermögensverwaltung wird erst dann berufs- oder gewerbsmäßig, wenn der Umfang der mit ihr verbundenen Geschäfte einen planmäßigen Geschäftsbetrieb erfordert. Wann dies der Fall ist, ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 03. März 2020 – XI ZR 461/18 – VersR 2020, 916). Vorliegend hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass die Klägerin den Vortrag der Beklagten, sie sei Hausfrau und geringfügig im Unternehmen ihres Ehemannes beschäftigt, nicht hinreichend substantiiert bestritten hat.

72

Da die Vermietung lediglich an die C GmbH Metallverarbeitung erfolgte, ist weder dargetan noch anderweit erkennbar, dass ein erheblicher bürotechnischer Aufwand hiermit verbunden ist, zumal der Geschäftsführer der Mieterin der Ehemann der Beklagten ist und nach unwidersprochen gebliebenem Vortrag der Beklagten ein langfristiger Mietvertrag abgeschlossen wurde. Die Vermietung eines Objekts an eine geringe Anzahl von Personen oder wie hier an eine juristische Person, hält sich aber grundsätzlich im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung (vgl. BGH, Urteil vom 03. März 2020 – XI ZR 461/18 – VersR 2020, 916). Das Landgericht hat damit zutreffend entscheidend auf den Umfang der mit der Immobilienverwaltung verbundenen Tätigkeiten abgestellt und dabei den Umstand des Vorliegens nur eines Mitvertrages und die Langfristigkeit des Mietverhältnisses sowie den geringen Aufwand bei deren Verwaltung berücksichtigt. Seine Würdigung, dass diese Tätigkeiten insgesamt nicht das Bild eines planmäßigen Geschäftsbetriebs vermittelten, ist nicht zu beanstanden.

73

Soweit die Klägerin auf objektive Umstände verweist, vermengt sie die unstreitig gewerbliche Ausrichtung der Mieterin und die eigene vermietende Tätigkeit der Beklagten. Überdies weist sie zwar zutreffend darauf hin, dass die Auftragsbestätigung vom 11.04.2019 mit „T. H“ unterschrieben worden und die Anschreiben vom 12.11.2019 (Anl. K5, Bl. 70-71 d.A.) und 06.01.2020 (Anl. K5, S. 75 d.A.) an die „C Metallverarbeitung Zu Hd. Herrn Tfg H“ adressiert waren und auch die Zeichnungen dem Ehemann der Beklagten übermittelt wurden. Gleichwohl ist unstreitig, dass nicht der Ehemann der Beklagten oder die C GmbH Metallverarbeitung der Vertragspartner der Klägerin geworden ist, so dass es nicht darauf ankommt, ob diese Verbraucher sind, was sie zweifellos nicht sind, sondern die Beklagte. Zwar hat die Klägerin ursprünglich gemeint, dass der Ehemann der Beklagten Vertragspartner geworden sei; indes hat die Klägerin im Nachgang unstreitig gestellt, dass Vertragspartnerin die Beklagte ist.

74

Dass nach dem objektiven Empfängerhorizont die Klägerin davon ausgehen konnte, dass die Beklagte gewerblich tätig geworden sein könnte, ist nicht erkennbar. Zwar hat die Klägerin behauptet, ihr sei die Beklagte nur namentlich bekannt gewesen. Indes war der Klägerin bekannt, dass die Beklagte und ihr für sie handelnder Ehemann personenverschieden waren und lediglich ihr Ehemann für die C GmbH Metallverarbeitung als Mieterin auftrat.

75

3.

76

Auch die Annahme des Landgerichts, dass ein Verbraucherbauvertrag im Sinne des § 650i BGB vorliegt und damit die Ausnahmeregelung des § 650f Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt. BGB greift, ist wohl nicht zu beanstanden.

77

a)

78

Zutreffend hat das Landgericht entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht (vgl. Merkle, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.01.2021, § 650i BGB Rn. 34) angenommen, dass sich § 650i Abs. 1 BGB nicht auf den Bau von Wohngebäuden beschränkt (vgl. Retzlaff, in: Palandt, BGB, 80. Aufl. 2021, § 650i BGB Rn. 3; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl. 2020, Kapitel 5 Rn. 1167; Omlor, NJW 2018, 817(819); Pause, BauR 2017, 430 (431)). § 650i Abs. 1 BGB spricht von Gebäuden (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl. 2020, Kapitel 5 Rn. 1167). Eine Einschränkung auf Wohngebäude ergibt sich weder aus dem Wortlaut, den Gesetzesmaterialien noch aus dem sekundärrechtlichen Vorbild in der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 (ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 64, im Folgenden: RL 2011/83/EU; vgl. Omlor, NJW 2018, 817(819)). Die Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drs. 18/8486, 24 (61)) verweisen lediglich auf § 312b Abs. 3 Nr. 4 BGB, in welchem das Merkmal „Errichtung von Bauwerken“ enthalten war. Der Nutzungszweck kann lediglich Auswirkungen auf die notwendige Verbrauchereigenschaft des Bestellers haben. Allerdings ist es keinesfalls ausgeschlossen, dass ein Verbraucher ein Gebäude errichten lässt, das nicht Wohnzwecken dient. Verfolgt der Besteller einen Anlagezweck mit dem Bau eines Gebäudes, begründet allein dieser Umstand – wie bereits ausgeführt – nicht automatisch seine Unternehmereigenschaft nach § 14 BGB. Umgekehrt führt die geplante Errichtung eines Wohngebäudes aber auch nicht notwendigerweise zur Verbrauchereigenschaft des Bestellers.

79

Weiter zutreffend hat das Landgericht darauf verwiesen, dass uneinheitlich bewertet wird, ob bei einer gewerkeweisen Vergabe ein Verbraucherbauvertrag anzunehmen ist.

80

Nach einer Ansicht ist ein Verbraucherbauvertrag nur dann zu bejahen, wenn sich der Unternehmer zum Bau des gesamten Gebäudes in einem Vertrag verpflichtet (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl. 2020, Kapitel 5 Rn. 1167; Retzlaff, in: Palandt, BGB, 80. Aufl. 2021, § 650i BGB Rn. 3; Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 650i BGB Rn. 6; Hildebrandt, in: Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B; 5. Auflage 2019; § 650f BGB Rn. 22; Ehrl, DStR 2017, 2395 (2399); Wessel/Schwenker, MDR 2017, 1218 (1219); Omlor, NJW 2018, 817 (818)). Nach der Gegenansicht ist ein Verbraucherbauvertrag auch dann anzunehmen, wenn der Verbraucher das Bauvorhaben in mehrere Bauverträge aufspaltet, die er mit mehreren Unternehmern isoliert abschließt (vgl. Koeble, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, Teil 9 Rn. 121; Merkle, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.01.2021, § 650i BGB Rn. 37; Segger-Piening in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger zitiert nach jurisPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 01.02.2020, § 650i BGB Rn. 20; Vogel, BauR 2020, 388 (394 f.); Motzke, NZBau 2017, 515 (518)).

81

b)

82

Der Wortlaut des § 650i Abs. 1 BGB kann zwar so interpretiert werden, dass er gegen eine Einbeziehung der Einzelvergabe spricht (vgl. Merkle, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.01.2021, § 650i BGB Rn. 36; Omlor, NJW 2018, 817 (818); Segger-Piening in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger zitiert nach jurisPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 01.02.2020, § 650i BGB Rn. 19; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 17. Aufl. 2020, Kapitel 5 Rn. 1166). Nach dem Gesetzeswortlaut muss sich der Unternehmer zum Bau des gesamten Gebäudes in einem Vertrag verpflichten. Hierunter sind in jedem Fall Verträge des Generalübernehmers, des Generalunternehmers und des Fertighausherstellers zu subsumieren, die jeweils das gesamte Gebäude aus einer Hand errichten (vgl. Merkle, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.01.2021, § 650i BGB Rn. 36). Bei gewerkeweiser Vergabe, umfasst ein jeder dieser Verträge für sich gesehen nicht den Bau eines neuen Gebäudes (vgl. Segger-Piening in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger zitiert nach jurisPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 01.02.2020, § 650i BGB Rn. 19; Ehrl, DStR 2017, 2395 (2399)).

83

c)

84

Die Tatbestandsvoraussetzung „zum Bau eines neuen Gebäudes“ weicht wohl zudem vom Inhalt der Regelung in § 650a Abs. 1 BGB ab.

85

§ 650a Abs. 1 BGB qualifiziert einen Vertrag als Bauvertrag auch dann, wenn der Unternehmer zur Herstellung eines Teils eines Bauwerks verpflichtet wird. Das Tatbestandsmerkmal „Teil eines Bauwerks“ und damit die Beschreibung zum Bau eines neuen Gebäudes „oder eines Teils davon“ findet sich also gerade nicht in § 650i Abs. 1 BGB. Auch unter die Bereichsausnahme des § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB fallen nur Verträge über den Bau von Gebäuden oder erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden. Die gleichlautende Formulierung in § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB „Verträge über den Bau von Gebäuden“ ist möglicherweise nicht mit der Formulierung „bei einem Bauwerk“ im Sinne des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB gleichzusetzen; von der Privilegierung des § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB könnte nur das „Bauen aus einer Hand“ umfasst sein (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 23. März 2017 – 16 U 153/16 – BauR 2018, 142), da die Vorschrift des § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB wohl eng auszulegen ist (vgl. auch EuGH, Urteil vom 10. März 2005 – C-336/03 – NJW 2005, 3055). Sie beruht ebenso wie § 650i Abs. 1 BGB auf Art. 3 Abs. 3 f der RL 2011/83/EU (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 23. März 2017 – 16 U 153/16 – BauR 2018, 142).

86

d)

87

Eine Definition dessen, was unter dem „Bau eines neuen Gebäudes“ zu verstehen ist, findet sich im Gesetz nicht. Der Gesetzgeber hat aber ausdrücklich ausgeführt, dass der Anwendungsbereich für die Regelungen zum Verbraucherbauvertrag an die Vorgaben der RL 2011/83/EU anschließe (vgl. BT-Drs. 18/8486, 24 (61)).

88

Gemäß Art. 3 Abs. 3 lit. f RL 2011/83/EU gilt die Richtlinie nicht für Verträge über den Bau von neuen Gebäuden, erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden oder die Vermietung von Wohnraum, da nach dem Erwägungsgrund 26 RL 2011/83/EU die in der Richtlinie enthaltenen Bestimmungen sich nicht für umfangreichere Bauleistungen eigneten. Hieraus folgt, dass die Richtlinie nur für „kleinere“ Bauleistungen eine Regelung trifft (vgl. Motzke, NZBau 2017, 515 (518)). Im Ergebnis führte dies vor Inkrafttreten des Bauvertragsreformgesetzes dazu, dass auf der Grundlage der RL 2011/83/EU Verbraucher bei Verträgen über „kleinere“ Bauleistungen umfassender geschützt waren als bei solchen über „größere“ Bauleistungen (vgl. Busche, ZfPW 2018, 285 (295); Vogel, BauR 2020, 388 (391)).

89

Seit dem Inkrafttreten der Vorschriften zum Verbraucherbauvertrag bestehen nunmehr auch für Verträge über „größere“ Bauleistungen, die in § 650i Abs. 1 BGB in Anlehnung an die Bereichsausnahme in Art. 3 Abs. 3 lit. f RL 2011/83/EU beschrieben werden, weitreichende vorvertragliche Informationspflichten (§ 650j BGB iVm. Art. 249 EGBGB); zudem steht dem Verbraucher grundsätzlich auch ein Widerrufsrecht zu (§ 650l BGB iVm. § 355 BGB).

90

In Umsetzung der RL 2011/83/EU haben die Termini auch in § 312 Abs. 3 Nr. 3 BGB (zuvor § 312b Abs. 3 Nr. 4 BGB in der bis zum 12.06.2014 geltenden Fassung) Verwendung gefunden. Zum Begriff „Bau von neuen Gebäuden“ bietet daher § 312b Abs. 3 Nr. 4 BGB a. F. eine Orientierung (vgl. BT-Drs. 18/8486, 24 (61); Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 650i BGB Rn. 4; Wessel/Schwenker, MDR 2017, 1218 (1218)). Danach fanden die Vorschriften über Fernabsatzverträge keine Anwendung auf Verträge über die „Errichtung von Bauwerken“. Diese Vorschrift wurde von der Rechtsprechung im Sinne des Verbraucherschutzes eng ausgelegt und umfasste nur Verträge über Maßnahmen, die das Grundstück wesentlich umgestalteten und daher den klassischen Immobiliengeschäften gleichgestellt werden konnten (vgl. BT-Drs. 18/8486, 24 (61); Wendehorst, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 312b BGB Rn. 77; Ring, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB Schuldrecht, 2. Auflage 2012, § 312b BGB Rn. 124; Wessel/Schwenker, MDR 2017, 1218 (1218)). Dagegen fanden die Vorschriften des Fernabsatzrechtes Anwendung, wenn der Vertrag lediglich Erneuerungs-, Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen an den bestehenden Gebäuden betraf oder wenn es sich um ein Bauwerk untergeordneter Funktion, wie beispielsweise einen Carport oder einen Gartenschuppen handelte (vgl. BT-Drs. 18/8486, 24 (61); Wendehorst, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 312b BGB Rn. 77; Schmidt-Räntsch, in: Beck’scher Online-Kommentar BGB, Bamberger/Roth, Stand: 01.11.2011, § 312b BGB Rn. 47).

91

In Erwägungsgrund 26 RL 2011/83/EU wird zum Begriff der erheblichen Umbaumaßnahmen in Art. 3 Abs. 3 lit. f RL 2011/83/EU ausgeführt, dass darunter solche Umbaumaßnahmen fallen, die dem Bau eines neuen Gebäudes vergleichbar sind, beispielsweise Baumaßnahmen, bei denen nur die Fassade eines alten Gebäudes erhalten bleibt. Maßgeblich sind mithin Umfang und Komplexität des Eingriffs sowie das Ausmaß des Eingriffs in die bauliche Substanz des Gebäudes. Verträge zur Errichtung von Anbauten – z. B. einer Garage oder eines Wintergartens – sowie zur Instandsetzung bzw. Renovierung von Gebäuden, ohne dass es sich dabei um erhebliche Umbauarbeiten handelt, sind von der Ausnahme nicht erfasst (vgl. BT-Drs. 18/8486, 24 (61)).

92

Diese Differenzierung greift der Begriff des Verbraucherbauvertrags in § 650i Abs. 1 BGB auf (vgl. Segger-Piening in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger zitiert nach jurisPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 01.02.2020, § 650i BGB Rn. 7). Die dortigen Verbraucherbauverträge sind also solche, die nicht unter den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. Insofern soll eine ansonsten bestehende Schutzlücke für größere Verbraucherbauverträge (i.S.d. § 650i BGB) geschlossen werden, weil dies ansonsten „zu einem nicht akzeptablen Ungleichgewicht“ führte (vgl. BT-Drs. 18/8486, 24 (61); Segger-Piening in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger zitiert nach jurisPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 01.02.2020, § 650i BGB Rn. 7). Es erfolgt eine Art negative Umsetzung des Anwendungsbereichs der RL 2011/83/EU (vgl. Segger-Piening in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger zitiert nach jurisPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 01.02.2020, § 650i BGB Rn. 7).

93

e)

94

Im Regelungszusammenhang der RL 2011/83/EU stellt Art. 3 Abs. 3 lit. f RL 2011/83/EU einen Ausnahmetatbestand dar, so dass es naheliegt, die Merkmale im Interesse des Verbraucherschutzes eng auszulegen, um möglichst viele Verträge den für Verbraucher günstigen Informationspflichten zu unterstellen (vgl. Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 650i BGB Rn. 4). Das Merkmal „Bau eines neuen Gebäudes“ wäre hingegen in einem weiteren Sinne zu verstehen, um dem Regelungsanspruch der Vorschrift, nämlich dem Verbraucherschutz, gerecht zu werden (vgl. Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 650i BGB Rn. 4).

95

Wie bereits ausgeführt, verwendet § 650i Abs. 1 BGB einen engeren Begriff als § 650a BGB. Vor dem Hintergrund der Gewährleistung eines umfassenden Verbraucherschutzes könnte die fehlende Erwähnung des Vertrages über die Herstellung eines Bauwerks „oder eines Teils“ davon als unbeabsichtigte gesetzgeberische Lücke zu werten sein (vgl. Motzke, NZBau 2017, 515 (518)). Hierfür könnte streiten, dass Verbraucherbauverträge vom Rechtsschutzinteresse her betrachtet auch dann vorliegen müssten, wenn sich der Vertrag zum Beispiel auf den Dachstuhl, den Putz, den Estrich oder eine Technische Anlage eines Neubaus beschränkt (vgl. Motzke, NZBau 2017, 515 (518)). Ansonsten wären Verbraucherbauträge lediglich Verträge, nach deren Inhalt ein Gebäude schlüsselfertig zu erstellen ist (vgl. Motzke, NZBau 2017, 515 (518)). Hiergegen spricht aber, dass der Gesetzgeber, wie bereits ausgeführt, in § 650i Abs. 1 BGB die in der RL 2011/83/EU nicht erfassten Bauverträge ergänzend regeln wollte, um eine ansonsten bestehende Schutzlücke für größere Verbraucherbauverträge zu schließen (vgl. BT-Drs. 18/8486, 24 (61); Segger-Piening in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger zitiert nach jurisPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 01.02.2020, § 650i BGB Rn. 7; Orlowski, ZfBR 2016, 419 (430)).

96

f)

97

Hintergrund der gesetzlichen Regelung ist, dass beim Verbraucherbauvertrag eine Risikokumulation für Verbraucher in einem Vertrag besteht (vgl. Mansel, in: Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch, 18. Auflage 2021, § 650i BGB Rn. 5).

98

Indes könnte ein sachlicher Grund, warum der Bauherr bei gewerkeweise Vergabe weniger schutzwürdig ist, als der Bauherr, der sein Haus aus einer Hand errichten lässt, schwerlich auszumachen sein (vgl. Merkle, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.01.2021, § 650i BGB Rn. 37; Lenkeit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 650i BGB Rn. 23), obwohl es erklärtes gesetzgeberisches Ziel war, den Verbraucherschutz bei der Errichtung derartiger Gebäude deutlich zu verbessern (vgl. Lenkeit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 650i BGB Rn. 23) und bei enger Auslegung sich – im Vergleich zum alten Recht – eine Verschlechterung für Verbraucher bei Einzelvergabe ergäbe (vgl. Vogel, BauR 2020, 388 (395)).

99

Bei gewerkeweiser Vergabe ist der Bauherr gegenüber den Behörden für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften in der Verantwortung und sein finanzielles Risiko ist bei einer Gesamtbetrachtung wohl ebenfalls schutzwürdig, gerade wenn er im Einzelfall aus finanziellen Gründen gezwungen ist, einzelne Gewerke zeitlich gestaffelt und auch an verschiedene Unternehmer zu vergeben (vgl. Merkle, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.01.2021, § 650i BGB Rn. 37; Koeble, in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Auflage 2020, Teil 9 Rn. 121; Pause, BauR 2017, 430 (432)).

100

Zudem mag die Prüfung der finanziellen Rahmenbedingungen durch ein kreditgebendes Institut bei Einzelvergabe strenger erfolgen als im Rahmen der Finanzierung eines Bauvertrages mit einem Generalunternehmer (vgl. Lenkeit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 650i BGB Rn. 23).

101

Auch im Hinblick auf die strukturelle informationelle Unterlegenheit ist der Bauherr bei Einzelvergabe wohl ebenso schutzwürdig wie ein Verbraucher, der die Bauerrichtung einem Generalunternehmer oder Generalübernehmer überlasst (vgl. Lenkeit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 650i BGB Rn. 23).

102

Damit aber könnte es wertungswidersprüchlich scheinen, die Einzelvergabe als nicht erfasst anzusehen, wohl aber die Beauftragung eines Generalunternehmers (vgl. Segger-Piening in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger zitiert nach jurisPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 01.02.2020, § 650i BGB Rn. 20).

103

Umgekehrt böte sich bei einschränkender Auslegung dem Werkunternehmer die Möglichkeit, durch Aufspaltung eines an sich einheitlichen Werkvertrages in mehrere Einzelgewerksverträge sämtliche Verbraucherschutzvorschriften, insbesondere das Widerrufsrecht, die Baubeschreibungspflicht und den Anspruch auf die Übergabe von Unterlagen, zu umgehen (vgl. Lenkeit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 650i BGB Rn. 25). Der Gefahr, dass Werkunternehmer durch Aufspaltung eines an sich einheitlichen Werkvertrages in mehrere Einzelgewerksverträge sämtliche Verbraucherschutzvorschriften umgehen könnten, könnte zwar mit dem Umgehungsverbot des § 650o Satz 2 BGB begegnet werden (vgl. Merkle, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.01.2021, § 650i BGB Rn. 37; Lenkeit, in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3. Auflage 2018, § 650i BGB Rn. 25). Indes trägt die Beweislast für das Vorliegen eines Umgehungsgeschäfts der Verbraucher (vgl. Merkle, in: beck-online.GK, Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.04.2021, § 650o BGB Rn. 24).

104

Ferner erfolgte auch bei einer Einzelvergabe nach Fertigstellung des Bauwerks eine wesentliche Umgestaltung des Grundstücks (vgl. Segger-Piening in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger zitiert nach jurisPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 01.02.2020, § 650i BGB Rn. 20).

105

Soweit das finanzielle Risiko betroffen ist, mag das finanzielle Gesamtrisiko auch bei Einzelvergabe dem Risiko bei einer Errichtung „aus einer Hand“ gleichkommen, auch wenn das Insolvenzrisiko bei Einzelvergabe aufgeteilt sein dürfte (vgl. Segger-Piening in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger zitiert nach jurisPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 01.02.2020, § 650i BGB Rn. 20) und der Verbraucher bei Einzelvergabe gegenüber einer Gesamtvergabe in finanzieller Sicht im Vorteil sein könnte, da er unter mehreren Angeboten hinsichtlich jedes einzelnen Gewerks auswählen kann, während der Verbraucher bei Gesamtvergabe auf die Preise der Einzelgewerke keinen oder kaum Einfluss haben kann.

106

g)

107

Auch die Umsetzungsverpflichtung, die aus der RL 2011/83/EU resultiert und insoweit Vorrang genießt, gebietet eine einschränkende Auslegung des § 650i Abs. 1 BGB BGB nicht (vgl. Polkowski, in: Dauner-Lieb/Langen, BGB Schuldrecht, 4. Auflage 2021, § 650i BGB Rn. 12; Segger-Piening in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger zitiert nach jurisPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 01.02.2020, § 650i BGB Rn. 7). Zwar versteht sich § 650i Abs. 1 BGB – wie ausgeführt – als Komplementärnorm zu Art. 3 Abs. 3 lit. f RL 2011/83/EU (vgl. Omlor, NJW 2018, 817 (818), Vogel, BauR 2020, 388 (392)) und die RL 2011/83/EU nach Art. 4 RL 2011/83/EU verfolgt im Grundsatz eine Vollharmonisierung, so dass es Mitgliedstaaten verwehrt sein kann, mildere oder strengere Vorschriften in den von der Richtlinie geregelten Bereichen zu erlassen (vgl. Omlor, NJW 2018, 817 (818), Vogel, BauR 2020, 388 (392); Pause, BauR 2017, 430 (433)). Insofern enthalten Art. 5 Abs. 4, Art. 6 Abs. 8 RL 2011/83/EU ausdrücklich allein die Befugnis für die Mitgliedstaaten, strengere Vorschriften zu den Informationspflichten vorzusehen.

108

Wie aber bereits ausgeführt, spezifiziert der Erwägungsgrund 26 der RL 2011/83/EU den Zweck des Ausschlusses dahingehend, dass die Richtlinie für solche Verträge keine geeigneten Bestimmungen enthält und die Mitgliedstaaten besondere Schutzbestimmungen für derartige Verträge haben (vgl. Segger-Piening in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger zitiert nach jurisPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 01.02.2020, § 650i BGB Rn. 21). Diese Schutzbestimmungen können aber – wie gerade der Bauwerksvertrag zeigt – auch die Errichtung in Einzelgewerken betreffen (vgl. Voit, in: BeckOK BGB, Hau/Poseck, Stand: 01.05.2020, § 650i BGB Rn. 4). Wie zudem bereits ausgeführt, stellen sich bei einer Einzelvergabe – mit Ausnahme des Insolvenzrisikos – dieselben sachlichen Probleme wie bei einer Gesamtvergabe (vgl. Segger-Piening in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger zitiert nach jurisPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 01.02.2020, § 650i BGB Rn. 21). Beachtlich ist auch, dass nach § 650i Abs. 1 BGB auch Werkverträge über erhebliche Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude Verbraucherbauverträge sein können. Dann aber wäre sachlich nicht zu rechtfertigen, dass bei einer gewerkeweisen Vergabe, wenn damit jeweils eine Umgestaltung des Grundstücks erfolgt, kein Verbraucherbauvertrag anzunehmen wäre. Voraussetzung ist allerdings, dass – wie hier – die Beauftragung zeitgleich oder in engem zeitlichem Zusammenhang erfolgt und die Erstellung eines neuen Gebäudes für den Unternehmer ersichtlich ist; auch müssen die Gewerke zum Bau des neuen Gebäudes selbst beitragen (vgl. Segger-Piening in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger zitiert nach jurisPK-BGB, 9. Aufl., Stand: 01.02.2020, § 650i BGB Rn. 22).

109

III.

110

Das zurückverweisende Urteil enthält keine Kostenentscheidung; diese ist dem erstinstanzlichen Schlussurteil vorbehalten (vgl. OLG Celle, Urteil vom 08. Juli 2020 – 14 U 25/18 – zitiert nach juris).

111

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10 Satz 1 ZPO. Aufhebende und zurückverweisende Urteile sind für vorläufig vollstreckbar zu erklären (vgl. OLG Celle, Urteil vom 08. Juli 2020 – 14 U 25/18 – zitiert nach juris; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 04. Januar 2018 – 7 U 146/15 – zitiert nach juris; OLG München, Urteil vom 18. September 2002 – 27 U 1011/01 – zitiert nach juris). Obgleich ein Fall des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vorliegt, ist mangels vollstreckbaren Leistungsanspruchs eine Anordnung nach § 711 ZPO gegenstandslos (vgl. OLG Braunschweig, Urteil vom 22. Mai 2019 – 11 U 18/19 – zitiert nach juris).

112

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Das Urteil hat keine über den Einzelfall hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts. Denn eine Entscheidung über die von den Parteien aufgeworfene Frage, ob ein Verbraucherbauvertrag auch bei gewerkeweiser Vergabe vorliegt, ist seitens des Senats, der dem Landgericht insoweit lediglich Hinweise zu seiner derzeitigen rechtlichen Bewertung erteilt hat, nicht veranlasst.

 

VertragsManagement – VertragsMan Bau ®: Volltext-Entscheidungen: BGH, VII ZR 10/17

VertragsManagement - VertragsMan Bau ®: Volltext-Entscheidungen:
BGH, VII ZR 10/17

Dem Auftragnehmer kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Mehrvergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B (2006) zustehen, soweit es infolge der verzögerten Vergabe zu einer Verschiebung der Ausführungsfristen gekommen ist. Maßgeblich für die Ermittlung der Höhe der an den Auftragnehmer zu zahlenden Mehrvergütung sind diejenigen Mehrkosten, die ursächlich auf die Verschiebung der Bauzeit zurückzuführen sind. Sie ergeben sich im rechtlichen Ausgangspunkt aus der Differenz zwischen den Kosten, die beim Auftragnehmer für die Ausführung der Bauleistung tatsächlich angefallen sind, und den Kosten, die er bei Erbringung der Bauleistung in dem nach der Ausschreibung vorgesehenen Zeitraum hätte aufwenden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2012 – VII ZR 202/09 Rn. 13 f., BauR 2012, 939 = NZBau 2012, 287; Urteil vom 10. September 2009 – VII ZR 152/08 Rn. 42, BauR 2009, 1901 = NZBau 2009, 771; Urteil vom 11. Mai 2009 – VII ZR 11/08 Rn. 49, BGHZ 181, 47). In Ermangelung gegenteiliger tatsächlicher Anhaltspunkte können die für die Berechnung der Mehrkosten heranzuziehenden, vom Auftragnehmer bei Einhaltung der geplanten Bauzeit zu tragenden Kosten den Marktpreisen im Zeitpunkt des geplanten Baubeginns entsprechen. Soweit der Auftragnehmer schlüssig darzulegen vermag, dass er bei geplantem Bauablauf – der Üblichkeit entsprechend oder aufgrund besonderer Umstände im konkreten Einzelfall – Baustoffe, Material und/oder Nachunternehmerleistungen zu einem früheren Zeitpunkt oder zu anderen Preisen eingekauft hätte, ist dies maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 10. September 2009 – VII ZR 152/08 Rn. 44, BauR 2009, 1901 = NZBau 2009, 771).

Tatbestand

Die Klägerin macht eine restliche Vergütungsforderung aus dem Bauvorhaben „T. Süd, Neubau der Straßenüberführung S. “ in L. , eine Straßenüberführung über die Gleisanlagen der D. AG im Bereich des Bayerischen Bahnhofs, geltend.

Auf die Ausschreibung der Beklagten gab die Klägerin am 15. Februar 2007 ein Angebot über 1.443.523 € ab. Die Zuschlagsfrist war auf den 2. April 2007 bestimmt. Die Geltung der VOB/B (2006) war vereinbart. In den Besonderen Vertragsbedingungen, die Teil der Ausschreibungsunterlagen waren, war vorgesehen, dass die Ausführung frühestens 36 Werktage nach Zuschlagserteilung beginnen und spätestens am 31. Juli 2008 beendet sein sollte. Nachdem die Beklagte die Bindefrist mit Zustimmung der Klägerin mehrmals verlängert hatte, erteilte sie der Klägerin am 22. Juni 2007 den Zuschlag auf ihr Angebot. Mit Schreiben vom 5. Juli 2007 übergab die Klägerin entsprechend der in den Besonderen Vertragsbedingungen niedergelegten Vertragspflicht einen an den verspäteten Zuschlag angepassten Bauablaufplan, wonach die Baustelleneinrichtung am 27. August 2007 beginnen solle und bis zur Winterpause am 19. November 2007 die Fundamente der Widerlager hergestellt würden; nach der Winterpause sollten die Arbeiten am 4. Februar 2008 wiederaufgenommen und am 17. Oktober 2008 fertiggestellt sein.

Da Schacht- und Erlaubnisscheine für die Arbeiten auf dem Gelände der D. AG nicht rechtzeitig vorlagen, war ein Baubeginn zum 27. August 2007 nicht möglich. Die Bauerlaubnis wurde seitens der Eigentümerin schließlich am 5. November 2007 erteilt; die Arbeiten begannen am 19. November 2007. Die Klägerin führte die Arbeiten bis zum 2. September 2009 aus, an dem auch die Abnahme durch die Beklagte erfolgte. Die Klägerin meldete Mehrkostenansprüche wegen des verzögerten Zuschlags und der durch den Baustopp eingetretenen Bauverzögerung an, über die die Parteien im Rahmen der vorgerichtlichen Korrespondenz keine Einigung erzielten.

Mit Schlussrechnung vom 5. März 2010 ermittelte die Klägerin unter Berücksichtigung von Abschlagszahlungen der Beklagten eine Restforderung in Höhe von 692.803,55 €. Die Beklagte leistete darauf eine Zahlung von 55.660,84 €. Zu Titel 1.9 erfolgte eine Rechnungskürzung in Höhe von 3.032,32 € wegen eines von der Beklagten geltend gemachten Schadensersatzanspruchs für Mängel an der Spundwand. Die Klägerin macht mit der Klage Mehrvergütungsansprüche geltend, die aus der verzögerten Vergabe und aus dem von der Beklagten verhängten Baustopp resultieren, daneben den Ersatz von Gutachterkosten sowie restliche Vergütungsansprüche.

Sie hat in erster Instanz die Zahlung eines Betrags von 600.921,74 € sowie die Feststellung gefordert, dass die Beklagte die von der Klägerin einge- zahlten Gerichtskosten ab dem Zeitpunkt ihres Eingangs zu verzinsen habe. Das Landgericht hat die Beklagte unter Vorbehalt der Entscheidung über die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit einer Schadensersatzforderung in Höhe von 3.032,32 € für die Kosten der Planung der Spundwandsicherung zur Zahlung von 325.196,07 € zuzüglich Zinsen verurteilt und die beantragte Feststellung ge- troffen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Hiergegen haben die Klägerin und die Beklagte Berufung eingelegt, die Beklagte mit dem Ziel, den unter Vorbehalt ausgeurteilten Betrag um einen Betrag von 213.305,58 € zu ermäßigen und die Abweisung der Klage hinsichtlich des Feststellungsantrags zu erreichen. Die Klägerin hat eine Abänderung des landgerichtlichen Urteils dahin erstrebt, dass die Beklagte über den zuerkannten Betrag hinaus zur Zahlung weiterer 134.173,12 € zuzüglich anteiliger Zinsen sowie hilfsweise zur Zahlung eines Betrags von 10.460,01 € verurteilt wird. Das Berufungsgericht hat unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen die Beklagte unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Zahlung von 210.896,43 € unter Vorbehalt der Entscheidung über die zur Aufrechnung gestellte Forderung in Höhe von 3.032,32 € zuzüglich anteiliger Zinsen verurteilt und den Feststellungsantrag abgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision, mit der sie die Aufhebung des Berufungsurteils in Höhe eines Betrags von 80.505,74 € nebst anteiliger Zinsen begehrt. Die Klägerin hat nach erfolgloser Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde Anschlussrevision erhoben, mit der sie beantragt, die Beklagte über die erfolgte Verurteilung hinaus zur Zahlung eines Betrags in Höhe von weiteren 86.456,13 € brutto zuzüglich anteiliger Zinsen zu verurteilen.

Gründe

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die zulässige Anschlussrevision der Klägerin ist dagegen unbegründet.

Auf das Schuldverhältnis ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung anzuwenden, Art. 229 § 39 EGBGB. A. Revision der Beklagten Die Revision der Beklagten führt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Die Beklagte wendet sich mit der Revision ausschließlich gegen die Zuerkennung von Kosten für ein Privatgutachten im Umfang von 80.505,74 € brutto, welches die Klägerin in Vorbereitung auf die Schlussrechnung und zur Ermittlung der verzögerungsbedingt entstandenen Mehrkosten eingeholt hat.

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Klägerin stehe dem Grunde nach sowohl wegen der Vergabeverzögerung als auch wegen des Baustopps ein Anspruch auf Mehrvergütung zu. Dieser Anspruch ergebe sich für die Vergabeverzögerung aus § 2 Nr. 5 VOB/B (2006) analog und für den Baustopp unmittelbar aus § 2 Nr. 5 VOB/B (2006), weil mit diesem eine Bauzeitänderung angeordnet werde, die eine Änderung im Sinne von § 2 Nr. 5 VOB/B (2006) darstelle. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Auftragnehmer nach § 2 Nr. 5 VOB/B (2006) einen Anspruch auf Erstattung der Kosten eines von ihm zur Begründung seines Nachtrags und der Schlussrechnung eingeholten Gutachtens habe, sei allerdings umstritten. Jedenfalls für den vorliegenden Fall, dass der Auftragnehmer die Nachtragsbearbeitung nicht selbst durchführen könne und sie an einen baubetrieblichen Sachverständigen vergebe, bestehe nach der überwiegenden Ansicht ein Anspruch auf Mehrkostenvergütung nach § 2 Nr. 5 VOB/B (2006) in Höhe der erforderlichen Kosten des Privatgutachtens. Dieser Auffassung sei zu folgen. Die Kosten der Einschaltung von Prof. Dr. B. durch die Klägerin seien erforderlich. Die Feststellungen des Landgerichts zur Angemessenheit und zur Höhe der streitgegenständlichen Kosten des Sachverständigen seien nach § 529 Abs. 1 ZPO bindend. Es bestünden keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Vollständigkeit oder Richtigkeit dieser Feststellungen.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Kosten des von ihr eingeholten Privatgutachtens nicht zuerkannt werden.

1. Die Kosten eines Privatgutachtens, die der Auftragnehmer zur Ermittlung der Vergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B (insoweit wortgleich mit der Altfassung von 2006) aufwendet, sind vom Auftraggeber nicht nach dieser Bestimmung als Teil der Mehrkosten zu erstatten. Es kann daher dahinstehen, ob die Annahme des Berufungsgerichts zutrifft, ein Baustopp in einem VOB/B-Bauvertrag habe einen Mehrvergütungsanspruch nach § 2 Abs. 5 VOB/B zur Folge, weil mit diesem eine Bauzeitänderung angeordnet werde, die als Änderung im Sinne von § 2 Abs. 5 VOB/B anzusehen sei.

a) Der Meinungsstand zu der Frage, ob die Kosten zur Ermittlung der Mehrvergütung nach § 2 5 VOB/B erstattungsfähig sind, ist uneinheitlich (vgl. hierzu im Überblick Merkens, NZBau 2012, 529). Zum Teil wird eine Erstattungsfähigkeit dieser Kosten nach § 2 Abs. 5 VOB/B abgelehnt (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 2. Dezember 2015 – 11 U 102/12, BauR 2016, 1173, juris Rn. 18; OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. November 2011 – VI-U (Kart) 12/11, BauR 2012, 651, juris Rn. 102; Merkens, NZBau 2012, 529, 533; Krebs/Schuller, BauR 2007, 636, 640; Weise, NJW-Spezial 2007, 444, 445; Althaus/Bartsch in Althaus/Heindl, Der öffentliche Bauauftrag, 3. Aufl., Teil 4, Rn. 234; BeckOK VOB/B/Kandel, Stand: 31. Januar 2020, § 2 Abs. 5 VOB/B Rn. 89). Dagegen wird eine Erstattung dieser Kosten als Teil der Mehrvergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B bejaht (vgl. Kues in Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B, 5. Aufl., § 2 Rn. 272, 276; Marbach, BauR 2003, 1794, 1797; Duve/Richter, BauR 2007, 1490; Jahn/Klein, NZBau 2013, 473; Duve, NJW 2014, 2992; Bahner, NZBau 2017, 738; Roquette/Viering/Leupertz, Handbuch Bauzeit, 3. Aufl., Rn. 983-986; Leinemann in Leinemann, VOB/B, 7. Aufl., § 2 Rn. 340; Genschow/Stelter, Störungen im Bauablauf, 2. Aufl., S. 100; LG Schwerin, Urteil vom 28. Juni 2017 – 3 O 162/16, NZBau 2017, 736). Teilweise wird bei den Befürwortern einer Erstattungsfähigkeit dieser Kosten danach differenziert, ob es sich um externe Kosten handelt, die grundsätzlich erstattungsfähig seien, wenn sie erforderlich seien, oder um interne Kosten, die nicht vom Auftraggeber zu vergüten seien (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 9. Januar 2013 – 1 U 1554/09, BauR 2015, 1488, juris Rn. 686; OLG Celle, Urteil vom 22. Juli 2009, BauR 2009, 1591, juris Rn. 49; Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB Teile A und B, 21. Aufl., § 2 Abs. 5 VOB/B Rn. 60 ff.; Kapellmann/Schiffers/Markus, Vergütung, Nachträge und Behinderungsfolgen beim Bauvertrag, Band 1, 7. Aufl., Rn. 1106; Beck’scher VOB/B-Kommentar/Jansen, 3. Aufl., § 2 Abs. 5 Rn. 68a).

b) Der Senat entscheidet die Frage hinsichtlich der Kosten eines Privatgutachtens zur Ermittlung der Mehrvergütung nach § 2 5 VOB/B dahin, dass diese nicht als Teil der Mehrkosten vom Auftraggeber zu erstatten sind. Die Kosten, die zur Ermittlung der Vergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B aufgewendet werden, können nicht selbst Gegenstand dieser Vergütung sein (so auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. November 2011 – VI-U (Kart) 12/11, BauR 2012, 651, juris Rn. 102; ähnlich Weise, NJW-Spezial 2007, 444). Insbesondere handelt es sich nicht allein deswegen um „Mehrkosten“ im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B, weil sie vom Auftragnehmer zunächst nicht einkalkuliert worden sind und auch nicht werden konnten (a.A. Jahn/Klein, NZBau 2013, 473, 476 f.; Duve/Richter, BauR 2007, 1490, 1493; Leinemann in Leinemann, VOB/B, 7. Aufl., § 2 Rn. 340; Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB Teile A und B, 21. Aufl., § 2 Abs. 5 VOB/B Rn. 60 ff.). § 2 Abs. 5 VOB/B regelt die Verpflichtung der Vertragsparteien zur Vereinbarung eines neuen Preises unter Berücksichtigung von Mehr- und Minderkosten, wenn durch eine Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert werden. Dies ist bei der gebotenen objektiven Auslegung dahin zu verstehen, dass die Parteien bei der Vereinbarung des neuen Preises die Mehr- und Minderkosten berücksichtigen sollen, die im Zusammenhang mit der Ausführung der betroffenen vertraglich vereinbarten Leistung anfallen. Hierzu gehören nicht die Kosten, die erforderlich sind, um im Falle einer fehlenden Vereinbarung der Parteien die geschuldete Vergütung erst zu ermitteln oder darzulegen.

c) Der Auftragnehmer kann die Kosten eines Privatgutachtens zur Ermittlung und Darlegung der nach § 2 5 VOB/B vom Auftraggeber geschuldeten Vergütung auch nicht auf der Grundlage der Bestimmung in § 2 Abs. 9 Nr. 1 VOB/B erstattet verlangen (a.A. Kues in Nicklisch/Weick/Jansen/Seibel, VOB/B, 5. Aufl., § 2 Rn. 277; Marbach, BauR 2003, 1794, 1800 f.). Danach hat der Auftraggeber Zeichnungen, Berechnungen oder andere Unterlagen, die der Auftragnehmer nach dem Vertrag, besonders den Technischen Vertragsbedingungen oder der gewerblichen Verkehrssitte, nicht zu beschaffen hat, zu vergüten, wenn er sie vom Auftragnehmer verlangt. Ein Verlangen des Auftraggebers gegenüber dem Auftragnehmer, ein Gutachten über die Höhe der nach § 2 Abs. 5 VOB/B zu beanspruchenden Vergütung vorzulegen, liegt nicht schon in der Änderung des Bauentwurfs, einer anderen Anordnung des Auftraggebers oder der verspäteten Zuschlagserteilung, die sich auf die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung auswirkt.

2. Die vorstehenden Ausführungen zur Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatgutachtens gelten entsprechend, soweit eine Mehrvergütung in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Abs. 5 VOB/B aufgrund einer verzögerten Vergabe in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2012 – VII ZR 202/09 Rn. 13 f., BauR 2012, 939 = NZBau 2012, 287; Urteil vom 10. September 2009 – VII ZR 152/08 Rn. 42, BauR 2009, 1901 = NZBau 2009, 771; Urteil vom 11. Mai 2009 – VII ZR 11/08 Rn. 49, BGHZ 181, 47).

3. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Das Berufungsgericht hat – von seinem Standpunkt aus betrachtet folgerichtig – keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung der aufgewandten Gutachterkosten aus einem anderen Rechtsgrund zustehen könnte.

4. Danach kann das Urteil des Berufungsgerichts im angefochtenen Umfang keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsurteil ist im Umfang der Revisionsanfechtung vielmehr aufzuheben und die Sache ist insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen nachholen kann.

III.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Die Klägerin macht den Ersatz der von ihr aufgewendeten Kosten eines Privatgutachtens zur Ermittlung und Darlegung der nach § 2 Nr. 5 VOB/B (2006) oder in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B (2006) von der Beklagten geschuldeten Vergütung im Rahmen eines materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs geltend. Die Durchsetzung eines solchen Anspruchs kann eingeschränkt sein, soweit die geltend gemachten Kosten mit denjenigen Kosten identisch sind, die im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden können (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 – VI ZR 520/16 Rn. 18, BauR 2018, 551 = NZBau 2018, 98; Urteil vom 11. Februar 2010 – VII ZR 153/08 Rn. 13, BauR 2010, 778 = NZBau 2010, 312). Diese Einschränkung dient dazu, Unterschiede zwischen einer auf gleichem Sachverhalt beruhenden Entscheidung über den materiellrechtlichen Anspruch einerseits und den prozessualen Kostenerstattungsanspruch andererseits zu vermeiden und räumt insoweit dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch im Grundsatz den Vorrang ein, sofern der Prozess geführt wird oder geführt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 – VI ZR 520/16 Rn. 18, BauR 2018, 551 = NZBau 2018, 98; Beschluss vom 9. Februar 2012 – VII ZB 95/09 Rn. 8, BauR 2012, 834 = NZBau 2012, 290; Urteil vom 11. Februar 2010 – VII ZR 153/08 Rn. 13, BauR 2010, 778 = NZBau 2010, 312).

Für einen materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch ist grundsätzlich kein Raum, soweit es um Kosten geht, die durch die Einleitung und Führung eines Prozesses ausgelöst werden; ihre Erstattung richtet sich nach prozessrechtlichen Grundsätzen. Anders verhält es sich mit Aufwendungen, die vor Beginn eines Prozesses gemacht werden. Sie können zwar nach Erlass einer Kostenentscheidung aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit in das Fest- setzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO einbezogen werden, soweit sie der Vorbereitung eines konkreten bevorstehenden Rechtsstreits gedient haben (sogenannte Vorbereitungskosten). Das schließt aber nicht aus, dass diese Kosten, deren Entstehungsgrund nicht der Rechtsstreit selbst ist, auch Gegenstand eines materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs sein können. In solchen Fällen, in denen neben dem materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch ein sich mit ihm deckender, im Kostenfestsetzungsverfahren verfolgbarer prozessualer Erstattungsanspruch besteht, ist stets zu prüfen, ob für die selbständige Geltendmachung des (materiellrechtlichen) Anspruchs ein Rechtsschutzbedürfnis vorhanden ist. Dieses wird in der Regel zu bejahen sein, wenn die vorprozessual entstandenen Aufwendungen, mögen sie auch aus nachträglicher Sicht im Ergebnis der Vorbereitung eines Rechtsstreits gedient haben, primär zu dessen Abwendung bestimmt waren (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 1986 – III ZR 268/85, WM 1987, 247, juris Rn. 30 ff.).

Das Berufungsgericht wird ausgehend von diesen Grundsätzen unter Gewährung rechtlichen Gehörs gegenüber den Parteien zunächst zu prüfen haben, ob im Streitfall ein Rechtsschutzbedürfnis für die selbständige Geltendmachung eines (materiellrechtlichen) Kostenerstattungsanspruchs besteht. Ferner wird es – sofern es dieses bejaht -, zu den rechtlichen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs, zu denen die Parteien ebenfalls noch Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten müssen, die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen haben.

Sollte es das Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses verneinen, wird ergänzend zu erwägen sein, ob und gegebenenfalls wie sich die Höhe der von der Klägerin vorprozessual aufgewendeten Privatgutachterkosten im Rahmen der zu treffenden Kostenentscheidung auf eine verhältnismäßige Teilung der Kosten zwischen den Parteien entsprechend den sich aus § 92 Abs. 1 Satz 1, § 96 ZPO ergebenden Grundgedanken auswirkt (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 1988 – IX ZR 127/87, NJW 1988, 2173, juris Rn. 30; Urteil vom 28. November 1955 – II ZR 19/55, BGHZ 19, 172, juris Rn. 14; Stein/Jonas/Muthorst, ZPO, 23. Aufl., § 92 Rn. 8; MünchKommZPO/Schulz, 6. Aufl., § 92 Rn.12).

B. Anschlussrevision der Klägerin

I.

Die Anschlussrevision der Klägerin ist zulässig. Sie ist gemäß § 554 Abs. 2, 3 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden und betrifft hinsichtlich der geltend gemachten Mehrkosten wegen einer Zuschlagsverzögerung auch einen Lebenssachverhalt, der mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand in einem rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang steht (vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 2019 – VII ZR 154/18 Rn. 38, BauR 2019, 1648 = NZBau 2019, 572; Urteil vom 6. Dezember 2018 – VII ZR 71/15 Rn. 29, BauR 2019, 668 = NZBau 2019, 170; Urteil vom 18. September 2009 – V ZR 75/08 Rn. 27, NJW 2009, 3787; Urteil vom 22. November 2007 – I ZR 74/05 Rn. 38 ff., BGHZ 174, 244).

II.

Die Anschlussrevision ist in der Sache jedoch nicht begründet. Die Klägerin greift mit der Anschlussrevision zwei Positionen an, zum einen die Abweisung des Anspruchs auf Ersatz von Mehrkosten für die technische Bearbeitung in Höhe von netto 15.386 € (dazu unter 1.) und zum anderen die Abweisung des Anspruchs auf Ersatz der Kosten des Baugrubenverbaus in Höhe von netto 57.266,20 € (dazu unter 2.), zusammengerechnet brutto einen Betrag in Höhe von 86.456,13 €.

1. a) Das Berufungsgericht hat hinsichtlich der Abweisung des Anspruchs auf Mehrkosten für die technische Bearbeitung in Höhe von netto 15.386 €, brutto 18.309,34 €, – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B (2006) zu. Sie mache geltend, dass sie bei Angebotserstellung ausgehend von einem Angebot der O. GmbH (im Folgenden: O. GmbH) vom 12. Februar 2007 über pauschal 19.500 € für die statische Beratung, Ausführungsplanungen und Zeichnungen kalkuliert habe. Der Preis sei wegen vorübergehender, zuletzt nicht mehr bestehender Vakanzen bei der O. GmbH so günstig gewesen. Infolge der Verlängerung der Zuschlagsfrist habe die O. GmbH nach Zuschlagserteilung die Ausführung der Arbeiten zu dem Preis abgelehnt.

Ein Anspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B (2006) sei bereits dem Grunde nach nicht gegeben. Die von der Klägerin geltend gemachten Mehrkosten seien nicht ursächlich auf die durch den späteren Zuschlag bewirkte Verschiebung der Bauzeit zurückzuführen. Die Kostensteigerung habe ihren Grund vielmehr darin, dass die Klägerin ausgehend von dem Angebot der O. GmbH mit einem den Mindestsatz der HOAI unterschreitenden Betrag kalkuliert habe. Der Klägerin habe bereits bei ihrer Angebotsabgabe kein bis zum Zeitpunkt des zunächst bestimmten Zuschlagstermins bindendes Angebot der O. GmbH vorgelegen. An der erforderlichen Kausalität fehle es aber auch deshalb, weil der Klägerin, als sie den Verlängerungen der Bindefrist zugestimmt habe, ein bindendes Angebot nicht mehr vorgelegen habe. Dies ergebe sich aus dem Schreiben der O. GmbH vom 29. Juni 2007, für dessen Richtigkeit und Vollständigkeit eine tatsächliche Vermutung spreche.

Die Position sei auch entscheidungsreif. Es bedürfe nicht der allein auf unzulässige Ausforschung gerichteten Vernehmung der von der Klägerin benannten Zeugen. Die pauschale Behauptung der Klägerin zu dem Grund der Absage der O. GmbH sei nicht erheblich. Der neue tatsächliche Vortrag der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11. November 2016 bleibe nach § 296a ZPO unberücksichtigt, er biete keinen Anlass, die mündliche Verhandlung nach § 156 ZPO wiederzueröffnen.

b) Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

Dem Auftragnehmer kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Mehrvergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B (2006) zustehen, soweit es infolge der verzögerten Vergabe zu einer Verschiebung der Ausführungsfristen gekommen ist. Maßgeblich für die Ermittlung der Höhe der an den Auftragnehmer zu zahlenden Mehrvergütung sind diejenigen Mehrkosten, die ursächlich auf die Verschiebung der Bauzeit zurückzuführen sind. Sie ergeben sich im rechtlichen Ausgangspunkt aus der Differenz zwischen den Kosten, die beim Auftragnehmer für die Ausführung der Bauleistung tatsächlich angefallen sind, und den Kosten, die er bei Erbringung der Bauleistung in dem nach der Ausschreibung vorgesehenen Zeitraum hätte aufwenden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2012 – VII ZR 202/09 Rn. 13 f., BauR 2012, 939 = NZBau 2012, 287; Urteil vom 10. September 2009 – VII ZR 152/08 Rn. 42, BauR 2009, 1901 = NZBau 2009, 771; Urteil vom 11. Mai 2009 – VII ZR 11/08 Rn. 49, BGHZ 181, 47). In Ermangelung gegenteiliger tatsächlicher Anhaltspunkte können die für die Berechnung der Mehrkosten heranzuziehenden, vom Auftragnehmer bei Einhaltung der geplanten Bauzeit zu tragenden Kosten den Marktpreisen im Zeitpunkt des geplanten Baubeginns entsprechen. Soweit der Auftragnehmer schlüssig darzulegen vermag, dass er bei geplantem Bauablauf – der Üblichkeit entsprechend oder aufgrund besonderer Umstände im konkreten Einzelfall – Baustoffe, Material und/oder Nachunternehmerleistungen zu einem früheren Zeitpunkt oder zu anderen Preisen eingekauft hätte, ist dies maßgeblich (vgl. BGH, Urteil vom 10. September 2009 – VII ZR 152/08 Rn. 44, BauR 2009, 1901 = NZBau 2009, 771).

Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Klägerin im vorliegenden Fall nicht hinreichend dargelegt hat, dass die von ihr verlangten Mehrkosten für die technische Bearbeitung auf eine Verschiebung der Ausführungszeit zurückzuführen waren. Es hat – insoweit von der Anschlussrevision nicht angegriffen – festgestellt, dass hinsichtlich der Vergütung für die technische Bearbeitung infolge der Verschiebung der Ausführungszeit keine Preissteigerung eingetreten ist. Die Mehrkosten ergeben sich nach dem Vortrag der Klägerin vielmehr daraus, dass sie infolge der Verschiebung der Ausführungszeit für die technische Bearbeitung von Mitte April 2007 auf Anfang Juli 2007 das Angebot der O. GmbH vom 12. Februar 2007 zu einem Pauschalpreis von 19.500 € nicht mehr habe annehmen können, weil sich die O. GmbH hieran zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gebunden sah. Eine Kausalität der Verschiebung der Ausführungsfrist für die geltend gemachten Mehrkosten ist bei dieser Sachlage nur dann gegeben, wenn die O. GmbH für den angedachten Ausführungszeitraum Mitte April 2007 ein bindendes Angebot zu dem genannten Pauschalpreis von 19.500 € abgegeben hat. Denn nur dann hat die Verschiebung der Ausführungsfrist im konkreten Fall Einfluss auf die von der Klägerin aufzuwendenden Kosten haben können. Dies hat die Klägerin jedoch nicht behauptet. Aus dem vorgelegten Angebot der O. GmbH vom 12. Februar 2007 ergibt sich eine solche zeitliche Angebotsbindung nicht (vgl. § 147 Abs. 2, § 148 BGB). Die Klägerin hat eine Bindungsfrist darüber hinaus auch nicht anderweit behauptet, sondern mit der Anschlussrevision vielmehr die Auffassung vertreten, auf die Frage, ob die O. GmbH ein für den ursprünglich geplanten Ausführungsbeginn bindendes Angebot vorgelegt hatte, komme es nicht an. Sie ist darüber hinaus der Feststellung des Berufungsgerichts nicht entgegengetreten, wonach der Klägerin bereits bei Angebotsabgabe kein auch nur bis zum Zeitpunkt des zunächst bestimmten Zuschlagstermins bindendes Angebot der O. GmbH vorgelegen hat. Ein Mehrvergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B (2006) scheidet daher bereits dem Grunde nach aus.

Auf die weiteren von der Anschlussrevision erhobenen Rügen, insbesondere zu dem als übergangen gerügten Vortrag und dem angebotenen Zeugenbeweis, kommt es danach nicht entscheidend an, weil der diesbezügliche Vortrag zugunsten der Klägerin als richtig unterstellt werden kann, ohne dass sich an dem rechtlichen Ergebnis etwas ändert.

2. a) Soweit es um die Erstattung der Kosten des Baugrubenverbaus – Spundbohlen in Höhe von 57.266,20 € netto, 68.146,79 € brutto, wegen verspäteten Zuschlags in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B (2006) -geht, hält das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin nicht für begründet. Diese verfolge diesen Anspruch mit der Begründung, sie sei bei der Kalkulation des Angebots von dem kostenneutralen Einsatz gebrauchter Spundbohlen bei der Herstellung des Baugrubenverbaus durch ihren Nachunternehmer P. (im Folgenden: P. ) ausgegangen. Die gebrauchten Spundbohlen seien dann aber wegen der eingetretenen Verzögerung zum Zeitpunkt der Ausführung des Baugrundverbaus wegen anderweitiger Disposition nicht mehr verfügbar gewesen, so dass sie neue Spundbohlen habe erwerben müssen.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, das Erfordernis, neue Spundbohlen zu erwerben, beruhe nicht auf der Verschiebung der Bauzeit infolge der Zuschlagsverzögerung. Der Inhalt des Schreibens der P. vom 26. April 2007 schließe diese Feststellung aus. Denn dort sei angegeben, dass die kalkulierten Spundbohlen auf Grund der zeitlichen Verschiebung (Verlängerung der Zuschlagsfrist) nicht mehr verfügbar seien. Weitergehende Angaben seien der P. nicht möglich gewesen. Wenn die gebrauchten Spundbohlen aber schon nach Verlängerung der Zuschlagsfrist in Unkenntnis der Auswirkungen auf die Bauzeit für ein anderes Bauvorhaben disponiert worden seien, beruhe der Erwerb weiterer Spundbohlen nicht auf der Bauzeitverschiebung, sondern auf einer abweichenden Planung anlässlich der Verschiebung des Zuschlagstermins. Das Risiko von Mehraufwendungen, die nicht durch eine Bauzeitverschiebung verursacht würden, trage der Bieter. Die insoweit darlegungsbelastete Klägerin habe darüber hinaus keinen erheblichen Vortrag gehalten. Da der Vortrag der Klägerin nicht schlüssig sei, bestehe kein Anlass die insoweit von ihr benannten Zeugen zu vernehmen. Ihre Vernehmung wäre auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet.

b) Dies hält der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls stand.

Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Voraussetzungen eines Mehrvergütungsanspruchs in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B (2006) nicht vorliegen. Die von der Klägerin insoweit geltend gemachten Mehrkosten sind nicht kausal auf die Verschiebung der Ausführungsfristen zurückzuführen und damit nicht erstattungsfähig.

Nach der oben unter II. 1. b) dargelegten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht ein Mehrvergütungsanspruch des Auftragnehmers in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B (2006) nicht, wenn sich die behauptete Preissteigerung nicht durch eine Verschiebung der Ausführungsfristen, sondern lediglich durch eine Verschiebung des Zuschlags ergeben hat. Ändern sich die Kalkulationsgrundlagen eines Bieters infolge einer Verschiebung des Zuschlags, ohne dass dies zu einer Änderung der Ausführungsfristen führt, kommt eine Preisanpassung nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 10. September 2009 – VII ZR 82/08 Rn. 20, BGHZ 182, 218; Urteil vom 10. September 2009 – VII ZR 152/08 Rn. 30 ff., BauR 2009, 1901 = NZBau 2009, 771). So liegt der Fall hier. Die Klägerin trägt lediglich vor, dass die P. ein bis zur ursprünglichen Zuschlagsfrist am 2. April 2007 befristetes Angebot für die Verwendung gebrauchter Spundbohlen abgegeben hatte. Die Frist für die Ausführung der Arbeiten begann jedoch nicht am 2. April 2007, sondern erst sechs Wochen später. Da die P. sich bereits vor Beginn der Ausführungsfrist nicht mehr an ihr Angebot gebunden sah, spielt eine etwaige Verschiebung der Ausführungsfrist für die der Klägerin durch die anderweitige Beschaffung der Spundbohlen entstandenen Kosten keine Rolle.

Die Rügen der Anschlussrevision greifen nicht durch. Es kommt nicht darauf an, dass die Klägerin am 2. April 2007 in der Lage gewesen wäre, das Angebot der P. vom 7. Februar 2007 noch anzunehmen. Eine Kausalität zwischen der Verschiebung der Ausführungsfristen und den angefallenen Mehrkosten kann die Klägerin hiermit gerade nicht belegen. Mangels Erheblichkeit ihrer Behauptung musste das Berufungsgericht dem angebotenen Zeugenbeweis nicht nachgehen.

Pamp Kartzke Jurgeleit Graßnack Sacher Vorinstanzen:

LG Leipzig, Entscheidung vom 10.03.2015 – 4 O 3918/10

OLG Dresden, Entscheidung vom 30.12.2016 – 12 U 547/15

VertragsManagement – VertragsMan Bau ®: Volltext-Entscheidungen: Oberlandesgericht Hamm, 7 U 89/20

VertragsManagement - VertragsMan Bau ®: Volltext-Entscheidungen:
Oberlandesgericht Hamm, 7 U 89/20:

Das Verlegen eines Erdkabels über einen Fahrradweg begründet eine abhilfebedürftige Gefahrenquelle, deren fehlende Absicherung eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Verlegenden bedeutet

1.

Das Verlegen eines Erdkabels über einen Fahrradweg begründet eine abhilfebedürftige Gefahrenquelle, deren fehlende Absicherung eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Verlegenden bedeutet.

  • 2.

Für die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch seinen Verrichtungsgehilfen muss der Geschäftsherr nach § 831 BGB verschuldensunabhängig (und gesamtschuldnerisch neben seinem Verrichtungsgehilfen) einstehen, wenn er – wie hier – den Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht führen kann.

  • 3.

Ist ein über einen Fahrradweg verlegtes Erdkabel im Einzelfall weder schwer erkennbar noch überraschend, kann dem Fahrradfahrer ein Verstoß gegen das Sichtfahrgebot nach § 3 Abs. 1 Satz 4 StVO und damit ein haftungsbegründendes Mitverschulden nach § 254 Abs. 1 BGB – hier in Höhe von 50 % – vorgeworfen werden (anders – im Einzelfall – bei einem über einen Feldweg gespannten Stacheldraht BGH Urt. v. 23.4.2020 – III ZR 251/17, VersR 2020, 1062 Rn. 37 f. m. w. N.; BGH Urt. v. 23.4.2020 – III ZR 250/17, RdL 2020, 427 Rn. 38 f. m. w. N.).

1

G r ü n d e

2

(abgekürzt gemäß §§ 313a Abs. 1 Satz 1, 540 Abs. 2, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO)

3

I.

4

Die Berufung ist (nur) teilweise begründet.

5

Sie hat Erfolg, soweit mit ihr die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten verfolgt wird, der Klägerin bereits entstandene und künftige materielle Schäden aus dem Unfall vom 13.04.2018 auf dem Radweg der A-Straße in B zu 50 % und ihren zukünftigen unfallbedingten, derzeit nicht vorhersehbaren immateriellen Schaden unter Berücksichtigung eines klägerischen Eigenverschuldens von 50 % zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.

6

Sie ist hingegen unbegründet, soweit die Klägerin die Zuerkennung eines höheren Schmerzensgeldbetrages sowie den Ausgleich weiterer vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten begehrt.

7

Im Einzelnen:

8

1.

9

Der Beklagte haftet der Klägerin aus § 831 Abs. 1 BGB; denn er hat die Zeugen C und D als seine Beschäftigten zu einer Verrichtung, hier der Bergung des Erdkabels unter Einsatz eines Baggers, bestellt und diese haben in Ausführung dieser Verrichtung der Klägerin widerrechtlich Schaden zugefügt, ohne dass der Beklagte sich entlastet hat.

10

a.

11

Die erstinstanzlich als Zeugen vernommenen Mitarbeiter C und D wurden unzweifelhaft als Verrichtungsgehilfen in Ausübung der ihnen durch den Beklagten als Arbeitgeber übertragenen Aufgabe der Bergung des Erdkabels weisungsgebunden tätig. Hierbei haben sie eine abhilfebedürftige Gefahrenstelle dadurch geschaffen, dass der mit der Ausführung der Kabelbergung durch den Beklagten betraute Baggerführer und Zeuge C – wohl bedingt durch den Straßenverlauf – im Bereich der späteren Unfallstelle das Erdkabel statt wie zuvor praktiziert am Rand verlaufend nunmehr quer über den Rad- und Gehweg zog und der ihn unterstützende und zur Absicherung eingesetzte Kollege D gleichwohl untätig blieb und keine Sicherungsmaßnahmen, insbesondere keine Warnung für die auf dem Radweg gemäß dessen Bestimmung herannahenden Radfahrer(innen), einleitete. Da die Klägerin unstreitig im Bereich der Gefahrenstelle stürzte, spricht bereits der Anschein für eine Kausalität zwischen Gefahrenstelle und Sturz, durch den die Klägerin unstreitig verletzt wurde.

12

aa.

13

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Verkehrssicherungspflichtig ist auch derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine eingetretene Gefahrenlage andauern lässt (BGH, Urt. v. 19.01.2021 – VI ZR 194/18, VersR 2021, 460 Rn. 8; BGH, Urt. v. 02.10.2012 – VI ZR 311/11, BGHZ 195, 30 = r+s 2013, 97 Rn. 6 m. w. N.).

14

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die den Umständen nach zuzumuten sind (BGH, Urt. v. 19.01.2021 – VI ZR 194/18, VersR 2021, 460 Rn. 8; BGH Urt. v. 02.10.2012 – VI ZR 311/11, BGHZ 195, 30 = r+s 2013, 97 Rn. 7 m. w. N.).

15

Kommt es in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden, so muss der Geschädigte – so hart dies im Einzelfall sein mag – den Schaden selbst tragen (BGH, Urt. v. 19.01.2021 – VI ZR 194/18, VersR 2021, 460 Rn. 9; BGH Urt. v. 02.10.2012 – VI ZR 311/11, BGHZ 195, 30 = r+s 2013, 97 Rn. 8).

16

bb.

17

Hier war es der Zeuge C, der vor Ort die Baustelle verantwortlich geleitet hat. Er war es, der durch das eigentliche Bergen des Kabels unmittelbar die abhilfebedürftige Gefahrenstelle zum Entstehen gebracht hat, ohne allerdings pflichtgemäß entweder durch eigenes enges Überwachen der genauen Lage des gezogenen Kabels oder des herannahenden Radverkehrs oder unter Rückgriff auf seinen Kollegen D für eine Sicherstellung des seitlichen Kabelverlaufs oder für eine Warnung herannahenden Radverkehrs Sorge getragen zu haben. Ebenso unzureichend auf die erkennbare Gefahrenstelle reagiert hat der Zeuge D, der weder in den Kabelverlauf korrigierend eingegriffen noch die herannahende Klägerin gewarnt hat. Beiden Zeugen fällt damit zur Last, eine abhilfebedürftige Gefahrenstelle geschaffen bzw. aufrechterhalten zu haben. Angesichts der abschüssigen und weitgehend gerade verlaufenden Strecke konnten und durften sie nicht – wie der streitgegenständliche Unfall belegt – schlicht darauf vertrauen, dass Radfahrer(innen) jeglichen vom dem losen und daher potentiell rollenden Kabel ausgehenden Gefahren selbst rechtzeitig begegnen konnten.

18

b.

19

Der Beklagte als Geschäftsherr handelte auch schuldhaft, da er den Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht geführt hat.

20

Nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB werden sowohl das Verschulden des Geschäftsherrn als auch die Kausalität seines Sorgfaltsverstoßes für den Schadenseintritt widerleglich vermutet. Der Geschäftsherr muss sich mithin mit Blick auf sein Verschulden exkulpieren. Zu diesem Zweck hat er nachzuweisen, dass er die erforderliche Sorgfalt bei der Auswahl und – obgleich im Wortlaut nicht genannt – auch bei der Instruktion und Überwachung des Verrichtungsgehilfen eingehalten hat. Der Sorgfaltsmaßstab richtet sich nach der Verkehrsanschauung sowie den konkreten Einzelfallumständen (vgl. z.B. HK-BGB/Ansgar Staudinger, 10. Aufl. 2019, BGB § 831 Rn. 10, 11, beck-online).

21

Die Einzelumstände waren streitgegenständlich dadurch gekennzeichnet, dass das zu bergende Erdkabel parallel zum Rad- und Gehweg verlegt war, der Weg aber, da er zur Bergung genutzt werden musste, aus Sicht der Zeugen nicht vollständig gesperrt werden konnte. Insoweit drängte es sich auf, dass geeignete Maßnahmen zu ergreifen waren, um insbesondere Gefahrenstellen für Radfahrer(innen) abzusichern. Das wurde offenbar auch seitens des Beklagten im Vorfeld erkannt; denn er hat schriftsätzlich vortragen lassen, was der erstinstanzlich vernommene Zeuge D auch bestätigt hat, dass die Zeugen D und C darauf hingewiesen wurden, bei der Durchführung der Arbeiten darauf zu achten, Personen im öffentlichen Verkehrsraum nicht zu gefährden. Der Zeuge D bekundete konkret, es habe Anweisungen gegeben, die Baustelle abzusperren und keine Steine auf der Straße liegen zu lassen. Über den Fahrradweg sei allerdings nicht explizit gesprochen worden.

22

Gerade dieser aber war es, der im besonderen Maße bei dem „Ziehen“ des Kabels in Anspruch genommen wurde, weil der Weg als Fahrstrecke für den das Kabel aus dem Erdreich ziehenden Bagger genutzt wurde und – wie die unstreitig geschaffene Gefahrenstelle belegt – ein stabiler Verlauf des gezogenen und damit losen Kabels unmittelbar neben dem und nicht quer über den Radweg gerade nicht gesichert war. Da weder vom Beklagten dargetan noch sonst ersichtlich ist, inwieweit es zielführende Instruktionen zur Wegsicherung im Vorfeld gegeben hat, lässt sich schon eine den Beklagten entlastende sorgfältige Anleitung seiner Verrichtungsgehilfen nicht feststellen – abgesehen davon, dass auch eine zumindest stichprobenartige Überwachung der Tätigkeit der Zeugen C und D offenbar nicht stattgefunden hat. Die Kausalität dieser Sorgfaltspflichtverstöße des Beklagten für die eingetretene Schädigung wird im Rahmen des § 831 BGB wiederum vermutet, so dass die Haftung des Beklagten dem Grunde nach gegeben ist.

23

2.

24

Allerdings muss sich die Klägerin ein Mitverschulden bei der Schadensentstehung (§ 254 Abs. 1 BGB) entgegenhalten lassen, das auch der Senat unter den Umständen des Falles mit 50 % bemisst.

25

a.

26

Im Rahmen der nach § 254 BGB vorzunehmenden Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge können nur solche Umstände zu Lasten eines Beteiligten berücksichtigt werden, die unstreitig oder bewiesen sind und die sich ursächlich auf die Entstehung des Schadens ausgewirkt haben. Nur vermutete Tatbeiträge oder die bloße Möglichkeit einer Schadensverursachung auf Grund geschaffener Gefährdungslage haben deswegen außer Betracht zu bleiben (OLG Hamm, Beschl. v. 02.01.2018 – 7 U 44/17, juris Rn. 37; OLG Hamm, Beschl. v. 10.04.2018 – 7 U 5/18, juris Rn. 28).

27

b.

28

Gestützt durch ihre eigenen Angaben im Rahmen ihrer Anhörung gem. § 141 ZPO im Senatstermin fällt der Klägerin ein Verstoß gegen das sog. Sichtfahrgebot des § 3 Abs. 1 Satz 4 StVO zur Last.

29

aa.

30

Das Sichtfahrgebot, das auch für Fahrradfahrer gilt, verlangt, dass der Fahrer vor einem Hindernis, das sich innerhalb der übersehbaren Strecke auf der Straße befindet, anhalten kann. Er muss beim Fahren auf Sicht dementsprechend prüfen, wie weit er sehen und ob er mit der gefahrenen Geschwindigkeit noch rechtzeitig anhalten kann, wenn im sich beim Fahren regelmäßig in Fahrtrichtung verschiebenden Sichtbereich – genauer am Ende der sich verschiebenden übersehbaren Strecke – ein Hindernis auf der Fahrbahn erscheint. Maßgeblich ist damit, dass der Fahrer innerhalb der übersehbaren Strecke anhalten kann. Nur auf gegebenenfalls erst aus wenigen Metern erkennbare Objekte muss der Fahrer seine Geschwindigkeit – bei allerdings Anwendung eines strengen Maßstabs hinsichtlich der Erkennbarkeit – nicht einrichten. Insoweit wird das Sichtfahrgebot durch den Vertrauensgrundsatz für solche Hindernisse begrenzt, mit denen der Fahrer unter keinem vertretbaren Gesichtspunkt rechnen muss. Dies betrifft etwa Hindernisse, die wegen ihrer besonderen Beschaffenheit ungewöhnlich schwer erkennbar sind oder deren Erkennbarkeit in atypischer Weise besonders erschwert ist und auf die nichts hindeutet. Ein Radfahrer ist demnach nicht verpflichtet, lückenlos den unmittelbar vor seinem Rad liegenden Bereich noch gezielt im Auge zu behalten und auf Hindernisse zu überprüfen, die – bei an sich übersichtlicher Lage – aus größerer Entfernung noch nicht zu erkennen waren (so BGH, Urt. v. 23.04.2020 – III ZR 251/17, VersR 2020, 1062 Rn. 37 m. w. N.).

31

bb.

32

Das ca. 20m quer über den Radweg verlaufende 4 cm dicke Erdkabel war für die Klägerin weder schwer erkennbar noch überraschend. Vielmehr haben die von der Klägerin erkannten tatsächlichen Umstände deutlich Anlass geboten, den unmittelbar vor ihrem Rad liegenden Bereich gezielt im Auge zu behalten und auf Hindernisse zu überprüfen. So hatte die Klägerin ihren eigenen Angaben zufolge sowohl erkannt, dass sie einen Baustellenbereich durchfuhr, als auch konkret das lose Erdkabel am Rand des Radweges wahrgenommen. Sie ist eine Strecke von jedenfalls mehr als 10 Metern neben ihm hergefahren. Dabei hat sie offenbar schlicht darauf vertraut, das Kabel werde auch weiter neben dem Radweg verbleiben. Nur so lässt sich erklären, dass sie es gerade nicht im Blick behalten hat, mit unverminderter Geschwindigkeit weitergefahren ist und daher den Querverlauf zu spät erkannt hat, obwohl dieser mangels Sichtbehinderung und – wie die nach dem Unfall angefertigten und in Augenschein genommenen Lichtbilder (Bl. 8 f. BeiA) belegen – durch den Farbunterschied zwischen hellem Asphaltbelag und dunklem Kabel unproblematisch von weitem erkennbar war. Infolgedessen hat sie durch ihr nicht situationsangepasstes Verhalten maßgeblich zum Sturzgeschehen beigetragen.

33

c.

34

Bei wertender Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge stehen sich diese gleichwertig gegenüber. Es handelt sich jeweils um deutliche Verstöße, da sich sowohl der Beklagte als auch die Klägerin den zwanglos erkennbaren Gefahrensituationen verschlossen und naheliegende Vorkehrungen unterlassen haben.

35

Folglich haftet der Beklagte der Klägerin nach einer Quote von 50 % bzw. ist bei der Schadensbemessung der Höhe nach ein Eigenverschulden der Klägerin im Umfang von 50 % zu berücksichtigen.

36

3.

37

Nach dieser Maßgabe hat die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung eines weiteren über die erstinstanzlich ausgeurteilten 1.000,00 EUR hinausgehenden Schmerzensgeldes aus §§ 831 Abs. 1 Satz 1, 253 Abs. 2 BGB nebst Zinsen.

38

a.

39

Unter Zugrundelegung der erlittenen Verletzungen und ihrer Folgen sowie des Eigenverschuldens der Klägerin ist ein Schmerzensgeld von insgesamt 3.000,00 EUR angemessen, aber auch ausreichend.

40

aa.

41

Mit der gefestigten Rechtsprechung hängt die Höhe des zuzubilligenden Schmerzensgeldes entscheidend von dem Maß der Lebensbeeinträchtigung ab, soweit diese bei Schluss der mündlichen Verhandlung bereits eingetreten war oder für die Zukunft erkennbar und objektiv vorhersehbar ist (vgl. aktuell OLG Hamm, Urt. v. 05.03.2021 – 9 U 221/19, juris Rn. 7; OLG Hamm, Urt. v. 19.01.2016 – 7 U 52/15, juris Rn. 23; OLG Hamm, Urt. v. 21.12.2012 – 9 U 38/12, juris Rn. 34). Die Schwere dieser Belastungen wird vor allem durch die Stärke, Heftigkeit und Dauer der erlittenen Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen bestimmt, wobei etwaigen Dauerfolgen der Verletzungen besonderes Gewicht zukommt (vgl. BGH, Beschl. v. 06.07.1955 – GSZ 1/55, wolterskluwer.online Rn. 16; OLG Hamm, Urt. v. 21.12.2012 – 9 U 38/12, juris Rn. 34). Im Sinne einer Objektivierung der Leiden wirken sich insbesondere die Art der Verletzungen, die Zahl der Operationen, die Dauer der stationären und ambulanten Behandlung, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und das Ausmaß eines eingetretenen Dauerschadens bei der Bemessung eines angemessenen Schmerzensgeldes aus (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 05.03.2021 – 9 U 221/19 unter Hinweis auf OLG Hamm, Urt. v. 11.09.2020 – 9 U 96/20, NJW-Spezial 2020, 715, juris Rn. 3; OLG Celle, Urt. v. 04.11.2020 – 14 U 81/20, juris Rn. 12 und OLG Celle, Urt. v.19.02.2020 – 14 U 69/19, juris Rn. 53 f. m. w. N.).

42

Der Maßstab für eine billige Entschädigung im Sinne des § 253 Abs. 2 BGB muss unter Berücksichtigung ihrer Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion für jeden einzelnen Fall durch Würdigung und Wägung aller ihn prägenden Umstände neu gewonnen werden. Bei der Bemessung des angemessenen Schmerzensgeldes unterliegt der Tatrichter von Gesetzes wegen keinen betragsmäßigen Beschränkungen. Hierbei muss er aber im Hinblick auf den Gleichheitssatz das gewonnene Ergebnis anhand von in sog. Schmerzensgeldtabellen erfassten Vergleichsfällen überprüfen, wobei die dort ausgewiesenen Beträge schon wegen der meist nur begrenzt vergleichbaren Verletzungsbilder nicht schematisch übernommen werden dürfen (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 22.01.2021 – 7 U 18/20, juris Rn. 26). Insoweit sind bei der Bemessung des Schmerzensgeldes sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Schmerzensgeldentscheidungen anderer Gerichte zu benennen genügt allein nicht. Ausgangspunkt sind Art der Behandlung (Krankenhaus/Reha) und Dauer der Beeinträchtigung (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 18.10.2018 – 22 U 97/16, juris Rn. 62). Bei der Heranziehung von Vergleichsfällen ist zudem zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung bei der Bemessung von Schmerzensgeld nach gravierenden Verletzungen deutlich großzügiger verfährt als früher und zu Gunsten eines Geschädigten die zwischenzeitliche Geldentwertung zu berücksichtigen ist (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 22.01.2021 – 7 U 18/20, juris Rn. 26; OLG München, Urt. v. 09.09.2020 – 10 U 1722/18, juris Rn. 24).

43

Das Berufungsgericht hat die erstinstanzliche Schmerzensgeldbemessung auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen gemäß § 513 Abs. 1 ZPO in vollem Umfang darauf zu überprüfen, ob sie überzeugt. Hält das Berufungsgericht sie zwar für vertretbar, letztlich aber bei Berücksichtigung aller Gesichtspunkte nicht für sachlich überzeugend, so darf und muss es nach eigenem Ermessen einen eigenen, dem Einzelfall angemessenen Schmerzensgeldbetrag finden. Das Berufungsgericht darf es demnach nicht dabei belassen, zu prüfen, ob die Bemessung Rechtsfehler enthält, insbesondere ob das Gericht sich mit allen maßgeblichen Umständen ausreichend auseinander gesetzt und eine angemessene Beziehung der Entschädigung zu Art und Dauer der Verletzungen bemüht hat (vgl. BGH, Urt. v. 28.03.2006 – VI ZR 46/05, juris Rn. 30; OLG Hamm, Beschl. v. 22.01.2021 – 7 U 18/20, juris Rn. 12).

44

bb.

45

Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht der Klägerin bereits auf der Grundlage ihres – hier unterstellten – eigenen Vortrags kein höheres, also 3.000,00 EUR übersteigendes Schmerzensgeld zu.

46

Der Schmerzensgeldbemessung zu Grunde liegen zunächst sämtliche von der Klägerin behaupteten Primärverletzungen mit insbesondere dem handgelenksnahen Speichenbruch links, den Prellungen im Bereich beider Knie, der traumatischen Einblutung in den Hoffa’schen Fettkörper am rechten Knie, der Verletzung am rechten Sprunggelenk, den trotz getragenen Helms erlittenen Prellungen am Kopf, dem HWS und der blutenden Nase.

47

Die Einschränkungen in der Lebensführung machen sich auch für den Senat an der insbesondere im unmittelbaren Nachgang des schädigenden Ereignisses gegebenen Beeinträchtigung an immerhin drei Gliedmaßen (linkes Handgelenk und beide untere Extremitäten) fest, wobei allerdings die konservativ behandelte Bruchverletzung am linken Handgelenk die schwerwiegendste Primärverletzung darstellt. Weiter hat der Senat berücksichtigt, dass die Klägerin zwar noch bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Physiotherapie erhält, allerdings vorrangig wegen unfallunabhängiger Beschwerden; unfallabhängige Beschwerden stehen insoweit nicht im Vordergrund, sondern werden – soweit vorhanden, was zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden kann – lediglich mitbehandelt.

48

Darüber hinaus hat der Senat auch die weitergehenden Verletzungsfolgen (sog. Sekundärschäden, vgl. etwa BGH, Urt. v. 29.01.2019 – VI ZR 113/17, juris Rn. 12 ff.) bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu Grunde gelegt. Danach ist durch den Unfall, wie in dem Arztbrief des Dr. med. E vom 07.06.2021 (Bl. 139 GA) beschrieben, eine Fehlstellung des distalen Radius zurückgeblieben, die zu einer Fehlbelastung des linken Handgelenks und in deren Folge zu einer posttraumatischen Arthrose geführt hat. Als praktische Auswirkung ist zu Grunde gelegt worden, dass das Handgelenk bei Benutzung wie etwa dem Radfahren zu schmerzen beginnt, worauf die Klägerin mit einem Ausschütteln der Hand reagiert. Berücksichtigt wurde zudem, dass die von der Klägerin beschriebenen Beschwerden am rechten Knie auch auf die unfallbedingte traumatische Einblutung in den Hoffa’schen Fettkörper zurückzuführen sind, und ihre Probleme, längere Strecken zu Fuß zu bewältigen, nicht allein oder überwiegend auf die bei der Klägerin am rechten Knie unfallunabhängig gegebene Varusgonarthrose zurückzuführen sind.

49

Einer weiteren Sachverhaltsaufklärung durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens auf Antrag der Klägerin bedurfte es daher nicht, da der Senat die von der Klägerin beschriebenen Auswirkungen des Fahrradunfalls vollumfänglich zu Grunde legt und sie weder schriftsätzlich noch im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung weitere greifbare Anknüpfungstatsachen vorgetragen hat. Soweit gegenbeweislich angeboten bedarf es der Einholung des medizinischen Sachverständigengutachtens nicht, da mit dem vorliegenden Urteil kein weiteres, über den erstinstanzlich rechtskräftig zuerkannten Betrag hinausgehendes Schmerzensgeld zugesprochen wird.

50

Das so ohne den Eigenverschuldensanteil im Ausgangspunkt auf einen Betrag von 6.000,00 EUR bemessene Schmerzensgeld steht im Einklang mit anderweitiger fallähnlicher obergerichtlicher Rechtsprechung und fügt sich in den Rahmen, der bei vergleichbaren Verletzungen zugesprochen wird.

51

So hat das LG Leipzig (Urt. v. 16.09.2010 – 08 S 573/09, Hacks/Wellner/ Häcker/Offenloch, Schmerzensgeldbeträge 2021, 39. Aufl. 2021, lfd. Nr. 848) in einem Fall mit einer dreiwöchigen Behandlung mit Gipsverband nur für eine Handgelenksverletzung 4.000,00 EUR zugesprochen.

52

Auf dieser Linie liegt auch die Entscheidung des OLG Karlsruhe (Urt. v. 28.03.2012 –7 U 104/11, Hacks/Wellner/Häcker/Offenloch, a. a. O. lfd. Nr. 888). Das Gericht hat in dem genannten Urteil ein Schmerzensgeld i. H. v. 5.000,00 EUR für eine Radiusfraktur aufgrund eines Sturzereignisses mit einem achttägigen Krankenhausaufenthalt sowie einer Ellenhakenfraktur zugesprochen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall ein stationärer Krankenhausaufenthalt nicht erforderlich war, neben der Radiusfraktur aber die vorbenannten weiteren Verletzungen sowie die zwischenzeitliche Geldentwertung in die Schmerzensgeldberechnung einzufließen haben.

53

Die von der Klägerin begehrten 8.000,00 EUR sind demgegenüber deutlich übersetzt. Soweit in der Rechtsprechung Schmerzensgeld in einer solchen Höhe zugesprochen wurde, sind diese Fälle mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Deutlich wird dies bei Betrachtung der Entscheidung des LG Landau in der Pfalz (Urt. v. 28.7.2014 – 4 O 381/12). Im dortigen Fall wurden für eine unfallbedingte Jochbeinfraktur, eine Nasenbeinfraktur, ein Lidhämatom, eine LWS-Prellung, eine Ellenbogenprellung, tiefe Schürfwunden am linken Unterschenkel, eine Handgelenksdistorsion rechts, eine kausale Augenentzündung – also für in Quantität und Qualität deutlich intensivere Verletzungen als im vorliegenden Fall und unter zugleich schmerzensgelderhöhender Berücksichtigung eines zögerlichen Regulierungsverhalten der Haftpflichtversicherung 8.000,00 EUR zugesprochen (Hacks/Wellner/Häcker, a. a. O. lfd. Nr. 699). Dem ist der vorliegende Fall auch unter Berücksichtigung unfallursächlichen andauernder Beeinträchtigungen der Klägerin am linken Handgelenk und rechtem Knie nicht vergleichbar.

54

In Bezug auf Dauerschäden war zu berücksichtigen, dass eine unfallbedingt erforderliche Schmerzmitteleinnahme von der Klägerin im Termin vor dem Senat selbst verneint wurde.

55

b.

56

Steht der Klägerin danach unter Berücksichtigung ihres Eigenverschuldens von 50 % ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000,00 EUR zu, ist dieses entweder bereits durch Zahlung erfüllt oder rechtskräftig zugesprochen.

57

aa.

58

Die Beklagte hat über ihren Haftpflichtversicherer vorgerichtlich bereits 1.500,00 EUR gezahlt (§ 362 Abs. 1 BGB).

59

bb.

60

Der Zeuge C hat ebenfalls vorgerichtlich zur Schadenswiedergutmachung, anzurechnen auf den Gesamtschmerzensgeldbetrag, einen weiteren Betrag von 500,00 EUR gezahlt. Der Zahlung kommt ebenfalls Erfüllungswirkung gem. §§ 840; 422 Abs. 1 S. 1; 362 Abs. 1 BGB zu.

61

Der Beklagte und der Zeuge C haften nämlich als Gesamtschuldner, weil beide für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden nebeneinander verantwortlich sind, § 840 Abs. 1 BGB. Die Haftung des Beklagten beruht wie ausgeführt auf § 831 Abs. 1, § 253 Abs. 2 BGB, die des Zeuge C auf § 823 Abs. 1, § 253 Abs. 2 BGB; denn die von der Klägerin erlittenen Einbußen an der Gesundheit resultieren auch aus der rechtswidrigen und unzweifelhaft (fahrlässig) schuldhaften Verkehrssicherungspflichtverletzung des Zeugen.

62

cc.

63

Weitere 1.000,00 EUR hat das Landgericht rechtskräftig zu erkannt. Damit sind sämtlich derzeitigen Schmerzensgeldansprüche der Klägerin erfüllt. Ihre Berufung bleibt folglich insoweit ohne Erfolg.

64

4.

65

Die Berufung hat hingegen Erfolg, soweit mit ihr die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten verfolgt wird, der Klägerin bereits entstandene und künftige materielle Schäden aus dem Unfall vom 13.04.2018 auf dem Radweg der A-Straße in B zu 50 % und ihren zukünftigen unfallbedingten, derzeit nicht vorhersehbaren immateriellen Schaden unter Berücksichtigung eines klägerischen Eigenverschuldens von 50 % zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.

66

Auf Basis der v.g. Haftungsverteilung war dem Feststellungsantrag der Klägerin stattzugeben.

67

Das erforderliche Feststellungsinteresse, d. h. die Möglichkeit des zukünftigen Eintritts weiterer materieller und derzeit noch nicht konkret absehbarer immaterieller Schäden aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls, ist angesichts der unstreitig erlittenen Bruchverletzung im Bereich des linken Handgelenks der Klägerin zu bejahen. Infolgedessen besteht jedenfalls das gerichtsbekannte Risiko einer Arthrose, wie sie auch in dem Arztbrief des Dr. med. E vom 07.06.2021 (Bl. 139 d. A.) bereits beschrieben, ihr (weiterer) Verlauf aber im Einzelnen unklar und nicht vorhersehbar ist. Daraus wiederum resultiert die Möglichkeit weiterer unfallbedingter materieller und immaterieller Schäden, was für Zulässigkeit und Begründetheit des Feststellungsantrages ausreicht (vgl. hierzu aktuell BGH, Beschl. vom 08.06.2021 – VI ZR 1272/20, juris).

68

5.

69

Soweit die Klägerin schließlich Ausgleich weiterer vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren i. H. v. 685,32 EUR verlangt, bleibt die Berufung ebenfalls erfolglos.

70

Die Klägerin ist insoweit nämlich jedenfalls schon nicht mehr aktivlegitimiert, weil infolge vorgerichtlichen Ausgleichs durch den Rechtsschutzversicherer – wie im Senatstermin eingeräumt wurde – der Anspruch gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG auf diesen übergegangen ist.

71

Eine Modifikation des entsprechenden Klageantrags oder eine Erklärung zu einer etwaigen Vorgehensweise der Klägerin im Wege einer gewillkürten Prozessstandschaft sind auf Nachfrage im Termin nicht erfolgt.

72

II.

73

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

74

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

75

III.

76

Die Revision wird nicht zugelassen (§ 543 Abs. 2 ZPO).

VertragsManagement – VertragsMan ® Bau: Entscheidungen im Volltext

VertragsManagement - VertragsMan ® Bau: Entscheidungen im Volltext

Wird ein Werkunternehmer mit Instandsetzungsarbeiten beauftragt, hat er seine Leistung so auszuführen, dass sie den zum Zeitpunkt der Abnahme geltenden anerkannten Regeln der Technik und Sicherheitsstandards entspricht. Umfasst der Auftrag des Werkunternehmers nicht sämtliche Leistungen, die zur ordnungsgemäßen Funktion der instand zu setzenden Technik erforderlich sind, und erwachsen hieraus Sicherheitsrisiken, hat er dem Auftraggeber einen entsprechenden Hinweis zu erteilen.

OLG Koblenz, Beschluss vom 09.06.2021 – 6 U 1094/20

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch, der Beklagte habe Instandsetzungsarbeiten an seiner Yacht „…[A]“ mangelhaft ausgeführt und sich dabei ergebende Hinweispflichten gegenüber dem Kläger verletzt mit der Folge, dass das Boot gesunken sei.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen sowie des Sach- und Streitstands im Einzelnen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Der Kläger hat das Boot während des vorliegenden Rechtsstreits veräußert.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, 56.865,77 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2016 an ihn zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, sämtliche materiellen Schäden, die dem Kläger aus dem Bootsuntergang in der Nacht vom 27.07.2015 auf den 28.07.2015 entstanden sind und noch entstehen, zu tragen,

3. den Beklagten zu verurteilen, ihn von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 989,13 Euro (entspricht einer 0,65[-fachen] Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 56.865,77 Euro zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer) freizustellen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat den Beklagten nach Beweisaufnahme zur Zahlung von 22.832,89 Euro Zinsen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.06.2017 (ab Rechtshängigkeit) sowie zur Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 633,32 Euro verurteilt. Es hat außerdem festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren materiellen Schäden, die aus dem Untergang der Yacht entstanden sind und noch entstehen, mit einer Haftungsquote von 50 % zu ersetzen. Ein Schadensersatzanspruch nach §§ 631, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB sei gegeben, weil der Beklagte sich aus dem Werkvertrag ergebende Hinweis- und Aufklärungspflichten verletzt habe. Auf der Grundlage der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen …[B] gehe das Gericht davon aus, dass die Lenzanlage in mehrfacher Hinsicht nicht mehr dem heutigen Stand der Technik entsprochen habe und so heute nicht mehr zulassungsfähig sei; darauf habe der Beklagte hinweisen müssen. Der Sachverständige habe festgestellt, dass beide Rückschlagventile des Lenzsystems für den Einsatz in festkörperhaltigem Bilgenwasser ungeeignet seien. Eben diese mangelnde Eignung sei schadensursächlich geworden, weil sie zu einem Verkanten der Ventilöffnung infolge von Schmutzpartikeln geführt habe. Das Gericht sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Ursache des Untergangs darin liege, dass sich das Rückschlagventil 1 nach Betätigung der Bilgenpumpe nicht vollständig geschlossen habe und das Absperrventil 1 geöffnet gewesen sei, so dass Wasser durch den unter der Wasserlinie befindlichen Lenzaustritt ins Boot habe eindringen können. Bei einer fachgerechten Lenzanlage müsse sich der Lenzaustritt nach den Ausführungen des Sachverständigen zudem oberhalb der Wasserlinie befinden. Eine entsprechende Änderung des Lenzsystems hätte vorliegend lediglich Kosten im dreistelligen Bereich erfordert, was im Verhältnis zu dem Betrag von 50.000 Euro, den der Kläger in die Instandsetzung des Bootes investiert habe, geringfügig sei. Mit einem relativ geringen Betrag hätte mithin ein relativ hohes Risiko beseitigt werden können. Darüber hinaus habe das unter der Planke einer Treppenstufe angeordnete Absperrventil 1 nicht den Anforderungen der Sportbootrichtlinie (2013/53/EU) genügt, wonach zum Ein- und Austritt von Wasser dienende Außenbord-Durchbrüche, die unterhalb der Wasserlinie liegen, mit leicht zugänglichen Verschlüssen zu versehen seien. Dem Beklagten habe es oblegen, auf die vorgenannten sicherheitsrelevanten Mängel des Lenzsystems hinzuweisen und eine Änderung zu empfehlen. Insoweit sei es für ihn erkennbar und vorhersehbar gewesen, dass es bei einer solchen Konstruktion (Unterwasseröffnung mit „verstecktem“ Absperrventil) im Falle einer Fehlbedienung zum Sinken des Bootes unabhängig davon kommen könne, ob dem Kläger die Existenz des unter der Treppe befindlichen Absperrventils 1 tatsächlich bekannt oder unbekannt gewesen sei. Das Gericht glaube dem Kläger auch, dass er die erforderlichen Maßnahmen beauftragt hätte, wenn er vom Beklagten auf das Risiko hingewiesen worden wäre. In Anbetracht der Hinweispflichtverletzung des Beklagten könne im Übrigen offenbleiben, ob der Beklagte oder dessen Mitarbeiter außerdem das Absperrventil 1 geöffnet und nicht wieder geschlossen haben. Durch die Pflichtverletzung des Beklagten sei dem Kläger ein Schaden in Höhe von insgesamt 45.665,77 Euro entstanden (Wiederbeschaffungsaufwand von 33.800 Euro und Bergungskosten von 11.865,77 Euro). Der Kläger müsse sich jedoch ein 50-prozentiges Mitverschulden anrechnen lassen, weil er vor dem Verlassen des Bootes alle Seeventile hätte prüfen und schließen müssen, auch wenn er selbst (bewusst) kei-nes geöffnet haben sollte. Es habe in seiner Verantwortung gelegen, sich darüber zu informieren, wo die zu den Borddurchlässen gehörenden Absperrventile liegen und wie diese zu bedienen seien. Hätte er dem genügt, wäre ihm das Offenstehen des Absperrventils 1 aufgefallen und mit dessen Schließen trotz der Fehlfunktion des Rückschlagventils kein Wasser ins Boot eingetreten.

Mit der Berufung macht der Beklagte geltend, die vom Landgericht seiner Beweiswürdigung zugrunde gelegten Annahmen, der im Ermittlungsverfahren tätige Sachverständige …[C] habe andere Absperrhähne (Dusche/Toilette) bei seiner Untersuchung des Bootes nach der Bergung nicht offenstehend vorgefunden und außerdem festgestellt, dass die Bilgenpumpe im Mitteschiff über keinen eigenen Schalter verfügt habe, sondern bei einer Betätigung der Hauptsicherung automatisch angesprungen sei, seien falsch. Das Landgericht habe entgegenstehenden Vortrag des Beklagten zum angenommenen Geschehensablauf nicht gewürdigt und sei seinen Beweisangeboten hierzu rechtsfehlerhaft nicht nachgegangen. Die Ausführungen des Sachverständigen …[B], der durch den Beklagten auf die Sportbootrichtlinie habe hingewiesen werden müssen und daher als fachlich ungeeignet anzusehen sei, seien nicht tragfähig. Es sei physikalisch ausgeschlossen, dass das Boot auf die von den beiden Sachverständigen angenommene Weise über Nacht gesunken sei. Alternativursachen habe das Landgericht nicht in Betracht gezogen; immerhin habe der Sachverständige …[C] konstatiert, dass alle Absperrriegel geöffnet gewesen seien. Unverständlich sei, dass das Landgericht offenlasse, ob der Beklagte oder seine Mitarbeiter das Absperrventil 1 geöffnet und nicht wieder geschlossen hätten. Das Gegenteil habe der Beklagte durch Zeugen bewiesen. Der Kläger habe seinerseits angegeben, vom Vorhandensein des Absperrventils 1 nichts gewusst zu haben. Die vom Landgericht angenommene Schadensursache scheide aber aus, wenn das Absperrventil 1 geschlossen gewesen sei. Im Übrigen habe der Beklagte keine Hinweispflichten verletzt, weil die Konstruktion des Lenzsystems auf der „…[A]“ nach der Sportbootrichtlinie durchaus zulässig sei. Dass sie nicht mehr dem Stand der Technik heutiger Neubauten entsprochen habe, schade nicht, da der Kläger gewusst habe, dass es sich um einen „Oldtimer“ mit altersgemäßer Ausstattung handele. Das Sinken sei vielmehr ausschließlich auf Versäumnisse des Klägers zurückzuführen. Dieser verfüge über einen Sportbootschein und habe das Boot zum Beklagten überführt. Er müsse sich deshalb darüber im Klaren gewesen sein, dass die Auslässe unterhalb der Wasserlinie gelegen haben. Aus Beklagtensicht sei ein Wissensdefizit beim Kläger nicht erkennbar gewesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 21.07.2020 (Bl. 21 ff. d. eA.) verwiesen.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil des Landgerichts Trier aufzuheben, soweit der Klage stattgegeben worden ist und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf Hinweis des Vorsitzenden vom 25.03.2021 (Bl. 91 d. eA.) hat der Kläger mit Rücksicht auf die Weiterveräußerung des Bootes im Schriftsatz vom 29.03.2021 (Bl. 93 d. eA.) den Feststellungsantrag (Antrag zu 2) für in der Hauptsache erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich der Teilerledigungserklärung angeschlossen (Bl. 107 d. eA.).

Der Senat hat die Parteien durch Beschluss vom 21.01.2021 darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, die Berufung des Beklagten im Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und zugleich den Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Hinweisbeschluss Bezug genommen (Bl. 48 ff. d. eA.).

Zu dem Beschluss des Senats vom 21.01.2021 hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 10.03.2021 Stellung genommen und ausgeführt, er habe keine generelle technische Überholung des Bootes geschuldet. Im Rahmen der beabsichtigten Renovierung habe er lediglich die Funktionsfähigkeit der Technik überprüfen und wo sie nicht gegeben sei, diese herstellen sollen. Die Arbeiten habe er mangelfrei ausgeführt; sie seien vom Kläger auch abgenommen worden. Die Technik sei funktionsfähig gewesen, wenn sie auch nicht dem neuesten Stand entsprochen habe, was bei einem im Mai 2015 bereits 45 Jahre alten Boot nicht verwunderlich sei. Die Funktionsfähigkeit des Lenzsystems sei bei Übergabe an den Kläger beklagtenseits geprüft worden. Der Kläger habe die bisher ausgeführten Arbeiten als ausreichend bezeichnet. Das Boot müsse erst einmal fahren und in einen fahrbereiten Zustand versetzt werden; alles andere solle im nächsten Winter gemacht werden. Dass das an sich nicht schadhafte, ehemals werksseitig verbaute Rückschlagventil nicht mehr zeitgemäß und für seinen Verwendungszweck ungeeignet gewesen sei, begründe keinen das Werk des Beklagten betreffenden Mangel. Eine Umgestaltung des Lenzsystems dergestalt, dass der Lenzaustritt über die Wasserlinie verlegt werde, habe der Kläger nicht beauftragt. Unzutreffend sei die Annahme des Senats, der Beklagte habe die Feststellungen des Sachverständigen …[B] zu den Rückschlagventilen 1 und 2 nicht angegriffen. Dem Sachverständigen, der auf die Sportbootrichtlinie erst habe hingewiesen werden müssen und Bootsbauer sei, habe die erforderliche Kompetenz gefehlt. Den Beklagten habe im Hinblick auf die Gestaltung des Lenzsystems auch keine Hinweispflicht getroffen, denn nach den Regelungen der Sportbootrichtlinie sei das Lenzsystem der „…[A]“ nicht zu beanstanden gewesen. Der Sachverständige habe die Richtlinien des Germanischen Lloyd herangezogen, der nur als Klassifizierungsgesellschaft für die kommerzielle Schifffahrt gearbeitet habe; Richtlinien des Germanischen Lloyd für Sportboote gebe es nicht. Die Mithaftungsquote des Klägers betrage mindestens 90 %. Als Sportbootscheininhaber hätte sich der Kläger mit den Gegebenheiten seines Schiffes auseinandersetzen und beim Verlassen des Bootes dafür Sorge tragen müssen, dass sämtliche Sicherungssysteme funktionsfähig und eingeschaltet seien. Er habe sich in einem an Vorsatz grenzenden grob fahrlässigen Maße sorglos gezeigt, wohingegen der Beklagte darauf habe vertrauen dürfen, dass der Kläger mit der Handhabung aller Systeme vertraut sei. Wegen des Inhalts der Stellungnahme im Einzelnen wird auf den Beklagtenschriftsatz vom 10.03.2021 (Bl. 65 ff. d. eA.) verwiesen.

Seine Rechtsauffassung, dass sein Werk mangelfrei gewesen sei und er auch keine Hinweispflichten verletzt habe, hat der Beklagte im Rahmen seines Ablehnungsgesuchs vom 09.04.2021 (Bl. 101 ff. d. eA.), welches mit Beschluss vom 14.05.2021 für unbegründet erklärt worden ist (Bl. 118 ff. d. eA.), nochmals wiederholt.

Mit Schriftsatz vom 12.04.2021 hat der Beklagte erneut Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren beantragt (Bl. 107 d. eA.).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Senat weist die Berufung im Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurück, weil er einstimmig davon überzeugt ist, dass die dort bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Zur Begründung nimmt der Senat auf die Hinweise in seinem Beschluss vom 21.01.2021 Bezug. Hieran hält der Senat auch nach nochmaliger Überprüfung fest. Die Ausführungen des Beklagten in den Schriftsätzen vom 10.03.2021 und 09.04.2021 rechtfertigen keine andere Beurteilung.

a) An der Annahme, der Beklagte habe die Instandsetzungsarbeiten an der Yacht im Sinne von § 633 Abs. 1, 2 Satz 1 BGB mangelhaft ausgeführt, weil er die für den Einsatz im Lenzsystem ungeeigneten Rückschlagventile nicht durch solche ersetzt hat, die für den Einsatz in festkörperhaltigem (Bilgen-)Wasser geeignet sind, ändern die Ausführungen des Beklagten nichts. Soweit er auf den Klägervortrag und die vom Kläger vorgelegte Gesprächsnotiz vom 29.07.2014 (vgl. Anlage K2, Bl. 2 Anlagenheft LG) verweist, sollte danach die Renovierung des Bootes gerade auch die komplette Technik umfassen. Der Beklagte räumt selbst ein, dass eine Prüfung der Funktionsfähigkeit der Technik und ihre etwaige Instandsetzung, wo dies nicht gegeben war, geschuldet war. Dies hätte indes einen Austausch der für den Einsatz im Lenzsystem ungeeigneten Rückschlagventile erfordert, da sonst die (vorliegend verwirklichte) Gefahr bestand, dass sich im Bilgenwasser enthaltene Festkörper verkanten und ein vollständiges Schließen der Rückschlagventile verhindern, wodurch das ordnungsgemäße Funktionieren der Rückschlagventile und des Lenzsystems insgesamt nicht gewährleistet war. Dabei zeigt der Umstand, dass der Beklagte ausweislich der vorgelegten Rechnungen in erheblichem Umfang Arbeiten am Lenzsystem vorgenommen hat, dass er sich selbst zu dessen Instandsetzung in der Pflicht gesehen hat. Dass die Rückschlagventile möglicherweise bereits von der Bootswerft, die das Boot hergestellt hat, eingebaut worden waren, ist insoweit ohne Belang.

Der Beklagte würde dem Kläger nach §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB auch dann auf Schadensersatz haften, wenn man den Werkvertragsumfang enger fassen wollte. Denn dann hätte der Beklagte, der auftragsgemäß Instandsetzungsarbeiten am Lenzsystem vorgenommen hat, den Kläger jedenfalls auf die Ungeeignetheit der Rückschlagventile und die hieraus erwachsenden Sicherheitsrisiken hinweisen und einen Austausch gegen geeignete Ventilarten anraten müssen. Der Kläger hatte den Beklagten als Fachmann erkennbar deshalb beauftragt, weil er sicherstellen wollte, dass die Technik der bereits 45 Jahre alten Yacht auf See ordnungsgemäß funktioniert. Falls insoweit Bedenken bestanden, durfte er redlicherweise zumindest mit einem entsprechenden Hinweis des Beklagten rechnen. Im Hinblick auf die Rückschlagventile des Lenzsystems gilt dies umso mehr, als das Sinkrisiko des Bootes bei einer Fehlfunktion des Lenzsystems wegen der Anordnung des Lenzaustritts unterhalb der Wasserlinie vorliegend noch erhöht war.

b) Der Sachverständige …[B] ist Bootsbaumeister und von der Handelskammer …[Z] für Sportbootschäden und -bewertungen öffentlich bestellt. Die von ihm beantworteten Beweisfragen fallen mithin in seinen Kompetenzbereich. Eine für die Beantwortung der Sachfragen ungenügende technische Sachkunde des Sachverständigen …[B] ergibt sich auch nicht daraus, dass er vom Beklagten auf die Sportbootrichtlinie hingewiesen wurde. Ob diese vorliegend anwendbar ist und welche Anforderungen sich hieraus für die Gestaltung von Ventilen und Lenzaustritten ergeben, ist in erster Linie eine Rechtsfrage. Sonstige inhaltliche Mängel in der Begutachtung des Sachverständigen, die Zweifel an der Richtigkeit der hierauf gestützten landgerichtlichen Feststellungen begründen könnten, zeigt der Beklagte nicht auf; insoweit wird auf die Gründe des Senatsbeschlusses vom 21.01.2021 verwiesen. Die Feststellungen des Sachverständigen zur Ungeeignetheit der verwendeten Rückschlagventile im Lenzsystem selbst hat der Beklagte nicht in Zweifel gezogen.

c) Dass der Kläger die Arbeiten des Beklagten abgenommen hat, steht der Haftung des Beklagten nicht entgegen. Unstreitig hatte der Kläger keine Kenntnis von der Ungeeignetheit der im Lenzsystem des Bootes verbauten Rückschlagventile. Ebenso wenig entlastet den Beklagten, dass er das Lenzsystem auf seine Funktionsfähigkeit überprüft hat, bevor er das Boot an den Kläger übergeben hat. Einen Austausch der Rückschlagventile hat er unstreitig nicht vorgenommen, so dass die Gefahr eines nicht vollständigen Schließens der Ventile beim Eindringen von Festkörpern nicht beseitigt war. Aus dem Beklagtenvorbringen zur Prüfung der Funktionsfähigkeit des Lenzsystems erschließt sich im Übrigen, dass die ausweislich der Rechnungen des Beklagten daran vorgenommenen Arbeiten aus Beklagtensicht abgeschlossen waren, als er dem Kläger das Boot übergab. Dass der Kläger noch weitere, vom Beklagten nicht näher konkretisierte Arbeiten am Boot erst im nächsten Winter ausführen lassen wollte, ist daher ohne Belang.

d) Soweit der Beklagte die Annahme in Zweifel zieht, er hätte den Kläger darüber hinaus darauf hinweisen müssen, dass die Lenzanlage nicht den heutigen Sicherheitsstandards genügt und unnötige Risiken birgt, weil der Lenzaustritt unterhalb der Wasserlinie liegt, was sich mit einem im Verhältnis zum Auftragsumfang geringfügigen dreistelligen Betrag hätte beseitigen lassen, kommt es auf diesen Gesichtspunkt nicht entscheidend an. Die Haftung des Beklagten für die durch den Untergang des Bootes verursachten Schäden folgt bereits aus dem unterbliebenen Austausch der Rückschlagventile des Lenzsystems. Im Übrigen trifft es aber auch nicht zu, dass sich die vom Sachverständigen herangezogenen Klassifikations- und Bauvorschriften Schiffstechnik der privaten Klassifizierungsgesellschaft Germanische Lloyd (Ausgabe 1991), die eine Anordnung der Lenzaustritte oberhalb der Wasserlinie vorsahen, nicht auf Sportboote bezogen hätten. Die vom Sachverständigen zitierte Passage entstammt dem gerade für Wassersportfahrzeuge geltenden Teil 3 (vgl. Ergänzungsgutachten des Sachverständigen …[B] vom 20.01.2020, Seite 3, Bl. 360 d. LGAkte).

e) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist dem Kläger kein über die vom Landgericht angesetzten 50 % hinausgehendes Mitverschulden anzulasten, weil er es versäumt hat, beim Verlassen des Bootes die Absperrventile zu kontrollieren und das Absperrventil 1 zu verschließen. Bei der Gewichtung der Verursachungsbeiträge ist zu berücksichtigen, dass das vom Beklagten schuldhaft nicht ersetzte Rückschlagventil 1 gerade dem Zweck diente, einen unkontrollierten Wassereintritt zu verhindern, wenn das Absperrventil 1 aus Unachtsamkeit oder anderen Gründen menschlichen Versagens geöffnet bleibt. Dass das Lenzsystem und in dessen Rahmen insbesondere auch die Rückschlagventile zuverlässig funktionieren, sollte durch die Instandsetzungsarbeiten des Beklagten als dafür eingeschalteten Fachmann gewährleistet werden. Vor diesem Hintergrund kann das Verschulden des Klägers, der entweder das Absperrventil geöffnet und sein Schließen vergessen oder es zumindest verabsäumt hat, vor dem Verlassen des Bootes die Absperrventile zu kontrollieren und deshalb das geöffnete Absperrventil nicht bemerkt hat, nicht schwerer gewichtet werden als das des Beklagten, der seine sicherheitsrelevanten Arbeiten mangelhaft ausgeführt hat. Der Mitverschuldensanteil des Beklagten zu (mindestens) 50 % ergibt sich bereits ohne Ansatz des weiteren Umstands, wonach der Beklagte den Kläger nicht darauf hingewiesen hat, dass es zur Risikominderung heute Standard ist, den Lenzaustritt oberhalb der Wasserlinie anzuordnen; zumindest hätte der Beklagte im Hinblick auf diesen risikoerhöhenden Umstand besonderes Augenmerk auf das ordnungsgemäße und zuverlässige Funktionieren des Lenzsystems im Übrigen legen müssen. Darauf kommt es aber nicht mehr entscheidend an.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben (Feststellungsantrag), entspricht es der Billigkeit, die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen, da er ohne das erledigende Ereignis (Verkauf des Bootes) voraussichtlich auch insoweit unterlegen gewesen wäre. Zwar hat der Kläger die Erledigung der Hauptsache erst im Berufungsrechtszug erklärt, obwohl das erledigende Ereignis bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens eingetreten ist. Dies führt jedoch nicht zu einer Kostentragungspflicht des Klägers unter dem Gesichtspunkt, dass durch die verzögerte Erledigung entstandene Mehrkosten dem Kläger als Veranlasser aufzuerlegen wären (vgl. dazu Münch-KommZPO/Schulz, 6. Aufl., § 114 Rn. 59 m.w.N.). Ausscheidbare Mehrkosten, die auf den für erledigt erklärten Feststellungsantrag entfallen, sind nicht entstanden, weil der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens sowohl unter Ansatz als auch unter Herausrechnung des Feststellungsantrags, der im Berufungsverfahren mit 1.000 Euro zu bewerten ist, in der Gebührenstufe von bis zu 25.000 Euro liegt (dazu unten 4.).

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.

3. Der erneute Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten ist zurückzuweisen, weil die Berufung nach den Ausführungen im Senatsbeschluss vom 21.01.2021 und den vorstehenden Gründen unter 1. und 2. keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auf die Frage, ob der (erste) Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bezüglich der Verteidigung gegen den Feststellungsantrag bis zur Erledigungserklärung Aussicht auf Erfolg hatte, kommt es nicht an, weil dieser Teil der Klage nicht zu einem Gebührensprung geführt hat (vgl. Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Aufl., § 114 Rn. 19 m.w.N.).

4. Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO.